25
I 3 Information und Dokumentation International Communication Agency Embassy of the United States of America 46 15. Oktober 1980 INHALT DOKUMENTATION Christopher erläutert Prinzipien für US-Politik im irakisch-iranischen Konflikt - Wortlaut der Ansprache vor UPI-Redakteuren - HINTERGRUNDMATERIAL Auf der Suche nach tragfähigen Begrenzungen bei den nuklearen Mittel Streckensystemen großer Reichweite - Von USICA-Korrespondent Russell E. Dybvik - Energie in neuer Sicht - Ein weltweites Phänomen - Von Charles Duncan, US-Energieminister WISSENSCHAFT UND TECHNIK Förderprogramm für Fusionsenergie Um Übet/endung von ßelegcHcmplarcn wird gebeten Postfach 20 03 00 Tel: 0228-89 32 40 D5300 Bonn 2 Telex: 08-85432

15. Oktober 1980 INHALT - amerikahaus-archiv.de fileInternational Communication Agency Embassy of the United States of America 46 15. Oktober 1980 INHALT DOKUMENTATION Christopher

  • Upload
    dangtu

  • View
    218

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

I 3

Information und Dokumentation

International Communication Agency Embassy of the United States of America

46 15. Oktober 1980

I N H A L T

DOKUMENTATION

Christopher erläutert Prinzipien für US-Politik im

irakisch-iranischen Konflikt

- Wortlaut der Ansprache vor UPI-Redakteuren -

HINTERGRUNDMATERIAL

Auf der Suche nach tragfähigen Begrenzungen bei den nuklearen

Mittel Streckensystemen großer Reichweite

- Von USICA-Korrespondent Russell E. Dybvik -

Energie in neuer Sicht

- Ein weltweites Phänomen -

Von Charles Duncan, US-Energieminister

WISSENSCHAFT UND TECHNIK

Förderprogramm für Fusionsenergie

Um Übet/endung von ßelegcHcmplarcn wird gebeten

Postfach 20 03 00 Tel: 0228-89 32 40 D5300 Bonn 2 Telex: 08-85432

1 Dokumentation

International Communication Agency Embassy of the United States of America

46 15. Oktober 1980

CHRISTOPHER ERLÄUTERT PRINZIPIEN FÜR US-POLITIK

IM IRAKISCH-IRANISCHEN KONFLIKT

- Wortlaut der Ansprache vor UPI-Redakteuren -

BOSTON - (AD) - Der stellvertretende amerikanische Außenminister Warren

Christopher hat am 7. Oktober 1980 die Prinzipien aufgezeigt, die die Politik

der Vereinigten Staaten hinsichtlich des Konfliktes im Persischen Golf bestim­

men. Gleichzeitig gab er in seiner Rede vor Redakteuren der amerikanischen

Nachrichtenagentur United Press International (UPI) einen überblick über die

Hintergründe des Krieges zwischen dem Irak und dem Iran.

Die Ansprache Christophers hat folgenden Wortlaut:

Der Krieg zwischen dem Iran und dem Irak ist in seine dritte Woche ein­

getreten. Ich bin dankbar für die Gelegenheit, vor Ihnen unsere Ansichten

zu diesem Konflikt darlegen zu können.

Lassen Sie mich mit einigen zentralen Feststellungen beginnen.

Für

Postfach 20 03 0 0 Tel : 0228-89 32 40 D 5 3 0 0 Bonn 2 Telex: 08-85432

Für uns stehen im Gebiet des Persischen Golfes lebenswichtige Inter­

essen auf dem Spiel, und wie Präsident Carter dies klargemacht hat, werden

wir sie verteidigen. Viele unserer Verbündeten und Freunde sind gegenüber

Störungen in diesem Raum noch verwundbarer als wir - und ihr Wohlergehen ist

auch für uns von lebenswichtiger Bedeutung.

Zusammen mit anderen Ländern verfügen wir über beträchtliche militärische

Stärke in jenem Gebiet. Unser Ziel ist es, unsere lebenswichtigen Interessen

zu verteidigen, sollten sie angegriffen werden. Es ist nicht unser Ziel, die

Angelegenheiten irgendeines Landes in dieser Region zu beherrschen, sondern

dazu beizutragen, daß die Unabhängigkeit dieser Länder gestärkt und gefestigt

wi rd.

Unser Streitfall mit dem Iran bezüglich des Festhaltens unserer Diplo­

maten ist für keinen Amerikaner ein Grund, diesen Krieg etwa willkommen zu

heißen. Wir machen die Regierung des Iran auch weiterhin verantwortlich für

die Sicherheit der Geiseln. Völkerrecht und allgemeiner Anstand erfordern

ihre Freilassung. Die Geiselfrage macht den Frieden umso dringlicher.

Lassen Sie mich als letzte einleitende Feststellung darauf hinweisen,

daß wir alle in dieser Krise die Bestätigung dafür finden sollten, wie klug

die Politik des Präsidenten zur Förderung der einheimischen Energieproduktion

und zur Verminderung des ölverbrauches war. Wir haben echte Fortschritte in

der einen wie der anderen Hinsicht gemacht. Wir müssen noch weitere Fort­

schritte erzielen.

Nachdem ich Ihnen diese Gedanken als Auftakt dargelegt habe, lassen Sie

mich kurz zusammenfassen, was wir als die Quellen des Konfliktes ansehen,

und danach möchte ich Ihnen unsere Ansichten und Interessen ausführlicher dar­

legen.

Wie Sie wissen, begannen die gegenwärtigen Kampfhandlungen am 22. Sep­

tember.

Ihnen

Ihnen gingen mehrere Monate wachsender Feindseligkeit und Grenzzwischen­

fälle voraus. Mitte des vorigen Monats besetzten irakische Truppen zwei

kleine Gebietsstreifen im mittleren Teil der irakisch-iranischen Grenze.

Irak behauptet, daß dieses Gebiet gemäß des Vertrages mit Iran aus dem Jahre

1975 wieder eingegliedert werden müsse.

Nach dem irakischen Angriff eskalierten die Kampfhandlungen, und am 17.

September reagierte der Irak, indem er den Vertrag von 1975 mit dem Iran auf­

kündigte und die gesamte Wasserstraße von Schatt-el-Arab beanspruchte.

