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metall September 2005 Jahrgang 57 D 4713 Nr. 9 D a s M o n a t s m a g a z i n Arbeit gestalten Mitbestimmung und Tarifautonomie Ausbildung Zurück zur Schmalspur? Ratgeber So helfen Freunde bei Arbeitslosigkeit Angriffe abwehren

00 01 Titel 9 05 mz - igmetall.de · 2004 seine Ware aus Bangla-desch nur noch über eine ein-zige von einem deutschen In-haber geführte Agentur.Mit der Firma Spectrum Sweater gab

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metall September 2005Jahrgang 57D 4713

Nr. 9

D a s M o n a t s m a g a z i n

Arbeit gestalten

Mitbestimmung und Tarifautonomie

AusbildungZurück zur Schmalspur?

RatgeberSo helfen Freunde bei Arbeitslosigkeit

Angriffe abwehren

Page 2: 00 01 Titel 9 05 mz - igmetall.de · 2004 seine Ware aus Bangla-desch nur noch über eine ein-zige von einem deutschen In-haber geführte Agentur.Mit der Firma Spectrum Sweater gab

Leserbriefe

metall 9/20052

nen Deutschlands gehört, kannes in anderen Gebieten derneuen Bundesländer etwas bes-ser aussehen.Wenn die Ein-kommen in den neuen Bundes-ländern tatsächlich 80 Prozentbetrügen, wären die meistenOstdeutschen damit zufrieden,und deutlich weniger Men-schen würden ihre Heimatverlassen.Bernd Möller, Schmalkalden

Keine Beziehungmetall 7/2005: Tödiche Extraprofite

>In dem Artikel wird die FirmaSteilmann erwähnt. Steilmannhat sich der BSCI (Business So-cial Compliance Initiative) zurAufklärung dieses Unglücks an-geschlossen und wird sich auchzukünftig für Maßnahmen zurVermeidung solcher Vorkomm-nisse einsetzen. Der Vorfall istaber nicht Auslöser für Aktivi-täten in diesem Bereich. Steil-mann arbeitet bereits seit Jahrenan der Durchsetzung und Ver-besserung der Sozialstandardsbei seinen Zulieferern.Als Kon-sequenz dieser Bestrebungenbezieht Steilmann seit Ende2004 seine Ware aus Bangla-desch nur noch über eine ein-zige von einem deutschen In-haber geführte Agentur. Mit derFirma Spectrum Sweater gab esMitte 2003 einen indirektenGeschäftskontakt. Hier wurdedurch einen Agenten einmaligein Auftrag platziert, der imFebruar 2004 abgewickelt war.

Widerstand leisten

>Der soziale Absturz hat ja schonunter der Regierung Schröder/Fischer begonnen und wird fort-gesetzt, egal welche Regierung andie Macht kommt.Die einzigeChance dies zu verhindern ist,dass das Volk Widerstand leistet,aber richtig.Maksimilijan Leskosek,Heiligenhaus

>So hoch die Wogen der Kapi-talismusdebatte vor denWahlenin NRW schlugen, so tief ist die-ses Thema wieder in den Schub-

laden von Medien und Politikverschwunden. Ich frage michernsthaft, ob Herr Münteferingseine Kritik am Kapitalismusauch nach den Bundestagswah-len aufrecht erhält und nachhal-tig verfolgen wird. Ich befürchtejedoch, dass diese ganze Debattewieder von der Bildfläche ver-schwindet, ohne dass sie zugreifbaren Ergebnissen führt.Sabine Schröder, Betriebsratsmit-glied der GEA Happel KlimatechnikGmbH, Hattingen

Äpfel oder Birnenmetall 8/2005: Grafik »Arbeits-kosten«

>Die Darstellung der Arbeits-kosten im Vergleich der Länderist unsolide, wenn nicht gleich-zeitig dargestellt wird, aufwelchem Sockel sie basieren. Ei-ne hohe Steigerungsrate auf ei-nem niedrigen Sockel kann we-niger sein, als ein geringer An-stieg auf einem hohen Sockel.Wilhelm Ebermann, Wendeburg

>Sie widerlegen eine Aussageder Arbeitgeber, dass die Arbeits-kosten zu hoch sind, mit einerGrafik über Steigerungen der

Lohnstückkosten seit 1995 inden Industrieländern. Das istnach meinem Verständnis einnicht zulässiger Vergleich vonÄpfel mit Birnen.Wenn zumBeispiel in Griechenland dieLohnstückkosten um 44 Pro-zent gestiegen sind gegenüberder BRD mit 2,6, dann gleichensich die Kosten natürlichzwangsläufig an. Sie könnenaber aktuell immer noch gravie-rend unterschiedlich sein. Dasgeht aus der Grafik nicht her-vor. Zwangsläufig kann die

Grafik die Aussage, die Lohn-stückkosten sind generell zuhoch, nicht widerlegen.Stefan Schiester, Andernach

Verfehlte Politikmetall-Titel 7/2005: Neoliberalismus– die falsche Politik

>Diese Ausgabe hätte man vorder Auflösung zur Pflichtlektüredes Bundestags erklären sollen.Selten wurden die verfehltenZiele dieser Ansammlung finan-ziell überversorgter und häufigsogar fachlich desinteressierterMenschen so deutlich darge-stellt.Karl-Heinz Bösener, Coswig

Nur vom Hörensagenmetall 8/2005: Keine Zukunft »D«ohne Aufbau Ost

>Die tatsächlichen Facharbei-terlöhne in meiner Heimatregi-on Südthüringen (ehemaligerDDR-Bezirk Suhl) liegen durch-schnittlich bei etwa 50 Prozentdes Westniveaus. Dazu kommt,dass die meisten BeschäftigtenUrlaubs- und Weihnachtsgeldnur vom Hörensagen kennen.Da Südthüringen aufgrund derStruktur zu den ärmsten Regio-

Danach gab es keine weitereZusammenarbeit. Die FirmaSharier Fabrics stand zu keinemZeitpunkt in Geschäftsbezie-hung zu Steilmann.Jürgen Dieckmann, stellvertreten-der Betriebsratsvorsitzender derFirma Klaus Steilmann Gmbh & Co.KG, Bochum

E-Mail: [email protected]

Die Redaktion behält sich vor, Leser-briefe zu kürzen. Leserbriefe können nur bei Angabe derAdresse veröffentlicht werden. Die vollständige metall-Ausgabe stehtauch im Internet.

Martin Bernhard Schwarz, Sindelsdorf

Die Herrschaft der Konzerne kann man brechen.

Sie ist ihnen per Gesetz erteilt worden. Aber

solche Gesetze kann man auch ändern

metall-Titel 8/2005: Die soziale Republik vor dem Absturz?

metall Das Monatsmagazin der IG Metall

Herausgeber: Jürgen Peters, Berthold Huber,

Bertin Eichler

Anschrift: metall-Redaktion

Wilhelm-Leuschner-Straße 79

60329 Frankfurt am Main

Telefon 069–66 93-24 45, Fax 0 69–66 93-2000

E-Mail: [email protected]

Redaktionsleiter: Werner Hoffmann

(verantwortlich im Sinne des Presserechts)

Chefin vom Dienst: Susanne Rohmund

Redaktion: Fritz Arndt, Sylvia Koppelberg,

Antonela Pelivan, Gabriele Prein,

Gestaltung: Gudrun Wichelhaus

Bildredaktion: Michael Schinke

Sekretariat: derzeit Birgit Büchner

Internet: www.igmetall.de/metall

Anzeigen: Petra Wedel

Telefon 061 51–81 27-0, Fax 0 61 51–89 30 98

E-Mail: [email protected]

Vertrieb: Reinhold Weißmann

Telefon 069–66 93-22 24, Fax 0 69–66 93-25 38

E-Mail: [email protected]

metall erscheint monatlich (zehn Mal im Jahr).

Für Mitglieder der IG Metall ist

der Bezug im Beitrag enthalten.

Druck: APM AG, Kleyerstraße 3,

64259 Darmstadt.

Für Sehbehinderte>Angebot für sehbehinderte und

blinde Mitglieder: metall

gibt es als Word- oder pdf-Datei.

Bestellung an: [email protected]

Impressum

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Plakate zum Bundestagswahlkampf 2005

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Inhalt

Editorial

>Mitbestimmung und Tarifautonomiesind Titel dieser metall-Ausgabe. Denn jenäher die Bundestagswahl rückt, destoschärfer werden die Angriffe auf dieArbeitnehmerrechte. CDU-Kanzlerkandi-datin Angela Merkel hat angekündigt,dass Tarifautonomie und Mitbestimmungkräftig zusammengestrichen werden soll.Ganz im Sinne des mutmaßlichen Koali-tionspartners FDP, für die Gewerkschaftersowieso eine »Plage« sind, wie FDP-ChefWesterwelle und sein GeneralsekretärNiebel ohne Aufschrei in der öffentlichenMeinung in Talkshows verbreiten können.Selbst die Arbeitgeber sind über dieAnkündigung entsetzt, gilt doch das deut-sche Mitbestimmungsmodell – allen Un-kenrufen zum Trotz – als Vorbild für vieleLänder.>Der Zweite Vorsitzende der IG MetallBerthold Huber erklärt im metall-Inter-view, warum es Unsinn ist, diese bewähr-ten und im Grundgesetz verankertenArbeitnehmerrechte jetzt zur Dispositionzu stellen. Denn Mitbestimmung ist ge-lebte Demokratie im Betrieb und die Tarif-autonomie schafft Arbeitsfrieden undPlanungssicherheit für die Unternehmen.Deshalb wird sich die IG Metall mit Nach-druck diesen Angriffen stellen.>Wie Mitbestimmung und Tarifautonomiein der Praxis funktionieren, zeigen Bei-spiele aus den Betrieben. Dort sollten sichdie neoliberalen Geisterfahrer aus demschwarz-gelben Lager mal umschauen,ehe sie daran gehen, die in Jahrzehntenbewährten Strukturen zu zerstören.>Ab dieser Ausgabe wird metall regel-mäßig die »Pflaume des Monats« verlei-hen. Sie geht an Persönlichkeiten, die sichdurch besonders dämliche Sprüche her-vorgetan haben. Erster Preisträger: Fried-rich Merz (CDU).

Die Redaktion

MagazinDas Merkel-Team. . . . . . . . . . . . . . . . 4Textile Dienste . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5Antikriegstag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6Kündigungsschutz. . . . . . . . . . . . . . . 7

TitelMitbestimmumg:Das Kapital greift zur Macht. . . . . . . . 8Berthold Huber:Tarifautonomie ist unverzichtbar . . . . 9Jürgen Peters:Wählen gehen . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Betriebsräte: Meinungen und prak-tische Beispiele zur Mitbestimmung und Tarifautonomie . . . . . . . . . . . . . 11

ThemaMuslime im Betrieb:Offenheit ist nötig . . . . . . . . . . . . . . 16

AutomobilAuto-Professor Ferdinand Dudenhöfer:Ein Porträt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19

AusbildungZurück zur Schmalspur? . . . . . . . . . 20

BranchenreportTischlerhandwerk . . . . . . . . . . . . . . 22

RatgeberJob weg, aber Freundschaft hilft. . . . 24Das politische Buch . . . . . . . . . . . . . 27

MonatsökonomChristoph Butterwege über den Sündenbock »Sozialstaat« . . . . 28

RätselMonats- und Drei-Monats-Rätsel . . . 30

PorträtZu Besuch bei . . .. . . Maike Vogel . . . . . . . . . . . . . . . . 31

RegionalesAus den Bezirken . . . . . . . . . . . . . . . 32Lokales/Karikatur . . . . . . . . . . . . . . 35

Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

Schmalspur-AusbildungDaimler-Chrysler macht die Schmalspur-Ausbildung zum Konzept und will zurückzur stupiden Fliessbandarbeit. Die Aus-bildungsqualität der gesamten Branchesteht auf dem Spiel.Seite 20

Job-AngstWas tun, wenn je-mand aus demFreundeskreis oderaus der Verwandt-schaft den Job ver-liert? Tipps und Rat-schläge wie in trau-rigen SituationenFreunde Freundenhelfen können.Seite 24

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AntikriegstagGegenRechtsextre-mismus und Gewalt,für eine Welt des Frie-dens rufen die Ge-werkschaften zumdiesjährigen Anti-kriegstag am 1. Sep-tember auf.Seite 6

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Bewährtesbewahren

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Wahlkampf

Der Botschafterder ArbeitgeberAngela Merkel hat ein »Kompe-

tenz«-Team zusammengestellt.

Allerdings nur aus Sicht der Wirt-

schaft und der Reichen. Für die

meisten Arbeitnehmer könnten

vor allem die Steuerpläne bald

zum Alptraum werden.

Der Steuerreformer Paul Kirch-hof – Mitglied in Merkels Kom-petenzteam – hat viele Freunde.Vor allem in der Wirtschaft. Des-halb ist er auch Botschafter der»Initiative Neue Soziale Markt-wirtschaft«. 2003 wurde er vonder Initiative sogar zum »Refor-mer des Jahres« gewählt. Hinterdieser Initiative verbergen sichdie knallharten Interessen derWirtschaft. Und die haben vorallem ein Ziel: den Arbeitgebernmehr Gehör zu verschaffen undwirtschaftsfreundliche Refor-men mehrheitsfähig zu machen.

Kein Wunder steht Kirchhoffür eine radikale Senkung der

Steuersätze bei gleichzeitigerAbschaffung aller Ausnahmenwie beispielsweise der Schicht-zulagenbefreiung. Sein Konzeptist damit noch radikaler als dasbisherige CDU-Steuerpaket. Erwill den Spitzensteuersatz derReichen von derzeit 42 auf 25Prozent absenken. Die Ersparnisfür einen Netto-Einkommens-millionär: fast neun Prozent desNettoeinkommens, also 90000Euro jährlich. Ein Arbeitnehmermit 15000 bis 20000 Euro Nettoeinkommen würde umnur 0,6 Prozent, also 90 bis 120Euro jährlich entlastet.

Und wie beurteilen Ökono-men wie Achim Truger vom Ins-titut für Makroökonomie undKonjunkturforschung in derHans-Böckler-Stiftung die Plä-ne? »Nicht finanzierbar und so-zial ungerecht.« Eine berechtig-te Kritik, denn Schätzungen der

setzen dagegen: Der Staat mussgerecht finanziert und hand-lungsfähig bleiben. Unsere Vor-schläge für eine solidarischeEinfachsteuer sind finanzielltragfähig, gerechter und nach-vollziehbarer als die Pläne vonHerrn Kirchhof.«<

Wenn die Union mit ihren Steuerplänen durchkommt und die Steuerbe-

freiung von Zulagen streicht, müssen sich die Betroffenen warm anzie-

hen. Das geht dann richtig ins Geld. Die Steuerfreiheit ist jedoch kein

Almosen, sondern nötiger Ausgleich für besondere Härten.<

genau. »Herr Merz soll sich bes-

ser informieren. Auch in Öster-

reich werde der Lohn der freige-

stellten Betriebsräte ›selbstver-

ständlich‹ vom Arbeitgeber be-

zahlt«, erklärte Kollege Stefan

Maderner vom ÖGB dem deut-

schen Politiker.

Die Betriebsumlage, die es in

Österreich gebe, diene zur Fi-

nanzierung »interner sozialer

Aktivitäten« also beispielsweise

Betriebsausflügen oder Weih-

nachtsfeiern.

Ach und noch etwas, Herr

Merz: Diese Betriebsumlage ist

freiwillig. <

Paul Kirchhof: Sein Konzept bringt Steuerausfälle bis zu 26 Milliarden Euro

Steuerreform à la CDU/CSU

Quelle: IG Metall, © metall-Grafik

Belastungen bei Wegfall der Steuerbefreiungvon Schichtzuschlägen, in Euro

P f l a u m e d e s M o n a t s

IIn diesem Monat geht die Pflau-

me an Friedrich Merz, Politiker

bei der CDU, Besserwisser und

Sauerländer.

Der Grund für die Vergabe der

Pflaume: Merz wollte in der De-

batte um die Entlohnung von

Betriebsräten auch einen

schlauen Kommentar loswer-

den. Betriebsräte würden in

Österreich von den Beschäftig-

ten bezahlt, so Merz. Dieses

System sei doch ein Vorbild für

Deutschland.

Leider alles falsch, Herr Merz.

Der Österreichische Gewerk-

schaftsbund (ÖGB) weiß es ganz

Finanzministerkonferenz kom-men für das Kirchhof-Konzeptzu Steuerausfällen zwischen elfund 26 Milliarden Euro.

Von Kompetenz scheint dasKonzept also weit entfernt zusein, sagt auch IG Metall-Vor-stand Wolfgang Rhode: »Wir

Friedrich MerzFacharbeiter Autoindustrie BaWü, (Brutto 3420 Euro, davon 3 Prozent steuerfrei)

– 85

– 132

– 134

– 200

– 108

– 41– 50

– 164

– 166

– 235

Facharbeiter Autozulieferer NRW, (Brutto 3132 Euro, davon 10 Prozent steuerfrei)

Facharbeiter Autoindustrie Nds, (Brutto 2965 Euro, davon 10 Prozent steuerfrei)

Facharbeiter Autoindustrie BaWü, (Brutto 3776 Euro, davon 10 Prozent steuerfrei)

verheiratet, 2 Kinder ledig

Facharbeiter SaAn, (Brutto 2484 Euro, davon 7 Prozent steuerfrei)

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Magazin

Finanzinvestoren haben in den ver-gangenen Monaten vermehrt Kre-dite von deutschen Banken ge-kauft. Zu den größten Käufern so ge-nannter Kreditportfolios gehörtder texanische FinanzinvestorLone Star. Seit rund zwei Jahrenkauft er problematische Kreditevon deutschen Banken.In Finanz-kreisen wird geschätzt, dass LoneStar bereits Kredite in Höhe von8,3 Milliarden Euro übernom-men hat. Bislang betrifft dies vorallem Immobilienkredite. Aller-dings gibt es auch immer mehrKredite,die nicht durch Immobi-lien gesichert sind, erklärte Kars-ten von Köller, Deutschland-Chefvon Lone Star gegenüber der

»Süddeutschen Zeitung«. Unddas heißt, immer mehr Kredite,die Finanzinvestoren von Bankenkaufen,sind Forderungen an mit-telständische Unternehmen. Eine

gefährliche Entwicklung. Denndie Finanzinvestoren haben damitdie Möglichkeit, Betriebe zu er-pressen, um diese Forderungenin Eigenkapital zu wandeln.<

Die Geschäftsleitung des Vete-rinärinstrumente-HerstellersHauptner&Herberholz (Solin-gen, rund 80 Beschäftigte) hatdrei Betriebsratsmitglieder ge-feuert – weil sie sich bei einerERA-Schulung der IG Metall qua-lifiziert haben. Nach einer einst-weiligen Verfügung des SolingerArbeitsgerichts dürfen die Be-triebsräte zwar im Betrieb ihreBetriebsratsarbeit erledigen; sieerhalten aber kein Entgelt.

