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10 Jahre erlassjahr.de - warum Entschuldung weiter gehen muss!

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Broschüre zum 10. jährigen Bestehen von erlassjahr.de

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Es kommt nicht so oft vor, dass eine Bundesministerin, Kardinäle, Bischöfe und Rockstarsgemeinsam demonstrieren. Und dass sie dabei Solidarität mit den Ärmsten einfordern –und dass diese dann auch in (damals noch) Mark und Pfennig gewährt wird.

Der 19. Juni 1999 war so ein Tag. G8-Gipfel in Köln, aber die Straßen der Stadt und dieAufmerksamkeit der Medien gehörten der weltweiten Entschuldungsbewegung Erlaß-jahr2000. Viele der mehr als 50.000 Menschen, die in Köln und zeitgleich beim StuttgarterKirchentag für Schuldenerlass demonstrierten, waren motiviert durch kirchliche und nicht-kirchliche Partnerschaften mit denjenigen, die den Preis für die untragbaren und häufignicht zu rechtfertigenden Auslandsschulden ihrer Länder zahlen. So steuerten allein dieBolivien-Partnerschaften der Diözesen Trier und Hildesheim fast ein Drittel der 1,3 Millio-nen Unterschriften unter den erlassjahr-Appell bei, der Kanzler Schröder übergeben wurde.Die Aufrufe des Ökumenischen Rates der Kirchen und von Papst Johannes Paul II., im‚Heiligen Jahr 2000’ einen erheblichen Erlass von internationalen Schulden einzufordern,führten zu zusätzlicher Unterstützung.

Ein großer Moment für die Solidarität mit dem Süden des Globus in unserem Land – undweltweit.

23 Länder haben in den fast zehn Jahren seit Köln von dem damals erstrittenen Schulden-erlass profitiert. Viele andere warten noch darauf. Wiederum andere sind von den Gläubi-gern erst gar nicht in Betracht gezogen worden – weil ihre Entschuldung zu kostspieligwäre, oder politisch nicht opportun. Weltweite Gerechtigkeit ist das noch nicht. Denn nochimmer entscheiden letztlich die Gläubiger, ob ein verschuldetes Land einen Schuldenerlasserhält oder nicht. Von fairen und rechtsstaatlichen Verfahren, wie sie für uns im Fall derprivaten oder Unternehmens-Insolvenz selbstverständlich sind, sind die Schuldner imSüden noch meilenweit entfernt.

Um Gerechtigkeit zwischen reichen und armen Ländern, zwischen Schuldnern und Gläu-bigern herzustellen, müssen noch andere Fragen gestellt werden: Ist es gerecht, dass Län-der, die sich unter Mühen und hohen sozialen Kosten von Diktatoren befreit haben, nochimmer für Kredite gerade stehen müssen, die vergangene Herrscher mit westlichen (undmanchen östlichen) Geldgebern vereinbart haben? Ist das, was „bezahlbar“ ist, deswegenauch „legitim“ – wie z.B. der Lutherische Weltbund in seinem Programm mit den KirchenSüdamerikas fragt? Brennende Fragen für eine weltweite Entschuldungsbewegung, diesich in Köln auf einen langen und oft unspektakulär mühsamen Weg gemacht hat.

Auf den Straßen, als unbequeme Fragesteller/innen in den Büros von Bundestagsab-geordneten, und – Gott sei Dank – in vielen Kirchen und Gemeindehäusern finden sich bisheute Menschen zusammen, für die gerechte Finanzbeziehungen zwischen reichen undarmen Ländern kein abstrakter Gedanke sind.

Wir gehören dazu.

Grußwort

Alfred BußPräses der Evangelischen Kirche von Westfalen

Reinhard MarxErzbischof von München und Freising

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Warum wir weitermachen müssen

Wenn man die schieren Zahlen zugrundelegt, ist kaum eine Kampagne in der Ge-schichte der internationalen Solidarität so er-folgreich gewesen wie das Erlaßjahr-Bündnis:Die Entschuldungsbeschlüsse der Gipfel vonKöln (HIPC-2) und Gleneagles (MDRI) wer-den den ärmsten Ländern nach den letztenBerechnungen der Weltbank in den nächsten30 Jahren Zahlungen von rund 170 MilliardenUS-Dollar (Nominalwert) an die Gläubiger desNordens ersparen. Als die Kampagne Erlaß-jahr2000 gegründet wurde, stellten die Bun-desregierung und die Internationalen Finanz-institutionen weniger als ein Zehntel dieserSumme, über die im Rahmen der damaligenHIPC-1-Initiative diskutiert wurde, schon alspolitisch nicht durchsetzbare Zumutung fürdie Gläubiger hin (HIPC = Heavily IndebtedPoor Country, also hochverschuldete armeLänder).

