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96 R. W. Huffmann und W. Sieber Bd. 703 Liebigs Ann. Chem. 703, 96- 103 (1967) 1 .&Dehydro-naphthalin, I von Reinhard W . Hofmann *) und Wolfgang Sieber Aus dem Institut fur Organische Chemie der Universitat Heidelberg Eingegangen am 15. September 1966 Durch Photolyse von Naphtho[l,8-de][l.2.3]thiadiazin-l .I-dioxid (5) erhalt man unter Stickstoff-Abspaltung Naphtho[l,8-bc]thieten-l.l-dioxid (10). Dessen Pyrolyse in konden- sierter Phase liefert Schwefeldioxid, wobei 1.8-Dehydro-naphthalin (2) freigesetzt wird, das zu Perylen (11) dimerisiert oder als Addukt 12 an Acetylendicarbonsauredimethylester abgefangen wird. Bei Pyrolyse in der Gasphase isomerisiert 10 zu Naphtho[l,8-cd][l.2]oxa- thiol-2-oxid (13). 1.2-Dehydro-benzoll) (1) zeigt ein grol3es Selektionsvermogen zwischen zwei mog- lichen Reaktionswegen *), da die beiden Elektronen in den Dehydro-Orbitalen nicht isoliert sind (entspr. einem hochreaktiven Biradikal) sondern zu einem betrachtli- chen Teil zu einer zusatzlichen, schwachen Bindung in der Aromaten-Ebene uber- lappen3). Das Uberlappungsintegral der Dehydro-Orbitale wurde fur 1, unter An- nahme einer Benzol-Geometrie, zu S = 0.1-0.125 abgeschatzt3,4), wahrend es bei einer normalen x-Bindung im Benzol S = 0.25 betragt. H nn Die verringerte Uberlappung im Dehydrobenzol gegenuber Benzol ruhrt daher, dal3 die Dehydro-Orbitale einen Winkel von 60" einschlieflen, obwohl der Basisabstand mindestens dem einer normalen aromatischen n-Bindung entspricht. Um festzustellen, welche Eigenschaften ein Molekul mit einer ebenfalls geschwach- ten Bindung besitzt, deren Orbitale zwar einen gunstigen Winkel einnehmen, deren *) Herrn Prof. Dr. G. Wirrig zum 70. Geburtstag in Dankbarkeit und Verehrung gewidmet. 1) ubersichten bei G. Witrig, Angew. Chem. 69, 245 (1957); R. Huisgen und J. Sauer, ebenda72,91 (1960); H. Heaney, Chem. Reviews62,81(1962); R. W. Huffmann, Dehydro- benzene and Cycloalkynes, Verlag Chemie GmbH/Academic Press, Weinheim/New York, 1967. 2) R. Huisgen, W. Mack und L. Mobius, Tetrahedron [London] 9, 29 (1960); R. Huisgen und R. Knurr, Tetrahedron Letters [London] 1963, 1017. 3) H. E. Simmons, J. Amer. chem. SOC. 83, 1657 (1961). 4) S. F. Mason, in Chemical Society Symposia, Bristol, S. 130; The Chem. SOC. Special Publi- cation No. 12, London 1959.

1.8-Dehydro-naphthalin, I

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96 R . W . Huffmann und W. Sieber Bd. 703

Liebigs Ann. Chem. 703, 96- 103 (1967)

1 .&Dehydro-naphthalin, I von Reinhard W . Hofmann *) und Wolfgang Sieber

Aus dem Institut fur Organische Chemie der Universitat Heidelberg Eingegangen am 15. September 1966

Durch Photolyse von Naphtho[l,8-de][l.2.3]thiadiazin-l .I-dioxid (5) erhalt man unter Stickstoff-Abspaltung Naphtho[l,8-bc]thieten-l.l-dioxid (10). Dessen Pyrolyse in konden- sierter Phase liefert Schwefeldioxid, wobei 1.8-Dehydro-naphthalin (2) freigesetzt wird, das zu Perylen (11) dimerisiert oder als Addukt 12 an Acetylendicarbonsauredimethylester abgefangen wird. Bei Pyrolyse in der Gasphase isomerisiert 10 zu Naphtho[l,8-cd][l.2]oxa- thiol-2-oxid (13).

