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Naturkalender2010
Nüsse, diese hartschaligen Früchte mit den oft schmackhaften Samen, meint man aus
dem Alltag zu kennen. Überraschenderweise zählen viele der landläufig als Nuss
bezeichneten Früchte im botanischen Sinn nicht zu den echten Nüssen bei denen per
Definition alle drei Schichten der Fruchtwand (Perikarp) verholzt sind.
Bei anderen hingegen bleibt dem unerfahrenen Betrachter verschlossen, dass es sich um
eine echte Nussfrucht handelt. Und in einigen Fällen sind Früchte so speziell ausgebildet,
dass deren schlussendliche Einordnung noch umstritten ist.
Um etwas Licht in diese verwirrende Vielfalt zu bringen, widmet sich der ENEDAS e.V.
Naturkalender 2010 den Nüssen im weiteren Sinn. Detailaufnahmen und erläuternde
Texte geben einen Einblick in die Welt dieser Früchte.
Impressum
Herausgeber: ENEDAS e.V.
Bildautoren: Dipl.-Biol. Oliver Thier & Dr. Dietmar Sattler
Texte: Dipl.-Biol. Maria Faske & Dr. Dietmar Sattler
Lektorat: Cornelia Heinrich
Layout: Dipl. Designer (FH) Andy Baber > www.baber.info
Druck: MaXxPrint GmbH, Leipzig
Das Urheberrecht für den Kalender liegt bei dem ENEDAS e.V.
Der Erlös aus dem Verkauf dieses Kalenders fließt ausschließlich in gemeinnützige
Projekte des ENEDAS e.V. Weitere Informationen erhalten sie unter www.enedas.de.
Bei Anregungen und Kritik wenden sie sich bitte per E-Mail an [email protected].
ENEDAS e.V., Elsterstraße 33, 04109 Leipzig
Kontonummer: 307859831
Bankleitzahl: 86095604
Volksbank Leipzig eG
Preis: € 14,95
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Haselnuss (Corylus sp.), Birkengewächse
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Januar
Haselnuss (Corylus sp.) – Die Zaubernuss aus der Steinzeit
Wie kaum ein anderer Strauch ist die Hasel (Corylus avellana) mit unserer mitteleuropäischen
Landschaft verbunden. Nach der letzten Eiszeit wanderte sie aus Südeuropa ein und war dann
in unseren Breiten lange Zeit sogar vegetationsbestimmend. Heute ist sie in lichten Laub- und
Mischwäldern, Hainen, Hecken und Parks zu finden. Sehr zeitig im Frühjahr, vom Februar bis in
den April, sprießen die eingeschlechtigen Blütenkätzchen.
Aus den weiblichen Blüten entwickeln sich einsamige, hartschalige Nüsse, welche je von
einer becherförmigen, weichen Hochblatthülle umgeben sind. In einem einzigen männlichen
Blütenkätzchen werden ca. zwei Millionen vom Wind ausgebreitete Pollenkörner gebildet.
Somit zählt die Haselnuss, gemeinsam mit einigen anderen Birkengewächsen, zu den
bedeutendsten Erregern des Frühjahrs-Heuschnupfens. Schon seit frühesten Zeiten wurden die
mit bis zu 65 % Fettgehalt sehr nahrhaften Samen der Haselnuss verzehrt und die Pflanzen
wahrscheinlich auch zu diesem Zweck kultiviert.
Heute kommen die Nüsse sowohl im Ganzen als auch die gerösteten, oft zu Mehl gemahlenen
Samen in den Handel und sind beliebter Bestandteil von Süßwaren, Nussmischungen und
Müslis. Da die einheimische Haselnuss sehr unregelmäßig fruchtet und meist kleine Nüsse
hervorbringt, wird für kommerzielle Zwecke immer häufiger die größere Lambertsnuss (Corylus
maxima) verwendet. Da die Haselnuss schon bei den Steinzeitnomaden als Nahrungspflanze
einen sehr hohen Stellenwert hatte, ist ihr in den nachfolgenden Kulturen viel Verehrung
entgegengebracht worden. Zu germanischen Zeiten schon kultiviert, durfte der Haselbusch
nicht gefällt werden, Fremden war es untersagt, mehr als eine Handvoll Nüsse zu sammeln.
Im antiken Rom galt das Tragen eines Haselzweiges als Waffenstillstands- und Friedenssymbol.
Weiterhin wurde Haselruten die Fähigkeit zugeschrieben, die Wahrheit zu offenbaren und
Zauber zu bannen. Die hängenden, männlichen Blütenkätzchen des Haselstrauches wurden in
der Sagenwelt als silberne Schlüssel zum Öffnen von Schatztruhen gedeutet.