Dabei hatten die Metaller ihre Ge-schäftsleitung sogar über ihreTeilnahme an der Schulung in-formiert.Für Helena Brausen,ge-kündigte Betriebsratsvorsitzen-de, ist die Begründung vorge-schoben: »Die wollen uns zer-mürben und den Betriebsrat auf-lösen.« Der Geschäftsleitung hatoffenbar missfallen, dass der Be-triebsrat einen vorgelegten Sanie-rungstarifvertrag nicht unter-schrieben hat.« Er sah vor, Ur-

laubs- und Weihnachtsgeld zustreichen. »Seitdem gab es nurDrohungen«, klagt Brausen, »dieignorieren uns vollständig.« DieBetriebsräte klagen jetzt mit Un-terstützung der IG Metall. Parallelhat die IG Metall Remscheid-So-lingen Strafantrag gegen die Ge-schäftsleitung bei der Staatsan-waltschaft gestellt. Michael Mahl-ke, Erster Bevollmächtigter: »Wirlassen nicht zu,dass Betriebe nachGutsherrenart regiert werden.«<

»Wie die Gutsherren«

Finanzinvestoren kaufen SchuldenAußenansicht

Ausbildungsvergütung

Billiger geht nicht

Das ist unerträglich was Ludwig Georg Braun, Präsi-dent des Deutschen Industrie-und Handelskammertags,mal wieder von sich gibt. 800Euro Ausbildungsvergütungbei einer 40-Stunden-Wochemacht fünf Euro pro Stunde.Billigergeht’s nichtmehr.

Auszubil-dende wer-den dochheute schonvon ihrenAusbildernausgebeu-tet. In man-chen Firmenwerden die Lehrpläne halbher-zig durchgeführt, ja sogar ver-nachlässigt. 270 Euro bei einer40-Stunden-Woche macht 1,68Euro aus.

»Geiz ist Geil«? Da es inDeutschland keine Übernah-megarantie für Auszubildendemehr gibt, führt der Weg nachder Ausbildung direkt zumArbeitsamt. Das Arbeitslosen-geld wird nach der Ausbil-dungsvergütung berechnet.Ob das Herr Braun auch weiß?

Ich selbst bin Betriebsrats-vorsitzender in einem Betriebder seit mehr als zehn Jahrenkeine jungen Leute mehr imgewerblichen Bereich ausbil-det. Seit Jahren fordert derBetriebsrat diese nötige Aus-bildung. Leider ist uns das biszum heutigen Tage nicht ge-lungen.

Ich finde die Forderung vomPräsident des Deutschen In-dustrie- und Handelskammer-tags, mehr als unverschämt.

Sie, Herr Braun, treiben diejungen Leute am Anfang ihresBerufsstarts in die Armut ausder sie nicht mehr heraus kom-men werden.<

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Zahlreiche Arbeitgeber aus derBranche Textile Dienstleistungensind aus dem Arbeitgeberver-band Intex – Tarifpartner der IG Metall – ausgetreten. Grundfür den Austritt: Sie wollen ihrenBeschäftigten massive Ver-schlechterungen aufdrücken.Viele der abtrünnigen Arbeitge-ber liebäugeln mit einem Ver-trag, den der bisher unbedeu-

tende TextilreinigungsverbandDTV unterschrieben hat. DasWerk, abgeschlossen mit dem»Christlichen Gewerkschafts-bund«, liest sich wie ein Hor-rorkatalog: länger arbeiten (39Stunden), geringere Bezahlung,weniger Urlaub, kein Urlaubs-geld und keine vermögenswirk-same Leistungen. »Das ist allesandere als christlich, das ist fre-

che Abzocke«, ärgert sich HansWettengl beim IG Metall-Vor-stand zuständig für die Branche.Ab Herbst hagelt es deshalb Pro-teste und Aktionen, kündigtWettengl an. Und: Wer nochkein IG Metall-Mitglied ist, soll-te möglichst schnell eintreten,um den notwendigen Schutzdurch die IG Metall-Tarifver-träge zu erhalten.<

Ins Portemonnaie greifen

Kapitalismus-Debatte

Textile Dienstleistungen

Hauptner&Herberholz, Solingen

Lothar Bildhauer ist Be-triebsratsvorsitzender beiFerd. Schmetz GmbH inHerzogenrath

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Köpfe Randstad

Regina Görner (55), soll ge-schäftsführendes Vorstands-mitglied der IG Metall werden.

Eine ent-spre-chendeEmpfeh-lung rich-tete derVorstandan denBeirat.

Der Beirat wird Anfang Septem-ber darüber entscheiden. Regi-na Görner ist Mitglied des CDU-Bundesvorstands. Von 1999bis 2004 war sie Ministerin fürFrauen, Arbeit, Gesundheit undSoziales im Saarland und zuvorneun Jahre geschäftsführendesDGB-Vorstandsmitglied. Siesoll Nachfolgerin von Erwin Vitt(63) werden, der in den Ruhe-stand geht.<

Jürgen Peters (61), Erster Vor-sitzender der IG Metall, ist Mit-glied der neunköpfigen Mitbe-stimmungskommission. DieKommission soll bis Septem-ber 2006 Vorschläge machen,wie sich die deutsche Mitbe-stimmung weiterentwicklensoll, um europatauglicher zuwerden. Außerdem dabei: derDGB-Vorsitzende MichaelSommer (53), sowie der Ge-samtbetriebsratsvorsitzendeder RWE Power AG GünterReppien (54).<

Jörg Tauss (53), Metaller undSPD-Abgeordneter im Bundes-

tag, wurde vomSatireblatt »Hel-goländer Vorbo-te« zum bestenZwischenruferdes Bundestagsgekürt. Bei denParlamentsredenin den vergange-nen drei Jahrenhat er 2736 mal

dazwischengeredet. Das machtfast 15 Zwischenrufe je Rede.<

HBM-Nobas, Nordhausen

unter den Härtefalltarif 2001 ge-senkt, Urlaubsgeld gestrichen.Das sind 30 Prozent weniger, alsvertraglich geschuldet. Über 100Beschäftigte klagen die Differenzzu dem in Thüringen gültigen Ta-rifen ein. »Das sind allein bis En-de 2004 zwischen 7000 und12000 Euro pro Mitarbeiter«,rechnet Klaus vor. Im Juni 2005verhandelt das Arbeitsgericht dieersten Fälle. Papenburgs Anwalt

aus der Kanzlei Fromberg undCollegen in Hannover, in derauch Kanzler Gerhard Schrödersein Büro hat, tritt nicht auf. Bis-her liegen 16 vollstreckbare Ver-säumnisurteile vor. Papenburgwill nicht zahlen: »Wird voll-streckt,müssen wir unweigerlichInsolvenz anmelden«, lässt erüber den Nobas-Geschäftsführer,Aribert Kupsch ausrichten.

Betriebsrat Klaus ist weiter ver-handlungsbereit: »Wir wollendie Anerkennung des Flächenta-rifvertrags. Dann nehmen wirauch Abstriche bei Sonderzah-lungen, Arbeitszeit und der aus-stehenden Beträge hin.«<

Erfolg für Metaller Das Landesarbeitsgericht Hes-sen (LAG) hat einen Beschlussdes Frankfurter Arbeitsgerichts(Aktenzeichen 15 BV 409/04)bestätigt, der die Betriebsrats-wahl bei Randstad (RegionMitte) für ungültig erklärte(metall berichtete).

Bei der Betriebsratswahl imMai 2004 hatte der Wahlaus-schuss mehrere Vorgaben desBetriebsverfassungsgesetzesmissachtet. So waren Ort undZeit der Stimmenauszählungnicht bekanntgegeben worden.Außerdem erfolgte die Stim-menauszählung hinter ver-schlossenen Türen. Daher kön-ne nicht ausgeschlossen wer-den, urteilte Arbeitsrichter Rai-ner Bram, dass es bei der Aus-zählung zu Unregelmäßigkei-ten gekommen sei. ZahlreicheMetaller und die IG Metall hat-ten die Betriebsratswahl daherangefochten. Ob der aktuelleRandstad-Betriebsrat den Be-schluss des LAG akzeptiert,war bei Redaktionsschlussnoch unklar. Metaller DieterVoigt, bei Randstad angestellt:»Der jetzige Betriebsrat sollteschleunigst zurücktreten, undden Weg für Neuwahlen freima-chen – statt die Gerichte weiterzu beschäftigen.«<

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Unternehmer Günter Papenburghält die Arbeitsgerichte auf Trab

Gegen Rechts und Gewalt: Den Antikriegstag am 1. September beglei-ten die Gewerkschaften wieder mit zahlreichen Aktionen. Eine davonim Berliner DGB-Haus: Die Ausstellung »Junge Polnische Plakatkunstder Gegenwart« (zwei Plakate im Bild) – 2. September bis 7. Oktober<

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Das Arbeitsgericht Nordhausenhat viel zu tun: Etwa 100 der 140Mitarbeiter aus dem Werk HBM-Nobas der Günter Papenburg AGhaben Klage eingereicht.»Mittlerweile schuldet uns Pa-penburg rund eine Million«,schätzt Eberhard Klaus, Betriebs-ratvorsitzender der HBM-Nobas.Seit über eineinhalb Jahren hältsich das Nordhausener Unter-nehmen nicht mehr an den Tarif.

Ende 2003 lief die Härtefallre-gelung für den einstigen Treu-handbetrieb aus. Neue Verhand-lungen scheiterten bislang. ChefGünter Papenburg will nicht ver-handeln.

Im Sommer 2004 lässt Papen-burg, der inzwischen aus demArbeitgeberverband ausgetretenist, neue Arbeitsverträge vertei-len.Wer nicht unterschreibt,demsoll gekündigt werden. Die 42-Stunden-Woche ohne Lohnaus-gleich wird angeordnet, Löhneund Gehälter um zehn Prozent

»Papenburg schuldet unsrund eine Million Euro«

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Magazin

Nachgefragt . . . Ein-Euro-Jobs

Der Caritasverband hat bundes-weit mehr als 17000 Ein-Euro-Jobs angeboten, bis Juni aber nur70 Prozent vergeben können. Diepraktischen Erfahrungen zeigen,wo Hartz IV nachgebessert wer-den muss, meint der Caritas-Ge-neralsekretär Georg Cremer.metall: Warum konnten Sienicht alle Zusatzjobs besetzen?Cremer: Es gibt viel Fluktuationin diesem Bereich. Es klemmtaber auch vielerorts an der Zu-sammenarbeit von Kommunen,Arbeitsgemeinschaften und Trä-gern. Die Umsetzungsproblemevon Hartz IV sind größer als ur-sprünglich gedacht.metall:Woran fehlt es konkret?Cremer: In den Arbeitsargentu-ren gibt es bisher nicht genugFallmanager. Gerade in der Be-treuung von Langzeitarbeitslo-

sen sind fachkundige Beraterdringend nötig, die auf die spe-zifische Situation dieser Men-schen eingehen.Und die Arbeits-agenturen legen nicht genugWert auf Qualifizierung im Rah-men der Zusatzjobs, obwohl ge-rade darin die Chance für eineanschließende erfolgreiche Ver-mittlung liegt.metall: Was leistet Hartz IV –und was nicht?Cremer: Zusatzjobs sind eindeu-tig keine Wunderwaffe gegenArbeitslosigkeit. In unseremFrankfurter Beschäftigungsbe-trieb Cariteam schafften immer-hin mehr als 20 Prozent der Ein-

Euro-Jobber anschließend denWechsel in den ersten Arbeits-markt. Bundesweit liegt dieseQuote bisher erst bei knapp fünfProzent. Nötig sind auch des-halb mehr Jobs für gering Quali-fizierte im regulären Arbeits-markt, für die niedrigere Sozial-versicherungsbeiträge entrich-tet werden sollten.metall: Wo sollte bei Hartz IVvorrangig nachgebessert wer-den?Cremer: Bei der Sozialhilfe gibtes sehr viel mehr Möglichkeiten,individuelle Härten abzufedernals beim jetzigen Arbeitslosen-geld II. Diese Hilfen in besonde-

Keine zusätzlichen Jobsnicht. Zahlreiche Studien habenversucht, den Einfluss des Kün-digungsschutzes auf die Arbeits-losigkeit nachzuweisen. OhneErfolg.

Und was ist dran am Argu-ment, das Schutzgesetz er-schwere Betrieben in ungünsti-gen Situationen eine Entlassung?Ebenfalls falsch, kommt die Wis-senschaftlerin Heide Pfarr in ei-

ner Studie zum Ergebnis. Nur 15Prozent aller Betriebe habennach einer Entlassung eine Klageam Hals. In Kleinbetrieben istdie Quote sogar noch geringer.

Und noch ein Plan der Unionkönnte zu mehr unsicheren Jobsführen. Die Mehrfachbefristungvon Arbeitsverhältnissen soll er-leichtert werden. Gut ist das nurfür die Arbeitgeber. Denn diemüssen sich nicht auf eine Ent-fristung festlegen und könnendie Arbeitnehmer noch längervertrösten.<

Wegfall des Kündigungsschutzes

»Keine politischeWunderwaffe«

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A&O (vormals Sinitec)

Kürzere Arbeitszeit für alleDie IG Metall hat sich mit derA&O-Unternehmensgruppe(ehemals Sinitec) Ende Juni aufeinen Sanierungstarifvertrag ver-ständigt. Ergebnis: Es wird kürzergearbeitet statt länger. Dadurchbleiben über 700 Arbeitsplätzeerhalten.

Ursprünglich wollte A&O-Geschäftsführer Michael Müllerdie Wochenarbeitszeit auf 42,5Stunden verlängern, den Ur-laubsanspruch von 30 auf 25 Ar-beitstage senken und die Gehäl-ter um acht Prozent kürzen.

Der umgekehrte Weg machemehr Sinn, ließ sich Müller vonder IG Metall überzeugen: Stattdas Unternehmen mit Kosten fürSozialplan und Ausgleichzahlun-gen zu belasten, beträgt jetzt diewöchentliche Arbeitszeit 36,5Stunden. Die Beschäftigten brin-gen einen Sanierungsbeitrag ein,indem auf ihren Arbeitszeitkon-ten 104 Minusstunden jährlicheingetragen werden. Konzern-betriebsratsvorsitzender Micha-el Gliech: »Es lohnt sich, wennman kämpft.«<

ren Notlagen sollten ins Sozial-gesetzbuch II/Hartz IV über-nommen werden.<

Gudrun Giese

. . . bei Georg Cremer, Generalse-kretär der Caritas

Kündigungsschutz: »Bald nur noch ein Privileg«

Nach den Plänen der Union sollder Kündigungsschutz praktischabgeschafft werden. Im Falle ei-nes Wahlsiegs will Angela Mer-kel das Gesetz sogar noch in die-sem Jahr ändern.

Der Kündigungsschutz würdealso zum Privileg. Rund 90 Pro-zent der Firmen und neun Mil-lionen Beschäftigte – ein Drittelaller abhängig Beschäftigten –würden nicht mehr unter dasSchutzgesetzt fallen. Denn diePläne sehen vor, den Kündi-gungsschutz in Betrieben mit biszu 20 Beschäftigten (bisher biszu zehn Beschäftigten) abzu-schaffen. »Der Kündigungs-schutz wird zum Sonderrecht fürGroßbetriebe«, sagt Karen Ull-mann vom Wirtschafts- und so-zialwissenschaftlichen Institutder Hans-Böckler-Stiftung.

Die Union und auch vieleMedien behaupten: Die weitereEinschränkung des Kündi-gungsschutz würde neue Ar-beitsplätze schaffen. Stimmt

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ur selten sind Berthold Huber,Zweiter Vorsitzender der IG Me-tall, und Martin Kannegiesser,

Gesamtmetall-Präsident, gleicher Meinung.Doch bei der derzeitigen Drohung der Uni-on, die Tarifautonomie abzuschaffen undstattdessen die Lohnverhandlungen mittelsso genannter Betrieblicher Bündnisse zu re-geln, steht Kannegiesser ausnahmsweise malstramm an der Seite der Gewerkschaft.

Kein Wunder, denn Kannegiesser weiß,was Tarifautonomie, Flächentarifverträgeund Mitbestimmung bieten: Arbeitsfriedenund Demokratie im Betrieb. Hingegen »dieAbkehr von koordinierten Tarifverhandlun-gen könnte sich rächen«, warnt die konser-vative OECD vor den Plänen der CDU.