1.2-Dehydro-benzoll) (1) zeigt ein grol3es Selektionsvermogen zwischen zwei mog- lichen Reaktionswegen *), da die beiden Elektronen in den Dehydro-Orbitalen nicht isoliert sind (entspr. einem hochreaktiven Biradikal) sondern zu einem betrachtli- chen Teil zu einer zusatzlichen, schwachen Bindung in der Aromaten-Ebene uber- lappen3). Das Uberlappungsintegral der Dehydro-Orbitale wurde fur 1, unter An- nahme einer Benzol-Geometrie, zu S = 0.1-0.125 abgeschatzt3,4), wahrend es bei einer normalen x-Bindung im Benzol S = 0.25 betragt.

H n n

Die verringerte Uberlappung im Dehydrobenzol gegenuber Benzol ruhrt daher, dal3 die Dehydro-Orbitale einen Winkel von 60" einschlieflen, obwohl der Basisabstand mindestens dem einer normalen aromatischen n-Bindung entspricht.

Um festzustellen, welche Eigenschaften ein Molekul mit einer ebenfalls geschwach- ten Bindung besitzt, deren Orbitale zwar einen gunstigen Winkel einnehmen, deren

*) Herrn Prof. Dr. G. Wirrig zum 70. Geburtstag in Dankbarkeit und Verehrung gewidmet. 1) ubersichten bei G . Witrig, Angew. Chem. 69, 245 (1957); R . Huisgen und J . Sauer,

ebenda72,91 (1960); H. Heaney, Chem. Reviews62,81(1962); R. W. Huffmann, Dehydro- benzene and Cycloalkynes, Verlag Chemie GmbH/Academic Press, Weinheim/New York, 1967.

2) R. Huisgen, W. Mack und L. Mobius, Tetrahedron [London] 9, 29 (1960); R. Huisgen und R. Knurr, Tetrahedron Letters [London] 1963, 1017.

3) H. E. Simmons, J. Amer. chem. SOC. 83, 1657 (1961). 4) S. F. Mason, in Chemical Society Symposia, Bristol, S. 130; The Chem. SOC. Special Publi-

cation No. 12, London 1959.

1967 1.8-Dehydro-naphthalin, I 97

Basisabstand aber deutlich vergroRert ist, untersuchten wir das 1.8-Dehydro-naph- thalin (2). In 2 ist bei Naphthalin-Geometrie der 1.8-Abstand rnit 2.4 A urn den Faktor 1/3 langer als der 1 .ZAbstand im Benzol; die Dehydro-Orbitale aber sind parallel angeordnet. Das Uberlappungsintegral 1aDt sich zu S = 0.04 abschatzens). Dieser Wert sollte, wie beim Dehydrobenzol, durch eine Veranderung der Molekiil- Geometrie noch ansteigen, so daD in 2 mit einer schwachen 1.8-Bindung und nicht mit einer Biradikal-Struktur zu rechnen ist. Tatsachlich erhielten Rees und Storr7) 2 unabhangig von uns bei der Oxydation von l-Amino-naphtho[l,8-de] [1.2.3]triazin und stellten fest, daD es zu einer stereospezifischen Cycloaddition befahigt ist.

Zersetzung von Naphtho[l ,&de][l.2.3]thiadiazin-l .l-dioxid (5)s)

Analog der Zersetzung von 1.2.3-Benzothiadiazol-1 .l-dioxid (3) in Stickstoff, Schwefeldioxyd und Dehydrobenzolg) sollte aus Naphtho[l,8-de][l.2.3]thiadiazin- 1.1-dioxid (5), dem Diazotierungsprodukt von 4, das 1.8-Dehydro-naphthalin (2) entstehen.

