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GIPFELTREFFENVergleich: Insgesamt neun Schwerlastzugmaschinen von vier Herstellern treten im Schwarzwald zum Krftemessen an. Mit 120 Tonnen auf jeweils elf Achsen geht es ber Berg und Tal.

TEXT: FRANK ZEITZEN | FOTOS: KARL-HEINZ AUGUSTIN

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Teilnehmer von Rang und Namen so wie es sich fr ein Gipfeltreffen gehrt: Merce-des steht gleich mit vier SLT-Zugmaschinen am Start, ein FH540 und ein FH16-750 vertreten die Marke Volvo und MAN stellt sich mit zwei neuen Vierachsern mit D38-Motoren diesem Ver-gleich. Einzig Scania belsst es bei einem Fahr-zeug, schickt mit dem R 730 LA8x4/4HNB aber das strkste und schwerste Gert aus Sdertlje an den Start. Die Motorleistungen reichen von 510 bis 750 PS, die Antriebstechnik offeriert al-les nur Denkbare, was im Schwertransport fr Kraftbertragung sorgt. Beispiele: Im MAN 41.640 arbeitet eine neue Wandlerschaltkupp-lung (WSK) fr jetzt 3.000 Nm Eingangsdreh-moment, die Turbo-Retarder-Kupplung (TRK) von Mercedes (alias Viab von Voith) ist gleich mehrmals vertreten und ein Sekundr-Was-ser-Retarder ist ebenfalls dabei sowie der Hoch-

triebretarder VR3250 (beides Voith). Hinzu ad-dieren sich die neue Turbo EVB von MAN und der bekannte Intarder auch ein heckseitiger Hochtriebretarder von ZF.

Rang und Namen in Sachen Schwertrans-port besitzt auch Big Move. Hinter diesem Na-men steht ein Netzwerk von 13 eigenstndigen Schwergut-Logistikern, die zusammenarbeiten, ihr Know-how in der Big Move-Gruppe bn-

deln und an allen Standorten ber austausch-bare Spezialfahrzeuge verfgen. Big Move hat diesen Vergleich organisiert, die Fahrzeuge ge-stellt beziehungsweise bei den Herstellern be-sorgt. Wie schon bei den zwei Tests zuvor ber-nimmt lastauto omnibus die Messungen. Marlo Gutmann, Chef der Spedition Gutmann in Schut-terwald bei Offenburg, stellt den Nicolas-Auf-lieger und das Begleitfahrzeug samt Fahrer. Er

ist darber hinaus Gastgeber am Tag vor den Messungen. Auf dem riesigen Gutmann-Ge-lnde im nahen Goldscheuer entstehen Fotos, die hauseigene Werkstatt bereitet den Auflie-ger vor. Manfred Blomeier von Modern Drive installiert die Messgerte, um Verbrauch, Dreh-zahlen und Fahrzeiten aufzuzeichnen. Mo-dern Drive ist ein

Unternehmen der Bgl-Gruppe, deren Schwerlastabteilung auch unter dem Dach von Big Move arbeitet.

Ganz frh am nchsten Morgen geht als Erster der Volvo FH16-750 an den Start, um die Mess-strecke, den Ablauf und auch den Wende- und Umsattelplatz noch einmal abzufahren und auf Tauglichkeit zu berpfen. Am Steuer sitzt Volvo-Mitarbeiter Thomas Tschakert, der seine Feuertaufe als Schwerlastfahrer just am Abend zuvor bestanden hatte bei der berfhrung des beladenen Aufliegers von der Ladestelle bei MSG-Kran, wo 80 Tonnen Krangegengewichte als Ballast geladen wurden, nach Schramberg. Dann bernimmt lastauto omnibus den Volvo und geht auf die Messstrecke. Startpunkt ist der Scania-Sttzpunkt Kurz in Sulgen oberhalb von Schramberg. Es folgt ein kurzes Stck hgelige

1 Der Mercedes Actros SLT4151 macht eine gute Figur trotz Standardtechnik.

2 Richtiger Hinweis, aber lngst Geschichte: Sechs Gnge im Lastzug sind pass.

1 Maurice Bardick, gelernter Berufskraftfahrer, ist mit Leib und Seele dem Schwertransport verbunden.

2 Bei acht Prozent Steigung kommt nicht nur der FH540 ins Schwitzen: Mehr als 22 km/h schafft auf diesem Steilstck kein Lkw.

