13
10.3 Klangsteller 10-49 10.3 Klangsteller (Tone-Control) Gleich vorneweg gesagt: Das Geheimnis eines gut klingenden Gitarrenverstärkers sind nicht seine Klangsteller (bzw. Klang-Regler, bzw. Klang-Filter, bzw. Tone-Control). Natürlich braucht man dieses Baugruppen, um Bässe, Mitten, Höhen den subjektiven Wünschen ent- sprechend einzustellen, Modifikationen am Klangsteller machen aber in der Regel aus einem schlechten Verstärker noch keinen guten. Die ersten Gitarrenverstärker hatten oft nur einen simplen Höhensteller. Bei Fenders Champ gab es anfangs sogar nur einen einzigen Drehknopf: Volume. Klangänderungen waren, falls unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller, und bekam im Lauf der Jahre weitere Knöpfe hinzu. Als Standard- Ausstattung gab's in den Fünfzigerjahren Bass- und Treble-Control, und in den Sixties bei ei- nigen Auserwählten zusätzlich Middle-Control. Marshall übernimmt Fenders Tone-Control (mit kleinen Modifikationen), und auch bei Jennings VOX-Verstärkern ist eine vergleichbare Filterstufe zu finden. Und das sind sie, die Glorreichen Drei – sehr subjektiv ausgewählt, natürlich. Aber eine auch nur annähernd repräsentative Auswahl aller entwickelten Klang- steller würde den geplanten Rahmen weit überschreiten, deshalb die Beschränkung auf einige wenige Schaltungen. In Mittenstellung gedreht, müssen die Klangsteller eines HiFi -Verstärkers eine frequenzunab- hängige Übertragung ermöglichen. Die Klangsteller eines Gitarrenverstärkers nicht, denn die- ser ist (zusammen mit dem Lautsprecher) noch Teil des Schallgenerators; er gibt dem Gitar- renton den letzten Schliff. Im Klangsteller können u.U. frequenzselektive Filterungen von mehr als 20 dB eingestellt werden, trotzdem ist der Klangsteller nicht die alleinige Filterstufe eines Gitarrenverstärkers. Die Eingangskapazitäten der Röhren wirken – zusammen mit den zumeist hochohmigen Schaltungswiderständen – als Höhenabsenkung, Überbrückungs-Kon- densatoren (über-) kompensieren diesen Höhenverlust durch Höhenanhebung. Bewusst klein dimensionierte Koppelkapazitäten wirken tiefenabsenkend, kleine Kathoden-Kondensatoren ebenso. Frequenzselektive Endstufen-Gegenkopplungen wirken als Brillanz-Anhebung, Aus- gangs-Übertrager können Resonanzanhebung und/oder Tiefenabsenkung beisteuern, und am Ende dieser Übertragungsstrecke kommt der Lautsprecher mit seinen nur schwach bedämpf- ten Resonanzen. Nein, diese Übertragung ist alles andere als frequenzunabhängig – und gerade deshalb so heiß begehrt. 10.3.1 Bass-Middle-Treble Als Beispiel für einen passiven Klangsteller wurde eine Schaltung ausgewählt, die in vielen Fender-Verstärkern anzutreffen ist, aber auch – mehr oder weniger modifiziert – bei Ampeg, Kitty Hawk, Marshall, Mesa Boogie, Music Man, Randall, Rickenbacker, Roland, Selmer, Solton, VOX, u.v.a.m. Der Begriff "passiver Klangsteller" besagt, dass die frequenzabhängige Filterung nur durch passive Bauteile, also Widerstände und Kondensatoren erfolgt. Die um den Klangsteller gruppierten Röhren verstärken frequenzunabhängig. Dass dies nicht in letzter Konsequenz zutrifft, kann näherungsweise ignoriert werden. Beim aktiven Klangsteller ist das RC-Netzwerk in die Rückkopplungs-Schleife einer Röhre eingebunden, diese Schaltungen haben eine deutlich andere Struktur. Ganz grundsätzlich betrachtet zählen auch Induktivitäten zu den passiven Bauelementen, sie werden aber wegen ihrer relativ großen Bauform ungern, und wenn, dann höchstens in Exoten eingesetzt. © M. Zollner 2007