Die Kelten sahen im Haselstrauch einen Vermittler zwischen dem Diesseits und dem Jenseits.
So wurde z. B. der Platz um den Thingbaum mit geschälten, also „reinen“ Haselruten
abgesteckt. Haselnüsse galten außerdem in den verschiedensten Kulturen als Symbol der
Fruchtbarkeit und Wollust.
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Cashew (Anacardium occidentale), Sumachgewächse
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FEBRUAR
Cashew (Anacardium occidentale) – Das brasilianische Multitalent
Die im östlichen Amazonasgebiet heimische kleinwüchsige Baumart ist hierzulande vor allem
wegen ihrer schmackhaften Samenkerne bekannt und beliebt.
Sie bildet nierenförmige Steinfrüchte – auch „Elefantenläuse“ genannt –, die wegen ihrer festen,
harzigen Fruchthülle (Perikarp) von einigen Autoren schon zu den echten Nüssen gezählt
werden. Die Cashewkerne, also die eigentlichen Samen, besitzen einen vergleichsweise hohen
Gehalt an Vitamin E und werden überwiegend geröstet verzehrt. Die Fruchthülle enthält ein
stechend-scharfes, schwarzes und ätzendes Öl, das heute durch Destillation über Wasserdampf
entfernt wird und in der Industrie unter anderem als Schmiermittelzusatz, Termitenschutzmittel
und zur Herstellung von Bremsbelägen verwendet wird. In der Medizin nutzt man
Cashewschalenöl gelegentlich zur Behandlung von Warzen und Hühneraugen. Früher wurde das
Öl häufig auch zur Behandlung tropischer Krankheiten wie Lepra oder Elephantiasis eingesetzt.
In vielen südamerikanischen Ländern wird zudem der stark birnenförmig-verdickte, rötlich-orange
Fruchtstiel („Cashewapfel“) als Vitamin-C-reiches Obst gegessen oder zu
Säften, Marmeladen und Likör weiterverarbeitet. Der Geschmack dieser Cashewäpfel
ist jedoch aufgrund des Gehaltes an Buttersäure und Phenolen sehr gewöhnungs-
bedürftig, muffig-kratzig. Während in den heutigen Hauptanbauländern Vietnam und Indien der
Großteil dieser Fruchtstiele als Nebenprodukt vernichtet wird, erntet man in manchen Regionen
Brasiliens fast ausschließlich diese Cashewäpfel und verzichtet auf die Samenkerne, denn der
vitamin- und mineralstoffreiche Cashewapfelsaft ist in Brasilien sehr beliebt. Der Name Cashew
oder Kaschu, wie auch die portugiesische Bezeichnung cajú, geht zurück auf das Tupi-Wort
acaju für Nierenbaum. Die Tupi-Indianer verwendeten vorwiegend die fleischigen Fruchtstiele der
Cashew zur Herstellung von Wein, aus den zerstampften Samen hingegen bereiteten sie eine
brotartige Speise zu.
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Eichel (Quercus robur), Buchengewächse
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MÄRZ
Stieleiche (Quercus robur) - Becher-Nuss des Donnergottes
Die Stieleiche oder Deutsche Eiche (Quercus robur) ist in fast ganz Mitteleuropa heimisch, viele
weitere Eichenarten finden sich auf der ganzen Welt, vor allem in Nordamerika.
Allen gemein ist die besonders typisch ausgebildete, in einem meist flachen Fruchtbecher
sitzende Nussfrucht. Diese als „Eicheln“ bezeichneten Früchte gehen aus den einzeln oder in
Büscheln stehenden weiblichen Blüten der getrenntgeschlechtigen Baumgattung hervor.
Ihr hoher Stärkegehalt macht die Eicheln sehr nahrhaft, für den Menschen sind sie jedoch
aufgrund des hohen Bitter- und Gerbstoffanteils ungenießbar. Eichenwälder waren daher früher
für die Schweinemast sehr wichtig. Heute werden Schweine nur noch in Teilen der
westspanischen Estremadura zur Weide in Eichenwäldern gehalten.
Die beiden in Mitteleuropa heimischen Eichenarten werden vor allem nach der Anordnung ihrer
Früchte unterschieden. Bei der meist auf frischen und tiefgründigen Böden vorkommenden
Stieleiche sind eine bis mehrere Eicheln an 5 bis 12 cm langen Fruchtstielen angeordnet.
Die für trockenere Lagen typische und sehr lichtbedürftige Traubeneiche (Quercus petraea) hat
kurz gestielte, traubenartig zusammenstehende Früchte.
