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36 Klenkes Juni 2011 Fünf Millionen Container pro Jahr: Die Software von INFORM steuert die Logistik im Hamburger Hafen. Es gibt einen Trend zum IT-Experten on demand. Für manche Großprojekte wer- den Software-Entwickler oder Ingenieu- re aus dem Ausland nach Deutschland geholt. Die sitzen dann mit dreißig Per- sonen in einem Großraumbüro und wenn der Job nach drei Monaten erle- digt ist, fährt die Mannschaft wieder nach Hause. Ist das in Zukunft die Ant- wort auf den Fachkräftemangel? Adrian Weiler: Nein. Ich sehe das persönlich auch sehr kritisch. Die Qualität der Arbeit unserer Fachkräfte wird enorm gesteigert durch die Zeitdauer, mit der sie sich mit ei- ner bestimmten Materie beschäftigen. Sie sammeln Erfahrung in einem speziellen Ar- beitsgebiet. Dazu gehört nicht nur das In- formatikumfeld, sondern hier zählen auch Kenntnisse von der Betriebsumgebung. Un- sere Software soll die Arbeit schließlich ver- einfachen. Systeme von uns werden zum Beispiel auf Flughäfen eingesetzt, um dort die gesamte Logistik zu verbessern. Für so eine Aufgabe brauchen sie jemanden mit Flughafenerfahrung. So jemanden können sie aber nirgendwo auf der Strasse anheu- ern. Deswegen müssen wir die Leute im ei- genen Unternehmen heranziehen. Wir stel- len Berufsanfänger ein und vermitteln ih- nen das Wissen im Fachbereich und vor allem auch in dem Arbeitsbereich, wo die Software später zum Einsatz kommt. Wie geschieht das „Heranziehen“ prak- tisch? Wir haben ein Coachingkonzept. Den Absol- venten wird ein Mentor an die Seite gestellt. Und mit diesem Mentor verbringen sie dann die ersten beiden Berufsjahre. In dieser Zeit werden den jungen Leuten bereits verant- wortliche Tätigkeiten übertragen, aber sie werden damit nicht alleingelassen. Was muss man als Berufsanfänger mit- bringen? Beweglichkeit im Kopf! Flexibles Denken! Das Wichtigste ist aber die Fähigkeit, ver- gleichsweise komplexe Sachverhalte, zum Beispiel Arbeitsabläufe oder Betriebspro- zesse, strukturiert kommunizieren zu kön- nen, mündlich und schriftlich. Was verbirgt sich hinter dem Begriff Komplexität? In der deutschen Industrie wird immer wei- ter automatisiert und daraus ergeben sich zahlreiche komplexe Anforderungen. Zum Beispiel im Maschinenbau, wo es darauf ankommt, in welcher Reihenfolge welche Werkstücke bearbeitet werden, so dass die vielen Teile letztendlich montiert werden können. Das sind dann 5.000 Teile, die in rund 30.000 Arbeitsschritten zu einer Ma- schine zusammengesetzt werden. Und das über acht Wochen hinweg. In welcher Rei- personalpolitik IT-Firma sucht Drachentöter Der Fachkräftemangel in den IT- und Ingenieurberufen zwingt viele Unternehmen in einen Wettbewerb um die besten Köpfe. Dabei geht es aber nicht nur um das Abschöpfen von den Top-Kandidaten auf dem Arbeitsmarkt, sondern um eine kluge Personalpolitik, die zur Unternehmenskultur passt. Für Adrian Weiler, Geschäftsführer des Aachener Softwareunter- nehmens INFORM, spielen dabei Begriffe wie Glück und Geborgenheit die wichtigste Rolle. henfolge plane ich also die Arbeitsfolgen? Das erledigt am Ende unsere Software. Wie wird man zu einem Komplexitäts- versteher? Das ist wahrscheinlich nicht nur naturgegeben. Na ja... Es hilft schon, wenn man ein biss- chen Spaß hat an Mathematik, wenn man Spaß hat an Kommunikation. Warum ist Kommunikation in diesem Zusammenhang so wichtig? Im Einzelfall kann man die Logik solcher Betriebsprozesse nur verstehen, wenn man sich mit bis zu 25 Menschen im Be- trieb