Dazu kamen seither große Schuldenerlasseim Pariser Club für den Irak (40 Mrd. US-Dol-lar), Nigeria (18 Mrd. US-Dollar) und die eherselbst gemachte Entschuldung Argentiniens(rund 50 Mrd. US-Dollar). Zusammen mitSchwesterbewegungen in den betroffenenStaaten und in anderen Gläubigerländern haterlassjahr.de in allen diesen Fällen auf weitergehende Lösungen hin gearbeitet.

Bei seiner Gründung hatte Erlaßjahr2000,angelehnt an die Ergebnisse des LondonerSchuldenabkommens für Deutschland 1953,für alle Länder eine maximale Schulden-dienstquote (Schuldendienst zu Exporten)von maximal 5% gefordert. Die meisten in die

HIPC/MDRI-Initiativen einbezogenen ärm-sten Länder liegen im Jahr 2007 tatsächlichdarunter.

Warum sind wir trotz dieser gewaltigenErfolge nicht „fertig“?

Bei der Gründung des Nachfolgebündnissesder Erlaßjahr2000-Kampagne im Jahr 2001haben wir als Ziel formuliert, dass eine(stellvertretende) Advocacy-Arbeit für dieverschuldeten Länder des Südens so langenötig sein wird, wie die Betroffenen durch dieStrukturen des internationalen Schulden-managements daran gehindert werden, sichselbst zu helfen. Konkret: Solange überSchuldenerlasse von den Gläubigern alleinentschieden wird, und nicht in einem Verfahr-en, das dem Schuldner den minimalen Schutzfür sein Überleben in Würde gewährt, denauch Schuldner in einem leidlich funktionier-enden Rechtsstaat wie der Bundesrepublikgenießen. Noch konkreter: so lange wie esdas von Erlassjahr stets geforderte Interna-tionale Insolvenzverfahren nicht gibt.

Im Jahr 2003 waren wir schon einmal ziemlichnahe – als im Internationalen Währungs-fonds (IWF) der Vorschlag eines „SovereignDebt Restructuring Mechanism“ (SDRM)diskutiert wurde, der – wiederum unter demDruck der weltweiten Entschuldungsbewe-gung – einige Elemente des von erlassjahr.degeforderten fairen und transparentenSchiedsverfahrens aufnahm. Aber umgesetztwurde auch der SDRM nicht.

Deswegen werden Staaten aus dem Kreis derHIPCs, die nun einmal entschuldet wordensind, sich im Falle neuer Zahlungsschwierig-

200 Milliarden US-Dollar sind noch keine Gerechtigkeit

“Es ist ein Skandal, daß wirgezwungen sind zwischen

medizinischer Grundversorgungund Bildung unserer Bürger und

der Rückzahlung historischerSchulden zu entscheiden”

Präsident Mkapa (Tansania), Februar 2005

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Fakten und Zahlenkeiten wieder, wie schon seit1989, auf einen langen unddornigen Weg durch die In-stanzen der Gläubiger mach-en müssen – statt, wie in ein-em Rechtsstaat, in einem or-dentlichen Verfahren von un-tragbaren oder womöglichgar nicht legitmierten Forder-ungen kurz und schmerzlosentlastet zu werden.

Neue Krisenszenarien

Und neue Krisenszenarienzeichnen sich schon jetzt ab.

- In einigen der entlastetenHIPCs nähern sich die absoluten Schulden-stände schon wieder dem Stand vor der Ent-schuldung an. Allein die hohen, aber höchstschwankungsanfälligen, Exporteinnahmenund tendenziell hohes Wachstum beim So-zialprodukt sorgen für die erfreulich niedrigenIndikatoren.

