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120. Jahrgang Nr. 31.750 Sonnabend, 19. Dezember 2009 Schulterschluss im Stadion Regierung und Gewerkschaft demonstrieren Gemeinsamkeit Inhalt Regierung und CGT: Einigkeit Argentinien .................... 1 Macris neues Kabinett Argentinien .................... 2 Streitfall Honduras Meinung ........................ 4 PASCH-Ferienlager Reportage ..................... 7 ZB-Reserven für Schuld Wirtschaftsübersicht .... 12 Rubriken Personalnachrichten ... 14 Wirtschaft .............. 12-14 Sind enge Verbündete: Cristina Kirchner und Hugo Moyano. Foto: AP Buenos Aires (AT/mc) – Es war ein großer zur Schau gestellter Schulterschluss, den Gewerk- schaftsboss Hugo Moyano und Präsidentin Cristina Kirchner am Dienstag anlässlich des “Tages der Lkw-Fahrer” im Stadion von Vé- lez Sarsfield übten. Unter dem Jubel Tausender Gewerkschaftler – die Zahlen schwanken zwischen 45.000 und 70.000 Teilnehmern– und vor dem Hintergrund von Großplakaten mit den Köpfen von Juan Domingo und Evita Perón bekräftigten sie ihre Gemeinsam- keiten. “Ich werde immer an der Seite der Arbeiter stehen, denn ich glaube an sie”, rief Cristina der Großversammlung zu. Die Präsidentin und Moyano als Chef des Gewerkschaftsdach- verbandes CGT waren sich einig in der Bewahrung und Verteidi- gung des gegenwärtigen Gewerk- schaftssystems sowie in ihrer Kri- tik an Medien und Agrarverbän- den. Moyano stellte sich schüt- zend vor diejenigen Gewerkschaf- ten und Sozialwerke, gegen die derzeit im Rahmen des Medika- mentenskandals ermittelt wird. Es gebe Meinungsmacher, die nichts über die Wirklichkeit der Sozial- werke wüssten. Letztere leisteten einen wichtigen Dienst für die Werktätigen. Gleichwohl habe es auch Fehler gegeben, räumte Mo- yano ein ohne ins Detail zu gehen. Cristina verteidigte das bishe- rige CGT-Modell, nach der jeder Berufsstand nur einmal gewerk- schaftlich vertreten sein soll: “Die Arbeiter brauchen starke Gewerk- schaftsführer”, so die Präsidentin. Zuletzt hatte es Gerichtsurteile gegeben, die das bisherige System in Frage stellen. Moyano selbst vermied Äußerungen zu dem heik- len Thema. Der Gewerkschafts- boss nahm seinerseits – ohne den Namen zu nennen - Hugo Biolca- ti, den Chef der Agrargesellschaft (Sociedad Rural), aufs Korn. Die- ser hatte unlängst gefordert, die peronistische Regierung der Pro- vinz Buenos von Daniel Scioli - im übertragenen Sinne - zu “ent- haupten”. “Ein Lästermaul mit der Attitüde eines streitsüchtigen Gauchos kann uns nicht erschre- cken”, konterte Moyano, dem selbst Ambitionen auf das Gouver- neursamt in der mächtigen Pro- vinz nachgesagt werden. Cristina meinte ebenfalls die Agrarver- bänden, als sie sagte, es gebe “Interessen weniger Mächtiger, die versuchten, den demokrati- schen Prozess kaputtzuma- chen”. Moyano lobte die Präsi- dentin für ihre mutige Politik und versicherte, dass die Ge- werkschaftler an der Seite der Regierung stehen würden, um die demokratischen Institutio- nen zu verteidigen. Buenos Aires (AT/mc) - Die Kindersterblich- keit in Argentinien ist zurückgegangen. Mit dieser guten Nachricht wartete Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner im Rahmen eines Empfan- ges zu ihrem zweijährigen Regierungsjubiläums auf. Demnach sei der Anteil der Kinder, die vor Vollendung ih- res fünften Le- bensjahres ster- ben, von 13,3 Promille in 2007 auf 12,5 im vergange- nen Jahr gesun- ken. Cristina nannte die Ent- wicklung er- freulich. Sie räumte aber ein, dass man noch weit entfernt sei von den Zielen, die man sich selber gesteckt habe. Die Staatschefin gab sich zu- versichtlich, die Sterblichkeitsrate weiter senken zu können, wenn die allgemeine Finanzhilfe pro Kind sowie das Handbuch für Gesundheit und Erziehung eingeführt werden. Letzteres wird in Zusammenar- beit mit den verschiedenen Regierungen und Verwal- tungen ausgearbeitet. “Die Kindersterblichkeit zu senken, ist ein entscheidendes Thema”, so Cristina. Etwas überrascht von den Zahlen zeigte sich Abel Albino, der Chef der Hilfsorganisation “Red Co- nin”, die im ganzen Land 21 Hilfszentren unterhält: “Ich habe eigentlich nicht das Gefühl gehabt, dass die Kindersterblichkeit zurückgegangen wäre. Hoffentlich stimmt es. Für Politiker sind Statisti- ken wie Laternen für Betrunkene: Es ist für sie nicht wichtig, ob sie leuchten, sie halten sich nur daran fest.” Zudem sei alles eine Frage des Vergleichs: In Chile betrage die Kindersterblichkeit nur 7,5 Pro- mille, so Albino. Kindersterblichkeit gesunken

120. Jahrgang Nr. 31.750 Schulterschluss im Stadion

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Page 1: 120. Jahrgang Nr. 31.750 Schulterschluss im Stadion

120. Jahrgang Nr. 31.750Sonnabend, 19. Dezember 2009

Schulterschluss im StadionRegierung und Gewerkschaft demonstrieren Gemeinsamkeit

InhaltRegierung und CGT:EinigkeitArgentinien .................... 1

Macris neues KabinettArgentinien .................... 2

Streitfall HondurasMeinung ........................ 4

PASCH-FerienlagerReportage ..................... 7

ZB-Reserven für SchuldWirtschaftsübersicht .... 12

RubrikenPersonalnachrichten ... 14Wirtschaft .............. 12-14

Sind enge Verbündete: Cristina Kirchner und Hugo Moyano.

Foto: AP

Buenos Aires (AT/mc) – Es warein großer zur Schau gestellterSchulterschluss, den Gewerk-schaftsboss Hugo Moyano undPräsidentin Cristina Kirchner amDienstag anlässlich des “Tages derLkw-Fahrer” im Stadion von Vé-lez Sarsfield übten. Unter demJubel Tausender Gewerkschaftler– die Zahlen schwanken zwischen45.000 und 70.000 Teilnehmern–und vor dem Hintergrund vonGroßplakaten mit den Köpfen vonJuan Domingo und Evita Perónbekräftigten sie ihre Gemeinsam-keiten. “Ich werde immer an derSeite der Arbeiter stehen, denn ichglaube an sie”, rief Cristina derGroßversammlung zu.

Die Präsidentin und Moyanoals Chef des Gewerkschaftsdach-verbandes CGT waren sich einigin der Bewahrung und Verteidi-gung des gegenwärtigen Gewerk-schaftssystems sowie in ihrer Kri-tik an Medien und Agrarverbän-den. Moyano stellte sich schüt-zend vor diejenigen Gewerkschaf-ten und Sozialwerke, gegen diederzeit im Rahmen des Medika-mentenskandals ermittelt wird. Esgebe Meinungsmacher, die nichtsüber die Wirklichkeit der Sozial-werke wüssten. Letztere leisteten

einen wichtigen Dienst für dieWerktätigen. Gleichwohl habe esauch Fehler gegeben, räumte Mo-yano ein ohne ins Detail zu gehen.

Cristina verteidigte das bishe-rige CGT-Modell, nach der jederBerufsstand nur einmal gewerk-schaftlich vertreten sein soll: “DieArbeiter brauchen starke Gewerk-schaftsführer”, so die Präsidentin.Zuletzt hatte es Gerichtsurteilegegeben, die das bisherige Systemin Frage stellen. Moyano selbstvermied Äußerungen zu dem heik-len Thema. Der Gewerkschafts-boss nahm seinerseits – ohne denNamen zu nennen - Hugo Biolca-ti, den Chef der Agrargesellschaft(Sociedad Rural), aufs Korn. Die-ser hatte unlängst gefordert, dieperonistische Regierung der Pro-vinz Buenos von Daniel Scioli -im übertragenen Sinne - zu “ent-haupten”. “Ein Lästermaul mit derAttitüde eines streitsüchtigenGauchos kann uns nicht erschre-

cken”, konterte Moyano, demselbst Ambitionen auf das Gouver-neursamt in der mächtigen Pro-vinz nachgesagt werden. Cristinameinte ebenfalls die Agrarver-bänden, als sie sagte, es gebe“Interessen weniger Mächtiger,die versuchten, den demokrati-

schen Prozess kaputtzuma-chen”. Moyano lobte die Präsi-dentin für ihre mutige Politikund versicherte, dass die Ge-werkschaftler an der Seite derRegierung stehen würden, umdie demokratischen Institutio-nen zu verteidigen.

Buenos Aires (AT/mc) - Die Kindersterblich-keit in Argentinien ist zurückgegangen. Mit dieserguten Nachricht wartete Präsidentin CristinaFernández de Kirchner im Rahmen eines Empfan-ges zu ihrem zweijährigen Regierungsjubiläumsauf. Demnach sei der Anteil der Kinder, die vor

Vollendung ih-res fünften Le-bensjahres ster-ben, von 13,3Promille in2007 auf 12,5im vergange-nen Jahr gesun-ken. Cristinanannte die Ent-wicklung er-freulich. Sieräumte aberein, dass man

noch weit entfernt sei von den Zielen, die man sichselber gesteckt habe. Die Staatschefin gab sich zu-versichtlich, die Sterblichkeitsrate weiter senken zukönnen, wenn die allgemeine Finanzhilfe pro Kindsowie das Handbuch für Gesundheit und Erziehungeingeführt werden. Letzteres wird in Zusammenar-beit mit den verschiedenen Regierungen und Verwal-tungen ausgearbeitet. “Die Kindersterblichkeit zusenken, ist ein entscheidendes Thema”, so Cristina.

Etwas überrascht von den Zahlen zeigte sich AbelAlbino, der Chef der Hilfsorganisation “Red Co-nin”, die im ganzen Land 21 Hilfszentren unterhält:“Ich habe eigentlich nicht das Gefühl gehabt, dassdie Kindersterblichkeit zurückgegangen wäre.Hoffentlich stimmt es. Für Politiker sind Statisti-ken wie Laternen für Betrunkene: Es ist für sie nichtwichtig, ob sie leuchten, sie halten sich nur daranfest.” Zudem sei alles eine Frage des Vergleichs: InChile betrage die Kindersterblichkeit nur 7,5 Pro-mille, so Albino.

Kindersterblichkeit gesunken

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Seite 2Sonnabend, 19. Dezember 2009

Macris neues KabinettWirbel um Posse / Stadtchef zieht Halbzeitbilanz

Buenos Aires (AT/mc) – Vorwenigen Wochen erst hatte Mau-ricio Macri, der Regierende Bür-germeister von Buenos Aires, ge-sagt, dass kein Grund bestehe, inseinem Kabinett Veränderungenvorzunehmen. Nun wurden gleichdrei wichtige Posten neu verge-ben. Bereits in der vergangenenWoche war die Bestellung vonAbel Posse zum neuen Erzie-hungsminister angekündigt wor-den (wir berichteten). Zudemwurden jetzt auch Diego Santillials neuer Umweltminister und Eu-genio Burzaco als Chef derHauptstadt-Polizei vereidigt.

Besonders die Amtseinführungvon Posse war umstritten. Der 75-jährige Diplomat und Schriftstel-ler war unlängst mit einem The-

Straßenschlacht zur RektorwahlStudenten versuchten Wiederwahl von Hallú zu verhindern

senpapier an die Öffentlichkeitgetreten, in dem anregte, imKampf gegen die Kriminalitätauch die Armee einzusetzen.Zudem plädierte er für härtereStrafen für kriminelle Jugendli-che. Vor dem Regierungsgebäudeversammelten sich zur Vereidi-gung Demonstranten der politi-schen Linken, die Posse einen“Faschisten” schimpften. Possefolgt bekanntlich Mariano Naro-dowski nach, gegen den in derAbhör-Affäre ermittelt wird. Die-se ist auch der Grund für die per-sonellen Änderungen in der neu-

en Hauptstadt-Polizei. Der um-strittene Jorge Palacios musstegehen. Der 38-jährige Burzacoübernimmt nun das Amt von Os-valdo Chamorro, der nach Pala-cios’ Verhaftung interimsmäßig ander Spitze der Behörde stand. ImMinisterium für Umwelt und öf-fentlichen Raum wurde ein Wech-sel notwendig, da der bisherigeMinister Juan Pablo Piccardo in Zu-sammenhang mit rüdem Auftretenvon Wachdiensten kritisiert wurde.

Macri nutzte die Vereidigung,um eine Halbzeitbilanz seinerRegierung zu ziehen: “In zwei

Jahren haben wir mehr erreicht alsandere in zehn Jahren zuvor.”Macri nannte als die drei Haupt-ziele seiner Regierung die Ausbil-dung für den Nachwuchs zu si-chern, die Verkehrsinfrastrukturzu verbessern und die neue Me-tropol-Polizei voranzubringen.

Personelle Neuerungen gab esauch in der Provinz Buenos Ai-res. Dort entließ Gouverneur Da-niel Scioli GesundheitsministerClaudio Zin. Gegen diesen ermit-telt die Justiz im Medikam-tenskandal. Politische Beobachterrechnen zudem mit der baldigenEntlassung des Sicherheits-Staats-sekretärs Paúl Starc wegen derPannen bei der Suche nach dervermissten Familien Pomar (wirberichteten).

Mit Stöcken und Steinen gingendie Studenten gegen die Polizei vor.

Foto: AP

Buenos Aires (AT/mc) – Begleitet von hef-tigen Auseinandersetzungen zwischen ge-waltbereiten Studenten und der Polizei stimm-te am Montag die Vollversammlung der Uni-versität von Buenos Aires (UBA) mit großerMehrheit für eine Wiederwahl von RubénHallú als Rektor. In einer nur 15-minütigenSitzung, die aus Sicherheitsgründen im Ple-narsaal der Deputiertenkammer stattfand, ent-fielen auf Hallú als einzigen Kandidaten 144Stimmen. Von den 158 Anwesenden, die mitSonderbahnen der Subte sowie Mannschafts-wagen zur Veranstaltung gebracht werdenmussten, votierte keiner mit Nein. Der Amts-inhaber erreichte unter dem Strich 25 Stim-men mehr als notwendig. In der Versamm-lung gibt es insgesamt 236 Sitze. Doch die Studenten unter Führungdes argentinischen Studentenbundes (FUBA) zogen es vor, die Versamm-lung zu boykottieren und ihr Zustandekommen zu verhindern. Dies warbereits bei Hallús erster Wahl 2006 mehrfach gelungen. Zudem nah-men Professoren einiger oppositioneller Fachbereiche (Soziologie, Na-turwissenschaften) nicht an der Wahl teil.