Seit dem 22. September sind die irakischen Landstreitkräfte eine be­

trächtliche Strecke in den Iran einmarschiert. Jede Seite hat Luftangriffe

weit in das Gebiet des anderen unternommen. Beide Hauptstädte wurden bom­

bardiert, Bagdad und Teheran, aber auch andere Städte. Die ölanlagen beider

Länder wurden beschädigt. Es gab beträchtliche Opfer unter der Zivilbevöl­

kerung.

Die Intensität und das Ausmaß der Kämpfe hat wohl mit großer Sicherheit

all das Libertroffen, was von den Beteiligten erwartet worden war.

Wir haben also wieder einmal gesehen, wie leicht ein Krieg ausbrechen

kann, und wie schwer es ist, ihn einzudämmen und zu beenden.

Wenn auch die Flammen erst kürzlich aufgelodert sind, so hat dieser

Konflikt doch schon seit vielen Jahren geschwelt.

- Der Iran und der Irak haben sich seit langem über die Festlegung ihrer

gemeinsamen Grenze gestritten, insbesondere in der Nähe des Persischen Golfes,

im Gebiet des Schatt-el-Arab - des Deltas zwischen dem Tigris und dem Euphrat.

Das Gebiet, um das man sich streitet, ist nicht groß. Aber es hat mächtige

Emotionen und ständige Angriffe von beiden Seiten hervorgerufen.

- Dreimal

- Dreimal in diesem Jahrhundert ist versucht worden, die Grenzfrage

zu regeln. Zum letztenmal wurde 1975 in dem Abkommen von Algier die Grenze

in der Mitte des Flusses, und zwar für die gesamte Länge des Schatt, festge­

legt. Bis zu einem gewissen Ausmaß reflektierte ein jedes dieser Abkommen

die relative Macht der jeweiligen Parteien zu jenem Zeitpunkt. Die Geschichte

dieses Streitfalles lehrt uns also folgende Lektion: Wenn eine Regelung Be­

stand haben soll, dann kann sie sich nicht nur auf eine veränderliche Macht­

gleichung stützen, sondern sie muß eine unveränderliche Realität widerspie­

geln - das beiderseitige Interesse der beteiligten Parteien an ihrer eigenen

Sicherheit und Stabilität in diesem Raum.

- Dieser territoriale Streitfall wurde noch durch religiöse und kul­

turelle Meinungsverschiedenheiten verschärft. So hat der Iran beispiels­

weise sich mit Appellen an gewisse Elemente der irakischen Bevölkerung ge­

wandt. Bagdad betrachtet dies als eine Einmischung in seine inneren Ange­

legenheiten - aber der Irak hat ebenfalls versucht, die Autorität der Re­

gierung in Teheran zu unterminieren. Auf beiden Seiten wurde die propa­

gandistische Auseinandersetzung in zunehmendem Maße schärfer.

- Die beiden streitenden Parteien sehen sich vielleicht auch in einen

weitergehenden Konkurrenzkampf hineingezogen. Im Laufe der Zeit hat jede

Seite Anerkennungsansprüche als eine hauptsächliche Einflußquelle in diesem

Gebiet geltend gemacht.

- Und schließlich werden die Auswirkungen dieses Konfliktes noch durch

den Ort der Feindseligkeit gravierender. Im Mittelpunkt der Kampfhandlungen

befindet sich die wichtige iranische ölprovinz Khusistan. Irak behauptet,

daß der Erwerb dieser Provinz nicht sein Ziel sei. Aber das gesamte Gebiet

und seine wichtigsten Städte werden von irakischen Streitkräften angegriffen.

Wenn sie dieses Gebiet einnehmen und versuchen, es zu halten, dann wäre die

Natur dieses Konfliktes von Grund auf geändert, und die Gefahr hätte sich

auf dramatische Weise vergrößert.

Dies

Dies also sind einige der Kräfte und Bestrebungen, die sich uns gegen­

wärtig zeigen. Was sind nun die Ziele der Vereinigten Staaten?

Wir haben zwei Hauptziele.

Das erste ist der Frieden.

Die Vereinigten Staaten haben in diesem Krieg keine Partei ergriffen,

und wir werden dies auch nicht tun. Aber die Tatsache, daß wir keine Partei

ergreifen, ist kein Signal von Indiferenz. Wir sind besorgt über das mensch­

liche Leiden. Wir sind besorgt über den ungeheuren physischen Schaden. Wir

sind besorgt über die Angliederung von Territorium auf gewaltsamem Wege. Und

wir sind besorgt über die weiteren Auswirkungen.

Deshalb haben die Vereinigten Staaten mit allem Nachdruck die Bemühungen

internationaler Institutionen unterstützt, diesen Streitfall vom Schlacht­

feld an den Verhandlungstisch zu bringen, und zwar so schnell, wie das möglich

ist.

Und wir werden auch weiterhin mit Nachdruck darauf drängen, daß alle

äußeren Mächte sich Zurückhaltung auferlegen. Alle sollten für den Frieden

einstehen. Alle müssen die grundlegende nationale Integrität der betroffenen

Länder, sowohl des Irak als auch des Iran respektieren.

Wir erwarten von der Sowjetunion, daß sie Selbstdisziplin übt.

Die sowjetischen Medien haben, ohne die geringste faktische Grundlage

zu haben, behauptet, daß die Vereinigten Staaten in diesem Konflikt Partei

ergriffen hätten. Solche falschen Darstellungen können nur zu einer Aufhei­

zung einer Situation beitragen, die Gefahren für Ost und West gleichermaßen

in sich birgt. Sie reflektiert in keiner Weise das Ausmaß an Verantwortung,

das von einer Großmacht erwartet werden muß.

Gleichzeitig

Gleichzeitig haben die Sowjets sich den auf einen Frieden gerichteten

Anstrengungen des Sicherheitsrates angeschlossen. Sie haben sich im allge­

meinen vorsichtig verhalten. So wie wir das gegenwärtig sehen, tritt die

Sowjetunion wie die Vereinigten Staaten für eine baldige Beendigung des Krie­

ges ein. Sie sollte auf diesem Kurs fortfahren. Es liegt in unserem beider­

seitigen Interesse, sicherzustellen, daß ein begrenzter Konflikt keine Super­

macht-Dimension annimmt.

