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Montag, 11. Januar 2016 Ostschweizer Kultur 21 Operette Sirnach «Maske in Blau» von Fred Raymond Gemeindezentrum Dreitannen Weitere Aufführungen: 16./23./29./30.1., 12./14./19.–21./ 26.–28.2., 4.–6./11.–13./18.–19.3. Aufführungsbeginn: Fr 19.30, Sa 19, So 15.30 Uhr (Sa 9./19.3. 18 Uhr) Reservation: 071 966 33 66 (Do–Sa 15.30–18.30 Uhr), www.operette-sirnach.ch, Schalter Gemeindezentrum Dreitannen (Do–Sa 15.30–18.30 Uhr), Abendkasse an den Vorstellungstagen Nach der Nacht mit der unbekannten Frau malt er diese auch noch. Die Regie bietet liebevoll karikierende Italienklischees. Bild: Urs Bucher Reto Hofstetter als Maler Armando Cellini, umgeben von den restlichen Operetten-Darstellern, in seinem schicken Sportwagen. Tolle Masken-Operette in Sirnach Tempo und Ironie machen mit der professionellen Machart die «Maske in Blau» der Operette Sirnach zum Erfolg. 1937 uraufgeführt, ist die Operette von Fred Raymond eine Revue, in der Musiknummern in eine lose Handlung um einen Maler in San Remo montiert sind. TOBIAS GEROSA SIRNACH. Standing Ovations im Gemeindesaal Sirnach bei der Premiere von Fred Raymonds «Maske in Blau». Und zwar schon vor dem Finale. Das ist einer der vielen geschickten Züge der Lei- tung um Dirigent Martin Baur und Regisseur Leopold Huber. Sie peppen das Stück dramatur- gisch auf und schieben den schmissigen Chor mit «Ja, das Temperament!» als Anheizer hinter das nicht minder schmis- sige und durchaus wie der Ab- schluss wirkende «Sassa! Sassa!»- Ensemble. Das spielt dramatur- gisch nämlich keine Rolle. 1937 als Operette uraufgeführt, ist «Maske in Blau» vielmehr eine Revue, in der Musiknummern in eine lose Handlung montiert sind. Die Nummern sind Show- nummern mit Swing-, Tango- oder Bluesanklängen und Schla- ger der Zeit. Aber für die Hand- lung oder die Charakterisierung der Figuren tragen sie wenig bei. Daran ändert auch das Engage- ment des etwas blechdominier- ten Orchesters – am Anfang noch etwas hüftsteif, später deutlich freier – nichts. Dreicksgeschichte, klassisch Die Geschichte und ihr Aus- gang sind hier von Anfang an klar. Der Maler Armando hat nach einem Maskenball die Nacht mit einer unbekannten Frau verbracht und sie dabei ge- malt. Auch das wird genrety- pisch nur angedeutet, Projek- tionsflächen sind ganz wichtig. Am Ring soll er sie ein Jahr später wieder erkennen, weil sie ihre blaue Maske anbehielt. Bis dahin schmachtet Armando, was Reto Hofstetter glaubhaft und ohne Übertreibung macht. Während er dabei sehr textverständlich singt, geht er die hohen Show- töne hörbar vorsichtig an, und man wünschte sich etwas mehr Testosteron und Schmelz. Er wird von Seppel und Juliska begleitet – wer die beiden eigent- lich sind, bleibt merkwürdig of- fen. Sie sind einfach da, wie die vier Tänzer. Die Regie macht Ju- liska immerhin noch zu deren Choreographin und findet so eine Legitimation, warum sie auch in die Tanzszenen einbezo- gen wird. Liliane Ecoffey schafft mit ihrem Mix zwischen klassi- schem und mehr chanson- oder