3

H ON - N-S=O H N / ~ - S O ~

& & 7 6

Das rote Produkt der Diazotierung von 4 war bis 180" stabil, weswegen ihm ReiJerf 10) die Struktur 7 und nicht die des cyclischen Azosulfons 5 zuschrieb. Wir erhielten daraus durch Reduktion mit Zink in Eisessig in 88-proz. Ausbeute das Dihydro-Derivat 6 , das sich rnit Bleitetraacetat zu der Ausgangsverbindung 5 reoxydieren lieR. Diese Befunde stehen rnit der Struktur 5 fur das Diazotierungsprodukt von 4 im Einklang und schlieBen zugleich Struktur 7 aus.

5 ) Unter Verwendung von Slater-p-Orbitalens). 6 ) A . Srreitwieser ir.. Molecular Orbital Theory for Organic Chemists, S. 16. John Wiley &

Sons, Inc., New York 1961. 7) C. W. Rees und R. C. Storr. Chem. Commun. 1965, 193 IC. A. 63, 5648 (19631. 8 ) Vgl. die Kurzmitteilung: R: W. Hoffmann und W. siebek Angew.'Chem:77, 810 (1965);

9) G. Wittig und R . W. Hoffmann, Chem. Ber. 95, 2718 (1962). Angew. Chem., internat. Edit. 4, 786 (1965).

10) A . Regerr, Ber. dtsch. chem. Ges. 55, 858 (1922). Liebigs Ann. Chem. Bd. 703 7

98 R . W . Hoffmann und W. Sieber Bd. 703

Wahrend 3 schon bei lo" vollstandig gespalten wirdg), zersetzte sich 5 beim Erhitzen erst oberhalb seines Schmelzpunktes (1 93"). In Tetralinlosung war die Zersetzung nach 24 Stdn. bei 150" vollstandig. Man erhielt eine tief blauschwarze, Schwefel- und Stickstoff-haltige, amorphe Substanz, die in ihrer thermischen Stabilitat (> 330") und in ihren Farbreaktionen mit Eisessig oder konz. Schwefelsaure mit Naphthothiam- blau 10) ubereinstimmte.

Die photolytische Spaltung von 5 in Benzol mit ungefiltertem Licht eines Queck- silber-Hochdruckbrenners gelang analog zu 3 11) bei Temperaturen, die weit unter- halb derjenigen der thermischen Zersetzung lagen. 5 war nach 36stdg. Bestrahlung in Benzol vollstandig zersetzt, wobei 64 % d. Th. Stickstoff freigesetzt wurden. Neben Naphthothiamblau waren 3 d. Th. Dinaphtho[l,8-bc;l',8'-fg]dithiocin-l.1.5.5-tetr- oxid (8) und 25 % d.Th. Naphtho[l,8-bc]thieten-l.l-dioxid (10) sowie, in geringer Menge, 5 nur diinnschichtchromatographisch nachweisbare Substanzen entstanden.

N""$O,

8 9 10 8 zeigte im 1R-Spektrum Sulfon-Banden bei 1160 und 1315 cm-1 sowie im UV-Spektrum

einen bathochrom verschobenen Naphthalin-Chromophor. 10 zeigte massenspektrometrisch und osmometrisch das geforderte Molekulargewicht, im IR-Spektrum Sulfon-Banden bei 1160 und 1315 cm-1, im UV-Spektrum einen geringfugig bathochrom verschobenen Naph- thalin-Chroniophor.

Da die Mengenverhaltnisse stark rnit den Photolysebedingungen variierten, interes- sierte uns, inwieweit 8 und 10 photochemisch labil sind. Nach zweistundiger Bestrah- lung von 8 in Benzol waren, neben 76% d.Th. unverandertem 8, 20% d.Th. 10 entstanden. Analoge sechsstundige Bestrahlung von 10 lieferte umgekehrt 8 % d.Th. 8 neben 25 "/D d. Th. unverandertem 10, wahrend durch zweistundiges Bestrahlen in Athanol 54% d.Th. 8 neben 40% d.Th. 10 erhalten wurden.

Offensichtlich fuhrt die Bestrahlung von 5,s und 10 zu einer gemeinsamen Zwischen- stufe, wahrscheinlich 9, aus der normalerweise uberwiegend das in 1.8-Stellung Vierring-verbruckte Naphthalin-Derivat 10 entsteht. Durch Verwendung von

1 1 ) R . W. Hofftnann, W. Sieber und G . G ~ h n , Chem. Ber. 98, 3470 (1965).