- Auch wenn die Weltbank und der IWF be-schlossen haben, dass sich alle Gläubiger amSchuldenerlass beteiligen müssen, heißt dasnicht, dass diese das auch tun: Nur knappdie Hälfte der Gläubigerstaaten außerhalb derOECD (also vor allem Schwellen- und Trans-formationsländer) beteiligen sich am Schul-denerlass für die ärmsten Länder. PrivateGläubiger tun dies praktisch überhaupt nicht(4%).

- Von denen, die ihre Forderungen lieber be-halten, ziehen nicht wenige vor den Kadi, umsie in voller Höhe einzutreiben. Fast 2 Mrd.US-Dollar werden zur Zeit von den ursprüng-lichen Gläubigern oder von „Geierfonds“, diediese Forderungen billig gekauft haben, vorinternationalen Gerichten in knapp fünfzigGerichtsverfahren eingefordert.

- Eine Reihe von Staaten sind überhaupt nichtin die Entschuldungsinitiativen aufgenom-men worden, obwohl sie anhaltend hohe Indi-katoren aufweisen: So unterschiedliche Län-der wie Jamaika, Belize, Laos, Uruguay oderder Libanon sind solche Fälle.

- Schließlich werden die gerade entlastetenLänder auch zum Ziel neuer Kreditvergabe –alter wie neuer Gläubiger. So hat das frischentlastete Ghana gerade eine „Eurobond“-Anleihe im Umfang von 750 Mio US-Dollarauf dem internationalen Kapitalmarkt platziert.Ein Zeichen des Vertrauens in eine frisch ent-schuldete Volkswirtschaft und ein deutlichesZeichen, dass die Märkte Entschuldung kei-nesfalls „bestrafen“, wie von manchen Gläu-bigern bis heute behauptet wird. Aber waspassiert, wenn der Kakaopreis nicht so hochwie derzeit bleibt, und Ghana wieder in Zahl-ungsschwierigkeiten gerät? Fängt dann derganze Prozess, der 1991 mal mit den „To-ronto Terms“ kleine Schuldenerlasse ermög-lichte, wieder von vorne an?

Wenn in solchen neuen Krisen Ghana vor ein-em unparteiischen Schiedsgericht seineSchwierigkeiten darlegen kann, und wenndann nach ebenso unparteiischer Begutacht-ung eine faire Regelung zwischen Gläubigernund Schuldnern gefunden wird, dann brauchtes auch kein erlassjahr-Bündnis mehr.

Dann verschenken wir unsere Akten an einbewegungshistorisches Archiv und feiern(vielleicht auf der Kölner Domplatte) ein schö-nes Fest, mit allen, die auf dem langen Wegseit 1997 dabei waren und denen, die nochdazukommen werden.

Aber nicht eher.

ErErErErErfolg:folg:folg:folg:folg: Sambias Auslandsschulden wurden deutlich reduzierSambias Auslandsschulden wurden deutlich reduzierSambias Auslandsschulden wurden deutlich reduzierSambias Auslandsschulden wurden deutlich reduzierSambias Auslandsschulden wurden deutlich reduziert. Allerdingst. Allerdingst. Allerdingst. Allerdingst. Allerdingsverschuldete sich die Regierung gleichzeitig zunehmend im Inland.verschuldete sich die Regierung gleichzeitig zunehmend im Inland.verschuldete sich die Regierung gleichzeitig zunehmend im Inland.verschuldete sich die Regierung gleichzeitig zunehmend im Inland.verschuldete sich die Regierung gleichzeitig zunehmend im Inland.Quelle: UNDP 2007.

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Ein bewegtes Bündnis

10 Jahre erlassjahr.de ist für ein Bündnis,welches ursprünglich als Kampagne gedachtwar, bereits eine lange Bewegungsgeschich-te. Dennoch liegen die Anfänge der deutsch-en Entschuldungsbewegung noch weiter zu-rück. Nach dem Ausbruch der modernenSchuldenkrise der „Dritten Welt“ im Jahre1982 entfaltete sich Ende der achtziger Jahrein Deutschland eine große Mobilisierung zuden Themen Verschuldung und wirtschaft-liche Gerechtigkeit, die in einer riesigen De-monstration zur Jahrestagung von IWF undWeltbank in West-Berlin im Herbst 1988 gip-felte. Der aus dieser Protestkultur entstand-ene „Initiativkreis Entwicklung braucht Ent-schuldung“ sorgte 1993 mit einer provoka-tiven Anzeige in der „Zeit“ zum Jahrestag desLondoner Schuldenabkommens, welchesden Schuldenerlass Deutschlands nach dem2. Weltkrieg ermöglichte, für Aufmerksam-keit. Er konnte bald darauf die erste haupt-amtliche Stelle schaffen, die sich fortan ganzdem Thema widmete.