10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10.3 Klangsteller 10-49

10.3 Klangsteller (Tone-Control)

Gleich vorneweg gesagt: Das Geheimnis eines gut klingenden Gitarrenverstärkers sind nicht seine Klangsteller (bzw. Klang-Regler, bzw. Klang-Filter, bzw. Tone-Control). Natürlich braucht man dieses Baugruppen, um Bässe, Mitten, Höhen den subjektiven Wünschen ent-sprechend einzustellen, Modifikationen am Klangsteller machen aber in der Regel aus einem schlechten Verstärker noch keinen guten. Die ersten Gitarrenverstärker hatten oft nur einen simplen Höhensteller. Bei Fenders Champ gab es anfangs sogar nur einen einzigen Drehknopf: Volume. Klangänderungen waren, falls unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller, und bekam im Lauf der Jahre weitere Knöpfe hinzu. Als Standard-Ausstattung gab's in den Fünfzigerjahren Bass- und Treble-Control, und in den Sixties bei ei-nigen Auserwählten zusätzlich Middle-Control. Marshall übernimmt Fenders Tone-Control (mit kleinen Modifikationen), und auch bei Jennings VOX-Verstärkern ist eine vergleichbare Filterstufe zu finden. Und das sind sie, die Glorreichen Drei – sehr subjektiv ausgewählt, natürlich. Aber eine auch nur annähernd repräsentative Auswahl aller entwickelten Klang-steller würde den geplanten Rahmen weit überschreiten, deshalb die Beschränkung auf einige wenige Schaltungen. In Mittenstellung gedreht, müssen die Klangsteller eines HiFi-Verstärkers eine frequenzunab-hängige Übertragung ermöglichen. Die Klangsteller eines Gitarrenverstärkers nicht, denn die-ser ist (zusammen mit dem Lautsprecher) noch Teil des Schallgenerators; er gibt dem Gitar-renton den letzten Schliff. Im Klangsteller können u.U. frequenzselektive Filterungen von mehr als 20 dB eingestellt werden, trotzdem ist der Klangsteller nicht die alleinige Filterstufe eines Gitarrenverstärkers. Die Eingangskapazitäten der Röhren wirken – zusammen mit den zumeist hochohmigen Schaltungswiderständen – als Höhenabsenkung, Überbrückungs-Kon-densatoren (über-) kompensieren diesen Höhenverlust durch Höhenanhebung. Bewusst klein dimensionierte Koppelkapazitäten wirken tiefenabsenkend, kleine Kathoden-Kondensatoren ebenso. Frequenzselektive Endstufen-Gegenkopplungen wirken als Brillanz-Anhebung, Aus-gangs-Übertrager können Resonanzanhebung und/oder Tiefenabsenkung beisteuern, und am Ende dieser Übertragungsstrecke kommt der Lautsprecher mit seinen nur schwach bedämpf-ten Resonanzen. Nein, diese Übertragung ist alles andere als frequenzunabhängig – und gerade deshalb so heiß begehrt. 10.3.1 Bass-Middle-Treble

Als Beispiel für einen passiven Klangsteller wurde eine Schaltung ausgewählt, die in vielen Fender-Verstärkern anzutreffen ist, aber auch – mehr oder weniger modifiziert – bei Ampeg, Kitty Hawk, Marshall, Mesa Boogie, Music Man, Randall, Rickenbacker, Roland, Selmer, Solton, VOX, u.v.a.m. Der Begriff "passiver Klangsteller" besagt, dass die frequenzabhängige Filterung nur durch passive Bauteile, also Widerstände und Kondensatoren erfolgt. Die um den Klangsteller gruppierten Röhren verstärken frequenzunabhängig. Dass dies nicht in letzter Konsequenz zutrifft, kann näherungsweise ignoriert werden. Beim aktiven Klangsteller ist das RC-Netzwerk in die Rückkopplungs-Schleife einer Röhre eingebunden, diese Schaltungen haben eine deutlich andere Struktur. Ganz grundsätzlich betrachtet zählen auch Induktivitäten zu den passiven Bauelementen, sie werden aber wegen ihrer relativ großen Bauform ungern, und wenn, dann höchstens in Exoten eingesetzt.

© M. Zollner 2007

Page 2: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10. Gitarrenverstärker 10-50

Ein gutes Beispiel für ein einfaches passives Klangfilter ist in Abb. 10.3.1 dargestellt. Diese Schaltung wurde in frühen Fender-Verstärkern eingesetzt (z.B. 5E4), sie findet sich aber auch in Abwandlungen bei Radioapparaten und ähnlichen Geräten. Gut überschaubare Verhältnisse ergeben sich für zugedrehtes Bass-Poti (Schleifer im Bild am rechten Anschlag). Für diesen Fall bleibt nur noch ein komplexwertiger Spannungsteiler übrig, der sich noch weiter verein-fachen lässt, wenn der Lastwiderstand zu unendlich angenommen wird. Der Strom ist dann von der Schleiferstellung unabhängig, und hängt, trotz zweier Speicher, nur als Funktion erster Ordnung von der Frequenz ab (Knickfrequenz = 653 Hz). Die Ausgangsspannung als Produkt dieses Stromes mal Querimpedanz hängt ebenfalls nur in erster Potenz von p = jω ab, bei Abgleich ergibt sich sogar ein System nullter Ordnung mit frequenzunabhängiger Übertra-gungsfunktion (32.2 dB Dämpfung). Das rechte Diagramm von Abb. 10.3.1 zeigt die Über-tragungsfunktion des unbelasteten Teilers, Parameter ist die Schleiferstellung.