musicalartigem Gesang auch das stilistische Bindeglied zu den an- dern Figuren. Ihr Ehemann (klar, im Finale ist’s so weit) ist bei Musicaldarsteller Christian Soll- berger in kompetenten Händen. Aber wie immer in diesen Komö- dien holt am Schluss der Spass- macher den grössten Applaus. Hier heisst er Kilian und ist gum- mibestiefelter Fischmaler – was immer das sein soll. Seine Sprachverdrehungen sind das eine, bei Bastian Stoltzenburg ist schon der Blick und die Haltung komisch. Dass das Stück in San Remo spielt, ist dabei auch egal, bietet der Regie am Anfang aber die Möglichkeit, ein liebevoll ka- rikierendes Panorama von Ita- lien- und Tourismusklischee auf- zubieten und so jedem Chormit- glied eine klare Rolle und einen Eintrag im Programmheft zu ver- schaffen. Das ist sympathisch und zeugt von der grossen hand- werklichen Geschicklichkeit, welche die Arbeit von Regisseur Leopold Huber auszeichnet. Klaus Hellenstein hat dafür ei- nen durch wenige Elemente cha- rakterisierten Raum geschaffen, in dem die exotischen Spielorte nur ironische Zitate sind: Argen- tinien ist auch nur ein Stichwort, wie die Handlung für die Musik ja auch. Sanfte Ironie – keine Billiggags Für grosse Regieideen, über- raschende Deutungen oder Hin- terfragungen des Stückes ist die Operette Sirnach wohl nicht der Platz auch wenn die naive Notiz im Programm zu hinterfra- gen wäre, dass es Komponisten wie Raymond nicht anzulasten sei, dass sie rasch und mit rei- nem Unterhaltungsanspruch die Plätze auf den Spielplänen ein- nahmen, die die Berufsverbote, Verhaftungen und Ermordungen jüdischer und anders missliebi- ger Komponisten durch die Na- zis ab 1933 freigemacht hatten. Wie konsequent Huber seine Fi- guren führt und – hier könnten sich viele, die sich am leichten Fach versuchen, etwas abschnei- den! – alle zu billigen Scherze und Mätzchen vermeidet, über- zeugt. Mit leichter Hand werden gerade auch beim homogen klin- genden Chor sanfte ironische Brechungen eingefügt, wie sie auch die Renaissance der Ope- rette an der Berliner Komischen Oper prägen. Strahlende Petra Halper König Plötzlich tauchen im Bilder- buchferien-Italien Südamerika- ner auf. Erst die wunderschöne, elegante und liebreizende Eve- lyne mit ihrem väterlichen Be- gleiter Gonzala (Otto Edel- mann). In ihm findet der Fisch- maler seinen Partner und Ar- mando in ihr natürlich seine ge- heimnisvolle Maskenträgerin. Petra Halper König als Evelyne hat die strahlendsten Auftritte – eine starke Frau, die sich vom Mann aber brav erobern lässt. Wenn nicht vom Gaucho Pedro (Erich Hufschmid in undankba- rer Sprechrolle) und seiner Intri- ge, dann umso lieber von Ar- mando. Halper König singt mit einer interessanten Schärfe in ihrem Timbre und fühlt sich in der Primadonnen-Rolle offen- sichtlich pudelwohl, was sich auf alle überträgt. So stimmt viel- leicht sogar, was der Gemeinde- ammann vor dem Premierenvor- hang hoffte: Sirnach wird – wenn dafür eine Veranstaltung reicht – noch bis 19. März für jeweils drei Stunden zur kulturellen Haupt- stadt des Thurgaus.