Das Thema gewann in den folgenden Jahrenauch in der internationalen Politik an Bedeut-ung und Ende der 90er Jahre legten unab-hängig voneinander Äußerungen Papst Jo-hannes Paul II. und des Ökumenischen Ra-tes der Kirchen auf der Grundlage des bib-lischen Erlassjahr-Gedankens eine bedeut-ende Entschuldungsinitiative zum Jahres-wechsel 1999/2000 nahe. Diese Impulsewurden von den Aktiven des Initiativkreisesund einer wachsenden Kampagnenträger-schaft mit der Gründung der „Erlaßjahr2000“-Kampagne im September 1997 aufgegriffen.Es bildete sich dabei ein buntes Bündnis vonNROs, Kirchen und sozialen Bewegungenheraus: von der informellen Weltladengruppebis zur Landeskirche reichte die Mitträger-schaft. Schon damals verband die Kampagn-enplattform „Erlaßjahr2000“ die Forderungnach einem weit reichenden Schuldenerlassmit der Forderung nach einer Verfahrensre-form, die die Beziehungen zwischen Schuld-

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nerländern und ihren Gläubigern im Sinne ei-nes Internationalen Insolvenzverfahrensgrundsätzlich umgestalten sollte.

Die folgenden Jahre waren geprägt vom Auf-bau der (globalen) Kampagne, die ihrenersten Höhepunkt beim G8-Gipfel in Köln imJahre 1999 fand. Zehntausende auf denStraßen und Millionen von Unterschriften (vgl.S. 8) erhöhten den Druck auf die Regierungender Gläubigerländer und führten schließlichzu einem weitreichenden Schuldenerlass imRahmen der sogenannten HIPC II-Initiative.Gleichzeitig blieben viele Forderungen desBündnisses und seiner rund 2000 Mitträgerungehört. Deshalb entstand 2001 das Nach-folgebündnis erlassjahr.de mit seinen heuterund 850 Mitträgerorganisationen.

Vier Ziele im Mittelpunkt

Im Mittelpunkt der Arbeit des Bündnissesstanden in den Folgejahren diese Ziele:

- die Überwachung und kritische Begleitungbei der Umsetzung der Kölner Entschuld-ungsinitiative für die ärmsten hochverschul-deten Länder (HIPC II)

- die Ausweitung der Entschuldung auf allehochverschuldeten Entwicklungsländer

- die Einführung eines fairen und transparen-ten Entschuldungsverfahrens (FTAP)

- die Reform der Strukturanpassungspro-gramme des internationalen Währungsfondsim Sinne einer wirklichen Armutsbekämpfung.

Diese politischen Ziele wurden und werdenintensiv durch Fachexpertise und Lobbying-arbeit an die nationalen und internationalenEntscheidungsträger herangetragen. Docherlassjahr.de hat seine Bewegungswurzelnnie vergessen und die politische Arbeit immerwieder mit spektakulären und öffentlichkeits-wirksamen Maßnahmen flankiert. 2004 wur-den weit über 150.000 Fairnessringe mit denForderungen von Bürgerinnen und Bürgernan die Bundesregierung überreicht (vgl. S.9). Regelmäßig wurde der ‚Hai des Jahres’

an besonders unfair agierende Gläubiger ausden Bereichen der privaten und öffentlichenGeldgeber verliehen. Und 2007 zogen zehn-tausende Demonstranten zum von erlass-jahr.de mitinitiierten Protest gegen den G8-Gipfel nach Rostock und Heiligendamm.Dass das Thema Entschuldung auch nach10 Jahren nichts von seiner Aktualität verlorenhat, beweisen die aktuellen Diskussionen inder Weltbank, bei der UNO oder im deutschenBundestag. Zudem steht uns die nächsteSchuldenkrise möglicherweise schon bevor(vgl. S. 4-5) und schließlich sind noch längstnicht alle Forderungen von erlassjahr.de er-füllt worden – auch wenn es zwischenzeitlicheErfolge und viele positive Rückmeldungen aufdie Arbeit des Bündnisses gibt.