1967 1.8-Dehydro-naphthalin, I 99

Athanol, i n dem 8 sehr schwer loslich ist, laBt sich das Gleichgewicht nach 8 hin verschieben. Bei langerem Bestrahlen wird das Photolyse-Gleichgewicht durch irre- versible Prozesse gestort.

Zersetzung von Naphtho[1,8-bc]thieten-l .l-dioxid (10) Aus cyclischen Sulfonen laBt sich Schwefeldioxyd sowohl photolytischlz) als auch ther-

mischl3) abspalten. Urn zu priifen, ob 2 bei der Photolyse von 10 entsteht, bestrahlteii wir letzteres in Gegenwart von Tetracyclon. Ein Abfangprodukt wurde nicht erhalten.

Bei der Thermolyse von 10 entwickelte sich oberhalb des Schmelzpunktes (184") SOz. Im Ruckstand lie13 sich Perylen (11) dunnschichtchromatographisch nachweisen.

Bei 1- bis 10-min. Pyrolyse von 10 im Bereich von 215-270" entstand stets 11, das in einem Fall durch praparative Diinnschichtchromatographie abgetrennt und UV-spektroskopisch bestimmt wurde (0.02% d.Th.). Bei der Pyrolyse einer Mischung von 10 und Naturkupfer C lieB sich die Ausbeute an Perylen auf 0.4% d.Th. steigern.

Obwohl Perylen (11) als Dimerisierungsprodukt von 1.8-Dehydro-naphthalin (2) angesehen werden kann, da es auch bei anderen z u 2 fiihrenden Reaktionen beobachtet wurde*,14), ist sein Nachweis fur das Auftreten von 2 allein nicht beweisend. Des- wegen versuchten wir, 2 bei der Pyrolyse von 10 in einer Cycloaddition abzufangen.

Versuche mit Tetracyclon, Maleinsaureanhydrid, Fumarsaurediathylester, Benzol15), Tetrachlorathylen 15) oder Acetylendicarbonsaure waren erfolglos.

D ie Pyrolyse von 10 in Acetylendicarbonsauredimethylester ergab das erwartete Addukt 12 in 0.15-proz. Ausbeute. Es wurde durch diinnschichtchromatographischen

12) M. P. Cava, R . H . Schlesinger und J. P . Van Meter, J. Amer. chem. SOC. 86, 3173 (1964); Y. Odaira, K. Yamaji und S. Tsufsumi, Bull. chem. SOC. Japan 37, 1410 (1964) [C. A. 62, 1582 (1965)l.

13) R. M. Dodsori und G. Klose, Chem. and Ind. 1963, 450; 1. T. Millar und K . V. Wilson, J. chem. SOC. [London] 1964, 2121; C. E. Berkoff, R . C. Cookson, J. Hudec, D. W . Jones und R. 0. Williams, ebenda 1965, 194; L. A . Carpino und L. V. McAdams, J. Amer. chem. SOC. 87,5804 (1965); G. Opifz und K. Fischer, Angew. Chem. 77,41 (1965); Angew. Chem., internat. Edit. 4, 70 (1965).

14) R . W. Hoffmann und G. Guhn, unveroffentlicht. 15) Mit diesem Reagens lien sich auf anderem Wege erzeugtes 2 abfangen').

7'

100 R . W . Hofmann und W. Sieber Bd. 703

und UV-spektroskopischen Vergleich mit Acenaphthylen-dicarbonsaure-( 1.2)-di- methyleste~-14) identifiziert.