250p

10n

1M220k

100k

OUT

1M5n

1M

10n

250p

R = 220kL

250p

10n

1M

R = L

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

Bass = 0

R = 220kΩL

10 20 50 100 200 500 1k 2k 5k 10kHz 20k -60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

Bass = 0

R = 220kΩL

10 20 50 100 200 500 1k 2k 5k 10kHz 20k -60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

Bass = 0

R = ∞L

10 20 50 100 200 500 1k 2k 5k 10kHz 20k Abb. 10.3.1: Einfaches Höhenfilter. Die im linken Bild gezeichnete Schaltung wurde im Super-Amp 5E4 einge-setzt, die nebenstehenden Schaltungen sind Vereinfachungen für zugedrehtes Bass-Poti. Siehe auch Abb. 10.3.3. Mit Lastwiderstand ergibt sich eine Übertragungsfunktion zweiter Ordnung, die näherungs-weise als unbelasteter Teiler mit zusätzlichem Hochpass (fg = 70 Hz) aufgefasst werden kann. Das mittlere Bild zeigt diesen Fall als Bodediagramm mit Näherungsgeraden, im linken Bild ist der vollständige Betragsfrequenzgang dargestellt. Bei der realen Schaltung wird man die Eingangskapazität der folgenden Röhre berücksichtigen müssen, die wegen des Miller-Effekts durchaus 100 pF betragen kann; die zusätzliche leichte Höhenbedämpfung macht sich aber erst ab ca. 10 kHz bemerkbar. Die Besonderheit des Fender-Klangfilters im Gegensatz zu den in der Audiotechnik sonst üblichen Klangfiltern zeigt Abb. 10.3.2: Während diese die Knick-frequenz konstant halten und den Kurvenfächer symmetrisch aufspannen, ändert sich beim Fender-Filter die Knickfrequenz beim Durchdrehen des Treble-Potis.

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

Bass = flat10 20 50 100 200 500 1k 2k 5k 10kHz 20k -60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

Bass = flat10 20 50 100 200 500 1k 2k 5k 10kHz 20k

Abb. 10.3.2: Betragsfrequenzgänge im Vergleich: Gitarrenverstärker (links), Audioverstärker (Mitte und rechts).

© M. Zollner 2007

Page 3: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10.3 Klangsteller 10-51

In Abb. 10.3.3 ist die Wirkung des Fender-Klangfilters in 6 Diagrammen dargestellt. Auch hier zeigen sich die Unterschiede zu klassischen Audio-Klangfiltern deutlich: Höhen- und Tiefendämpfung beeinflussen sich gegenseitig, bei voll aufgedrehtem Bass- und Treble-Poti entsteht sogar eine ziemlich selektive Mittenabsenkung – eine Spezialität, die fast allen spä-teren Fender-Verstärkern erhalten bleiben soll.

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kBass = 0%

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kBass = flat

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kBass = 100%

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kTreble = 0%

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kTreble = flat

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kTreble = 100%

Abb. 10.3.3: Betragsfrequenzgänge der Filter-Schaltung nach Abb. 10.3.1 (Fender Super-Amp 5E4, um 1955). Die Struktur dieses Klangfilters hat Ähnlichkeit mit der in Kap. 10.2.3 erläuterten Standard-Mischstufe: Höhen und Tiefen werden auf zwei parallele Kanäle aufgeteilt, hoch- bzw. tief-passgefiltert, und am Ausgang zusammenaddiert. Der 5-nF-Kondensator schließt hohe Fre-quenzen gegen Masse kurz, und hat insoweit eine ähnliche Funktion wie der 10-nF-Konden-sator. Vermutlich war es dieses Ähnlichkeit, die zusammen mit dem Wunsch nach Kosten-ersparnis zu einer Zusammenlegung der beiden Kondensatorzweige führte. Damit bei zuge-drehtem Bass-Poti die Höhenfilterung nicht auf der Strecke blieb, musste zwischen dem 10-nF-Kondensator und Masse noch ein Widerstand eingefügt werden, und fertig war ein Klang-filter, das mit nur zwei Kondensatoren auskam (Abb. 10.3.4).

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kBass = 0%

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kBass = flat

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kBass = 100%

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kTreble = 0%

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kTreble = flat

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kTreble = 100%

Abb. 10.3.4: Betragsfrequenzgänge des Klangfilters im Super-Amp 6G4. Schaltung siehe Abb. 10.3.8.

© M. Zollner 2007

Page 4: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10. Gitarrenverstärker 10-52

Vermutlich wurden aber die Einstellmöglichkeiten dieses Einfach-Filters von den Musikern als zu gering beurteilt, denn schon bald gab's die Revision 6G4-A (Abb. 10.3.5): Eine über-arbeitete Filterschaltung, jetzt sogar mit vier Kondensatoren, und mit einem speziellen Treble-Poti, das eine Anzapfung (engl. TAP) besitzt. Anscheinend lohnte sich der Aufwand, denn der Tremolux (6G9) erhält dieselbe Schaltung; auch im Bandmaster (6G7-A) und im Vibrolux (6G11) kommt sie zum Einsatz, dort allerdings mit kleinen Bauteile-Modifikationen.