intensiv unterhält. Auf diese Köpfe ist das wichtige Wissen verteilt. Und dann müssen unsere Mitarbeiter in der Lage sein, die Inhalte verständlich an unsere Programmierer weiterzugeben. Komplexität verstehen und kommuni- zieren – wie finden Sie heraus, ob ein Bewerber dieses Potenzial hat? Also das Vorstellungsgespräch ist sehr wichtig und natürlich die Probezeit. Darü- ber hinaus stellen wir neue Mitarbeiter grundsätzlich mit 2-Jahres-Verträgen ein. Nach dieser Zeit wissen wir dann schon, ob jemand zu uns passt oder nicht. An- sonsten haben wir überhaupt keine befris- teten Stellen im Unternehmen. Entweder es gibt nach den zwei Jahren einen unbe- fristeten Vertrag oder gar keinen. Was für einen Druck kommt auf einen jungen Berufsanfänger zu? Die Verantwortung kommt in Abstufungen. Verantwortung ist ja keine Sache, die man hat oder nicht hat. Zunächst geht es um Teilaufgaben, die mit der Zeit wachsen. Bei deren Bewältigung gibt es immer den besagten Mentor, der ihnen dann weiter- hilft. Ich kann mir vorstellen, dass manche potentiellen Bewerber vor den hohen Anforderungen zurückschrecken. Hat man bei Inform nur mit einem Einser- Abschluss eine Chance? Es ist eine Fehleinschätzung, dass wir nur die absoluten Topcracks suchen. Es kommt – wie gesagt – auch darauf an, dass die Kandidaten beweglich im Kopf sind. Wenn hier ein Einser-Kandidat sitzt, der aber irgendwie nur seine kleine Welt überschauen kann, dann bringt der uns nichts. Wenn aber ein 2er oder 3er Kandi- dat dabei ist, der wirklich strukturiert denkt und Situationen auf einen Blick ver- stehen und formulieren kann, dann ist der wesentlich geeigneter. Und die Leute müssen ins Unternehmen passen. Darauf liegt unser Fokus. Was heißt das konkret: „ins Unter- nehmen passen“? Die Leute müssen miteinander reden kön- nen. Wir sind vielleicht vergleichbar mit ei- ner Volleyballmannschaft – wir brauchen keine Einzelkämpfer, sondern engagierte Mitarbeiter, die einfach eine gute Arbeit machen wollen und auch ein Glücksgefühl daraus beziehen, Herausforderungen zu meistern. Alle fünf Tage einen neuen Dra- chen längs des Weges getötet; ein Drache, der in Wirklichkeit besteht aus einem logi- schen Problem oder einem Kommunikati- onsproblem. Drachen töten – das heißt: es gibt Risi- ken und Gefahren. Und es kann auch mal was schief gehen ... Deswegen versuchen wir so etwas wie ei- ne Geborgenheit herzustellen. Wenn die Welt sehr komplex und anstrengend ist, und gerade wenn Sie für Leute in Großfir- men tätig sind – die Daimlers, BMWs, VWs dieser Welt –, dann ist es wichtig, dass sie einen Rückhalt haben bei ihren Kollegen oder Vorgesetzten. Es ist sehr wichtig, dass Mitarbeiter sich geborgen fühlen, dass ihnen z.B zugestanden wird Fehler zu machen. Das tun wir. Es gibt eine Fehler- kultur bei uns, wir sind kein Null-Fehler- Betrieb. /// Lutz Bernhardt INFORM ist spezialisiert auf Software mit intelligenter Optimierungslogik zur Pro- duktivitätssteigerung von Betriebspro- zessen. Arbeitsbereiche: Industrie, Han- del, Logistik, Luftfahrt, Finance, Telekom- munikation sowie Krankenhäuser und Stadtwerke. Das Unternehmen ist laufend auf der Su- che u.a. nach Wirtschaftsingenieuren und Informatikern, Mathematikern, Physikern und Betriebswirten. Gleichzeitig bietet IN- FORM in Kooperation mit der RWTH Aa- chen die Ausbildungen zum Mathema- tisch-Technischen Software-Entwickler und zum Fachinformatiker Anwendungs- entwicklung an. /// inform-software.de Karriere bei INFORM Adrian Weiler, Geschäftsführer bei INFORM Klenkes 06/2011, Seite 36