Das harte, mittelschwere und durch hohen Gerbstoffgehalt sehr beständige Holz der
einheimischen Eichen verwendet man besonders für Fässer, Parkettfußböden und Furniere.
Als wasserbeständiges Bauholz ist es vor allem in der Vergangenheit für Eisenbahnschwellen
und Fundamentpfeiler eingesetzt worden. Die aus der jungen Rinde (Lohrinde) gewonnenen
Gerbstoffe wurden in der Textilindustrie eingesetzt. Aus den meist an Eichenblättern
auftretenden, von Insekten hervorgerufenen Galläpfeln stellte man in Verbindung mit Eisensalzen
die dauerhafte „Eisengallustinte“ her.
In der Volkskunde ist die Eiche das Sinnbild der Freiheit und Kraft. Bei den Germanen war der
Baum dem wichtigen, unter anderem für Regen und Fruchtbarkeit verantwortlichen Donnergott
Thor geweiht. Um die Ohnmacht der germanischen Götter zu beweisen, ließ der von Papst
Gregor II. ausgesandte heilige Bonifatius während der Missionierung der noch nicht zum
Christentum bekehrten Chatten das berühmteste germanische Baumheiligtum, die „Donareiche“,
im Jahre 723 fällen. Unter sogenannten „Mahleichen“ wurde Gericht gehalten, Eichenlaubkränze
schmückten Sieger. Diese historische Wertschätzung wird z. B. durch die gegenwärtige
Verwendung von Eichenmotiven auf den deutschen Ein-, Zwei-, und Fünfcentmünzen ersichtlich.
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Kokosnuss (Cocos nucifera), Palmengewächse
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APRIL
Kokosnuss (Cocos nucifera) – Die hartgesottene Seefahrerin
Die Kokospalme (Cocos nucifera) ist für viele ein Sinnbild von Exotik und tropischen
Sandstränden. Hoch in den Himmel aufragend, bilden diese schlanken Schopfbäume Früchte
aus, die botanisch gesehen zu den Steinfrüchten zählen.
Im Aufbau etwa vergleichbar mit einer Kirsche, bestehen auch die Früchte der Kokospalme aus
drei Schichten. Eine obere ledrige, eine mächtige faserige und die innere hart-holzige Schicht
bilden zusammen die Fruchthülle. Was hierzulande als „Kokosnuss“ in den Handel kommt, ist
also lediglich der Steinkern, welcher den eigentlichen Samen umschließt. Im Inneren des Samens
befindet sich das Nährgewebe (Endosperm) aus einer festen, weißen Masse („Kokosfleisch“) und
nahrhafter Flüssigkeit, dem Kokoswasser. Während der Reifephase einer Frucht lagern sich die
gelösten Fette ab, der Anteil des Kokoswassers geht zurück.
Die Früchte der Kokospalme sind gegenüber Salzwasser sehr resistent. So können sie über
weite Strecken mit der Meeresströmung ausgebreitet und an ferne Strände gespült werden,
wo sie schnell keimen. Dazu muss der Keimling die Fruchthülle durch eine der drei Keimporen
an der Unterseite der Frucht durchbrechen. Dank der fein gefiederten, bis sieben Meter langen
Blätter und schlanker, flexibler Stämme können die Pflanzen den andauernden Winden und sogar
starken Stürmen an den tropischen Küsten standhalten. Als ursprüngliche Heimat der
Kokospalme gilt der indomalayische Raum, heute kommt sie jedoch an fast allen
tropischen Küsten vor. Dort stellt die Kokospalme seit jeher einen wichtigen Nahrungs- und
Rohstofflieferanten dar. Fasern dienen als Flecht- und Polstermaterial, kunstvoll miteinander
verknüpfte Blätter als Dachbedeckung. Auch als Bau- und Brennmaterial und zur Herstellung von
Kunsthandwerk werden viele Teile der Pflanze genutzt.
Das Kokosfleisch ist Grundlage vieler Speisen. Auf manchen Inseln der Molukken und Karolinen
stellt Kokoswasser sogar die wichtigste Flüssigkeitsquelle dar. Ihre höchste Verehrung jedoch
fand die Frucht der Kokospalme vermutlich im Kokovorismus. Laut August Engelhardt (1875–
1919), dem Begründer dieser Sekte, geleitet die ausschließliche Ernährung durch Kokos den
Menschen in einen gottähnlichen Zustand der Unsterblichkeit.
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Buchecker (Fagus sylvatica), Buchengewächse
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MAI
Rotbuche (Fagus sylvatica) – Von Buchstaben und Bucheckern
Dass es sich bei den Früchten der in Mitteleuropa heimischen Rotbuche um Nüsse handelt,
ist den wenigsten Naturfreunden bewusst. Die volkstümlich als „Bucheckern“ bezeichneten,
dreikantigen Früchte der Rotbuche stehen paarweise in einem borstig-stacheligen Fruchtbecher.