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Montag, 11. Januar 2016 OstschweizerKultur 21

Bild: pd/Hajooj Kuka

Flüchtlingslager aus demFilm «Beats of the Antonov».

Operette Sirnach «Maske in Blau»von Fred RaymondGemeindezentrum Dreitannen! Weitere Aufführungen:16./23./29./30.1., 12./14./19.–21./26.–28.2., 4.–6./11.–13./18.–19.3.! Aufführungsbeginn:Fr 19.30, Sa 19, So 15.30 Uhr(Sa 9./19.3. 18 Uhr)

! Reservation: 0719663366(Do–Sa 15.30–18.30 Uhr),www.operette-sirnach.ch,Schalter GemeindezentrumDreitannen (Do–Sa 15.30–18.30Uhr), Abendkasse an denVorstellungstagen

Nach der Nacht mitder unbekanntenFrau malt er diese

auch noch.

Die Regie bietetliebevoll

karikierendeItalienklischees.Bild: Urs Bucher

Reto Hofstetter als Maler Armando Cellini, umgeben von den restlichen Operetten-Darstellern, in seinem schicken Sportwagen.

Lordi bis Kambodscha-RockZum zweitenmal findet während dreier Tagedas Norient-Musikfilm-Festival im Palace statt.

ST.GALLEN. Norient sucht weltweitnach neuer Musik, Klängen undLärm. Sudan, Niger, Finnland,die Niederlande, Kambodschaund weitere Länder sind 2016vertreten. Auftakt machen amDonnerstag zwei Filme, begleitetvon den Regisseuren. «Don’tThink I’ve Forgotten – Cambo-dia’s Lost Rock and Roll Film» vonJohn Pirozzi geht demRock ’n’Roll in Kambodschanach. Und der Finne Antti Haaseporträtiert in «Monsterman» denLeadsänger von Lordi, Sieger desEurovision Song Contest 2006.

«Purple Rain» in NigerDer erste Spielfilm in Tama-

shek, der Sprache der Tuareg,steht mit «Akounak» am Freitagauf dem Programm. ChristopherKirkley inszeniert die Geschichteeines jungen Gitarristen in Nigerals eigenwilliges Remake auf«Purple Rain» von PopmusikerPrince. Eine eindringliche Lang-zeitbeobachtung legt Hajooj Ku-ka mit «Beats of the Antonov» vor.Zwei Jahre lang lebte der Regis-seur in den Dörfern der Nuba-Berge in Südsudan. Hier spielendie Menschen die ganze Nacht

durch Musik, um den Lärm derLuftwaffenangriffe zu übertönen.

Electronica aus MexikoAm Samstag machen Musik-

videos aus Südafrika den Anfang.Dann präsentiert PopjournalistAdam Harper ausgewählte Mu-sikvideos. Produzent Ozharp akaLV und die südafrikanische Sän-gerin und Tänzerin Manthe Ri-bane geben ihren ersten Auftrittin der Schweiz. Als Höhepunkt istdas Londoner MusikerkollektivDanny L. Harle angekündigt. (pd)

Do–Sa, 14.–16.1., Palace, St. Gallen,jeweils ab 20 Uhr

Zusammentreffen zweierSagenhelden aus dem NordenBETTINA KUGLER

ST. GALLEN. So einfach kann esgehen, dem Tonhalle-Publikumeinen Gefallen zu tun und dabeiHörgewohnheiten zu durchbre-chen, Konzentration und Neu-gier wachzuhalten. Man nehmezwei verwandte Werke aus be-nachbarten Gefilden, das eineviel gespielt, ein populärer Klas-sik-Evergreen, das andere weni-ger bekannt, und verschränkeTeile daraus ineinander.

Besonders attraktiv erscheintdas, wenn beide Kompositionenepisch ausgreifen, von über-mütigen Helden, von Aufbruch,Abenteuer und Heimkehr erzäh-len – wie Edvard Griegs «PeerGynt»-Suiten und ihr finnischesPendant, die «Lemminkäinen»-Tondichtungen von Jean Sibe-lius. Zusammen bildeten sie, inabgeänderter, wechselnder Rei-henfolge, die erste Hälfte des5. Tonhallekonzerts mit dem Sin-fonieorchester St. Gallen unterLeitung des Finnen Ari Rasilai-nen und Alexei Volodin als Solis-ten des 1. Klavierkonzertes vonTschaikowsky. Es wartete alsoein weiterer Repertoire-Reisser.

Dass Ari Rasilainen zur Musikaus Norwegen und seiner Hei-mat Finnland ein besonders in-niges Verhältnis hat, liess aufeine spannungsreiche, farb-intensive Interpretation hoffen.Tatsächlich gelang es ihm, ausden zwei Werken eines mit weit-gespanntem dramaturgischenBogen zu machen. Er hätte frei-lich gut daran getan, an der ers-ten Scharnierstelle, zwischen«Ases Tod» und dem ruhig flies-senden «Schwan von Tounela»,etwas dichter anzuschliessen,denn hier störte zögerlich einset-zender Applaus das Konzept.

Schattierungen des LeisenSanglich entfalteten die Holz-

bläser ihre Soli, allen voranDavide Jäger (Englischhorn) im«Schwan», in schöner Harmoniemit den tiefen Streichern, von AriRasilainen mit grosser Ruhe diri-giert, in meditativem, aber niezähflüssigem Tempo. Umso be-freiender dann die Lebenslust inden folgenden zwei Sätzen. Gra-zil-beweglich tänzelte das Or-chester erst auf der Skala des Lei-sen, um dann in kalkuliertemAufbau dämonische Kräfte zu

entfesseln, mit «Solveig» denBlick in die Ferne zu richten.Schärfere Konturen hätte man«Lemminkäinens Heimkehr» zu-nächst gewünscht; gleichwohl:Die Interpretation blieb der was-serhellen, kühlen Klarheit derGrieg’schen «Morgenstimmung»bis zum triumphierenden Gestusder Blechbläsereinwürfe treu.

