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0 R G H OOLH U H Q P LW - math.chmath.ch/mathematics-at-school/service/dgl/Modellieren_mit... · MichaelBucher Zürich [email protected] ArnoGropengiesser Solduno [email protected]

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Modellieren mit DifferentialgleichungenMichael BucherArno Gropengiesser

Modellieren mit DifferentialgleichungenMichael BucherArno Gropengiesser

Michael BucherZü[email protected]

Arno [email protected]

Impressum

Das vorliegende Skript und die Anhänge stehen den Mathematiklehrpersonen der Matu-ritätsschulen zur freien Verfügung. Neben der gedruckten Version kann das Material alsPDF und auch in Form der LATEX-Quelldateien auf

http://math.ch/dgl

heruntergeladen werden. Die Verwendung des Textes als Ganzes oder in Teilen, sowie dieModifikation zur Anpassung an den jeweiligen Unterricht, ist unter Angabe der Quelleausdrücklich gestattet. Eine Haftung der Autoren ist ausgeschlossen.

Gestaltung, Layout und LATEX-Typesetting

Alessandro Fasse

Druck

ETH Zürich, Print + PublishHG D 33.5Rämistrasse 1018092 Zürich

E-Mail: [email protected]: +41 44 632 50 13

http://math.ch/dgl

Inhaltsverzeichnis

Vorwort VI

Aufwärmen 1

1 Die Differentialgleichung f ′(x) = a · f(x) 31.1 Ein erstes Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31.2 Wachstum einer Population . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41.3 Lösung der Differentialgleichung f ′(x) = a · f(x) . . . . . . . . . . . . . . . 61.4 Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

2 Die Differentialgleichung f ′(x) = a · f(x) + b 112.1 Abkühlungsgesetz von Newton . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112.2 Lösung der Differentialgleichung f ′(x) = a · f(x) + b . . . . . . . . . . . . . 162.3 Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17

3 Die Differentialgleichung f ′(x) = a · f(x) ·(1− f(x)

G

)18

3.1 Logistisches Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183.2 Wachstumsrate* . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203.3 Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

4 Lösungsmethoden 224.1 Richtungsfeld – graphische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224.2 Separation der Variablen - analytische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . 294.3 Euler-Verfahren - numerische Lösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354.4 Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

5 Computer und Experiment 455.1 Computer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45

5.1.1 Richtungsfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 455.1.2 Euler-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

5.2 Experiment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475.2.1 Experiment: Modell des Bierschaum-Zerfalls . . . . . . . . . . . . . . 475.2.2 Experiment: Modell des Wasserausflusses bei einer PET-Flasche . . 495.2.3 Gedanken zur Modellierung in der Mathematik . . . . . . . . . . . . 52

Lösungen der Aufgaben 52

Lösung der logistischen Gleichung 63

IV

V

Anhänge

A Differentialgleichungen 2. Ordnung 65A.1 Ein erstes Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65A.2 Freier Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66A.3 Schwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68A.4 Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70A.5 Lösungen der Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

B Differentialgleichungen und Kurven 73B.1 Einfache Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73B.2 Schleppkurve (Traktrix) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75B.3 Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76B.4 Lösungen der Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76

C Differentialgleichungssysteme 77C.1 Räuber-Beute Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77C.2 S-I-R Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81C.3 Rückblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83C.4 Lösungen der Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83

Vorwort

Die Hochschulrektorenkonferenz hat 1990 einen Katalog Grundkenntnisse in Mathematikveröffentlicht. Darin wurde festgelegt, welcher Stoff zu Studienbeginn als bekannt voraus-gesetzt wird. Nach der Maturitätsreform 1995 wurde der Katalog von der DMK, der CRMund einer Kommission der ETH Zürich 1997 überarbeitet und nach einer umfassendenVernehmlassung gesamtschweizerisch zur Umsetzung empfohlen. Seit der Jahrtausendwendehaben sich die Rahmenbedingungen wiederum geändert. So wurde vielerorts die Schulzeitverkürzt, graphikfähige Taschenrechner und CAS (Computer Algebra Systeme) sowieGeometriesoftware bieten neue Möglichkeiten im gymnasialen Mathematikunterricht.

An der Konferenz Übergang Gymnasium-Hochschule im Oktober 2010 im Centro Ste-fano Franscini wurde deshalb angeregt, den Katalog neu zu gestalten. Die KommissionGymnasium-Universität hat daraufhin die DMK beauftragt, eine breit abgestützte Gruppeaus Vertretern von DMK/CRM/CMSI und der Hochschulen zu bilden, um die Arbeitauszuführen und das Resultat in eine allgemeine Vernehmlassung zu geben.

Das Resultat dieser Arbeiten ist der Kanon Mathematik (http://math.ch/kanon). Einewichtige Neuerung besteht darin, dass eine Einführung in die Modellierung mit Differenti-algleichungen nicht nur im mathematisch–naturwissenschaftlichen Profil, sondern in jedemProfil im Grundlagenfach erfolgen soll. Es zeigte sich allerdings, dass dafür ein sowohl fürdie Schülerinnen und Schüler, als auch für die Lehrpersonen brauchbares Lehrmittel fehlt.

Das vorliegende Skript, dessen Erstellung von der ETH Zürich unterstützt wurde, möchtediese Lücke schliessen. Es zeigt an vielen Beispielen auf, was Differentialgleichungen sind,woher sie kommen und wie sie exakt gelöst werden können, falls dies möglich ist. Es werdengraphische und numerische Methoden vorgestellt, mit denen in jedem Fall brauchbareangenäherte Lösungen gefunden werden können. Das Einbeziehen möglicher Software(GeoGebra) und praktische Experimente runden diese Einführung ab.

Im Anhang findet sich ein Glossar und die Lösungen zu den Aufgaben.

Die vorliegende, gedruckte Form wurde im Unterricht erprobt. Der Zeitbedarf mit Prüfungbeträgt ca. 20 Lektionen. Bei Bedarf und Interesse können unter http://math.ch/dglfolgende Ergänzungen eingesehen und heruntergeladen werden:

• Differentialgleichungen zweiter Ordnung

• Differentialgleichungen und ebene Kurven

• Differentialgleichungssysteme

Die Autoren hoffen mit diesem Skript sowohl Schülerinnen und Schülern als auch Lehr-personen den Einstieg in die Thematik zu erleichtern. Natürlich freuen wir uns überRückmeldungen jeglicher Art.

Viel Erfolg!

VI

Aufwärmen

In der Welt verändern sich Dinge dauernd. Die Mathematik hilft uns, diese Veränderungenbesser zu verstehen. Den Schlüssel zum Erfolg kennst du bereits: es ist die Idee der Funktion.

Aufgabe 1

a) Lola nimmt ein Joghurt aus dem Kühlschrank. Für die Temperatur gilt:

T (t) = 25− 21 · e−0.1t,

wobei die Temperatur T in ◦C und die Zeit t seit der Entnahme in Minutengemessen werden. Berechne und interpretiere (mit Einheiten):

• den Funktionswert T (5).

• die mittlere Änderungsrate ∆T∆t im Intervall [5, 20].

• die momentane Änderungsrate T ′(5).

• den Grenzwert von T (t) für t→∞.

b) Sei T ′(t) = 3e−0.2t. Wie lautet die Stammfunktion T (t), für welche gilt T (0) = 0?

Wir haben die Erwärmung des Joghurts mathematisch mit Hilfe einer Funktion beschrieben.Wir haben also für diesen Vorgang ein Modell erstellt, bzw. diesen Vorgang modelliert. Esist klar, dass ein solches Modell nicht immer exakt die Realität wiedergeben kann: DieTemperatur im Innern des Joghurts entspricht beispielsweise nur ungefähr auch dessenAussentemperatur. Trotzdem ist ein solches Modell wertvoll, weil es die Möglichkeit eröffnet,Aussagen über den Vorgang zu treffen und rechnerisch zu bestätigen.

Vielleicht hast du dich auch schon gefragt, wie man auf Funktionen wie T (t) = 25− 21e−0.1t

kommt. Du wirst es bald erfahren!

Wir halten fest:

• Mit Funktionen können wir Vorgänge beschreiben. Oft verändert sich etwas imLaufe der Zeit. Dann wählen wir als unabhängige Variable den Buchstaben t (für dasenglische Wort time) anstelle von x.

• Ist die unabhängige Variable die Zeit t, dann erfasst die Ableitungsfunktion diemomentane Änderungsrate (interpretierbar als Geschwindigkeit) eines Vorganges.

• Ist die Ableitungsfunktion gegeben, erhalten wir durch Integrieren die ursprünglicheFunktion – bis auf eine Konstante – zurück.

1

2

• EinModell ist immer eine Vereinfachung eines realen Vorganges, bei dem nur gewisseAspekte berücksichtigt werden oder werden können. Ein Modell erlaubt es aber, denVorgang besser zu verstehen, zu analysieren und zu simulieren. Wir müssen dabeistets überprüfen, wie sinnvoll unsere Berechnungen sind bzw. wie sie interpretiertwerden können.

KAPITEL1Die Differentialgleichung f ′(x) = a · f(x)

1.1 Ein erstes Beispiel

Du kennst bereits Differentialgleichungen! Die Gleichung

f ′(x) = −x+ 3

ist eine Differentialgleichung.

Bisher war es eine Gleichung bzw. die Ableitungsfunktion, mit der Du die momentaneÄnderungsrate berechnet hast. Wir ändern jetzt den Blickwinkel und sagen:

f ′(x) = −x+ 3

ist eine Gleichung mit einer unbekannten Funktion f(x). Auch die Lösung, die wir durchIntegrieren finden, kennen wir:

f(x) = −x2

2 + 3x+ C.

Damit haben wir unsere erste Differentialgleichung gelöst! Die Lösung ist eine Funktion.Wir haben es also mit einer neuen Art von Gleichung zu tun!

Merke 1

Eine Gleichung, in der die Ableitung einer Funktion auftritt, heisst

Differentialgleichung.

Die Gleichung lösen wir, indem wir eine Funktion (und keine Zahl!) suchen, welchedie Gleichung erfüllt. Eine Funktion, die eine solche Gleichung erfüllt, heisst

Lösung der Differentialgleichung.

Aufgabe 2 - Differentialgleichung mit Anfangswert

a) Wie lautet die Lösung der Differentialgleichung f ′(t) = 2t2 − t+ 1?

3

4

b) Welche in a) gefundene Lösung besitzt den Anfangswert f(0) = 3?

Natürlich sind Differentialgleichungen noch viel mehr.

In einer Differentialgleichung tritt nämlich in der Regel neben der Ableitung der Funktionauch die Funktion selber auf! Dies erfahren wir im nächsten Abschnitt.

1.2 Wachstum einer Population

Stellen wir uns eine Gruppe von Hasen vor. Je mehr Hasen es sind, umso mehr Jungewerden sie gebären. Diese werden heranwachsen und ihrerseits Junge bekommen. DieHasengruppe wächst damit aber immer schneller an: Doppelt so viel Hasen bringen imselben Zeitraum doppelt so viele Junge zur Welt!

In Zahlen könnte dies vielleicht so aussehen: Zu Beginn sind es 100 Hasen. Im ersten Monatbekommen sie 50 Junge. Dann haben wir 150 Hasen. Wie viele Junge werden diese 150Hasen wohl im zweiten Monat bekommen? Wir können (müssen!) annehmen, dass es 75Junge sind.

Wesentlich an diesem Beispiel ist:

• Die Hasenschar wächst um so schneller (75 > 50), je mehr Hasen vorhanden sind(150 > 100) und:

• Die Zunahme pro Monat beträgt gerade die Hälfte der Anzahl Hasen zu Beginndes jeweiligen Monats. Mit anderen Worten: Die Wachstumsgeschwindigkeit istproportional zur vorhandenen Anzahl Hasen (Zunahme pro Monat = 0.5 × Anzahl).

Nicht nur Hasen vermehren sich, sondern alle Lebewesen, etwa Menschen oder Pflanzen.Wir sprechen allgemein vom Wachsen einer Population.

Aufgabe 3 - Je grösser, umso schneller

Abgebildet sind zwei Graphen, die beide ein Wachstum einer Population beschreiben.Wenn nun die Population um so schneller wächst, je grösser sie ist: Welcher der beidenGraphen bringt dies zum Ausdruck?

Population P

Zeit t

Population P

Zeit t

5

Die Wachstumsgeschwindigkeit nimmt also zu, je grösser die Population ist. (Erinnerung:je mehr Hasen es sind, umso schneller vermehren sie sich!).

Oben haben wir gesehen, dass Wachstumsgeschwindigkeit und Grösse der Population einemeinfachen „Gesetz“ gehorchen können.

Die (plausible!) Annahme, dass die Wachstumsgeschwindigkeit einer Population - zu jedemZeitpunkt t - proportional zur momentanen Grösse der Population ist, drücken wir nunmit Hilfe einer Gleichung aus:

P ′(t) = a · P (t)

(Wachstumsgeschwindigkeit = Proportionalitätsfaktor × Grösse der Population).

Aufgabe 4

Die Annahme für unser Wachstumsmodell lautet: die Wachstumsgeschwindigkeit(Wachstumsrate) ist proportional zur Population. Mit einem Koordinatensystem im„Hintergrund“ können wir den Proportionalitätsfaktor a schätzen. Wie gross ist a imvorliegenden Fall?

Zeit t

Population (in Tausend)

1 2 3

1

2

3

4

Hinweis: Zeichne dazu Tangenten ein und lies die Steigungen ab. Vergleiche dann dieseÄnderungsraten mit den jeweiligen Funktionswerten.

Bemerkung - Selbstverständlich ist die „Grösse“ der Population P (t) stets eine natürlicheZahl und die Funktion P (t) macht bei jeder „Veränderung“ einen „Sprung“. P (t) ist alsonicht differenzierbar, so dass die Differentialgleichung P ′(t) = a · P (t) zunächst gar nichtsinnvoll erscheint. Man behilft sich hier, wie immer bei einem Modell, mit einer Idealisierung,was nur kleine Abweichungen von der effektiven Situation ergibt, aber - mit Hilfe derDifferentialgleichung - grosse Einsichten!

6

Merke 2

Für das Wachsen einer Population treffen wir folgende natürliche Annahme:

Die Änderungsrate ist proportional zur Grösse der Population.

Die daraus abgeleitete Gleichung besitzt die allgemeine Form

f ′(x) = a · f(x)

und heisst

Differentialgleichung des natürlichen oder exponentiellen Wachstums.

Der Name Differentialgleichung des exponentiellen Wachstums rührt daher, dass es sichbei den Lösungen dieser Differentialgleichung um Exponentialfunktionen handelt.

1.3 Lösung der Differentialgleichung f ′(x) = a · f(x)

Wenn wir die Gleichungf ′(x) = a · f(x)

betrachten sehen wir, dass „im Wesentlichen“ die Ableitung der Funktion gerade gleich derFunktion selber ist. Wie lautet nun eine solche Funktion f(x)? Wir kennen dafür einengeeigneten Kandidaten: die Ableitung von f(x) = ex lautet f ′(x) = ex!

Damit sind wir fast am Ziel. Was uns noch fehlt, ist der Faktor a. Wir erinnern uns an dieKettenregel und sehen, dass f(x) = eax genau diesen Faktor a als innere Ableitung liefert.Wir behaupten also: f(x) = eax löst die Differentialgleichung

f ′(x) = a · f(x).

Um die Richtigkeit unserer Lösung zu überprüfen, gehen wir vor wie immer. Wir setzenein: Für die linke Seite gilt f ′(x) = a · eax und für die rechte Seite a · f(x) = a · eax. Wirhaben also eine Lösung dieser Differentialgleichung gefunden!

Es gibt aber noch weitere Lösungen. Wir können f(x) noch um eine Konstante C anreichern!Das siehst du in der folgenden Aufgabe.

7

Aufgabe 5 - Stammfunktionen und Konstanten

a) Zeige durch Einsetzen, dass die Funktionen f(x) = C · eax die Differentialgleichungf ′(x) = a · f(x) lösen.

Hinweis: Bestimme dazu einzeln die linke und die rechte Seite. Sind sie gleich?

b) Ist auch die Funktion f(x) = eax + C eine Lösung der Differentialgleichungf ′(x) = a · f(x)?

Aufgabe 6 - Exponentielles Wachstum, Ausbreitung einer Population

Von einer Fischpopulation P (t), t in Jahren, ist bekannt, dass die momentane Ände-rungsrate ein Fünftel der vorhandenen Population beträgt.

a) Wie lautet die zugehörige Differentialgleichung?

b) Welche Funktionen lösen diese Differentialgleichung?

c) Um die Konstante C zu bestimmen, brauchen wir zusätzliche Information über dieGrösse der Fischpopulation zu einem bestimmten Zeitpunkt – einen sogenanntenAnfangswert. Wir nehmen an, dass es zu Beginn (also für t = 0) 500 Fische gab.Bestimme die Konstante C.

d) Skizziere den Verlauf der Kurve P (t), welche die Fischpopulation beschreibt,qualitativ.

e) Berechne

• wie gross die Population nach 3 Jahren ist,

• wann es mehr als 3000 Fische sind.

f) Mach dir noch einmal klar, indem du es jemandem erklärst,

• wie wir ganz natürlich auf die Differentialgleichung P ′(t) = a · P (t) gestossensind,

• wie die Lösungen lauten,

• wie die Parameter C und a in der Lösung interpretiert werden können.