Vor den Toren des Kongressgebäudes entzündete sich eine heftigeStraßenschlacht, als die Polizei 25 FUBA-Studentendelegierte mit kör-

perlicher Gewalt daran hinderte, dieAbsperrungen zu überwinden. In derFolge flogen Pflastersteine, Mülleimer,und Stöcke. Zudem schossen dieinsgesamt rund 200 Studenten mitSchleudern. Die Staatsgewalt antwor-tete mit Tränengas und Wasserwerfern,wobei die Beamten Wasser mit blauerFarbe einsetzten, um die Demonstran-ten zu markieren und so identifizierenzu können. Nach gut einer halben Stun-de war das Kräftemessen zu Ende.Nach Angaben der medizinischen So-forthilfe (SAME), habe es nur einenVerletzten gegeben, der ins Kranken-haus transportiert werden musste. Ka-

binettschef Aníbal Fernández sprach hingegen davon, dass auch meh-rere Beamte verletzt worden seien. Festnahmen gab es nicht.

Die Studenten kritisierten, dass die Wahlversammlung gegen dasUniversitätsstatut vorstoßen habe, da das Mandat der 2006 gewähltenVertreter bis kommenden März Gültigkeit habe. Nun kürten aber schondie neu gewählten Delegierten den Rektor. Zudem habe es Hallú inseiner bisherigen Amtszeit versäumt, die Uni zu demokratisieren unddie Zusammensetzungsproporz der Universitätsgremien zu verändern.

WOCHENÜBERSICHTGereizte Atmosphäreauf der Plaza de MayoWer darf auf der Plaza de Mayo

in Buenos Aires demonstrieren?Diese Frage stand im Raum, alsam vergangenen Dienstag gleichdrei verschiedene Gruppierungendort Kundgebungen abhaltenwollten. Da waren zum einen Bo-livianer, die den Sarg eines Lands-mannes aufbahren wollte. Diesersei angeblich von einem Polizis-ten erschossen worden. Der Ord-nungshüter habe den Mann, dertatsächlich Maurer war, mit einemDrogendealer verwechselt und ab-gedrückt, so die Darstellung derBolivianer. Die Demo passte den

“Müttern der Plaza de Mayo”, dieihre traditionelle Veranstaltung“Offenes Radio” auf dem Platzabhalten wollten, gar nicht insKonzept. Sie und ihre Unterstüt-zer versuchten, die Bolivianer zu-rückzudrängen. In den Konfliktmischten sich die Arbeitslosen-Aktivisten ein, deren AnführerRaúl Castells sich auf die Seitender Bolivianer schlug. Er solldabei die Plaza de Mayo-Aktivis-tin Hebe de Bonafini als “Nazi”beschimpft haben. Castells selberbezichtigte die “Mütter”, die Bo-livianer mit fremdenfeindlichenSprüchen verunglimpft zu haben.Es kam zu Rempeleien. Die Situ-

ation drohte zu eskalieren, ehe diePolizei eingriff und den Platzräumte. Castells befand sich zumZeitpunkt der Auseinandersetzun-gen noch im Hungerstreik, den eram Folgetag aber beendete. Hin-tergrund seiner Aktion waren For-derungen nach Sozialhilfe in derProvinz Chaco. Nachdem der dor-tige Gouverneur Jorge CapitanichVerhandlungen zusagte, hörteCastells nach 13 Tagen mit demHungern auf.Drohungen gegen Cristina

Übel mitgespielt wurde Präsi-dentin Cristina Kirchner. Als dieStaatschefin am Freitag vergange-

ner Woche im Helikopter auf demWeg von ihrer Residenz in Olivoszur Casa Rosada war, störten Un-bekannte den Funkverkehr undsprachen Beleidigungen und Dro-hungen aus: “Tötet die Stute” for-derten sie. Außerdem waren Aus-schnitte des Marsches “Avenidade la Camelias” zu hören, einerQuasi-Hymne während der Mili-tärherrschaft. Da am selben Tagauch der Prozess gegen Verant-wortliche des berüchtigten ehema-ligen Folterzentrums ESMA be-gann, liegt für Cristina und ihrenKabinettschef Aníbal Fernándezder Verdacht nahe, dass es eineVerbindung zu Helfern und Sym-

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pathisanten der Diktatur (1976 bis1983) gebe. “Viele Episoden, diein diesen Tagen geschehen sind,haben uns gezeigt, dass die Dino-saurier noch immer da sind”,meinte Cristina mit Blick auf dieEwiggestrigen.

Tragödie hinter GitternZu einer Tragödie mit vier To-

ten und insgesamt zwölf Verletz-ten kam es am Montag auf einerPolizeiwache in Lomas del Mira-dor im Großraum Buenos Aires(La Matanza). Laut Darstellungder Polizei begann das Schre-ckensszenario, als Inhaftierte ver-suchten, ein Fluchtloch zu schaf-fen. Die Ordnungshüter bemerk-ten dies und versuchten, die Häft-linge in deren Zellen zu sperren.Diese meuterten und zündeten ihreMatratzen an. Der so entstandene

Brand führte zum Erstickungstodvon vier Inhaftierten. Sechs wei-tere von ihnen wurden verletzt,ebenso sechs Polizisten. SalvadorBaratta, der Koordinator der poli-zeilichen Einsatztruppen in derProvinz, zeigte sich geschockt vonden Ereignissen. In einer erstenAnalyse sagte er, dass sich zumZeitpunkt der Auseinandersetzun-gen 18 Gefangene auf der Wachebefunden hätten. Diese ist eigent-lich nur für zehn Häftlinge konzi-piert. Und Marcelo García, derGeneralstaatsanwalt der Provinz,beklagte: “Wir haben immer dar-auf hingewiesen, dass nicht zu vie-le Häftlinge auf den Polizeiwa-chen sein sollten.”

Junge überlebt SturzWie durch ein Wunder hat ein

Sechsjähriger in Buenos Aires ei-nen Sturz aus dem achten Stock-werk eines Wohnhauses leicht ver-letzt überlebt. Der kleine Juan Car-los habe nicht einmal das Be-wusstsein verloren. Nach demAufprall meinte er nur: “Mir tutder Kopf ein bisschen weh“, be-richtete das Fernsehen unter Be-rufung auf Augenzeugen. Er waraus noch unbekannter Ursachevom Balkon etwa 30 Meter in dieTiefe gestürzt, berichteten natio-nale Medien am Mittwoch weiter.Der Fall in die Tiefe sei aber vonden Ästen eines Baumes verlang-samt worden; zudem sei der Jun-ge auf dem Kofferaumdeckel ei-nes Autos aufgeprallt. Dabei habeer sich lediglich Abschürfungenund Prellungen zugezogen, teiltendie behandelnden Krankenhaus-

ärzte mit. Zum Zeitpunkt des Un-glücks war die Mutter des Jungennur kurz aus dem Haus gegangen.Ein Nachbar habe so lange aufpas-sen sollen.

Häftling erwürgt FrauEin argentinischer Häftling hat

seine Ehefrau bei einem Gefäng-nisbesuch erwürgt. Der Mann, derwegen Raubes und Freiheitsberau-bung zu 20 Jahren Haft verurteiltsei, habe die Frau in der Toilettedes Besuchertraktes in dem Ge-fängnis von Marcos Paz, einemVorort von Buenos Aires, umge-bracht, teilten die Behörden amDienstag weiter mit. Warum derMann die Mutter der erst 45 Tagealten gemeinsamen Tochter töte-te, blieb unklar.

(AT/mc/dpa)

Im Blickfeld

Gefährliche HeimkehrVon Stefan Kuhn

„Willkommen daheim“, begrüßte Hans Christian Strache, derVorsitzende der rechtsextremen österreichischen Freiheitlichen(FPÖ), die Mitglieder des Kärntner Landesverbands des Bünd-nis Zukunft Österreich (BZÖ). Das BZÖ hatte sich vor nichteinmal fünf Jahren unter Führung des früheren FPÖ-Vorsitzen-den Jörg Haider von den Freiheitlichen abgespalten. Gut ein Jahrnach Haiders Unfalltod kehrt jetzt ein Teil der Abtrünnigen heimin die Mutterpartei.

Hierbei handelt es sich allerdings nicht um eine Wiederverei-nigung, sondern um eine Heimkehr auf Raten, die eine reichlichverworrene Situation herbeigeführt hat. Die landesweite Parteium den Vorsitzenden Josef Bucher lehnt die Annäherung an dieFPÖ konsequent ab. Dazu kommen auch prominente BZÖ-Poli-tiker wie die Haider-Schwester Ursula Haubner, Generalsekre-tär Stefan Petzner und andere politische Ziehkinder Haiders. Siesehen in der Entscheidung der Kärntner Landespartei, bei derder Bundesvorstand nicht miteinbezogen wurde, einen Putsch.

Drahtzieher sind der Kärntner Landesvorsitzende UweScheuch und dessen Bruder Kurt. Sie gründeten am Mittwochdie „Freiheitlichen in Kärnten“ (FPK). Im Hinterkopf hatten diePutschisten ein Kooperationsmodell wie es in Deutschland zwi-schen CDU und CSU besteht. Das heißt, die FPÖ zieht sich ausKärnten zurück und überlässt das Feld der FPK, mit der manlandesweit zusammenarbeitet. Das fällt der FPÖ nicht sonder-lich schwer, denn in diesem Bundesland sitzt sie mit 3,8 Prozentnicht im Landtag, während das BZÖ oder die jetzige FPK mitfast 45 Prozent stärkste Partei ist und mit Haider-NachfolgerGerhard Dörfler den Landeshauptmann (Ministerpräsident) stellt.

Die Kooperation wäre eine klassische Win-Win-Situation, wä-ren da nicht Haiders Paladine. Sie wollen in Kärnten das BZÖneu gründen und machen dadurch die Träume der FPK von einerabsoluten Mehrheit zunichte. Bei den nächsten Landtagswahlenwird es wohl darauf ankommen, wer sich am überzeugendstenals Haider-Nachlassverwalter präsentiert. Der verstorbeneRechtspopulist ist in Österreichs südlichstem Bundesland einVolksheld. Für Verwirrung sorgt zudem, dass sich die KärntnerFPÖ derzeit noch nicht auflösen will. Somit gibt es in Kärnten

mit BZÖ, FPÖ und FPK derzeit drei Parteien der extremen Rechten.Ganz kopieren wollten FPÖ und FPK das CDU/CSU-Modell

dann auch nicht. In Deutschland gehen die beiden Unionspartei-en im Bundestag eine Fraktionsgemeinschaft ein. Für den öster-reichischen Nationalrat hatten FPÖ und FPK zwei Fraktionen(Österreichisch: Klubs) geplant. Grund dafür war wohl eine ein-fache finanzielle Rechnung. In Österreich stehen den Klubs staat-liche Finanzmittel in Millionenhöhe zu. Weil nicht alle KärntnerAbgeordneten von den Fahnen gingen, verpasst die neue FPKmit vier knapp die Fraktionsstärke von fünf Abgeordneten unddamit erkleckliche Summen an Euros. Man muss freilich abwar-ten, ob sich nicht jemand der anderen verbleibenden 16 BZÖ-Abgeordneten überzeugen lässt.

Aus politischer Sicht ist der Zusammenschluss des KärntnerBZÖ und der FPÖ folgerichtig. Ideologisch liegen die beidenrechtsextremen bzw. rechtspopulistischen Parteien nicht so weitvoneinander entfernt. Der Grund der damaligen Abspaltung hat-te mehr persönliche als politische Gründe. Zusammen haben beideParteien bei den letzten Nationalratswahlen mehr als 28 Prozentder Stimmen erreicht. Als Fraktion hätte das Platz zwei hinterden Sozialdemokraten bedeutet. Die Scheuch-Brüder habenzudem erkannt, dass mit dem Tod des Parteiführers die Integrati-onsfigur fehlt. Die Kärntner Landtagswahlen in diesem Jahr wa-ren noch Haider-Gedächtniswahlen mit einem Rekordergebnisfür das BZÖ. In fünf Jahren wird es anders aussehen. Dörfler istnicht Haider, aber Strache hat zumindest das Zeug dazu. Zudemsteht der derzeitige BZÖ-Parteichef Josef Bucher im Verdacht,ein „echter“ Liberaler zu sein. Ihm schwebt eine rechtsliberalePartei nach Vorbild der deutschen FDP vor. Das hätten und ha-ben viele BZÖ-Mitglieder nicht mitgetragen.

Die Abspaltung war dennoch unüberlegt und hat ein politi-sches Chaos innerhalb der Rechten provoziert, aber die FPÖ rech-net damit, dass die Zeit für sie spielt. Nationalratswahlen stehenin Österreich erst 2013 an, in Kärnten wird 2014 gewählt. Zeitgenug, das Rest-BZÖ politisch zu zermürben, aber auch Zeitgenug, sich selbst zu zermürben. Je länger der Streit dauert, des-to gefährlicher wird er für die FPÖ.

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StreitpunktHonduras

Die politische Krise in Honduras befindet sich seit den Präsident-schaftswahlen vom 29. November auf dem Weg ei-

ner institutio-nellen Lösung. Die Krise entstand, als der damaligePräsident Manuel Zelaya, der der Liberalen Partei angehört, sichmit dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez als politischerAlliierter verständigte. Chávez lieferte Honduras, das keine Raffi-nerie besitzt, billiges Benzin und kaufte damit die Gefolgschaftvon Zelaya wie die von Evo Morales in Bolivien, Rafael Correa inEcuador und Daniel Ortega in Nicaragua. Zentraler Angelpunktdieses als bolivarianisch getauften Projektes ist die unbeschränkteWiederwahl der jeweiligen Präsidenten, anders als die geltendeRegel einmaliger direkter Wiederwahl mit vier Jahren Amtszeit inLateinamerika und anderswo.