Volodins Tasten-KraftaktAn Kontur und Kraft mangelte

es Tschaikowskys Klavierkonzertd-Moll keineswegs; Alexei Volo-din meisterte die Doppeloktavenim ersten Satz des vermeintlich«unspielbaren» Virtuosen-Hitsmit energiegeladenem, dochnicht brachialem Anschlag, denRest mit rhythmischer Präzisionund der nötigen Sensibilität –wie auch seine beiden Zugaben.Ari Rasilainen liess dem Orches-ter genügend Raum, die lyri-schen Seiten ohne Sentimentali-tät auszuspielen, zugleich bot esVolodin klangstark Paroli. Werden Russen als Beethoven-Inter-preten schätzt, kann ihn am Frei-tag noch einmal in der Tonhallehören: als Kammermusik-Part-ner der Cellistin Sol Gabetta.

Yumi Ito zu Gastbei GambrinusST. GALLEN. «Das will ich auch . . .»,dachte sich die Zürcher Jazz-sängerin, als sie in New York ineinem Jazzclub sass. Zurück inder Schweiz gründete sie dasYumi Ito Quartett, zusammenmit dem Pianisten Yves Theiler,dem Alt-Saxophonisten GabrielDalvit und dem KontrabassistenYuri Goloubev, aus dem tiefenBedürfnis heraus, den ruhigen,akustischen Klang, anlehnendan ihre klassischen Wurzeln, mitJazz und Improvisation zu ergän-zen. Das einmalige Quartett mitinternational gefragten Musi-kern interpretiert Jazzstandardsund Eigenkompositionen mo-dern, aber trotzdem intensiv. Yu-mi Itos wandelbare Stimme er-zählt die Geschichte der Stan-dards so persönlich, als wären esGeschichten aus ihrem eigenenLeben. Ihre aussergewöhnlicheAuthentizität und ihr Verständ-nis für den Jazz erschlossen sichihr während mehrerer Aufent-halte in New York und intensiverAuseinandersetzung mit der eu-ropäischen Klassik. (red.)

Yumi Ito Quartett,Montag, 11. Januar, 20 Uhr,1733 Weinlokal, Goliathgasse 29,9000 St. Gallen.

Tolle Masken-Operette in SirnachTempo und Ironie machen mit der professionellen Machart die «Maske in Blau» der Operette Sirnach zum Erfolg. 1937 uraufgeführt, ist dieOperette von Fred Raymond eine Revue, in der Musiknummern in eine lose Handlung um einen Maler in San Remo montiert sind.

TOBIAS GEROSA

SIRNACH. Standing Ovations imGemeindesaal Sirnach bei derPremiere von Fred Raymonds«Maske in Blau». Und zwar schonvor dem Finale. Das ist einer dervielen geschickten Züge der Lei-tung um Dirigent Martin Baurund Regisseur Leopold Huber.Sie peppen das Stück dramatur-gisch auf und schieben denschmissigen Chor mit «Ja, dasTemperament!» als Anheizerhinter das nicht minder schmis-sige und durchaus wie der Ab-schluss wirkende «Sassa! Sassa!»-Ensemble. Das spielt dramatur-gisch nämlich keine Rolle. 1937als Operette uraufgeführt, ist«Maske in Blau» vielmehr eineRevue, in der Musiknummern ineine lose Handlung montiertsind. Die Nummern sind Show-nummern mit Swing-, Tango-oder Bluesanklängen und Schla-ger der Zeit. Aber für die Hand-

lung oder die Charakterisierungder Figuren tragen sie wenig bei.Daran ändert auch das Engage-ment des etwas blechdominier-ten Orchesters – am Anfang nochetwas hüftsteif, später deutlichfreier – nichts.

Dreicksgeschichte, klassischDie Geschichte und ihr Aus-

gang sind hier von Anfang anklar. Der Maler Armando hatnach einem Maskenball dieNacht mit einer unbekanntenFrau verbracht und sie dabei ge-malt. Auch das wird genrety-pisch nur angedeutet, Projek-tionsflächen sind ganz wichtig.Am Ring soll er sie ein Jahr späterwieder erkennen, weil sie ihreblaue Maske anbehielt. Bis dahinschmachtet Armando, was RetoHofstetter glaubhaft und ohneÜbertreibung macht. Während

er dabei sehr textverständlichsingt, geht er die hohen Show-töne hörbar vorsichtig an, undman wünschte sich etwas mehrTestosteron und Schmelz.