Unser zweites weitreichendes Ziel besteht darin, eine Ausbreitung dieses

Konfliktes zu verhindern. Es ist unser Ziel, zusammen mit anderen sicherzu­

stellen, daß dieser Konflikt weder den Frieden in diesem Gebiet noch die Welt­

wirtschaft zerstört.

Die anderen Staaten der Golfregion und der Arabischen Halbinsel haben

allen Grund, tief besorgt zu sein. Sie verdienen unsere Hilfe - wenn sie

darum ersuchen - bei der Abschreckung der Möglichkeit eines unprovozierten

Angriffes.

Deshalb hat Präsident Carter unverzüglich auf das Ersuchen reagiert,

amerikanische Frühwarn- und Kontrollflugzeuge (AWACS) nach Saudi-Arabien zu

entsenden.

Diese Flugzeuge bedrohen niemanden. Ihre Zielsetzung in Saudi-Arabien

ist rein defensiver Natur - nämlich eine ausreichende Vorwarnzeit zu gewähr­

leisten und die Saudis bei ihren eigenen Verteidigungsanstrengungen zu unter­

stützen, wenn dafür die Notwendigkeit besteht. Ihre Anwesenheit hat in kei­

ner Weise unsere Neutralität im gegenwärtigen Konflikt verändert.

Wir möchten ferner, daß der Konflikt den ölfluß nicht gefährdet. In

diesem Zusammenhang erkennen wir die konstruktive Rolle an, die Saudi-Arabien

sowie eine Anzahl anderer ölfördernder Länder ergriffen haben, um die welt­

weite Ölversorgung bei anhaltendem Konflikt aufrechtzuerhalten.

Diese

Diese lebenswichtige Ölversorgung hängt nicht nur von der Bereitschaft

der Lieferstaaten ab, sondern auch von der Sicherheit der Schiffahrt. Die

jüngsten Entwicklungen haben uns sowie anderen Ländern die Wichtigkeit der

Freiheit der Schiffahrt in der Straße von Hormuz vor Augen geführt - ein Na­

delöhr für den Fluß des üls in so viele Teile der industrialisierten Welt als

auch der Entwicklungsländer.

Der Iran hat kürzlich erklärt, daß er nicht die Absicht habe, den Ver­

kehr durch diese Straße zu behindern. Dies war ein positiver Schritt. Wich­

tigen Interessen aller Länder, einschließlich des Irak und des Iran, wird

durch die freie Schiffahrt im Persischen Golf gedient.

Unsere Absichten hinsichtlich des Konfliktes im Persischen Golf sind

also klar. Lassen Sie mich zusammenfassen:

Erstens, die Vereinigten Staaten verhalten sich im Konflikt zwischen

dem Iran und dem Irak neutral. Wir werden auf keiner der beiden Seiten inter­

venieren.

Zweitens, wir erwarten von der Sowjetunion, daß sie Zurückhaltung übt.

Drittens, Neutralität in diesem Konflikt bedeutet jedoch nicht amerika­

nische Indifferenz. Wir werden unsere lebenswichtigen Interessen im Gebiet

des Persischen Golfes verteidigen. Insbesondere:

- Es darf keine Einmischung in den freien Verkehr in der Straße von

Hormuz und im Persischen Golf geben. Wir werden tun, was erforderlich ist,

um eine solche Einmischung zu verhindern.

- Um zu verhindern, daß sich der Konflikt in einer Weise ausdehnt, die

die Sicherheit dieses Gebietes gefährdet, werden wir auf Unterstützungser­

suchen von Seiten nichtkriegführender Freunde in diesem Gebiet reagieren,

die sich durch diesen Konflikt bedroht fühlen.

Und

- 7 -

Und viertens, dieser Konflikt muß bald beendet werden. Keiner wird aus

seiner Fortsetzung Gewinn ziehen. Wir werden die Bemühungen internationaler

Institutionen unterstützen, eine friedliche Regelung zustandezubringen.

Diese vier Prinzipien sind heute für unsere Handlungen richtungweisend.

Dies wird auch in Zukunft so sein. Denn diese Prinzipien stützen sich auf

ein Bild von diesem Gebiet - das jetzt so unbeständig ist - in dem jeder Staat

die Rechte seines Nachbarn respektiert und keiner einem Druck von außerhalb

seiner Grenzen ausgesetzt ist. Auf solchen Prinzipien kann ein dauerhafter

Friede aufgebaut werden.

+ + + + +

46 15. Oktober 1980

AUF DER SUCHE NACH TRAGFÄHIGEN BEGRENZUNGEN

BEI DEN NUKLEAREN MITTELSTRECKENSYSTEMEN GROSSER REICHWEITE

- Von USICA-Korrespondent Russell E. Dybvik -

WASHINGTON - (AD) - Hochrangige Experten der Außen- und Verteidigungs­

politik in den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion wollen in dieser

Woche in Genf mit Gesprächen beginnen, die darauf abzielen, den Bereich

für künftige Verhandlungen über die Begrenzung weitreichender, boden­

gestützter nuklearer Mittel Streckensysteme in Europa abzustecken.

Es handelt sich hierbei um einen vorbereitenden Gedankenaustausch,

der einige Wochen dauern dürfte. Die eigentlichen Verhandlungen werden im

Rahmen von SALT III geführt werden - einer neuen Verhandlungsrunde über

die Begrenzung strategischer Waffen zwischen den beiden Supermächten.

Im Dezember vorigen Jahres einigten sich die Außen- und Verteidigungs­

minister der NATO auf ein Programm zur Modernisierung der Nuklearen Mittel­

streckensysteme großer Reichweite (LRTNF) - ein Schritt, dem sie angesichts

der alarmierenden und gewaltigen Zunahme der LRTNF-Kapazität der Sowjetunion

entscheidende Bedeutung beimassen. Gleichzeitig setzten sich die NATO-

Postfach20 0300 Tel: 0228-89 32 40 D5300 Bonn 2 Telex: 08-85432

NATO-Minister für Verhandlungen zwischen den Vereinigten Staaten und der

Sowjetunion ein, um die LRTNF-Systeme beider Seiten zu begrenzen.