1 Der MAN 37.560 mit Standard- Antriebstechnik ist die leichte Alternative im Programm der Mnchner.

2 Mit sonorem, sattem Klang, aber mit hohen Drehzahlen zieht der 560er die 120 Tonnen die Steigung hoch.

Marlo Gutmann (rechts) ist bei den meisten Messfahrten mit an Bord.

Bundesstrae. Dann wird es ernst. Acht Prozent Geflle lauern auf den nchsten fnf Kilometern mit zwei Spitzkehren. Messpunkte vor und nach den Spitzkehren sorgen dafr, dass Behin-derungen in diesen Passagen herausgerechnet

werden knnen. Wendepunkt ist ein Gewerbegebiet

am Stadtrand. Es folgt die Bergfahrt zurck zum Aus-gangspunkt. Zu-vor allerdings gilt es noch die bung Anfahren in acht Prozent Steigung

zu meistern. Klarer

Fall, dass WSK und Tur-

boretarderkupplung (TRK) keine Probleme

haben werden, die 120 Tonnen zu Beginn der Steigung in Bewegung zu setzen. Doch der mit I-Shift samt Schwerlastprogramm ausgerstete Volvo arbeitet mit einer herkmmlichen Einschei-ben-Trockenkupplung, die unter diesen Bedin-gungen durchaus an ihre Grenzen kommen kann. Dennoch meistert der dicke Volvo die Situation ganz un spektakulr, fhrt dank seiner enormen Krfte mit nur wenig mehr als Leerlaufdrehzahl an und arbeitet sich mit schnellen Schaltungen vom ersten in den sechsten Gang hoch. Bei 21 bis 22 km/h hat die Beschleunigung bei 1.650/min ein Ende. Motorkraft und Fahrwiderstnde halten sich die Waage. Auch von den beiden Spitzkeh-ren, in denen sich die Fahrwiderstnde deutlich erhhen, zeigt sich der mchtige 16,1-Liter-Sechs-zylinder kaum beeindruckt. Die Drehzahl fllt um

100/min, das Tempo kurz auf 20 km/h und schon ist die Reisegeschwindigkeit wieder erreicht. Am Ende der Steigung (4,3 Kilometer und rund 300 Hhenmeter) sind 25,3 Liter Diesel durch die Einspritzdsen geflossen. Macht hochgerechnet fast 590 Liter pro 100 Kilometer. Als mittleres Tempo ergeben sich 20,6 km/h. Werte, die auf-horchen lassen. Denn vor fnf Jahren schaffte ein Volvo FH16-700 nur 18,3 km/h und brauchte gut zehn Prozent mehr Diesel.

Ob es der fast gleich starke Scania besser, schneller oder gar sparsamer kann? 20 PS und gerade mal 50 Nm weniger drften hier kaum eine Rolle spielen. Er geht als Zweiter auf die Messstrecke. Genau wie beim Volvo gibt es hier eine herkmmliche Trockenkupplung, ein automatisiertes Zwlfganggetriebe (Opticruise), aber eine deutlich lngere Achsbersetzung von 3,96 statt 4,55 zu 1. Die passt freilich ganz gut zu

Messgerte von Modern Drive zur Erfassung von Verbrauch, Zeit und Drehzahlen.

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den Motorkrften und auch zur Topografie. War es im Volvo der sechste Gang, so ist es im Scania der fnfte, mit dem sich die 120 Tonnen aufwrts bewegen. 22 km/h bei 1.600/min liegen an, auf 19 km/h sackt das Minimum. Macht 19,9 km/h im Schnitt bei marginal besserem Verbrauch 25,2 Liter oder 586 Liter pro 100 Kilometer.