In der vorherigen Aufgabe haben wir die Differentialgleichung P ′(t) = 0.2 · P (t) gelöst. DieLösungen sind Funktionen der Form P (t) = C · e0.2t, wobei C eine beliebige Konstante ist.Dabei heisst

P (t) = C · e0.2t

die allgemeine Lösung der Differentialgleichung.

8

Zum Anfangswert P (0) = 500 gehört eine dieser Lösungen, nämlich die Funktion

P (t) = 500 · e0.2t.

Eine solche Lösung heisst spezielle Lösung.

Warum dürfen wir von einer allgemeinen Lösung sprechen? Es wäre doch denkbar, dassdie Differentialgleichung weitere Lösungen besitzt – mit uns unbekannten Funktionen. Inder folgenden Aufgabe kannst du zeigen, dass dies nicht der Fall ist.

Aufgabe 7 - Eindeutigkeit der Lösung

Zeige, dass jede Lösung der Differentialgleichung f ′(x) = a·f(x) die Form f(x) = C ·eaxbesitzt!

Hinweis: Nimm an, dass g(x) ebenfalls eine Lösung ist und betrachte die Funktionh(x) = g(x)

f(x) . Zeige jetzt, dass h′(x) = 0 gilt. Was heisst dies nun für h(x)? Was folgtdamit für g(x)?

Merke 3

Die allgemeine Lösung einer Differentialgleichung enthält noch eine Konstante C.

Eine spezielle Lösung wird aus der allgemeinen Lösung gewonnen, wenn wir derKonstanten C einen festen Zahlenwert zuweisen, etwa aufgrund eines vorgegebenenAnfangswertes.

Aufgabe 8 - Exponentieller Zerfall, Umweltverschmutzung

Durch einen Unfall wird ein See mit einem Giftstoff verschmutzt. Dabei gibt Q dieMasse des Giftstoffes in kg an. Aus einem Fluss gelangt frisches Wasser in den See,wird dort mit dem verschmutzten Wasser vermischt und dann über einen anderenFluss abgeführt. Sei t die seit dem Unfall vergangene Zeit in Tagen.

a) Zuerst ist klar, dass die Verschmutzung abnimmt, Q ist also fallend. Messungenzeigen weiter, dass Q nicht stets um den gleichen Wert abnimmt, sondern zu Beginnschneller, dann langsamer. Sie nimmt also umso langsamer ab, je kleiner sie ist.

• Welcher der beiden folgenden Graphen bringt dies zum Ausdruck?

• Versuche in eigenen Worten zu erklären, warum dies so ist.

9

Verschmutzung Q

Zeit t

Verschmutzung Q

Zeit t

b) Die zugehörige Differentialgleichung trägt dem Rechnung (beachte das Vorzeichen!):

Q′(t) = −a ·Q(t) (a > 0).

Von welchen Gegebenheiten wird der Wert von a wohl beeinflusst?

c) Wir wählen a = 0.05. Wie lautet die allgemeine Lösung der Differentialgleichung?

d) Der Anfangswert der Verschmutzung beträgt Q(0) = 12. Wie lautet die spezielleLösung?

e) Berechne die sogenannte Halbwertszeit, also die Zeitdauer, die es braucht, bis sichdie Verschmutzung auf den halben Wert gesenkt hat. Ist die Halbwertszeit vomAnfangswert abhängig?

f) Mach dir noch einmal klar,

• wie wir ganz natürlich auf die Differentialgleichung Q′(t) = −a ·Q(t) gestossensind,

• was der Unterschied zwischen der allgemeinen und der spezielle Lösung ist,

• wie die Parameter C und a interpretiert werden können.

Wir hätten die Differentialgleichung auch wie folgt aufschreiben können:

Q′(t) = a ·Q(t) (a < 0).

Wir wählen aber a immer positiv und schreiben demnach „−a“, wenn die Situation einennegativen Proportionalitätsfaktor erfordert. Das Vorzeichen zeigt uns dann sofort, ob essich um einen exponentiellen Zerfall (−) oder um ein exponentielles Wachstum (+) handelt.

1.4 Rückblick

• Eine Differentialgleichung ist eine Gleichung, in der eine Ableitung der gesuchtenFunktion vorkommt.

• Eine Lösung einer Differentialgleichung ist keine Zahl, sondern eine Funktion!

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• Als wichtiges Beispiel haben wir die Differentialgleichung des natürlichen oderexponentiellen Wachstums kennengelernt:

f ′(x) = a · f(x).

Sie stellt eine Beziehung her zwischen der unbekannten Funktion f(x) und ihrerAbleitung f ′(x) und besitzt die allgemeine Lösung

f(x) = C · eax.

Ist ein Anfangswert vorgegeben, können wir die Konstante C bestimmen. Wirerhalten damit eine spezielle Lösung.

KAPITEL2Die Differentialgleichung f ′(x) = a · f(x) + b

2.1 Abkühlungsgesetz von Newton

Aufgabe 9 - Kaffee

Wir stellen einen 70 ◦C heissen Kaffee nach draussen, wo es 0 ◦C ist. Was passiert?Der Kaffee kühlt sich ab. Aber wie? Welcher der beiden Graphen beschreibt denAbkühlungsvorgang wohl zutreffender? Nenne Gründe.

Temperatur T

Zeit t

70 ◦C

Temperatur T

Zeit t

70 ◦C

Der linke Graph erinnert uns an die Differentialgleichung

T ′ = −a · T (a > 0)

aus dem Kapitel 1. In Worte übersetzt besagt sie hier: Ein heisser Kaffee kühlt sehrschnell ab. Je kälter er wird, umso langsamer erfolgt die Abkühlung. Dies lässt sich anden Tangentensteigungen (Änderungsraten, in Orange) sehen. Je kälter der Kaffee, umsoweniger schnell wird er kälter.

11

12

Temperatur T

Zeit t

70 ◦C

Wir stellen nun einen gleich heissen Kaffee nach draussen, jetzt aber bei einer Aussen-temperatur von 20 ◦C. Wie kühlt sich der Kaffee jetzt ab? Zuerst einmal wird der Kaffeesicher nicht kälter als 20 ◦C. Aber sonst wird dies in derselben Art wie oben geschehen.Die Abkühlung erfolgt zuerst schnell, dann immer langsamer.

Temperatur T

Zeit t

70 ◦C

20 ◦C

Es ist das Verdienst des Physikers Isaac Newton (1643–1727) hinter der Abnahme derTemperatur eine Gesetzmässigkeit zu vermuten und diese experimentell zu bestätigen. Daszu seinem Ehren benannte „Newtonsche Abkühlungsgesetz“ lässt sich wie folgt formulieren:

Die Abkühlungsgeschwindigkeit eines Objektes ist proportional zur Differenzzwischen seiner Temperatur und der Umgebungstemperatur.

Die Abkühlungsgeschwindigkeit des Kaffees ist also proportional zum Temperaturunter-schied von Kaffeetemperatur und Aussentemperatur.

Temperatur T

Zeit t

70 ◦C

20 ◦C

Temperaturdifferenz

Wir übersetzen das mutig in eine Differentialgleichung:

T ′(t) = −a · (T (t)− U) (a > 0),

wobei U für die Umgebungstemperatur steht.

13

Aufgabe 10 - Kuchen

a) Stelle die Differentialgleichung für einen abkühlenden Kuchen gemäss dem New-tonschen Abkühlungsgesetz auf. Wähle als Aussentemperatur 15 ◦C.

b) Frisch aus dem Ofen hat der Kuchen zu Beginn (t = 0) eine Temperatur von 100 ◦C.In der Abbildung sind mögliche Temperaturkurven skizziert. Von was hängt derunterschiedlichen Verlauf ab? Bei welcher Kurve ist der Parameter a grösser?

Temperatur T

Zeit t

100 ◦C

15 ◦C

Temperatur T

Zeit t

100 ◦C

15 ◦C

Merke 4

Das Abkühlungsgesetz ermöglicht eine Beziehung zwischen der momentanen Änderungder Temperatur und der Temperatur selbst in Form einer Gleichung zu formulieren.Auch bei anderen Problemen erweist sich das Suchen nach einer

Beziehung zwischen der momentanen Änderungsrate der Grösse und derGrösse selbst

als fruchtbar. Solche Beziehungen lassen sich, wie du bereits weisst, mit Hilfe vonDifferentialgleichungen beschreiben.

Wie können wir die Differentialgleichung

T ′(t) = −a · (T (t)− U)

lösen? In Kapitel 4 werden wir uns näher mit Lösungsmethoden befassen. Mit ein bisschenIntuition gelingt uns aber bereits jetzt die Lösung dieser Gleichung! Wenn wir nämlich dieobigen Graphen betrachten, können wir vermuten, dass T (t) einfach eine um U verschobeneExponentialfunktion ist. Wir vermuten also, dass die Funktionen

T (t) = C · e−at + U

die Differentialgleichung lösen.

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Aufgabe 11 - Nachweis

Zeige, dass die Funktionen T (t) = C · e−at + U die Differentialgleichung T ′(t) =−a · (T (t)− U) lösen.

Aufgabe 12 - Kaffee II

Die Funktion T (t) modelliert das Abkühlen von heissem Kaffee (T in ◦C, t in Minuten).

a) Stelle die Differentialgleichung für T (t) gemäss dem Newtonschen Abkühlungsgesetzauf. Wähle als Aussentemperatur 20 ◦C und für den Proportionalitätsfaktor a = 0.2.

b) Gib die (allgemeine) Lösung dieser Differentialgleichung an. Überprüfe deine Lösungdurch Einsetzen!

c) Von was könnte der Wert von a abhängen?

d) Die Anfangstemperatur des Kaffees beträgt 70 ◦C.

• Wie lautet die spezielle Lösung?

• Wie warm ist der Kaffee nach 10 Minuten?

• Wie lang dauert es, bis er eine Temperatur von 30 ◦C hat?

e) Für welchen Wert von t gilt T ′(t) = 0? Interpretiere deine Lösung!

Das Gesetz von Newton und die daraus resultierende DifferentialgleichungT ′(t) = −a · (T (t)− U) (a > 0),

können wir auch benutzen, wenn sich etwas erwärmt. Beachte dabei, dass das negativeVorzeichen bestehen bleibt, obwohl T ′(t) > 0 ist. Warum?

Temperatur T

Zeit tU

T (t)− U > 0Abkühlung

Temperatur T

Zeit t

U

T (t)− U < 0Erwärmung

Wenn sich etwas erwärmt, dann ist die Umgebungstemperatur U grösser als T (t) und somitT (t)− U < 0. Für a > 0 ist demnach wieder

−a · (T (t)− U) > 0.Das negative Vorzeichen interpretieren wir also so, dass die Temperaturdifferenz abnimmt.

15

Aufgabe 13 - Joghurt (vgl. Aufgabe 1)

Lola nimmt ein Joghurt aus dem Kühlschrank und vergisst es auf dem Tisch in der25 ◦C warmen Küche. Sei t die seit Entnahme verstrichene Zeit in Minuten. Wir setzena = 0.1.

a) Stelle die Differentialgleichung auf und interpretiere sie.

b) Wie lautet die (allgemeine) Lösung der zugehörigen Differentialgleichung?

c) Das Joghurt hat zu Beginn eine Temperatur von 4 ◦C. Zeichne eine Kurve, welchedie Temperatur des Joghurts qualitativ wiedergibt.

d) Ab wann ist das Joghurt wärmer als 15 ◦C?

Aufgabe 14 - Gleichgewichtslösung

Wir betrachten das Beispiel

T ′(t) = −0.25 · (T (t)− 10).

Die allgemeine Lösung kennen wir. Sie lautet:

T (t) = C · e−0.25t + 10.

a) In der Abbildung sind zwei Kurven dargestellt:

• T1(t) = C1 · e−0.25t + 10 mit Anfangstemperatur T (0) = 16

• T2(t) = C2 · e−0.25t + 10 mit Anfangstemperatur T (0) = 2.

Bestimme die Konstanten C1 und C2.

Temperatur T

Zeit t

10 ◦CT1(t)

T2(t)

2 ◦C

16 ◦C

b) Die Temperaturkurven verlaufen immer hin zur Umgebungstemperatur von 10 ◦C,unabhängig davon, wie gross die Anfangstemperatur ist. Was passiert eigentlich,wenn die Anfangstemperatur T (0) = 10 ◦C beträgt?

Klar: Es passiert nichts – die Temperatur ändert sich nicht! Dieser spezielle Fall

16

ist in unserer allgemeinen Lösung enthalten, wenn wir C = 0 setzen:

T (t) = 10.

Diese spezielle Lösung heisst Gleichgewichtslösung. Die Gleichgewichtslösungerhalten wir auch direkt über die Differentialgleichung, wenn wir die Gleichung

T ′(t) = 0

lösen:T ′(t) = −0.25 · (T (t)− 10) = 0

ergibt T (t) = 10.

Erkläre mit eigenen Worten, was eine Gleichgewichtslösung ist und wie man siefinden kann!

Die GleichungT ′(t) = −a · (T (t)− U)

ist ein Beispiel einer linearen Differentialgleichung. Wenn wir die rechte Seite ausmultipli-zieren erhalten wir

T ′(t) = −a · T (t) + a · U.Wenn wir für a eine beliebige Konstante zulassen und b = a · U setzen, dann erhalten wirdie Form

T ′(t) = a · T (t) + b.

Merke 5

Eine Differentialgleichung der Form

f ′(x) = a · f(x) + b

heisst

lineare Differentialgleichung (mit konstanten Koeffizienten)

2.2 Lösung der Differentialgleichung f ′(x) = a · f(x) + b

Aufgabe 15 - Lineare Differentialgleichung

a) Löse die lineare Differentialgleichung

f ′(x) = a · f(x) + b

in Abhängigkeit von a und b.

17

b) Überprüfe deine Lösung durch Einsetzen.

2.3 Rückblick

• Eine lineare Differentialgleichung besitzt die Form

f ′(x) = a · f(x) + b.

Die allgemeine Lösung lautet:

f(x) = C · eax − b

a.

• Eine wichtige Anwendung dieser Gleichung sind Erwärmungs- und Abkühlungs-prozesse, welche wir in der Form

T ′(t) = −a · (T (t)− U) (a > 0),

schreiben, wobei U für die Umgebungstemperatur steht. In der ausmultipliziertenForm zeigt sich ihre lineare Gestalt:

T ′(t) = −a · T (t) + a · U (a > 0),

Die allgemeine Lösung lautet:

T (t) = C · e−at + U.

• Bei vielen Problemen ist es möglich eine Beziehung zwischen der momentanen Ände-rungsrate einer Grösse und der Grösse selbst in Form einer Gleichung anzugeben. AlsBeispiele solcher Differentialgleichungen sind uns bisher Wachstums- und Erwärmungs-bzw. Abkühlungsprozesse begegnet.

KAPITEL3Die Differentialgleichung f ′(x) = a · f(x) ·

(1− f(x)

G

)

3.1 Logistisches Modell

In Kapitel 1 haben wir uns mit der Differentialgleichung des natürlichen Wachstums befasst:

P ′(t) = a · P (t).

Diese Differentialgleichung haben wir auf „natürliche“ Art hergeleitet, in dem wir folgendeAnnahme getroffen haben:

Die Änderungsrate ist proportional zur Grösse der Population.

Diese Annahme leuchtet ein, aber sie greift zu kurz. Warum?

Die Population kann sich nicht beliebig ausbreiten - irgendwann ist nicht mehr genügendPlatz oder Nahrung vorhanden! Wir sagen: die Population stösst ressourcenbedingt an eine(obere) Sättigungsgrenze G.

Wir müssen also unser Modell ändern, wenn wir diesem Gedanken Rechnung tragen wollen.Nur wie? Dem Mathematiker Pierre-François Verhulst (1804 - 1849) verdanken wir dasfolgende Modell, das diesem Umstand Rechnung trägt. Es heisst logistisches Wachstumund lautet:

P ′(t) = a · P (t) ·(

1− P (t)G

)(a > 0).

Verhulst hat die Differentialgleichung des natürlichen Wachstums also um den Faktor(1− P (t)

G

)„erweitert“. Welchen Einfluss hat dieser Faktor?