In ihrem Kommunique stellen die Minister des Bündnisses fest, daß

sie der Rüstungskontrolle "große Bedeutung" beimessen. In dem Kommunique

heißt es unter anderem: "Die Minister betrachten die Rüstungskontrolle

als integralen Bestandteil der Bemühungen des Bündnisses, die unverminderte

Sicherheit seiner Mitgliedstaaten zu gewährleisten und die strategische Lage

zwischen Ost und West auf einem beiderseits niedrigeren Rüstungsniveau

stabiler, vorhersehbarer und beherrschbarer zu gestalten,,"

Weniger als eine Woche nach dem Treffen der NATO-Minister schlugen

die Vereinigten Staaten in aller Form vorbereitende Gespräche mit der

Sowjetunion über die Begrenzung der LRTNF-Systeme ohne Vorbedingungen und

ohne Verzögerung vor. Die Sowjets wiesen diesen Vorschlag jedoch zurück

und verlangten stattdessen von der NATO, ihre Entscheidung über die

Modernisierung der Mittel Streckensysteme des Bündnisses rückgängig zu

machen oder formell deren Durchführung auszusetzen. Erst im Juli ließ die

Sowjetunion ihre Vorbedingungen fallen.

Trotz der in jüngster Zeit frostigen Beziehungen zwischen den Vereinigten

Staaten und der Sowjetunion - vornehmlich wegen der sowjetischen Invasion

Afghanistans - bleibt die Regierung Carter auch weiterhin der Rüstungskontrolle

und hier vor allem der Begrenzung der strategischen Waffen als im Sicherheits­

interesse der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten liegend verpflichtet.

Vor kurzem erklärte Präsident Carter in einer Rede vor dem Rat für

Weltpolitik (World Affairs Council) in Philadelphia, daß das SALT II-Ab-

kommen "eine große Leistung" seiner Regierung sei und er dessen Ratifizierung

zum frühestmöglichen Zeitpunkt anstrebe»

Der

- 2 -

Der Präsident sagte: "Aber auch der Zeitpunkt rückt rasch näher, an

dem wir über SALT II hinausdenken müssen - um weitere, umfassendere Ab­

kommen auszuhandeln, die sowohl neue Kategorien strategischer Waffen als

auch Waffen von geringerer als interkontinentaler Reichweite betreffen«

Wenn die achtziger Jahre nicht zu einem Jahrzehnt der Gewalt werden sollen,

dann müssen wir erneute Anstrengungen machen, um das Wettrüsten zu stabilisieren

und den Bereich der Rüstungskontrollabkommen zu erweitern»"

Die Sondierungsgespräche über die LRTNF-Systeme in Genf haben dieses

Ziel - beiderseitige Begrenzungen der amerikanischen und sowjetischen

LRTNF-Systeme auf niedrigerem Rüstungsniveau beider Seiten und auf der

Grundlage des Prinzips der Gleichheit,, Parallel hierzu werden die NATO-

Verbündeten ihr LRTNF-Modernisierungsprogramm vorantreiben, wobei sie

einräumen, daß das Programm im Lichte konkreter Ergebnisse angepaßt werden

kann, die durch Verhandlungen erreicht werden*

Eurostrategische Kernwaffen sind für Europa nichts neues. Diese

Art von Systemen geht noch auf die fünfziger Jahre zurück, als die in den

Vereinigten Staaten hergestellten Raketen mittlerer Reichweite THOR und

JUPITER in Großbritannien, Italien und in der Türkei disloziert wurden.

Diese Waffen hatten die Leistungsfähigkeit, Ziele in der Sowjetunion zu

treffen. Schließlich wurden sie als überflüssig ausgemustert, als die

Vereinigten Staaten strategische Systeme dislozierten, die auf Ziele in

der Sowjetunion gerichtet waren.

Während bestimmte amerikanische Systeme, die der NATO zur Verfügung

gestellt wurden - wie Flugzeugraketen und seegestützte Raketen -, sowjetische

Ziele erreichen können, hat keines davon die gleiche Abschreckungskapazität

wie bodengestützte Raketen,

Derzeit sind viele der bodengestützten TNF-Waffen, die von den

Vereinigten Staaten in Westeuropa disloziert sind, nur zur Verwendung auf

- 3 -

auf dem Gefechtsfeld, nicht aber für Ziele in der Sowjetunion, entwickelt

worden.

Auf der anderen Seite jedoch fand in den letzten Jahren eine starke

Ausweitung der sowjetischen LRTNF-Kapazität statt. Seit 1974 begannen

die Sowjets mit der Dislozierung des BACKFIRE-Bombers, der Kernwaffen in

Ziele überall in Europa tragen kann«

Und 1977 begannen die Sowjets mit der Dislozierung ihrer SS-20-Raketen -

einer modernen, treffsicheren und mobilen Rakete, die mit drei unabhängig

voneinander zielgeplanten Gefechtsköpfen ausgerüstet ist, die aus der

Sowjetunion heraus jeden Ort in Westeuropa erreichen können.

Die sowjetische LRTNF-Aufrüstung in den letzten Jahren - die sich in

der Dislozierung dieser beiden LRTNF-Systeme manifestiert - hat die

nukleare Stabilität in Europa untergraben» Führende Rüitiker in Europa wie

auch amerikanische Regierungsstellen sind übereinstimmend der Meinung, daß

es sich bei der SS-20 wahrscheinlich um das besorgniserregendste Waffen­

system handelt, das derzeit in Europa disloziert ist.

So stellte zum Beispiel Bundeskanzler Helmut Schmidt auf einer

Konferenz des Internationalen Instituts für Strategische Studien im

Oktober 1977 fest, daß die auf dem strategischen Niveau zwischen der

Sowjetunion und den Vereinigten Staaten erzielte Parität die Bedeutung

der Disparitäten zwischen der NATO und dem Warschauer Pakt sowohl bei

konventionellen als auch bei TNF-Waffen nur noch vergrößert habe, Schmidt

drängte auf Anstrengungen, das militärische Gleichgewicht in Europa wieder­

herzustellen und setzte sich für eine erneute Verpflichtung zu Verhandlungen

ein, um ein solches zu erreichen.

Seit den fünfziger Jahren fühlte sich Westeuropa unter dem Schirm

der strategischen Kernwaffen der Vereinigten Staaten verhältnismäßig sicher.