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kBass = 0%

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kBass = flat

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kBass = 100%

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kTreble = 0%

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kTreble = flat

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

dB

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5kTreble = 100%

Abb. 10.3.5: Betragsfrequenzgänge des Klangfilters im Super-Amp 6G4-A. Schaltung siehe Abb. 10.3.8. Aber bereits in der nachfolgenden Verstärkergeneration fällt das Tap-Poti wieder weg, und um 1963 entsteht die Filterschaltung, die als Mutter aller Klangfilter in die Geschichte ein-gehen wird, und in ähnlicher Form auch bei VOX, Marshall und vielen anderen Gitarrenver-stärkern zu finden ist (Abb. 10.3.6). Besonders groß ist der Einstellbereich dieser Schaltung nicht, passt aber offensichtlich bestens zu der Kombination Fender-Gitarre + Fender-Verstär-ker. Die einzelnen Bauteilewerte erfahren sowohl bei Fender als auch bei den Epigonen klei-nere Variationen, insbesondere das "Mittenloch" wird in seiner Frequenzlage hin- und herge-schoben, die grundsätzliche Schaltungstopologie steht aber damit fest.

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

TrebleBass = 0%

dB

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

TrebleBass = 50%

dB

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

TrebleBass = 100%

dB

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

Bass Treble = 0%

dB

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

Bass Treble = 50%

dB

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

Bass Treble = 100%

dB

Abb. 10.3.6: Betragsfrequenzgänge des Klangfilters zu Beginn der 60er-Jahre. Schaltung siehe Abb. 10.3.8.

© M. Zollner 2007

Page 5: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10.3 Klangsteller 10-53

Die neue Filterschaltung (AA763, Abb. 10.3.8) ermöglichte auch, mit wenig Aufwand dem Bass- und Treble-Control einen Middle-Control hinzuzufügen: Dazu wurde lediglich der in der ersten Version als Festwiderstand realisierte RM = 6.8kΩ durch ein Potentiometer ersetzt.

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

TrebleBass = 0%

dB

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

TrebleBass = 50%

dB

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

TrebleBass = 100%

dB

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

BassTreble = 0%

dB

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

BassTreble = 50%

dB

-60

-50

-40

-30

-20

-10

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

BassTreble = 100%

dB

Abb. 10.3.7: Betragsfrequenzgänge des Klangfilters mit Mittensteller (RM = 500Ω). Vergl. mit Abb. 10.3.6. In Abb. 10.3.8 ist die Entwicklung der Fender-Klangfilterschaltung dokumentiert. Aus drei Kondensatoren wurden erst zwei, dann vier, bis schließlich eine einfache Drei-Kondensator-schaltung gefunden war, deren Topologie auch heute noch als Standard betrachtet wird.

250p

10n

1M220k

100k

OUT

1M5n

250p

10n

250k

100k

250k

10k

100k 250p

350k100n

250k

3n

50n

6800

250k

250k

250p

100n

47n

100k

6800 Abb. 10.3.8: Fender-Klangfilterschaltungen: 5E4, 6G4, 6G4-A, AA763 (von links nach rechts). Bei den Bauteilewerten der AA763-Klangfilters gab es allerdings immer wieder Veränderun-gen: Neben der Variation des 6800-Ω-Widerstandes (Mitten-Poti) unterlag vor allem der 47-nF-Kondensator mehrfachen Modifikationen und variierte von 22 nF über 33 nF bis 47 nF. Die Auswirkung dieser Kapazitätsänderung zeigt Abb. 10.3.9: Bei nicht zu weit zugedrehtem Bass-Poti bewirkt die Verkleinerung der Kapazität eine Anhebung der Spektralanteile unter 500 Hz; steht das Bass-Poti dagegen auf null, ändert sich praktisch gar nichts, weil im rele-vanten Frequenzbereich die Parallelschaltung mit dem 100-nF-Kondensator im Vergleich zum 100-kΩ-Widerstand näherungsweise als Kurzschluss wirkt. Für 122 nF, sowie für 147 nF. Es fällt schwer, bei Fender-Verstärkern ein Kriterium für die Dimensionierung dieses Kondensa-tors zu finden. Einige Verstärker, wie z.B. Showman oder Twin, starten 1963 mit 47 nF und behalten diesen Wert bei. Auch der Bandmaster erhält 1963 einen 47-nF-Kondensator, aber 5 Jahre später erfolgt der Wechsel zu 22 nF. Im Pro-Amp steckt hingegen zunächst ein 33-nF-Kondensator (AA763), der im gleichen Jahr auf 47 nF geändert wird (AB763), um 6 Jahre später einem 22-nF-Kondensator Platz zu machen. Anders im Super-Amp: Zuerst 33 nF (AA763), und noch im selben Jahr der Wechsel zu 22 nF (AB763). Wieder anders im Deluxe: Zuerst 33 nF (AA763), und noch im selben Jahr der Wechsel zu 47 nF. Magic, isn't it?