18

19

Aufgabe 16 - Einfluss des Faktors

Ergänze den Lückentext mit den folgenden Wörtern:

natürlichen - 0 - ungehindert - 1 - verlangsamt - 1 - a ·P (t) - geringen - 0 - starken - 0

a) Ist P (t) klein im Vergleich zu G, dann ist P (t)G ≈ , also(

1− P (t)G

)≈ . Damit ist P ′(t) ≈ .

Das heisst: zu Beginn hat der Faktor einen Einfluss. Daslogische Wachstum entspricht in dieser Phase ungefähr demWachstum. Die Population wächst .

b) Ist P (t) nahe bei G, dann ist P (t)G ≈ , also

(1− P (t)

G

)≈

. Damit ist P ′(t) ≈ .Das heisst: nähert sich P (t) der Sättigungsgrenze G, hat der Faktoreinen Einfluss. Das Wachstum wird immer mehr

. Der Faktor „drückt“ die Änderungsrate zu Boden. DerFaktor bewirkt also genau das, was wir wollen!

Population P

Zeit t

Wachstum wird langsamer

Wachstum gemäss P ′ = a · P

G

Aufgabe 17 - Logistische Kurve

a) Stelle die Differentialgleichung eines logistischen Wachstumsprozesses auf mita = 0.01 und G = 1000.

b) Die Abbildung zeigt qualitativ den ty-pischen Verlauf einer logistischen Kurve.Beschreibe den Verlauf der Kurve in eige-nen Worten!

Population P

P (t)

Zeit t

G

c) Betrachte die in a) aufgestellte Differentialgleichung. Was passiert, wenn diePopulation P zu Beginn bereits grösser ist als die Stättigungsgrenze G?

20

Das logistische Wachstumsmodell

P ′(t) = a · P (t) ·(

1− P (t)G

)(a > 0)

ist eine wichtige Differentialgleichung. Viele Vorgänge lassen sich mit dieser Gleichungmodellieren.

Multiplizieren wir sie aus, dann sehen wir, dass es sich nicht um eine lineare Differential-gleichung handelt:

P ′(t) = a · P (t) ·(

1− P (t)G

)= a · P (t)− a

G· P (t)2.

Der logistischen Gleichung lässt sich die Lösung nicht ohne Weiteres ansehen. Im nächstenKapitel werden wir uns deshalb eingehender mit Lösungsmethoden befassen.

Der folgende Abschnitt beleuchtet die logistische Gleichung noch von einer anderen Seite.Für das Verständnis ist er aber nicht nötig.

3.2 Wachstumsrate*

Wächst eine Hasenpopulation um 100 Hasen pro Monat, dann können wir nicht sagen, obes sich bei diesen Hasen um eine schnell wachsende Art handelt – ob sie also sehr vieleoder nur wenige Junge pro Monat bekommen.

Warum?

Weil wir nicht wissen, wie gross die Hasengruppe zu Beginn des Monats war!

Waren es nämlich zu Beginn

• 100 Hasen, dann würden sich die Hasen schnell vermehren - wir hätten eine Verdop-pelung jeden Monat.

• 1000 Hasen, dann würden sich die Hasen weniger schnell vermehren. Nur jeder zehnteHase gebärt ein Junges.

Wie ist das jetzt zu verstehen?

Wenn wir hier von „schnell“ bzw. „weniger schnell“ sprechen, meinen wir dies immer relativ- also im Verhältnis - zur bereits vorhandenen Anzahl. Wir betrachten also den Quotienten

P ′(t)P (t) ,

der auch Wachstumsrate genannt wird.

21

Aufgabe 18 - Wachstumsrate

a) Was kannst du über die Wachstumsrate beim natürlichen Wachstum aussagen?Hinweis: Dividiere die Differentialgleichung durch P (t).

b) Was kannst du über die Wachstumsrate aussagen beim logistischen Wachstum?

3.3 Rückblick

• Die Differentialgleichung für das logistische Wachstumsmodell besitzt die Form

P ′(t) = a · P (t) ·(

1− P (t)G

)(a > 0).

Das logistische Modell berücksichtigt, dass die Population P (t) ressourcenbedingt aneine obere Grenze G stösst.

• Während die Wachstumsrate P ′(t)P (t) beim natürlichen Wachstum konstant ist, hängt

sie beim logistischen Modell linear (also denkbar einfach!) von P (t) ab: je grösserP (t), umso kleiner die Wachstumsrate.

KAPITEL4Lösungsmethoden

In Kapitel 3 sind wir auf die Differentialgleichung des logistischen Modells gestossen

P ′(t) = a · P (t) ·(

1− P (t)G

),

die wir noch nicht lösen können. Es ist also an der Zeit, dass wir uns mit Lösungsmethodenauseinandersetzen.

Wie du weisst, ist die Lösung einer Differentialgleichung eine Funktion, welche die Gleichungerfüllt. Funktionen lassen sich auf unterschiedliche Arten darstellen. Die Lösungsmethoden,die wir hier besprechen, entsprechen dabei in gewisser Weise diesen Darstellungsarten.

Darstellungsart Lösungsmethode1 Graph (als Kurve) Richtungsfeld2 Funktionsgleichung Separation der Variablen3 Wertetabelle Euler-Verfahren

4.1 Richtungsfeld – graphische Lösung

Diese Methode hilft uns, den ungefähren Verlauf der Lösung einer Differentialgleichung zubestimmen - mit ihr erhalten wir eine Vorstellung vom Graphen der Lösungsfunktion.

Wir beginnen mit dem Beispiel

f ′(x) = 0.5 · f(x).

Wir kennen die Lösung! Es sind die Funktionen

f(x) = C · e0.5x.

Wir interpretieren nun diese Differentialgleichung auf geometrische Weise:

Die Gleichung sagt, dass für jede Stelle x die momentane Änderungsrate f ′(x) - geometrischalso die Steigung der Tangente an die Lösungskurve - gerade halb so gross ist, wie derFunktionswert f(x) - also der y-Wert - an dieser Stelle.

22

23

In der Abbildung sind zwei Lösungskurven mit einigen ihrer Tangentenstücken gezeichnetund zwar

• für die Konstante C = 1 die Kurve f(x) = e0.5x.

• für die Konstante C = 2 die Kurve f(x) = 2e0.5x.

Wenn wir die Steigungen in den einzelnen Punkten betrachten, ist es genau so, wie in derDifferentialgleichung verlangt: Sie beträgt in jedem Punkt gerade die Hälfte des y-Wertesin diesem Punkt!

Im Punkt mit der y-Koordinate 4 beträgt die Steigung also f ′(x) = 0.5 · 4 = 2.

x

y

−1 1 2 3 4

1

2

3

4

5

6

Jetzt ist es nicht mehr weit zum Richtungsfeld.

Wenn wir die eingezeichneten Kurven weglassen und nur die Steigungen stehen lassen,dann ergibt sich folgendes Bild.

x

y

−1 1 2 3 4

1

2

3

4

5

6

24

Wir können aber solche Tangentenstücke für weitere Punkte einzeichnen: Zum Beispiel hatdas Tangentenstück im Punkt (2|3) die Steigung des halben y-Wertes an diesem Punkt,also 1.5.

x

y

−1 1 2 3 4

1

2

3

4

5

6

Damit erhalten wir aber umgekehrt bereits einen guten Eindruck vom Verlauf der Lösungs-kurven. Eine solche Darstellung heisst Richtungsfeld der Differentialgleichung.

Jede mögliche Lösungskurve verläuft in jedem Punkt der x-y-Ebene in Richtung des dorteingetragenen Tangentenstücks.

In diesem Beispiel sind die Steigungen auf jeder Horizontalen immer gleich gross. Dasergibt sich aus der zugehörigen Differentialgleichung f ′(x) = 0.5 · f(x), denn die Steigungf ′(x) hängt nur von f(x) - also vom y-Wert - ab.

Natürlich können wir dieses Richtungsfeld noch engmaschiger zeichnen.

x

y

−1 1 2 3 4

1

2

3

4

5

6

In einem Richtungsfeld können wir sehen, wie „der Geist der Lösungskurve lauert“ und

25

durch das Festlegen eines „Anfangspunktes“ darauf wartet, sichtbar zu werden.

Um nun graphisch die Lösungskurve zu bestimmen, die durch einen vorgegebenen Punkt Pverläuft, gehen wir von diesem Punkt P aus und zeichnen im Richtungsfeld die zugehörigeLösungskurve so ein, dass die Steigung ihrer Tangente in all ihren Punkten mit der Steigungdes Tangentenstücks des Richtungsfeldes in den jeweiligen Punkten übereinstimmt.

Die eingezeichneten Kurven passen in unser Richtungsfeld: sie gehen durch die vorgegebenenPunkte P = (0|2) bzw. Q = (0|1).

x

y

−1 1 2 3 4

3

4

5

6

Zum Einzeichnen einer Lösungskurve können wir bei einem beliebigen Punkt P startenund dann sowohl vorwärts als auch rückwärts in die durch das Richtungsfeld gegebeneRichtung gehen. Dabei passen wir die Steigung laufend an.

Merke 6

Mit einem Richtungsfeld kann der Verlauf der Lösungskurven veranschaulicht wer-den, wobei oft auch qualitative Aussagen über deren Verhalten (beispielsweise überallfällige Asymptoten) möglich sind. Die Lösungskurven liegen so im Richtungsfeld,dass ihre Tangentensteigungen in jedem Punkt mit der Steigung des Tangentenstücksdes Richtungsfeldes in diesem Punkt übereinstimmen. Durch das Festlegen eines An-fangspunktes kann in den meisten Fällen die entsprechende Lösungskurve gezeichnetwerden. Es ist aber möglich, dass durch einen Punkt mehrere Lösungskurven gehen.

26

Aufgabe 19 - Richtungsfeld I

a) Sei f ′(x) = −0.25 · f(x).

• Zeichne ein Richtungsfeld im Bereich von (−2| − 2) bis (4|4).

• Zeichne die Lösungskurve, welche durch den Punkt (2|1) verläuft.

• Warum sind die Steigungen auf jeder Horizontalen gleich gross?

b) Sei f ′(x) = −0.25 · x.

• Zeichne ein Richtungsfeld im Bereich von (−2| − 2) bis (4|4).

• Zeichne die Lösungskurve, welche durch den Punkt (4|0) verläuft.

• Die rechte Seite der Differentialgleichung hängt nur von der Variable x ab.Wie macht sich dies im Richtungsfeld bemerkbar?

c) Abgebildet sind die Richtungsfelder der Differentialgleichungen f ′(x) = −f(x) + 3und f ′(x) = 1

x .

x

y

−1 1 2 3 4−1

1

2

3

4

x

y

−1 1 2 3 4−1

1

2

3

4

• Welches Feld gehört zu welcher Gleichung?

• Zeichne jeweils die Lösungskurve ein, welche durch den Punkt (1|0) verläuft.

• Zeichne jeweils die Lösungskurve ein, welche durch den Punkt (0|3) verläuft.

• Was denkst du: Besitzen die Kurven Asymptoten? Oder anders gefragt: Lässtsich etwas aussagen über das Langzeitverhalten von y für x→∞?

Das Richtungsfeld gibt uns also einen Eindruck vom Verlauf der Lösungskurven. Daswerden wir nun am Beispiel der logistischen Differentialgleichung

P ′(t) = a · P (t) ·(

1− P (t)G

)„sehen“.

27

Aufgabe 20 - Richtungsfeld bei logistischer Kurve

Wir betrachten die logistische Differentialgleichung

P ′(t) = 0.6 · P (t) ·(

1− P (t)6

).

a) Zeichne ein Richtungsfeld im Bereich von (0|0) bis (10|6).

Hinweis: Weil die Gleichung komplizierter ist als die bisherigen, können wir unsdie einzelnen Steigungen zuerst in einer Steigungstabelle notieren und zeichnen siedann ein.

Punkt (t|P ) t = 0 t = 1 t = 2 t = 3 t = 4 t = 5 t = 6P = 0 0 0 0 0 0 0 0P = 1 0.5 0.5 . . .P = 2 0.8 . . .P = 3 . . .P = 4

Die Steigungen bleiben hier auf jeder Zeile (Horizontale!) gleich. Du weisst jetztauch warum!

b) Zeichne - so gut wie möglich! - die Lösungskurve ein, welche im Punkt (0|1) beginnt.

Hinweis: Ist dir deine Steigungstabelle zu „weitmaschig“, kannst du einzelneSteigungen zusätzlich berechnen.

c) Wie lautet die Asymptote? Begründe mit Hilfe

• des Richtungsfeldes.

• der Gleichung.

d) An welcher Stelle steigt die Kurve am stärksten an? Oder: wann besitzt die Lösungdie maximale Wachstumsgeschwindigkeit?

Zum Schluss dieses Abschnittes wenden wir uns noch zwei Beispielen von Differentialglei-chungen zu, bei denen auf der rechten Seite auch die Variable x auftritt. Solche Gleichungenhaben wir bisher noch nicht angetroffen; sie sind aber nicht weiter aussergewöhnlich.

Aufgabe 21 - Richtungsfeld II

Wir betrachten die Differentialgleichung

f ′(x) = f(x) + x.

Beachte: Das ist eine Differentialgleichung, für die wir noch keine Lösung kennen.Trotzdem können wir das zugehörige Richtungsfeld zeichnen.

28

Das Richtungsfeld ist unten gezeichnet.

x

y

−2 −1 1 2 3

−2

−1

1

2

3

a) Überprüfe die Richtigkeit der Zeichnung. Berechne dazu die Steigungen an von dirgewählten Punkten und vergleiche.

b) Natürlich könnten wir - mit entsprechendem Aufwand - das Richtungsfeld wiederumengmaschiger zeichnen.

x

y

−2 −1 1 2 3

−2

−1

1

2

3

Wir erkennen, dass die Lösungskurven immer deutlicher zu Tage treten...

... und könnten problemlos einen Punkt wählen und die dazugehörige Lösungskurveeinzeichnen. Machen wir das!

Zeichne eine Lösungskurve ein, welche durch den Punkt (2| − 1) verläuft.

c) Eine spezielle Lösungskurve hat eine besonders einfache Gestalt. Siehst du sie?

Gib ihre Gleichung an und überprüfe durch Einsetzen, dass sie die Differentialglei-chung tatsächlich löst!

29

Aufgabe 22 - Richtungsfeld III (mit Steigungstabelle)

Wir betrachten die Differentialgleichung

f ′(x) = −f(x)2 · x.

Im nächsten Abschnitt werden wir oft y anstelle von f(x) schreiben, weil das einfachkürzer und bequemer ist. Die obige Gleichung hat dann die Form

y′ = −y2 · x.

a) Zeichne ein Richtungsfeld zu y′ = −y2 ·x. Erstelle dazu zuerst eine Steigungstabelle.

b) Zeichne diejenige Lösungskurve ein, welche durch den Punkt (2|2) verläuft.

Bemerkung - Engmaschige Richtungsfelder lassen sich gut mit dem Computer zeichnen.Näheres findest du in Kapitel 5 - Computer und Experiment.

4.2 Separation der Variablen - analytische Lösung

Mit dem Richtungsfeld können wir uns der Lösung nur zeichnerisch annähern. Die Methodeder Separation der Variablen hilft uns nun, gewisse Differentialgleichungen analytisch zulösen: Wir erhalten damit die exakten Gleichungen der Lösungsfunktionen!

Zuerst rufen wir uns eine bekannte Integrationsregel in Erinnerung:∫ 1xdx = ln(|x|) + C (für x 6= 0).

Beachte stets: Diese Gleichung können wir auf zwei Arten lesen:

1) Die Stammfunktionen von 1x sind ln(|x|) + C.

2) Die Ableitung von ln(|x|) + C ist 1x.

Aufgabe 23

a) Begründe mit Hilfe der Kettenregel, dass gilt :∫ 1f(x) · f

′(x)dx = ln(|f(x)|) + C (für f(x) 6= 0).

Hinweis: Leite dazu die rechte Seite ab!

b) Integriere! (Man spricht von logarithmischer Integration.) Kontrolliere deine Er-

30

gebnis durch Ableiten!

•∫ 1x+3dx.

•∫ 2

2x+3dx.

•∫ 1

2x+3dx. Hinweis:∫ 1

2x+3dx =∫ 1

21

x+ 32dx = 1

2 ·∫ 1x+ 3

2dx.

Jetzt sind wir bereit! Wir beginnen wiederum mit dem Beispiel

f ′(x) = 0.5 · f(x)

und bestimmen die Funktion f(x). Dazu gehen wir Schritt für Schritt vor:

Schritt 1 - Separation der Variablen (die Namensgebung wird später noch genauererläutert; wir dividieren durch f(x)):

1f(x)f

′(x) = 0.5.

Schritt 2 - Integration (wir bilden auf beiden Seiten die Stammfunktion):∫ 1f(x)f

′(x)dx =∫

0.5dx

ln(|f(x)|) + C1 = 0.5x+ C2,

wobei wir die beiden Konstanten zu einer Einzigen zusammenfassen: D = C2 − C1 Dasmerken wir uns: Es genügt immer, die Konstante auf einer Seite hin zu schreiben:

ln(|f(x)|) = 0.5x+D.