Diese als Cupula bezeichnete und aus vier Vorblättern der Blüte gebildete Hülle reißt zur Reife
vierklappig auf und entlässt je zwei Nüsse.
Rotbuchen blühen und fruchten nicht jedes Jahr gleich stark. Im Abstand von meist fünf bis
zehn Jahren kommt es zu einem sogenannten Mastjahr, in welchem sehr große Samenmengen
produziert werden. Im Herbst dieser Jahre sind die Böden der Buchenwälder dicht bedeckt mit
großen Mengen der fetthaltigen Bucheckern. Die Buchennüsse bergen im Samen einen Embryo,
welcher bis zu 45 % Bucheckernöl, auch „Buchelöl“ genannt, enthält.
Dieses durch Pressen gewonnene, ausgezeichnete Öl besteht vorwiegend aus Glyceriden der
Öl- und Linolsäure und ist von mildem Geschmack und guter Haltbarkeit. Das früher meist zur
menschlichen Ernährung in Notzeiten und als Lampenbrennstoff verwendete Öl hat heute fast
keine Bedeutung mehr. Vorsicht ist jedoch geboten beim Verzehr roher Bucheckern.
Durch den Gehalt an Blausäure bildenden Glykosiden, Oxalsäure und Saponinen sind größere
Mengen roher Buckeckern für den Menschen leicht giftig. Die im Mittelalter oft mit Bucheckern
gemästeten Hausschweine sind diesen Inhaltsstoffen gegenüber jedoch unempfindlich.
Die Rotbuche erreicht eine Höhe von bis zu 50 m und bildet einen schlanken Stamm mit glatter,
grauer und stellenweise dunkel aufplatzender Rinde. Ihre zugespitzt-eiförmigen Blätter sind am
gebuchteten Rand mit einem feinen Haarsaum umgeben.
Durch ihre sehr guten Wuchseigenschaften an verschiedensten Standorten und das sehr harte,
leicht rosa bis rötliche Holz ist die Rotbuche einer der wichtigsten Forstbäume Mitteleuropas.
Buchenholz wird meist als wertvolles Möbel- und Bauholz verwendet, kommt aber auch als
Rohstoff in der Zelluloseindustrie zum Einsatz. Eine sehr frühe Verwendung fand das Buchenholz
als Rohstoff für die Anfertigung von Schreibtafeln sowie von mit Runen versehenen „Buch(en)-
stäbchen“ bei den alten germanischen Völkern. Von dieser Verwendung leiten sich der Name der
Baumgattung sowie die deutschen Begriffe „Buch“ und „Buchstabe“ ab.
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Erdbeere (Fragaria sp.), Rosengewächse
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JUNI
Erdbeere (Fragaria sp.) – Mininüsschen im Früchteküsschen
Wer freut sich nicht über die kleinen aromatischen Früchte, die man von Juni bis Anfang August
auf Waldspaziergängen finden kann? Doch ist die Walderdbeere (Fragaria vesca) keineswegs die
Urform, sondern lediglich eine ferne Verwandte unserer Gartenerdbeere.
Auch der Name ist irreführend, gehören die Erdbeeren doch zu den Sammelnussfrüchten.
Die vielen kleinen Kerne an der Außenseite der Erdbeere sind somit die eigentlichen Früchte –
winzige Nüsse, die auf der Oberfläche des rotfleischigen, aufgewölbten Blütenbodens haften.
Wer ganz genau hinsieht, kann an vielen dieser Nüsschen noch kleine längliche Fortsätze, die
ehemaligen Griffel, erkennen (kleines Bild).
Die Ausbreitung der Samen erfolgt vorwiegend über den Verdauungstrakt der Vögel und
Schnecken. Doch vermehren sich die Erdbeerpflanzen auch sehr gut vegetativ, indem sie über
lange Sprossausläufer, sogenannte Stolonen, neue Tochterrosetten ausbilden.
Bei Bodenkontakt wurzeln diese schnell und erzeugen ihrerseits neue Ausläufer.
Mit dieser Strategie konnte sich auch die als Zierpflanze aus Ostasien eingeführte Indische
Scheinerdbeere (Duchesnea indica) in den letzten Jahren fest einbürgern und wurde so vor
allem in Südwestdeutschland ein äußerst erfolgreicher Neophyt (pflanzlicher Neubürger).