Neue Protestformen

Dieses hat sich in den 10 Jahren seines Be-stehens ebenfalls gewandelt: neue Formendes Protestes sind dazugekommen, die Kom-munikationsformen haben sich geändert unddie damit verknüpfte Ausrichtung auch aufdas Internet hat sich sogar im Namen desBündnisses niedergeschlagen. erlassjahr.desieht sich somit bereit für die kommenden Auf-gaben und Herausforderungen: gemeinsamwird das Engagement für eine gerechtereWelt weitergehen.

“Erinnert Euch an die Kampag-nen zum Schuldenerlass nachdem Jahr 2000, das war nicht

umsonst... Lasst uns weiter-machen. Der erste Schritt war

nicht nur ruhmreich, wir habennicht alles bekommen, was wirwollten, aber einiges hat funk-

tioniert. Lasst uns härter arbei-ten und wir werden dorthinkommen, wo wir hinwollen”

Charity Musamba, Jubilee Sambia, 2004

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Meilensteine

Als Erlaßjahr2000 Ende der 90er Jahre aufder Grundlage des biblischen Erlassjahr-Ge-dankens eine bedeutende Entschuldungs-initiative zum Jahreswechsel 1999/2000 ini-tiierte, wurden gleichzeitig auch Ort und Zeit-punkt des Kampagnenhöhepunktes festge-legt: der G8-Gipfel in Köln im Juni 1999. DasBündnis mobilisierte hierfür Gruppen in ganzDeutschland – aber auch international. Vonüberall her sollten sie den Weg nach Kölnfinden, um den Protest direkt vor die Augender Staats- und Regierungschefs zu tragen.Gleichzeitig wurden weltweit Unterschriftenfür einen umfassenden Schuldenerlass ge-sammelt. Auch hier spielte Erlaßjahr2000 ge-meinsam mit seinen Mitträgern eine Schlüs-selrolle.

Am 19. Juni war es dann soweit: bereits inden frühen Morgenstunden begannen De-monstranten aus allen Himmelsrichtungen mitihrer Anreise in die Domstadt. Immer größerwurde die Menge, die den bunten Protest anden Tagungsort der G8 herantrug. 40.000Menschen beteiligten sich schließlich an derMenschenkette, die die gesamte Innenstadtvon Köln umzingelte und die deutlich machte,dass eine breite gesellschaftliche Basis einEnde unfairer Finanzbeziehungen zwischenden ärmsten und den reichsten Ländern die-ser Welt einforderte. Viele trugen Transpa-rente wie „Weil einige sehr reich sind, sindviele sehr arm“ oder „Auf Euren Gipfeln ver-hökert ihr das geraubte Gut der Armen“. An-dere TeilnehmerInnen verliehen ihrer Forder-

ung nach Schuldenerlass mit Triller-pfeifen, Kuhglocken und Musikinstru-menten Nachdruck. Gleichzeitig wurdendie gesammelten Unterschriften in derNähe des Museums Ludwig an den da-maligen Bundeskanzler Gerhard Schrö-der übergeben. Eine Delegation von Ent-schuldungsaktivisten, unter ihnen Kar-dinal Rodríguez, der Popsänger Bono derGruppe U2, Thom Yorke von Radioheadsowie der afrikanische Musiker YoussouN’Dour, übergaben 17 Millionen Unter-schriften aus aller Welt an die G8.

Doch neben dem Bild bunter und friedlicherProteste, die einen deutlichen Druck auf dieStaats- und Regierungschefs der G8 aus-übten, brachte die Kölner Kette auch hand-feste Erfolge auf politischer Seite ein: die1996 von Weltbank und InternationalemWährungsfonds eingesetzte HIPC-Initiativefür die ärmsten und hochverschuldeten Län-der wurde auf dem Kölner Gipfel modifiziert.Voraussetzung war nun, dass Länder Schul-den in Höhe von mindestens 150 Prozent derExporterlöse haben und drei Jahre Wohlver-halten in der Wirtschaftspolitik gezeigt habenmüssen. Vorher hatten diese Kriterien bei250% und sechs Jahren gelegen - nur sechsLänder wären damals in den Genuss desSchuldenerlasses gekommen. Die in Kölnbeschlossenen Kriterien trafen auf 41 Staatenmit einer Gesamtschuld von damals 227Milliarden US-Dollar zu. Ein erster Schritt fürweitreichendere Schuldenerlasse war getan,auch wenn der sich - in alter Gläubiger-Tra-dition - bald als unzureichend erweisen sollte,und seinerseits bei den G8-Gipfeln in Kana-naskis 2002 und Gleneagles 2005 nachge-bessert werden musste.