Schritt 3 - Auslösen nach f(x) (wir wollen ja die Funktion f(x) finden!):

eln(|f(x)|) =e0.5x+D

|f(x)| = e0.5x+D =e0.5x · eD.

Kürzen wir die Konstante eD durch L ab, erhalten wir:

|f(x)| = L · e0.5x.

Jetzt stören nur noch die Betragsstriche. Wir lassen die Betragsstriche weg, wodurch sichhöchstens das Vorzeichen ändert, d.h.

f(x) = ±L · e0.5x.

Wir kürzen die Konstante ±L durch C ab:

f(x) = C · e0.5x,

et voilà!

Dieses Resultat haben wir früher bereits durch „Raten“ gefunden. Jetzt haben wir abergerechnet und damit verbindet sich die Hoffnung, auch schwierigere Differentialgleichungenanalytisch lösen zu können. Zuvor üben wir die eben vorgestellte Lösungsmethode anBeispielen.

31

Aufgabe 24 - Differentialgleichung lösen / Separation der Variablen

Löse die folgenden Differentialgleichungen, indem du - langsam! - die oben ausgeführtenSchritte durchgehst. Übe dabei auch den sicheren Umgang mit den auftretendenKonstanten.

a) f ′(x) = 3 · f(x).

b) y′ = −0.1 · y.

c) Löse das folgende Beispiel und erkläre, warum diese Methode wohl „Separationder Variablen“ heisst:

y′ = x2 · y.

Unser bisheriger „Erfolg“ fusst auf der Lösung von Aufgabe 23 und damit auf der Anwendungder Kettenregel. Die Kettenregel ist der Schlüssel für die Separation der Variablen. Wirschauen uns das noch einmal genauer an:

Die Kettenregel lautet bekanntlich

[g(f(x))]′ = g′(f(x))︸ ︷︷ ︸äussere Ableitung

· f ′(x)︸ ︷︷ ︸innere Ableitung

Die Schreibweise mit f(x) ist ein bisschen schwerfällig. Wir schreiben deswegen y anstellevon f(x) und erhalten:

[g(y)]′ = g′(y)︸ ︷︷ ︸äussere Ableitung

· y′︸︷︷︸innere Ableitung

Diese Gleichung können wir auf „zwei Arten“ lesen, wie folgt:

• Die Ableitung von g(y) ist g′(y) · y′.

• Die Stammfunktionen von g′(y) · y′ sind g(y) + C.

Die Kettenregel liefert also eine Integrationsregel. Es gilt nämlich:∫g′(y) · y′dx = g(y) + C.

Wenn wir uns die linke Seite anschauen, sehen wir, dass da steht:∫. . . y′dx = . . .

Diese Form treffen wir hier immer an. Wir lösen nun zwei Beispiele parallel vor. Lies sielangsam durch und mach dir jeden Schritt klar!

32

Beispiel 1 Beispiel 2

Wir betrachten die Differentialgleichung

y′ = 3(y + 2) y′ = −6x · y2

Schritt 1 - Separation der Variablen

1y + 2 · y

′ = 3 1y2 · y

′ = −6x

Schritt 2 - Integration

∫ 1y + 2y

′dx =∫

3dx∫ 1y2 y

′dx =∫−6xdx

Die Kettenregel sagt:∫g′(y) · y′dx = g(y) + C. Hier ist

g′(y) = 1y + 2 g′(y) = 1

y2

Wir müssen einzig eine Funktion g(y) so finden, dass die jeweilige Ableitung dem gegebenenTerm entspricht!

g(y) = ln(|y + 2|) + C g(y) = −1y

+ C

Wir erhalten

ln(|y + 2|) + C1 = 3x+ C2

m

ln(|y + 2|) = 3x+D

−1y

+ C1 = −3x2 + C2

m

−1y

= −3x2 +D

Schritt 3 - Auflösen nach y

y = Ce3x − 2 y = 13x2 + C

33

Merke 7

Diese oben beschriebene Methode, eine Differentialgleichung analytisch zu lösen, heisst

Separation der Variablen.

Aufgabe 25 - Separation der Variablen

Drei der vier folgenden Differentialgleichungen lassen sich mit der Separation derVariablen lösen, zwei nicht. Löse diejenigen, die möglich sind und sage, warum sicheine nicht mit dieser Methode lösen lässt.

a) y′ = 6x2 · y.

b) y′ = (x+ 1) · y2.

c) y′ = x2 · (y + 1).

d) y′ = x2 + y.

Die Separation der Variablen lässt sich immer nur dann anwenden, wenn die Differential-gleichung die Form

y′ = „Funktion von x“× „Funktion von y“ also y′ = h(x) · g(y).

besitzt, weil wir dann die Variablen separieren können: Nach Division durch g(y) erscheinty nur noch auf der linken und x nur noch auf der rechten Seite der Gleichung:

y′

g(y) = h(x).

Aufgabe 26 - Seperation der Variablen II

a) In Aufgabe 25 c) hast du die Differentialgleichung y′ = x2 ·(y+1) mit der Separationder Variablen gelöst. Sie ist nämlich von der Form y′ = h(x) · g(y) mit h(x) = x2

und g(y) = y + 1. Auch die folgende Differentialgleichung ist - wenn auch wenigeroffensichtlich - von dieser Form:

y′ = x · y + 3x.

Wie lauten hier die Funktion h(x) und g(y)? Löse diese Differentialgleichung!

b) Beschreibe dein Vorgehen im allgemeinem Fall y′ = h(x) · g(y). Siehst du, welcheProbleme auftreten können, wenn wir die Funktion y bestimmen wollen?

Im Folgenden wenden wir uns Differentialgleichungen zu, denen wir schon früher begegnetsind. Die Variable x tritt nicht mehr auf (es liegt also der „Spezialfall“ h(x) = 1 vor).

34

Aufgabe 27 - Lineare Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten

Löse die folgenden Differentialgleichungen mit Separation der Variablen.

Hinweis: Aufgabe 23 b)!

a) y′ = y + 5.

b) T ′ = 2T + 3.

c) P ′ = 0, 5P + b.

d) y′ = a · y + b.

Wir widmen uns nun der logistischen Differentialgleichung

P ′(t) = a · P (t) ·(

1− P (t)G

)(a > 0).

Diese Gleichung haben wir bereits mit dem Richtungsfeld näherungsweise gelöst!

Sie lässt sich aber mit der „Separation der Variablen“ lösen, die Integration ist ein wenigerschwieriger als bisher. Du findest die Herleitung im Anhang ??.

Wir geben uns hier mit der Angabe der Lösung zufrieden.

Wir betrachten dazu das folgende, konkrete Beispiel einer logistischen Gleichung:

P ′(t) = 0.5 · P (t) ·(

1− P (t)6

).

Die Lösung lautetP (t) = 6

1 + C · e−0.5t .

Siehst du, wo die Parameter a = 0.5 und G = 6 in der Lösung zum Vorschein kommen?Dann kannst du die folgende Aufgabe lösen!

Aufgabe 28 - Lösung der logistischen Gleichung

a) Wie lautet vermutlich die Lösung der logistischen Gleichung

P ′(t) = a · P (t) ·(

1− P (t)G

)?

b) Überprüfe durch Einsetzen, ob deine in a) gefundene Lösung stimmt.

c) Welchen Grenzwert besitzt P (t) für t→ +∞?

35

Aufgabe 29

a) Ist der Anfangswert P (0) = A bekannt, dann lässt sich die logistische Wachstums-gleichung in der Form

P (t) = A ·GA+ (G−A) · e−at

schreiben. Begründe dies!

Hinweis: Löse P (0) = G1+C·e−a·0 = A zuerst nach C auf. Ersetze dann C in der

Funktionsgleichung und forme um.

b) Wir betrachten die Differentialgleichung

P ′(t) = 0.2 · P (t) ·(

1− P (t)5

)mit dem Startwert (0|1).

• Wie lautet P (t)?

• Skizziere die Kurve P (t) qualitativ.

• Für welches t gilt P (t) = 4?

4.3 Euler-Verfahren - numerische Lösung

Leider lassen sich nur die wenigsten Differentialgleichungen explizit lösen. In vielen Fällensind wir auf numerische Näherungsmethoden angewiesen. Dabei wird mit dem Compu-ter eine gegebene Differentialgleichung zu einem gegebenen Anfangswert numerisch, d.h.näherungsweise, aber beliebig genau, gelöst: Der Computer sucht im Richtungsfeld dieLösungskurve durch den gegebenen Punkt. Das Euler-Verfahren ist solch eine Methode,mit welcher wir schrittweise eine Wertetabelle mit angenäherten Werten der Lösungskurvefinden können.

Wir beginnen wiederum mit dem Beispiel

f ′(x) = 0.5 · f(x).

Konkreter können wir uns wieder vorstellen, dass P (t) beispielsweise die Anzahl der Hasenzu einem Zeitpunkt t (t in Monaten) angeben soll, wodurch sich nur der Name der Variable,aber nicht die Differentialgleichung ändert:

P ′(t) = 0.5 · P (t).

Wir geben uns einen Anfangswert vor und nehmen an, dass es zu Beginn 1000 Hasen sind,also P (0) = 1000.

36

Wie berechnen wir jetzt die Anzahl der Hasen nach einem Monat? Ganz einfach:

Hasen nach einem Monat = Hasen zu Beginn (Anfangswert)+Zuwachs in diesem Monat.

Den Zuwachs bzw. die Änderung in diesem Monat können wir aber - näherungsweise! -bestimmen. Wie?

Mit Hilfe der Differentialgleichung!

Die DifferentialgleichungP ′(t) = 0.5 · P (t)

sagt uns ja, wie gross die Änderungsrate (Geschwindigkeit, mit der die Hasenschar grösserwird) zu einem beliebigen Zeitpunkt t ist.

Zu Beginn, also für t = 0, sind es 1000 Hasen. Damit gilt für die Änderungsrate zu Beginn:

P ′(0) = 0.5 · P (0) = 0.5 · 1000 = 500 HasenMonat

.

Damit können wir nun die Anzahl Hasen nach einem Monat näherungsweise bestimmen:

Hasen nach einem Monat =Anfangswert + (momentane!) Änderungsrate×Monat

=1000 + 500 HasenMonat

× 1 Monat

=1500 Hasen

Die Abbildung zeigt uns, was passiert:

Zeit t (in Monaten)

Hasen (in Tausend)

1 2

1

2Richtiger Wert

Näherung

Lösung

Tangente

••

Den Wert 1500 erhalten wir, wenn wir uns vom Punkt (0|1000) entlang der Tangentebewegen.

Der Wert 1500 ist dabei nur eine Näherung des richtigen Wertes auf der Lösungskurve.Dies ist darum der Fall, weil wir in der obigen Berechnung angenommen haben, dass die

37

Änderungsrate in der betrachteten Zeitspanne von einem Monat konstant bleibt, obwohlsie sich kontinuierlich vergrössert. Die Tangenten an die exakte Lösungskurve weisen jamit zunehmender Zeit eine immer grösser werdende Steigung auf.

Dazu schreiben wir noch einmal formal auf, wie wir die Anzahl der Hasen nach einemMonat berechnet haben:

Anzahl Hasen nach einem Monat = Anzahl Hasen zu Beginn + Änderung in diesem Monat= Anfangswert + Änderungsrate× 1 Monat= P (0) + P′(0)× 1 Monat

und mit Hilfe der Differentialgleichung:

P (1) =P (0) + 0.5 ·P(0)× 1 Monat.

Wir haben also, um P (1) zu berechnen, nur den Wert P (0) verwendet.

Völlig analog können wir jetzt die Anzahl der Hasen nach zwei Monaten berechnen, wennwir die Anzahl nach einem Monat kennen!

Hasen nach 2 Monaten = Hasen nach einem Monat + Änderung in diesem MonatP (2) = P (1) + P ′(1)× 1 Monat

= P (1) + 0.5 · P (1)× 1 Monat.

Mit dieser Vorgehensweise können wir uns hochhangeln, also P (t) von Monat zu Monatangenähert berechnen und damit - mit genügend Ausdauer - die Anzahl der Hasen zujedem beliebigen Monat näherungsweise berechnen!

Merke 8

Die oben beschriebene Methode eine Differentialgleichung schrittweise numerisch zulösen, heisst

Euler-Verfahren.

Aufgabe 30 - Anzahl Hasen mit Euler-Verfahren

Die Differentialgleichung P ′(t) = 0.5 · P (t) mit den Anfangswerten P (0) = 1000beschreibt das Wachstum einer Hasenpopulation (t in Monaten).

a) Berechne mit dem Euler-Verfahren die angegebenen Werte. Achte auf deine Dar-

38

stellung. Gehe genau so vor, wie für den ersten „Schritt“ angegeben:

P (1) = P (0) + P ′(0)× 1 Monat= P (0) + 0.5 · P (0)× 1 Monat= 1000 + 0.5 · 1000× 1= 1500

P (2) = . . .

P (3) = . . .

b) In der Abbildung siehst du die exakte Lösungskurve (gestrichelt) und die Werte,die man über das Euler-Verfahren bekommt. Stimmen deine Werte in a) mit derAbbildung überein?

Zeit t (in Monaten)

Hasen (in Tausend)

0 1 2 3 4 5

1

2

3

4

5

nach 1 Monat

nach 2 Monaten

nach 3 Monaten

usw.

••

Die Abbildung zeigt, dass die Strecken während einer Zeitspanne (hier ein Monat),gleich steil bleiben, um sich dann in der nächsten Zeitspanne neu anzupassen. Dieserinnert uns nicht zufällig an das Richtungsfeld, wo es auch galt, die Lösungskurveimmer wieder neu zu „orientieren“, d.h. die Steigung der Lösungskurve für jedenSchritt wieder neu vom Richtungsfeld zu übernehmen.

Natürlich können wir die Zeitspanne 1 Monat auch anders wählen, beispielsweise als 1Woche statt eines ganzen Monats. So können wir das Wachstum der Hasenpopulation vonWoche zu Woche verfolgen. Der Einfachheit halber nehmen wir hier an, dass jeder Monatvier Wochen hat.

Nach einer Woche (= 0.25 Monat) sind es

P (0.25) = P (0) + P ′(0)× 1 Woche= P (0) + P ′(0)× 0.25 Monat= P (0) + 0.5 · P (0)× 0.25= 1125 Hasen.

39

Aufgabe 31 - Wochenschritte

a) Berechne die Werte von 2, 3 und 4 Wo-chen mit dem Euler-Verfahren, also

P (0.5) = P (0.25) + P ′(0.25)× 1 Woche= . . .

P (0.75) = . . .

P (1) = . . .

b) Der in a) berechnete Wert nach 4 Wo-chen stimmt nicht mit dem Wert 1500überein, den wir in der vorangegange-nen Aufgabe mit dem „Monatsschritt“berechnet haben. Warum?

Zeit t (in Monaten)

Hasen (in Tausend)

0 1 2

0.5

1

1.5

2

nach 1 Woche

nach 2 Wochen

nach 3 Wochen

usw.

••

••

••

Mit dem Euler-Verfahren begehen wir bei jedem Schritt einen Fehler. Dieser Fehler istumso kleiner, je kleiner die Zeitspanne ∆t ist. Je kleiner wir aber die Zeitspanne ∆t wählen,umso mehr Schritte müssen wir machen, um zum selben Ziel zu gelangen.

1 grosser Schritt erzeugt 1 grossen Fehler

4 kleine Schritte erzeugen 4 kleinere Fehler

• •

• • • • •

Was ist nun besser? Viele kleine Schritte mit vielen kleinen Fehlern oder wenige grosseSchritte mit wenigen grossen Fehlern?

Es lässt sich allgemein zeigen, was du vielleicht vermutest: kleine Schritte erzeugen in derSumme den kleineren Fehler. Dies bezahlt man allerdings mit dem rechnerischen Aufwand,den viele kleine Schritte mit sich bringen.

Ganz unabhängig, welche Schrittweite wir wählen, das Prinzip bleibt immer gleich:

Neuer Wert = momentaner Wert + (momentane!) Änderungsrate× verstrichene ZeitPN(t+ ∆t) = P (t) + P ′(t) ·∆t,

dabei ist PN(t + ∆t) der Näherungswert, mit welchem wir anschliessend beim nächstenSchritt weiter rechnen. Die momentane Änderungsrate bestimmen wir bei jedem Schrittmit Hilfe der Differentialgleichung von neuem. Der richtige Wert P (t + ∆t) stimmt mitdem Näherungswert nicht überein: Er weicht um den Fehler P (t+ ∆t)− PN(t+ ∆t) vondiesem ab, wie dies für den ersten Schritt des Euler-Verfahrens in der folgenden Skizzedargestellt ist. Entsprechend kommen zusätzliche Fehler bei jedem weiteren Schritt hinzu,die sich kumulieren.