11_06_Klenkes

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36 Klenkes Juni 2011

Fünf Millionen Container pro Jahr: Die Software von INFORM steuert die Logistik im Hamburger Hafen.

Es gibt einen Trend zum IT-Experten ondemand. Für manche Großprojekte wer-den Software-Entwickler oder Ingenieu-re aus dem Ausland nach Deutschlandgeholt. Die sitzen dann mit dreißig Per-sonen in einem Großraumbüro undwenn der Job nach drei Monaten erle-digt ist, fährt die Mannschaft wiedernach Hause. Ist das in Zukunft die Ant-wort auf den Fachkräftemangel?Adrian Weiler: Nein. Ich sehe das persönlichauch sehr kritisch. Die Qualität der Arbeitunserer Fachkräfte wird enorm gesteigertdurch die Zeitdauer, mit der sie sich mit ei-ner bestimmten Materie beschäftigen. Siesammeln Erfahrung in einem speziellen Ar-

beitsgebiet. Dazu gehört nicht nur das In-formatikumfeld, sondern hier zählen auchKenntnisse von der Betriebsumgebung. Un-sere Software soll die Arbeit schließlich ver-einfachen. Systeme von uns werden zumBeispiel auf Flughäfen eingesetzt, um dortdie gesamte Logistik zu verbessern. Für soeine Aufgabe brauchen sie jemanden mitFlughafenerfahrung. So jemanden könnensie aber nirgendwo auf der Strasse anheu-ern. Deswegen müssen wir die Leute im ei-genen Unternehmen heranziehen. Wir stel-len Berufsanfänger ein und vermitteln ih-nen das Wissen im Fachbereich und vorallem auch in dem Arbeitsbereich, wo dieSoftware später zum Einsatz kommt.

Wie geschieht das „Heranziehen“ prak-tisch?Wir haben ein Coachingkonzept. Den Absol-venten wird ein Mentor an die Seite gestellt.Und mit diesem Mentor verbringen sie danndie ersten beiden Berufsjahre. In dieser Zeitwerden den jungen Leuten bereits verant-wortliche Tätigkeiten übertragen, aber siewerden damit nicht alleingelassen.

Was muss man als Berufsanfänger mit-bringen?Beweglichkeit im Kopf! Flexibles Denken!Das Wichtigste ist aber die Fähigkeit, ver-gleichsweise komplexe Sachverhalte, zumBeispiel Arbeitsabläufe oder Betriebspro-

zesse, strukturiert kommunizieren zu kön-nen, mündlich und schriftlich.

Was verbirgt sich hinter dem BegriffKomplexität?In der deutschen Industrie wird immer wei-ter automatisiert und daraus ergeben sichzahlreiche komplexe Anforderungen. ZumBeispiel im Maschinenbau, wo es daraufankommt, in welcher Reihenfolge welcheWerkstücke bearbeitet werden, so dass dievielen Teile letztendlich montiert werdenkönnen. Das sind dann 5.000 Teile, die inrund 30.000 Arbeitsschritten zu einer Ma-schine zusammengesetzt werden. Und dasüber acht Wochen hinweg. In welcher Rei-

personalpolitik

IT-Firma sucht DrachentöterDer Fachkräftemangel in den IT- und Ingenieurberufen zwingt viele Unternehmen in einen Wettbewerb um die besten Köpfe.

Dabei geht es aber nicht nur um das Abschöpfen von den Top-Kandidaten auf dem Arbeitsmarkt, sondern um eine kluge

Personalpolitik, die zur Unternehmenskultur passt. Für Adrian Weiler, Geschäftsführer des Aachener Softwareunter-

nehmens INFORM, spielen dabei Begriffe wie Glück und Geborgenheit die wichtigste Rolle.

Anze

igehenfolge plane ich also die Arbeitsfolgen?

Das erledigt am Ende unsere Software.

Wie wird man zu einem Komplexitäts-versteher? Das ist wahrscheinlichnicht nur naturgegeben.Na ja... Es hilft schon, wenn man ein biss-chen Spaß hat an Mathematik, wenn manSpaß hat an Kommunikation.

Warum ist Kommunikation in diesemZusammenhang so wichtig?Im Einzelfall kann man die Logik solcherBetriebsprozesse nur verstehen, wennman sich mit bis zu 25 Menschen im Be-trieb intensiv unterhält. Auf diese Köpfe istdas wichtige Wissen verteilt. Und dannmüssen unsere Mitarbeiter in der Lagesein, die Inhalte verständlich an unsereProgrammierer weiterzugeben.