Diese Ergebnisse machen es sehr wahrscheinlich, daB bei der Pyrolyse von 10 tatsachlich 1 .8-Dehydro-naphthalin (2) gebildet wird. Die geringen Ausbeuten an 11 und 12 zeigen, daR die durchgehende Spaltung von 10 zu 2 nur in untergeordnetem MaBe ablauft. Vermutlich wird beim Erhitzen von 10 zunachst nur eine S ---Bindung gespalten, und die Zwischenstufe polymerisiert. Diese unerwunschte (Haupt)-Reaktion sollte sich bei der Gasphasenpyrolyse i. Vak. unterbinden lassen. Wurde 10, bei einem Stickstoff-Druck von 2 Torr, durch eine auf 300" geheizte Saule mit Raschig-Ringen sublimiert, so resultierte in 54-proz. Ausbeute das mit 10 isomere Naphtho[l,8-cd]- [ 1.2]oxathiol-S-oxid (13), dessen Strukturzuordnungsich auf das Molekulargewicht, die Abwesenheit der Sulfonbanden im IR und die Anwesenheit einer fur Sulfinsaureester charakteristischen Absorption bei 1130 cm- 1 stiitzt.

14

C6H5 3

Diese neuartige thermische Umlagerung eines Sulfons in einen Sulfnsaureester wurde bisher nur bei der Verbindung 14 beobachtet16). Die Produkte der Pyrolyse von 15 bei 690" wurden ebenfalls unter der Annahme einer Sulfinsaureester-Zwischenstufe erklart 17). Diese Erklarung stutzte sich auf die Analogie zwischen der thermischen Spaltung einer Molekel und ihrer Fragmentierung durch ElektronenstoB. So wird im Massenspektrum von 15 nicht nur die Abspaltung von SO2 registriert, sondern auch die von SO und CO, was nur nach der Isomerisierung zu einem Sulfinsaureester verstandlich wird. D a es uns gelungen war, den Sulfinsaureester 13 bei der Thermolyse von 10 in Substanz zu fassen, konnte die These, daR sich Sulfone bei der Ionisierung durch ElektronenstoB in Sulfinsaureester urnlagern, erstmals direkt gepruft werden : Die Fragmentierungsschemata in den Massenspektren von 10 und 13 entsprechen sich, bis auf geringe Intensitatsunterschiede, vollig. So beobachtete man neben der Abspaltung von SO2 auch die stufenweise Abspaltung von CO und SO, wodurch die Annahme einer primaren Umlagerung des Sulfons in einen Sulfinsaureester erhartet wird.

16) D . C. Dirtmer, personliche Mitteilung. 17) E. K. Fields und S. Meyerson, J. Amer. chem. SOC. 88, 2836 (1966); J. H. Bowie, D . H.

Williams, S . 0. Lawesson, J. 0. Madsen, C. Nolde und G . Schroll, Tetrahedron [London] 22, 3515 (1966).

1967 1.8-Dehydro-naphthalin, I 101

Um die Struktur von 13 weiter zu sichern, versuchten wir, es zu dem entsprechenden Naphthalin-sulton-(1.8) zii oxydieren. Desseii Bildung lie13 sich jedoch nur bei der Oxydation von 13 mit Ozon dunnschichtchromatographisch wahrscheinlich machen. Hierbei und bei allen weiteren Oxydationsversuchen wurde uberraschenderweise aus 13 fast quantitativ 10 erhalten. So lagerte sich 13, gelost in Eisessig, bereits in einer Stunde vollstandig in 10 urn.

Umlagerungen aliphatischer Sulfinsaureester zu Sdfonen wurden gelegentlich be- schrieben 18). Auch dabei wurde eine Saurekatalyse beobachtet 18c). O b allerdings der fur aliphatische Vertreter diskutierte ionische Umlagerungs-Mechanismus 18b, 18e) auch fur die Umlagerung von 13 zutrifft, mu13 dahingestellt bleiben.

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft mochten wir fur die Unterstutzung dieser Arbeit herzlich danken. Ebenso gilt unser Dank Herrn Dr. P. Gaspar, Washington University, St. Louis/Missouri, fur anregende Diskussionen.

Beschreibung der Versuche Die Schmelzpunkfe sind korrigiert. - Die Photolysen wurden in einer Umlaufapparatur 19)

(Fassungsvermogen 230 bzw. 125 ccm) durchgefuhrt. Als Lichtquelle diente der Quecksilber- Hochdruckbrenner S 81 (Quarzlampen GmbH, Hanau). Die Temperatur der bestrahlten Losung wurde durch Kuhlung (Methanol von -1W) auf einer Temperatur von 15-20" gehalten.