- 4 -

sicher. Aber die Dislozierung des BACKFIRE-Bombers und der SS-20 durch

die Sowjetunion - ohne entsprechende Dislozierungen bei der NATO - hat

die Gefahr einer - wenn auch falschen - sowjetischen Kalkulation herauf­

beschworen, daß die Sowjets Europa mit in der UdSSR stationierten Waffen

angreifen könnten, ohne daß die NATO in der Lage wäre, angemessen zu

reagieren.

Während der sowjetische BACKFIRE und die SS-20 Ziele überall in

Westeuropa angreifen könnten, haben die NATO-Verbündeten derzeit keine

bodengestützten TNF-Waffen, die Ziele in der westlichen Sowjetunion

erreichen würden.

Im Rahmen des LRTNF-Modernisierungsprogramms, das vorigen Dezember

angenommen wurde, werden 108 PERSHING-Raketen mit je einem Gefechtskopf,

die die Vereinigten Staaten derzeit in der Bundesrepublik disloziert

haben, durch die gleiche Anzahl von PERSHING-II-Raketen ersetzt« Das neue

Modell wird ebenfalls nur einen einzigen Gefechtskopf tragen, jedoch wird

seine Reichweite etwa 1 000 Seemeilen betragen, im Vergleich zu einem

Maximum von 400 Seemeilen bei der existierenden Rakete. Zudem wird sie

eine viel größere Treffgenauigkeit haben.

Zusätzlich zum Austausch der PERSHING-Raketen entschlossen sich

die Verbündeten im vorigen Dezember einstimmig, im Jahr 1983 mit der

Dislozierung von insgesamt 464 amerikanischen bodengestützten Marsch­

flugkörpern (Ground Launched Cruise Missiles - GLCM) in fünf westeuropäischen

Ländern zu beginnen - in Großbritannien, Italien, der Bundesrepublik,

Belgien und den Niederlanden. Die Durchführung dieser Entscheidung des

Bündnisses geht derzeit in Großbritannien, Italien, und in der Bundesrepublik

voran. Das Bündnis erwartet eine weitere Klärung der belgischen Position

in Einklang mit der Verpflichtung Belgiens gegenüber der Entscheidung vom

Dezember. Die Niederlande haben angedeutet, daß sie beabsichtigen, über

die Stationierung der GLCM bis Ende 1981 zu entscheiden.

Der

- 5 -

Der Marschflugkörper ist ein Flugkörper mit Luftstrahlantrieb,

der in niedriger Höhe Ziele anfliegt, die bis zu 1 500 Meilen entfernt

liegen. Er ist mit einem Lenksystem ausgerüstet, das ein hohes Maß an

Treffsicherheit ermöglicht.

Amerikanische Regierungsstellen haben wiederholt betont, daß die

Gespräche in Genf einen einleitenden Gedankenaustausch darstellen, der

zu Verhandlungen über die LRTNF-Systeme im Kontext von SALT III führen

soll.

"Wir sind nunmehr zu ernsthaften und substantiellen Gesprächen bereit",

sagte ein höherer amerikanisier Regierungsvertreter kürzlich« "Wenn

SALT III morgen beginnen würde, dann würden wir in diese Verhandlungen

auf die gleiche Weise eintreten, wie wir das bei diesem Meinungsaustausch

tun, das heißt, wir würden zunächst versuchen, die kritische Frage in den

Griff zu bekommen, welche Systeme begrenzt werden sollten."

In ihrem gemeinsamen Kommunique im vorigen Dezember erklärten die

Außen- und Verteidigungsminister der NATO: "Das unmittelbare Ziel dieser

Verhandlungen soll die Vereinbarung von Begrenzungen für amerikanische und

sowjetische landgestützte LRTNF-Raketensysteme sein...

Die Minister haben sich zu diesen beiden parallel laufenden und

komplementären Vorgehensweisen entschlossen, um einen durch den sowjetischen

TNF-Aufwuchs verursachten Rüstungswettlauf in Europa abzuwenden, dabei

jedoch die Funktionsfähigkeit der Abschreckungs- und Verteidigungsstrategie

der NATO weiterhin zu erhalten und damit die Sicherheit ihrer Mitglied­

staaten weiterhin zu gewährleisten...

Erfolgreiche Rüstungskontrolle, die den sowjetischen Aufwuchs

begrenzt, kann die Sicherheit des Bündnisses stärken, den Umfang des TNF-

Bedarfs der NATO beeinflussen und im Einklang mit der grundlegenden NAT0-

- 6 -

NATO-Politik von Abschreckung, Verteidigung und Entspannung - wie sie

im Harmel-Bericht niedergelegt wurde - Stabilität und Entspannung in

Europa fördern. Der TNF-Bedarf der NATO wird im Licht konkreter Ver­

handlungsergebnisse geprüft werden«"

Derzeit ist die offizielle sowjetische Einstellung zu den Sondierungs­

gesprächen über die LRTNF-Begrenzung in Genf noch nicht bekannt. Aber

amerikanische Regierungsstellen betonen, daß es beiden Seiten freisteht,

ohne jede Vorbedingung all die gewünschten Vorschläge zu unterbreiten.

Die Genfer Gespräche zwischen den Vereinigten Staaten und der UdSSR

haben die Unterstützung der NATO-Verbündeten, und die Vereinigten Staaten

haben sich zu umfassenden und rechtzeitigen Konsultationen mit ihren

Verbündeten verpflichtet,,

Zu diesem Zweck wurde bereits innerhalb der NATO eine spezielle

Konsultativgruppe eingerichtet, welche regelmäßig zur Erörterung von

Problemen zusammentritt, die erwartungsgemäß im Verlauf der vorbereitenden

Gespräche auftreten werden.

Kein Zweifel sollte hinsichtlich der Entschlossenheit des Bündnisses

bestehen, dem zunehmenden Ungleichgewicht bei den LRTNF-Systemen durch die

Dislozierung neuer amerikanischer TNF-Systeme zu begegnen.