40

P (t)

t

t t+ ∆t

P (t)

PN(t+ ∆t)P (t+ ∆t)

∆t

Fehler

••

Wir üben nun das Euler-Verfahren. Die folgenden beiden Aufgaben beinhalten Beispiele,die uns bereits bekannt sind.

Aufgabe 32 - Euler-Verfahren bei Newtons Gesetz

a) Wir untersuchen die Differentialgleichung T ′(t) = −0.5 (T (t)− 4) mit dem Start-wert (0|0). Berechne mit dem Euler-Verfahren näherungsweise die Werte von P (t)im Bereich 0 ≤ t ≤ 5 mit der Schrittweite ∆t = 1. Achte, wie immer auf einesystematische Darstellung!

T (0) = 0, T (1) = . . . , T (2) = . . . ,

T (3) = . . . , T (4) = . . . , T (5) = . . .

b) Du kennst bereits die exakte Lösung dieser Differentialgleichung. Sie lautet:

T (t) = −4 · e−0.5t + 4.

Die Kurve ist in der Abbildung eingezeichnet.

Trage die Werte, die du in a) über das Euler-Verfahren erhalten hast, in die Graphikals Streckenzug ein.

Vergleiche mit der eingezeichneten (exakten) Lösungskurve.

t

T

1 2 3 4 5

1

2

3

4

41

Aufgabe 33 - Euler-Verfahren bei einer logistischen Kurve

Wir untersuchen die Differentialgleichung

P ′(t) = P (t) ·(

1− P (t)5

)mit dem Startwert (0|1).

a) Berechne mit dem Euler-Verfahren näherungsweise die Werte von P (t) im Bereich0 ≤ t ≤ 2 mit der Schrittweite ∆t = 0.5.

b) Du kennst bereits die exakte Lösung dieser Differentialgleichung. Sie lautet:

T (t) = 51 + 4 · e−t .

Die Kurve ist in der Abbildung dargestellt.

Trage die Werte, die du in a) über das Euler-Verfahren erhalten hast, in die Graphikals Streckenzug ein.

(Die „Euler-Punkte“ im Bereich 2, 5 ≤ t ≤ 6 sind bereits eingezeichnet.)

t

P

1 2 3 4 5 6

1

2

3

4

5

••

• • • • • •

Die folgende Aufgabe zeigt ein Beispiel, das wir nicht mit der Separation der Variablenlösen können (vgl. Aufgabe 25 d)). Aber für uns ist das kein Problem mehr. Wir verfügenjetzt über das Euler-Verfahren!

Aufgabe 34 - Euler-Verfahren bei y′ = x2 + y

Wir untersuchen die Differentialgleichung y′ = x2 + y mit dem Startwert (0| − 1).

a) Berechne mit dem Euler-Verfahren näherungsweise die Werte von y im Bereich0 ≤ x ≤ 2 mit der Schrittweite ∆x = 0.5.

42

b) In der Abbildung ist das zugehörige Richtungsfeld und die Lösungskurve durchden Startwert (0| − 1) gezeichnet.

y

x

Schätze ab, ob deine in a) berechneten Werte stimmen können.

Aufgabe 35 - Verschiedene Lösungsmethoden

Gegeben ist die Differentialgleichung

y′ = −xy.

a) Entscheide, welches der beiden Richtungsfelder zur Gleichung gehört.

x

y

x

y

Du „siehst“: Das Richtungsfeld gibt uns schon einen guten Eindruck von einemmöglichen Verlauf der Lösungskurven. Hast du bereits eine Vermutung?

b) Als Startwert nehmen wir den Punkt (3|4). Berechne mit dem Euler-Verfahrenden Wert y für (4|y). Wähle als Schrittweite ∆x = 0.25.

43

c) Lässt sich die vorliegende Differentialgleichung mit der Separation der Variablenexakt lösen?

• Wenn ja, bestimme die Lösung!

• Wenn nein, erkläre warum!

d) Zum Euler-Verfahren:

• Wie gross ist die Abweichung des in b) mit dem Euler-Verfahren berechnetenWertes vom exakten Wert? Wie könnten wir die Abweichung verringern?

• In b) haben wir den Startwert (3|4) gewählt. Was passiert, wenn wir denStartwert (5|0) wählen? Gibt es andere Startwerte, die dem Euler-Verfahrenauch Probleme bereiten?

e) Interpretiere die Lösung dieser Differentialgleichung geometrisch.

Bemerkung - Das Euler-Verfahren ist eine exakte Handlungsweise, die gut von einemTabellenkalkulationsprogramm ausgeführt werden kann.

Algorithmus

1) Setze den Startpunkt (x|f(x)).

2) Schleife:

• Bewege dich zum Punkt (x+ ∆x|f(x) + f ′(x) ·∆x).

• Mache den neuen Punkt zum alten Punkt.

auswerten

x := x+ ∆x

f(x) := f(x) + f ′(x) ·∆x(x, f(x)) (xneu, f(xneu))

iterieren

Näheres findest du in Kapitel 5.

4.4 Rückblick

• In diesem Kapitel haben wir drei verschiedene Vorgehensweisen kennengelernt:

– eine graphische: das Richtungsfeld.

– eine analytische: die Separation der Variablen.

– eine numerische: das Euler-Verfahren.

44

• Mit dem Richtungsfeld verschaffen wir uns einen Überblick über den Verlauf derLösungskurven einer Differentialgleichung. Das Richtungsfeld stellt in ausgewähltenGitterpunkten mit einem Tangentenstück die dortige Steigung der Lösungskurvedar. Ausgehend von einem gegebenen Punkt zeichnet man die Lösungskurve durchdiesen Punkt, indem man die Steigung so gut wie möglich laufend dem Richtungs-feld anpasst. Dabei lässt sich gut sehen, was wir bereits wissen: Die Lösung einerDifferentialgleichung besteht aus (unendlich) vielen Funktionen. Wählen wir einenAnfangspunkt (x|y), dann gibt es in den meisten Fällen genau eine Lösungskurve,die durch diesen Punkt verläuft.

„Einfache Richtungsfelder“ zeichnen wir von Hand oder mit einer Steigungstabelle.Für schwierigere oder engmaschigere Richtungsfelder können wir einen Computerverwenden.

• Die Methode der Separation der Variablen hilft uns, gewisse Differentialgleichun-gen analytisch zu lösen, indem wir die Funktionsgleichung bestimmen. Die Separationder Variablen lässt sich anwenden, wenn die Differentialgleichung auf die Form

y′ = h(x) · g(y)

gebracht werden kann. Wir gehen dann in drei Schritten vor:

1) Separation der Variablen durch Division der Gleichung von g(y): y kommt nurnoch auf der linken und x nur noch auf der reichen Seite vor.

2) Integration beider Seiten.

3) Auflösen der gefundenen Gleichung nach y.

• Mit dem Euler-Verfahren bestimmen wir die Lösung einer Differentialgleichungfür einen gegebenen Anfangswert indem wir eine Wertetabelle der Lösungskurvenäherungsweise berechnen. Ist für ein bestimmtes x ein Anfangswert y(x) bekannt,können wir mit der Formel

y(x+ ∆x) = y(x) + y′(x) ·∆x

von y(x) ausgehend, den nächsten Wert y(x+ ∆x) näherungsweise berechnen. DieserWert ist umso genauer, je kleiner ∆x ist. Im Prinzip kann die exakte Lösung durchdas Euler-Verfahren beliebig genau approximiert werden. Bei kleinen ∆x erhöht sichaber der Rechenaufwand, weil dann viele einzelne Berechnungen durchgeführt werdenmüssen. Um numerische Verfahren sinnvoll einzusetzen, ist es unumgänglich, miteinem Computer zu arbeiten. Es gibt Differentialgleichungen, die nicht exakt durcheine Formel gelöst werden können. In solchen Fällen helfen numerische Verfahren.

KAPITEL5Computer und Experiment

Das Motto dieses Kapitel lautet: Experimentiere! Am Computer oder ganz real.

5.1 Computer

Der Computer kann Berechnungen, die von Hand viel zu aufwändig wären, in kurzerZeit ausführen und die entstehenden Resultate visualisieren. Vielleicht kennst du bereitsdas Computerprogramm GeoGebra. Mit GeoGebra kannst du problemlos Richtungsfelderzeichnen und das Euler-Verfahren durchführen.

5.1.1 Richtungsfeld

Mit GeoGebra kannst du Richtungsfelder zeichnen.

Der Befehl um z.B. das Richtungsfeld der Differentialgleichung

y′ = x(y − 2)

zu erzeugen lautet Richtungsfeld[x(y-2)]. Natürlich lässt sich die Anzahl Tangenten-stücke, deren Länge etc. nach eigenen Wünschen einstellen oder eine Lösungskurve durcheinen festgelegten Punkt zu “ziehen”. Probiere es aus!

Die obige Abbildung zeigt das Richtungsfeld von y′ = 0.25y. Zusätzlich ist die Lösungy = 2e0.25x durch den Punkt (0|2) dargestellt.

45

46

5.1.2 Euler-Verfahren

Das Euler-Verfahren lässt sich mit der Tabellenkalkulation von GeoGebra durchführen.

In der Abbildung ist die Schrittweite über einen Schieberegler delta so gesteuert, dass siebeliebig variiert werden kann. Du siehst sehr gut: Je kleiner delta ist, umso kleiner ist derFehler!

Aufgabe 36 - Logistisches Modell

Die logistische Differentialgleichung lautet:

P ′ = a · P ·(

1− P

G

)(a > 0).

Lege als Schieberegler fest:

• Faktor a

• Grenze G

• Anfangswert A (zu t = 0)

• delta

a) Zeichne ein Richtungsfeld.

b) Führe das Euler-Verfahren durch. Lege dazu eine Tabelle (100 Werte) an undstelle sie als Liste von Punkten dar. Hinweis: Zelle A2 = A1 + delta und B2 =B1 + a · B1 ·

(1− B1

G

)· delta (vgl. Abbildung).

c) Plotte die Lösungskurve P (x) = A·GA+(G−A)·e−ax .

d) Stelle alles geeignet und schön(!) dar, indem du entsprechende Einstellungen wählst.

47

e) Variiere die Schieberegler. Beobachte! Experimentiere!

Unser Bild sieht so aus. Und deines?

5.2 Experiment

5.2.1 Experiment: Modell des Bierschaum-Zerfalls

Der Bierschaum gibt dem Bier nicht nur sein typisches Aussehen, sondern wirkt sich auchpositiv auf den Genuss des Bieres aus, denn der Bierschaum trägt unter anderem dazubei, dass sich das Bier langsamer erwärmt und die Kohlensäure am Austreten gehindertwird. Anhand der Bierschaumqualität lässt sich auch erkennen, ob qualitativ hochwertigeZutaten verwendet wurden. Der Bierschaum „zerfällt“ aber nach dem Einschenken desBieres...

Wie schnell zerfällt Bierschaum oder:wie viel Zeit kann man sich beim Trinken lassen?

Bei einem Experiment musst du sorgfältig arbeiten und am besten in einer Gruppe. Lieszuerst den ganzen Text durch.

Materialien

• Gefäss mit konstantem Querschnitt, z.B. Zylinder

• Messinstrumente (Lineal, Stoppuhr)

• Bier

• Heft, Schreibzeug

Wenn du dein eigenes Material mitbringst und dafür Verantwortung trägst, dass dasExperiment durchgeführt werden kann, hast du mehr Freude am Experiment und es bleibtdir besser im Gedächtnis.

Durchführung

48

• in deinem Heft eine genügend grosse Tabelle vorbereiten, wie folgt:

Schaumhö- Zerfallsge- Proportio-Zeit Schaumhöhe henänderung Zeitdifferenz schwindigkeit nalitätsfaktort in s h(t) in cm ∆h = ∆t h′(t) ≈ a =

h(t+ ∆t)−h(t)

∆h/∆t h′(t)/h(t)

0 . . . . . . 30 . . . . . .30 3060 3090 30. . . . . .

• Bier so in das Gefäss giessen, dass sich viel (aber nicht zu viel!) Schaum bildet

• ein wenig warten, bis der Zerfall einsetzt

• alle 30 Sekunden die Höhe h des Bierschaumes messen (nur die Schaumhöhe messen,die Flüssigkeit unten gehört nicht dazu!)

• mindestens 12 Messungen vornehmen

Während des Experimentes trägst du in die graue Spalte deine Messwerte ein. Die restlichenSpalten werden später ausgefüllt.

Auswertung

• Übertrage deine Messungen in ein Koordinatensystem. Vielleicht hast du bereits eineVermutung, nach welchem „Gesetz“ der Bierschaum zerfällt.

• Vervollständige in der Tabelle die restlichen Spalten.

Das Experiment zeigt dir: die Zerfallsgeschwindigkeit h′ nimmt mit der Zeit ab. Dies istim Grund genommen leicht einsichtig: wenn viel Bierschaum vorhanden ist, zerfällt auchmehr Bierschaum, als wenn wenig vorhanden ist.

Mathematisch ausgedrückt: die Zerfallsgeschwindigkeit ist abhängig von der vorhandenenSchaumhöhe (bzw. -menge). Wie du weisst, lautet das einfachste Modell dazu: h′(t) = a·h(t).

• Ist der Ansatz: h′(t) = −a · h(t) gerechtfertigt?

Dies ist dann der Fall, wenn in der letzten Spalte der Proportionalitätsfaktor a = h′(t)h(t) ,

zumindest näherungsweise, für alle deine Messungen immer denselben Wert ergibt.Dies sollte der Fall sein!

Um einen möglichst „genauen“ Faktor a zu erhalten kannst du die einzelnen Werte„mitteln“.

• Löse die Differentialgleichung! (Beachte: den „Anfangswert“ kennst du!)

• Zeichne den Graphen der Lösungsfunktion in dein Koordinatensystem. Passt er zuden gemessenen Werten? Was könnten Gründe für mögliche Abweichungen sein?(vergleiche mit den Bemerkungen unten)

49

• Kenner behaupten, dass der Schaum eines guten Bieres eine Halbwertszeit von(mindestens) 110 Sekunden hat. Ist dies bei deinem Bier der Fall?

Bemerkungen

• Oben wurde das Modellh′(t) = −a · h(t)

gewählt. Wäre auch das modifizierte Modell

h′(t) = −a · (h(t))2

tauglich? Diese Gleichung lässt sich auch mit Hilfe der Separation der Variablen lösen.Ergibt sich eine bessere Anpassung an die erhobenen Daten?

• Zum „Bierschaumexperiment“ findet sich ganz viel im Internet!

5.2.2 Experiment: Modell des Wasserausflusses bei einer PET-Flasche

Wer beobachtet, wie viel Wasser aus einem Behälter ausfliesst, stellt fest, dass dies zuerstschell und dann - mit sinkendem Wasserspiegel - immer langsamer passiert. Das wollen wirgenauer wissen!

Welche Funktion h(t) beschreibt das Absinken des Wasserspiegelswährend der Entleerung?

Bei einem Experiment musst du sorgfältig arbeiten und am besten in einer Gruppe. Lieszuerst den ganzen Text durch.

Materialien

• Leere 1.5 Liter PET-Flasche

• Messinstrumente (Lineal, Stoppuhr). Praktischer Hinweis: Eventuell einen StreifenMilimeterpapier auf die Flasche kleben

• Werkzeug, um in die PET-Flasche ein Loch zu bohren. Praktischer Hinweis: Eventuelldas Loch mit einem erhitztem Nagel bohren

• Heft, Schreibzeug

Wenn du eigenes Material mitbringst und dafür die Verantwortung trägst, dass das Experi-ment durchgeführt werden kann, hast du mehr Freude am Experiment und es bleibt dirbesser im Gedächtnis.

Durchführung

• Loch mit ca. 3 mm Durchmesser in den unteren Teil der PET-Flasche bohren (dasLoch soll unten am zylinderförmingen Teil der Flasche sein, bevor sich die Flaschewieder verengt)

• Ca. 1 Liter Wasser in die Flasche giessen

50

• alle 10 Sekunden die Höhe h des Wasserspiegels messen

• mindestens 12 Messungen vornehmen

• in deinem Heft eine genügend grosse Tabelle vorbereiten, wie folgt

Sinkge- Proportio-Zeit Höhe Höhenänderung Zeitdifferenz schwindigkeit nalitätsfaktort in s h(t) in cm ∆h =

h(t+∆t)−h(t)∆t h′(t) ≈

∆h/∆ta = h′(t)/h(t)

0 . . . . . . 10 . . . . . .10 1020 1030 10. . . . . .

Während des Experiments trägst du in die graue Spalte deine Messwerte ein. Die restlichenSpalten werden später ausgefüllt.