NaphthoTI,8-de][l.2.3/thiadiazin-l.I-dioxid (5). - 0.2 g Palladiumoxid wurden in 20 ccm Wasser suspendiert und rnit Wasserstoff reduziert. Nach Zugabe einer waBr. Losung von 10 g (42 mMol) I-Nitro-naphthalin-sul~nsiiure-(8/ 10,20), die mit verd. Natronlauge auf pH 9 gebracht war, wurde rnit Wassersfof unter Normaldruck auf der Schuttelmaschine hydriert. Nach 12 Stdn. war die Wasserstoffaufnahme (ca. 80 % d. Th.) beendet. Die alkalische, vom Katalysator filtrierte Losung wurde auf das doppelte Volumen mit Wasser verdunnt und rnit einer der Wasserstoff-Aufnahme aquiv. Menge Nafriumnitrit versetzt. Unter Riihren wurde tropfenweise verd. Schwefelsaure bis pH 1 zugesetzt. 5 fie1 als brauner Niederschlag aus. Nach Umkristallisieren aus Athanol und aus Chloroform erhielt man 10-30% d.Th. 5 vom Schmp. 184"; nach Chromatographie uber Kieselgel Schmp. 193".

C ~ O H ~ N ~ O ~ S (218.2) Ber. C 55.03 H 2.77 N 12.84 Gef. C 55.17 H 2.95 N 12.89

2.3-Dihydro-naphtho[1,8-de][l.2.3/thiadiazin-l.l-dioxid (6). - 0.65 g (3.0 mMol) 5 wurden mit 1 .O g Zink-Staub eine halbe Stunde in 25 ccm Athanol und 4 ccm Eisessig geriihrt. Dabei trat Entfarbung ein. Man filtrierte und kochte den Ruckstand noch zweimal rnit je 10 ccm

18) 1 8 4 C. L . Arcus, M. P. Balfe und J. Kenyon, J. chem. SOC. Ilondon] 1938,485. - 181~) A . C. Cope, D. E. Morrison und L . Field, J. Amer. chem. SOC. 72, 59 (1950). - 1 8 ~ ) A . H . Wragg, J . S . McFayden und T. S. Stevens, J. chem. SOC. [London] 1958, 3603. - 18d) D. Darwish und R . McLaren, Tetrahedron Letters [London] 1962, 1231. - 18e) D. Darwish und E. A . Preston, ebenda 1964, I 13.

19) G. Wittig und H . F. Ebel, Liebigs Ann. Chem. 650, 20 (1961). 20) H. Erdmann und C. Siivern, Liebigs Ann. Chem. 275, 234 (1893).

102 R. W . Hoffmann und W . Sieber Bd. 703

Athanol aus. Beim Einruhren der vereinigten Losungen in 200 ccm Wasser fielen 0.58 g (88 %) rohes 6 vom Zers.-P. 212-214" aus. Nach Umkristallisieren aus wenig Methanol rnit Kohle Zen-P . 218".

C10HsN202S (220.2) Ber. C 54.53 H 3.66 N 12.72 Gef. C 54.58 H 3.67 N 12.93

Oxydation yon 6 : Zu einer Suspension von 0.58 g (2.6 mMol) 6 in 10 ccm absol. Acetonitril tropfte man unter Ruhren die Losung einer aquiv. Menge Bleitetraacetat in 20 ccm desselben Solvens, wobei man eine orangefarbene Losung und einen weinen Bodenkorper erhielt. Nach kurzem Einfrieren bei -40" wurde vom Bleidiacetat abfiltriert und das Filtrat i.Vak. zur Trockne eingedampft. Durch Auskochen des Ruckstandes rnit 25 ccm Benzol erhielt man 0.31 g (54%) rohes 5, das nach Umkristallisieren aus Athano1 in Schmp. und Misch-Schmp. mit authent. 5 (S. 101) iibereinstimmte.