"Wahre Sicherheit im Atomzeitalter verlangt Maßnahmen, die das Risiko

eines Kriegsausbruches vermindern," sagte Außenminister Edmund Muskie im

vorigen Monat vor dem Rat für weltpolitische Fragen in Pittsburgh: "Es ist

das Mandat der Rüstungskontrolle - im Zusammenwirken mitäner starken

Verteidigung -, zu einem stabilen Gleichgewicht beizutragen und Fehlein­

schätzungen durch die andere Seite zu vermeiden."

- 7 -

46 15. Oktober 1980

ENERGIE IN NEUER SICHT

- Ein weltweites Phänomen -

Von Charles Duncan, US-Energieminister

WASHINGTON - (AD) - Wir haben eine weltweite Revolution in Gang gesetzt,

die jede Nation auf diesem Planeten berührt. Wir alle auf dieser Erde haben

begonnen, Energie mit anderen Augen zu sehen - wir befassen uns damit, wie

sie produziert, genutzt, eingespart und vergeudet wird. Und wie bei allen

wichtigen Veränderungen in diesem Jahrhundert können die in einem Land er­

zielten Fortschritte einem anderen Land helfen. Und von dem Fortschritt,

den wir gemeinsam machen, profitieren wir alle.

In den letzten paar Jahren sind die Vereinigten Staaten rasch vorange­

schritten. Aus einer Periode der Energiekrise sind wir zu einer Periode des

Energieaufbaus gelangt. Wir arbeiten an einem starken, vielseitigen Energie­

programm, um dem elementaren Bedarf unserer Wirtschaft in den nächsten Jahr­

zehnten gerecht zu werden. Wir müssen einen langen Weg gehen. Wir befinden

uns in einer 20jährigen Umstellungsperiode. Aber die vor uns liegende Auf­

gabe ist klar. Wir und die anderen wichtigen öl Verbraucherländer müssen die

ölabhängigkeit durch Programme zur Nutzbarmachung verschiedener Energie-

Postfach 20 03 00 Tel: 0228-89 32 40 0 5 3 0 0 Bonn 2 Telex: 08-85432

Energieformen verringern. Dies liegt sowohl im Interesse der öl produzieren­

den als auch der ölverbrauchenden Länder, und ganz gewiß auch im Interesse

der Entwicklungsländer.

Wir haben endlich damit begonnen, beim Energieproblem aktiv zu werden,

und wir tun dies mit immer mehr Schwung. Nach jahrelanger Preiskontrolle,

die die Preise für Rohöl amerikanischer Herkunft beträchtlich unter den Welt­

marktpreisen hielt, setzte sich Präsident Carter für die schrittweise Been­

digung der Preiskontrollen für amerikanisches öl ein. Dies geschieht jetzt.

Die Politik des Präsidenten hatte drei einschneidende Auswirkungen. Wir ha­

ben erstens ein beispielloses Wachstum bei der Exploration und Erschließung

der Erdöl- und Erdgasvorkommen der Vereinigten Staaten erlebt. Wir haben

zweitens dramatische Erfolge bei der Energieeinsparung in privaten Haushal­

tungen, in der Industrie und bei Kraftfahrzeugen gesehen. Einsparung wird

mit Produktivität, nicht mit Entzug gleichgesetzt. Und drittens haben wir,

was auf lange Sicht von Bedeutung ist, das wachsende und nicht nur vorüber­

gehende Interesse der Privatwirtschaft an der Entwicklung von Alternativ­

brennstoffen erfahren, die früher wegen des niedrigen ölpreises kommerziell

nicht in Frage kamen.

In der ersten Oktoberwoche waren in den Vereinigten Staaten mehr Erd­

öl- und Erdgasbohrtürme in Betrieb als zu irgendeinem Zeitpunkt in den vor­

ausgegangenen 32 Jahren: Am 29. September 1980 wurde berichtet, daß 3138

Bohrtürme arbeiten. Das waren 809 mehr als im Jahr 1979, und 1333 mehr als

1976. Nimmt man den 19. September 1980 als Stichtag für unsere bisherigen

Erdöl-Nettoimporte in diesem Jahr, so lagen diese um 1,5 Millionen Barrel

pro Tag niedriger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres, was einem Rück­

gang um 19,4 Prozent entspricht. In den am 19. September zu Ende gegangenen

vier Wochen waren es 2,4 Millionen Barrel pro Tag oder 30,6 Prozent weniger.

Unser Erdölbedarf liegt in diesem Jahr um täglich 1,6 Millionen Barrel nied­

riger als im vergangenen Jahr - er ging also um 8,8 Prozent zurück.

Gleichermaßen

- 2 -

Gleichermaßen wichtig ist der Trend - der Abwärtstrend - von ölimporten.

Von 1972 bis 1976 stiegen die ölimporte in die Vereinigten Staaten von 4,5

Millionen Barrel auf 7 Millionen Barrel pro Tag - eine Steigerung um 55 Pro­

zent in nur vier Jahren. Im Jahr 1977 lagen unsere Importe bei 8,5 Millionen

Barrel pro Tag, ein Anstieg von 88 Prozent. Wir mußten diesen Trend umkehren,

und wir haben es getan. Seit 1977 gehen die Importe zurück. Im Jahr 1980

werden es weniger als sieben Millionen Barrel pro Tag sein. Die Zahl unserer

Bevölkerung ist gewachsen. Der gesamtwirtschaftliche Ausstoß ist gewachsen.

Aber die Importe sind zurückgegangen.

Wir beschleunigen jetzt unsere Investitionen in Alternativenergien. Im

neuen Haushaltjahr, das am 1. Oktober begann, investieren wir etwa drei Mil­

liarden Dollar - je eine Milliarde auf nuklearem Gebiet, auf dem Gebiet der

Kohle und auf dem Gebiet der Solartechnik. Wir bauen eine ganz neue Synthese­

brennstoff-Industrie auf. Die Vorbereitungen für den Bau eines Kohleverga­

sungswerks kommerzieller Größenordnung in Norddakota sind bereits im Gang.

Wir haben mit Ausschreibungen für offizielle Vorschläge zu Kreditgarantien

sowie Preis- und Abnahmevereinbarungen im Gesamtwert von fünf Milliarden

Dollar für eine Vielfalt von Synthesebrennstoffen begonnen. Darüber hinaus

wird die jetzt im Aufbau befindliche staatliche "Synthetic Fuels Corporation"

der Privatindustrie finanzielle Anreize für die Entwicklung alternativer

Energiequellen geben, die bis jetzt kommerziell nicht attraktiv waren und

sich deshalb nicht durchsetzen konnten. Wir erzielten Fortschritte bei der

Erdöl- und Erdgasproduktion, der Energieeinsparung und der Entwicklung von

Alternativenergie in den Vereinigten Staaten.