© M. Zollner 2007

Page 6: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10. Gitarrenverstärker 10-54

Abb. 10.3.9: Unterschied zwischen 22 nF (dünn) und 47 nF (dick) beim Fender-Klangfilter; RM = 6800Ω. Diese Abbildungen bleiben der Druckversion vorbehalten Die bisher dargestellten Frequenzgänge berücksichtigten noch nicht die periphere Beschal-tung. Die Quellimpedanz der vorhergehenden Stufe und die Eingangsimpedanz der nachfol-genden Stufe verändern die oben dargestellten Kurven, allerdings nicht grundsätzlich, sondern eher marginal. Die Vorstufen-Quellimpedanz beträgt bei Fender-Verstärkern typischerweise 30 – 40 kΩ, das ist ausreichend niederohmig, sodass als Näherung Spannungseinprägung angenommen werden kann. Last ist entweder ein hochohmiger Röhreneingang, oder das Vol-Poti, das mit 1 MΩ (seltener 500 kΩ) ausreichend hochohmig ist; der Ausgang ist folglich näherungsweise unbelastet. Für die Übertragung des obersten Frequenzbereiches muss aller-dings die Eingangskapazität der folgenden Röhre berücksichtigt werden. Wegen des Miller-Effekts ist hier mit 100 – 150 pF zu rechnen, das ergibt zusammen mit 250 kΩ eine Grenzfrequenz von 6.4 bzw. 4.2 kHz. Am stärksten macht sich der Brillanzverlust in Mittelstellung des Schleifers des Vol-Potis bemerkbar, weil hier dessen Innenwiderstand am größten ist (R/4). Um diesem Höhenverlust entgegenzuwirken, hatten schon die ersten Gitarren-Verstärker einen Bright-Kondensator eingebaut; er überbrückte den oberen Teil des Vol-Potis. Abb. 10.3.10 stellt im linken Bild den kapazitätsbedingten Höhenverlust dar, rechts ist die Wirkung des Bright-Kondensators zu sehen. Dargestellt ist nur die Über-tragungseigenschaft von Quellwiderstand (38 kΩ), Vol-Poti (1 MΩ), Bright-Kondensator (120 pF), und Eingangskapazität (150 pF); die hinzukommende Dämpfung des Klangfilters ist im Bild nicht dargestellt, um überschaubare Kurven zu erhalten.

-45

-40

-35

-30

-25

-20

-15

-10

-5

0

1000.1 0.2 0.5 1 2 5 10 20 kHz 50

Bright-C = 0pFdB

Vol

-45

-40

-35

-30

-25

-20

-15

-10

-5

0

1000.1 0.2 0.5 1 2 5 10 20 kHz 50

Bright-C = 120pFdB

Vol

Abb. 10.3.10: Höhenverlust durch kapazitive Belastung des Vol-Potis (links), Höhenanhebung durch Bright-C. Quellwiderstand RQ = 38kΩ, 1-MΩ-Poti, Eingangskapazität der folgenden Stufe: 150 pF.

© M. Zollner 2007

Page 7: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10.3 Klangsteller 10-55

Das als AA763 bezeichnete Fender-Klangfilter ist in Abb. 10.3.11 nochmals dargestellt, im Vergleich zu zwei um dieselbe Zeit entstandenen Konkurrenten: Dem VOX AC30-TB, und dem Marshall JTM-45. Die grundsätzliche Struktur ist gleich, im Detail finden sich aber cha-rakteristische Abweichungen: So sperrt z.B. das Fender-Filter komplett, wenn alle drei Potis auf Minimum gedreht werden – die anderen beiden Schaltungen vermeiden diese ungünstige Eigenschaft. Die individuellen Bauteilewerte unterscheiden sich auch deutlich, sodass letzt-lich doch eigenständige Schaltungen entstanden sind – trotz aller Gemeinsamkeiten.

250k

250k

250p

100n

22n

100k

10k

AA763

1M

1M

50p

22n

100k

22n

10k

AC30TB

250k

1M

250p

22n

56k

25k22n

JTM45

Abb. 10.3.11: Klangfilterschaltungen im Vergleich: Fender, VOX, Marshall. Die Filter werden unterschiedlich belastet: Fender und Marshall hochohmig, VOX mit 360 kΩ (jeweils zzgl. Miller-C).

In Abb. 10.3.12 sind die Übertragungseigenschaften des VOX-Filters (AC30-TB) abgebildet. Besonders auffällig ist die Tiefenabsenkung, die von einem (im Bild nicht gezeichneten) RC-Hochpass bewirkt wird. Wieder anders das Marshall-Filter (Abb. 10.3.13): Hier war das Ziel der Entwicklung (bzw. Modifikation) offensichtlich eine geringe Grunddämpfung, die in der nachfolgenden Version (JTM-50) noch weiter verkleinert wurde, indem der 56-kΩ-Wider-stand in 33 kΩ abgeändert wurde, und der 250-pF-Kondensator in 500 pF.