Thermolyse von 5 : 0.33 g (1.5 mMol) 5 wurden 7 Tage in Tetralin auf 150" erhitzt. Dunn- schichtchromatographisch (Chloroforrn/Ather = 1 : 1) war 5 danach nicht mehr nachweisbar. Nach Abdestillieren des Tetralins i. Vak. und Waschen rnit Benzol blieb ein tief blauschwarzer, amorpher Ruckstand zuruck; kein Schmp. bis 330". - Die Substanz lost sich in Essigsaure rnit tiefroter, in konz. Schwefelsaure rnit gruner Farbe. - Gef. C 64.22 H 3.73 S 5.19; Naphthothiamblaulo): Gef. C 66.6 H 3.36 S 17.8.

Photolyse von 5 : 0.65 g (3.0 mMol) 5 wurden in 230 ccni absol. Benzol bestrahlt, wobei der Lampenzylinder alle 12 Stdn. gereinigt wurde. Laut dunnschichtchromatographischer Kon- trolle war 5 nach 36 Stdn. verbraucht. In dieser Zeit hatten sich 43 ccm (64%) Stickstoff entwickelt. Nach Filtration von 0.27 g Nuphthothiamblnu wurde die Losung bei 30" eingeengt (Rotationsverdampfer). Dabei fielen 17 mg (3 x) Dinnphthoil,8-b~;1',8'-fg]dithiocin- 1.1.5.5-retroxid (8) aus; Zers.P. > 200" (aus Benzol). - UV-Bande (in Tetrahydrofuran) : 295 nrn (E = 1.36.103).

C20H120& (380.4) Ber. C 63.00 H 3.18 S 16.85 Gef. C 63.16 H 3.11 S 17.01 MoL-Gew. 380 (rnassenspektrometr.), 375 (ebullioskop. in azeotrop. Tetrahydrofuran/HZO)zl)

Beim vollstandigen Eindampfen der benzolischen Losung erhielt man eine braune Substanz, die 12 Stdn. kontinuierlich rnit Cyclohexan extrahiert wurde. Aus dem Extrakt lienen sich nach zweimaligem Umkristallisieren aus Methanol rnit Kohle 0.14 g (25 x) Naphtho[l,8-bcJ- thieten-1.1-dioxid (10) als weiRe Nadeln vom Schmp. 184" gewinnen. - UV-Spektrum (Atha- nol): I,,, (E) = 316 (4.1.102), 284 (5.109, 274 (4.3'103) und 225 nm (3.8'104).

C I O H ~ O ~ S (190.2) Ber. C 63.00 H 3.18 S 16.85 Gef. C 63.08 H 3.06 S 16.63 Mol.-Gew. 190 (massenspektrometr.), 197 (osmometr. in Aceton)

Der Riickstand der Extraktion rnit Cyclohexan enthielt laut Dunnschichtchromatogramm

Photolyse von 8 : Eine Losung von 95 rng (0.25 mMol) 8 in 230 ccm absol. Benzol wurde 2 Stdn. bestrahlt. Beim Einengen fielen 72 mg (75 %) nicht urngesetztes 8 aus. Die Mutterlauge wurde an 10 g Kieselgel chromatographiert, wobei 19 mg (20%) 10 vom Schrnp. 184" er- halten wurden.

21) Fur die Ausfuhrung dieser Messung danken wir Herrn Dr. H. Weitkamp, Shell Grund-

(Chloroform/Methanol = 7 : 3) funf weitere Substanzen.

lagenforschung GmbH, SchloB Birlinghoven.

