eVideo Online-Konferenz 2009: Twitter & Co

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Beitrag von Jana Herwig zur Twitter & Co.: Warum wir Microblogging hassen / lieben / missverstehen.Heißgeliebt von den einen, verurteilt von den anderen, missverstanden von den dritten - gibt es einen objektiven Weg, sich mit Twitter auseinander zu setzen? In dieser Sitzung wird Twitter bzw. Microblogging analysiert mit Blick auf das vorhandene Potenzial, Menschen (FreundInnen, KollegInnen, Menschen mit gleichen Interessen) in ihren Bedürfnissen nach Kommunikation und Information zu unterstützen.Aber warum ist das eigentlich so, dass Twitter so schwierig zu verstehen ist - und warum ist dann jetzt trotzdem ein solcher Run auf die Microblogging-Plattform zu verzeichnen? Wo liegen ihre Grenzen?

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Twitter & Co.: Warum wir Microblogging hassen, lieben,

missverstehen. Beitrag zureVideo Online-Konferenz 2009

http://evideook.mixxt.de

Jana Herwig, M.A.

@digiom | digiom.wordpress.com

jana.herwig@univie.ac.at

Twitter in 140 Zeichen

Twitter ist eine sogenannte

Mikroblogging-Plattform, auf

der man in max. 140 Zeichen

mitteilen kann, was man grad

tut oder was einen bewegt.

Objektiv betrachtet?

Twitter als Ansichtssache: • Twitter für Nicht-Twitterer• Halbe Sachen: Twitter-Profile• Wechselnde Innenansichten

Twitter für Nicht-Twitterer

Halbe Sachen: Twitter-Profile

Wechselnde Innenansichten

Phatische Kommunikation

Bronisław Malinowski (1884-1942):

eine Form der Rede, bei der nicht der Austausch von Informationen, sonderndie soziale Funktion vordergründig ist

Mahlzeit!Mahlzeit!

Schönes Wetter, wa‘?

Phatische Kommunikation

Roman Jakobson (1896-1982):

Bestätigung und Aktualisierung des

Kommunikationskanals zwischen Sender und Empfänger

Und dann hab ich ihr gesagt...

Bist du noch da?

Hm...

ja ja...

Phatische Kommunikation

...spielt eine besondere Rolle imHuman-Computer-Interface (HCI)

und in der computergestütztenbzw. netzbasierten Kommunikation

14:32

14:35

14:41

(Ko-)Präsenz auf Twitter

Erfordert stetes Status-Aktualisieren:• aktuelle Einträge an erster Stelle• geringe ‚Verfallszeit‘• schmales Aufmerksamkeitsfenster

Soziale Mechanismen I

Karge Standardausstattung:• abonnieren/abonniert werden (‚folgen‘ und ‚verfolgt werden‘)• antworten (mit Kürzel @username)• private Nachricht schicken (‚direct

message‘ bzw. ‚dm)

Menschliche oder künstliche Intelligenz:Wer nutzt 140 Zeichen innovativer?

Hashtag

Organisation von Information um Themen

Hashtag

HashtagJetzt geht es weiter mit @yatil und HTML5 #bcvie09

Hat jemand ein iPhone Ladegerät dabei? #bcvie09

Ortung von Körpern im Raum

(vgl. Willis/Linz 2009)

Hashtag

Sprachliche Konzepte verändern sich

Retweet

Retweet

Retweet

UserInnen retweeten um....

• möglichst viele über etwas zu informieren

• die ‚Verfolger‘ zu unterhalten

• Tweets von anderen zu kommentieren

• zu bestätigen, dass man zuhört

• öffentlich zuzustimmen

• einen Freundschaftsdienst zu leisten

• u.v.m. (siehe boyd/Golder/Lotan 2010)

Soziale Mechanismen II

‚Emergente‘, d.h. während der Nutzungentstandene Mechanismen• Hashtags: z.B. #eVideo• Retweets: User kopieren Tweets anderer

und posten sie erneut

Vgl. „Project Retweet“

Twitternutzung 2006/07 vs 2009

Fokus (Herwig 2009):• Frühphase der Twitternutzung bis zur Aneignung der sozialen Mechanismen• Vergleich der Aneignung zwischen ‚Early Adopter‘ und ‚Mainstream Phase‘

Twitter alsasozialesMedium?

87.5% der Early Adopter* berichten im ersten Tweet was sie gerade tun.* Sample 1, registriert zw. Oct‘06 & Mar‘07

In der Gesamtheit aller 5767 Tweets von60 Usern stellte Michaud 2007 fest, dassnur 41.5% die Frage What are you doing?beantworten.