Aber nicht nur die Tarifautonomie stehtunter Beschuss. Auch die Mitbestimmungwird zerredet. Der Grund liegt für Thomas

Klebe,Bereichsleiter Mitbestimmungspolitikbeim IG Metall-Vorstand, auf der Hand: »DieArbeitgeber wollen wieder alleine das Sagenund die Macht haben.« Denn Arbeitgeberund Union haben vor allem ein Ziel: die Ar-beitnehmerrechte zu schwächen. Sowohl imAufsichtsrat als auch in den Betrieben.

Doch diese Denkweise widerspricht derPraxis.Thomas Klebe: »Betriebe, die im glo-balen Wettbewerb um Qualität und Innova-tionen bestehen wollen, sind vor allem aufihrer Mitarbeiter angewiesen. Beschäftigtewollen Verantwortung tragen und mitent-scheiden.« Das beweist der betriebliche All-tag (dazu »Jetzt reden wir, die Betriebsräti-nen und Betriebsräte« Seite 12 bis 15).Denn:Der Segen der Mitbestimmung ist längst mitzahlreichen aktuellen Studien belegt.

Doch Arbeitgeber und Union setzen lie-ber auf die alte Formel »Alle Macht dem Ka-

pital.« Die IG Metall hält moderne Konzeptedagegen: »Im November werden wir eineMitbestimmungsakademie gründen«, kün-digt Klebe an. Diese Akademie soll die bishe-rige Möglichkeit zur Qualifizierung undzum Erfahrungsaustausch von Aufsichtsrä-ten der IG Metall erweitern.

Die Angriffe auf die Mitbestimmung wer-den unabhängig vom Ausgang der Bundes-tagswahl weitergehen.»Aber wir werden unsmit Nachdruck diesen Angriffen stellen undaufzeigen, dass Einschränkungen der Mitbe-stimmung mit uns nicht zu machen sind«,betont Berthold Huber im Interview mit metall (siehe rechts). Denn: Mitbestimmungist gelebte Demokratie im Betrieb. Und dielassen sich die Beschäftigten nicht mehr weg-nehmen, auch wenn sich die Arbeitgeberwieder die Diktatur im Betrieb wünschen.<

Susanne Rohmund

Die Angriffe auf die Arbeitnehmer-rechte werden immer massiver. Gehtes nach dem Willen der Kanzlerkandi-datin Angela Merkel wird die Tarif-autonomie und die Mitbestimmungdemnächst kräftig zusammenge-strichen. Gewerkschaften und sogardie Arbeitgeberseite sind entsetzt:Dabei gilt das deutsche Mitbestim-mungsmodell als Vorbild für vieleLänder.

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. . . Mitbestimmung undTarifautonomie

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Arbeit gestaltenAngriffe abwehren

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Zweitens sage ich voraus, – da ist sich derganze DGB einig – dass es zu massivenAuseinandersetzungen in den Betriebenkommen wird. Und das Dritte ist: DieUnionspläne sind wirtschafts- und ar-beitsplatzschädlich.Wir werden dann aufBetriebsebene permanent Auseinander-setzungen haben. Der große Vorteil derbundesdeutschen Wirtschaft, nämlichihre Vernetzung, wird damit aufs Spielgesetzt. Ich bin mir sicher, dass dieCDU/CSU und andere, die die Hand an dieTarifautonomie legen wollen, sich am Endedie Finger verbrennen werden.? Das sind die Folgen. Aber welche Schrittekann die IG Metall noch gehen?Wir werden Verfassungsklage erheben. Dasist selbstverständlich. Wir werden die Tarif-autonomie als einen der Eckpfeiler der so-zialen Demokratie und des Sozialstaats in derBundesrepublik nicht kampflos preisgeben.Wir werden alle Möglichkeiten – ich betonealle – ausschöpfen.? Die Unionspläne sind eigentlich ein Schrittzurück. Die IG Metall ist in der Tarifpolitik javiel weiter voraus . . .Mit dem Tarifabschluss in Pforzheim 2004 ha-ben wir zum Beispiel weitere Wege eröffnet,die unterschiedliche und differenzierte Situa-tion der Betriebe bei Erhalt des Flächentarif-vertrags zu berücksichtigen. Offensichtlich

metall 9/2005 9

Titel

entgeht das wissentlich Teilen der Politik.Selbst Arbeitgeber und ihre Verbände anerken-nen, dass die IG Metall dort, wo Betriebe inSchwierigkeiten, wo Arbeitsplätze unterDruck sind, faire Lösungen gefunden hat, dieauf der einen Seite Arbeitsplätze sichern undauf der anderen Seite den Betrieben zeitlichbefristete Entlastungen gewähren. Wer aberwie Union und die FDP die gesetzlichenGrundlagen, die Tarifautonomie, verändernwill, der setzt dieses flexible Vorgehen der IGMetall aufs Spiel.Damit wäre der Weg,den wirmit dem letzten Tarifabschluss vereinbart ha-ben, am Ende. Wir hätten dann eine massiveZunahme von betrieblichen Auseinanderset-zungen. Das ist die Konsequenz der Pläne derUnion. Das ist ein Systemwechsel, der Arbeits-plätze und den Arbeitsfrieden gefährdet.Lohn-dumping ist dann Tür und Tor geöffnet.<

Werner Hoffmann, Susanne Rohmund

Die CDU-Pläne>Es sollen so genannte betriebliche Bündnis-se eingeführt werden. Danach ist eine Tarif-abweichung zur Beschäftigungssicherung fürdie gesamte Belegschaft möglich, wennBetriebsrat und zwei Drittel der Belegschaftzustimmen. Doch wer legt fest, wann dieBeschäftigung gefährdet ist? Und wie starkkann der Unternehmer Druck auf die Beschäf-tigten ausüben, um seine Forderungen dikta-torisch durchzusetzen?

>Das Günstigkeitsprinzip soll abgeschafftwerden. Es besagt, dass ein tarifgebundenerBetrieb mit einem einzelnen Beschäftigtennur eine Tarifabweichung nach oben verein-baren darf. Nach den CDU-Plänen soll künf-tig auch ein Lohnabschlag möglich sein,wenn Betriebsrat, zwei Drittel der Beleg-schaft und der betroffene Arbeitnehmerzustimmen würden. Die Gefahr: Missbrauchund Erpressungsversuche seitens derArbeitgeber würden Tür und Tor geöffnet.<

»Wir werden alleMöglichkeiten ausschöpfen«

»Wir werden die Tarifautonomie als einen der Eckpfeiler der sozialenDemokratie und des Sozialstaatsnicht kampflos preisgeben.«

Interview . . .

. . . mit Berthold Huber, Zweiter Vorsitzender der IG Metall

. . . Tarifautonomie

? Die Union und ihr eventueller Koalitions-partner FDP wollen nach einem Regierungs-wechsel die Tarifautonomie sprengen . . .Die Tarifautonomie hat sich über die letzten5o Jahre bewährt. Sie hat die Beteiligung derBeschäftigten am wirtschaftlichen Fort-schritt mit organisiert. Sie hat einen relativhohen Arbeitsfrieden in der Republik ge-währleistet. Die Union verlässt diesen Weg.Sie stärkt das Kapital und macht die Arbeit-nehmer noch erpressbarer.? Was glaubst Du, warum wollen die das jetztmachen?Ganz offensichtlich haben sich die Kräfte inder Union – von der FDP will ich überhauptnicht sprechen – durchgesetzt, die behaup-ten, dass die Auflösung der Tarifautonomieund der Abbau von ArbeitnehmerrechtenFortschritte am Arbeitsmarkt bringt. Obwohlalle Erfahrungen das Gegenteil beweisen. DieWirtschaftsliberalen haben sich in der Unionwie es aussieht durchgesetzt.? Was muss die IG Metall tun, damit diesePläne nicht wirksam werden?Wenn es so weit kommt,werden wir uns mitNachdruck diesen Angriffen stellen und auf-zeigen, dass Einschränkungen der Mitbe-stimmung mit uns nicht zu machen sind.AlsErstes müssen wir den Belegschaften erläu-tern, worum es geht. Tarifautonomie er-schließt sich nicht aus dem Begriff per se.

. . . Tarifautonomie

Tarifpolitik ist Sache der Tarifpartner. Dassind die Gewerkschaften und die Arbeit-geberverbände. Die Tarifpartner handelnLöhne und Gehälter, Arbeitszeiten, Urlaubs-regelungen und sonstige Arbeitsbedingun-gen aus. Die Regierung darf ihnen lautGrundgesetz nicht reinreden (»Tarifauto-nomie«). Ziel der Tarifverhandlungen ist derAbschluss eines Tarifvertrags. Dieser legtfür eine bestimmte Laufzeit die Arbeitsbe-dingungen fest.

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e näher der Wahltermin kommt, des-to hektischer zeigen sich die Akteure.Der Wahlkampf befindet sich imSchlussspurt. »Kompetenzteams«

werden vorgestellt,Wahlprogramme aufge-stellt, Interviews gegeben, Meinungsumfra-gen präsentiert, Reden geschwungen undnicht zuletzt mögliche Regierungskonstel-lationen diskutiert. Bei diesem ganzen To-huwabohu gerät das Wesentliche schnellaus dem Blickfeld. Nämlich die Fragen:Wiesozial wird Deutschland nach der Bundes-tagswahl sein? Wird es eine Politik für odergegen die Arbeitnehmer geben? Werden dieMenschen über ihre Zukunft mitbestim-men können oder soll allein »der Markt«über die Menschen bestimmen?

Kurzum:Am 18. September 2005 steht nichtmehr und nicht weniger zur Wahl, als dieZukunft der sozialen Republik. Insbesonderedie Ankündigungen von Union und FDP las-sen schlimmes erwarten. Die Tarifautonomiesoll abgeschafft werden, die Mitbestimmungabgebaut, der Kündigungsschutz verschlech-tert, die Lebensarbeitszeit verlängert, dieMehrwertsteuer erhöht und die Unterneh-menssteuer reduziert werden. Die Pläne derUnion und der FDP stellen einen Frontalan-griff auf die Arbeitnehmer dar.Aber nichtnur das, sie sind wirtschaftlich kontrapro-duktiv. Denn sie bedeuten auch eine weitereUmverteilung von unten nach oben. DieLeute werden noch weniger Geld in der Ta-sche haben, die Arbeitslosigkeit wird steigenund die Arbeitsplätze werden noch unsiche-rer werden. Das ist keine gute Grundlage füreine positive wirtschaftliche Entwicklung.Und die Regierungsparteien? Sie verstrickensich in Widersprüche.Auf der einen Seite solldie Agenda 2010 konsequent umgesetztwerden, aber auf der anderen Seite soll esKurskorrekturen geben. Das ist wenig plausi-bel. Und die Menschen haben die Regie-rungspolitik der letzten sieben Jahre noch inden Knochen. Immerhin sind aber viele ge-werkschaftliche Überlegungen in das Wahl-manifest aufgenommen worden. Die SPDbekennt sich zur Tarifautonomie, zu Mitbe-stimmung und zu den Arbeitnehmerrechten.Und sie hat erkannt, dass wir in Deutschlandeinen Mindestlohn brauchen. Hinzu kommt,dass in diesem Jahr mit der Linkspartei Be-

Jürgen Peters, Erster Vorsitzenderder IG Metall

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10 metall 9/2005

. . . zur Sache

Wer nicht zur Wahl geht,bekommt die Regierung, die er nicht haben wollte.

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wegung in die Parteienlandschaft gekom-men ist. Die etablierten Parteien bemühensich seitdem, das Soziale in ihrer Politik stär-ker in den Vordergrund zu stellen. Ob dasnachhaltig sein wird, bleibt abzuwarten.

Die politischen Konzepte und Forderun-gen der IG Metall sind allseits bekannt.Wirwerden sie vor der Wahl genauso vertretenwie nach der Wahl. Und:Wir werden sievertreten unabhängig von der Regierungs-konstellation, die sich ergeben wird.Weilwir sie für richtig halten.

Aber noch ist vor der Wahl.Wie sozial dieRepublik sein wird, hängt von den politi-schen Programmen der Parteien ab und diePolitik, die sie daraus ableiten.Aber amWahltag hängt diese Frage von den Wähle-rinnen und Wählern ab. Sie haben es in derHand.Wie sozial die Republik sein wird,das hängt von uns allen ab. Deshalb ist eswichtig, wählen zu gehen. Denn:Wer nichtzur Wahl geht, bekommt die Regierung, dieer nicht haben wollte.

Die soziale Republiksteht zur Wahl

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11metall 9/2005

würde die Produktion nach Osteuropa ver-lagert. Dass sich die MAN-Geschäftsleitungletztlich nicht durchsetzen konnte, liegt amWiderstand der Penzberger Belegschaft.Aber auch daran, dass sich die Betriebsrätean den anderen MAN-Nutzfahrzeug-Stand-orten (zum Beispiel München, Nürnbergoder Salzgitter) geschlossen hinter die Kol-leginnen und Kollegen in Oberbayern stell-ten. BetriebsratChristian Giljohannaus Penzberg: »Wirhaben gezeigt, dasssich der Einsatz vonuns Belegschaftsver-tretern, aber auchder aller Beschäftig-ten gelohnt hat.«

Zwar wurde ausdem MAN-Betriebeine eingenständigeFirma (AutomotiveComponents Penz-berg GmbH, ACP),die zu 40 Prozent derMAN und zu 60 Pro-zent dem Betriebslei-ter Ralf Simongehört. Entlassungenund Verlagerung aberkonnten verhindertwerden. In zähenVerhandlungen undunterstützt vom Ge-samtbetriebsrat undder IG Metall er-reichten die Penzber-ger Betriebsräte, dass sich MAN nicht aus derVerantwortung für das Werk stehlen konnte.

Georg Rottach: »Innerhalb des Gefügesvon MAN waren wir nur ein kleiner Betrieb.Andererseits aber sind wir das zweitgrößteUnternehmen in Penzberg und deswegenfür die ganze Region wichtig.« Hätte dieMAN-Geschäftsleitung völlig frei schaltenund walten können, so Georg Rottach, dannwäre von dem Werk Penzberg nicht vielübrig geblieben.

Der Übergang zur eigenständigen Firmabringt für den Betriebsrat jede Menge zusätz-

licher Arbeit. Denn aus dem Konzernteilwurde ein eigenständiger Zulieferer.Auf die-se »Fremdfirma« übt der (quasi) Monopol-kunde jede Menge Druck aus. So verlangt derKonzern, dass der Lohnkostenanteil an jenenKomponenten, die MAN kauft, bis zum Jahr2008 um 50 Prozent gesenkt werden soll.Ob sich MAN hier durchsetzen kann, er-scheint fraglich. Denn bei der Ausgliederung

hatte der Betriebsratdurchgesetzt, dass auchdas eigenständige Unter-nehmen in den Arbeitge-berverband eintretenmuss. Die Tarifverträgemit der IG Metall sind alsolangfristig gültig. GeorgRottach: »Die ACP-Ge-schäftsleitung will jetzterstmal an firmenspezifi-sche Zulagen ran, wie dieCNC-Zulage von achtProzent.«

Längerfristiges Ziel vonMAN und neuer Ge-schäftsleitung ist es offen-sichtlich bei ACP Struktu-ren zu schaffen, wie sie inmittelständischen Betrie-ben üblich sind.Das heißt:Das Niveau bei Arbeitsbe-dingungen und Bezah-lung soll erheblich herun-tergefahren werden. Statt17-Schichten will die Ge-schäftsleitung ein 18-Schichten-Modell ein-

führen. Georg Rottach: »Solche Überlegun-gen gehen in die falsche Richtung.Wir wollenlieber über Innovationen nachdenken oderüber effektivere Arbeitsabläufe. In der Vergan-genheit hat der Betriebsrat viele Inventionenangeschoben, wie das dringend benötigteBlechlager oder die Einführung von 3-D-La-sern. Beim Blechlager haben wir sogar300000 Euro aus dem Zeitguthaben der Be-legschaft eingebracht.« Ein »Bündnis für Ar-beit« also.Aber ganz anders als sich die Uni-onsparteien das vorstellen.<

Hans Otto Wiebus

Wenn es um die Sicherheit derArbeitsplätze geht, sind dieBetriebsräte die wirklich kom-petenten Unternehmensberater.Sie kennen die Schwachstellen,sie kennen die Alternativen.Nicht der Profit ist entscheidend,sondern die Qualität der Arbeit.

ür Georg Rottach, den Betriebsrats-vorsitzenden von ACP, früher MANNutzfahrzeuge Werk Penzberg, hat

sich die Zukunft des Betriebs an einem ganzkonkreten Tag entschieden. Das war der 27.April 2005.Damals saßen im Bürgerhaus vonKarlsfeld bei München die Betriebsräte allerMAN-Nutzfahrzeug-Betriebe mit der Ge-schäftsleitung zusammen – die jährliche Be-triebsrätekonferenz. Kurz vorher hatten dieKolleginnen und Kollegen im oberbayeri-schen Penzberg erfahren, dass der Betriebverkauft werden solle. Kurz entschlossenfuhren an jenem 27.April über 250 Beschäf-tigte, praktisch die gesamte Frühschicht,nach Karlsfeld um der Geschäftsleitung klarzu machen,dass sie einen Abbau von Arbeits-plätzen nicht hinnehmen würden.