Abb. 10.3.12: Betragsfrequenzgänge des Klangfilters aus dem VOX AC30-TB (incl. 580-Hz-Hochpass). Diese Abbildungen bleiben der Druckversion vorbehalten Die Klangunterschiede der drei genannten Verstärker beruhen aber nicht in erster Linie auf den unterschiedlichen Filterschaltungen; erst das Zusammenwirken mehrerer Stufen erzeugt den individuellen Sound. Der hohe Endstufen-Innenwiderstand bewirkt beispielsweise beim AC30-TB eine starke Bassanhebung (Kap. 10.5.7) – bei Fenderverstärkern findet man die zwar auch, aber schwächer ausgeprägt. Marshall-Verstärker bieten hingegen mit dem in die Endstufen-Gegenkopplung integrierten Presence-Filter eine spezielle Höhenanhebung, die dem VOX fehlt. Weitere Unterschiede findet man im Übersteuerungsverhalten, und beim Lautsprecher: Bei Fender und VOX typischerweise ein offenes Gehäuse, bei Marshall hin-gegen die basskräftige geschlossene 4x12-Box. Das Klangfilter ist ein wesentlicher Teil des Gesamtsystems, seiner speziellen Realisierung sollte aber keine übertriebene Bedeutung zuge-schrieben werden.

© M. Zollner 2007

Page 8: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10. Gitarrenverstärker 10-56

Abb. 10.3.13: Marshall JTM-45. Die Höhenanhebung vorhergehender Stufen ist nicht berücksichtigt. Diese Abbildungen bleiben der Druckversion vorbehalten

Abb. 10.3.14: Marshall JTM-50. Die Höhenanhebung vorhergehender Stufen ist nicht berücksichtigt. Diese Abbildungen bleiben der Druckversion vorbehalten

© M. Zollner 2007

Page 9: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10.3 Klangsteller 10-57

Dass bei Klangfiltern nicht "mehr = besser" gilt, zeigen die beiden folgenden Beispiele: Im Fender-Filter arbeiten zwei bis vier Kondensatoren, das Sound-City-Filter hat deren sechs! Oder sogar 10, wie Abb. 10.3.14 zeigt. Nicht schlecht, aber trotzdem nicht von Dauer. Wäre diese Filterstruktur den anderen überlegen, sie hätte sich auch in Konkurrenzprodukten durch-gesetzt – dies war aber nicht der Fall, diese Schaltungen verschwanden wieder vom Markt.

Abb. 10.3.15: Klangfilter im Sound-City-Verstärker. Links: CS100B. Rechts: L/B 120 Mark IV.

Wie man auch mit einfachen Klangfiltern überzeugende Verstärker bauen konnte, zeigt der im Folgenden untersuchte Marshall 18-Watt-Verstärker, der von 1965 – 1967 produziert wurde und sich trotz seines eher spartanischen Filternetzwerks eine große Fan-Gemeinde eroberte. Im Normal-Channel dieses Verstärkers arbeitet ein einziges Potentiometer als Tone-Control: Entweder Höhen oder Tiefen absenken – mehr ist nicht. Auch im Tremolo-Channel nur ein Klang-Knopf: Mehr oder weniger Höhen, interaktiv mit dem Vol-Poti verknüpft.

-40

-35

-30

-25

-20

-15

-10

-5

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB

-40

-35

-30

-25

-20

-15

-10

-5

0

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

Vol = 30%dB

Abb.10.3.16: Betragsfrequenzgänge des Marshall-18W-Verstärkers; Normal-Channel (li.), Tremolo-Channel. Sehr ähnliche Schaltungskonzepte findet man auch schon gute 10 Jahre früher in Fenders "Deluxe Amp" – lediglich das Vol-Poti ist "reverse" verschaltet, um die Addition eines zwei-ten Kanals zu ermöglichen. Und diese einfachen, "alten" Verstärker gelten heute keinesfalls als "out of time", sondern erreichen bei Veranstaltungen in kleinen Clubs und im Tonstudio Kultstatus. Ganz offensichtlich ist zur Wiedergabe einer E-Gitarre kein kompliziertes Klang-filter erforderlich. Frage an Lenny Kravits♣: "Wie bekommst Du diesen Ton hin?" Antwort: "Nun, Du steckst eine Epiphone in einen Tweed Deluxe, drehst ihn auf 10, und das war's." Am anderen Ende Komplexität stehen Verstärker, die mit mehrbandigen grafischen und/oder parametrischen Equalizern eine fast unbegrenzte Klangvielfalt ermöglichen (Kap. 10.3.2). Für Verfremdungseffekte sind sie prädestiniert, die Mehrheit der Gitarristen scheint aber darauf verzichten zu können.

♣ G&B 06/04

© M. Zollner 2007

Page 10: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10. Gitarrenverstärker 10-58

10.3.2 Equalizer (EQ)

Ein Equalizer ist ein Filter, das schmalbandige Änderungen im Spektrum (bzw. in der Über-tragungsfunktion) ermöglicht. Neben einer Grundverstärkung, die im Folgenden zu 1 ( ) angenommen wird, definieren 3 Parameter das Übertragungsverhalten: Mittenfrequenz, Boost und Güte (Abb. 10.3.17). Mit der Mittenfrequenz f

dB0=

x wird die Frequenz definiert, bei der das Verstärkungsmaß am größten (bzw. am kleinsten ist), Boost spezifiziert den Verstärkungs-faktor bei fx, und Q bestimmt die Bandbreite, oder präziser, die Güte. Beim parametrischen Equalizer (EQ) sind alle drei Parameter einstellbar, beim grafischen EQ ist nur verstellbar, fx und Q sind fest vorgegeben.