Gegen das Bestreben von Zelaya, die Wiederwahl kraft einesVolksreferendums gegen die Verfassung durchzusetzen, die die Wie-derwahl in Folge verbietet, rebellierten der Oberste Gerichtshofund das Parlament, die kurzerhand dem Militär vorschrieben, Zelayamittels eines Staatsstreichs abzusetzen und außer Landes zu brin-gen. Dieser widerrechtliche Putsch wurde weltweit abgelehnt. DieInterimsregierung unter dem Parlamentspräsidenten Roberto Mi-cheletti, ebenfalls wie Zelaya Mitglied der Liberalen Partei, wurdenicht anerkannt. Sowohl die Vereinten Nationen als auch die Orga-nisation Amerikanischer Staaten (spanisches Kürzel OEA) ver-dammten den Putsch. Honduras wurde vorübergehend aus der OEAausgeschlossen. Alle Regierungen des amerikanischen Kontinents,auch US-Präsident Barack Obama, zogen ihre Botschafter aus Te-gucigalpa zurück und verweigerten den Putschisten ihre Anerken-nung. Honduras war auf sich selbst angewiesen, zumal auch zuge-sagte Finanzhilfen der US-Regierung in der Schwebe blieben. Meh-rere Vermittlungsversuche scheiterten, weil stets die Wiederein-setzung von Zelaya gefordert wurde, die die Interimsregierung nichtzugestand, zuletzt auch eine Bemühung von drei US-Spitzendiplo-maten mit dem Ziel, dass Zelaya eine Regierung der nationalenUnion bilden sollte, offenbar ein politisches Ding der Unmöglich-keit. Inzwischen hatte Zelaya Asyl in der brasilianischen Botschaftin Tegucigalpas gefunden, von wo aus er seine Landleute aufrief,die Wahlen zu boykottieren.

Indessen verliefen die Wahlen durchaus normal. Über 60 Pro-zent der Wählerschaft nahm Teil und der siegreiche Kandidat Por-firio Lobo der oppositionellen Konservativen Partei wurde mit über50 Prozent der Stimmen gewählt. Danach verlagerte sich der Kampfauf die Anerkennung der Wahlen. Die US-Regierung schwenkteum und anerkannte die Wahlen, die von Zelaya einberufen wordenwaren, nicht etwa von der Interimsregierung, dessen Präsident Mi-cheletti sieben Tage sein Amt nicht ausübte. Nachdem das US-Staatsdepartement die Wahlen als einen Weg zur Lösung der Kriseverkündet hatte, während Präsident Obama schwieg, meldeten sichPanama, Costa Rica, Kolumbien, Peru, Chile und Mexiko mit ähn-licher Bereitschaft zum Wort. Brasiliens Präsident Lula hingegen,blieb stur bei der Position, dass Zelayas wieder in sein Amt einzu-setzen sei, damit er Neuwahlen ausschreibe. Argentinien, Uruguayund Paraguay nahmen auf der jüngsten Mercosurtagung in Monte-video den gleichen Standpunkt ein. Lula ging gegenüber USA ei-gene Wege, nachdem er von US-Regierungssprechern, auch Präsi-dent Obama, als der echte politische Führer in Südamerika gelobtworden war. Die europäischen Regierungen überlegen sich derzeit,ob sie die Beziehungen zu Honduras wieder herstellen.

Als politisches Fazit der Krise bleibt die Tatsache, dass Chávezeinen Alliierten verloren hat, was ihn sicherlich maßlos ärgert. Dieargentinische Regierung tut sich auch schwer, das Ergebnis derWahlen anzuerkennen, mit dem die Krise gelegentlich überwun-den werden kann. In Honduras wird mit dem Konservativen Loboein Oppositioneller der Liberalen regieren, die die Krise verursachthaben. Das Volk hat sie mit dem Wahlergebnis entmachtet.

RandglossenKabinettschef Aníbal Fernández, der gerne schlagfertig auf

Fragen antwortet, trat dieser Tage in das berühmte Fett-näpfchen, als er einen Polizeikommissar anwies, den Befehl einerRichterin als verfassungswidrig zu missachten. Es ging um einenGewerkschaftsstreit des Flugpersonals, in dem die Richterin be-schlossen hatte, dass die Betriebsräte der hellblauen Liste diejeni-gen der grünen Liste in den Wahlen besiegt hatten. Dass der Kabi-nettschef sich als Hüter der Verfassung vorstellt, der alleine dasRecht in Anspruch nimmt, über die Verfassungskonformität einesRichterspruchs zu entscheiden, hat die politische Szene verständ-licherweise in Aufruhr versetzt. Oppositionsdeputierte fordernbereits, Fernández zu zitieren und gegebenenfalls abzusetzen, wiees die Verfassung vorsieht. Das kann freilich erst ab März 2010geschehen. Inzwischen steht der Politiker unter scharfem Beschusswegen seiner Anmassung, sich als Verfassungshüter aufzuspielen.

Der Unterstaatssekretär für interame-rikanische Beziehungen imUS-Staatsdepartement, der gebürtige Chilene Arturo Valenzu-

ela, besuchte dieser Tage auch Buenos Aires nach einer Tour im Sub-kontinent und erklärte nach Gesprächen mit Unternehmern, dass es inArgentinien an Rechtssicherheit für Investitionen mangele. Wutent-brannt antworteten die Minister für Inneres und Äußeres auf Geheißder Präsidentin, dass Argentinien als Rechtsstaat für Rechtssicherheitsorge, zumal ihnen keine Klagen von hier ansässigen US-Unterneh-men bekannt seien. Dabei drängt sich die Frage auf, ob die Ministerschwerhörig sind, nachdem jedermann sich Sorgen macht, mit wel-chen diskriminierenden Maßnahmen die Geschäftsaussichten von Un-ternehmen beeinträchtigt werden. Angeblich ist Präsidentin CristinaKirchner verärgert, dass sie noch nicht von US-Präsident Barack Oba-ma in Audienz empfangen worden ist wie mehrere lateinamerikani-sche Kollegen, nachdem sie ihn beim Amtsantritt als ein Hoffnungs-träger gelobt hatte. Inzwischen sieht sie die US-argentinischen Bezie-hungen in anderem Licht. Anders als mit dem Vorgänger im gleichenUS-Rang verzichtete die Präsidentin darauf, Valenzuela zu empfan-gen. Wie Du mir, so ich Dir.

Natürlich ist es politisch unkorrekt, wenn der neue britischeMilitärbischof den Taliban Respekt zollt. Militärisch gese-

hen wäre das noch angemessen, denn die Gotteskrieger halten nunschon einige Jahre den Truppen der Nato stand. Doch Steven Ven-ner bewundert die „religiöse Überzeugung“ der Taliban, und dasist für einen, der die Moral der britischen Kämpfer hochhaltensoll, doch verfehlt. Aus religiöser Sicht mag Venner durchaus mitdem Herzen gesprochen haben. Für manch einen Kleriker mögendie Taliban bewundernswert sein. Sie sind religiöse Überzeugungs-täter, verbrennen Ketzer und Andersgläubige, verabscheuen Ho-mosexuelle und stutzen Frauen auf ihre traditionelle Rolle zurecht.Paradiesische Zustände...

Das Schlimmste, was einem an Fa-milienfeiern oder Festessenpassieren kann, ist eine misslungene Sitzordnung. Mal will die

Schwiegermama Ehen anbahnen und setzt den unverheirateten Neffenneben eine ledige Cousine des Bräutigams, wo man nach zwei Minu-ten schon weiß, warum beide noch ledig sind. Weniger tragisch, aberdennoch unangenehm verhält es sich bei Gala-Diners anlässlich inter-nationaler Konferenzen. Säße Dänemarks Königin etwa zwischen Geor-ge W. Bush und Silvio Berlusconi, hätte sie des einen Hand auf demOberschenkel, die des anderen kraulte ihren Nacken. Noch unange-nehmer wären freilich Hugo Chávez zur Linken und Mahmud Ahma-dinedschad zur Rechten. Bei denen muss man zwar keine Handgreif-lichkeiten befürchten, dafür aber extreme Konversationshindernisse.Wohl deshalb hat man beim Klima-Gipfel in Kopenhagen in die Sitz-ordnung eingegriffen. Margarethe muss nicht wie protokollarisch vor-gesehen neben Simbabwes Diktator Robert Mugabe sitzen.

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Ariel Suárez.

Buenos Aires (AT/teu) – Bei denSüdamerikanischen Rudermeister-schaften, die am vergangenen Wo-chenende auf der Regattabahn inTigre mit der Teilnahme von zehnLändern und 250 Ruderern ausge-tragen wurden, feierte Argentinieneinen durchschlagenden Erfolg mit18 Goldmedaillen in 24 Regatten derKategorien Junioren, Leichtgewichtund Senioren. Die zwölf im Na-tio-nalkader nominierten Teutonia-Ruderer trugen mit fünf Goldmedail-len zum nationalen Sieg bei und bestätigten den glänzenden Jahres-abschluss nach den sieben erreichten Siegen bei den ArgentinischenMeisterschaften zwei Wochen zuvor. Der Skipper Ariel Suárez, WM-Elfter in Posen, holte gleich zweimal Gold. Im Se-nioren-Einer ver-teidigte er erfolgreich seinen Südamerika-Titel und verwies das chi-lenische Boot auf den zweiten Platz. Zudem wiederholte er seinenErfolg im Senioren-Doppelvierer zusammen mit den Gebrüdern Se-bastián und Santiago Fernández (CSF) und Cristian Rosso (Zarate).Gold für Argentinien holte auch der Teutonen U23-WM-Zweite Die-go López zusammen mit Joaquin Iwan (Mendoza) im Senioren-”Zwei-er ohne” und die Olympia-Ruderin aus Athen Lucía Palermo im Da-men-Doppelzweier zusammen mit der Einer-Siegerin Maria LauraAbalo (CSF). Schließlich steuerte die Teutonin Maria EugeniaChristello den Junioren-Achter in der spannendsten Regatta des Ta-ges mit minimalen Vorsprung vor Chile gekonnt durchs Ziel. Silberfür Argentinien holte auch die Teutonin Soledad Escalante im Junior-innen-Doppelvierer.

Teutonia stark: Fünfmal Gold

Eine moderne Exkursion zu den Indios RanquelesEingeborenen wurden in San Luis alte Ländereien zurückgegeben

Federico und Marlú Kirbus vor dem Gästehaus.

Die modern eingerichtete Küche.

Es waren achtzehn Tage, aberso voller Abenteuer mit den halb-wilden Eingeborenen, wie OldShatterhand sie während seinerjahrelangen Streifzüge durch dieWigwams der Sioux im WildenWesten nicht erfahren hatte. Lu-cio V. Mansilla konnte mit seinenErlebnissen einen spannendenTatsachenbericht in Buchformvon 500 Seiten Umfang füllen.

Mansilla unternahm anno 1868seinen Besuch bei den Ranquelesin ihren Tolderías (Zeltstädten),verstreut in der nur leicht gewell-ten Ebene am Schnittpunkt derheutigen Provinzen San Luis,Córdoba und La Pampa. Das Landwar mit Sanddünen übersät undflachen Lagunen gesprenkelt, die

für die Eingeborenen lebenswich-tig waren, auch wenn ihr Wassernicht immer süß, sondern oftgenug salzhaltig war.

Oberst Mansilla war Abkömm-ling bekannter Patrizier aus derZeit der Staatwerdung, bewährterOffizier und Freund von Sarmien-to, Mitre und später auch Roca. Imübrigen war er mütterlicherseitsmit Juan Manuel de Rosas ver-wandt.

Als Kommandant des FuerteRío Cuarto beschloss er, einen Er-kundungszug zu den weiter süd-lich lebenden Ranqueles zu unter-nehmen. Ziel war, sie zum Einlen-ken auf ein friedliches Zusammen-leben zu bringen und die schonzuvor festgeschriebenen Verträge

zwischen der Nationalregierungund den Eingeborenen zu bekräf-tigen.

Der berittene Trupp (Pferdeund Mulis) bestand nebenMansilla aus achtzehn Mann: vierOffiziere, zwölf Soldaten undzwei junge Franziskanermönche,die tapfer genug waren, dienahezu unbewaffnete Expeditionmit ihrem Kelch und Kruzifix zubegleiten, um den Naturmen-schen den christlichen Glaubennäherzubringen; ein Lasttierzugfolgte den Reitern in einigemAbstand.

Südlich von Río Cuarto befandsich Fortin Sarmiento, von wo dieGruppe aufbrach, begleitet vonzwei eingeborenen Baqueanosoder Scouts, die das Geländeeinigermaßen kannten. Das heu-tige Villa Sarmiento an derselbenStelle wie das Fortín befindet sicham Nordufer des Río Quinto, etwa115 Kilometer südsüdwestlichvon Río Cuarto entfernt.

Von hier aus ging es RichtungSüden, durch gewelltes Land, abund zu von Caldén-Wäldchen be-standen, mit spärlichem Gras-wuchs und den so lebenswichti-gen Gewässern, die man unbe-dingt kennen musste: Laguna ElCristiano, Laguna Ralicó, LagunaEl Cuero und andere.

Obwohl Mansilla in seiner„Excursión» detailliert Berichtgibt, sind die meisten Örtlichkei-ten, die er berührte, heute nurschwer auszumachen. Viele Tüm-pel sind ausgetrocknet, die Wäl-der teils größer geworden, teilsabgeholzt, ansonsten kaum An-haltspunkte. Nur die Laguna ElCuero ist erhalten geblieben.

Nach längerem Ritt erreichte

der Zug endlich das erste Zeltdorf.Die wichtigsten Kaziken warendamals Mariano Rosas und Manu-el Baigorria. Aber es war eine Ge-duldsprobe, an sie heranzukom-men. Die Weißen wurden schonfrüh von den Spähern der Ranque-les ausgemacht, angesprochen unddann an die Tolderías herange-führt. Es waren jedoch langwieri-ge diplomatische Prozeduren nö-tig, um Schritt um Schritt demHäuptlingszelt näherzukommen.

Um seine Gastgeber milde zustimmen, hatte Mansilla ganzeLasten von Gaben mitgebracht, soTücher und Hemden, Tabak, Zu-cker, Yerba Mate und vor allemSchnaps, auf den die Naturmen-schen geradezu versessen waren,

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obwohl der Methylalkohol gera-de sie schwer mitnahm, da sämt-lichen amerikanischen Eingebore-nen ein Enzym fehlt, um den Spi-ritus so leicht und schnell wie einEuropäer abzubauen. Das warschließlich auch das Ende dernord-amerikanischen Rothäute.

Unendlich lang waren die Pa-laver, die Zeremonien, Handlun-gen und Rituale, bis man endlichzur Sache kommen konnte.

Mansilla schrieb seine Erleb-nisse detailliert nieder und ließ sievon dem ihm bekannten Direktorder Zeitung La Tribuna 1870 alstägliche Fortsetzungen veröffent-lichen.

Das Publikum in Buenos Aireswar begeistert und riss sich um dieAusgaben. Die 68 Kapitel wurdenspäter in Buchform publiziert, inverschiedene Sprachen übersetztund mehrmals ausgezeichnet.