Auswertung

• Übertrage deine Messungen in ein Koordinatensystem. Vielleicht hast du bereits eineVermutung, nach welchem „Gesetz“ der Wasserspiegel absinkt.

• Vervollständige in der Tabelle die rechten Spalten.

• Das Experiment zeigt dir: die Sinkgeschwindigkeit h′ nimmt ab. Was könnte einGrund dafür sein?

Mathematisch ausgedrückt: die Sinkgeschwindigkeit ist abhängig von der Wasserhöhe. Wiedu weisst, lautet das einfachste Modell dazu: h′(t) = −a · h(t).

• Ist der Ansatz: h′(t) = −a · h(t) gerechtfertigt?

Dies ist dann der Fall, wenn in der letzten Spalte der Proportionalitätsfaktor a = h′(t)h(t) ,

zumindest näherungsweise, für alle deine Messungen immer denselben Wert ergibt.Dies schien hier aber nicht der Fall zu sein...

Die Messergebnisse und theoretische Überlegungen (vergleiche Bemerkungen) zeigen, dassdas Modell

h′(t) = −a ·√h(t)

den Prozess des Absinkens besser beschreibt.

• Ist der Ansatz: h′(t) = −a ·√h(t) gerechtfertigt?

Dies ist dann der Fall, wenn in der letzten Spalte der Proportionalitätsfaktor a =h′(t)√h(t)

, zumindest näherungsweise, für alle deine Messungen immer denselben Wertergibt. Dies sollte der Fall sein!

Um einen möglichst „genauen“ Faktor zu erhalten, kannst du die einzelnen Werte„mitteln“.

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• Löse die Differentialgleichung! (Beachte: den „Anfangswert“ kennst du!)

• Zeichne den Graphen der Lösungsfunktion in dein Koordinatensystem. Passt er zuden gemessenen Werten? Was könnte der Grund für mögliche Abweichungen sein?(Vergleiche dazu auch die Bemerkungen unten)

Bemerkungen

• Vergleicht man die Lösung h(t) mit den tatsächlichen Messwerten stellt man einegute Übereinstimmung nur für nicht zu kleine Werte von h(t) fest. Tatsächlich spielenfür kleine Werte von h(t) weitere Effekte eine Rolle, die wir bei unserem Ansatzvernachlässigt haben.

• Wir wollen noch die oben angegebene Differentialgleichung für die gesuchte Funktionh(t) begründen. Die Herleitung beruht auf zwei Grundprinzipien der Physik, nämlichauf der Energieerhaltung und der Massenerhaltung.

Den Energieerhaltungssatz kennst du aus der Physik:

m · g · h(t) = 12 ·m · v(t)2.

In unserem Beispiel ist h(t) der Pegelstand und v(t) die Geschwindigkeit, mit derdas Wasser ausströmt. Diese Gleichung lösen wir nach v(t) auf und erhalten

v(t) =√

2 · g · h(t) (∗)

Der Massenerhaltungssatz meint in unserem Beispiel, dass das Volumen an Wasser,welches im Gefäss „verschwindet“, gerade dem Volumen an Wasser entspricht, dasunten ausströmt. Ist Q der Querschnitt des Gefässes und q der Querschnitt derÖffnung, dann ergibt sich für eine Zeitspanne ∆t:

Volumen „oben“ = Volumen „unten“Q · (h(t)− h(t+ ∆t)) = q · vmittel ·∆t

Q · (h(t)− h(t+ ∆t)) = q · v(t) + v(t+ ∆t)2 ·∆t (∗∗)

Kannst du mit (∗) und (∗∗) und für ∆t→ 0 die Differentialgleichung herleiten?

52

5.2.3 Gedanken zur Modellierung in der Mathematik

Die Mathematik versucht verschiedene Prozesse zu untersuchen.

Weichen die mathematischen Ergebnisse zu stark von der Messung in der Realität ab,muss ein neues, besseres Modell - basierend auf anderen Annahmen - aufgestellt werden!Allerdings muss eine quantitative Anpassung an die Realität nicht in jedem Fall sinnvollsein - auch Messungen können fehlerhaft sein.

Bedenke: Ein Modell entspricht nie ganz der Realität, es gibt nur Modelle, die es bessermachen als andere.

Modelle können helfen, die Prozesse selbst besser zu verstehen.

Beim Modellieren gehen wir - natürlich (!) - von der Annahme aus, dass der Natur überhaupteine gewisse Regelmässigkeit zu Grunde liegt. Diese Annahme wird gestützt durch ein Zitatvon Galileo Galilei:

„Die Natur ist in der Sprache der Mathematik geschrieben.“

Lösungen der Aufgaben

Aufgabe 1.

a) T (5) = 12.3 ◦C; die (momentane) Temperatur des Joghurts nach 5 Minuten. ∆T∆t =

T (20)−T (5)20−5 = 9.9 ◦C/min; um wie viel die Temperatur im Mittel im Zeitintervall [5, 20]

steigt T ′(t) = 1.27 ◦C/min; um wie viel die Temperatur momentan im Zeitpunktt = 5 steigt lim∆→∞ T (t) = 25 ◦C; die Temperatur nähert sich immer mehr (derUmgebungstemperatur) 25 ◦C an.

b) T (t) = 15− 15 · e−0.2·t.

Aufgabe 2.

a) f(t) = 23 t

3 − 0.5 t2 + t+ C.

b) f(t) = 23 t

3 − 0.5 t2 + t+ 3.

Aufgabe 3.

Der rechte Graph.

Aufgabe 4.

a ≈ 0.7.

Aufgabe 5.

a) Linke und rechte Seite ergeben C · a ea x. Die Funktionen f(x) = C · ea x sind Lösungender Gleichung.

b) Linke Seite: a ea x; rechte Seite a(ea x + C); die beiden Seiten sind nicht gleich (ausserfür C = 0). Die Funktionen f(x) = ea x + C sind keine Lösungen der Gleichung.

Aufgabe 6.

a) P ′(t) = 0.2 · P (t),

b) P (t) = C e0.2 t,

c) P (0) = C · e0 = C = 500; also ist P (t) = 500 e0.2 t,

d) Siehe Abbildung

53

54

P

t

250

500

750

1 2 3

e) ca. 910 Fische; ca. 9 Jahre,

f) Die Wachtumsgeschwindigkeit P ′ ist proportional zur Grösse der Population P . DieLösungen haben die Form P (t) = C ea x. C ist der Anfangswert, a der Proportionali-tätsfaktor.

Aufgabe 7.

Annahme: g(x) ist ebenfalls eine Lösung. Dann gilt g′(x) = a g(x). Damit folgt für dieFunktion h(x) = g(x)

f(x) mit Hilfe der Quotientenregel, dass

h′(x) = g′(x)f(x)− g(x)f ′(x)(f(x))2 = a · g(x)f(x)− g(x) · a · f(x)

(f(x))2 = 0

gelten muss. Damit gilt: h(x) is konstant, also g(x)f(x) = k. Somit ist g(x) = k · f(x) =

k ·C ea x = C ′ ea x, wobei wir C ′ also k ·C auffassen können. Die Funktion g(x) besitzt alsoauch diese „Form“ und damit folgt die Behauptung.

Aufgabe 8.

a) Der rechte Graph.

b) a ist abhängig von der Zuflussmenge bzw. Abflussmenge des Wassers.

c) Q(t) = C e−0.05 t.

d) Q(t) = 12 e−0.05 t, wobei Q in kg und t in Tagen angegeben ist.

e) ca. 14 Tage.

f) Die Geschwindigkeit Q′, mit der die Verschmutzung abnimmt, ist proportional zurGrösse der Verschmutzung Q. Die Lösungen haben die Form Q(t) = C e−a x, wobei Cder Anfangswert und a der Proportionalitätsfaktor ist.

Aufgabe 9.

Der linke Graph; je kühler der Kaffee ist, um so weniger schnell nimmt seine Temperaturab.

Aufgabe 10.

55

a) T ′(t) = −a (T (t)− 15).

b) a ist grösser beim linken Graphen.

Aufgabe 11.

Linke Seite: T ′(t) = −aC e−a t; rechte Seite −a · (T (t)− U) = −a(C · e−a t + U − U

)=

−aC e−a t. Daraus folgt, dass T (t) = C e−a t+U die Differentialgleichung T ′(t) = −a (T (t)− U)löst.

Aufgabe 12.

a) T ′(t) = −0.2 · (T (t)− 20).

b) T (t) = C e−0.2 t + 20, wobei T in ◦C und t in min.

c) wie gut die Kaffeetasse „isoliert“.

d) T (t) = 50 · e−0.2 t + 20, wobei T in ◦C und t in min; 26.8 ◦C; 8.05 min.

e) T ′ wird nie ganz 0; erst im „Grenzfall“ t→∞ wird theoretisch die Umgebungstempe-ratur erreicht.

Aufgabe 13.

a) T ′(t) = −0.1 (T (t)− 25).

b) T (t) = C e−0.1t + 25, wobei T in ◦C und t in min.

c) T (t) = 25− 21 e−0.1t.

P

t

10

20

10 20 30 40

d) 7.4 min.

Aufgabe 14.

a) C1 = 6; C2 = −8.

b) Gleichgewicht herrscht dann, wenn sich T nicht mehr ändert, also wenn gilt T ′ = 0. DieGleichgewichtslösung erhalten wir also dann, wenn wir die Differentialgleichung T ′ = 0lösen.

Aufgabe 15.

a) f(x) = C ea x − ba .

56

b) Linke Seite: C · a ea x; rechte Seite: a ·(C ea x − b

a

)+ b = C · a ea x.

Aufgabe 16.

a) Ist P (t) klein im Vergleich zu G, dann ist P (t)G ≈ 0, also

(1− P (t)

G

)≈ 1. Damit ist

P ′(t) ≈ aP (t). Dass heisst: Zu Beginn hat der Faktor einen geringen Einfluss. Daslogistische Wachstum entspricht in dieser Phase ungefähr dem natürlichen Wachstum.Die Population wächst ungehindert.

b) Ist P (t) nahe bei G, dann ist P (t)G ≈ 1, also

(1− P (t)

G

)≈ 0. Damit ist P ′(t) ≈ 0. Das

heisst: Nähert sich P (t) der Sättigungsgrenze G, hat der Faktor einen starken Einfluss.Das Wachstum wird immer mehr verlangsamt.

Aufgabe 17.

a) P ′(t) = 0.01 · P (t)(1− P (t)

1000

).

b) Siehe Aufgabe 16.

c) Die Population nimmt ab und nähert sich „von oben“ der Sättigungsgrenze.

Aufgabe 18.

a) Die relative Wachstumsrate P ′(t)P (t) ist beim natürlichen Wachstum konstant.

b) Beim logistischen Wachstum hängt sie linear von P (t) ab: je grösseer P (t) umso kleinerdie Wachstumsrate.

Aufgabe 19.

a) f ′(x) ist auf jeder Horizontalen jeweils gleich, da f ′(x) überall proportional zumjeweiligen y-Wert ist und damit allein von y, aber nicht von x selber, abhängig ist.

x

y

−1 1 2 3 4−1

1

2

3

4

57

b) Die Steigungen sind auf jeder Vertikalen gleich gross, da f ′(x) nur von x, aber nichtvon y abhängig ist.

x

y

−1 1 2 3 4−1

1

2

3

4

c) Das linke Feld gehört zu f ′(x) = 1x , keine Asymptote; das rechte Feld gehört zu

f ′(x) = −f(x) + 3, Asymptote: y = 3.

Aufgabe 20.

a) Wir haben die folgende Zeichnung:

t

P

P (t)

1 2 3 44 5 6 7 8 9 10

1

2

3

4

5

G = 6

b) Siehe Abbildung

c) Asymptote: y = 6. Begründung: Für P (t) = 6 ist P ′(t) = 0.

d) Bei P (t) = G2 = 3; also bei etwa t = 2.7.

58

Aufgabe 21.

a) Wir haben die folgende Abbildung

x

y

−2 −1 1 2 3 4

−2

−1

1

2

3

4

b) Siehe Abbildung.

c) f(x) = −x− 1.

Aufgabe 22.

a) Wir haben die folgende Steigungstabelle und Skizze.

Punkt (x|y) x = −1 x = 0 x = 1 x = 2 x = 3 x = 4y = −1 1 0 −1 −2 −3 −4y = 0 0 0 0 0 0 0y = 1 1 0 −1 −2 −3 −4y = 2 4 0 −4 −8 −12 −16y = 3 9 0 −9 −18 −27 −36y = 4 16 0 −16 −32 −48 −64

x

y

−1 1 2 3 4−1

1

2

3

4

59

b) Siehe Abbildung.

Aufgabe 23.

a) (log |f(x)|+ C ′)′ = 1f(x)︸ ︷︷ ︸

äussere Ableitung

· f ′(x)︸ ︷︷ ︸innere Ableitung

.

b) log |x+ 3|+ C; log |2x+ 3|+ C; log|x+ 32 |

2 + C.

Aufgabe 24.

a) f(x) = C e3x.

b) y = C e−0.1x.

c) y = C ex33 . Die Gleichung y′ = x2y wird umgeformt zu y′

y = x2. Die Variablen sind„separiert“ worden: die „y“ stehen auf der linken Seite, die „x“ auf der Rechten.

Aufgabe 25.

a) y = C e2x3 .

b) y = − 112x

2+x+C = − 2x2+2x+C .

c) y = C ex33 − 1.

d) nicht separierbar.

Aufgabe 26.

a) y′ = x(y + 3); separierbar mit h(x) = x und g(y) = y + 3; es ist y = C ex22 − 3.

b) Schritt 1: Separation der Variablen: y′

g(y) = h(x).

Schritt 2: Integration:∫ y′

g(y) dy =∫h(x) dx.

Schritt 3: Auflösen nach y: y = . . ..

Probleme, die auftreten können: Finden einer Stammfunktion (Schritt 2), Auflösennach y (Schritt 3).

Aufgabe 27.

a) y = C ex − 5.

b) T = C e2x − 32 .

c) P = C e0.5x − 2b.

d) y′ = a y + b = a(y + b

a

); y = C ea x − b

a .

Aufgabe 28.

60

a) P (t) = G1+C e−a t .

b) Selber.

c) limt→∞ P (t) = G.

Aufgabe 29.

a) Es ist: P (0) = G1+C = A, ⇒ C = G−A

A und

⇒ P (t) = G

1 + G−AA e−a t

= A ·GA+ (G−A) · e−a t .

b) P (t) = 51+4 e−0.2 t ; t = 13.86.

t

P

P (t)

5 10 15 20

1

2

3

44

G = 5

Aufgabe 30.

a) P (2) = 2250; P (3) = 3375; (weiter wäre: P (4) = 5063).

Aufgabe 31.

a) P (0) = 1000; P (0.25) = 1125; P (0.5) = 1266; P (0.7) = 1424; P (1) = 1602; (weiterwäre: P (1.25) = 1802).

b) Dank der kleineren Schrittweite (Woche statt Monat) werden die Steigungen häufigerangepasst: die Lösungskurve wird damit immer besser angenähert als mit grösserenSchritten.

Aufgabe 32.

a) Siehe Abbildung.

61

Aufgabe 33.

a) Siehe Abbildung.

Aufgabe 34.

a) Siehe Abbildung.

62

−1 1 2 3

−3

−2

−1

1

••

x

y

Aufgabe 35.

a) Das Richtungsfeld in der linken Abbildung passt: Die Lösungskurven sind Kreise umden Ursprung.

b) y = 2.51.

c) Diese Gleichung eignet sich für die Lösung mit der Methode der Separation der Variablen:y′ y = −x lässt sich integrieren. Die Lösungskurven sind Kreise mit der Gleichungx2 + y2 = 2C = r2.

d) Exakter Wert: y = 2.18; Abweichung 2.51 − 2.18 = 0.33; Verbesserung durch kleineSchrittweite. Das Euler-Verfahren kann nicht in „Startwerten“ auf der x-Achse beginnen,da dort y′ =∞ ist.

Lösung der logistischen Gleichung

Als Beispiel betrachten wir die Differentialgleichung

P ′(t) = 0.5 · P ·(

1− P (t)6

)bzw. in einfacherer Schreibweise

P ′ = 0.5 · P ·(

1− P

6

).

Wir lösen diese Gleichung mit Hilfe der Separation der Variablen.

Schritt 1 - Separation der Variablen

1P ·

(1− P

6

) · P ′ = 0.5.

Die Schwierigkeit ist offensichtlich: Wie soll man bloss eine Stammfunktion für die linkeSeite finden?

Hier hilft eine Technik mit dem Namen „Partialbruchzerlegung“.

Es handelt sich um ein (nicht offensichtliches!) Umformen des Quotienten 1P ·(1−P

6 ) . Zuerstvereinfachen wir:

1P ·

(1− P

6

) = 6P · (6− P )

und ziehen dann das Ganze auseinander:

6P · (6− P ) = P + 6− P

P · (6− P ) = P

P · (6− P ) + 6− PP · (6− P ) = 1

6− P + 1P

und bekommen so:

0.5 =( 1

6− P + 1P

)· P ′ = 1

6− P · P′ + 1

PP ′.