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB Q = 2

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB Q = 1

Abb. 10.3.17: Übertragungsmaße eine Equalizers. B = 20⋅lg( ) = [-12 -9 -6 -3 0 3 6 9 12]dB, fx = 1 kHz. In Abb. 10.3.17 sind zwei verschiedene Kurvenscharen dargestellt. Während fx und B selbst-erklärend sind, bedarf die Güte ergänzender Erläuterungen. Häufig wird die Güte aus der an den -3dB-Punkten gemessenen relativen Bandbreite definiert; diese Definition ist beim EQ aber unbrauchbar, weil bei z.B. nur 2 dB Boost gar keine -3-dB-Punkte definierbar sind. Die richtige Definition ergibt sich aus der Übertagungsfunktion H:

22

22

//

pQppQpH

Nxx

Zxx

+⋅++⋅+

=ωωωω

fjp π2⋅=

xx fπω 2=

Wie man sieht, gibt es in diesem Filter eine Polgüte QN, und eine Nullstellengüte QZ. Setzt man f = fx, erhält man b = QN / QZ. Zur Definition einer EQ-Güte bieten sich unendlich viele Wege an, üblich sind zwei (verschiedene!) Definitionen: Entweder lässt man die Nennergüte konstant, und verändert mit der Zählergüte den Boostfaktor; dieser Filtertyp wird Constant-Q-Equalizer genannt, als EQ-Güte wird hierbei die Nennergüte spezifiziert. Oder man ver-knüpft Zähler- und Nennergüte über /QQZ = und ⋅=QQN ; in diesem Fall wird als EQ-Güte spezifiziert: ZN QQQ ⋅= . Schaltet man zwei Equalizer des zweiten Typs in Kette, wobei fx und Q jeweils identisch sein sollen, und die Boostfaktoren zueinander reziprok ( 1 = 1/ 2), kompensieren sich diese beiden Filter vollständig; sie sind zueinander invers, weshalb dieser EQ-Typ gelegentlich auch als inverser EQ bezeichnet wird (das in Abb. 10.3.17 dargestellte Filter gehört zu diesem Typ). Beim Constant-Q-Equalizer ergibt sich hingegen bei einer entsprechenden Kettenschaltung keine vollständige Kompensation: Die Absen-kungen erfolgen schmalbandiger als die Anhebungen (Abb. 10.3.18). Wenn überhaupt, spielen diese Unterschiede aber nur beim grafischen EQ eine Rolle, denn beim parame-trischen EQ können alle Parameter wahlfrei eingestellt werden.

© M. Zollner 2007

Page 11: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10.3 Klangsteller 10-59

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB Q = 2

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB Q = 1

Abb. 10.3.18: Übertragungsmaße eines Constant-Q-Equalizers. Die spezifizierte Güte ist die Nenner-Güte. Dem Constant-Q-Equalizer wird zugute gehalten, dass die Güte beim Vergrößern des Boost-Faktors nicht zunimmt, sondern Boost-unabhängig konstant bleibt. Die Nennergüte, muss man hinzufügen, denn die Zählergüte ändert sich natürlich schon. Es ist nicht ganz abwegig, der Nennergüte Priorität über die Zählergüte einzuräumen, denn der Abklingkoeffizient, der die zeitliche Hüllkurve einer Sprung- oder Impulsantwort bestimmt, hängt tatsächlich nur von der Nennergüte ab. Ob es allerdings wünschenswert ist, dass sich benachbarte EQ-Bänder in der in Abb. 10.3.18 gezeigten Weise Boost-abhängig mehr oder weniger stark überlappen, kann nur im Einzelfall nach individuellen Präferenzen entschieden werden.

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB Q = 2

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB

Q = 2

Q = 0.5

Abb. 10.3.19: Kettenschaltung zweier Constant-Q-Equalizer. Einzelfilter (----) und Kettenschaltung (––––). Da-mit sich die Verstärkungsmaße zu 0 dB ergänzen, müssen diese Güten zueinander reziprok sein (rechtes Bild). Eine häufig verwendete Schaltung zur Realisierung eines grafischen Equalizers zeigt Abb. 10.3.20. Die frequenzabhängige Schwingkreisimpedanz Z kann passiv (RLC) oder aktiv mit-hilfe eines weiteren Verstärkers realisiert werden; der Boostfaktor lässt sich am Potentiometer P einstellen, Mittenfrequenz und Güte sind durch die Schaltung vorgegeben.

RP

R

Z

+_

Z+

+

Abb. 10.3.20: Aktive EQ-Schaltung. Der Reihenschwingkreis (Z) kann mit einer der beiden aktiven Schaltungen realisiert werden. Die aktiven Schwingkreise sind Approximationen des idealen Reihenschwingkreises.