Wir schreiten jedoch nicht allein voran. Dies ist ein weltweites

Problem, und wir haben die Absicht, gemeinsam mit anderen Nationen als Part­

nern vorwärtszukommen. Die Energieprobleme der Welt machen nicht an Länder­

grenzen Halt. Auch für die Lösungen dieser Probleme sind die internationalen

Grenzen durchlässig.

Es

- 3 -

Es ist die Politik der Vereinigten Staaten in der ganzen Welt, zur

Entwicklung nationaler Energieressourcen zu ermutigen und dabei Hilfe zu

leisten. Wir müssen zur Steigerung der Versorgung mit Energie in allen

Formen, in allen Nationen beitragen. Wir dürfen uns nicht nur als Käufer

und Verkäufer von öl sehen, sondern als Nationen, die die Chance haben, eine

neue Energiebeziehung aufzubauen. Ich glaube, daß die Entwicklung von Ener­

gieressourcen in jeder Nation dieser Welt sowie die Mannigfaltigkeit der

.. Nutzung solcher Ressourcen mit Technologien, die wir erst jetzt entwickeln,

eine Aufgabe ist, die jeden angeht, und die gemeinsam angepackt werden muß.

Das sind wir uns und künftigen Generationen überall in der Welt schuldig.

Die Vereinigten Staaten haben in der Internationalen Energieagentur

(IEA), einer von 21 Industrieländern gebildeten Organisation, eine aktive

Rolle zur Schaffung bindender Verpflichtungen für die Verringerung von öl-

importen übernommen. In Zusammenarbeit mit der IEA entwickelten wir auch

Maßnahmen und Mechanismen, um mit Verknappungen im Fall von Nachschubunter­

brechungen fertig zu werden und Preisstabilität und einen geordneten Markt

zu fördern. Die in der IEA zusammengeschlossenen Industrieländer haben für

1980 und 1985 bestimmte Importziele gesetzt. Sie haben Maßstäbe geschaffen,

um den Fortschritt zur Erreichung dieser Ziele zu messen. Eines ihrer Ziele

ist eine dramatische Reduzierung des Anteils von öl an ihrem Gesamtenergie­

bedarf über die nächsten zehn Jahre.

Auf der Gipfelkonferenz von Venedig, an der die sieben führenden In­

dustrienationen der Welt teilnahmen, wurde ein ausführliches Kommunique aus­

gearbeitet, in dem 12 von 34 Abschnitten der Energie gewidmet waren. Diese

Abschnitte setzen für diese Länder sehr spezifische Ziele für eine verstärkte

Nutzung von Kohle, Kernkraft, regenerierbarer Energie wie Sonnenenergie,

Wind und Wasser sowie von Synthesebrennstoffen über das kommende Jahrzehnt

fest. Nicht minder bedeutsam ist die Erkenntnis dieser Industrieländer -

die gemeinhin als die Verbraucherländer gelten -, daß sie selbst Energiepro­

duzenten werden müssen. Sie kamen überein, nationale Energieprogramme zur

Verringerung der Abhängigkeit von öl einzuführen und Alternativenergien zu

entwickeln. -,

- 4 -

Ein bemerkenswertes Beispiel internationaler Zusammenarbeit ist die

Art und Weise, wie wir bei der Krise zwischen dem Irak und dem Iran vorgin­

gen. Enge Zusammenarbeit der ölverbrauchenden Industrieländer und Stabili-

sierungsbemühungen von öl produzierenden Ländern haben zusammengewirkt, um

zu verhindern, daß sich aus der Unterbrechung der ölzufuhr in einem Teil der

Welt eine Epidemie in anderen Regionen entwickelte.

Derartige Ereignisse bedeuten eine Bedrohung der Wirtschaft der Ver­

braucherländer, die von einer einzelnen, in einer bestimmten Weltregion kon­

zentrierten Energiequelle so abhängig sind. Wir müssen ganz eindeutig neue

Wege zur Zusammenarbeit auf dem Energiegebiet finden. Was die Vereinigten

Staaten betrifft, so haben diese ein funktionsfähiges Programm für vielerlei

Energieformen entwickelt - dazu ein Programm, das mit anderen Nationen der

Welt zu teilen wir fest entschlossen sind, damit alle Nationen in das nächste

Jahrhundert mit jenem Sinn für Energiesicherheit eintreten können, die die

Basis für eine gesunde Wirtschaft sein muß.

- 5 -

3 I 3

Wi//cn/chaft UM} Technik

International Communication Agency Embassy of the United States of America

46 15. Oktober 1980

FÜRDERPROGRAMM FÜR FUSIONSENERGIE

- (AD) - Ein Gesetz über die Entwicklung einer kommerziellen Demon­

strationsanlage zur Energieerzeugung durch Atomkernverschmelzung, die

bis zum Jahr 2 000 betriebsfertig sein soll, wurde von Präsident Carter

am 7. Oktober 1980 unterzeichnet. Der ursprünglich für das Jahr 2 015

vorgesehene Termin wird nunmehr um eineinhalb Jahrzehnte vorverlegt. Ein

wichtiger Vorläufer wird eine Testanlage sein, die 1987 den Betrieb auf­

nimmt.

Die gesetzliche Maßnahme ermöglicht dem US-Energieministerium die

Durchführung eines erweiterten Forschungs- und Entwicklungsprogramms auf

dem Gebiet der kontrollierten Kernfusion mit dem Schwerpunkt "Magnet­

einschluß des Plasmas". Zahlreiche Empfehlungen und Vorschläge, die

kürzlich eine unabhängige Wissenschaftlerkommission in einer Studie zu

den Aussichten für eine beschleunigte Entwicklung der Fusionsenergie in

den Vereinigten Staaten dem Energieministerium vorgelegt hatte, wurden in

das Programm aufgenommen.