Kölner Kette 1999: ein wichtiger Schritt auf einem langen Weg

“Wir können noch immer dieGeneration sein, die extreme

Armut in Afrika in dieGeschichtsbücher verbannt.

Wenn wir zusammen arbeiten.”Erzbischof Desmond Tutu, 2008

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Meilensteine

Auf dem G8-Gipfel in Köln1999 wurden weit reichendeBeschlüsse zum Erlass un-einbringbarer Schulden derärmsten Länder dieser Erdeund zu Armutsbekämpfungs-programmen gefasst, die fünfJahre später nicht einmal zurHälfte umgesetzt waren. Da-rüber hinaus wurde damalsauch die Forderung nach ei-nem fairen Schuldenmana-gement erhoben.Um dies in der ganzen Bun-desrepublik Deutschland öffentlich zu mach-en, hat erlassjahr.de am 1.Mai 2004 die sogenannte Fairnesstour in Trier gestartet. EinLKW, beladen mit einem Stromgenerator,einer Lautsprecheranlage, Plakaten undHandzetteln sowie mit großen „gläsernen“Behältern und einer großen Kiste, in der sichzwei gewaltige Puppen befanden, begab sichauf Deutschland-Tour. Er fuhr von der Moselüber Frankfurt am Main, Freiburg, dem süd-lichsten Punkt der Fairnesstour, über Dres-den, Rostock und Flensburg, dem nördlich-sten Punkt,über Hildesheim, Münster und dasRuhrgebiet zur Endstation der Reise nachKrefeld.

Dieser LKW hatte nur eine Aufgabe: er solltealle Fairnessringe , die in hunderten von Ge-meinden und Gruppen in den vorangegang-enen Wochen unterschrieben worden waren,einsammeln. Das Einsammeln in den unter-schiedlichen Städten war jeweils mit einem

Die Fairnessringe Tour

großen, bunten Volksfest mit Musik, Tanz-gruppen, Pantomimen und Gottesdienstenverbunden. Höhepunkt war meist das Pup-penspiel, in dem jeweils die beiden fast dreiMeter großen, an langen Stangen geführtenPuppen – die eine stellte den unerbittlichenKapitalgeber, die andere die geschundeneDritte Welt dar – das Verhältnis der reichenzu den ärmsten Ländern in Bewegung undBilder umsetzten.Auf diesen Festen wurden die Fairnessringeder unterschiedlichen Gemeinden und Grup-pen eingesammelt und am Schluss in die„gläsernen“ Behälter „gegossen“.Der Fairnessring ist ein farbiger Kunststoff-ring, so groß wie ein Armreif, an dem einekleine Papierfahne mit folgendem Text be-festigt war: „Ich verlange Fairness bei derEntschuldung der Länder der Dritten Welt.Dazu gehören ein unparteiisches Verfahren,ein Anhörungsrecht für alle Betroffenen unddie Sicherstellung des Existenzminimums.“Diese Forderung wurde von 153.000 Men-schen unterschrieben; eine entsprechendgroße Zahl an Fairnessringen erreichte amEnde in Berlin die EntwicklungshilfeministerinHeidemarie Wieczorek-Zeul und damit diegroße Politik.

Mit dieser Fairnesstour hat erlassjahr.de einweiteres Mal in großem Umfang seine Mitträ-ger mobilisieren können und der Politik diegelbe Karte gezeigt.

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Meilensteine

Impressum:(c) 2008, erlassjahr.deHerausgeber: erlassjahr.de (Adresse s. Umschlag)Redaktion und Layout: Björn Lampe (V.i.S.d.P.)Autoren: Jürgen Kaiser, Björn Lampe, EberhardLuithlen, Corina Schulz

Fotos: epd-bild/Thomas Lohnes (Titel), admoveo,Jörg Baumgarten, Marcus Beck, dwp, Erzbischöf-liches Ordinariat/Foto: Thomas Klinger, Linde Janke,Jürgen Kaiser, Misereor, Björn Lampe, SusanneLuithlen, Sabine Zimpel und viele weitereEntschuldungsaktivisten.