Die Ranqueles sahen sich alsein Parallelzweig zu den südchi-lenischen Mapuches an, derenZunge sie auch sprachen. Mansil-las Reisebeschreibung ist auchethnografisch und anthropolo-gisch äußerst interessant und wert-voll. Es werden die Lebens- unddie Essgewohnheiten geschildert,

Brauchtum, Traditionen, Jagd-techniken, der Orientierungssinnder Naturmenschen, ihre legendä-re Widerstandskraft, ihre Reit-künste, kurzum alles. Pferde-fleisch mundete den Naturmen-schen über alles, vor allem roh.

Dabei war Mansilla zwareinerseits ein Dandy, der in Rom,London und Paris gelebt hatte,doch ein gebildeter Mann, dermehrere Sprachen beherrschte undden Tacitus ebenso zitierte wieRousseau.

Von den Ranqueles sind nachden Befriedungsfeldzügen vonGeneral Roca 1879 nur verspreng-te Gruppen übriggeblieben, diesich nach und nach in die westli-che Zivilisation einzugliedern ver-suchten, jedoch nur als Taglöhner,Handlanger oder Viehhirten, sel-tener als Handwerker (Artesanos).

Die Regierung von San Luisder Brüder Rodríguez Saá(gleichfalls mit Eingeborenenblutin ihren Adern) hat nun unlängstbeschlossen, das Unrecht teilweisewiedergutzumachen und einerGruppe von Ranquel-Nachkömm-lingen Grund und Boden zu über-eignen. Es ist ein Areal von knapp70.000 Hektar südlich von Fraga,an der Provinzstraße Nummer 27gelegen.

Hier wurde nach fortschritt-lichster Bautechnik ein Doppel-dorf angelegt bestehend aus Ver-waltungs- und Schulgebäude,modernst eingerichtetem Hospitalund zwei Siedlungen von je zwölfHäusern: jeweils elf Wohnungenund eine Besucher- bzw. Touris-tenunterkunft. In der Unter- undder Mittelstufe der Schule werdenetwa 30 Kinder unterrichtet.

Jedes Objekt ist komplett aus-gerüstet und wird von einer Fami-lie bewohnt, die sich um die Pfle-

Eduardo, ein fastreinblütiger Ranquel.

Die Machi (Zauberin) und der Lonko (Häuptling).

ge des Anwesens, inklusive Berie-selung des Rasens usw. kümmernmuss. Die überaus originelle Ar-chitektur ist im Stil der Toldosgehalten, wobei seitliche Schat-tenwände die Tierhäute imitieren,die den Zelten - wie hier auch -Schutz vor Sonne und Regen bo-ten. Lange Metallpfosten erinnernan die Stangen der Zelte.

Oberhaupt der etwa 80 Seelenstarken Gemeinde ist der Lonko(General bzw. Chef), der angese-henste, gewählte Häuptling, demeine Art Zauberin (Machi) zur Sei-te steht.

Die Kinder werden mit Laptops

unterrichtet, jedes Gebäude hatDirect TV und WiFi-Zugang, au-ßerdem unterirdischen Anschlussan Wasser und Strom. Das knappbemessene Handgeld wirddadurch aufgebessert, indem dieMiete benachbarter Estancierosfür die Weidegründe innerhalb desAreals unter der Gemeinschaftverteilt wird.

Die Reiseredakteure des Ar-gentinischen Tageblattes warenAnfang November die ersten Jour-nalisten und Touristen, die imGästehaus nächtigten und das Le-ben in der Ranquel-Gemeinschaftkennenlernten. Marlú

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„Warum Deutsch lernen?“Ferienlager der PASCH-Schulen ganz im Zeichen des Films

Von Maria Buck

Alle Teilnehmer waren begeistertvon diesem Ferienlager der besonderen Art.

Buenos Aires (AT) - Deutsch lernen - für die meisten Schüler hat dasnur wenig mit Spaß zu tun. Komplizierte Grammatik, schwierige Aus-sprache und teilweise unglaublich lange Worte lernen. Außerdem han-delt es sich bei Deutsch längst nicht um eine so bedeutsame Sprachewie beispielsweise Englisch. Warum also Deutsch lernen?

Für die Schülerinnen und Schüler der PASCH-Schulen, die durch einBildungsprogramm der deutschen Bundesregierung gefördert werden,ist die Antwort klar: Deutsch ist cool, Deutsch macht Spaß, und mitDeutsch kann man in mehreren europäischen Ländern studieren und ar-beiten.

Für rund 60 Schülerinnen und Schüler von 15 PASCH-Mitglieds-schulen aus Argentinien, Paraguay und Uruguay fand vom 29. Novem-ber bis zum 5. Dezember in Villa General Belgrano, Córdoba, ein Feri-enlager statt. Entscheidend für die Erlaubnis, daran teilzunehmen, wa-ren die jeweiligen Schulleistungen und das Interesse für die deutscheSprache und Kultur. Denn die Kosten für das Ferienlager wurden kom-plett von PASCH übernommen. Für die Schüler war es damit eine ArtStipendium als Belohnung für ihre erbrachten Leistungen im FachDeutsch.

Eine Woche lang drehte sich für die Schüler im Alter von 14 bis 17Jahren alles um das Thema „Film“. Denn eines ist für Ines Patzig-Bartsch,die Initiatorin des Projekts und Expertin für Unterricht (kurz ExU) amGoethe Institut Buenos Aires, besonders wichtig: „Deutsch ist hier nichtdas Ziel, sondern das Mittel.“ Soll bedeuten, dass auf die Kinder keintrockener Sprachunterricht wartet, sondern ein spannendes Programm,bei dem sie zwar immer wieder mit Deutsch in Berührung kommen,aber sich hauptsächlich mit etwas anderem beschäftigen - in diesem FalleFilm.

Während des diesjährigen Ferienlagers, das nun zum zweiten Malveranstaltet wurde, erarbeiteten die Kinder zwei Kurzfilme, die späterals Werbespots im Lokalfernsehen und auf der Homepage des Goethe-Instituts Buenos Aires zu sehen sein werden. „Warum Deutsch lernen?“lautete das vorgegebene Thema, das von den Schülern mit viel Phanta-sie in zwei wunderschöne Werbespots umgesetzt wurde.

Doch zu Beginn hatten die Schüler zunächst einmal die Möglichkeit,durch verschiedene Workshops Techniken zu erlernen, die zum Dreheneines Film notwendig sind. Unterstützt wurden sie bei diesen Aktivitä-ten von einem professionellen Filmteam, das aus Deutschen und Argen-tiniern, die teilweise extra für dieses Projekt Deutsch gelernt haben, be-stand. Sie unterrichteten beispiels-weise kleine Gruppen unter anderemin Beleuchtung, Tontechnik und Kameraführung. Mit endloser Gedulderklärten die hauptberuflichen Filmleute den Kindern, was zu tun undzu beachten ist.

Besonders spannend zu beobachten war dabei das Team um ClaudiaSembach, die extra aus Berlin angereist war. Sie arbeitet normalerweiseals Filmausstatterin für Werbefilme und übernahm bei diesem Projekt

Jorge Schamun, Vize-Direktorder Technischen Schule

Moreno, genoss das Sportpro-gramm nach den

anstrengenden Dreharbeiten.

Die professionellen Filmleutearbeiten geduldig mit den

Schülern zusammen.

die Leitung der Ausstattung. Allerdings sprach sie kaum Spanisch. Umsich mit den Kindern verständigen zu können, deren Deutschkenntnissenoch in den Anfängen stecken, drückte sie sich sehr gestenreich aus.„Das war eine große Herausforderung für mich. Aber meine Kids habenviel Deutsch gelernt in dieser Zeit. Anfangs haben sie kaum ein Wortherausgebracht und jetzt klappt es schon ganz gut“, resümierte sie amEnde zufrieden.

Doch auch einer der betreuenden Lehrer musste sich einer Heraus-forderung der besonderen Art stellen. Da für einen der Filme kein pas-sender Schauspieler gefunden werden konnte, übernahm Jorge Scha-mun, der charismatische stellvertretende Direktor der Deutschen Tech-nischen Schule Moreno, die Rolle eines Vaters. Das Problem dabei war,dass von seiner Rolle Deutschkenntnisse verlangt wurden, die bei ihmaber nicht vorhanden waren. „Der Dreh war sehr lustig. Vor allem dieStelle, in der ich später im Film Deutsch sprechen werde. Während desDrehs musste ich nur die Lippen bewegen, da dieser Teil im Anschlusssynchronisiert wird“, kommentierte der Neu-Schauspieler achselzuckendund mit einem Lächeln auf den Lippen.

Im Film wird Jorge als Vater einer Tochter, Elvira, zu sehen sein, dievon ihren Eltern während eines Abendessens eröffnet bekommt, dass sieanstelle der gewünschten Konzertkarten einen Deutschkurs geschenktbekommt. Elvira, gespielt von Silvana Sánchez, erklärt ihre Elterndaraufhin für verrückt. Nachts träumt sie davon, dass ihre Eltern aufeinmal nur noch Deutsch sprechen, und um sie verstehen zu können,wäre es vielleicht doch recht sinnvoll, Deutsch zu lernen.

Schauspieltrainer Federico hatte viel Spaßwährend der Dreharbeiten mit den Schülern.

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Vor den Filmaufnahmen saßen dieSchauspieler bei Kaffee und Keksen zu-sammen, probten die Szenen und ließensich noch ein paar letzte Tipps von Schau-spieltrainer Federico aus Uruguay geben.

Gedreht wurde in einem kleinen Feri-enhaus, das sehr idyllisch inmitten herrli-cher Natur lag. Während im Inneren desHauses die Dreharbeiten zum ersten Filmliefen, war draußen schon das Ausstat-tungsteam an der Arbeit und dekorierte diedazugehörende Pergola für eine Geburts-tagsszene, die am Nachmittag gedreht wer-den sollte.

Denn im zweiten Film feiert Joselo, dervon Alfreddo verkörpert wurde, seinen 15.Geburtstag mit Freunden und Familie. Alser die Kerzen auf der reich verzierten Ge-burtstagstorte ausbläst, wünscht er sich,seinen Hund sprechen hören zu können.Dieser Wunsch erfüllt sich auch, nur - zuJoselos großem Entsetzen - spricht derHund nicht Spanisch, sondern Deutsch.Also hat er keine Wahl und möchteschnellst-möglich Deutsch lernen.

Großen Spaß garantierte hierbei derDreh mit dem Hund, der in Villa GeneralBelgrano gefunden wurde und der - man mag es kaum glauben - auchwirklich auf deutsche Kommandos hörte.

Bei diesen Filmproduktionen wurde bis ins kleinste Detail alles inEigenarbeit hergestellt. So - neben dem Drehbuch, der Lichttechnik, denTonaufnahmen und der Regie - auch die Filmmusik, die im improvisier-ten Tonstudio in der Jugendherberge „El Rincón“ aufgenommen wurde.„Mein Traum geht in Erfüllung, aber ich bin trotzdem nervös“, meinteLeandro, während er auf seine Aufnahmen wartete. Anschließend ge-stand er, dass er sich nicht vorstellen konnte, dass eine Aufnahme von30 Sekunden soviel Zeit in Anspruch nehmen könnte.

Auch die Lehrer, die mit den Kindern angereist waren, nutzten dieZeit für eine Fortbildung in Sachen Unterrichtsmethoden, die von ExUInes Patzig geleitet wurde.

Trotz des Acht-Stunden Tages war bei den Schülern keine Spur vonErschöpfung oder Langeweile zu spüren. Es war sehr erstaunlich zu beo-bachten, mit welcher Ernsthaftigkeit und mit welchem Ehrgeiz die Schü-ler täglich an die Arbeit gingen. „Man muss Kinder ernst nehmen. Man

darf sie nicht mit Kinderkram beschäftigen, dann können sie auch etwasleisten“, so Ines Patzig-Bartsch erfreut über das Engagement der Kinder.

Das Freizeitprogramm stand dann allerdings ganz im Zeichen desSpaßes, damit sich die Kinder austoben und besser kennenlernen konn-ten. Gruselnachtwanderungen und Parties durften dabei natürlich genausowenig fehlen wie Fuß- und Volleyballpartien oder Schwimmen und Was-serballspielen im herbergseigenen Pool. Die Begeisterung der Teilneh-mer war ihnen dabei deutlich anzusehen.

Unterstützt wurden die Dreharbeiten und die Umsetzung des Frei-zeitprogramms auch von 19 Freiwilligen, die gerade im Rahmen von„kulturweit“ ihr Freiwilliges Soziales Jahr in einer der teilnehmendenPASCH-Schulen absolvieren.

So war beispielsweise Ricarda Schroeder begeistert von den Erfah-rungen, die sie hier sammeln konnte. „Ich bin hier ganz allein für dieKostüme verantwortlich. Das ist super, weil ich nach meinem FSJ vor-aussichtlich eine Schneiderlehre beginne, um anschließend wirklich alsKostümbildnerin zu arbeiten“, erzählt sie überschwänglich. Nun könnesie auch feststellen, dass sie diesen Beruf wirklich liebe, fährt sie fort.

Dabei wurde ihr viel Kreativität und Improvisationsvermögen abver-langt, da die Kleider gegenseitig ausgeliehen und notfalls mit Unmen-gen von Sicherheitsnadeln auf Passform gebracht werden mussten.

Die größte Arbeit und Verantwortung hatten allerdings die freiwilli-gen Helfer Friederike von Sichart und Yannik Horas, die gerade im Goe-the-Institut Buenos Aires tätig sind und schon bei den Vorbereitungenfür den Filmworkshop viel geleistet haben.

Die Idee, das Ferienlager unter das Motto Film zu stellen, kamallerdings von Ines Patzig-Bartsch, denn ihrer Meinung nach ist Film„das Medium überhaupt“, wenn es darum geht, dass fremde Leute aneinem Produkt zusammenarbeiten.

Und genau darin liegt ja auch das Ziel dieses Ferienlagers. Es solldazu dienen, die Verbindungen zwischen Schülern und Lehrern der ein-zelnen PASCH-Schulen zu intensivieren, denn wie das Motto von PASCHschon sagt: Schulen sind die Partner der Zukunft.

Das Ende dieses erlebnisreichen Ferienlagers, das mit einem letztengemeinsamen Ausflug auf den höchsten Berg der Umgebung, den „Cham-paquí“, eingeleitet wurde, fiel für viele Schüler sehr tränenreich aus.Nachdem E-Mail-Adressen ausgetauscht waren, fielen sich manche indie Arme, denn jeder wünschte sich, noch etwas länger zusammenblei-ben zu können. Diese Reaktionen machen deutlich, dass diese Ferien-camp wirklich ein voller Erfolg war!