Twitter alsasozialesMedium?

User E: strengformatierte Antworten auf die Frage What are you doing?1. @-Responsenach 430 Tagenbzw. 106 Tweets

Schwerer Anfang für Early Adopter

15 von 16 Nutzern (94%) unterbrechen die Aktivität auf Twitter für ≥ 28 Tage; diemeisten (12/16) in den ersten 2 Monaten.

Entdeckung der sozialenDimension (Ko-Präsenz)

Entdeckung der sozialenDimension (Ko-Präsenz)

Nachdem die UserInnen in der Early-Adopter-Gruppe die @-Response daserste Mal benutzt haben, unterbrechennur noch 25% ihre Aktivität ein weiteresMal (für min. 28 Tage).

Leichter Start mit dem Mainstream

Lediglich 1 von 11 UserInnen stellte das Twittern für min. 28 Tage ein (Gesamtzeit auf Twitter: 2 bis 7 Monate)

Soziale Mechanismen werdenim Mainstream schneller erlernt.

@-Response:

EA: Innerhalb von 21 bis 745 Tagenbzw. in Tweet Nr. 3 bis 302

MS: Innerhalb von 1 - 25 Tagen bzw. in Tweet Nr. 1 bis 64

Soziale Mechanismen werdenim Mainstream schneller erlernt.

Hashtag (#...):EA: 292 bis 957 TageMS: 1 bis 143 Tage

Retweet (RT...):EA: 405 bis 947 TageMS: 1 bis 94 Tage (N.B. # und RT waren 2006 vermutlich noch nicht bekannt)

Mehr als ein technisches Interface:

Es geht um die sinnstiftende Aneignungeiner Technologie, die eine soziale Dimension erzeugt UND die in Zusam-menhang steht mit der Gesellschaft, in die die MediennutzerInnen bzw. die Mediennutzung eingebettet sind.

Erklärungsansätze

Verwandtschaft zu Initiationsriten (Turner ‚82)

1. Symbolische Zerstörung des sozialen Status ( 0 Friends, Followers, etc, Anonymität)

2. Erzeugung eines sozialen Raums in demdem egalitäre Prinzipien walten (z.B. Anrede mit du/Username -> Communitas)

3. Zeitliche Begrenzung der Liminalität

Erklärungsansätze

Victor Turner 1982, 45 (cf. Herwig 2009):

“I see [the liminal] as a kind of institutionalcapsule or pocket which contains the germof future social developments, of societal change [...]. Innovation [...] most frequently occurs in interfaces and limina, then becomes legitimated in central sectors.”

Erklärungsansätze

Literatur: Initiationsritus & Liminalität

Herwig, Jana. Liminality and Communitas in SocialMedia: The case of Twitter.“ Paper presented at

the AoIR’s Internet Research 10.0. Internet: Critical Conference in Milwaukee, 8-10 October 2009. Download vom Blog: http://wp.me/peBnE-u4

Turner, Victor. From Ritual to Theatre. The HumanSeriousness of Play. New York City: Performing Arts

Journal Publications, 1982.

Literatur: Phatische Kommunikation

Makice, K. 2009. Phatics and the design of community.Proceedings of the 27th international Conference

Extended Abstracts on Human Factors in ComputingSystems (Boston, MA, USA, April 04 - 09, 2009).

CHI EA '09. ACM, New York, NY, 3133-3136.

Frank Vetere, Steve Howard, and Martin Gibbs (2005). Phatic Technologies: Sustaining Sociability throughUbiquitous Computing. CHI 2005: Proceedings of

Conferenceon Human Factors in Computing Systems (Workshop), Portland, Oregon USA (2-7 April).

Literatur: Hashtags, Retweeting

Katharine Willis & Erika Linz: Mobile Ko-Präsenz. An- wesenheit und räumliche Situierung in mobilen und lokativen Kommunikationstechnologien. Vortrag GfM-Tagung 2009. http://www.uni-siegen.de/locatingmedia/ aktuelles/gfm_panel.html?lang=de

danah boyd, Scott Golder, Gilad Lota (Draft Paper). “Tweet Tweet Retweet: Conversational Aspects ofRetweeting on Twitter.” Proceedings of HICSS-42, Persistent Conversation Track. Kauai, HI: IEEE Computer Society. January 5-8, 2010.

Literatur: Aneignung

Mischaud, E. (2007). Twitter: Expressions of the whole self. An investigation into user appropriation of a web-based communications platform. London: Media@lse. Download: http://www.lse.ac.uk/collections/media@lse/mediaWorkingPapers/MScDissertationSeries/Mischaud_final.pdf