Ihre Früchte stehen im Gegensatz zur echten Erdbeere jedoch aufrecht und sind nahezu
geschmacklos. Ausgrabungsfunde belegen, dass die Menschen schon in der Jungsteinzeit die
Früchte der Walderdbeere zu schätzen wussten. Auch im Mittelalter wurde die Walderdbeere
großflächig angebaut, wenngleich die geringe Größe der Früchte die Ernte mühselig machte.
Der schwedische Botaniker Carl von Linné soll sich sogar nur mithilfe von Erdbeerblättertee und
frischen Früchten von der Gicht geheilt haben.
Die heutigen Kulturerdbeeren (Fragaria. x ananassa) gehen zurück auf die Kreuzung einer
nordamerikanischen und einer chilenischen Art, die im 17. und 18. Jahrhundert von
französischen Seefahrern nach Europa gebracht wurden.
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Walnuss (Juglans regia), Walnussgewächse
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JULI
Walnuss (Juglans regia) – Die lange verkannte Liebesnuss
Bisher haben kundige Pflanzenkenner den interessierten Laien darauf hingewiesen, dass die
Walnuss im botanischen Sinne keine Nuss, sondern eine Steinfrucht sei.
Grundlage dieser Zuordnung war die Annahme, dass es sich bei der den vermeintlichen
Steinkern umgebenden Hülle (welche von im Handel verkauften Nüssen bereits entfernt wurde,
siehe kleines Bild) um einen Teil des Fruchtblattes der weiblichen Blüte handelt.
Nach neuerer Lesart entsteht die als „Mesokarp“ oder mittlere Fruchthülle interpretierte Schale
jedoch aus verwachsenen Kelch- und Vorblättern. Alle aus dem Fruchtblatt hervorgegangenen
Fruchtschichten (Perikarp) sind hingegen verholzt und geschlossen. Somit sind die für die
wissenschaftliche Definition einer Nussfrucht notwendigen Kriterien bei der Wallnuss erfüllt.
Die in Südeuropa bis Asien heimische Echte Walnuss wird vor allem ihrer sehr fetthaltigen (bis
zu 60 % Öl), leicht süßlichen und schmackhaften Samen wegen angebaut. Sie werden meist roh
verzehrt oder als edle Back- und Patisseriezutat verwendet. Da das Samenöl nicht austrocknet,
ist es ein wichtiger Grundstoff für Künstler-Ölfarben. Aus der zur Reife unregelmäßig
aufspringenden Fruchthülle wird das braune, intensiv färbende „Juglon“ gewonnen.
Der Farbstoff wurde und wird zum Färben von Haaren und Haut verwendet. Unreife grüne
Früchte können nach mehrfachem Auskochen in Weinessig eingelegt und als Pickles gegessen
werden. Mit Honig kandiert oder in Alkohol und Zucker eingelegt, sind unreife Walnüsse sehr
aromatische Delikatessen. Eine aus den Blättern des Walnussbaumes gewonnene
Gerbstoffdroge wird äußerlich gegen Hautleiden angewendet. In der griechischen Mythologie
galt die Walnuss als eine göttliche Speise, die in allen Liebesdingen Erfolg versprechend
eingesetzt werden konnte. Als wohlschmeckende, von einer harten Schale umgebene Frucht
stand sie weiterhin als Sinnbild für das Wesentliche, das sich hinter Äußerlichkeiten verbirgt.
Seit dem Mittelalter werden hierzulande Walnüsse gelegentlich als Liebesorakel konsultiert.
Zur Weihnachtszeit legen meist junge, zur Ehe entschlossene Liebesleute zwei Walnüsse ins
Herdfeuer, um Rückschlüsse auf ihr Eheglück zu ziehen. Halten die Nüsse in der Hitze stand,
schließt man auf eine gute Ehe. Zerbersten sie aber krachend im Feuer, steht eine turbulente
Beziehung ins Haus.
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Hagebutte (Rosa canina), Rosengewächse
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AUGUST
Hagebutte (Rosa canina) – Von Stachelröschen und Heckenfass
Die leuchtend orangerot gefärbten Hagebutten zieren im Spätherbst und bis weit in den Winter
hinein viele Hecken und Gebüsche. Sie zählen zu den Fruchtstehern, verbleiben also auch nach
der Reife am Strauch und stellen somit in der kalten Jahreszeit eine wichtige Nahrungsquelle
für viele Vögel dar. Botanisch gesehen zählen die Hagebutten, wie auch die Erdbeeren, zu den
Sammelnussfrüchten. Die vielen einzelnen Fruchtknoten einer Blüte entwickeln sich hierbei zu
einzelnen Nüsschen, den eigentlichen Früchten, und werden von dem krugförmig wachsenden,
fleischigen Blütenboden eingeschlossen.