Schritt 2 - Integration

Wir berechnen durch Integration:

− log |6− P |+ log |P | = 0.5 · t+D.

Schritt 3 - Auflösen nach P

Die erhaltene Gleichung lösen wir nach der Funktion P auf.

63

64

Dazu multiplizieren wir die Gleichung zuerst mit (−1):

log |6− P | − log |P | = −0.5 · t−D.

Wir fassen zu einem Logarithmus zusammen:

log∣∣∣∣6− PP

∣∣∣∣ = −0.5t−D

und beseitigen ihn: ∣∣∣∣6− PP∣∣∣∣ = e−0.5·t · e−D = L · e−0.5·t.

Da P < 6 können wir auf die Betragsstriche weglassen und erhalten:

6− PP

= C · e−0.5·t.

Der Rest ist nicht mehr schwierig:

6P− 1 = C · e−0.5·t

6P

= 1 + C · e−0.5·t

P

6 = 11 + C · e−0.5·t

P = 61 + C · e−0.5·t .

Aus dem Text war dir diese Lösung bereits bekannt. Jetzt hast du aber auch den Weg zurLösung verfolgen können!

Als kleine Aufgabe: Versuch den Weg zur Lösung der allgemeinen logistischen Gleichung

P ′(t) = a · P (t) ·(

1− P (t)G

)(a > 0)

zu finden, indem du die oben gemachten Schritte anpasst!

KAPITELADifferentialgleichungen 2. Ordnung

A.1 Ein erstes Beispiel

Was denkst du, istf ′′(x) = f(x)

auch eine Differentialgleichung?

Klar! Im Unterschied zum Bisherigen kommt jetzt einfach die zweite Ableitung vor!

Ein solche Gleichung heisst Differentialgleichung zweiter Ordnung - weil eben eine zweiteAbleitung auftritt -, wohingegen alle bisherigen Differentialgleichungen erster Ordnungwaren. Unschwer sich vorzustellen, dass es auch Differentialgleichungen dritter oder höhererOrdnung gibt!

Merke 9

Eine Differentialgleichung heisst n-ter Ordnung, wenn (als höchste Ableitung)eine n-te Ableitung auftritt.

Zu Beginn des Kapitels 1 haben wir ein ganz einfaches Beispiel einer Differentialgleichungerster Ordnung gelöst, nämlich

f ′(x) = −x+ 3.

Die Lösung war denkbar einfach und mit dem jetzigen Wissen fällt es uns fast schon schwerdiese Gleichung überhaupt als „richtige“ Differentialgleichung zu würdigen. (Warum?)

Trotzdem wollen wir auch bei den Differentialgleichungen zweiter Ordnung mit einemeinfachen Beispiel beginnen.

65

66

Aufgabe 37

a) Löse die Differentialgleichung zweiter Ordnung

f ′′(x) = −x+ 3.

b) Was stellst du fest bezüglich der Anzahl der Konstanten im Vergleich mit Diffe-rentialgleichungen erster Ordnung? Wie viele „Anfangsbedingungen“ sind deshalbnötig für eine spezielle Lösung?

Aber: wo treten zweite Ableitungen auf?

Sicher hast du schon von folgenden Zusammenhängen gehört:

• Die Ableitung der Weg-Zeit-Funtkion s(t) ist die Geschwindigkeit v(t):

s′(t) = v(t).

• Die Ableitung der Geschwindigkeit-Zeit-Funktion v(t) ist die Beschleunigung a(t):

v′(t) = a(t).

Mach dir nochmals klar, was damit gemeint ist!

Damit ist aber:

s′′(t) = v′(t) = a(t).

Merke 10

Die zweite Ableitung der Weg-Zeit-Funktion s(t) ist die Beschleunigung a(t).

Damit sind wir gerüstet für die folgenden Abschnitte.

A.2 Freier Fall

Lässt man einen Körper auf die Erde fallen, erfährt dieser eine Beschleu-nigung, die sogenannte Fallbeschleunigung. Weil beim freien Fall alleKörper mit der gleichen Beschleunigung fallen, hat man als Symbol fürdie Fallbeschleunigung einen eigenen Buchstaben eingeführt, nämlich g.

Die Fallbeschleunigung auf der Erdoberfläche ist konstant und beträgt g ≈ 10 m/ sec2.

67

Aufgabe 38 - Freier Fall ohne Reibung (Luftwiderstand)

Aus der Physik ist dir vielleicht folgende Formel bekannt:

s(t) = g

2 · t2 + v0 · t+ s0.

a) Leite diese Formel her! Hinweis: s′′(t) = a(t) = g.

b) Was bedeuten die Konstanten v0 und s0?

c) Ein Apfel hängt an einem Ast in drei Meter Höhe. Er fällt vom Baum. Der „freie“Fall des Apfels wird also durch eine Differentialgleichung

s′′(t) = g

mit den beiden Anfangsbedingungen:

s(0) = 0 und s′(0) = 0

beschrieben. Wie lautet die spezielle Lösung, die den Fall dieses Apfels beschreibt?

Der Luftwiderstand verringert beim Fallen jedoch die Beschleunigung und bewirkt so, dassein Körper eine maximale Fallgeschwindigkeit nicht überschreitet.

Aufgabe 39 - Freier Fall mit Reibung (Luftwiderstand)

Wir nehmen zuerst als einfaches Modell an, dass der Luftwiderstand eine Verringerungder Beschleunigung bewirkt, die proportional zur Geschwindigkeit ist. Damit erhaltenwir für die Beschleunigung a(t):

a(t) = g − b · v(t) (b > 0),

die wir auch

a) in der Form schreiben können:

v′(t) = g − b · v(t).

• Welche Ordnung hat diese Differentialgleichung?

• Bestimme v(t).

b) in der Form schreiben können:

s′′(t) = g − b · s′(t).

• Welche Ordnung hat diese Differentialgleichung?

68

• Bestimme s(t). Hinweis: Aus a) kennst du bereits v(t).

c) In der Realität zeigt sich, dass unser einfaches Modell:

a(t) = g − b · v(t) (b > 0)

nicht „greift“. Ein Modell, dass bessere Resultate liefert, geht davon aus, dass derLuftwiderstand proportional zum Quadrat der Geschwindigkeit ist.

• Wie lautet die Differentialgleichung in diesem Modell?

• Die Lösung dieser Differentialgleichung ist schwierig (aber möglich). Wirbegnügen uns mit der Frage, welche Höchstgeschwindigkeit beim freien Fallangenommen wird. Gib einen Ausdruck an in Abhängigkeit von g und b.Hinweis: Die Höchstgeschwindigkeit wird für a(t) = 0 erreicht. Warum?

A.3 Schwingungen

Ein Gewichtsklotz wird an eine Feder gehängt und aus der Ruhelage „in Schwingung“gebracht, beispielsweise indem wir ihn nach unten ziehen und dann loslassen.

Wird der Klotz aus der Ruhelage gebracht, dann übt die Feder eine Kraft aus, die zurRuhelage gerichtet ist und den Klotz in die Ruhelage „zurücktreibt“.

Dabei wird er im Allgemeinen über die Ruhelage hinaus bewegt so, dass er sich durch dieFederkraft wieder in entgegengesetzter Richtung zurückbewegt usw. Es kommt also zuSchwingungen um die Ruhelage.

Mit Hilfe des Hook’schen Gesetzes aus der Physik lässt sich zeigen, dass die Beschleunigunga(t) proportional ist zur Auslenkung s(t). Wir erhalten damit

a(t). = −c · s(t) (c > 0).

Das Minuszeichen rührt daher, dass die Beschleunigung der Auslenkung entgegengesetztist. Ersetzen wir a(t) = s′′(t), erhalten wir die sogenannte Differentialgleichung der harmo-nischen Schwingung:

s′′(t) = −c · s(t) (c > 0).

Das ist jetzt eine „echte“ Differentialgleichung zweiter Ordnung, weil auch die Funktions(t) auftritt. Die Konstante c ist abhängig vom Gewicht des Klotzes und der Stärke derFeder.

69

Aufgabe 40 - Schwingung ohne Reibung

a) Wir setzen zuerst c = 1 und betrachten also die Gleichung

s′′(t) = −s(t).

t

−1

1

1 2 3 4 5 6

Wenn wir an „Schwingungen“ denken, dann ist der Sinus nicht weit! Zeige, dassdie Funktion

s(t) = sin t

die Differentialgleichung löst.

b) Die Differentialgleichung der harmonischen Schwingung wird auch oft in der Form

s′′(t) = −ω2 · s(t)

geschrieben. Die Proportionalitätskonstante c wird als Quadrat ω2 notiert, damitdie Lösung schöner aussieht.

Zeige, dass die Ausdrücke

• s(t) = A · sin(ωt) und

• s(t) = A · sin(ωt) +B · cos(ωt)

die Differentialgleichung lösen.

c) Überlege dir die Lösung für den allgemeinen Fall c 6= 1.

d) Ein Klotz schwingt an einer Feder. Wir betrachten den Fall:

s′′(t) = −s(t).

Weiter sind die beiden Anfangsbedingungen

s(0) = 0 und s′(0) = 3

gegeben. Gib jeweils die spezielle Lösung an.

70

e) Wie d) mit den Anfangsbedingungen

s(0) = 2 und s′(0) = 3.

Aufgabe 41 - Schwingung mit Reibung

Durch Reibung wird eine Schwingung mit der Zeit abgebremst beziehungsweise dieAuslenkung s(t) wird kleiner. Man spricht von einer gedämpften Schwingung. Wielässt sich diese nun in unsere Differentialgleichung einbauen?

a) Eine gedämpfte Schwingung lässt sich mit folgender Differentialgleichung beschrei-ben:

s′′(t) = −ω2 · s(t)− d · s′(t) (d > 0).

Erkläre!

b) Zeige durch Ableiten, dass s(t) = 4 · e−0.5 t · sin(t) die Differentialgleichung

s′′(t) = −54s(t)− s

′(t)

löst.

c) Die Differentialgleichung der gedämpften Schwingung wird oft in der Form

s′′(t) + 2β · s′(t) + ω2 · s(t) = 0

geschrieben. Erkennst du darin die Form aus a) wieder? Zeige durch Ableiten, dassdie Funktion

s(t) = e−β t ·(A · sin

(√ω2 − β2 · t

)+B · cos

(√ω2 − β2 · t

))die Lösung der Differentialgleichung ist.

A.4 Rückblick

• Es gibt auch Differentialgleichungen, in denen höhere Ableitungen auftreten.

• Als wichtiges Beispiel haben wir die Differentialgleichung der harmonischen Schwin-gung kennengelernt:

s′′(t) = −ω2 · s(t).

Die grosse Bedeutung der harmonischen Schwingung liegt darin, dass jeder periodischeVorgang als „Überlagerung“ (das heisst, als Summe) von harmonischen Schwingungendargestellt werden kann.

71

A.5 Lösungen der Aufgaben

Aufgabe 37.

a) Wir berechnen

f ′(x) =∫

(−x+ 3)dx = −x2

2 + 3x+ C,

f(x) =∫f ′(x) dx =

∫ (−x

2

2 + 3x+ C

)dx = −x

3

6 + 32x

2 + C x+D.

b) Durch zweimaliges Integrieren, erhalten wir zwei (verschiedene) Integrationskonstanten.Um diese bestimmen zu können, braucht es zwei zugehörige „Anfangsbedingungen“.

Aufgabe 38.

a) und b):

s′(t) =∫g dt = g t+ C,

s(t) =∫s′(t)dt =

∫(g t+ C)dt = 1

2g t2 + C t+D,

wobei C = v0, die Anfangsgeschwindigkeit und D = s0, die Anfangsposition sein muss.

c) Wir habens(t) = 1

2g t2 + v0t+ s0 = 1

2g t2.

Aufgabe 39.

a) Erste Ordnung; v(t) = gb − C e−b t.

b) Zweite Ordnung; durch integrieren von s′(t) = v(t) erhalten wir s(t) = gb t+ C e−b t

b +D.

c) v′(t) = g− b · v2(t) oder s′′(t) = g− b · (s′(t))2. Die Gleichung a(t) = v′(t) = 0 bedeutet,dass die Geschwindigkeit sich nicht mehr ändert, daraus folgt: vmax(t) =

√gb .

Aufgabe 40.

a) s′(t) = cos(t), s′′(t) = − sin(t) = −s(t).

b) s(t) = A · sin(√c · t).

c) Wir berechnen

s′′(t) = −A · sin(ω t) · ω2 = −ω2 · s(t) unds′′(t) = −A · sin(ω t) · ω2 −B · cos(ω t) · ω2

= −ω2 (A · sin(ω t) +B · cos(ω t))= −ω2 · s(t).

72

d) Ansatz: s(t) = A sin(t)+B cos(t). Mit s(0) = 0 und s′(0) = 3 ergibt sich s(t) = 3 sin(t).

e) Ansatz: s(t) = A sin(t) + B cos(t). Mit s(0) = 2 und s′(0) = 3 ergibt sich s(t) =3 sin(t) + 2 cos(t).

Aufgabe 41.

a) Mit d > 0 ist der Beschleunigung zusätzlich zum Hook’schen Gesetz eine Dämpfung,proportional zur Geschwindigkeit s′(t), entgegen gesetzt: die Schwingung wird gebremst.

b) Wir berechnen

s′(t) = 4 · e−0.5 t · (−0.5 · sin(t) + cos(t)) = −2 · e−0.5 t · sin(t) + 4 · e−0.5 t · cos(t) unds”(t) = −3 · e−0.5 t · sin(t)− 4 · e−0.5 t · cos(t).

Durch Einsetzen: −54 · s(t)− s′(t) = s′′(t) = −3 · e−0.5 t · sin(t)− 4 · e−0.5 t · cos(t).

c) d = 2β und wir berechnen

s′(t) =β · e−β t ·(A · sin

(√ω2 − β2 · t

)+B · cos

(√ω2 − β2 · t

))+ e−β t

·(A · cos

(√ω2 − β2 · t

)·√ω2 − β2 −B · sin

(√ω2 − β2 · t

)·√ω2 − β2

),

s′′(t) = 2β2 · e−β t ·(A sin

(√ω2 − β2 · t

)+B · cos

(√ω2 − β2 · t

))+ ω2 · e−β t

·(−A · sin

(√ω2 − β2 · t

)−B · cos

(√ω2 − β2 · t

))− 2β · e−β t

·(A · cos

(√ω2 − β2 · t

)·√ω2 − β2 −B · sin

(√ω2 − β2 · t

)·√ω2 − β2

)2β · s′(t) =− 2β2 · e−β t ·

(A · sin

(√ω2 − β2 · t

)+B · cos

(√ω2 − β2 · t

))+ 2β · e−β t

·(A · cos

(√ω2 − β2 · t

)·√ω2 − β2 −B · sin

(√ω2 − β2 · t

)·√ω2 − β2

)ω2 · s(t) =ω2 · e−β t ·

(A · sin

(√ω2 − β2 · t

)+B · cos

(√ω2 − β2 · t

))Man erkennt 2β · s′(t) + ω2 · s(t) = −s′′(t), die Lösung ist geprüft.

KAPITELBDifferentialgleichungen und Kurven

B.1 Einfache Beispiele

Aufgabe 42 - Kurven mit Tangenten und Subtangenten

a) Wir suchen Kurven, die folgende Eigenschaften besitzen: Die Tangenten in jedemPunkt P (x|y) der Kurve schneidet die x-Achse im Punkt (x2 |0).

y

x2

x−1 1 2 3 4−1

1

2

3

P (x|y)

Die Kurve ist der Graph einer unbekannten Funktion y(x). Die Tangente im PunktP (x|y) hat die Steigung y′(x).

Weil nun die Tangente durch den Punkt (x2 |0) verlaufen soll, muss ihre Steigungaber auch gleich y

x/2 = 2 yx sein. Dies führt uns sofort auf die Differentialgleichung

y′ = 2 yx.

• Löse diese Gleichung allgemein!

• Eingezeichnet ist die Kurve, die durch den Punkt (2|1) veräuft. Wie lautetdiese spezielle Lösung?

b) Als Subtangente wird dasjenige Stück der x-Achse bezeichnet, dass senkrecht unterder Tangente der Kurve im Punkt P (x|y) liegt, und zwar von ihrem Schnittpunktmit der x-Acse bis zum Punkt (x|0).

73

74

Gesucht sind hier Kurven mit der Eigenschaft, dass ihre Subtangenten in jedemPunkt P (x|y) eine konstante Länge aufweisen.

x

y

−2 −1 1 2 3 4−1

1

2

3

4

5

6

P (x|y)

In der obigen Abbildung ist diejenige Kurve eingezeichnet, die eine Subtangenteder Länge 2 hat und die zusätzlich durch den Punkt (0|1.5) geht.