So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Planungen für das Feri-enlager im kommenden Jahr schon in vollem Gange sind. Dann heißt es„Manege frei“ für eine weitere Ausgabe des beliebten Ereignisses, dasganz im Zeichen des Zirkus stehen wird. Eine argentinische Manegen-künstlerin, die dort unterrichten soll, lernt dafür bereits Deutsch.

Filmausstatterin Claudia Sembachsprach mit ihren Schülern nur Deutsch.

Die Initiative “Schulen: Partner der Zukunft” (kurz: PASCH) wurdevom ehemaligen deutschen Bundesaußenminister Dr. Frank-WalterSteinmeier ins Leben gerufen. Ziel ist es, ein weltumspannendes Netzvon inzwischen schon fast 1500 Partnerschulen aufzubauen, um beijungen Menschen Interesse und Begeisterung für das moderneDeutschland und seine Gesellschaft zu wecken. Damit soll Deutsch-land als Studien- und Arbeitsstandort international attraktiver gemachtwerden. Das Auswärtige Amt ist für die Koordination der Initiativeverantwortlich und setzt sie unter anderem gemeinsam mit dem Goe-the-Institut, der ZfA, dem DAAD und dem PAD um. Das Netz vonDeutschen Auslandsschulen und Schulen, die das Deutsche Sprach-diplom anbieten, soll dadurch gestärkt und erweitert werden. Darüberhinaus wird die schulische Zusammenarbeit ausgebaut, um in dennationalen Bildungssystemen Deutsch als Fremdsprache weiter zufestigen. Der deutsche Bundestag hat 2008 für diese Initiative 45Millionen Euro bereitgestellt und 2009 auf 54 Millionen erhöht. DasGoethe-Institut unterstützt die neuen Partnerschulen darin, Deutschals Schulfach einzuführen oder auszubauen. Es bietet Lehrkräftenmethodisch-didaktische Fortbildungen und Sprachkurse an und stat-tet die Schulen mit modernen, multimedial verwendbaren Lehr-, Lern-und Landeskundematerialen aus. Außerdem hat das Goethe-Institutim Rahmen der Initiative weltweit Experten für Unterricht (ExU) zurBetreuung der Partnerschulen entsandt, die auch für die Planung undDurchführung von Kultur- und Bildungsevents zuständig sind.

PASCH-Schulen: Partner der Zukunft

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ARGENTINISCHE WIRTSCHAFTDer Dollarkurs schloss am Don-

nerstag zu $ 3,83, 0,26% über einerWoche zuvor und 10,37% überEnde 2008. Die ZB hält den Kurs seitJuli mit minimalen Schwankungen sta-bil. Der Rofex-Terminkurs lag zum31.3.10 bei $ 3,961, zum 30.6.10 bei$ 4,073, zum 30.9,10 bei $ 4,20 undzum 30.12.10 bei $ 4,319. Der Termin-kurs auf 12 Monate lag um 12,27%über dem Tageskurs.

***Der Merval-Aktienindex ver-

zeichnet in einer Woche zum Don-nerstag eine Zunahme von 2,10%,und ab Ende Dezember 2010 einevon 106,13%. Im Laufe dieses Jahressind die Aktiennotierungen in BuenosAires weit mehr gestiegen als sonst aufder ganzen Welt.

***Die Staatsbonds, die anlässlich

der Umschuldung von 2005 ausge-geben wurden, verzeichneten in ei-ner Woche zum Donnerstag einebetonte Hausse. Par-Bonds in Pesosstiegen um 5,05% (um 170,18% seitDezember); Discount-Bonds in Pesosstiegen um 2,16% (102,56% in diesemJahr); Boden 2014 stiegen um 3,55%(222,37%); Boden 2012 stiegen um4,29% (23,19%); Boden 2013 stiegenum 5,42% (96,01%).

***Die ZB-Reserven betrugen zum

4.12.09 u$s 47,22 Mrd., um 0,29%über einer Woche zuvor und um1,79% über Ende 2008.

***Der Notenumlauf betrug zum

4.12.09 $ 89,90 Mrd., um 6,79%mehr als eine Woche zuvor und6,91% über Ende 2008. Girodeposi-ten betrugen $ 73,34 Mrd. um 7,57%unter einer Woche zuvor und 1,40%unter Ende 2008; Spardepositen betru-gen $ 46,70 Mrd., um 13,83% übereiner Woche zuvor und 14% über Jah-resende. Zum ersten Mal in diesemJahr verzeichnet das monetäre Aggre-gat M2 (Banknoten plus Giro-undSpardepositen) eine leichte Expansion.

***Vordatierte Schecks auf 30 Tage

wurden letzte Woche an der Börsevon Buenos Aires zu 11,03% ver-zinst (Vorwoche: 10,55%), auf 60Tage zu 12,34% (11,56%), auf 90Tage zu 12,70% (12,45%), auf 120Tage zu 14,10% (13,69%), auf 180Tage zu 14,63% (15,03%) und auflängere Fristen zu 15,62%(15,12%). Die Zinsen sind bei kür-zeren Fristen gestiegen und bei län-geren gefallen.

***Gold wurde in Buenos Aires

(Banco Ciudad) bei 18 Karat letzteWoche zu $ 85,71 je Gramm gehan-delt (Vorwoche: $ 86,76) und bei 24Karat zu $ 137,90 ($ 140,10).

***Das am 4. Dezember 2008 von

der Präsidentin Cristina Kirchnerangekündigte Programm zur Finan-zierung von Automobilen hat imLaufe eines Jahres zur Finanzierungvon 12.766 Kfz beigetragen, was aufeinen Gesamtverkauf von 514.000Einheiten bedeutet, dass nur einesvon 40 Kfz auf diese Weise finan-ziert wurde. Die Regierung hatte vor-

gesehen, insgesamt 100.000 Kfz zu fi-nanzieren. Bei den Taxis liegt der Fallnoch viel schlimmer: die Präsidentinkündigte am 12.12.08 Kredite für denVerkauf von 15.000 Automobilen fürdiesen Zweck an. Es wurden jedochnur 19 finanziert. Es wurde nicht er-klärt, warum eine so günstige Finan-zierung nicht voll eingesetzt wurde.Angeblich liegt der Fall so, dass dieBanken, für die diese Kredite ein Ver-lustgeschäft waren, die Ausgleichssub-vention vom Schatzamt nicht erhaltenhaben.

***Das Amt für soziale Sicherheit

ANSeS gab bekannt, dass die Mit-tel des “Garantiefonds für die Halt-barkeit des Rentensystems”, diegrundsätzlich aus den Spargeldernstammen, die die privaten Renten-kassen angesammelt hatten, die zum22.12.09 $ 135,69 Mrd. ausmachen,zu 62,9% in Staatspapieren angelegtsind, zu 11,4% in Aktien u.a. priva-ten Bonds, zu 7,2% in Fristanlagenbei Banken, zu 6,2% in sogenann-ten produktiven Projekten, zu 4,9%in ausländischen Wertpapieren, zu2,9% in Treuhandfonds, zu 1,6% inIvestment-Fonds und zu 2,8% in an-deren Anlagen. Seit Übernahme die-ser Fonds, vor etwas über einem Jahr,sind sie als Folge der Wertzunahme dermeisten Aktiven um 38% gestiegen.

***Die ZB hat einen neuen Informa-

tionsdienst über Schecks eingeführt,die als verloren, gestohlen oder ge-fälscht gemeldet wurden. Wer Zwei-fel über einen Scheck hat, kann überdie Internet-Webseite www.bcra.gov.arjeden Scheck kontrollieren.

***Das Statistische Amt (INDEC)

teilt mit, dass gemäss der letztenHaushaltsumfrage, die sich auf 31städtische Ballungen bezieht, 76,2%der Beschäftigten im Abhängigkeits-verhältnis arbeiten, und von diesen36% schwarz arbeiten. Ein Jahrvorher waren es 36,3%. Der Koeffizi-ent weist jedoch hohe regionale Un-terschiede auf: im Norden des Landesbeträgt er 43% und in Patagonien nur20,9%.

***Das Wirtschafsministerium hat

am Donnerstag bei der Wertpapier-kommission der USA, die “Securiti-es and Exchange Comissión”, denAntrag zur Ausgabe von Staats-bonds im Wert von nominell u$s 15Mrd. eingereicht, die für die Zah-lung an die Holdouts bestimmt sind.Offiziell wurde mitgeteilt, dass seit2002 in New York 155 Klagen vonHoldouts gegen den argentinischenStaat eingereicht wurden, wobei dieGerichsturteile u$s 8,7 Mrd. umfassen,von denen sich 104 auf individuelleKlagen und 8 auf Sammeklagen (“classaction”) beziehen. In Deutschland wur-den 550 Klagen von Sparern einge-reicht, von denen 364 nicht weiterge-führt wurden, so dass 121 Klagen imGesamtwert von E 47 Mio. verbleiben.In Italien wurden 13 Klagen einge-

reicht, die jedoch durch ein Urteil desObersten Gerichtshofes von 2005 ab-gelehnt wurden. In internationalen Fi-nanzkreisen wird mit einem Abschlagvon über 66% auf den Nennwert derBonds gerechnet.

***Der Verkauf von gebrauchten

Kfz lag im November mit 113.000Einheiten um 13,06% über dem glei-chen Vorjahresmonat. In 11 Mona-ten 2009 wurden 1,31 Mio. gebrauch-te Kfz verkauft, 7,8% weniger als imVorjahr.

***Die Banco de Galicia hat eine

zweite Ausgabe von Obligationenihrer Tochtergesellschaft “TarjetasCuyanas” abgeschlossen. Die Offer-ten betrugen u$s 35,5 Mio., und eswurden u$s 20 Mio. zu 6,5% angenom-men.

***Eine Untersuchung des parla-

mentarischen Kontrollamtes AGN(“Auditoría General de la Nación”)weist darauf hin, dass die Unterneh-men, die 7.600 km. Strassen in Kon-zession verwalten, 63% ihrer Ge-samtausgaben für Säuberung undBeschneidung des seitlichen Grasesaufwenden, 27% für allgemeineAusgaben (Mautstellen, Verwal-tungsausgaben u.a.) und nur 10%für Instandhaltung der Strassen.Das Amt, das mit der Kontrolle der Un-ternehmen betraut ist, OCCOVI, führtentweder die notwendigen Kontrollennicht durch, oder sie lässt zu, dass dieStrassen Risse, Löcher u.a. Defekteaufweisen, die laut Konzessionsvertragnicht zulässig sind. Das Grundproblembesteht darin, dass die Gebühren nichtgemäss Konzessionsverträgen erhöhtwurden und somit die vollen Instand-haltungskosten nicht decken. Das OC-COVI sollte aufgelöst und durch Ver-pflichtung privater Kontrollfirmen er-setzt werden, die mitverantwortlich fürUnfälle sein sollten, die durch Mängelder Strassen verursacht werden. Daswiderspricht jedoch der Auffassungder Regierung, so dass kaum eine Lö-sung in Sicht ist.

***Argentinien steht in Lateiname-

rika an der Spitze beim Zigaretten-konsum pro Einwohner. Es sind lautder Weltstiftung für Lungenkankhei-ten, die einen Tabakatlas veröffentlichthat, 1.014 Zigaretten jährlich pro Ein-wohner, gegen 968 in Paraguay, 909in Chile, 793 in Uruguay, 580 in Bra-silien und 470 in Mexico. Das Geset-zesprojekt über die Bekämpfung desRauchens, das die Regierung diesesJahr im Parlament eingebracht hat,wurde nicht behandelt. Es sieht dasRauchverbot in vielen geschlossenenöffentlichen Räumen, aggressive War-nungen auf den Zigarettenpaketen undein absolutes Verbot der Zigarettenpro-paganda vor. Ein geringerer Zigaretten-konsum würde nicht nur die Gesund-heit der Bevölkerung verbessern unddie Lebenserwartung erhöhen, sondernauch die öffentlichen Hospitäler entlas-ten und dem Staat Ausgaben sparen.

***Das Steueramt der Provinz Bue-

nos Aires, genannt ARBA (Agenciade Recaudación de la Provincia deBuenos Aires) hat eine erste Kon-trolle bei landwirtschaftlichen Be-trieben durchgeführt, bei der sieüberall Steuerhinterziehung, nichtangegebene Bauten und Steuer-schulden gegenüber der Provinzver-waltung festgestellt hat.

***Das Feuer hat in der Provinz

Cór-doba 2009 121.000 Hektar mitKunstwäldern vernichtet, wobeinoch 130.000 Ha. mit Bränden aufgewöhnlichen LandwirtschaftlichenGütern hinzukamen, womit esinsgesamt 251.000 Ha waren. DieFläche ist doppelt so hoch wie 2008,aber um 6.800 Ha niedriger als 2003.

*** Nachdem Pascual Mastellone,

Leiter und Mehrheitsaktionär vonMastellone Hnos. S.A., die das gröss-te Unternehmen der Milchindustrie(Marke “La Serenísima”) betreibt,im August beschlossen hat, seine Fir-ma nicht zu verkaufen (damals warvon Danone als Käufer die Rede),hat er seinen Gläubigern am Frei-tag der Vorwoche eine Umschul-dung vorgeschlagen. Die Gesamt-schuld beträgt u$s 225 Mio. Von u$s1.000 an Schuld soll je nach Art der-selben u$s 39 bis u$s 98 in bar bezahltwerden; der Restbetrag, der zwischen2009 und 2013 fällig war, wird bis2018 gestreckt, mit Zahlungen, die2012 beginnen. Der Zinssatz von 8%wird beibehalten. Die Schuld gegenü-ber Banken wird zu Libor-Satz plus2,5% verzinst. Diese Schuld, die 2011verfällt, soll auf 2015 verschoben wer-den. La Serenísima hatte 2008 einenUmsatz von $ 2,52 Mrd., und einenVerlust von $ 265 Mio. In 9 Monaten2009 betrug der Umsatz $ 2,47 Mrd.,und die Firma erreichte einen Gewinnvon $ 12,8 Mio. Um die Schulden zutilgen, muss das Unternehmen indes-sen mehr verdienen.

***Loma Negra, das grösste Ze-

mentunternehmen des Landes, dassich im Besitz der brasilianischenCamargo Correa befindet, hat einenKredit der InteramerikanischenEntwicklungsbank (BID) in Höhevon u$s 125 Mio. erhalten, den dieFirma für die Erweiterung der Ka-pazität ihrer Fabrik in Olavarría um25% (gleich 1,8 Mio. Jato) und fürInvestitionen zur Umweltschonungeinsetzen wird. Die Erweiterung sollim Dezember 2010 fertig sein. Um denKredit zu erhalten musste die brasilia-nische Camargo Correa Cementos eineGarantie für die BID bereitstellen.