Georg Rottach heute: »Die Geschäftslei-tung war sichtlich beeindruckt von unseremEngagement. Die Herren merkten, dass dieBelegschaft es ernst meint. Das hat bei denVerhandlungen sehr geholfen.« Der Hinter-grund: MAN hatte den Penzberger Betriebüber Jahre hinweg stiefmütterlich behan-delt. Teile der Produktion wurden ins Aus-land verlagert, mit Investitionen war manmehr als sparsam. Die Folge: Das Werk Penz-berg (Schwerpunkt der Produktion: Lkw-Komponenten aus Dickblech und Stahlroh-ren) hatte Schwierigkeiten wirtschaftlich zuarbeiten. Diese Managementfehler solltennach dem üblichen Schema ausgebügeltwerden.Von den 600 Beschäftigten wurdenweitgehende Zugeständnisse verlangt, sonst

hat sich gelohntMAN: Einsatz

. . . Mitbestimmung

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»Die Geschäftsleitung warbeeindruckt vom Engage-ment der Belegschaft. Dashalf bei den Verhandlungen.«

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Stabilus, Koblenz

Druck von unten

sprächen dargelegt haben, dasses mit uns nicht zu machen ist,die Kosteneinsparungen inGrößenordnung beim Personalanzusetzen und somit viele Ent-lassungen in Kauf nehmen zumüssen, gingen wir noch wei-ter. Um insgesamt unser Perso-nal zu schützen, vereinbartenwir in einer Betriebsvereinba-rung die vorzeitige Einführungder 35-Stunden-Woche bei EkoStahl im Jahr 2005.

Der Tarifvertrag beinhaltetdiese Arbeitszeitverkürzung erstfür das Jahr 2009. Somit rettetenwir effektiv mehreren hundertMitarbeitern ihren Arbeitsplatz.Der Erfolg gibt uns recht. UnserUnternehmen erzielte trotzdemim letzten Jahr ein Rekordergeb-nis.«

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Arbeit gestaltenAngriffe abwehren

. . . Mitbestimmung

» Es begann mit der Privatisie-rungsphase, Anfang der 90erJahre, als der Betriebsrat bei derAuswahl eines Investors auch dieMarktbetrachtung als oberstePriorität ansah. Auch hatte derBetriebsrat in dieser Zeit einenengen Kontakt zur Landes- undBundesregierung. Mit der letzt-endlichen Übernahme durchCockerill begann für Eko da-durch ein erfolgreicher Weg,miteiner strategisch wichtigen Stel-lung, zumindest auf dem deut-schen Stahlmarkt.

Aktuellstes Beispiel ist jedochdas Kosteneinsparprogramm,das auch vor Eko innerhalb desKonzerns nicht halt machte.Nachdem wir als BetriebsratMcKinsey und der Geschäfts-führung in langen Streitge-

Mario Bochon, Vertrauenskörperleiter undBetriebsrat bei EKO Stahl in Eisenhüttenstadt,über erfolgreiche Betriebsvereinbarungen

Laufzeit bei 90 Prozent der letz-ten Nettovergütung. Ursprüng-lich sollten 140 der 1850 Jobswegfallen.»Als wir den Anteil derMitglieder in nur acht Wochenvon 40 auf über 60 Prozent er-höht hatten, gab die Geschäfts-führung ihre Pläne auf«,sieht derstellvertretende Betriebsratsvor-sitzende Robert Burg die Strate-gie belohnt.<

Unbezahlte fünf zusätzliche Ar-beitsstunden pro Woche, Abstri-che bei Urlaubs- und Weih-nachtsgeld, Austritt aus dem Ar-beitgeberverband – diese Plänesind beim Koblenzer Autozuliefe-rer Stabilus vom Tisch.Für 99 Be-schäftigte, die durch Verlagerungihre Jobs verlieren, hat der Be-triebsrat hohe Abfindungen undden Anspruch ausgehandelt, ineine Beschäftigungsgesellschafteinzutreten – mit neun Monaten

hen so verloren«, sagt UweMeinhardt von der StuttgarterIG Metall, Mitglied im Auf-sichtsrat der HP Deutschland.Dank IG Metall gibt es wenigs-ten ein paar Informationen.Denn vom neuen »OperatingModel« der IBM wüssten dieBeschäftigten ohne ihre Arbeit-nehmervertreter ebenfalls nochnichts. Jetzt arbeiten die Be-triebsräte an Gegenstrategien.<

Es rumort. Die Computerkon-zerne IBM und HP stehen mit-ten in tiefgreifenden Verände-rungen und verschweigen dieFolgen. Stellenabbau ist zwarangekündigt – je 14500 Stellensollen in beiden Konzernenweltweit gestrichen werden.Aber wie viele, an welchenStandorten und wann – es gibtkeine genaue Informationen.»Vertrauen und Motivation ge-

IBM und HP, USA

Tiefgreifende Veränderungen

Von Marlis Dahne, Uli Eberhard, NorbertHüsson, Norbert Kandelund Hartwig Oertel

der europäische Betriebsrat,konnten europaweit geltendeRegeln für die Restrukturierungdurchsetzen:Alle Standorte blei-ben erhalten, betriebsbedingteKündigungen sind ausgeschlos-sen, Unterbietungswettbewerbwird verhindert. »Wie kannman bei so erfolgreicher eu-ropäischer Mitbestimmungs-praxis das deutsche Modell inFrage stellen?«, wundert sichPeter Klein (links im Bild), stell-vertretender Opel-Betriebsrats-vorsitzender in Rüsselsheim.»Wer das tut, hat weder mit Ar-beitnehmerinteressen noch mitEuropa was am Hut.«<

Bei allen Einschnitten, die fürdie Beschäftigten insbesonderebei Opel mit der Restrukturie-rung des Konzerns General Mo-

tors Europe(GME) verbun-den sind: Siehat die Mitbe-stimmung inEuropa voran-gebracht. DerEuropäische Me-tallgewerk-schaftsbundund das Eu-ropäische Ar-beitnehmerfo-rum bei GME,

General Motors Europe, Zürich

Mitbestimmungserfolg auf Europa-Ebene

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Jetzt sprechen die Betriebsrätinnenund die Betriebsräte

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werden hier nur zu einem Drittel von Arbeit-nehmern des Unternehmens gewählt. >Bei mehr als 2000 Beschäftigten gelten dieweitergehenden Regelungen des Mitbestim-mungsgesetzes von 1976. Dieses Gesetz siehtzwar einen paritätisch besetzten Aufsichtsratvor. Doch bei Stimmengleichheit steht demAufsichtsratsvorsitzenden (immer Kapital-seite) ein Doppelstimmrecht zu.

Die am weitesten entwickelte Mitbestim-mungsregelung ist im Montan-Mitbestim-mungsgesetz (für Montanbetriebe: Bergbau,Eisen, Stahl, mit mehr als 1000 Beschäftig-ten). Zwischen Arbeitnehmern und der Kapital-seite herrscht eine echte Parität. Ein von beiden

Seiten benanntes »neutrales Mitglied« kannbeim Stimmenpatt den Ausschlag geben.

Betriebliche MitbestimmungDie betrieblichen Mitbestimmung regeltwichtige Fragen wie Arbeitsplatzgestaltung,Arbeitsabläufe, Verteilung der Arbeitszeit,Personalplanung und Richtlinien zur Aus-wahl von Personal, Sozialeinrichtungen, Zeit-erfassung und Leistungskontrolle. Die be-triebliche Mitbestimmung ist im Betriebsver-fassungsgesetz geregelt. Organ der betrieb-lichen Mitbestimmung ist der Betriebsrat. Abfünf Beschäftigten besteht ein Anspruch aufdie Wahl zum Betriebsrat.<

. . . Mitbestimmung

Mitbestimmung ist gelebte Demokratie imBetrieb. In Deutschland gibt es zwei Formen,die Unternehmensmitbestimmung und diebetriebliche Mitbestimmung.

UnternehmensmitbestimmungKapitalgesellschaften unterliegen grundsätz-lich der Mitbestimmung im Aufsichtsrat,wenn sie mehr als 500 Menschen beschäf-tigen. Das Organ der Unternehmensmitbe-stimmung ist der Aufsichtsrat. Er besteht ausArbeitnehmern und den Anteilseignern. >Bei mindestens 500 Beschäftigten greiftdas vergleichsweise schwache Drittelbetei-ligungsgesetz von 2004. Die Aufsichtsräte

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. . . Mitbestimmung

im Aufsichtsrat die Initiativedazu ergriffen hatten. RolandHamm, Erster Bevollmächtig-ter der IG Metall in Aalen und

Martin Allespach von derStuttgarter Bezirksleitung hat-ten den Vorstand aufgefor-dert, mehr zum Ausbildungs-pakt der Wirtschaft beizutra-gen. »Das ging schnell undunbürokratisch«, freut sichRoland Hamm. Zeiss bietet fürdie Ausbildungsjahre 2005und 2006 nun jeweils 80 Aus-bildungsplätze statt der ur-sprünglich geplanten 74.<

Bei Carl Zeiss in Aalen werdenjetzt zwölf zusätzliche Aus-bildungsplätze eingerichtet,weil die IG Metall-Vertreter

Carl Zeiss, Aalen

Mehr Mitbestimmung dank Aufsichtsräten

Joachim Fichtner, BR-Vorsitzender im AutohausBerlin über Weiterbildung dank Betriebsräten

» Mit Betriebsräten läuft es bes-ser, auch in den Handwerksfir-men. Tarifliche Bezahlung unddie Einhaltung der Arbeitszeit –dafür stehen wir als Betriebsräteein und streiten uns auch mit denChefs, wenn es sein muss. Seit ei-nigen Jahren rückt die Weiterbil-dung der Beschäftigten immermehr in den Vordergrund. Wer

den Anschluss an die technischeEntwicklung im Kfz-Gewerbebehalten will, kommt ohne stän-dige Qualifizierung nicht aus.Wir achten darauf,dass nicht im-mer dieselben Kolleginnen undKollegen fahren, dass die Weiter-bildung als Arbeitszeit gilt undvor allem, dass der Chef die Kos-ten übernimmt.«

Sommer 2004: Auf intensivesNachfragen des Betriebsrats stelltsich heraus,dass beim Gabelstap-ler-Hersteller Still-Wagner mitder Verlagerung von Produktengerechnet werden muss. Der Be-triebsrat stellt sich auf eine Aus-einandersetzung ein. Vorsitzen-der Harry Mischke:»Wir werdenkämpfen wie die Löwen.«

Dezember 2004: Es gibt dieerste offizielle Information, dassvon 540 Arbeitsplätzen 300wegfallen sollen. Der Standort ist

Still-Wagner, Reutlingen

Wir werden kämpfen wie die Löwenin Gefahr. März 2005: Der Be-triebsrat legt ein eigenes Konzeptvor, das den Renditeerwartungendes Betriebs entgegenkommt.Darauf verdoppelt die Geschäfts-leitung die Renditeziele. Die Be-legschaftsproteste weiten sichaus. Die Region solidarisiert sich.

Und dann Ende März 2005:Das Unternehmen lenkt ein.Nach harten Verhandlungen desBetriebsrats bleibt die Produk-tion bestehen. Statt 300 sollennur 43 Stellen wegfallen.<

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Stein-Gruppe, Engelskirchen

Betriebsrat stopptGeisterfahrerDie Stein-Gruppe (zehn Auto-häuser im Rheinisch-Bergischenund Oberbergischen Kreis) woll-te mit dem Kopf durch die Wand:Ende 2004 teilte die Geschäfts-führung den 450 Beschäftigtenmit,dass ab Januar wieder die 40-Stunden-Woche gelte. Der Be-

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Harald Klausing, Betriebsratsvorsitzender und stell-vertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei Karmannin Osnabrück, über den Segen der Aufsichtsratsmit-bestimmung

triebsrat beantragte sofort eineEinstweilige Verfügung beim Ar-beitsgericht. Denn er hat laut Be-triebsverfassungsgesetz (Paragraf87) über Beginn und Ende dertäglichen Arbeitszeit mitzube-stimmen. Das Gericht pfiff dieStein-Geschäftsführung zurück,ihre Geisterfahrt war beendet.Gemeinsam mit der IG Metalllöste sie ihre wirtschaftlichenProbleme schließlich per Sanie-rungstarifvertrag. »Jetzt herrschtwieder Friede-Freude-Eierku-chen«, sagt der Kölner IG Metall-Sekretär Wolfgang Rasten.<

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eine drohende Schließung desBetriebsmittelbaus mit über 400Arbeitsplätzen ebenso wie eineEntlassungswelle größeren Aus-maßes im Fahrzeugbau abge-wendet werden – das hätte wei-tere rund 500 Arbeitsplätze indiesem Jahr gekostet.«

» Durch Verquickung der Auf-sichtsratsmitbestimmung mitder des Betriebsrats nach Be-triebsverfassungsgesetz ist es beiKarmann in den schwerer ge-wordenen Zeiten der letzten Jah-re gelungen, Hunderte von Ar-beitsplätzen zu halten. So konnte

Betrieb zu fördern und zu si-chern« (Paragraf 80 des Betriebs-verfassungsgesetz). Und weil dieEisenhütte auch die Wärmebe-handlung von Stahlprofilen be-herrscht,suchte und fand man ge-meinsam neue Kunden in diesemGeschäftsfeld. Seit 2002 mausertsich die Firma zum Stahlveredeler.Und hat die Zahl ihrer Beschäftig-ten um 25 auf 209 erhöht.<

die sozialen Besitzstände der Be-schäftigten festschreiben kön-nen.

Das klappte nur durch die beiuns jahrzehntelang erfolgreichpraktizierte Montanmitbestim-mung,die wir durch ergänzendeTarifverträge sogar noch ausbau-en konnten.«

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Ernst Schäfer, Betriebsratsvorsitzender und stellver-tretender Aufsichtsratsvorsitzender bei der SalzgitterAG in Salzgitter, über das Abwenden von betriebsbe-dingten Kündigungen dank Montanmitbestimmung

Bochumer Eisenhütte, Bochum

Gemeinsam Zukunft gestalten

Grohe, Hemer

Jobs gerettet,Sozialplan vereinbartNicht 3000 Beschäftigte werdenbis Ende 2006 entlassen, son-dern 943. Das hat der Sanitärar-maturenhersteller Grohe imsauerländischen Hemer mitdem Gesamtbetriebsrat am 8.Juni vereinbart. Schlimm genug.Aber dass es nicht noch schlim-mer gekommen ist, sei »auf je-den Fall« der Mitbestimmungzu verdanken, betont Gesamtbe-triebsratsvorsitzender Peter Pau-lokat. Ohne sie hätte das Mana-gement gar nicht mit der Arbeit-nehmervertretung verhandelnmüssen. Und die Entlassenenhätten keinen Anspruch auf ei-nen Sozialplan gehabt. Paulokat:»Ohne Betriebsrat keine Abfin-dung.« Über die Zahl der Kündi-gungen wird übrigens nachver-handelt. Paulokat: »Es werdendefinitiv weniger.«<

» Als im Jahr 2000 und im Jahr2001 als Folge des Erwerbs derMannesmannröhren-Werke AGder Konzern neu strukturiertund aus der bisher produzieren-den Holding eine größere An-zahl GmbH gebildet wurde,haben wir betriebsbedingteKündigungen ausschließen und

Als reiner Bergbauzulieferer hättedie Bochumer Eisenhütte lang-fristig nicht überleben können.»Es war klar, dass das Zechenge-schäft zurückgeht«, erinnert sichBetriebsratsvorsitzender BennoBargmann. Also hat er die Ge-schäftsleitung »gedrängt, sichnach vorn zu bewegen«,gehört esdoch zu den Aufgaben des Be-triebsrats, »die Beschäftigung im

Demonstration bei Grohe: »Ohne Betriebsrat keine Abfindung«

Arbeit gestaltenAngriffe abwehren

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richtete Mitbestimmung beiVolkswagen und die Kultur derkooperativen Konfliktbewälti-gung ist ein Garant für Standort-und Beschäftigungssicherungdurch die Suche nach innovati-ven Lösungen. Davon profitie-ren die Beschäftigten, aber auchdas Unternehmen,die Regionender VW-Standorte und der Stand-ort Deutschland in Gänze.«

» Wenn es das VW-Gesetz unddie qualifizierte Mitbestim-mung bei Volkswagen nicht ge-ben würde, dann wäre es bereitsin den 70er Jahren für VW-Standorte wie Braunschweig,Salzgitter und Emden und damitverbunden natürlich für die je-weiligen Regionen in ihrer Ge-samtheit kritisch geworden. Diestarke und strategisch ausge-

Bernd Osterloh, Gesamtbetriebsratsvorsitzenderund Aufsichtsratmitglied bei Volkswagen in Wolfs-burg, über Standortsicherung dank starker Mitbe-stimmung

nehmen in neue Motoren, reor-ganisierte Einkauf und Verwal-tung. Das Konzept ging auf: Pro-duzierte Deutz im Jahr 2000noch 120000 Motoren, sollenes in diesem Jahr schon 180000sein. Die Zahl der Arbeitsplätzestieg um mehrere hundert auf5700.Werner Scherer, der Kon-zernbetriebsrats- und stellver-tretende Aufsichtsratsvorsitzen-de, bilanziert: »Wir sind absolutwettbewerbsfähig.«<

Drei Jahre lang verzichteten dieBeschäftigten der Motorenfa-brik Deutz auf Lohn und Gehalt.Trotzdem ging’s der Firma auchdanach nicht besser.Also forder-te der Vorstand erneut ein Opferder Belegschaft. Diesmal legtensich der Betriebsrat und die Ar-beitnehmervertreter im Auf-sichtsrat quer – und fordertenden Vorstand auf: »Macht end-lich eure Hausaufgaben.« Jetztendlich investierte das Unter-

Deutz AG, Köln

Neue Perspektive erzwungen

»schwärzesten Kapitel der Un-ternehmensgeschichte« be-währt. Gemeinsam mit RomanSelgrath, Betriebsratsvorsitzen-der der Dillinger Hütte, ist Friesauch nach der sozial verträgli-chen Überwindung der Stahl-krise der achtziger Jahre über-zeugt: Wer heute die Mitbe-stimmung angreift, provoziertdie sozialen Konflikte von mor-gen.<

»Nachdem Saarstahl 1993 fastam Boden lag und Konkurs an-melden musste, ist das Unter-nehmen heute wieder gut auf-gestellt.« Werner Fries, Ge-samtbetriebsratsvorsitzenderdes Unternehmens, schreibtdies vor allem der paritätischenMitbestimmung zu. Das Zusam-menwirken von IG Metall undBetriebsräten in Aktionen undim Aufsichtsrat habe sich im

Saarstahl AG, Saarland

Dank Mitbestimmung Krise überwunden

hier die Möglichkeit der Leis-tungs- und Verhaltenskontrollevorlag.