Kampagne für eine Parlamentariererklärung

Zusammen mit Entschuldungsbündnissenrund um den Globus unterstützte erlass-jahr.de im Jahre 2008 die Parlamentarierer-klärung zu illegitimen Schulden und Gläubi-germitverantwortung. Sie will weltweit Abge-ordnete ermutigen, sich für die Schaffung in-ternationaler Regeln bei der Kreditvergabeund die Streichung Illegitimer Schulden einzu-setzen. Auf diese Weise soll eine Wiederho-lung der verfehlten Kreditvergabe an Dikta-toren und für unsinnige Großprojekte (wie inden 80er Jahren) verhindert werden.Dies besitzt besondere Brisanz, da nach denEntschuldungsinitiativen, die seit 1996 (HIPCund MDRI) umgesetzt wurden, bereits dienächste Schuldenkrise droht. Erneut werdenKredite in großem Stile vergeben (vgl. S. 4-5). Darunter sind auch wieder Kredite, dieohne Rücksicht auf demokratische Spiel-regeln und das Wohlergehen der Bevölker-ung in den Schuldnerländern gewährt wer-den.Um immer neue Runden von unverantwort-licher Kreditvergabe zu vermeiden und einendauerhaften Ausweg aus der Schuldenkrisezu schaffen, gilt es, die gegenwärtige Praxisinternationaler Kreditvergabe zu reformieren.Dabei muss das Prinzip der geteilten Verant-

wortung zwischenGläubigern undSchuldnern An-wendung finden.Deshalb wurdenParlamentarier/in-nen auf der ganzenWelt aufgefordert,sich verstärkt für ei-ne Kontrolle der in-ternationalen Kre-ditvergabe und-aufnahme einzu-setzen. Durch die

Unterzeichnung der Parlamentariererklärungbekennen die Abgeordneten sich öffentlichzu diesen Zielen und verpflichten sich selbst,darauf hinzuwirken.Dabei konnte erlassjahr.de dank tatkräftigerUnterstützung von vielen Mitträgern aus ganzDeutschland innerhalb weniger Wochengroße Erfolge verbuchen: Abgeordnete ausallen Fraktionen des Bundestages unter-zeichneten die Erklärung oder trafen sich zuanregenden Diskussionen mit Trägern desBündnisses.Im Rahmen der Kampagne war es erlass-jahr.de außerdem gelungen, eine parlamen-tarische Anhörung im Ausschuss für wirt-schaftliche Zusammenarbeit zum ThemaIllegitime Schulden zu initiieren. Dort disku-tierten internationale Experten neben einemVertreter von erlassjahr.de mit den Abgeord-neten.Im Ergebnis ist es erlassjahr.de mit dieserKampagne gelungen, das Thema ‚IllegitimeSchulden‘ in die entscheidenen Strukturender Bundespolitik hineinzutragen. Die kon-kreten Ergebnisse der dortigen Diskussionenwerden sich in den kommenden Monaten undJahren abzeichnen.

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Mitträger werden

und werden Mitträger. Wir unterstützen das Bündnis erlassjahr.de durchunsere Mitträgerschaft mit einem normalen Mitträgerbeitrag von ...........Euro (Richtwerte siehe unten). Die Mitträgerschaft beginnt sofort undkann jederzeit durch die Mitträgerorganisation gekündigt werden.

Wir sind dabei

Organisation: ........................................................................

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nen, Netzwerke, NGOs250 Euro für Dekanate, Kirchenkreise, Verbän-

de, größere Kommunen500 Euro für Landeskirchen und Diözesen

bitte ausgefüllt senden an:

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oder per Fax: 0211 46 93 197

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Carl-Mosterts-Platz 140477 DüsseldorfTel: 0211 - 46 93 196Fax: 0211 - 46 93 197e-mail: [email protected]

... warum Entschuldung weiter gehen muss:

...weil die nächste Schul-denkrise schon begonnenhat

... weil Menschenrechteauch für Schuldner geltenmüssen

... damit die Reichen nichtmehr allein entscheiden.