Komplexität verstehen und kommuni-zieren – wie finden Sie heraus, ob einBewerber dieses Potenzial hat?Also das Vorstellungsgespräch ist sehrwichtig und natürlich die Probezeit. Darü-ber hinaus stellen wir neue Mitarbeitergrundsätzlich mit 2-Jahres-Verträgen ein.Nach dieser Zeit wissen wir dann schon,ob jemand zu uns passt oder nicht. An-sonsten haben wir überhaupt keine befris-teten Stellen im Unternehmen. Entwederes gibt nach den zwei Jahren einen unbe-fristeten Vertrag oder gar keinen.

Was für einen Druck kommt auf einenjungen Berufsanfänger zu? Die Verantwortung kommt in Abstufungen.Verantwortung ist ja keine Sache, die manhat oder nicht hat. Zunächst geht es umTeilaufgaben, die mit der Zeit wachsen.Bei deren Bewältigung gibt es immer denbesagten Mentor, der ihnen dann weiter-hilft.

Ich kann mir vorstellen, dass manchepotentiellen Bewerber vor den hohenAnforderungen zurückschrecken. Hatman bei Inform nur mit einem Einser-Abschluss eine Chance?Es ist eine Fehleinschätzung, dass wir nurdie absoluten Topcracks suchen. Eskommt – wie gesagt – auch darauf an,dass die Kandidaten beweglich im Kopfsind. Wenn hier ein Einser-Kandidat sitzt,der aber irgendwie nur seine kleine Welt

überschauen kann, dann bringt der unsnichts. Wenn aber ein 2er oder 3er Kandi-dat dabei ist, der wirklich strukturiertdenkt und Situationen auf einen Blick ver-stehen und formulieren kann, dann ist derwesentlich geeigneter. Und die Leutemüssen ins Unternehmen passen. Daraufliegt unser Fokus.

Was heißt das konkret: „ins Unter-nehmen passen“?Die Leute müssen miteinander reden kön-nen.Wir sind vielleicht vergleichbar mit ei-ner Volleyballmannschaft – wir brauchenkeine Einzelkämpfer, sondern engagierteMitarbeiter, die einfach eine gute Arbeitmachen wollen und auch ein Glücksgefühldaraus beziehen, Herausforderungen zumeistern. Alle fünf Tage einen neuen Dra-chen längs des Weges getötet; ein Drache,der in Wirklichkeit besteht aus einem logi-schen Problem oder einem Kommunikati-onsproblem.

Drachen töten – das heißt: es gibt Risi-ken und Gefahren. Und es kann auchmal was schief gehen ...Deswegen versuchen wir so etwas wie ei-ne Geborgenheit herzustellen. Wenn dieWelt sehr komplex und anstrengend ist,und gerade wenn Sie für Leute in Großfir-men tätig sind – die Daimlers, BMWs, VWsdieser Welt –, dann ist es wichtig, dass sieeinen Rückhalt haben bei ihren Kollegenoder Vorgesetzten. Es ist sehr wichtig,dass Mitarbeiter sich geborgen fühlen,dass ihnen z.B zugestanden wird Fehler zumachen. Das tun wir. Es gibt eine Fehler-kultur bei uns, wir sind kein Null-Fehler-Betrieb. /// Lutz Bernhardt

INFORM ist spezialisiert auf Software mitintelligenter Optimierungslogik zur Pro-duktivitätssteigerung von Betriebspro-zessen. Arbeitsbereiche: Industrie, Han-del, Logistik, Luftfahrt, Finance, Telekom-munikation sowie Krankenhäuser undStadtwerke.Das Unternehmen ist laufend auf der Su-che u.a. nach Wirtschaftsingenieuren und

Informatikern, Mathematikern, Physikernund Betriebswirten. Gleichzeitig bietet IN-FORM in Kooperation mit der RWTH Aa-chen die Ausbildungen zum Mathema-tisch-Technischen Software-Entwicklerund zum Fachinformatiker Anwendungs-entwicklung an. ///

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Adrian Weiler, Geschäftsführer beiINFORM

Klenkes06/2011, Seite 36

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