Und wir konnten zum Bei-spiel in einer Aufsichtsratssit-zung 2004 unsere französischenManager durch intensive Ge-spräche davon überzeugen, einewichtige Fertigungslinie nachSalzgitter zu bringen.Das sichertetwa 250 Beschäftigten bei unsüber Jahre den Arbeitsplatz.«

» Wir sind 1997 von Alstomübernommen worden. Da dasThema Mitbestimmung eindeutsches Thema ist,war es auchfür unsere französischen Mana-ger sehr schwer zu verstehen.Doch die Konzernverantwortli-chen lernen langsam dazu. Sohaben wir etwa bei der Ein-führung EDV-relavanter Soft-ware über die MitbestimmungEinfluss nehmen können, weil

Siegfried Richter, Betriebsratsvorsitzender und Auf-sichtsratmitglied bei Alstom LHB in Salzgitter, überBeschäftigungssicherung dank Mitbestimmung

. . . Mitbestimmung

scheidungsträgern aufbauenkönnen, um Einfluss auf unse-ren Standort in Springe nehmenzu können. Es hängt viel vondem persönlichen Netzwerk ab.Mit unseren lokalen Managernmussten wir im letzten Jahr übereine umfangreiche Restruktu-rierung verhandeln. Den Stel-

lenabbau konnten wirnicht verhindern, aberohne Betriebsrat hättenwir zum Beispiel nichtdie Transfergesellschaft,die Abfindungen undauch viele Optimie-rungsprojekte zur Stand-ortsicherung durchset-zen können.«

» Wir sind Teil eines globalenUnternehmens. Dadurch ergibtsich, dass die wirklichen Ent-scheidungsträger weit weg inEindhoven sitzen und für uns alsBetriebsräte kaum zu greifensind. Deshalb ist es sehr wichtig,dass wir über den Aufsichtsratüberhaupt Kontakt zu den Ent-

Silke Mussmann, Betriebsratsvorsitzende und Auf-sichtsratsmitglied bei Philipps AEG Licht GmbH inSpringe, über den positiven Einfluss derArbeitnehmervertreter auf Abfindungshöhen

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Das Thema

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Serhan Altin»Es wird dir gefallen dort,« hatte derGroßvater gesagt, »die Deutschen mögendie Türken.« Das war vor mehr als 30 Jahren,als Serhan Altin aus Istanbul ins AbenteuerDeutschland aufbrach.16 war sie, frisch ver-heiratet, auf der Suche nach Arbeit. Die fandsich rasch damals in Neckarsulm. Auf derWohnungssuche kam die erste Enttäu-schung: So willkommen, wieder Großvater versprochen hat-te, schienen die Türken nicht zusein. »Wir waren Fremde, unddas hat man uns spüren lassen,«sagt Serhan.

Das Gefühl von Fremdheit istgeblieben.Trotz der Arbeit, trotzdes jahrelangen Engagements alsBetriebsrätin, trotz des Zusam-menhalts in der IG Metall. Undtrotz der Kehrwoche, die in Alf-dorf,wo Serhan mit ihrer Familieseit vielen Jahren zu Hause ist,fest zum schwäbischen Alltaggehört. Im schmucken Mehrfa-milienhaus hat es eine Weile ge-

»Es wird dir dortgefallen«

Nach jedem Terroranschlag wächst dieAngst vor neuem Terror. Gibt es nochSicherheit? Schnell geraten die Muslime inGeneralverdacht: Wenn sich die Terro-risten in glühender Todesverachtung aufden Koran berufen, ist dann nicht der ge-samte Islam verdächtig? Viele Türken undNordafrikaner, die in Deutschland leben,erfahren, wie sich ihr Alltag schleichendverändert. Der ohnehin schwierige Prozessder Integration droht ins Stocken zu kom-men. Dem Misstrauen der Deutschen be-gegnen viele Muslime mit Rückzug in dieeigene Gemeinschaft. Dabei wäre geradejetzt Offenheit nötig. metall hat sich imRuhrgebiet und in Schwaben umgesehen.

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Das Thema

dauert,bis die deutschen Bewohner den Arg-wohn gegen die neuen Nachbarn mit der un-gewohnten Musik und den fremden Gebräu-chen überwunden hatten. Heute lebt manfreundlich nebeneinander. Rund 500 Men-

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schen in der 6000 Einwohner zählenden Ge-meinde sind aus dem Süden zugezogen, diemeisten arbeiten beim Autozulieferer TRW.Im Betrieb gibt es selten Probleme zwischenDeutschen und Zugewanderten. Im Rama-dan geben die Deutschen ihren muslimi-schen Kollegen die Möglichkeit zu fasten.

Aber in letzter Zeit bekommt das friedli-che Bild Risse. »Man wird schon merkwür-dig angeschaut, wenn wieder ein Terroran-schlag war. Die Leute wissen zu wenig überuns und unsere Religion. Sie glauben, derTerror hätte seine Wurzeln im Islam.Aber dasist nicht wahr,« sagt Serhan. Sie ist Muslimin,aufgeklärt, ohne Kopftuch, aber doch ihrerKultur bewusst.

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Betriebsrätin Altin: »Man wirdschon merkwürdig angeschaut, wennwieder ein Terroranschlag war.«

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Als einer jungen Frau wegen ihrer Kopfbe-deckung – auch wenn es niemand offen sosagte – der Ausbildungsplatz verweigert wur-de, stand Serhan ohne Zögern an der Seite derBewerberin. Sie fordert Toleranz: »Ein Klei-dungsstück darf doch nicht übereine Person entscheiden.« Wasaber die jungen Frauen undauch Männer umtreibt, die sichmehr und mehr in der Traditionihrer Religion verschanzen,kann sie nicht verstehen. »Siesuchen Zugehörigkeit und An-erkennung, die sie von denDeutschen nicht bekommen.Aber den Rückzug in die eigeneGemeinschaft finde ich nichtgut.« Beide Seiten sollten auf-einander zugehen, offener wer-den. »Wir müssen mehr Ver-trauen zueinander haben,« for-dert Serhan. »Wie sollen wirsonst auf Dauer miteinander auskommen?«Denn sie werden hier bleiben, Serhan, ihrMann Kamuran, die Tochter, der Sohn.Schwaben ist längst ihre Heimat geworden.

Halit KanikHalit Kanik kennt viele Leute. Der große,kräftige Türke ist einer von den Menschen,wie es sie häufig gibt in der IG Metall, einer,der sich nicht mit einer Aufgabe zufriedengibt, sondern überall mitmischt: im Be-triebsrat im ThyssenKrupp-Werk Nirosta inBochum, im IG Metall-Ortsvorstand, im Aus-länderausschuss, im Wohnungsausschuss beiThyssen, in der SPD. Der Schalke-Fan organi-siert Fußballturniere für Jugendliche undhilft ihnen bei der Ausbildungsplatzsuche.

In seiner Heimatstadt Hattingen hätte erauch noch Moschee-Vorsitzender werdensollen. Aber das überließ er einem anderen.Halit, 43, lebt seit 1979 in Deutschland, inNordrhein-Westfalen, wo ein Drittel allerMigranten aus der Türkei leben.Hätte sich imVerhältnis zwischen Muslimen und Nicht-muslimen etwas geändert nach den Terroran-schlägen von New York,Madrid oder London– einer, der täglich mit so vielen Menschenumgeht wie er, müsste es merken. Aber erschüttelt den Kopf: »Nein, die Deutschenverhalten sich jetzt nicht anders uns Migran-ten gegenüber«, sagt er.

Liegt es vielleicht daran, dass »Ängste undVorurteile nur in den Köpfen der Menschensind, aber nicht ausgesprochen werden«,wie Yüksel Yusuf vermutet, der ehemalige

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. . . bei Nihat Öztürk,Zweiter Bevollmäch-tigter der IG Metall inDüsseldorf

metall:Nimmt die Religiosität unter Muslimenin Deutschland seit den Terroranschlägen zu?Öztürk: Ja, weil Terror das gesellschaftlicheKlima vergiftet. Nach jedem Anschlag werdenMuslime von Politikern beschimpft, unter Ge-neralverdacht gestellt und aufgefordert, sichvom Terrorismus zu distanzieren. Allein dieseForderung unterstellt, dass viele Muslimesich zumindest klammheimlich über die An-schläge freuen. Das ist beleidigend und perfi-de. Es ist so, wie wenn Muslime nach dem An-schlag gegen Türken in Solingen von allenDeutschen oder Christen verlangt hätten, sichzu distanzieren. Solche pauschalen Verurtei-lungen verstärken bei Muslimen den Hang,sich zurückzuziehen und abzusondern, eineEntwicklung, die bereits mit den Anschlägenin Mölln und Solingen angefangen hat. metall: Sind die Anschlägen Beleg dafür,dass die Integration misslungen ist?Öztürk: Das ist Unsinn. Seit vier Jahrzehntenarbeiten Migranten mit ihren deutschen Kol-legen absolut friedlich zusammen, sind ge-

meinsam organisiertund wollen nur inFrieden leben. Der Terror hat nichts mit der Si-tuation der muslimischen Migranten zu tun,sondern mit der Weltpolitik. Die Hauptgründesind die ungelösten Probleme im Nahen Ostenund der Irakkrieg. Die Amerikaner werden inder arabisch-islamischen Welt als Christenwahrgenommen, die ins Land einfallen und denTod zehntausender unschuldiger Muslime inKauf nehmen. Das ist der Humus, auf dem fun-damentalistische radikale Gruppen gedeihen. metall: Passen Terror und Islam zusammen?Öztürk: Er hat mit dem Islam als Religionüberhaupt nichts zu tun. Der Islam wird nur in-strumentalisiert – so wie George W. Bush»Freiheit und Menschenrechte« für eine impe-riale Politik missbraucht.<

Nachgefragt . . .

Opel-Betriebsrat, den er häufig in der größ-ten Moschee Bochums trifft? Oder daran,dass viele Muslime sie nicht wahrhaben wol-len? Oder ist der Terror zu weit weg, um imeigenen Alltag eine Rolle zu spielen. Bei dem

Wort »Terror« fallen Halit zuerst Neonazisein. Die waren in Bochum hautnah zu erle-ben. Und ihre Gesinnungsfreunde verübenihre Anschläge nicht Tausende Kilometer ent-fernt, in Madrid oder New York, sondern inSolingen.»Terror hat doch nichts mit dem Is-lam zu tun«, sagt Halit. »Terroranschläge

werden im Baskenland verübt, in Nordir-land, also auch unter Christen. Es gibt mehrals 900 Millionen Muslime auf der Welt.Wenn tausend davon verrückt sind, sagt dasdoch nichts über die vielen Millionen ande-ren aus«.Um die Probleme der Welt zu lösen,gebe es »nur ein Mittel: die Demokratie«.

Im Betraum der Moschee hängen diedeutsche und türkische Fahne nebeneinan-

der an der Wand. »Wir sind für Integration.Die Menschen müssen die Gesetze des Lan-des einhalten«, versichert der Vorbeter, derein Angestellter des türkischen Staates ist.DerIslam stehe für »Liebe, Frieden und Freund-schaft«.

Seit 1993 treffen sich Yüksel, der Vorbeterund andere Muslime drei Mal im Jahr mit Ka-tholiken, Protestanten und Juden zum ge-meinsamen Friedensgebet. Der Imam sagt:»Ob Terror, Hunger, Arbeitslosigkeit oderDrogenabhängigkeit, das sind alles unseregemeinsamen Probleme,die wir gemeinsamlösen müssen.«<

Sylvia Koppelberg, Gabriele Prein

Betriebsrat Kanik: Er kennt viele Leute

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»Die Deutschen verhalten sich jetzt nichtanders uns Migranten gegenüber.«

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Anschläge

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Unverschämtes, Merkwürdiges, Kurioses – gefunden von metall-Leserinnen und -Lesern. Jede Veröffentlichung wird mit 25 Euro honoriert(bitte Kontonummer angeben). Schicken an: metall-Redaktion, Wilhelm-Leuschner-Straße 79, 60329 Frankfurt am Main

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An alle VerkaufsleiterFür nicht ausgeführte Arbeiten, vergessene Aufgabenoder unsachgemäße Handhabung einer Sache wird inZukunft 20,– Euro Teamzoll fällig, welcher in einerKasse zur späteren gemeinschaftlichen Verwendunggesammelt wird.

Mit freundlichen GrüßenPatrick Senn

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Research 1987 bis 1990. Bei VW war derpromovierte Volkswirtschaftler allerdingsnoch nie auf der Lohnliste. Auch nicht beiToyota, dennoch bezieht er diesen Herstelleröfters in sein Lob ein, was den Verdacht auf-kommen lassen könnte, sein Institut werdevon den Japanern finanziell gesponsert. Dasstellt Dudenhöfer vehement in Abrede: »Dasist mehr als idiotisch, das ist hahnebüchern.Unser Umsatz kommt von unseren For-schungen im Auftrag von Industriegruppenhauptsächlich aus der Automobilbranche so-wie von anderen Kunden und von unserenEigenstudien.« Und dann wird der Mannwortkarg:»Aber wissen Sie was, ich hab jetztkeine Lust, mit Ihnen unsere Aufträge undKunden durchzugehen.«<

Franz Glinz

»Dudenhöfer legt mit seinen Veröffent-lichungen und Interviews den Finger

in die Wunden. Das tut weh und erscheintoft als unfair«, sagt ein Mitarbeiter von »Au-toBild«. Braucht es Kritiker dieser Art? Oderredet Dudenhöfer den Automobil-StandortDeutschland kaputt? Gefürchtet ist derMann, denn selbst beim deutschen Verbandder Automobilindustrie VDA war auf Anfra-ge kein Kommentar über ihn zu bekommen.Nikolaus Schmidt beim IG Metall-Vorstandzuständig für Industriepolitik hält den »vonmarktwirtschaftlichem Fundamentalismusgetriebenen« Professor für wenig seriös.Schmidt: »Er verkündet oft Plattheiten mitgroßem Pomp.«

Besonders bei Volkswagen, stochert derProfessor seit Wochen in den Wunden. Erwirft VW vor,die Kosten- und Kapazitätspro-bleme an den westdeutschen Standortennicht gelöst zu haben. Dudenhöfer kritisiertdie Modellpolitik und sogar die in VW-Fahr-zeuge eingebaute aufwändige, kunden-freundliche Sicherheits-Technik, die halt et-was teurer ist. »Mit der Mercedes-Strategiewurde die Preisschere zu den pfiffigen Peu-geots, den zuverlässigen Toyotas und den in-novativen Opels im Klein- und Kompaktseg-ment größer«, sagt Dudenhöfer. »Er ist ebeneiner, der immer recht haben will. Und er isteiner jener Professoren,die stets alles möglichstöffentlich zelebrieren«,klagt ein Automobil-Manager.

Gleich nachdem derScheinfirmen-Skandalbei Volkswagen aufgeflogen war, schlug Du-denhöfer wieder zu und zog gleich auch dieIG Metall in seine Tiraden mit ein: »Wie dieIG Metall in dieser Angelegenheit agiert hat,ist höchst zweifelhaft. Gewerkschaft, Politikund Betriebsrat sind bei VW so stark verfilzt,

dass letztendlich auch derAufsichtsrat seine Kontroll-funktion nicht mehr effektivwahrnehmen kann.«

Doch warum schießtDudenhöfer immergegen VW?Haben sich Dudenhöfer undsein Fünf-Mann-Institut CARauf den Größten, auf VW, ein-geschossen? Er bestreitet dasgegenüber metall: »VW istnicht in unserer Schusslinie. Inder Vergangenheit wurdendort Fehler gemacht, und dassagen wir öffentlich. Deshalbstehen wir nicht negativ zuVolkswagen.« Negativ stelltsich der Professor allerdingszum VW-Gesetz, das dem LandNiedersachsen gemeinsam mitdem Betriebsrat die Mehrheitim Aufsichtsrat sichert: »Dasist eine Konstellation, mit derein modernes Unternehmen mit Konkur-renten wie Toyota, BMW oder Peugeot nichtzu führen ist.«

Fielen da nicht schon wieder die selbenMarkennamen? Toyota, Opel und Peugeot? Es

ist schon auffällig, dassDudenhöfer immerwieder Lob für diesel-ben Marken findet. Sobeispielsweise für denPeugeot-Citroen-Kon-zern. Dudenhöfer war

1991 bis 1994 bei Peugeot Deutschland alsVerkaufsdirektor und Direktor Filialen tätig,bei Citroen Deutschland 1994 bis 1996 alsDirektor Netzentwicklung. Bei Opel wirkteer 1985 bis 1987 als Analyst Business Plan,bei Porsche als Leiter Marketing-Strategien &

Auto-Professor Dudenhöfer

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Plattheiten mit großem Pomp

Ferdinand Dudenhöfen: Gerne lässt er sich als Autopapst betiteln

Porträt

Von vielen gehasst, von anderen gelobt – und in derAutomobilindustrie gefürchtet. Das ist FerdinandDudenhöfer (54), Mitbegründer des Center of Auto-motive Research (CAR) an der FachhochschuleGelsenkirchen.

»Ferdinand Dudenhöferist eben einer, der immerrecht haben will.«

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Report

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Ausbildung

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Zurück zurSchmalspur-Ausbildung?

enn die neuen Azubis in denDaimler-Chrysler Betriebendemnächst ihren Blaumann

überziehen, werden sie gleich einige Zenti-meter größer.Die Ausbildungsqualität bei denAutobauern mit dem Stern gilt als hochwertig,entsprechend begehrt sind die Lehrstellen.Wer bei Daimler-Chrysler (DC) sein Berufsle-ben starten kann, hat gute Karten für die Zu-kunft.Das macht stolz.