Finde die Gleichung dieser Kurve!

Aufgabe 43 - Kurven mit Dreiecken

a) Gesucht sind Kurven, deren Tangenten in einem Punkt P (x|y) mit dem Lot zurx-Achse durch diesen Punkt P (x|y) und der x-Achse rechtwinklige Dreiecke miteinem vorgegebenen, konstanten Flächeninhalt A bestimmen.

x

y

−3 −2 −1 1 2 3 4

2

3P

P ′

P ′′

1 11

Die Tangente schneidet die x-Achse an der Stelle a.

• Überzeuge dich zuerst davon, dass x− a = yy′ gilt.

75

• Berechne damit allgemein den Flächeninhalt A.

• Löse die erhaltene Differentialgleichung.

• Finde für A = 1 die Gleichungen der eingezeichneten Kurven. Sie verlaufendurch (0|1) bzw. (0|0.5)!

b) Die Kurve soll die folgende Eigenschaft besitzen:

Für jeden Kurvenpunkt P ist das Dreieck OPQ gleichschenklig, wobei O derUrsprung, Q der Schnittpunkt der Normale an die Kurve durch P mit der x-Achseist.

x

y

Q

P

• Versuche zuerst eine Differentialgleichung aufzustellen!

Hinweis: Die Steigung der Normalen ist gleich dem negativem Kehrwert derSteigung der Tangente. Die Steigung des Schenkels OP is gleich der Steigungder Normalen.

• Löse die Differentialgleichung.

• Wähle aus all diesen Kurven diejenige aus, die durch den Punkt (0|2) geht.

B.2 Schleppkurve (Traktrix)

Stell dir einen störrischen Hund H vor, der im Koordinatensystem im Punkt (0|1) sitzt. DieFrau F steht im Ursprung und läuft entlang der x-Achse. Der störrische Hund H „hängt“dabei an der Leine der Länge 1 und sträubt sich vergebens mit allen Vieren dagegen,„abgeschleppt“ zu werden.

Aufgabe 44 - Schleppkurve

a) Versuche mit Hilfe der Abbildung die Differentialgleichung dieser Schleppkurveaufzustellen!

Hinweis: Die Strecke HF hat stets die Länge 1.

76

x

y

0.5 1 1.5 2

0.5

1 Startpunkt von H

H(x|y)

Startpunkt von F F

b) Die Lösung dieser Differentialgleichung ist schwierig und übersteigt unser Wissen.

Du könntest das Problem aber zumindest numerisch, also nährungsweise, lösen.Wie? Näheres findest du im Kapitel 4 Lösungsmethoden.

B.3 Rückblick

• Kurven lassen sich auch mit Hilfe von Differentialgleichungen beschreiben.

• Unter dem Stichwort „Verfolgungsprobleme“ gibt es eine grosse Anzahl verschiedensterKurven, die durch Differentialgleichungen festgelegt sind. Achtung: diese Kurven sindteilweise sehr anspruchsvoll!

B.4 Lösungen der Aufgaben

Aufgabe 42.

a) y(x) = C · x2; y(x) = 14 · x

2.

b) Sei l die konstante Länge: y(x) = C · exl ; y(x) = 1.5 · ex

2 .

Aufgabe 43.

a) y′ = yx−a ; A = y2

2y′ ; y(x) = −2Ax+C·2A ; y(x) = −2

x−2 und y(x) = −2x−4 .

b) y · y′ = x; y() = ±√x2 + 2C = ±

√x2 +K und y(x) =

√x2 + 4.

Aufgabe 44.

Wir berechneny′(x) = dy

dx = −y√1− y2 .

Mit der Euler-Methode könnte das Problem numerisch angegangen werden.

Allerdings bekommen wir ein Problem mit der Anfangsbedingung, also mit dem StartpunktH(0|1), da y′(0) nicht definiert ist. In der Tat, ist in H(0|1) die Hundeleine senkrecht zurx-Achse. Es müsste also ein anderer Startpunkt gewählt werden.

KAPITELCDifferentialgleichungssysteme

Bisher haben wir uns mit dem Wachsen einer Population befasst, alsomit der Veränderung einer Grösse.Wo es aber Hasen gibt, sind die Füchse meistens nicht weit! Dannfindet ein „Wechselspiel“ statt: viele Hasen ziehen viele Füchse anund die fressen wiederum viele Hase... und dann? In diesem Kapitelbefassen wir uns mit dem Wachstum von Populationen, die miteinanderwechselwirken.

Die Beschreibung gelingt uns mit Hilfe von Differerentialgleichungssys-temen.

Keine Angst: Du hast bereits viel früher den Sprung von Gleichungen zu Gleichungssystemen(mit mehreren Unbekannten) geschafft. Jetzt machen wir den Sprung von Differentialglei-chungen zu Differentialgleichungssystemen (mit mehreren unbekannten Funktionen)!

C.1 Räuber-Beute Modell

Wir entwickeln ein Modell, in dem die Hasen H die Beute und die Füchse F die Räubersind.

Gibt es keine Füchse, haben die Hasen nichts zu befürchten. Wir nehmen an, dass dieHasen sich exponentiell („natürlich“) vermehren gemäss

H ′ = a ·H (a > 0).

Gibt es keine Hasen, dann haben die Füchse nichts zu fressen. Wir nehmen an, dass danndie Füchse sterben gemäss

F ′ = −b · F (b > 0).Treffen nun Hasen und Füchse aufeinander, wirkt sich das natürlich auf das Wachstum(auf die Änderungsrate) der jeweiligen Population aus. Sicher hat die Anwesenheit vonFüchsen auf die Hasen eine negative „Auswirkung“, also:

H ′ = a ·H − „Auswirkung“ der Füchse auf die Hasen .

Auf der anderen Seite hat es für die Füchse eine positive „Auswirkung“, wenn es Hasengibt:

F ′ = −b · F + „Auswirkung“ der Hasen auf die Füchse .

77

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Wie lassen sich diese „Auswirkungen“ modellieren?

Die einfachste Annahme ist, dass die Auswirkungen proportional zu der Anzahl derBegegnungen von Hasen und Füchsen ist. Die Anzahl der Begegnungen ihrerseits istproportional zur jeweilen Anzahl von Hasen und Füchsen, also zum Produkt H · F .

Damit erhalten wir ein System von zwei Differentialgleichungen:

H ′ = a ·H − c ·H · FF ′ = −b · F + d ·H · F,

wobei a, b, c und d positive Konstanten sind.

Aufgabe 45 - Räuber-Beute-Modell

Wir nehmen an, dass es zu Beginn 5000 Hasen und 2000 Füchse sind.

a) Die Abbildung zeigt den typischen (zeitlichen) Verlauf eines Räuber-Beute-Modells.

Zeit1

2

3

4

5

6

7 Population in Tausend

Füchse

Hasen

Wann nimmt welche Population zu? Warum? Beschreibe den Verlauf mit Worten!

b) Manchmal trägt man auch die Population gegeneinander ab: die Hasen bzw. dieBeute auf der x-Achse und die Füchse bzw. die Räuber auf der y-Achse. Einesolche Darstellung heisst Phasendiagramm.

Hasen

Füchse

1 2 3 4 5 6 7

1

2

Wir sehen gut den „Kreislauf“-Charakter des Räuber-Beute-Modells. Aus dergeschlossenen Kurve kann man auf ein „periodisches Verhalten“ schliessen.

Überlege dir in welche Richtung der Kreislauf, oder besser die geschlossene Kur-

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ve - ausgehend vom Startwert (5|2) - durchlaufen wird! Beziehe dich hier aufAufgabenteil a).

Das Räuber-Beute-Modell wurde entwickelt vom italienischen Mathematiker Volterra unddem österreicherisch-amerikanischen Biologen Lotka.

Es besitzt - für die Beute B und die Räuber R - die folgende Gestalt:

B′ = a ·B − c ·B ·RR′ = −b ·R+ d ·B ·R,

wobei a, b, c und d positive Konstanten sind. Diese Konstanten geben dabei wie folgtAuskunft:

• a, wie die Beutepopulation wächst ohne Wechselwirkung.

• b, wie die Räuberpopulation abnimmt ohne Wechselwirkung.

• c, wie die Beute von den Räubern dezimiert wird.

• d, wie die Räuber von der Beute profitieren.

Wie können wir nun die Lösungen B(t) und R(t) für das Räuber-Beute-Modell finden?

Zuerst eine kleine Ernüchterung: Es lässt sich zeigen, dass man für B(t) und R(t) gar keine(expliziten) Funktionsgleichungen angeben kann!

Die Funktionen B(t) und R(t) können wir aber auf numerischem Weg ermitteln.

Aufgabe 46 - Räuber-Beute-Modell mit dem Euler-Verfahren

Wir betrachten das Räuber-Beute-Modell für die Konstanten a = 1, b = 3, c = 1 undd = 0.7, also

B′ = B −B ·RR′ = −3 ·R+ 0.7 ·B ·R.

Wir wählen die Anfangswerte B(0) = 5 und R(0) = 2. Die Abbildung zeigt die mitdem Eulerverfahren erzeugte Wertetabelle mit Zeitschritt ∆ = 0.01.

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Berechne von Hand die Werte im grauen Kasten. Verwende das Euler-Verfahren

B(t+ ∆t) = B(t) +B′(t) ·∆t bzw. R(t+ ∆t) = R(t) +R′(t) ·∆t.

Du kannst selber versuchen solche Tabellen und Graphiken mit Hilfe von GeoGebrazu erstellen!

Zwei Populationen können auch auf andere Weise miteinander „wechselwirken“ als imRäuber-Beute-Modell. In der nächsten Aufgabe lernst du weitere Möglichkeiten kennen.

Aufgabe 47 - Weitere Wechselwirkungen

Folgende Differentialgleichungssysteme modellieren die Wechselwirkung zwischen zweiPopulationen x und y. Ordne das Gleichungssystem dem entsprechenden Text zu.

a) x′ = 0.5 · x− x yy′ = 0.7 · y − 0.6 · x y

b) x′ = 0.5 · xy′ = −y + 2 · x y

c) x′ = 0.3 · x− 1, 2 · x yy′ = −0.7 · y + 2.5 · x y

d) x′ = −2 · x+ 5 · x yy′ = −y + 0.2 · x y

i) Lassen wir die „Wechselwirkungsterme x y“ ausser Acht, dann sehen wir, dasssich beide Populationen natürlich vermehren. Weil beide Wechselwirkungstermenegativ sind, heisst das, dass sich die Populationen gegenseitig am Vermehrenhindern.

Beispiel: Füchse und Luchse kämpfen um dieselbe Nahrungsquelle.

ii) Ohne Wechselwirkung sterben x und y aus. Die Wechselwirkung zeigt, dass xund y voneinander profitieren. Eine solche Wechselwirkung heisst auch Symbiose.Beispiel: Bienen bestäuben und ernähren sich vom Blumen.

iii) Ohne Wechselwirkung vermehrt sich x, während y ausstirbt. Die Wechselwirkungzeigt, dass y von x profitiert.

Beispiel: Vögel können in Bäumen Nester bauen.

iv) Ohne Wechselwirkung vermehrt sich x, während y ausstirbt. Die Wechselwirkungzeigt, dass x von y behindert wird, während y von x profitiert.

Beispiel: Räuber-Beute-Modell, vergleiche oben.

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C.2 S-I-R Modell

Das S-I-R Modell beschreibt die Ausbreitung einer Krankheit.

Die Bevölkerung lässt sich in drei Gruppen aufteilen:

• Gruppe S: ansteckbare Personen (engl. susceptibles). Sie sind bisher gesund.

• Gruppe I: infizierte Personen (engl. infecteds). Sie sind momentan krank.

• Gruppe R: geheilte Personen (engl. recovered). Sie können nicht noch einmal krankwerden und stecken auch andere nicht mehr an.

Breitet sich die Krankheit aus, dann ändert sich auch die Anzahl der Personen S, I und Rin den einzelnen Gruppen. Wie lassen sich diese „Auswirkungen“ der Gruppen aufeinandermodellieren?

Aufgabe 48 - Gleichung im S-I-R Modell

Begründe die einzelnen Differentialgleichungen.

a) Für die Änderungsrate der Gruppe S gilt:

S′ = −a · S · I (a > 0).

Hinweis: Vergleiche mit dem Räuber-Beute-Modell.

b) Für die Änderungsrate der Gruppe I gilt:

I ′ = a · S · I − b · I.

c) Für die Änderungsrate der Gruppe R gilt:

R′ = b · I (b > 0).

Bemerkung - Die Abbildung zeigt den typischen Verlauf eines S-I-R Modells.

Zeit200

400

600

800

1000 Anzahl

S

I

R

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In den folgenden Aufgaben werden wir das S-I-R Modell noch ein wenig untersuchen.

Aufgabe 49

a) Zeige: erfüllen S, I und R die genannten Differentialgleichungen, dann bleibt dieGesamtbevölkerung

G = S + I +R

konstant.

Hinweis: G ist konstant wenn G′ = 0 gilt.

b) Weil die Gesamtbevölkerung konstant ist, genügt es S und I zu kennen, weil sichdann R direkt bestimmten lässt. Man kann sich also auf das folgende Differential-gleichungssystem beschränken:

S′ = −a · S · II ′ = a · S · I − b · I.

Siehst du eine Ähnlichkeit mit dem Räuber-Beute-Modell?

Aufgabe 50 - Schwellenwert, I′ = 0, Impfung

Wir betrachten das S-I-R Modell für a = 0.002 und b = 0.4, also das Differentialglei-chungssystem

S′ = −0.002 · S · II ′ = 0.002 · S · I − 0.4 · I.

Wir wählen die Anfangswerte S(0) = 1000 und I(0) = 10. Aus medizinischer Sicht istes interessant, wann die Krankheit ihren „Höhepunkt“ erreicht - also das Maximumder Funktion I.

a) Zeige: Die Funktion I hat ihr Maximum bei

S = 0.40.0002 = 200

ansteckbaren Personen. Der Wert S = 200, bei dem I das Maximum erreicht (bzw.I ′ das Vorzeichen wechselt), heisst Schwellenwert.

b) Um eine Ausbreitung der Krankheit zu verringern wird eine Impfung durchgeführt.Wie viele Personen müssten zu Beginn von den 1000 ansteckbaren Personen geimpftwerden?

c) Löse Aufgabenteile a) und b) allgemein, das heisst für S′ = −a · S · I andI ′ = a · S · I − b · I.

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Zeit200

400

600

800

1000 Anzahl

S

I

C.3 Rückblick

• Oft spielen mehrere Grössen zusammen. Solche Wechselwirkungen können wir mitDifferentialgleichungssystemen beschreiben.

• Ein bekanntes Beispiel ist das Räuber-Beute-Modell. Für die Mengen der Räuber Rund der Beute B besitzt es die Form:

B′ = a ·B − c ·B ·RR′ = −b ·R+ d ·B ·R,

wobei a, b, c und d positive Konstanten sind.

C.4 Lösungen der Aufgaben

Aufgabe 45.

a) Bei maximaler Anzahl der Jäger nimmt die Beutepopulation ab. Bei maximaler Beute-population nimmt die Jägerpopulation zu.

b) Im Uhrzeigersinn.

Aufgabe 46.

Lösungen im Text.

Aufgabe 47.

a) und i); b) und iii); c) und iv); d) und ii).

Aufgabe 48.

a) Die Abnahmerate der Anzahl der Gesunden ist proportional zu ihrer eigenen Anzahlund proportional zur Anzahl der Infizierten.

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b) Die Zunahmerate der Anzahl der Infizierten ist gleich der Abnahmerate der Anzahl derGesunden, vermindert um einen Anteil, der proportional zu der Anzahl der Infiziertenist: Diese können nicht noch einmal angesteckt werden.

c) Die Zunahmerate der Anzahl der geheilten Personen is proportional zu der Anzahl derInfizierten.

Aufgabe 49.

a) Die Summe der Zuwachsraten S′ + I ′ +R′ ist gleich 0.

b) S geht gegen 0; damit geht I schliesslich auch gegen 0: S und I „sterben aus“.

Aufgabe 50.

a) I erreich sein Maximum dann, wenn I ′ = 0.

b) Die Zahl S muss so reduziert werden, dass zu Beginn der möglichen Epidemie I ′ auf 0reduziert wird. S darf damit maximal 200 sein: Es müssen 800 Personen geimpft werden(unter der Voraussetzung, dass diese Impfung vor dieser Infektion sicher schützt!). Diesgilt unabhängig von I(0).

c) Es gilt:S′ = −a · S · I und I ′ = a · S · I − b · I.

Es muss gelten I ′ = 0, also Smax = ba . Es sollten mindestens I(0) − Smax = I(0) − b

aPersonen geimpft werden.