Er wird von Seppel und Juliskabegleitet – wer die beiden eigent-lich sind, bleibt merkwürdig of-fen. Sie sind einfach da, wie dievier Tänzer. Die Regie macht Ju-liska immerhin noch zu derenChoreographin und findet soeine Legitimation, warum sieauch in die Tanzszenen einbezo-gen wird. Liliane Ecoffey schafftmit ihrem Mix zwischen klassi-schem und mehr chanson- odermusicalartigem Gesang auch dasstilistische Bindeglied zu den an-dern Figuren. Ihr Ehemann (klar,im Finale ist’s so weit) ist beiMusicaldarsteller Christian Soll-berger in kompetenten Händen.Aber wie immer in diesen Komö-

dien holt am Schluss der Spass-macher den grössten Applaus.Hier heisst er Kilian und ist gum-mibestiefelter Fischmaler – wasimmer das sein soll. SeineSprachverdrehungen sind daseine, bei Bastian Stoltzenburg istschon der Blick und die Haltungkomisch. Dass das Stück in SanRemo spielt, ist dabei auch egal,

bietet der Regie am Anfang aberdie Möglichkeit, ein liebevoll ka-rikierendes Panorama von Ita-lien- und Tourismusklischee auf-zubieten und so jedem Chormit-glied eine klare Rolle und einenEintrag im Programmheft zu ver-schaffen.

Das ist sympathisch undzeugt von der grossen hand-

werklichen Geschicklichkeit,welche die Arbeit von RegisseurLeopold Huber auszeichnet.Klaus Hellenstein hat dafür ei-nen durch wenige Elemente cha-rakterisierten Raum geschaffen,in dem die exotischen Spielortenur ironische Zitate sind: Argen-tinien ist auch nur ein Stichwort,wie die Handlung für die Musikja auch.

Sanfte Ironie – keine BilliggagsFür grosse Regieideen, über-

raschende Deutungen oder Hin-terfragungen des Stückes ist dieOperette Sirnach wohl nicht derPlatz – auch wenn die naiveNotiz im Programm zu hinterfra-gen wäre, dass es Komponistenwie Raymond nicht anzulastensei, dass sie rasch und mit rei-nem Unterhaltungsanspruch diePlätze auf den Spielplänen ein-

nahmen, die die Berufsverbote,Verhaftungen und Ermordungenjüdischer und anders missliebi-ger Komponisten durch die Na-zis ab 1933 freigemacht hatten.Wie konsequent Huber seine Fi-guren führt und – hier könntensich viele, die sich am leichtenFach versuchen, etwas abschnei-den! – alle zu billigen Scherzeund Mätzchen vermeidet, über-zeugt. Mit leichter Hand werdengerade auch beim homogen klin-genden Chor sanfte ironischeBrechungen eingefügt, wie sieauch die Renaissance der Ope-rette an der Berliner KomischenOper prägen.

Strahlende Petra Halper KönigPlötzlich tauchen im Bilder-

buchferien-Italien Südamerika-ner auf. Erst die wunderschöne,elegante und liebreizende Eve-lyne mit ihrem väterlichen Be-gleiter Gonzala (Otto Edel-mann). In ihm findet der Fisch-

maler seinen Partner und Ar-mando in ihr natürlich seine ge-heimnisvolle Maskenträgerin.Petra Halper König als Evelynehat die strahlendsten Auftritte –eine starke Frau, die sich vomMann aber brav erobern lässt.Wenn nicht vom Gaucho Pedro(Erich Hufschmid in undankba-rer Sprechrolle) und seiner Intri-ge, dann umso lieber von Ar-mando. Halper König singt miteiner interessanten Schärfe inihrem Timbre und fühlt sich inder Primadonnen-Rolle offen-sichtlich pudelwohl, was sich aufalle überträgt. So stimmt viel-leicht sogar, was der Gemeinde-ammann vor dem Premierenvor-hang hoffte: Sirnach wird – wenndafür eine Veranstaltung reicht –noch bis 19. März für jeweils dreiStunden zur kulturellen Haupt-stadt des Thurgaus.