Allein in den Montage- und Fertigungs-berufen hat die Autofirma im vergangenenJahr über 1000 Lehrlinge eingestellt.92 Pro-zent davon durchlaufen drei- und dreiein-halbjährige Ausbildungen. »Wir nehmenunsere gesellschaftliche Verantwortungwahr«, begründet etwa Johannes Bursch,Leiter der Berufsausbildung bei DC in Ra-

dungslehrgang »Maschinen- und Anlagen-führer (MAF)« solls möglich machen. Deraktuelle zweijährige Beruf des »Teilezurich-ters« – mehr für benachteiligte Kinder vonBeschäftigten gedacht – soll auslaufen.

»Ausbildung muss wirtschaftlicher sein«,heißt es in dem brisanten Papier. Es deutet an,

dass DC denqualifiziertenFacharbeiteroffenbar alsAuslaufmodellansieht. Der-zeit, bedauert

die DC-Personalführung, werde ein großerTeil der Daimler-Chrysler-Azubis »überquali-fiziert«, im Grunde genommen eine »Ver-schwendung«. Für zwei von drei Stellen in

statt,noch im vergangenen Jahr in metall dieDC-Philosophie.

Seit einer Personalleiterbesprechung imFrühjahr 2005 scheint diese Philosophie aufden Kopf gestellt.Auf dem Treffen hat die Kon-zernspitze einen Weg skizziert,der die bisheri-gen DC-Standards zurück in die Anfänge derIndustrialisierung katapultiert. Sollteder neue Weg eingeschlagen werden,würden andere schnell nachziehen.Die Ausbildungsqualität in der gesam-ten Automobilwirtschaft stünde aufdem Spiel.

Ausgehend von künftigen Anforde-rungen an das Personal, will DC den Anteilzweijähriger Schmalspur-Ausbildungen vonacht auf 42 Prozent pushen.Ein neu zu schaf-fender zweijähriger Schmalspur-Ausbil-

Fotos: GRAFFITI / STORZ

Die Ausbildungsqualitätin der gesamten Branchesteht auf dem Spiel.

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Daimler-Chrysler Personalchefs haben einen skandalösen Plan vorgelegt. Die Pläne erheben die Schmalspur-Ausbildung zum Konzept und propagierten die Renaissancestupider Fließbandarbeit. Die Betriebsräte in den Autofabriken sind entsetzt.

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Noch sind Ausbildungsplätze bei Daimler-Chrysler begehrt: Doch droht bald wieder stupide Fließbandarbeit?

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Report

2121

Ausbildung

Jugendlichen entgegen. Es gehtum tarifpolitische Verschlechte-rungen, es geht um die Zer-störung der gewachsenen Ar-beitskultur.« Wer aber die Grup-penarbeit zugunsten monotoner,einfacher Arbeitsvorrichten ab-schaffen wolle, mache alles ka-putt – ohne dass ein nachhaltigerErfolg garantiert wird.

Soweit will es der Betriebsratnicht kommen lassen. MetallerKeller, früher Ausbildungsmeis-ter,hat sich erstmal als Arbeitneh-mervertreter in die zuständigeProjektgruppe (»Anforderungenan die technische Berufsausbil-dung der Zukunft«) eingeklinkt.Dort soll auch das Ausbildungs-

konzept der Personalleitung beraten werden.Keller: »Ich sehe gute Chancen, die Diskus-sion in die richtige Bahn zu lenken und dasSchlimmste zu verhindern. Einen höherenAnteil zweijähriger Ausbildungsstellen wer-den wir auf alle Fälle verhindern.«<

Fritz Arndt

Nachgefragt . . .

metall: Die DC-Belegschaft ist überqualifi-ziert, behaupten die Personalchefs. Stimmtdas?Klemm: In der heutigen Zeit können Arbeit-nehmer gar nicht hoch genug qualifiziertsein, gerade im Automobilbau. Nur mit gutausgebildeten Menschen können wir gegenausländische Konkurrenz bestehen, keines-wegs über niedrige Löhne.metall: Ist Montagetätigkeit Facharbeit?Klemm: Natürlich, und das muss auch sobleiben. Wir werden die drei- und dreiein-halbjährigen Ausbildungen auf jeden Fallverteidigen. Viele Beschäftigte sind zwar oh-ne einen Metallberuf zu uns gekommen.Aber die haben über Jahrzehnte Erfahrungengesammelt, die mit einer Facharbeiter-Quali-fikation vergleichbar sind.metall: Will DC also weg von der Gruppen-arbeit?Klemm: Ja, vielleicht. Wir Gewerkschafter be-anspruchen ja möglichst ganzheitliche Aufga-ben, wir wollen über die Arbeit mitbestimmen,wie es die Gruppenarbeit ermöglicht. DC willoffensichtlich einen anderen Weg gehen. metall: In welche Richtung?Klemm: Als Leitbild dient offenbar Toyota.Dort ist die Arbeit in so genannte Eintakter zer-

stückelt. Nicht der Gruppensprecher organi-siert dabei die Arbeit, sondern ein vom Unter-nehmen eingesetzter Vorgesetzter.metall: DC will also zurück in die siebzigerJahre?Klemm: Nein, die Arbeitsbedingungen inden Siebzigern warenbesser als die aktuellenbei Toyota.metall: Angeblich kom-men zweijährigeSchmalspur-Ausbildun-gen Hauptschülern ent-gegen . . .Klemm: In der Tat habenJugendliche oft Schwie-rigkeiten, eine qualifi-zierten Ausbildung zuEnde zu bringen. Aberdeswegen darf die Aus-bildung nicht kürzerwerden. Vielmehr muss man sich dann mehrMühe geben, die Leute weiter zu bringen. metall: Wie lässt sich der Weg in die Sack-gasse stoppen?Klemm: Wir werden unsere Mitbestimmungs-rechte voll nutzen. Es darf nicht passieren,dass die Ausbildung verschlechtert wird.<

Ausbildung bei DC: Bald amerikanische Verhältnisse?

. . . bei Erich Klemm,Gesamtbetriebsrats-vorsitzender beiDaimler-Chrysler.

module ergänzen.Am grundsätzlichen Cha-rakter des rückwärts gewandten Konzeptsändert das allerdings nichts. Die Extra-Mo-dule sind nur für einen kleinen Teil der Aus-zubildenden vorgesehen. Und wo bleibendie anderen? »Niemand sollte glauben«, istVitt ganz sicher,»DC komme benachteiligten

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den DC-Werken – insbesondere bei der Stan-dardmontage mit ihren kurzen Taktzeiten –sei überhaupt keine Berufsaubildung erfor-derlich, bestenfalls Anlernzeiten zwischenacht Wochen und sechs Monaten.

Lediglich zehn Prozent der anfallendenArbeiten – beispielsweise Wartung und In-standhaltung – erforderten eine dreieinhalb-jährige Ausbildungszeit, warum also so vielequalifiziert ausbilden? Adieu Gruppenarbeit,bedeutet das, zurück zu den unmenschli-chen Fließbändern der 70er Jahre.

Die Betriebsräte sind aufgeschreckt. »DiePersonalchefs«, glaubt Michael Keller, stell-vertretender Betriebsratsvorsitzender bei DCin Wörth und Vorsitzender der »Kommissi-on für Berufsbildung und Qualifizierung«(KBQ), »wollen wohl die Praxis aus Tosca-loosa kopieren.« In dem DC-Werk in Alaba-ma (USA) werden die Montagearbeiter vomStaat vorqualifiziert und anschließend vierbis sechs Wochen im Betrieb trainiert.Keller:»Unter dieser Praxis leidet die Qualität. Stän-dig sind Hundertschaften europäischerTechniker drüben unterwegs, um die Fehlerangelernter Monteure auszubügeln.«

Auch die Ausbildungsexperten bei der IGMetall sind entsetzt. Erwin Vitt, Mitglied desgeschäftsführenden IG Metall-Vorstands:»Dieses Konzept ist einzig und allein vondem Gedanken getragen, die Lohnkostendurch Abqualifizierung zu senken – eineSackgasse. Denn hochwertige Autos kannman nur mit gut qualifizierten undhochmotivierten Mannschaften bauen.«

Gerade im deutschen Kraftfahrzeugbau hatdaher der Anteil von Facharbeitern in den ver-gangenen Jahren zugenommen: zwischen2000 und 2003 von 35 auf über 40 Prozent.Das war auch nötig.Denn die immer komple-xeren Teil-Systeme der Automobile stellen zu-nehmende Anforderungen an die Montage.

Vor diesem Hintergrund erscheint dasKonzept der DC-Personalleitung, das quali-fizierte Ausbildungen offenbar nur noch fürwenige Spezialisten vorsieht, erst recht sus-pekt. Für Franz Lehner, den Präsidenten desGelsenkirchener Instituts für Arbeit undTechnik (IAT), gehören Belegschaften miteinem hohen Anteil Gering- oder Unqualifi-zierter eher Epochen frühindustrieller Ar-beitsweisen an – »die Welt der Massenpro-duktion, die eine kleine gebildete Elitebraucht und sonst mit Masse ohne Klasse zu-frieden ist«. Die moderne Industrieproduk-tion erfordere aber »Masse mit Klasse, alsoqualifizierte Arbeitskräfte auf allen Ebenen«.

DC will seine zweijährigen Schmalspur-Kurse zwar durch zusätzliche Ausbildungs-

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Branchenreport

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ie Tischlerei Behrens befindetsich mitten in der größten Kriseihrer 118jährigen Geschichte.

Der Betrieb im niedersächsischen Salzgitterist durch die gute Zusammenarbeit mit derregionalen Wohnungswirtschaft groß ge-worden. Doch der bislang größte Kunde, diePreussag Immobilien GmbH (PSI) mit

18000 Miet-wohnungen,hat seit Ende2004 neue Ei-gentümer.Und kündigteKnall auf FallAnfang 2005die schon 70Jahre währen-de Zusammen-arbeit. EinDrittel des mo-natlichen Um-satzes war weg.Die Nerven lie-gen blank.Fünf von 35Beschäftigtenhaben bereitsdie Kündi-gung. »Das istbitter«, sagt

Betriebsrat Robert Selent, »doch genügendneue Aufträge fehlen.« Der 35-jährige hatvor 19 Jahren seine Ausbildung zum Bau-und Möbeltischler in dem Betrieb begon-nen, ist danach ununterbrochen dort als Ge-selle beschäftigt.

Als Obermeister der Tischlerinnung Salz-gitter weiß sein Chef Joachim Neumann

sehr wohl,dass andere Betriebe die Struktur-veränderungen der vergangenen Jahre we-niger gut überwunden haben: »Seit 1992sind ein Drittel der Arbeitsplätze weggefal-len.Über 100 000 Stellen sind weg.« Ein we-sentlicher Grund dafür ist die Verlagerungauf die neue und billigere Konkurrenz vonKleinst-Montagebetrieben.

Insbesondere bei den handwerklichenDienstleistungen sind 1994 durch die No-vellierung der Handwerksordnung mit denseitdem unter vereinfachten Bedingungenzugelassenen Montagebetrieben zusätzlicheKonkurrenten auf den Markt gekommen.Siedürfen zwar keine eigene Werkstatt unter-halten, können aber durch den Einbau zuge-kaufter Produkte oder Reparaturen vor Ortin verschiedenen Konkurrenzfeldern zuTischlereien tätig werden. Besonders auf-grund der zumeist geringeren Fixkostenbieten Montagebetriebe deswegen ihre Leis-tungen oft deutlich preiswerter an.

Schon vor der deutschen Vereinigung gabes immer weniger Tischlerbetriebe. Mit derWiedervereinigung stieg die Anzahl derTischlerbetriebe zunächst sprunghaft an.Ab1995 waren die in den neuen Bundeslän-dern vorhandenen Tischlereien komplett indie Statistik einbezogen. Seit 1997 verrin-gerte sich die Anzahl der Tischlereien jedochwieder, wobei sich dieser Rückgang seit

Strukturveränderungen kennzeichnen dasdeutsche Tischlerhandwerk. Im Jahr 2000war es noch das viertgrößte Gewerk. In-zwischen ist es mit nur noch etwa 42000Betrieben auf den sechsten Platz abge-rutscht. Auch eine Folge der schlechterenBaukonjunktur: Über 70 Prozent der Auf-träge kommen aus dem Wohnungsbau.Verlässliche Statistiken über die Beschäf-tigtenzahl existieren allerdings nicht. DieAngaben schwanken zwischen 190000und 260000 Beschäftigten.

Tischlerhandwerk: Die miese Baukonjunktur machen der Branche zu schaffen

Tischlerhandwerk

Konkurrenz statt Kooperation

Branchenreport

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kampf deutlich besser da und können beiDumpingpreisen aus Billigländern mithal-ten.« Und verstärkte Kooperation mit ande-ren Betrieben des Tischlerhandwerks,wie sieder IG Metall-Bran-chenreport emp-fiehlt? Die suchtauch Behrens-ChefNeumann, verweistaber auf die Konkur-renzsituation undauf Widerstände:»Andere Betriebelassen sich nichtwirklich gerne indie Karten schau-

en.« Offene Kommunikation ist aberGrundvoraussetzung für erfolgreiche Zu-sammenarbeit.<

Andreas Uphues

Branchenreport

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gebetrieben, wodurch dann auch die Wert-schöpfung der Tischlereien sinkt.metall: Und warum wird der drastische Stel-lenabbau des deutschen Tischlerhandwerksin der Öffentlichkeit kaum diskutiert?Abel: Das liegt sicherlich auch daran, dass imwesentlichen kleine Unternehmen betroffensind. In rund 80 Prozent der verbliebenen gut42000 Betriebe arbeiten weniger als zehn Be-schäftigte. Einzelne Kündigungen oder auchUnternehmenspleiten werden deswegen wohlweniger wahrgenommen.metall: Und welche Rolle spielen Tarifverträgefür die kleinen Unternehmen?Abel: Im Rahmen meiner Promotion habe ichzum Beispiel festgestellt, dass Tarifverträgeentgegen landläufiger Meinung doch einesehr große Rolle spielen. Es scheint so, dassviele Chefs im Tischlerhandwerk – sogar dienicht mehr verbandsgebunden – sie als außer-ordentlich hilfreiche und verlässliche Rah-menbedingung für das Wirtschaften im Klein-betrieb nutzen.<

metall: Wie reagierendie Betriebe des pro-duzierenden Tischler-handwerks auf Nach-fragerückgang undStrukturwandel in ih-rer Branche?Abel: Bisher bewegensich die meisten

Tischlereien ebenso wenig wie das Kanin-chen vor der Schlange. Strategische Konzep-te für die Zukunft sind in den Werkstattbe-trieben eher die Ausnahme. Die typische Re-aktion ist das klassische »Durchwursteln«.Frühere Kunden beauftragen immer häufigerkostengünstigere Montagebetriebe, die kei-ne Werkstatt haben und deshalb meistenspreiswerter sind.metall: Und alte Kundenbindungen gehenverloren?Abel: Genau. Inzwischen werden traditions-reiche Handwerksbetriebe sogar immer häu-figer zu Subunternehmen von jungen Monta-

metall sprach mit dem Sozialwissenschaftler Roland Abel. Dem Autordes IG Metall-Branchenreports »Das Tischlerhandwerk im Wandel«

»Keine Konzepte für die Zukunft«1999 weiter beschleunigt. Zwischen 1997und 2003 ging die Zahl der Betriebe um fastsechs Prozent zurück. Gründe dafür sind diekonjunkturelle Krise, insbesondere im Bau-und Ausbaugewerbe, aber auch die verän-derte Konkurrenzsituation, unzureichendestrategische Konzepte in vielen Betriebenund den Arbeitgeberverbänden, aber auchdie geringe Veränderungsbereitschaft dort.

»Immense Umsatzrückgänge der Tischle-reien, ein noch viel drastischerer Abbau derBeschäftigten sowie immer mehr Betriebs-schließungen, aber auch die zunehmendeKonkurrenz erfordern ein Umdenken in den-jenigen Tischlereien, die sich derzeit noch imWettbewerb behaupten«, heißt es in demBranchenreport der IG Metall (siehe Info).

Innovation ist gefragtEin Fazit der Studie ist auch, dass die Krisensich eben nicht durch Absenken von Tarif-standards oder Einschnitte bei Arbeitneh-merrechten bewältigen lassen. »Innovative,zukunftsweisende Ideen und Vorschläge fürein modernes Tischlerhandwerk müssen aufsystematische Planung, kompetente Be-triebsführung, Sicherung von Qualifizie-rungs-Know-how und Reaktionsfähigkeitauf den dynamisch verlaufenden Verdrän-gungswettbewerb ausgerichtet sein.« Quali-fizierung,Ausbildung, Standortmodernisie-rung, neue Werkstoffe, Forschung- und Ent-wicklung sowie altersgerechte Arbeit undGesundheitsschutz heißen die Schlagwörterder Zukunft. Und Kooperation: mit Beleg-schaften, Betriebsräten und Gewerkschaft,mit Kunden und anderen Betrieben.

Kooperation, die teilweise in den vergan-genen Jahren bei der Tischlerei Behrensfunktionierte. Innovativ und vertrauensvollkooperierte die Tischlerei beispielsweise mitdem früheren Kunden PSI: Behrens rief dortelektronisch Aufträge ab und buchte dannRechnungen bei dem Wohnungsunterneh-men selber ein. Das sparte bei PSI Verwal-tungskosten.Bereits seit den 30er Jahren wardas Wohnungsbauunternehmen Auftragge-ber. Joachim Neumanns Großvater ArthurBehrens hatte den in diesem Jahr verlorenenKunden akquiriert.