Der Name Hagebutte leitet sich aus dem altdeutschen Butt für Fass, entsprechend der
Fruchtform, und dem mittelhochdeutschen Hag für Hecke ab.
Die viel besungenen „Rosendornen“ sind in Wirklichkeit Stacheln, also Bildungen der obersten
Zellschichten. Im Gegensatz zu echten Dornen werden sie nicht von Leitbündeln durchzogen
und sind damit auch leicht abzubrechen. Die Stacheln dienen sowohl dem Fraßschutz, als auch
als Kletterorgane. Damit werden Rosenarten, wie Rosa canina (Hunds-Rose), zu ökologisch
wertvollen Pioniergehölzen naturnaher Wallhecken und Saumgebüsche, deren pollenreiche
Blüten eine Nahrungsgrundlage für viele Insekten bilden.
Aus der Kindheit kennt man noch die „Verwendung“ der Nüsschen als Juckpulver, denn sie sind
mit feinen, widerhakenbesetzten Borsten bedeckt. Entfernt man diese jedoch aus den fleischigen
Achsenbechern, erhält man ein äußerst Vitamin-C-reiches Obst, das zu Marmelade
(„Hieffenmark“), Wein oder Tee verarbeitet wird. Bereits im Mittelalter galt die Hagebutte
entsprechend der Signaturenlehre als Heilmittel bei allen mit Blut im Zusammenhang stehenden
Krankheiten. Nach dem Volksglauben schützen Rosenzweige und ihre roten Früchte als Talisman
vor Unheil, Blitz und Donner. So soll das Essen einer frisch gepflückten Hagebutte am
Weihnachtsabend vor Unglück bewahren. Das Tragen einer Kette aus Hagebutten dagegen soll
begehrenswert machen. Seit jeher war die Rose Sinnbild für Liebe, Jugend und Anmut, aber
auch für Tod und Vergänglichkeit. Gefallene Mädchen verglich man mit zu früh gepflückten Rosen
und in manchen Gegenden trugen Prostituierte als Erkennungszeichen eine Rose.
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Erdnuss (Arachis hypogaea), Hülsenfrüchtler
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Erdnuss (Arachis hypogaea) – Ein vergrabener Andenschatz
Die einjährige und krautige Erdnusspflanze ist mit Erbsen und Bohnen verwandt und zählt
aufgrund ihres Blütenbaus zu den Hülsenfrüchtlern. Dennoch weist sie eine ganz besondere Art
der Fruchtbildung auf. Zuerst entwickeln sich in den Achseln der paarig gefiederten Blätter zwei
bis sechs kleine, gelbe Schmetterlingsblüten. Diese Blüten sind nur wenige Stunden geöffnet
und welken schnell nach vollzogener Selbstbestäubung. Nun beginnt ein unter dem Fruchtknoten
sitzender Fruchtträger, der Schwerkraft folgend 5 bis 6 cm tief in den Boden zu wachsen.
In horizontaler Lage wachsend, entwickeln sich nunmehr unterirdisch die Hülsenfrüchte der
Erdnuss. Da die ein- bis sechssamige, netzartig strukturierte Hülse im Zuge ihrer Reifung stark
verholzt und verschlossen bleibt, stellt sie nach der botanischen Definition eine echte Nuss dar.
Die Verlagerung der Frucht in den Boden wird übrigens als „Geokarpie“ bezeichnet.
Diese seltene Methode der Selbstauspflanzung findet sich noch bei einigen anderen
Hülsenfrüchtlern, wie z. B. bei der in Afrika beheimateten Erderbse (Vigna subterranea) und der
Erdbohne (Makrotyloma geocarpum) sowie dem mediterranen Erdklee (Trifolium subterraneum).
Von der wahrscheinlich schon vor 4000 Jahren in den Anden Boliviens domestizierten Erdnuss
ist keine Wildform bekannt, da sie bei der Entdeckung Amerikas nur kultiviert vorgefunden wurde.
Schon im 16. Jahrhundert gelangte sie mit dem Sklavenhandel nach Afrika, wo die Pflanze
angebaut und schnell sehr beliebt wurde. Spanische Eroberer brachten die Erdnuss am Ende
des 17. Jahrhundert auch nach Indonesien, von wo aus sie nach Indien, China und Nordamerika
gelangte. Heute wird die Erdnuss in fast allen Regionen der Tropen und Subtropen kultiviert.