Als

Postfach 20 03 00 D5300 Bonn 2

Tel: 0228-89 32 40 Telex: 08-85432

Als "Brennstoff" scheinen die Atome des schweren und überschweren

Wasserstoffs (Deuterium und Tritium), die im Plasmazustand mit elektrischen

und magnetischen Kräften zur Verschmelzung gezwungen werden, nach den

bisherigen Erfahrungen am besten geeignet zu sein. Um aber ein brauchbares

Plasma, d.h. ein Gas, dessen Atome infolge der Abspaltung der Hüllen-

elektronen völlig ionisiert sind, überhaupt zu erhalten, muß man zunächst

einmal den Brennstoff auf Hunderttausende von Grad erhitzen. Und erst durch

weitere Erhitzung auf zehn Millionen Grad und mehr kommt es zur Verschmelzung

einzelner Wasserstoffkerne zu Heliumkernen unter Freisetzung von sehr

energiereichen Neutronen.

Eine positive Fusionsenergie-Bilanz, d.h. die Erzeugung von wesentlich

größeren Energiemengen, als sie für den Prozeß selbst gebraucht werden, ist

wohl erst bei Temperaturen im Bereich von 100 Millionen Grad zu erwarten.

Weitere Bedingungen sind eine hohe Dichte und Stabilität des Plasmas sowie

die Gewähr, daß es nicht durch Material aus der Gefäßwandung "verschmutzt"

werden kann. Dazu ist eine Einschließung und "Einschnürung" des Plasmas

in Magnetfelder erforderlich, die durch ihre Anordnung und Stärke verhindern,

daß Plasmateilchen die Gefäßwand überhaupt erreichen und dort Atome heraus­

schlagen.

Es gibt bereits nach verschiedenen Prinzipien arbeitende Versuchs­

maschinen - u.a. auch solche, bei denen man mit Hilfe von Laserstrahlen

die Aufheizung und thermonukleare Verschmelzung zu erreichen sucht.

Ungeachtet der bisher erzielten Erfolge sind jedoch alle Experimentieranlagen

von einem Reaktor für ein Fusionskraftwerk noch weit entfernt: Die

Einschließungszeiten im Magnetfeld sind noch immer zu kurz (der günstigste

Wert - er wurde mit einem Gerät des Max Planck-Instituts in Garching b.

München erzielt - liegt zur Zeit bei etwas mehr als drei Sekunden). Das

Plasma "bricht aus", nimmt Fremdatome auf, die ihrerseits Energie aus dem

Fusionsprozeß abziehen, und die Reaktion erlischt.

- 2 -

Die Ergebnisse seit Mitte 1978 lassen aber, wie es im Begleittext

zu dem neuen Gesetz heißt, "die Kernfusionswissenschaftler in aller Welt

darauf vertrauen, daß die Zeit gekommen ist, wo die technische Phase der

Fusionsenergie-Entwicklung in Angriff genommen werden kann„„o Die baldige

Demonstration der Funktionsfähigkeit magnetischer Fusionsenergie-Systeme zur

Strom- und Wärmeproduktion ..„ wird eine neue Ära der reichlichen Erzeugung

von Energie für die gesamte Menschheit einleiten.,,.. Mit den heute in Bau

befindlichen Anlagen lassen sich Bedingungen schaffen, unter denen der

Fusionsprozeß eine Energiemenge liefert, die etwa der von außen zugeflihrten

Aufheiz- und Zündungsenergie entspricht." Dieser "break-even-point"

stellt eine wichtige Basis für die Entwicklung eines Fusionsreaktors

dar, der als Energielieferant im kommerziellen Sinne zu betrachten wäre,

- Neue Versuchsanlage in Oak Ridge -

Die Versuchsanlage EBT-P (abgekürzt aus "Elmo Bumpy Torus Proof-of-

Principle Experiment"), mit deren Bau die Astronautikabteilung der

McDonnell Douglas Corporation in St.. Louis vom US-Energieministerium

beauftragt wurde, soll dazu beitragen, noch ungelöste physikalische und

technische Fragen im Zusammenhang mit kontrollierten thermonuklearen

Prozessen zu klären und optimale Lösungen für die schwierigen technischen

Probleme zu finden. Als Bauzeit sind viereinhalb Jahre angesetzt, die Kosten

werden sich - je nach der letztlich gewählten Konstruktion sowie der

tatsächlichen Bauzeit - auf 70 bis 100 Millionen Dollar belaufen. Standort

ist der "Oak Ridge Valley Industrial Park" in Oak Ridge (Tennessee),

Die kerntechnische Abteilung der Union Carbide Corporation, die im Auftrag

des US-Energieministeriums das Nationale Kernforschungszentrum Oak Ridge

betreibt, ist für die Durchführung des Vertrages verantwortlich.

Die neue Maschine ist eine vergrößerte und leistungsstärkere Ausgabe

des seit 1973 in Oak Ridge betriebenen ersten amerikanischen EBT-Geräts. Bej

- 3 -

Bei diesem Typ werden zwei bis drei Dutzend gerade Kammern verwendet, die

ringförmig angeordnet und durch Magnetspulen getrennt sind. Diese Anordnung

gibt dem Gerät das höckerige Aussehen ("bumpiness"). Sie verbessert die

Möglichkeiten, mit den von den Spulen erzeugten Magnetfeldern das Plasma

einzuschließen. Im Gegensatz zum EBT-Gerät hat beispielsweise eine

Tokamak-Maschine, deren Arbeitsprinzip in allen großen Laboratorien angewandt

wird, als Reaktionskammer einen Torus, d.h. ein ringförmiges Rohr. Zwei

Magnetfelder sind für die Plasma-Einschließung erforderlich. Das eine

wird von einer um den Torus geführten Magnetspule erzeugt, das zweite ergibt

sich durch das Plasma selbst, das als elektrischer Strom im Torus läuft.

Beim EBT-Gerät wurden die Vorteile des Tokamak-Systems mit jenen des

Magnetspiegel Systems kombiniert, um statt einer gepulsten Energieabgabe

einen kontinuierlichen Betrieb zu ermöglichen. Dieser ist nach wirtschaftlichen

wie technischen Gesichtspunkten vorteilhafter. Die Wissenschaftler hoffen,

auf diese Weise bessere Voraussetzungen für den Bau eines Fusionsreaktors

schaffen zu können.

+ + + + +