Robert Selent lobt, dass sein Chef sich umdie zeitgemäße Weiterentwicklung des Be-triebs kümmert. Sehr frühzeitig sei etwa inmoderne Produktionsmaschinen investiertworden. In der Werkstatt steht ein elektro-nisch gesteuertes Fertigungszentrum, mitdem kostengünstig Möbel, Fenster und an-dere Holzbauteile hergestellt werden kön-nen. »Damit stehen wir im Konkurrenz-

Branchenreport

Interview

Foto

: FM

Auf knapp 60 Seiten werden im IG Metall-Branchenreport 16 »Das Tischlerhandwerk imWandel« die Beschäftigungsbedingungen und veränderten Geschäftsstrategien des deut-schen Tischlerhandwerks dargestellt und analysiert. Der Report präsentiert die Ergebnisseeines Forschungsprojekts der Hans-Böckler-Stiftung (siehe auch www.tischlerprojekt.de).Darin wurde der Strukturwandel im Tischlerhandwerk untersucht. Der Report ist im Ressort»Holz und Kunststoff« beim IG Metall-Vorstand erhältlich ([email protected]).<

Innovation statt Absenkung der Tarifstandards ist gefragt

Report über Strukturwandel

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Kontakt haltenZiehen Sie sich auf keinen Fall von Ihrer ar-beitslosen Freundin oder Ihrem arbeitslosenFreund zurück,raten Initiativen wie die Koor-dinierungsstelle gewerkschaftlicher Arbeits-losengruppen.Tun Sie auch nicht so, als wärenichts, sondern sprechen Sie an, was passiertist. Die meisten Arbeitslosen wollen darüberreden – ihnen ist es viel peinlicher,das Themaeinfach auszusparen. Warten Sie auch nichtdarauf, dass der andere sich von sich aus mel-det, »wenn er den Schreck verdaut hat«, son-dern machen Sie den ersten Schritt.Wer seineStelle verliert,hat zwar zunächst einmal mehrZeit als seine berufstätigen Freunde.Viele zö-gern aber genau deshalb, auf ihre Freunde ingewohnter Weise zuzugehen. Sie habenAngst,die vermeintlich viel beschäftigten An-deren zu »nerven«. Deshalb: Melden Sie sichmindestens ein Mal pro Woche bei IhremFreund und schlagen Sie ihm eine Verabre-dung vor. Das kann abends oder am Wochen-ende, aber auch tagsüber an Werktagen sein.

Zwei hören mehrJeder Arbeitslose hat Anspruch darauf, zur Ar-beitsvermittlung, zum Sozialamt oder zu an-deren Behörden eine Begleitperson mitzu-bringen.Wenn Sie es sich zeitlich einrichtenkönnen, bieten Sie an, mitzukommen. ZweiPersonen hören oft mehr als eine, könnensich austauschen und auch geis-tesgegenwärtiger reagieren. Fallses mit dem Amt hinterher Unei-nigkeit gibt (beispielsweise darü-ber, ob die Urlaubstage korrektgenannt wurden), ist es nützlich,einen Zeugen zu haben.Nicht zu-letzt wird der Umgangston oftsachlicher und auch freundlicher,wenn außer dem Arbeitsvermitt-ler sowie dem Erwerbslosen nochjemand im Raum ist.

metall 9/200524

Ratgeber

Vier von fünf Deutschen bangenlaut einer aktuellen Studie umihren Job. Sie empfinden diehohe Arbeitslosigkeit als dring-lichstes Problem. Wer danntatsächlich die Kündigungbekommt, braucht vor allemeins: schnell einen neuen Jobund die Solidarität von Partner,Freunden sowie Verwandten.

Job weg, aber Freundschaft hilft

sante Veranstaltungen und Messen zu besu-chen. Geben Sie Einladungen oder Flugblät-ter weiter, wenn Sie welche finden. So bleibtder andere im Gespräch, kann Kontakteknüpfen und Netzwerke bilden.

Zeit für die KinderWenn die oder der Arbeitslose Kinder hat,können Sie der ganzen Familie etwas Gutestun, wenn Sie ab und zu etwas mit den Klei-

nen unternehmen. Ein sonntäglicherAusflug in den Wald oder zum Zoo istfür die Kinder oft ein Highlight, dennsie spüren die bedrückte Atmosphärezu Hause. Ermuntern Sie die Eltern,auch mit kleinen Kindern offen überdie Ursachen von Geldmangel undschlechter Stimmung zu sprechen.Dann beziehen sie es nicht auf sich,wenn die Eltern gereizt, traurig oderungeduldig sind.

Infos und Anregungen gebenSparen Sie bei persönlichen Gesprächen dieSituation in Ihrem eigenen Job nicht aus,sondern erzählen Sie von Ihrem Arbeitsall-tag. Genau solche Anregungen und Informa-tionen, manchmal auch »Klatsch undTratsch«, fehlen dem anderen jetzt. Ermun-tern Sie ihn deshalb auch, sich der IG Metallund einem Berufsverband anzuschließen,eine Weiterbildung zu machen oder interes-

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metall 9/2005 25

Standbeine stärkenBetonen Sie gegenüber Ihrem Freund, dassder Job zwar wichtig, aber nur ein Standbeinvon mehreren ist.Welche Menschen,welche

Aktivitäten,welche Ziele sindihm mindestens genausowichtig? Was wollte IhrFreund »schon immer malmachen«, wofür er aber an-scheinend nie die Zeit hatte?Vielleicht eine neue Sprachelernen? Sich endlich einmalgründlich mit den Möglich-keiten seines Computers ver-traut machen? Tatsächlicheinmal einige Tage mit sei-nem Patenkind verbringen?Jetzt ist der Augenblick.

SelbstbewusstseinaufbauenErinnern Sie ihn an andereschwere Situationen in sei-nem Leben, die er schon ge-meistert hat. Geben Sie ihmdie Biografie eines Menschenzu lesen, der eine Krise ver-kraftet hat und daran ge-wachsen ist. Weisen Sie ihnauf Gelegenheiten hin, seineKenntnisse und Fähigkeitenehrenamtlich einzusetzen.Dort gibt es eine so breite Pa-lette an Möglichkeiten, dassman sich das heraussuchenkann, was nicht nur nützlich

ist, sondern auch Spaß bringt. Gemeinnützi-ge Arbeit erweitert den Horizont. Ehrenäm-ter machen zufrieden. Man wird gebrauchtund schafft wertvolle Kontakte. Außerdemist ehrenamtliches Engagement ein dickerPluspunkt im Lebenslauf, mit dem man viel-leicht sogar eine andere Schwachstelle aus-gleichen kann.

BestandsaufnahmeBilanzieren Sie mit dem Betroffenen, was anseiner neuen Situation negativ ist – und waspositiv.Welche neuen Perspektiven bringt es,dass der alte Job weg ist? Bestimmt gab esschon Situationen, in denen Ihr Freund mitdem Gedanken gespielt hat, sich eine andereStelle zu suchen, aus welchen Gründen auchimmer. Schreiben Sie gemeinsam auf, wasihm an der alten Stelle gefallen, aber auch,was er vermisst hat. Entwickeln Sie dann ge-meinsam das Wunschprofil seiner neuen Stel-le. Welche Qualifikationen bringt er jetztschon mit? Welche kann er jetzt erwerben

zeigen, aber auch für sportlicheAktivitäten oder Weiterbildungverleihen dem Tag Struktur undgeben das Gefühl, etwas Sinnvol-les zu tun.Vielleicht ist es ja auchmachbar,dass Sie täglich zu einervereinbarten Zeit fünf Minutenmiteinander telefonieren. Eingeregelter Alltag schafft Selbst-bewusstsein, und es wird IhremFreund leichter fallen, sich wie-der in eine feste Stelle einzufin-den.

Es geht nicht um SchuldSo bedrückend die hohe Arbeitslosenratezwar ist, aber das Phänomen Arbeitslosigkeitist kein Tabuthema mehr. Betonen Sie, dasssich kein Arbeitsloser zu verstecken braucht.Es ist ja höchstwahrscheinlich nicht seineSchuld, dass die Stelle verloren ging. Deshalbbraucht er sich auch nicht in Selbstvorwür-fen zu zerfleischen. Arbeitslosigkeit kannheute jeden betreffen.<

Barbara Erbe

und wie? Das lenkt den Blick auf die Chancen,die die neue Situation birgt. Schließlichbedeutet »arbeitsuchend« nicht unbedingt»arbeitslos«.

Tagesrhythmus findenBestärken Sie Ihren Freund darin, einenselbst organisierten, stabilen Tagesrhythmuseinzuhalten: Feste Zeiten für Mahlzeiten,fürs Studium von Zeitungen und Stellenan-

Hier gibt es Rat und Hilfe

Koordinierungsstelle gewerkschaftlicherArbeitslosengruppenMärkisches Ufer 2810179 BerlinTelefon: 030–868767-00Fax: 030–8687670-21E-Mail: [email protected] : www.erwerbslos.de Die Koordinierungsstelle leistet keine Ein-zelberatung. Sie vermittelt Kontakt zu örtlichen Beratungsstellen und Selbsthilfe-gruppen, verteilt Info-Material und organi-siert Seminare, Kurse sowie Aktionen. DieInternetseite bietet umfassende und aktuelle Informationen und ist auch miteiner Suchmaschine ausgestattet.

Deutsche Hilfe für Kinder von ArbeitslosenWolfgang LütjensSchmuckshöhe 4b22337 HamburgTelefon: 040–7658022 (Mo. bis Fr. 10 bis 12 Uhr)E-Mail: [email protected]: www.dhk-kinderzukunft.deHier gibt’s Beratung, Vermittlung von Selbst-hilfegruppen, Kursen und Veranstaltungen.

Arbeitslosenverband Deutschland e.V. –BundeskoordinierungAnsprechpartner: Rüdiger MikeskaWalter-Heinze-Straße 2704229 LeipzigTelefon: 0341–5831651Fax: 0341–9618440E-Mail: [email protected] : www.Arbeitslosenverband.org Beratung, Hilfestellung, Selbsthilfean-gebote, Informationen, Veranstaltungen und Kurse, besondere Angebote für Jugend-liche und Angehörige.

Frankfurter Arbeitslosenzentrum Friedberger Anlage 24 60316 Frankfurt Telefon: 069–700425 (zwischen 9 und 16 Uhr)Fax: 069–704812E-Mail: [email protected] gibt’s vor allem Informationen am Telefon.

Noch mehr HilfeDie Internetseite www.arbeitslos-hilfe.debietet Berichte von Betroffenen sowie dieMöglichkeit zu Austausch und Diskussion.<

Ratgeber

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metall 9/200526

Ratgeber

gang Rose, der ACE-Vorsitzende.Deshalb bedeutet für den ACEMobilität mehr als nur mit demAuto zu fahren. »Wir tun dies,indem wir Mobilität nicht als ei-nen Wert für sich alleine be-trachten, sondern diese in einensozialen und ökologischen Zu-sammenhang stellen.«

Der ACE hat den DeutschenVerkehrssicherheitsrat mitbe-gründet, ist bei der DeutschenVerkehrswacht dabei und veran-staltet den jährlichen Verkehrs-gerichtstag in Goslar mit – allesAktivitäten, die über die Aufga-

ben eines rei-nen Automo-bilclubs hin-ausgehen.Statt durch einzweifelhaftesEngagementim Motor-sport öffentli-che Wahrneh-mung zu er-langen, bietetder ACE liebereinen günsti-

Vor 40 Jahren wurde in Münchender ACE Autoclub Europa gegrün-det. Es waren die Hauptkassiererder deutschen Gewerkschaften,die den ACE ins Leben riefen.Über die klassischen Aufgabenhinaus sollten Mitglieder mitService gewonnen werden.Gerade mal 18 Beschäftigte und26000 Mitglieder zählte der»Automobilclub der Gewerk-schaften« in seinem Grün-dungsjahr. Heute betreuen 250Beschäftigte zum Teil rund umdie Uhr über 550000 Mitglie-der und ihre Familienangehöri-gen und helfen beiPannen sowie beiProblemen in Sa-chen Mobilität.»Wir sehen uns imJubiläumsjahr inder Verantwor-tung, die Entwick-lung der mobilenGesellschaft ver-nünftig mitzuge-stalten«, sagt Wolf-

seinem Arbeitgeber zurück ver-langte. Bundesarbeitsgericht (BAG) –1 AZR 133/04 vom 26. 6. 2005.

ArbeitsverträgeEine Klausel in allgemeinenGeschäftsbedingungen kannfestlegen, dass Preisnachlässefür Einkäufe durch Beleg-schaftsangehörige entfallen,wenn Arbeitsverhältnisse vorAblauf bestimmter Fristen en-den. Eine solche Klausel ist nurdann wirksam, wenn die Vor-aussetzungen für den Wegfallklar und verständlich darge-stellt werden und die Höhe des

Preisnachlasses, den der Ar-beitgeber zurückfordert,leicht ermittelt werden kann.LAG Düsseldorf – 9 Sa1782/04 vom 4. 3. 2005.

ArbeitszeitAuf Betreuungspflichten derBeschäftigten, muss der Ar-beitgeber bei der Arbeitszeit-wahl Rücksicht nehmen. Aus-nahme: Der gewünschten Ar-beitszeitverteilung stehen be-triebliche Belange oder berech-tigte Interessen anderer Be-schäftigten entgegen.LAG Rheinland-Pfalz – 10 Sa820/04 vom 19. 1. 2005.

Urteile

ArbeitskampfArbeitgeber können Beschäf-tigten mit Gleitzeitregelun-gen für die Teilnahme anStreiks keinen Lohn abziehen,wenn sie sich im Zeiterfas-sungssystem abgemeldet ha-ben. Ein Arbeitnehmer, dersich »ausgestempelt« hat,streikt im rechtlichen Sinnenicht. Streik ist die‚« Vorent-haltung der während der Dau-er der Streikteilnahme ge-schuldeten Arbeitsleistung«. Damit gab das Gericht einemMetall-Arbeitnehmer ausSchleswig-Holstein Recht, derden abgezogenen Lohn von

Mehr als nur ein »Auto«Bilderbuch RuhrgebietDas Bilderbuch zeigt wie»Neues Leben in altenBuden« entstanden ist.Indem den Fotos von Voll-mer alte Aufnahmen ausden 20er bis 50er Jahrengegenüber gestellt wer-den, kann man ahnen,wie Menschen in denRäumen schufteten, dieheute zum Verweilen ein-laden. Damit kann mansich die Wandlung desRuhrgebiets lebhaft vor-stellen. In den ehemali-gen Fabrikationsstättensind Kneipen, Museenund Freizeitstätten alsTreffpunkt für Jung undAlt entstanden.Bilderbuch Ruhrgebiet.Manfred Vollmer / Wolf-gang Berke, Klartext-Ver-lag, 2005, 24,90 Euro.<

Teufel, Kulis, KapitäneDas Mitbestimmung schon vonder Gründung der Bundesrepu-blik um-kämpft war,wird in demneu erschie-nenen Kari-katuren-band deut-lich. Gerade die plattesten Ar-gumente der Mitbestimmungs-gegner wurden von Zeichnernwie Leger und Wolter mit spit-zer Feder der Lächerlichkeitpreisgegeben. Der holprigeWeg der Entstehung der Mitbe-stimmung wird hier ebensoaufs Korn genommen wie dieunterschiedlichen Vorstellun-gen der Parteien.Teufel, Kuli, Kapitäne. Zusam-mengestellt: Udo Achten, Klar-text Verlag, 2005, 14,90 Euro.<

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Weitere Informationen im Internet >www.ace-online.deoder direkt beim ACE, Schmide-ner Straße 227, 70374 Stuttgart.

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Neben dem Service-Paketrund ums Auto mit Pannen- undAbschlepphilfe sowie dem Ver-kehrsrechtsschutz bietet der ACEseinen Mitgliedern auch einenpreiswerten Reiseservice. Mitdiesen Angeboten ist der Au-toclub Europa für die weitereZukunft gut aufgestellt.<

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Ratgeber

metall 9/2005 27

Nachdenken, nicht nachlegendie Hintergründe des Reform-wahns auf. Aber er kritisiert nichtnur, sondern zeigt auch Wege ausder Krise auf.

Albrecht Müller ist den Aussa-gen über den Zustand unseresLandes auf den Grund gegangen.Er stellt fest: Wenn wir auf Investi-tionen setzen und das Vertrauenin die eigene Wirtschaft stärken,anstatt den Staat kaputt zu spa-ren und den Sozialstaat zu schlei-fen, wäre die Krise rasch beendet.Die Reformlüge. 40 Denkfehler,Mythen und Legenden, mit denenPolitik und Wirtschaft Deutsch-land ruinieren. Albrecht Müller,Knaur Taschenbuch, 2005, 416Seiten, 8,95 Euro.<

ArbeitskampfDen Buchumschlag ziert RobertKoehlers Ölgemälde »Der Streik«von 1886, ein riesiges Historien-bild, 1,82 Meter hoch und 2,76Meter breit. Dieser Schinkenpasst zum Buch: Es umfasst 783Seiten. Sein Autor Michael Kitt-ner, 63, ehemals Professor fürWirtschafts-, Arbeits- und Sozial-recht an der GesamthochschuleKassel, Justiziar der IG Metall undGeschäftsführer der Otto-Bren-ner-Stiftung, hat die erste Ge-samtdarstellung des Arbeits-kampfs in Deutschland vorgelegt.

Sein »Arbeitskampf« hat dasZeug zum Standardwerk – es gibtkein vergleichbares Buch. Kittnerberichtet über mehr als 65 be-kannte und unbekannte, erfolg-reiche und gescheiterte Arbeits-kämpfe.