Die Erdnuss gedeiht optimal bei 25 bis 28 °C und ca. 500 mm Niederschlag auf lockeren
Böden. Die hauptsächlich aus den beiden Keimblättern bestehenden Samen der Erdnuss werden
wegen ihres hohen Anteils an vor allem aus Fetten und Eiweiß bestehenden Nährstoffen
geschätzt. Das nicht trocknende, sehr hitzebeständige und die wertvolle Linolsäure enthaltende
Erdnussöl wird vorwiegend als Speiseöl genutzt. Weiterhin werden die Samen weltweit meist
geröstet und gesalzen im Ganzen verzehrt oder unter Zugabe von Sojamehl, Honig und Malz zu
Erdnussbutter verarbeitet. In Indien erzeugt man aus den gekochten Samen einen Brei, der mit
Wasser vermischt und filtriert Erdnussmilch ergibt und als Kuhmilchersatz 4 bis 5 % Eiweiß enthält.
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Macadamia (Macadamia sp.), Silberbaumgewächse
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Macadamia (Macadamia sp.) – Die australische Feuernuss
Erst seit den 1960er-Jahren werden „Macadamia-Nüsse“ in Europa angeboten und erfreuen sich
seitdem immer größerer Beliebtheit. Als „Königin der Nüsse“ verehrt, sind die Macadamias mit
einem Fettgehalt von bis zu 80 % das wohl kalorienreichste Obst überhaupt, auch wenn sie aus
botanischer Sicht gar keine echten Nüsse darstellen. Die Frucht des Macadamia-Baumes ist eine
sogenannte Balgfrucht, deren recht dünne Fruchthülle während der Reife an einer Naht entlang
aufplatzt und den kugelrunden Samen freigibt. Die glatte, äußerst harte Samenschale wird heute
maschinell geknackt. Was landläufig als „Nuss“ gegessen wird, sind also die darin liegenden
Speicherkeimblätter des Samens.
Macadamia gehört zur Familie der Silberbaumgewächse (Proteaceae), deren Verbreitungsschwer-
punkt in Australien und Südafrika liegt. Gerade für diese Pflanzenfamilie sind Brandanpassungen
der Samen typisch. So ist beispielsweise der Embryo durch die massive Samenschale vor Busch-
bränden geschützt und kann anschließend gut auf den durch die Asche gedüngten Flächen keimen.
Ursprünglich war die Gattung Macadamia in ihrer Verbreitung ausschließlich auf Australien
beschränkt, und somit in diesem Gebiet endemisch.
Um 1857 entdeckte der deutsche Botaniker und Pharmazeut Ferdinand von Müller diese Gattung
auf seinen Forschungsreisen in den australischen Regenwäldern und benannte die großen, weit
ausladenden Bäume mit den aufreißenden Früchten und den schmackhaften Samenkernen nach
dem Geisteswissenschaftler John MacAdam (1827–1865).
Die Aborigines wussten sich viele verschiedene Macadamia-Arten durch Weiterverarbeitung zu
Nutze zu machen. Wirtschaftliche Bedeutung als „Macadamia-Nuss“ erreichten jedoch lediglich zwei
Arten (Macadamia integrifolia und Macadamia tetraphylla) und deren Hybride.
Die „Macadamia-Nuss“, von den Aborigines auch „Kindal Kindal“ genannt, ist die einzige in Australien
heimische Nahrungspflanze mit weltwirtschaftlicher Bedeutung.
Ihr Anbau erfolgt heute weltweit, außerhalb Australiens vor allem in Kalifornien und auf Hawaii.
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Edelkastanie (Castanea sativa), Buchengewächse
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NOVEMBER
Esskastanie (Castanea sativa) – Die igelstachelige Kartoffel der Antike
Die Ess- oder Edelkastanie stammt, ebenso wie die namensverwandte Rosskastanie (Aesculus
hippocastanum), aus Südosteuropa. Auch wenn sich die Früchte beider Arten ähneln, sind sie
dennoch nicht miteinander verwandt. Im Gegensatz zur Rosskastanie gelangte die nach dem in
Thessalien (Griechenland) gelegenen Ort Kastana benannte Edelkastanie schon in der Antike mit
den Eroberungszügen der Römer nach Mitteleuropa und Britannien.
Hier gedeiht sie allerdings nur in warmen Lagen, meist in ebenfalls auf die Römer
zurückzuführenden Weinanbaugebieten. Die Esskastanie ist ein bis zu 35 m hoher Baum mit
weit ausladender Krone und länglich-ovalen, scharf gesägten Blättern, deren Blattnerven auffällig
parallel verlaufen und an der Blattunterseite deutlich hervortreten.
Die Blüten beider Geschlechter stehen an wenig verzweigten Blütenständen, wobei die weiblichen
Blüten am Grunde, die männlichen in der oberen Region des Blütenstandes zu finden sind.