1967 I .8-Dehydro-naphthalin, I 103

Photolyse von 10: 95 mg (0.5 mMol) 10 wurden in 230 ccm absol. Athanol 2 Stdn. belichtet und wievoranstehend aufgearbeitet. Manerhielt 51 mg (54 %) 8 neben 38 rng Ausgangsmaterial. Eine entsprechende 6stdg. Bestrahlung in absol. Benzol ergab 8 % d.Th. 8 und 25 % d.Th. 10. Thermolyse von 10: a) Ohne Zusatz: 104 mg (0.55 mMol) 10 wurden 5 Min. auf 240" erhitzt. Irn Dunnschichtchromatogramm (Cyclohexan) zeigte sich die Anwesenheit von Perylen (11). Dieses wurde durch praparative Diinnschichtchromatographie (Cyclohexan/ Chloroform = 2 : 1) abgetrennt und durch sein UV-Spektrum22) identifiziert. Aus der Ex- tinktion ergab sich die Ausbeute zu 0.02% d.Th.

b) In Gegenwart von Kupfer: 95 mg (0.5 mMol) 10 wurden innig mit I g entfettetem Kupfer- Pulver gemischt und im zugeschmolzenen Rohr 5 Min. auf 240" erhitzt. Der schwarze Ruck- stand wurde mit siedendem Chloroform ausgezogen. Der Chloroformextrakt wurde zur Trockne eingedampft und der Ruckstand in absol. Athanol aufgenommen. Die quantitative Auswertung des UV-Spektrums dieser Losung ergab eine Ausbeutevon 0.4 % d. Th. Perylen (11).

c) I n Gegenwart von Acetylendicnrbonsauredimethy/ester: 95 mg (0.5 mMol) 10 wurden in 2 ccm Acerylendicarbonsauredimethylester 10 Min. unter RuckfluB erhitzt (Bad 230"). Der uberschussige Ester wurde i. Vak. abdestilliert und der Ruckstand uber Kieselgel (Merck, 0.05-0.2 mm) chromatographiert. Mit Benzol/Chloroform ( I : 1) wurde ein braunes (il eluiert, in dem nach Aufnehmen in Methanol dunnschichtchromatographisch (Chloroform/ Ather = 1 : 1) drei Komponenten nachgewiesen wurden; eine war mit Acenaphthylen- dicnrbonsuure-(l.2)-dimethylester (12) identisch. 12 wurde durch praparative Dunnschicht- chromatographie (ChloroformlAther = I : 1) abgetrennt und seine Ausbeute anhand des UV-Spektrums (in Methanol)l4) zu 0.15 % d.Th. bestimmt.

Naphtho[1,8-cdj~l.2]oxathiol-S-oxid(l3). - 190 mg (1 .O mMol) 10 wurden im Stickstoff-Strom bei 2 Torr aus einem Bad von 170" durch eine mit Glasringen gefullte, auf 300" geheizte Saule (40 x 4 cm) in eine Kiihlfalle sublimiert. Nach Resublimation bei 60-65"/10-3 Torr erhielt man 103 mg (54%) 13 als farblose Substanz vom Schmp. 74". - UV-Spektrum (Athanol): A,,, (E) = 318 (4.9.103) und 246 nm (2.8.104).

CloHbO2S (190.2) Ber. C 63.00 H 3.18 S 16.85 Gef. 62.97 3.29 16.51 Mol.-Gew. 187 (osmometr. in Aceton)

Die Darstellung von 13 war nicht immer reproduzierbar. fsomerisierung: 5 mg 13 wurden in 1 ccni Eisessig gelost. Nach 1 Stde. wurde das Losungs- mittel i. Vak. abdestilliert. Der Ruckstand bestand aus 10 (IR-Spektrum, Schmelzpunkt und Mischprobe).

Oxydution: In eine Losung von 25 mg (0.13 mMol) 13 in 20 ccm Petrolather (40-60") wurde so lange ein schwacher Strom von Ozon-haltigem Sauerstoff geleitet, bis ein farbloser Nieder- schlag ausfiel: 9 mg (36%) 10. Das Filtrat wurde auf 1 ccm eingeengt und dunnschicht- chromatographisch untersucht (ChloroformlAther = 1 : I). Von drei nachweisbaren Sub- stanzen zeigte eine die gleiche Laufstrecke wie Nnphtha/in-su/ton-(1.8/ 23).

22) R . A . Friedel und M. Orchin, Ultraviolet Spectra of Aromatic Compounds, J . Wiley &

23) H . Erdmann, Liebigs Ann. Chem. 247, 306 (1888). Sons, Inc., New York 1951.

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