***Der Grossistenpreis für Rind-

fleisch ist in zwei Wochen am Diens-tag um etwa 25% gestiegen. Das hal-be Leib, das Anfang Dezember $ 7kostete, liegt jetzt nicht unter $ 10. DieMetzger haben mit Aufschlägen von $1 bis $ 4 pro kg. begonnen.

***Die Stiftung Fundelec berichtet,

dass der landesweite Stromkonsumim November im interannuellen Ver-gleich um 3,4% gesunken ist. Für

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ganz 2009 wird mit einer Abnahmegegenüber 2008 von 1,4% gerechnet.

***Bei der Ausschreibung des

Staatsunternehmens ENARSA überProjekte für erneuerbare Energien,die insgesamt eine Leistung von1.015 MW haben, wurden 22 Offer-ten für 49 Projekte für insgesamt1.461 MW eingereicht. Davon entfal-len 1.203 MW auf Windkraftwerke,155,4 MW auf Biokraftstoffe, 54,1MW auf Biomasse, 22,5 MW auf So-larenergie, 14 MW auf Biogas und 12,7MW auf kleine Wasserkraftwerke.

***Der Senat hat in der Vorwoche

ein Gesetz verabschiedet, durch dasdie Statuten der Banco Nación da-hingehend geändert werden, dassder Höchstbetrag von bisher $ 5Mio. für Kredite jetzt als Prozent-satz des Vermögens der Bank fest-gesetzt wird. 2010 wird der Höchst-betrag bei $ 46 Mio. liegen.

***Der Verband der Metallindustrie

ADIMRA (Asociación de Industri-ales Metalúrgicos de la RepúblicaArgentina), geleitet vom ehemaligenPräsidenten des Industrieverbandes“Unión Industrial Argentina”, JuanCarlos Lascurain, hat zusammenmit der Gewerkschaft der Metallar-beiter UOM (“Union de ObrerosMetalúrgicos”) und der Gewerk-schaft der Aufseher der Metallin-dustrie ASIMRA ein Wirtschaftsfor-schungsinstitut unter dem NamenIDISA (“Instituto de Desarrollo In-dustrial y Social Argentino”) ge-schaffen, dessen Direktor der ehe-malige Wirtschaftsminister derKirchner-Regierung Miguel Peira-no ist. Bei der Gründung waren die Mi-nister für Arbeit, Carlos Tomada, undfür Industrie und Tourismus, D. Gior-gi, die Direktorin der Banco Nación,M. Marcó del Pont, ENARSA-Direk-tor Aldo Ferrer und der Bürgermeistervon Quilmes, Francisco Gutierrez, an-wesend. Dieses Institut wird als einVorstoss gegen die “Unión IndustrialArgentina” angesehen, mit Befürwor-tung einer freundlichen Beziehung zurRegierung und einer stärkeren Schlies-sung der Wirtschaft. Für viele kleineund mittlere Industrieunternehmer ver-tritt die UIA die Interesen von welt-verbundenen Grossunternehmen, undkümmert sich zu wenig um die ande-ren.

***Die Firma Quickfood, die auf

dem Gebiet der Fleischindustrie tä-tig ist und vor einigen Jahren vonder brasilianischen Marfrig über-nommen wurde, hat 53.000 Kühevon der Firma Adecoagro für u$s14,5 Mio. gekauft und gleichzeitigvon dieser Firma 74.000 ha. gepach-tet, die sich auf die Provinzen Cor-rientes, Formosa, Santago del Este-ro und Santa Fe verteilen. Auf dieseWeise sucht Marfrig eine vertikale In-tegration, beginnend mit der Erzeu-gung von Kälbern. Marfrig besitzt aus-serdem die Schlachthöfe Hughes, Vi-voratá und Mediterráneo, und liegtleicht hinter der ebenfalls brasiliani-schen Friboi, die Swift und CEPA be-sitzt. Brasilianische Unternehmen ha-

ben seit einigen Jahren eine grosseBeteiligung an der loklen Rindfleisch-industrie.

***Die Consulting-Firma Orlando

Ferreres & Partner hat ihren Indexder wirtschaftlichen Tätigkeit fürNovember bekanntgegeben, der eineZunahme von 1,2% gegenüber Ok-tober aufweist. Doch die ersten 11Monate 2009 liegen um 5% unterdem Vorjahr. Für ganz 2009 erwar-tet Ferreres einen Rückgang gegen-über dem Vorjahr von 4,5%.

***Der Hüttenverband CIS (Centro

de Industriales Sideúrgicos) berich-tet, dass die Rohstahlproduktion imNovember 2009 mit 414.500 Tonnenum 3,7% unter Oktober, aber um5,9% über November 2008 lag. In 11Monaten 2009 lag die Rohstahlproduk-tion mit 3,62 Mio. t um 31,4% unterdem Vorjahr. Die Eisenproduktion lagim November 2009 mit 305.600 t um12,4% unter Oktober, aber um 5,4%über dem gleichen Vorjahresmonat.Die warmgewalzten Produkte lagenmit 406.900 t um 3,2% über Oktoberund um 14,7% über November 2008.Die kaltgewalzten Bleche erreichten134.800 t, 2,7% mehr als im Oktoberund 70,2% mehr als im November2008.

***Die Gewerkschaft der Bankan-

gestellten erreichte die Gewährungeiner Sonderzulage von $ 1.600, dievor dem 15. Januar gezahlt wird,und sind als Gegenleistung bereit,die neuen Lohnverhandlungen erstim März einzuleiten. Vorläufig gehtdie Gewerkschaft für 2010 von einerallgemeinen Gehaltszulage von 25%,plus einer Gewinnbeteiligung aus. DerJanuar-Zulage haben vorerst der Ver-band argentinischer Banken ADEBAund der Verband der spezialisiertenBanken AEA zugestimmt. Es fehltnoch der Verband ausländischer Ban-ken ABA und der der öffentlichen Ban-ken Abappra.

***Ab letzten Mittwoch ist das

Kraftwerk General Belgrano, dasvon Siemens gebaut wurde, mit demkombinierten Zyklus tätig. Mitte2008 wurde das Kraftwerk ohne diesmit einer Leistung von 550 MW inBetrieb genommen; jetzt kommen 270MW hinzu. In Kürze soll auch das an-dere von Siemens errichtete Kraftwerk,General San Martín, in Timbúes, mitkombinierten Zyklus eingesetzt wer-den.

***Die ZB schrieb am Dienstag

Wechsel für $ 600 Mio. aus, erhieltOfferten für $ 1,59 Mrd. und teilte$ 1,56 Mrd. zu. Es ist unbegreiflich,dass die ZB einen Betrag ausschreibt,der theoretisch dem Bedarf der Bankzur Deckung von Amortisationen oderzur Eindämmung der Geldexpansionentspricht, und dann einen viel höhe-ren Betrag annimmt, mit dem sie denBanken finanzielle Mittel entzieht, diedie Banken sonst ausleihen könnten.Lebac auf 119 Tage wurden zu 12,75%verzinst, auf 154 Tage zu 13,32%, auf175 Tage zu 13,50%, auf 196 Tage zu13,69%, auf 238 Tage zu 13,80%, auf

350 Tage zu 14,25% und auf 504 Tagezu 15%.

***Die Consulting-Firma Orlando

Ferreres & Partner hat berechnet,dass ihr Index der Industriepro-duktion im November 2009 um0,8% unter dem gleichen Vorjahres-monat und 2% über Oktober 2009lag. In 9 Monaten lag die Industriepro-duktion um 9% unter dem Vorjahr.

***Die Zahl der Internet-Breitband-

verbindungen von Unternehmenund Institutionen nahm im Septem-ber 2009 gegenüber dem gleichenVorjahresmonat um 95% auf638.398 zu. Die Zahl der Haushalte mitInternetverbindung lag im Septembermit 3,88 Mio. um 13,6% über demVorjahr. Davon entfallen 3,4 Mio. aufBreitbandverbindungen.

***Das Binnenhandelssekretariat

hat durch Beschluss 1011/09 amDienstag verfügt, dass die durchBeschluss 257/07 genehmigte Fusi-on der Kabelfernsehfirmen Cable-visión und Multicanal rückgängiggemacht wird. Die betroffenen Fir-men wiesen darauf hin, dass der Be-schluss widerrechtlich sei, da die Ge-nehmigung, die das Binnenhandelsse-kretariat erteilt hat, unwiderruflich sei.In der Praxis stellen sich komplizierteProbleme, da der Sinn der Fusion da-rin bestand, die Kosten zu verringern,indem Funktionen beider Unternehmenvereinheitlicht werden. Der Beschlussvon Staatssekretär Guillermo Moreno

beruht offensichtlich auf der Verfol-gung des Clarín-Konzerns (dem dieFernsehfirmen gehören), die NéstorKirchner vor einiger Zeit eingeleitethat.

***Der Leiter des Techint-Konzerns,

Paolo Rocca, gab bekannt, dass inden Unternehmen Tenaris Siderca(nahtlose Stahlröhren) und TerniumSiderar (Stahlbänder und –bleche,Rundeisen u.a. Stahlprodukte) 2010u$s 500 Mio. investiert würden. Inden vier vorangehenden Jahren wur-den schon Investitionen von u$s 670Mio. in Siderar vollzogen, wo die Pro-duktion von gegenwärtig 2,8 Mio. Jatoauf 4 Mio. Jato Stahlprodukte gebrachtwerden soll.

***Der Verband der Fleischindus-

trie CICCRA (“Cámara de industriay comercio de carnes y derivados dela República Argentina”) hat Klagebei der Justiz gegen die Aufteilungder Hilton-Exportquote eingereicht,die durch Dekret 906/09 und regla-mentarische Bestimmungen desONCCA-Amtes verfügt wurde. Dasneue System sei weder gerecht nochtransparent, wobei es die grossen Ex-portunternehmen begünstige und denkleinen Unternehmen schade.

***Der linkslastige Deputierte

Fernando “Pino” Solanas wurdezum Präsidenten der Energiekom-mission der Deputiertenkammerernannt. Er hat schon ein Gesetzes-

Die Regierung hat per Dekret verfügt, dass Steuerschulden, ein-schliesslich gegenüber dem Zollamt und auch Sozialabgaben, die2008 oder dieses Jahr bis zum 31. Oktober verfallen sind und nichtgezahlt wurden, jetzt in 24 Raten (von denen jede mindestens $ 150ausmacht) zu 0,8% monatlich (9,6% jährlich) gezahlt werden kön-nen. Steuerschuldner können sich bis zum 28. Februar 2010 eintra-gen. Denejenigen, die schon einem System der Zahlung in Ratenangeschlossen sind, wird gestattet, sich der neuen Regelung anzu-schliessen.

Wirtschaftsminister A. Boudou und AFIP-Direktor R. Eechega-ray erklärten, es handle sich um eine “antizyklische” Massnahme,damit die Steuerzahler ihre Lage regeln können, so dass die interna-tionale Krise überwunden wird. Es sein kein Moratorium, weil keinNachlass bei der Schuld gewährt wird, die voll und mit Zinsen ge-zahlt werden muss.

Das Amt für öffentliche Einnahmen (AFIP) hat bekanntgegeben,dass die Massnahme um die 800.000 säumige Steuerpflichtige be-trifft, die insgesamt $ 8,47 Mrd. schulden. 70% dieser Schuldnersind physische Personen und 30% juristische Personen (AGs undGmbHs). Aufgeteilt nach Branchen entfällt 24,1% auf Handel, 22,6%auf Industrie, 9,7% auf Landwirtschaft, 8,2% auf Dienstleistungen,6,8% auf Transport, 5,9% auf Finanzen und 22,7% auf andere. 34%des Betrages wurde schon im Rahmen vorheriger Zahlungspläne oderMoratorien gezahlt.

Da die Unternehmen keinen ausreichenden Zugang zum Bank-kredit haben, müssen viele gelegentlich ihre Zahlungen hinausschie-ben, was auch Schulden gegen-über dem Fiskus betrifft. Das wirdvon den Regierungen als Tatsache anerkannt, weshalb periodisch,besonders nach einer Rezessionsperiode, erlaubt wird, die geschul-deten Beträge in Raten zu zahlen. Irgendwie gehören diese Zahlungs-erleichterungen zum System.

Steuerschulden können inRaten gezahlt werden

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projekt vorgelegt, durch das dasStaatsunternehmen “Petroleos de Ar-gentina” (Petroar) geschaffen wird.Sämliche Erdöl- und Gaskonzessio-nen sollen annulliert werden und even-tuell in Werkverträge umgewandeltwerden. Es wird auch der Export vonErdöl und Gas verboten, wenn dieReserven unter einem “strategischen”

Niveau liegen. Ausserdem schlägt ereine Verfassungsreform vor, durch dieErdöl- und Gasressourcen, die sich jetztunter provinzieller Hoheit befinden, anden Nationalstaat übertragen werden.

***Die Banco Patagonia (Nettover-

mögen: $ 1,67 Mrd.; 154 Agenturen;Depositen: $ 5,87 Mrd.; Kredite: $ 3,8

Mrd.), die von der Familie Stuart Mil-ne kontrolliert wird, gab der Börse be-kannt, dass sie Gespräche mit derstaatlichen Banco do Brasil (dergrössten Bank in Lateinamerika) auf-genommen habe, die sich auf eineÜbernahme eines Kapitalsanteils ander Bank Patagonia oder einer strate-gischen Allianz beziehen.

Landwirtschaftsminister Domínguez dixitDie Zeitung “Página/12” hat am letzten Sonntag ein Inter-

view mit Landwirtschaftsminister Julián Domínguez veröffent-licht, dem wir folgende wichtige Äusserungen entnehmen:

Die Regierung wird nächstes Jahr ein Gesetzesprojekt imKongress einbringen, das sich auf eine Zwangsrotation beimEinsatz von landwirtschaftlichen Boden bezieht. Wir müssenden Anbau von Weizen, Mais und Sonnenblume fördern, nichtnur wegen dieser Kulturen als solche, sondern um den Boden

Grosse regionale Unterschiedebei der Arbeitslosigkeit

Das Statistische Amt hat letzte Woche die Zahlen über Arbeitslosigkeitin den einzelnen Städten des Landes für das 3. Quartal 2009 bekanntgege-ben. Der Durchschnitt liegt in Städten von über 500.000 Einwohnern bei9,7%, jedoch bei Städten mit weniger Einwohnern nur bei 6,2%. Das lässtsich zum Teil dadurch erklären, dass die Arbeitslosen in die Grossstädteziehen, wo mehr Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen. Besonders hartist die Provinz Santa Fé betroffen, wo sich die Krise der Landwirtschaft inzahlreichen Industrien niedergeschlagen hat, die landwirtschaftliche Ma-schinen und Geräte erzeugen, und auch im Handel, der mit der Landwirt-schaft zusammenhängt.