Der Fruchtknoten enthält zwölf Samenanlagen, von denen sich jedoch nur eine zu einer
dunkelbraunen, abgeflacht-zwiebelförmigen Nussfrucht entwickelt. Diese ist in eine aus vier
Vorblättern gebildete, verholzende und mit vielen scharfen Stacheln besetzte, igelähnliche
Fruchthülle (Cupula) eingeschlossen.
Die dicken, etwa 50 % Stärke und nur 4 % Fett enthaltenden und daher sehr nahrhaften
Keimblätter der Früchte werden als „Maronen“ bezeichnet und seit dem Altertum in vielfältiger
Weise für die menschliche Ernährung genutzt. Der hohe Kohlenhydratgehalt unterscheidet die
Esskastanien übrigens von den meisten anderen Nüssen, die vorwiegend Fette enthalten.
Vor dem Anbau der Kartoffel waren sie neben Weizen ein Grundnahrungsmittel der Südeuropäer.
Kastanien können im Ganzen durch Rösten gegart und nach Entfernen der dünnen Nussschale
verzehrt werden. Besonders im Mittelmeerraum werden heute noch direkt am Straßenrand so
zubereitete Kastanien als Snack angeboten. Weiterhin werden Maronen häufig als gekochte,
leicht süßliche Beilage zu Wild und Geflügel gegessen. Zu Mehl, Süßspeisen, Marmeladen und
Spirituosen verarbeitet, sind sie fester Bestandteil der mediterranen Küche.
Das Holz der Edelkastanie wird als Bau- und Brennholz sehr geschätzt. Aus den Blättern wird
eine Hustensäften zugesetzte Gerbstoffdroge gewonnen.
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Löwenzahn (Taraxacum officinale), Korbblütengewächse
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DEZEMBER
Löwenzahn (Taraxacum officinale) – Fallschirmflieger für die Apotheke
Der Löwenzahn, auch Kuh- oder Pusteblume genannt, mag hierzulande wohl eine der
bekanntesten Pflanzen sein. Viele schätzen die frischen, ganz jungen Blätter im Frühlingssalat.
Kinder erfreuen sich an den sich aufrollenden gespaltenen Stängeln und an den legendären
Pusteblumen. Schon im Frühsommer schmücken die gelben Blumen des Löwenzahns Wiesen
und Wegränder. In diesen als „Körbchen“, bezeichneten Blütenständen sind viele kleine,
zungenförmige Einzelblüten zusammengefasst.
Ab Juli/August reifen die Einzelblüten zu Früchten heran, die zunächst noch als „Pusteblume“ im
Körbchen zusammengehalten (kleines Bild), bald darauf jedoch vom Wind ausgebreitet werden.
Jeder einzelne Schirmchenflieger stellt dabei eine Nussfrucht dar, die mit Hilfe eines feinen
Haarkranzes (Pappus) durch die Luft treibt. Dieser Pappus entspricht dabei den ehemaligen
Kelchblättern einer jeden kleinen Einzelblüte. Der Löwenzahn bildet also echte Nussfrüchte mit
einer vollständig verholzenden Fruchthülle aus. Die Früchte der Korbblütler werden auch als
„Achänen“ bezeichnet, da bei dieser Sonderform der Nuss die verholzte Fruchtwand (Perikarp)
mit der Samenschale (Testa) dauerhaft verwächst.
Der wissenschaftliche Name des Löwenzahns (Taraxacum officinale) kann sowohl aus dem
arabischen tarakshakum für bitteres Kraut, wie auch aus dem griechischen taraxis
(„Augenentzündung“) und akeomai („ich heile“) – wegen der einstigen Verwendung des
Milchsaftes zur Behandlung von Augenentzündungen – hergeleitet werden.
Auch die harntreibende Wirkung der Löwenzahnblätter war lange bekannt und wurde in der
Volksheilkunde genutzt, wie die unterschiedlichen landläufigen Bezeichnungen des Löwenzahns
(Bettseicherle, Bettnässer, Mühlenbuschen etc.) vermuten lassen. Zudem verwendete man die
Wurzeln des Löwenzahns zur Behandlung von Gicht, Rheuma und Lebererkrankungen. Geröstet
fand die Wurzel Verwendung als Kaffee-Ersatz, ähnlich der Wegwarte.
Außerdem war Löwenzahn wesentlicher Bestandteil vieler keltischer und auch schamanischer
Rituale. So wurden die getrockneten Blätter von den Indianern Nordamerikas zeremoniell
geraucht. Lediglich bei den Gärtnern ist der Löwenzahn aufgrund seiner bis zu zwei Meter
langen Pfahlwurzel und der dichten, Gras überwuchernden Blattrosetten unbeliebt.