Starten am Berg muss der Scania freilich im kleinsten Kriechgang, weil die Spreizung der zwlf Fahrgnge mit 11,45 (9,16 bis 0,80) doch

sehr klein ausfllt. Mehr als Leerlaufdrehzahl braucht es nicht, damit sich der Scania in Be-wegung setzt. Es folgt der zweite Kriechgang, dann die Gnge eins bis fnf. Der 16,4 Liter gro-e Achtzylinder erledigt seine Arbeit dabei ge-nauso souvern wie der Sechszylinder im Volvo.

Bei allen folgenden Bergmessungen geht es doch deutlich langsamer zu. Die niedrigs-ten Geschwindigkeiten bergauf stellen sich mit 14,1 km/h bei Volvo FH540 und Mercedes

Actros SLT4151 gleichermaen ein. Die Diffe-renz von rund fnf km/h zu den ganz starken Kalibern scheint recht klein, doch die Fahrzeiten differieren gewaltig: Fast sechs Minuten nimmt ein FH16 seinem kleinen Bruder auf den weni-gen Kilometern ab. Freuen ber die doch deut-lich lngeren Fahrzeiten kann sich hauptsch-lich Maurice Bardick, der fr das Umsatteln verantwortlich ist und jetzt lngere Pausen hat. Der 19-Jhrige ist gelernter Berufskraftfahrer in Sachen Schwertransport und dieser Branche mit Leib und Seele verbunden.

Fr Georg Tietz, Geschftsfhrer bei Heg-mann Transit und verantwortlich fr die Tech-nik bei Big Move, ist ein SLT4151 trotz geringer Leistung dennoch das passende Fahrzeug. Fr seine eigene Flotte passt dieser SLT prima, luft mit rund 30 Litern pro 100 Kilometer bei Leer-fahrt. Im Mittel, so hofft Tietz, drfte sich der Verbrauch bei 50 Liter pro 100 Kilometer ein-stellen. Spezifiziert hat er ihn mit langer Achs-bersetzung und Sekundr-Wasserretarder von Voith. Die erhofften gute Werte, der 4151 ist ge-rade erst im Fuhrpark, stellen sich auch in der Praxis in Schramberg ein. Das Thema Leerfahrt spielt im Schwertransport eine groe Rolle.

Der Anteil ist vor allem deswegen hoch, weil die Ladestelle oft weit entfernt liegt und Rck-fracht deutlich seltener als im normalen Spedi-tionsalltag die Regel ist. Weil der Leerfahrtan-teil hoch ist, spielen auch ein paar gesetzliche Regeln eine Rolle. Bis 41,8 Tonnen Zuggewicht und 23 Meter Lnge muss kein Begleitfahrzeug dabei sein. Mit der Folge, dass das Begleitfahr-zeug sprit sparend auf dem Auflieger steht und Fahrer sowie Begleitfahrer sich auf der Leerfahrt abwechseln knnen.

Zurck zum 4151. Mit 25,0 Liter fr die Bergfahrt und 245 Liter pro 100 Kilometer fr die kom-plette Lastfahrt ist dieser Actros mit ganz knap-pem Vorsprung vor dem Scania der sparsams-te Vierachser in diesem Vergleich. Powershift 3,

die hauseigene Getriebeautomatik, macht ihre Sache gut, der Sekundr-Wasserretarder samt krftiger Motorbremse steht dem teureren Dau-erbremssystem kaum nach.

Ganz anders als Georg Tietz beurteilt Marlo Gutmann das Thema Antriebsleistung. Nach schlechten Erfahrungen mit schnell verschlis-senen kleinen Motoren greift er jetzt verstrkt zu 600 und mehr PS. Das liegt einerseits an den Gewichten und mehr noch an der anspruchsvol-len Topografie, auf denen die Gutmann-Fahrzeu-ge unterwegs sind. Trefflich lsst sich ber die richtige Leistung fr 100 oder 120 Tonnen strei-ten. Letztlich entscheidet der Volllastanteil und damit die Topografie darber, wie vi