Bezirke mit besonders hoher Arbeitslosigkeit:Gemeinden von Gross Buenos Aires ......................................... 10,6%Stadt Tucumán und Umgebung ................................................. 10,0%Stadt Córdoba und Umgebung .................................................. 10,8%Rosario und Umgebung ............................................................. 10,3%Stadt Santa Fé und Umgebung .................................................. 13,0%Mar del Plata u. Batán ................................................................ 11,6%Bezirke mit besonders niedriger Arbeitslosigkeit:Stadt San Luis und El Chorrillo ................................................... 2,7%Stadt Corrientes ........................................................................... 4,8%Stadt Formosa .............................................................................. 3,7%Resistencia und Umgebung (Chaco) ........................................... 2,9%Posadas (Misiones) ...................................................................... 4,3%Santa Rosa und Toay (La Pampa) ................................................ 3,1%Comodoro Rivadavia und Rada Tilly (Chubut) ........................... 3,3%Rio Gallegos (Santa Cruz) ........................................................... 3,7%Bezirke, die zwischen den zwei Extremen liegen:Stadt Buenos Aires ....................................................................... 7,7%Stadt Mendoza und Umgebung ................................................... 6,4%Stadt San Juan und Umgebung .................................................... 8,1%Stadt Catamarca und Umgebung ................................................. 8,6%Stadt Jujuy und Palpalá ................................................................ 6,0%Stadt La Rioja .............................................................................. 5,8%Stadt Salta .................................................................................... 7,0%Stadt Santiago del Estero und La Banda ..................................... 6,1%Bahía Blanca und General Cerri .................................................. 8,1%Concordia (Entre Rios) ................................................................ 6,9%La Plata und Umgebung .............................................................. 6,0%Paraná und Umgebung (Entre Rios) ............................................ 6,4%Rio Cuarto (Córdoba) .................................................................. 9,6%San Nicolás und Villa Constitución (Buenos Aires) ................... 8,2%Stadt Neuquén und Plottier .......................................................... 6,7%Ushuaia und Rio Grande (Tierra del Fuego) ............................... 9,3%Rawson und Trelew (Chubut) ...................................................... 8,4%Viedma und Carmen de Patagones .............................................. 9,8%

zu schützen, der ein “sozialesGut” ist. Wir müssen die Mono-kultur verhindern (gemeint istdas Vordringen der Sojabohne).

Der Staat hat das Recht, bei den landwirtschaftlichen Märk-ten zu intervinieren. Solle es notwendig sein, eine nationaleGetreidejunta zu bilden, werden wir es tun.

Seit Beginn dieser Verwaltung (gemeint sind die Kirchner-Regierungen) hat die Landwirtschaftspolitik zwei Pfeiler ge-habt: einmal die Sicherung der Ernährung der Bevölkerung,und dann, dass die Nahrungsmittel zu Preisen erhältlich sind,die die Bevölkerung zahlen kann.

Die Staatsintervention war positiv: die gesäte Fläche (vonGetreide und Ölsaat) ist um 7 Mio. Hektar gestiegen. DieSojabohne hat die Rinderwirtschaft verdrängt, und der Staatbegleitet diese Entwicklung mit Subventionen für Feed lots.Ohne dies wäre die Lage der Rinderwirtschaft wirklich sehrschlecht gewesen. Wir haben die Folgen der Dürre auf dieseWeise (durch Fee lots) beschränkt.

Beim Weizen bestehen dieses Jahr ausserordentlich hoheErträge, so dass wir einen Exportüberschuss von 3 bis 4 Mio.Tonnen haben werden.

Wir werden auch ein neues Gesetz über Landpachten vor-legen. Es gibt einen neuen Unternehmer der Landwirtschaft,der kein Land besitzt, sondern vertraglich für die Landbe-sitzer tätig ist. Er hat in Maschinen investiert und Risikenauf sich genommen. Das ist die neue nationale Bourgeoisie.Die Politik muss diejenigen bevorzugen, die den Boden be-arbeiten. Das Gesetz wird den Pachten unter Eigentümern,kleinen Pächtern und kleinen Unternehmern, die Land fürDritte bearbeiten, Vorrang geben und ihnen steuerliche Ver-günstigungen gewähren, damit sie wachsen können.

Der Exportzoll für Sojabone (35%) wird von den Land-wirten als Tatsache hingenommen. Die Sojabohne erlaubtgegenwärtig Landeingentümern, Pächtern und Unternehmen,die Land bewirtschaften, eine ausserordentlich gute Renta-bilität. Es hat heute keinen Sinn, über die Exportzölle zudiskutieren. Wir müssen uns damit befassen, was wir vomStaat aus tun müssen, um andere Kulturen zu fördern.

Die Schätzungen des Landwirtschaftsministeriums erge-ben, dass die Sojabohnenernte 2009/10 die höchste Renta-bilität der Geschichte ergeben wird. Die Marge ist gestie-gen, weil wegen der internationalen Krise die Kosten (lies:Preise für Düngemittel, Insektenvertilgungsmittel u.a Che-mikalien) stärker gefallen sind, als die Sojapreise. Da dieSojabohne eine enorme Beteiligung an der Ernte 2009/10haben wird, werden die Landwirte Rekordgewinne erzie-len.

Wir rechnen für 2009/10 mit einer Gesamternte von 85Mio. Tonnen. Es geht uns auch bei der Rinderwirtschaft gut,trotz der Dürre (von 2008 und Anfang 2009). Der Rind-fleischkonsum liegt bei 74 kg pro Kopf, was viel mehr als inAustralien und Kanada ist.Landwirtschaftsminister Domín-guez dixit

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WIRTSCHAFTSÜBERSICHTEinsatz von ZB-Reserven für SchuldenzahlungAm Montag kündigte die Prä-

sidentin Cristina Kirchner an, dassdie Regierung beschlossen habe,durch Notstandsdekret einen Teilder Devisenreserven der ZB fürdie Deckung des staatlichen Fi-nanzbedarfs des Jahres 2010 ein-zusetzen. Der Fall soll ähnlich wiedie Verwendung von u$s 9,8 Mrd.der Reserven zur Tilgung derSchuld mit dem IWF liegen, dieAnfang 2006 erfolgte. Indessenhandelt es sich um etwas ganz an-deres: die damalige Barzahlungder Schuld war unnötig und kost-spielig, da der Kredit des Fondsnur 5% kostete, wobei kurzdanach Staatsbonds zu 15% inVenezuela untergebracht wurden.

Dieses Mal handelt es sich da-rum, dass die Zahlungsverpflich-tungen für das Jahr 2010, die sichaus Amortisation bestehenderStaatsschulden ergeben, plus derBetrag, der zur Deckung des De-fizites notwendig ist, nicht mitNeuverschuldung gedeckt werdenkönnen, da der internationale Fi-nanzmarkt für Argentinien ge-sperrt ist, die Möglichkeiten derlokalen Finanzierung bei autono-men Staatsämtern sich voraus-sichtlich erschöpfen, und auchkeine hohen Kredite der Weltbankund der Interamerikanischen Ent-wicklungsbank zu erwarten sind.

Grundsätzlich liegt der Fall so,dass das Schatzamt jetzt einenKredit von $ 25 Mrd. der ZB er-hält, wie in vergangenen Zeiten,und mit dem Geld dann Devisenkauft, um Schulden in Devisen zubegleichen. Dies läuft auf Geld-schöpfung der ZB hinaus, die die-se durch Unterbringung vonWechseln bei den Banken ab-schöpfen kann oder auch nicht.

Von den ZB-Reserven, die amMontag u$s 47,63 Mrd. betrugen,werden u$s 6,57 Mrd. (gleich 14%der Reserven) für die Zahlung vonStaatsschulden eingesetzt. Wirt-schaftsminister A. Boudou erklär-te, dass dieser Betrag die Reser-ven übersteigt, die die ZB lautGesetz halten müsse. In diesemPunkt gilt immer noch das Kon-vertibilitätsgesetz von Jahr 1991,dass eine voll Deckung der mo-netären Basis (Notenumlauf inHänden des Publikums plus De-positen der Banken bei der ZB)vorschreibt. Vom Reservenüber-schuss von u$s 18 Mrd. wird jetztnur 37% dem Schatzamt zuge-führt, so dass die Gold- und De-

visenreserven immer noch weitüber dem geforderten Betrag lie-gen. Wie es zu einem so ungera-den Betrag gekommen ist (stattrunden u$s 7 Mrd.) wurde nichterklärt. Angeblich handelt es sichum den Betrag der Schuldenzah-lungen für 2010, der nicht gedecktist. Dieser Betrag lässt sich jedochnicht so genau berechnen.Andererseits bestehen Zweifelüber die ZB-Reserven, von denenein Teil durch einen Kredit derBank für Internationalen Zah-lungsausgleich (Basel) künstlichgeschaffen wurde, und ein ande-rer Teil für Terminverkäufe der ZBverpflichtet ist. Die Oppositionsollte von ZB-Präsident M. Red-rado Auskunft über diese Punktefordern.

Um den Fall politisch zu klei-den, wird der Betrag von u$s 6,57Mrd. zunächst einem sogenannten“Fonds des zweiten Jahrhundertsder Unabhängigkeit für den Schul-denabbau und die Stabilität” zu-geführt. Das mag schön klingen,besagt jedoch nichts und hat mitdem genannten historischen Da-tum überhaupt nichts zu tun. DiePräsidentin erklärte beiläufig, dassdie Reserven der ZB, die zumgrossen Teil in den USA u.a. Staa-ten angelegt sind, eine sehr gerin-ge Rentabilität haben, von durch-schnittlich etwa 0,25%, währendder argentinische Staat für die Ti-tel, die er ausgibt, viel mehr zahlt.In der Tat verschuldet sich dasSchatzamt und auch die ZB (beider Ausgaben von Wechseln Le-bac und Nobac) zu über 10%. BeiUnterbrigung von Staatspapierenim Ausland wären es noch vielmehr.

In diesem Sinn wäre es ein gu-tes Geschäft, die gesamten Reser-ven für Tilgung bestehenderSchulden einzusetzen. Das würdejedoch schlimme Konsequenzenhaben, u.a. grosse Schwankungendes Wechselkurses, die sich infla-tionstreibend auswirken und dasWachstum stören. Die ZB-Reser-ven haben eben den Sinn, der Re-gierung die Möglichkeit zu geben,Kurspflege zu betreiben und derWirtschaft in dieser Beziehungeine gewisse Sicherheit zu geben.Ein Land wie Argentinien, in demdie Erfahrung mit Hochinflationund Hyperinflation, und auch vonplötzlichen Megaabwertungen,der Bevölkerung tief im Unterbe-wusstsein liegt, muss hohe Reser-

ven haben, umso mehr, wenn eskeine unmittlbare Möglichkeit hat,eine Soforthilfe vom IWF zu er-halten.

Von der Gesamtschuld des Na-tionalstaates verfallen nächstesJahr u$s 15,84 Mrd. GemässHaushaltsgesetz rechnet die Re-gierung mit einem (finanziellen)Überschuss bei den Staatsfinan-zen, so dass der Nettobetrag derSchuldenzahlung auf unter u$s 15Mrd. sinkt. Es wird in Wirklich-keit jedoch so sein, dass nächstesJahr noch ein bestimter Betrag fürDeckung des Defizites hinzu-kommt.

Ein grosser Teil der Schuld be-steht gegenüber staatlichen Äm-tern (ANSeS, AFIP u.a.) und wirdautomatisch erneuert. Es verbleibtjedoch ein Restbetrag von Titeln,die im Ausland untergebracht wor-den sind, und auch von Zahlungvon Schulden gegenüber der Welt-bank u.a. 2010 verfallen Boden2012 in Pesos und Dollar für u$s2,59 Mrd., Kredite multinationa-ler Finanzinstitute von u$s 2,19Mrd., garantierte Kredite von u$s530 Mio., Bonar für u$s 500 Mio.,Discount für u$s 451 Mio. undpar-Bonds für u$s 308 Mio. Mi-nister Boudou beabsichtigt, dieTitel vor dem Verfalldatum zukaufen, mit einem entsprechendenDiskont. Dabei spart der Staat ei-nen erheblichen Betrag an Zinsen.Das hat jedoch schon zu einerZunahme der Preise diese Papieregeführt, da die Inhaber wissen,dass sie auf alle Fälle einen Preiserhalten, der über dem Börsenkursder vergangenen Wochen liegt.

Mit dem Einsatz der ZB-Reser-ven ist nun auf alle Fälle die Zah-lung der Staatsschulden für 2010einigermassen gesichert. Es be-steht noch ein gewisser Zweifel;denn einmal können eventuellnicht alle Schulden innerhalb derStaatsstruktur erneuert werden,dann kommt noch die Deckungeines erheblichen Defizites hinzu,und schliesslich muss der Natio-nalstaat auch für Schuldentilgun-gen der Provinzen aufkommen, dadiese gesamthaft nicht zahlungs-fähig sind. Indessen hat der Nati-onalstaat die Möglichkeit, in hö-herem Umfang Reserven der ZBeinzusetzen, sofern der angegebe-ne Betrag stimmt. Somit wird es2010 keinen Default geben, unddas beruhigt die Gemüter. Unter-schwellig lautet die Botschaft der

Regierung auch, dass das gleicheSystem 2011 angewendet werdenkönnte, so dass die Defaultgefahrauch in jenem Jahr abgewendetwird.

Die Regierung muss jedoch un-ter diesen Umständen die ZB-Re-serven streng hüten. Der Handels-bilanzüberschuss, der dieses Jahreinen Rekord von u$s 16 Mrd. er-reichen soll, müsste somit 2010auf ähnlicher Höhe beibehaltenwerden.Und wenn auch die Kapi-talbilanz positiv ausfällt, dannbesteht weiter ein Nettoüber-schuss der Zahlungsbilanz, der inDevisenkäufen der ZB zum Aus-druck kommt. Es kann sein, dassmultinationale Unternehmen sichstärker im Ausland finanzieren,nachdem sie bei lokalen Bankenkaum Kredite erhalten, oder wenn,nur zu sehr hohen Zinssätzen. Eskann auch sein, dass lokale Un-ternehmer, die in den letzten Jah-ren mit ihrem Geld ins Auslandoder einfach in Dollar- oder Eu-ronoten geflüchtet sind, die Mit-tel wieder hier einsetzen. Die Weltist sehr flüssig, mit niedrigen Zin-sen, und das ist eine gute Voraus-setzung für einen Einsatz von flüs-sigen Mitteln in Argentinien. Dasalles hängt jedoch von den Infla-tionsaussichten u.a. Umständenab. Wenn die Kirchners sich wei-ter bemühen, das Vertrauen zubeeinträchtigen, kommt kaumKapital zurück, und dann könntendie ZB-Reserven sogar abnehmen.Ohne die Kirchners wäre der Fallgewiss viel einfacher.