»Streik« ist ein Synonym für»Verteilungskämpfe« zwischenArbeit und Kapital, seine Ge-schichte ein Spiegelbild der poli-tischen Kräfteverhältnisse, dieKittner mit derDarstellung desArbeitskampf-rechts komplet-tiert. Der Autorleistet sich kei-nen verklärtenBlick zurück aufruhmreiche Zei-ten. Er zieht ei-ne nüchterne Bilanz – und kommtzu eher pessimistischen Schluss-folgerungen: Fortschritt im Sinnezunehmend rationaler ausgetra-gener Verteilungskonflikte gibtes nicht.

Die Systemkonkurrenz vonKommunismus und Kapitalismus,von der die Arbeitnehmer profi-tiert haben, ist vorbei. Ebensodie Prosperität der alten Bundes-republik, sagt der Autor. Arbeitskampf. Michael Kittner,C.H. Beck, München 2005,39,90 Euro.<

legen. Auch die Entscheidungvon Bundeskanzler GerhardSchröder (SPD) Neuwahlen anzu-streben, wurde mit der Absichtbegründet, sich die Fortsetzungseines »Reformkurses« durch denWähler bestätigen zu lassen. Des-halb bleibt das Buch Müllers – lei-der – aktuell.

Die Arbeitslosigkeit wächst,der Aufschwung lässt auf sich

warten. Trotz »Re-formen« ohne Ende.Werden immer wie-der neue Reformengebraucht, obwohldie alten nichts ge-bracht haben? Al-brecht Müller zeigt

Eine andere Politik ist möglich

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Buch +++ Das politische Buch +++ Das politische Buch +++ Das politische Buch +++

»Albrecht Müller vertritt sehr ent-schieden eine Politik, die nichtresigniert, sondern sich auf dasPotenzial besinnt, das wir inDeutschland haben.« So würdig-te der CSU-Sozialpolitiker HorstSeehofer das Buch »Die Reform-lüge« von Albrecht Müller bei derersten Vorstellung im August desvergangenen Jahres. Jetzt ist Mül-lers Buch in einer aktualisiertenTaschenbuchausgabeneu erschienen.

Die Reformpolitikgeht weiter. Jede Mel-dung über ihre Erfolg-losigkeit führt nicht et-wa zum Nachdenken,sondern zum Nach-

Kokerei Zollverein in Essen: Schlittschuhlaufen auf dem ehemaligen Löschbecken

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metall 9/200528

Christoph Butter-wegge über die Krisedes Sozialstaats

ihn finanziell zu-nehmend über-fordere. Dabei be-sitzt die Bundes-republik schonlange nicht mehr

den großzügigsten SozialstaatEuropas. Sie ist gegenüber denmeisten alten EU-Mitgliedsstaa-ten weit zurückgefallen und ran-giert höchstens noch im unterenMittelfeld (Platz 8 oder 9 von15). Die Sozialleistungsquote(Anteil der Sozialausgaben amBruttoinlandsprodukt) liegtnicht höher als Mitte der 70erJahre, obwohl die Arbeitslosig-

keit seither stark gestiegen ist unddie Lasten der Vereinigung hin-zugekommen sind.Trotz zahlrei-cher Medienberichte über spek-takuläre Einzelfälle hält sich derMissbrauch des Wohlfahrtsstaatsin Grenzen. Aber so lenkt manvom größeren Missbrauch in an-deren Bereichen (Steuerer-klärungen von Spitzenverdie-nern und Kapitaleigentümernoder Subventionsschwindel) ab.

Durch die sinkende Gebur-tenrate der Deutschen einerseitsund die steigende Lebenserwar-tung wegen des medizinischenFortschritts andererseits wür-den die sozialen Sicherungssys-teme (Renten-, Pflege- undKrankenversicherung) destabi-lisiert. Die demografische Ent-wicklung verdüstert sich inMedien und Politik zumSchreckensszenario. Der politi-sche Kampfbegriff »Generatio-nengerechtigkeit« lenkt abervon einer wachsenden Un-gleichheit innerhalb aller Gene-rationen ab. Die soziale Scheide-linie verläuft nach wie vor, jamehr denn je zwischen Armund Reich, nicht zwischen Jungund Alt. Statt aus einer Verände-rung der Altersstruktur resultie-rende Schwierigkeiten solida-risch (zum Beispiel durch dieErhöhung der Beitragsbemes-sungsgrenze und die Verbreite-rung der Basis des Rentensys-tems, also die Einbeziehung von

DerSündenbockSozialstaat

«

»Man verwechselt Ur-sache und Wirkung, wenndie Lohnnebenkostenfür die Arbeitslosigkeitverantwortlich gemachtwerden.«

Sein LebenslaufChristoph Butterwegge leitetseit 1998 die Abteilung für Poli-tikwissenschaft an der Univer-sität zu Köln. Er wurde 1951 inAlbersloh/Westfalen, geboren.Seine Forschungsschwerpunk-te: Globalisierung, Sozial-staatsentwicklung und Armut,Migration, Rechtsextremismus,Rassismus und Gewalt.

Sein aktuelles Buch»Krise und Zukunft desSozialstaates«Das Buch untersucht die Sozial-staatskrise. Butterwegge stelltZusammenhänge zwischen derGlobalisierung, dem demogra-fischen Wandel sowie den Stra-tegien der Lobbyisten her. Under analysiert die rot-grüne Sozi-alpolitik. Seine Bilanz: Die bis-herige Sozialpolitik wird denSozialstaat nicht retten. Außer-dem beschreibt ButterweggeAlternativen wie die Bürgerver-sicherung sowie die Abkopp-lung der sozialen Sicherungvon der Erwerbsarbeit.

Über die Ursachen unddie Hintergründe derSozialstaatkrise VS Verlag, 2005,240 Seiten, 22,90 Euro

Arbeitnehmer brauchen ein hohes Maß an sozialer Sicherheit

»

eit der Weltwirtschafts-krise 1974/75 wird derWohlfahrtsstaat zum Sün-

denbock einer verfehlten Regie-rungspolitik gemacht. GerhardSchröders »Agenda 2010« warder bisherige Höhepunkt einerEntwicklung, die unter HelmutSchmidt begonnen hat. Die sogenannten Hartz-Gesetze brach-ten Änderungen im Arbeits- und

S Sozialrecht mit sich, die dasLohn- und Gehaltsniveau nega-tiv beeinflussen. Die letztlichaber auch das politische Klimader Bundesrepublik belasten.Begründet wird der »Reform-prozess« in aller Regel mit Na-turgesetzen gleichenden Sach-zwängen.

Der deutsche Wohlfahrtsstaatsei »zu freigiebig«, heißt es, was

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Monatsökonom

Selbstständigen, Freiberuflernund Beamten) zu bewältigen,missbraucht man sie als Hebelzur Durchsetzung von »Spar-maßnahmen«.

Infolge der verschärften Welt-marktkonkurrenz müsse derkränkelnde »Standort D« ent-schlackt und der Sozialstaat»verschlankt« werden, wolleman konkurrenzfähig bleiben.Gerade die Bundesrepublik, de-ren exportorientierte Volkswirt-schaft zu den Hauptgewinnerndes Globalisierungsprozesseszählt, kann sich einen ent-wickelten Sozialstaat aufgrundihres kontinuierlich wachsen-den Wohlstands, der allerdingsimmer ungleicher verteilt ist,weiterhin leisten. Sie darf ihnschon deshalb nicht abbauen,weil Arbeitnehmer ein hohesMaß an sozialer Sicherheit fürsich und ihre Familien brau-chen, wenn sie geografisch mo-

bil und beruflich flexibel seinsollen. Demokratie und innererFrieden sind gefährdet, wenndie Kluft zwischen Arm undReich nicht noch tiefer wird.

Behauptet wird,der Sozialstaatsei »unsozial«,weil er den FaktorArbeit übermäßig verteuere, dieErwerbslosig-keit vergrößereund das Ge-genteil seineseigentlichenZiels bewirke.Unsozial istaber nicht derSozialstaat, sondern eine Gesell-schaft, die sich seiner mit der Be-gründung zu entledigen sucht,ersei nicht mehr finanzierbar, ob-wohl sie heute so reich ist wie niezuvor. Zwar befindet sich der So-zialstaat in einer Krise, er ist abernicht für die sogar im Konjunk-turaufschwung kaum noch sin-kende Arbeitslosigkeit verant-

wortlich.Vielmehr leidet der So-zialstaat selbst am meisten unterden Krisenerscheinungen eineskapitalistischen Wirtschafts- undGesellschaftssystems, das keinenhohen Beschäftigungsstandmehr zu gewährleisten vermag.Zu schaffen machen ihm dane-

ben vor al-lem die ex-trem nied-rige Lohn-quote (un-ter 70 Pro-zent, Ge-winnquote

über 30 Prozent des Bruttoin-landsprodukts) und die Struk-turprobleme in Ostdeutschland.

Man verwechselt Ursacheund Wirkung, wenn die Lohn-nebenkosten für die Massen-arbeitslosigkeit verantwortlichgemacht werden. Die steigendeErwerbslosigkeit zieht relativhohe Lohnnebenkosten nach

sich, nicht umgekehrt. Leichtwiderlegen lässt sich auch dasDogma, mit den Lohnnebenkos-ten sinke die Arbeitslosigkeit. Eskommt nämlich gar nicht aufdie Höhe der Personalzusatzkos-ten, etwa der Arbeitgeberbeiträ-ge zur Sozialversicherung, an.Entscheidend ist die Höhe derLohnstückkosten, welche in derBundesrepublik aufgrund einerüberproportional wachsendenArbeitsproduktivität stärker alsin fast allen mit ihr auf den Welt-märkten konkurrierenden Län-dern sanken, was im letzten Jahrzu einem Rekordexportüber-schuss von 156,7 MilliardenEuro führte. Hinge das Wohlund Wehe einer Volkswirtschaftvon möglichst geringen Lohn-nebenkosten ab, müssten inBangladesch oder Burkina Fasodauerhaft Vollbeschäftigung undallgemeiner Wohlstand herr-schen.<

»Die Bundesrepublikkann sich einen ent-wickelten Sozialstaat� �auch weiterhin leisten.«

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fruchtbareBodenart

dt. Dichter † 12

kleinerFluss inBaden

Ziffer,NummerkurzerAbstand 6

Kraft-fahrzeug

Autokz. v.Ebersberg 9

7

Ringel-wurm

Mittelmeer-insulaner 17

Boxnie-derschlag

Gefrorenes

Abk. für:Mitglied d.Bundes-tages

Gerätin derKüche

Zeittabelle 1

gr. GöttinGestaltaus „LaBohème“ 8

16

arab. Fürs-tentitelkl. Deich-schleuse 5

Hafen-stadt inItalien

stärksterSturm

Kriegsgott

altgr. Berg-nymphe 13

internat.Standard-buchnum-mer (Abk.)

alt(engl.)

engl. Ro-mancier †

Fluss inThüringendt. Autorin(Ingrid)

licht-undurch-lässig

großeWelle

2

US-Staat

Denkschrift(Kurzwort)

10

aal-förmigerLurch

Ohr (engl.)

moderneMusikartAktion,Handlung

japanischeWährung

Aristokratie

Stock-werk,Ober-geschoss 14

Handel(engl.)

Anrede fürden Mann

Schand-fleck

4

Senkbleiz. Messender Was-sertiefe 3

710527

12 13 14 15 16 17

metall 9/200530

Rätsel

Die ACE-Klubmitgliedschaft gewinnt:Christel Vielhaber, Bestwig

Unsere Gewinner des Drei-Monats-RätselsTeil 4 bis 6:1. Preis: Anneliese Kaiser, Isselburg2. Preis: Wolfgang Dräger, Gützkow3. Preis: Willi Landkehr, Kürten

Drei-Monats-Rätsel . . . Teil 9

Beginnend im jeweiligen Nummernfeld und entlang den Ver-bindungen, sind Wörter nachstehender Bedeutungen zu erra-ten. Bei richtiger Lösung ergeben die Zellen A - B - C- D denneunten Teil unseres Drei-Monats-Rätsels. 3. Preis:

Ein Multi-Funktionswerkzeug»Leatherman«aus Edelstahl

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Lösungsspruch des Drei-Monats-Rätsels ausTeil 7-8 und 9 auf eine Postkarte schreibenund bis 30. September 2005 einsenden an:

Lösungsspruch Teil 4 bis 6:Alles lindert die Zeit,selbst dem Sklaven machtsie die Kette suess.

Page 31: 00 01 Titel 9 05 mz - igmetall.de · 2004 seine Ware aus Bangla-desch nur noch über eine ein-zige von einem deutschen In-haber geführte Agentur.Mit der Firma Spectrum Sweater gab

in klares Gesicht, dunkle Augen-brauen, das braune Haar zu einemschlichten Pferdeschwanz gebun-

den, Maike Vogel (20) fällt nicht auf im Ge-wimmel des Hamburger Hauptbahnhofs.Die junge Frau steht auf der oberen Galerievor dem Schnitzellokal Schweinske.Aberihr Erkennungszeichen ist fast Programm:ein rotes T-Shirt. Maike Vogel redet leise, istbescheiden, eine, die nur auf den erstenBlick unterschätzt wird. Denn sie ist selbst-bewusst und kann sich verwandeln, siekann zum Beispiel Anna sein. Deshalb ist siegekommen. Zusammen mit 15 Kollegenund Kolleginnen hat sie Anfang des Jahresbeim Seminar des IG Metall-Bezirks Küstein der Jugendbegegnungsstätte Schlierseeein 15minütiges DVD-Video gedreht. DasThema war vorgegeben: Neoliberalismus.

Zusammen haben sie sich die Geschichtezu »Anna’s Lament« ausgedacht. Die istschnell erzählt. Das Mädchen Anna kommtaus einem behüteten, bayerischen Dorf, vondaher, wo »jeder jedem hilft«, in die ihrfremde Welt. Sie sieht, dass diese nicht gutist, dass Egoismus und Konkurrenzdenkenherrschen. Daran leidet Anna. Immer wie-der wird sie von Bildern geplagt, die keineVisionen sind, sie sieht Hungernde, Ent-rechtete, Unterdrückung und Kinderarmut.Anna protestiert. »Lament«, so der Vor-spann, das heißt beklagen, trauen,Wehkla-ge, Klagelied.

Schon als Schülerin spielte Maike Vogel, dieeben auch ein bisschen Anna ist,Theater.Das machte ihr Freude, blieb »aber eherFreizeit«. Denn das Kreative ist nur eine ih-rer Facetten. Sie spielt den harten Sport Eis-hockey und Bowling, engagiert sich seit ih-rer Kindheit in der Freiwilligen Feuerwehrin ihrer Heimatstadt Norderstedt: »Anderenzu helfen, das hat mir schon immer Spaßgemacht.« Und sie hat, vielleicht, meint sie,»vom Vater« eine Begabung für Mathematikund Technik. Deshalb lernte sie bei derHamburger Werft Blohm+Voss den Berufder Fachinformatikerin. Sie programmiertund schraubt Rechner zusammen.Also konstruiert auch Anna im Film undnutzt die Technik zum Wi-derstand. Ihr »Neolibera-lomat« schlägt aus, wennMenschen ungerecht be-handelt werden.Anna ent-schließt sich, bei einer Auktion einen gera-de für einen Euro verhökerten Arbeiter zubefreien und scheitert.Am Ende hilft danndoch die Technik beim Widerstand.Annaerobert die Fernsehfrequenzen. Zur Haupt-sendezeit hält sie eine Rede, in der sie dieMenschen dazu aufruft, sich nicht alles ein-fach gefallen zu lassen, sich zu wehren undgemeinsam gegen die Ausbeutung durchdie Reichen, die Banken und Konzerne zukämpfen. So das Drehbuch im Film.AlsDank und Lob gab es zur Premiere des

Films und zum Seminarende für die beidenHauptdarsteller sogar bei den Bavaria Film-studios gekaufte Oscars.

Dass ihre DVD junge Leute anspricht,freut Maike Vogel. Gleich zu Beginn ihrerLehrzeit vor vier Jahren wurde sie Jugend-vertreterin, seit Mai 2005 sitzt sie auch inder Tarifkommission. Maike Vogel, die einbisschen auch Anna ist, weiß genau, was siefür ihre Zukunft will. Irgendwann möchtesie für die IG Metall als Betriebsrätin kandi-dieren: »Aber nicht zu früh.« Sie geht eslangsam an, will sich die nächsten Jahre ersteinmal »weiter für die Jugend einsetzen«.Für die müsse einfach mehr getan werden,es brauche vor allem mehr Ausbildungs-

plätze. Darauf, dass dierund 130 Azubis beiBlohm+Voss »zu 100Prozent organisiertsind«, ist sie »ein bis-

schen stolz«. Denn dafür tut sie viel. Manch-mal muss sie ganz von vorne anfangen, er-klären, was Tarifverträge sind, welche Leis-tungen die IG Metall anbietet und dass eswichtig ist, dass alle Azubis dank der IG Me-tall eine Übernahmegarantie von einemJahr bekommen haben.Vor der letzten Tarif-runde hat sie bei einem »Mini-Streik« nureinen halben Tag lang vor dem Werkstor ge-sessen. Manchmal wünscht sie sich, dass ih-re Gewerkschaft »etwas härter« zur Sacheginge: »Wir müssten viel öfter streiken.«<

Zu Besuch bei

Maike VogelMaike Vogel verbindet für die GewerkschaftSchauspieltalent und Technikverständnis.Gemeinsam mit anderen drehte sie einenVideo-Clip gegen den Neoliberalismus.

metall-Autorin Heide Platen traf sie im Schnit-zelrestaurant Schweinske im Hamburger Haupt-bahnhof

Maike Vogel wünscht sich eine gerechtere Welt

Porträt

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31metall 9/2005

»Ich will mich für die Jugendeinsetzen«

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35

Karikatur

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