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1 Einführung in die deutsche Literatur des Hochmittelalters („Höfische Klassik“) Gattungen, Formen und Funktionen im Kontext höfischer Kultur

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Einführung in die deutsche Literatur des Hochmittelalters

(„Höfische Klassik“)Gattungen, Formen und Funktionen

im Kontext höfischer Kultur

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I. Historische Konstellationen

• Literatur als Teil des Kulturellen Gedächtnisses (Assmann)

• Literatur als kultureller Gestus

• Literatur – Geschichte - Literaturgeschichte

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Literatur als Teil des „Kulturellen Gedächtnisses“ (Assmann)

1. Individuelles und kollektives Gedächtnis

• Erinnerung in Raum und Zeit

• Gruppenbezug

• Gedächtnis vs. Historie

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Codex Manesse, um 1320Lutold von Seven,Bote überbringt Liebesbotschaft

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2. Formen kollektiver Erinnerung: Kommunikatives und Kulturelles Gedächtnis

• The Floating Gap

• Ritus und Fest als Organisationsformen des Kulturellen Gedächtnisses

• Erinnerungslandschaften

• Übergänge (Rites de passage)

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3. Schriftkultur als Voraussetzung von Literatur

• Von ritueller zu textueller Kohärenz [Ritual: Traditionsgebunden; jede gemeinschaftlich zu vollziehende

symbolisch-kommunikative Handlung]

• Repetition und Variation• Schriftkultur außerhalb des Ritus: Offenheit für

Veränderungen• Folge: intertextuelle und interkulturelle

Veränderbarkeit – Literatur im geschichtlichen Prozess.

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4. Literatur und Kanon*

• Der „geheiligte Bestand“ (Assmann)

• Verabredung innerhalb der Gesellschaft

*[Kanon. Wortbedeutung: ‚Richtscheit, Maßstab, Regel‘

Kanon als Begriff: ‚normative Zusammenstellung‘]

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Folgerungen

• „Kulturelles Gedächtnis“ ist an Sprache als vermittelndes Medium gebunden;

• Es ist nicht fest definierbar, ist natürlich begrenzt, aber nicht begrenzbar.

• Es ist zu seiner Sicherung auf professionelle Vermittler angewiesen.

• Das Fach Germanistik ist die einzige universitäre Disziplin, der die Sicherung des Kulturelle Gedächtnis der deutschsprachigen Kulturregion aufgegeben ist.

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Literatur als kultureller Gestus

• Kultur: bewusste Gestaltung des Lebensvollzugs, die über die kreatürlichen Bedürfnisse (Nahrungsbeschaffung-/-aufnahme, Fortpflanzung) hinausgeht.

• Kulturelle Gesten: Formen menschlichen Sozialverhaltens; Zivilisierung sozialer Vollzugsformen. „Prozess der Zivilisation“ (Norbert Elias)

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Kulturelle Gesten - Formen der Lebensgestaltung

• Kunst und Spiel – in unterschiedlichen Formen– in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bezügen– in unterschiedlicher Vernetzung/ Beziehung

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Kulturelle Gesten innerhalb der Adelsgesellschaft des Hochmittelalters

• Jagd, auch Falkenjagd• Ausritt• Tanz, mit Musik- und/oder Liedbegleitung• Aufführung von Instrumentalmusik• Kampfspiele: Turnier (allg. Bezeichung für Reiter-

Zweikampf), Buhurt (Gruppenkampf), Tjost (Zweikampf mit Lanzen)

• Gesellschaftsspiele: Schach, Trick-track

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Codex Manesse, um 1320König KonradAusritt zur Falkenjagd

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13Codex Manesse, um 1320,Herr Walther von Teufen

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Codex Manesse, um1320: Heinrich FrauenlobMusizieren bei Hofe

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Codex Manesse, um 1320:Hiltbolt von SchwangauTanzszene

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Codex Manesse, um 1320Herr Heinrich von FrauenbergReiterkampf (Tjost)

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Codex Manesse, um 1320Walther von KlingenTurnierkampf (Buhurt) vor adligen Damen

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Codex Manesse, um 1320Herzog von AnhaltSchwertkampf (Buhurt)vor Damen

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Codex Manesse um 1320.Markgraf Otto von Branden-BurgSchach und Musik

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20Carmina Burana, um 1250: Trick-track (Back gammon) und Schach

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Literatur als kultureller Gestus um 1200

• Selbständiges Lesen (Ausnahme bei weitgehend illitteraten Laienadel)

• Vorlesen innerhalb der Adelsgesellschaft (Roman, Erzählung)

• Vortrag von gesungener Lyrik (Minnesang, Sangspruch)

• Gesungener Vortrag von stroph. Heldenepik (Nibelungenlied; Dietrichepik)

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Literatur – Geschichte - Literaturgeschichte

• „Texte sprechen miteinander“ – Literatur als vernetztes Kontinuum

• Was ist und worauf zielt Literaturgeschichte• Problemfelder der Literaturgeschichtsschreibung• - Periodisierung, literarische Wertung und

Kanonbildung• Literaturgeschichte als Gattungsgeschichte• Literaturgeschichte und Rezeptions- und

Überlieferungsgeschichte

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1. „Texte sprechen miteinander“

• Lesen: dialogisches Verhältnis; Abgleichen mit eigener Erfahrung

• Vernetzung des Textes mit anderen Texten. „Texte sprechen miteinander“

• Texte „sprechen“ auch mit der sie umgebenden Kultur und mit der Vergangenheit.

• Wo steht dabei der Leser?

(der historische?, der gegenwärtige?)

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2. Literatur und Geschichte

• Beispiele: Martin Walser ‚Ehen in Philippsburg‘ (1955); Th. Mann, ‚Der Erwählte‘ (1949)

• Differente Erfahrungen prägen Text und Leser.• Horizont des Texte vs. Horizont des Lesers:

„Horizontangleichung“.• Anforderung an professionelle Lektüre: Die

Differenz bewusst wahrzunehmen und in die Arbeit mit dem Text einzubeziehen.

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3. Die Alterität (Andersartigkeit) der mittelalterlichen Literatur

• „Alterität“ (H.R. Jauss) als Denkmodell

• Mittelalterliche Literatur: Differenz zur Gegenwart ist „eingebaut“:

- Sprache,

- Formenwelt,

- literarische Vernetzung,

- Denkformen

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4. Was ist und worauf zielt Literaturgeschichte

• Literatur ist nicht nur ein Gebilde der Kunst und den Gesetzen der Ästhetik verpflichtet, sondern geschichtlich.

• Literaturgeschichte als Teil von Kultur- und Gesellschaftsgeschichte

• Literaturgeschichte verortet Texte am jeweiligen historischen Ort ihrer Entstehung - im Bezug zu anderen Texten- im Bezug zur jeweiligen historischen und kulturellen Situation.

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5. Problemfelder der Literaturgeschichtsschreibung

• Periodisierung

• Literarische Wertung

• Kanonbildung

• Literaturgeschichte und Gattungsgeschichte

• Literaturgeschichte u. Rezeptionsgeschichte

• Literaturgeschichte und Überlieferungs- und Textgeschichte