Minister Boudou erklärte auch,dass der Einsatz von ZB-Reservenzur Schuldenzahlung ein Teil derGesamtstrategie der Regierungsei, um die Lage mit der internati-onalen Finanzwelt in normaleBahnen zu leiten. Den Holdoutssoll laut Boudou am 12. Januar2010 ein Vorschlag unterbreitetwerden, und mit dem Pariser Klubsollen Verhandlungen eingeleitetwerden. Der IWF muss vorläufigbei Seite gelassen werden, weil esNK so will. Gelegentlich könnteauch dies in vernünftige Bahnengeleitet werden, wenn NK anMacht verliert. Dann fehlt nochdie Regelung der zahlreichenKonflikte, die dem Weltbank-schiedsgericht ICSID (auf spa-nisch CIADI) vorliegen, umeinigermassen normale Zuständezu erreichen. Doch dieses letzteThema wird von der Regierungeinfach ignoriert.

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Die gefährdete ErholungDie konjukturelle Lage hat sichin den letzten Monaten spürbar ge-bessert. Indices über Industriepro-duktion und Zahlen über Umsät-ze bei Supermärkten weisen dar-auf hin, dass der Tiefpunkt derRezession überwunden ist unddiese im Grunde relativ mild war.Für das ganze Jahr 2009 wird vonprivaten Wirtschaftlern ein Rück-gang des Bruttoinlandproduktesvon 3% bis 5% erwartet, wobeiMitte des Jahres ein Tiefpunkt ein-trat, der um etwa 6% unter demVorjahr lag. Das Statistische Amt(INDEC) bringt hingegen eine vieloptimistischere Darstellung zumAusdruck und meint sogar, im Jahr2009 werde das BIP um 0,5% zu-nehmen. Für 2010 rechnen Exper-ten mit einer BIP-Zunahme von2% bis 3%, was jedoch vorwie-gend auf der Annahme beruht,dass die sanfte Erholung, die inden letzten Monaten eingetretenist, weitergeht und sich wegen desMultiplikatoreffektes beschleu-nigt. Auf alle Fälle würde das BIPEnde 2010 etwa auf gleicher Höhewie 2008 liegen.

Die Erholung ist einmal eineFolge der Reaktion auf die Rezes-sion. Als diese eingetreten ist,wurden Lagerbestände verringert,womit die Wirkung vertieft wur-de. Das hat Mitte 2009 aufgehört,wobei in vielen Fällen die Lager-bestände wieder erhöht werdenmussten, so dass die entgegenge-setzte Wirkung eintrat. Eine Re-zession führt ausserdem zu Initia-tiven der Unternehmer, die zu ih-rer Überwindung beitragen: Rati-onalisierung, Kostensenkung,Auffindung neuer Marktlücken,u.a. Die argentinische Bevölke-rung hat ein grosses Talent, umsich wechselnden Situationen (diesie immer wieder erlebt hat) an-zupassen, und das entschärft Re-zessionen. Ebenfalls wirkt sich derrasante technologische Fortschritt,der unsere Epoche kennzeichnet,ständig aus, eventuell stärker inKrisenzeiten, in denen die Effizi-enzerhöhung zu einem “muss”wird. Auch muss berücksichtigtwerden, dass es ununterbrochenInvestitionen gegeben hat, (beieiner Gesamtrate von um die 23%des BIP in den letzten Jahren, wasim internationalen Vergleich nichtwenig ist) die auf vielen Gebietenzu höherer Produktion und/oderniedrigeren Kosten und/oder bes-seren Produkten und/oder Über-windung von Engpässen geführthaben.

Zum zweiten wirkte sich derUmstand aus, dass die Preise derlandwirtschaftlichen Produkte, diedas Land exportiert, im histori-

schen Vergleich hoch blieben. Dieweltweite Nachfrage nach Getrei-de und Ölsaat steigt. Der ExpertePablo Adreani (von der Consul-ting-Firma AgriPac) weist daraufhin, dass für das Landwirtschafts-jahr 2009/10 mit einer zusätzli-chen Nachfrage nach Sojabohne,Weizen und Mais von 50 Mio. tgerechnet wird, bei einem Welt-konsum, der in einem Jahr von1,63 auf 1,68 Mrd. Tonnen steigt.Die Rezession der Industriestaa-ten hat bei der letzten Krise, zumUnterschied derjenigen der 30erJahre, die Landwirtschaft nichtbeeinflusst, vornehmlich weilChina und Indien als grosse Käu-fer aufgetreten sind, mit steigen-dem Bedarf.

Drittens wurde die lokale Kon-junktur auch durch die brasiliani-sche Erholung angetrieben. Bra-silien endet dieses Jahr mit eineminterannuellen BIP-Wachstum vonschätzungs-weise 8%. Die beton-te Zunahme der lokalen Produkti-on von Fahrzeugen ist auf starkerhöhte Lieferungen nach Brasi-lien angetrieben worden. Die Re-gierung verhindert jedoch, dasssich der Brasilien-Effekt voll aus-wirkt. Denn der bilaterale Handelist durch die “nicht automatischenLizenzen” gestört worden, die dieargentinische Regierung einge-führt hat, so dass auch BrasilienImporte aus Argentinien behin-dert. Statt sich stärker an ein wach-sendes Land wie Brasilien anzu-schliessen, wird der entgegenge-setzte Weg eingeschlagen.

Ein weiterer Erholungsfaktorist der Regen, der in letzter Zeitüppig und ziemlich allgemein war.Wasser hat in Argentinien einedoppelte Bedeutung: bei der Land-wirtschaft führt es zu erhöhterSaatfläche und höheren Erträgen,und ausserdem können die Was-serkraftwerke (die etwa 40% desStrombedarfes decken) mit hoherKapazitätsauslastung tätig sein.Der regnerische Frühling hat vorallem die Aussaat von Sojabohneangespornt, und führt dann zu hö-heren Erträgen. Für 2009/10 wirdmit einer Ernte von 85 Mio. t ge-rechnet, gegen nur knapp über 60Mio. 2008/09. Diese Ernte liegtzwar weit unter den 97 Mio. t derPeriode 2007/08, stellt jedoch ei-nen Sprung von fast 40% gegenü-ber dem Vorjahr dar. Das führtschon jetzt zu Einnahmen derLandwirte, durch Vorfinanzierun-gen der Exporteure. Das dürfteu.a. auch das hohe Devisenange-bot erklären, das die ZB zu Käu-

fen zwingt, um einen Kursverfallzu verhindern. Abgesehen von derLandwirtschaft, sind die Staudäm-me von Yacyretá und Salto Gran-de überfüllt, und die anderen ha-ben auch viel Wasser. Das sichertdie Stromversorgung und senktdie Durchschnittskosten für Elek-trizität.

Schliesslich wurde die Erho-lung noch durch erhöhte Staatsin-vestitionen und auch durch die Be-schränkung des Importes von Pro-dukten angespornt, die mit lokalerzeugten konkurrieren. Beides istjedoch auf Dauer unhaltbar. DieStaatsinvestitionen müssen wegenMangel an Finanzierung stark ein-geschränkt werden, und die Be-hinderung bestimmter Importeführt einmal zu Versorgungseng-pässen und dann, wie gesagt, zuGegenmassnahmen, besondersvon Brasilien, die sich negativ aufdie argentinische Wirtschaft aus-wirken. Bei der Importbeschrän-kung ist es bei Kfz-Reifen u.a.Produkten so, dass sich die lokaleFabrikation auf bestimmte Artenkonzentriert, die zum Teil auchnach Brasilien exportiert werden,während andere Reifentypen im-portiert werden. Es ist wie beimbilateralen Handel mit Kfz, derauch zu einer Spezialisierung derlokalen Fabriken geführt hat, diezur Kostensenkung beigetragenhat.

Die Gefahren

Die Erholung steht auf schwa-chen Füssen. Es bestehen mehre-re unmittelbare Gefahren. Haltenwir fest:

Die Ernte dieses Jahres ist zumallergrössten Teil schon exportiertworden, so dass mit schwachenExporten in den kommenden Mo-naten gerechnet wird. Die Weizen-produktion, die normalerweiseden Getreideexport im Sommernährt, ist gering und trägt diesesJahr wenig zum Export bei. DieMaisernte kommt erst im März,und Sojabohne noch später. DieDurststrecke vom Januar und Fe-bruar dürfte die Konjunktur ab-kühlen.

Das Rinderangebot hat schonabgenommen und dürfte noch ge-ringer werden. Das führt zu einerstarken Preissteigerung, die auchBinnenhandelssekretär Morenonicht aufhalten kann. Unmittelbarist das Phänomen auf den Regenzurückzuführen, der den Zustandder Weiden verbessert hat, so dassdie Landwirte die Tiere einbehal-ten, um sie auf ein höheres Ge-

wicht zu bringen. Aber dannkommt noch hinzu, dass die Zahlder Kälber, die dieses Jahr gebo-ren wurden, um die 11 Mio. liegt,gegen 14 Mio. 2008 und 15,3 Mio.2007. Das ist eine Folge der Dür-re von 2008, die dazu geführt hat,dass weniger Kühe trächtig wur-den. Doch auch 2010 rechnet derExperte Ignacio Iriarte mit kaummit viel mehr als 11 Mio. Kälbern,weil inzwischen der Kuhbestanddurch überhöhte Schlachtungenund erhöhte Sterblichkeit starkabgenommen hat. Wenn der Preisfür Rindfleisch wie zu erwartenweiter steigt, eventuell sehr stark,dann reisst das auch andere Nah-rungsmittel bis zu einem gewissenPunkt mit. Ein hoher Preis für Rin-der führt dazu, dass die Landwir-te ihren Bestand erhöhen wollen,so dass sie dann noch weniger Tie-re, besonders Kühe, liefern, wo-mit der Preis noch mehr steigt. Dasheizt die Inflation an, verringertdas verfügbare Einkommen derBevölkerung und wirkt somit re-zessiv.

Die Wirtschaft leidet unter Fi-nanzierungsschwierigkeiten. DerBankkredit ist unzureichend, unddie hohe Kapitalflucht der letztenJahre (die auf über u$s 45 Mrd. inzwei Jahren berechnet wird) hatder Wirtschaft Arbeitskapital ent-zogen. Das hat sich einmal auf dieBankdepositen ausgewirkt, unddann auch auf andere Finanzie-rungsmöglichkeiten. In vielen Fäl-len wurden finanzielle Mittel, dieüber die sogenannten “Pools” fürdie Finanzierung der Landwirt-schaft, besonders des Anbaus vonSojabohne, eingesetzt wurden, aufBankkonten im Ausland überwie-sen oder direkt in Dollarnoten an-gelegt. Der Staat bringt zuneh-mend Papiere bei den Banken un-ter, und verringert somit derenKreditfähigkeit noch mehr.

Die ZB betreibt eine sehr rest-riktive Geldpolitik, mit minimalerExpansion des Aggregates M2(Banknoten plus Giro- und Sicht-depositen). Ebenfalls sorgt siedafür, dass der Wechselkurs hin-ter der internen Inflation zurück-bleibt. Doch auf der anderen Sei-te nehmen Löhne und Gehälterallgemein um etwa 20% zu, beisteigender Tendenz und mit zu-nehmenden Fällen von etwa 30%.Das führt somit dazu, dass dieGelddecke immer kürzer wird, dieFinanzierungsprobleme zuneh-men und die Produktion gehemmtwird. Würde die ZB die Lohner-höhungen monetär begleiten, dannwürde die Inflation ausufern undwomöglich eine noch stärkere re-zessive Wirkung haben. Es ist

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Seite 14Sonnabend, 19. Dezember 2009

ohenhin schon schwer zu erklä-ren, wie sich die Wirtschaft beiso geringer Finanzierungüberhaupt leicht erholten konn-te.

Die sozialen Konflikte haben inletzter Zeit zugenommen und wei-sen auf alle Fälle eine steigendeTendenz auf. Zum Teil sind es rei-ne Arbeitskonflikte und zum Teilpolitische Konflikte, diebesonders von den Radaubrüdernverursacht werden, die als “pi-queteros” bekannt sind. DieseKonflikfte stören die Wirtschaftund wirken rezessiv. Die Regie-rung lässt dies einfach geschehen.

Schliesslich wirkt sich auch dienotorische Verschlechterung der

PERSONALNACHRICHTENTodesfälle

Köttner, Sylva María geb.Steinmüller, 84, am 9.12.;Karolina (Lintschi) Point-ner geb. Schadauer, 90, am14.12.

Finanzen des Nationalstaates undder Provinzen aus, wobei die Fi-nanzierungsmöglichkeiten (so-wohl für den Ausgleich der Amor-tisation bestehender Schulden wiefür die Deckung der Defizite) be-schränkt sind, und Aufnahme vonlokalen Mitteln, die bei Bankendeponiert sind, den Kredit an diePrivatwirtschaft noch mehr beein-trächtigt. Da die Lage gegenüberder internationalen Finanzweltweiter sehr konfliktiv bleibt,nimmt die Aussicht auf ein neuesDefault (2011?) unter diesenUmständen zu, was eine Sofort-wirkung hat, zunächst die des An-sporns der Kapitalflucht. Dabeiwerden auch Investitionsprojekte

vertagt. Abgesehen davon, wer-den bei dieser Konstellation öf-fent l iche Bauten unterbro-chen, verlangsamt (und somitverteuert) und neue Projekteabgesagt, was alles rezessivwirkt.

Die Zeit der hohen Wachstums-raten, die die Periode 2002/08 ge-kennzeichnet hat, ist vorbei. Ar-gentinien könnte gewiss langfris-tig wieder gut wachsen, etwa zu5% pro Jahr. Aber dazu muss dieWirtschaftspolitik in grundsätzli-chen Fragen geändert werden, be-ginnend mit der Politik für Ener-gie und Landwirtschaft und derWiederherstellung normaler Be-ziehungen zur internationalen Fi-

nanzwelt. Sonst steht eine holpri-ge Zukunft bevor, mit kurzen Er-holungswellen und Rückfall inRezessionen, bei zunehmender In-flation und mehr sozialen Konf-likten. Man sollte sich auf alleFälle durch die bestehende sanfteErholung nicht blenden lassen.