© M. Zollner 2007

Page 12: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10. Gitarrenverstärker 10-60

Die in Abb. 10.3.20 vorgestellte Schaltung bietet die Möglichkeit, die Güte (innerhalb gewis-ser Grenzen) Boost-abhängig zu verändern (Abb. 10.3.21). Wie man sieht, ergibt sich ein inverses Verhalten mit im Detail unterschiedlicher Bandbreite. Relativ hochohmige Potentio-meter ergeben das im rechten Bild dargestellte Verhalten, niederohmige das links dargestellte. Mit linearem Potentiometer ändert sich der Boostwert vor allem am Ende der Widerstands-bahn, deshalb ist ein spezielles Potentiometer mit S-förmiger Kennlinie erforderlich.

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB

Abb. 10.3.21: Übertragungsmaße der EQ-Schaltung nach Abb. 10.3.20. Fügt man in die EQ-Schaltung nach Abb. 10.3.20 mehrere Potentiometer (mit unterschied-lichen Schwingkreisen) ein, kann mit wenig Aufwand ein mehrbandiger grafischer EQ reali-siert werden. Abb. 10.3.22 zeigt hierzu Diagramme für unterschiedliche Einstellungen.

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB

-20

-15

-10

-5

0

5

10

15

20

30 50 10k100 200 500 1k 2k 5k

dB

Abb. 10.3.22: Oktav-Equalizer: Einzelfilter (l.o.). Sechsbandiger EQ, Verstärkung nur im 1-kHz-Kanal (r.o.). Verstärkung nur in drei Bändern (l.u.). Über der Frequenz ansteigende Verstärkung (r.u.).

© M. Zollner 2007

Page 13: 10.3 Klangsteller (Tone-Control) - gitec-forum.de · PDF file03.10.2010 · unabdingbar, an der Gitarre vorzunehmen. Der Deluxe hatte zur Klangeinstellung immerhin schon einen Höhensteller,

10.3 Klangsteller 10-61

10.3.3 Presence-Control

In der Tonstudiotechnik wird als Präsenzbereich der Frequenzbereich zwischen etwa 1 kHz und 4 kHz bezeichnet; ein Präsenzfilter ist ein in diesem Bereich arbeitender Equalizer. Beim Gitarrenverstärker ist ein Präsenzfilter (Presence-Control) hingegen eine Alternative zum Höhenfilter (Treble-Control). Eine frühe Variante des Präsenzfilters findet sich in Leo Fenders Bassman: Schon die zweite Bauform (5B6) erhält in der Endstufe eine Gegenkopp-lung, die im Nachfolgemodell (5D6) frequenzabhängig wird – vermutlich war eine zusätz-liche Höhenanhebung wünschenswert. Da aber schon ein Höhensteller (Treble-Control) ein-gebaut war, musste ein neuer Begriff geschaffen werden: Presence-Control. Jim Marshall (bzw. Ken Bran), der ja für seinen JTM-45 den Bassman als Vorbild genommen hatte, übernimmt auch dieses Präsenzfilter, nur bei VOX ist die Situation genau umgekehrt: Da der AC30-TB die Höhen fast schon zu stark anhebt, erhält dessen Endstufe einen als "Cut" bezeichneten Höhenabschwächer. Das bei Fender und Marshall verwendete Präsenzfilter arbeitet nach einem einfachen Prinzip: Ein in die Gegenkopplungsschleife integrierter Tief-pass verringert die hochfrequente Schleifenverstärkung, und hebt damit die Höhen an. Doch trotz ihres einfachen Funktionsprinzips, die Schaltung hat zwei Besonderheiten: Zum einen ist der Lautsprecher Teil der Gegenkopplungsschleife, seine Impedanz bestimmt die Wirkung des Präsenzfilters mit. Zum anderen muss berücksichtiget werden, dass die Endstufe eines Gitarrenverstärkers nicht selten übersteuert wird; das Präsenzfilter ist somit Teil eines nicht-linearen Systems, seine klanglichen Auswirkungen unterscheiden sich vom Treble-Control.

.1 .15 .2 .3 .4 .5 .6 .7 .8.9 1 1.5 2 3 4 5 6 7 8 910 kHz 20-5

0

5

10

15

20

25

30

dB

Presence

.1 .15 .2 .3 .4 .5 .6 .7 .8.9 1 1.5 2 3 4 5 6 7 8 910 kHz 20

-5

0

5

10

15

20

25

30

dB

Presence

Abb. 10.3.23: Wirkung des Präsenzfilters beim Marshall JTM-45. Bei der links dargestellten Messung war der 16-Ω-Ausgang mit einem reellen 16-Ω-Widerstand belastet, rechts mit einer 4x12-Box (1960 AX). In Abb. 10.3.23 sind Messungen eines JTM-45 dargestellt. Das Generatorsignal wurde hierzu am Eingang des Differenzverstärkers eingekoppelt, gemessen wurde am Leistungsausgang. Im einen Fall war dieser mit einem 16-Ω-Widerstand belastet, im anderen Fall mit einer Laut-sprecherbox. Die zwar auch mit nominell 16 Ω angegeben wird, deren Impedanz aber nicht konstant, sondern frequenzabhängig ist.

© M. Zollner 2007