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Finite Elemente I 25 2 Grundlagen 2.1 Vorbemerkungen Partielle Differentialgleichungen k¨ onnen nur dann eine eindeutige L ¨ osung besitzen, wenn sie durch Randbedingungen erg¨ anzt werden. (Bei zeitabh ¨ angigen Problemen k ¨ onnen noch Anfangsbedingungen hinzukommen.) Wir sprechen dann von einer Randwertaufgabe (bzw. Anfangswertaufgabe, Anfangs-/Randwertaufgabe). Hauptbestandteile der FEM zur L ¨ osung von Randwertaufgaben sind: (i) Die schwache Formulierung oder Variationsformulierung des Problems, (ii) die Bestimmung einer N ¨ aherungsl¨ osung der Variationsgleichung zusammengesetzt aus Finite-Element Funktionen“. Wir stellen diese beiden Grundschritte an einem einfachen Beispiel vor. 2 Grundlagen TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 25

2 Grundlagen

2.1 Vorbemerkungen

Partielle Differentialgleichungen konnen nur dann eine eindeutige Losungbesitzen, wenn sie durch Randbedingungen erganzt werden. (Beizeitabhangigen Problemen konnen noch Anfangsbedingungenhinzukommen.) Wir sprechen dann von einer Randwertaufgabe (bzw.Anfangswertaufgabe, Anfangs-/Randwertaufgabe).

Hauptbestandteile der FEM zur Losung von Randwertaufgaben sind:

(i) Die schwache Formulierung oder Variationsformulierung desProblems,

(ii) die Bestimmung einer Naherungslosung der Variationsgleichungzusammengesetzt aus

”Finite-Element Funktionen“.

Wir stellen diese beiden Grundschritte an einem einfachen Beispiel vor.

2 Grundlagen TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 26

Beispiel: Wir betrachten die Differentialgleichung

u′′(x) + f(x) = 0, x ∈ (0, 1) (2.1)

mit f : (0, 1) → R gegeben,

u : [0, 1] → R gesucht.

Geeignete Randbedingungen sind hier beispielsweise

−u′(0) = α (Neumannsche RB), (2.2)

u(1) = β (Dirichletsche RB) (2.3)

mit zwei gegebenen Konstanten α und β.

2.1 Vorbemerkungen TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 27

Die vollstandige Formulierung des zu losenden Randwertproblems indessen starker Formulierung lautet also:

Gegeben seien f : (0, 1) → R sowie α, β ∈ R. Bestimme u : [0, 1] → R,zweimal stetig differenzierbar in (0, 1), stetig in [0, 1] so, dass

u′′ + f = 0 auf (0, 1), (2.4a)

u(1) = β, (2.4b)

−u′(0) = α. (2.4c)

Mit”u′′ + f + 0 auf (0, 1)“ ist hier u′′(x) + f(x) = 0 fur alle x ∈ (0, 1)

gemeint. Die Losung von (2.4) ist

u(x) = β + α(1− x) +∫ 1

x

∫ ξ

0

f(η) dη dξ. (2.5)

Wir interessieren uns hier fur ein Berechnungsverfahren, dasNaherungslosungen von (2.4) auch in solchen Fallen liefert, in denen eineexakte Losung nicht bekannt ist.

2.1 Vorbemerkungen TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 28

2.2 Variationsformulierung des Randwertproblems

Fur die schwache oder Variationsformulierung fuhren wir zwei Klassen vonFunktionen ein. Die erste besteht aus sog. Ansatzfunktionen, die alsKandidaten fur eine Losung zugelassen sind. Von einer Ansatzfunktionwird verlangt, dass sie die Randbedingung (2.4b) erfullt — nicht aber(2.4c). Ferner soll ihre erste Ableitung existieren (in welchem Sinn wirdspater prazisiert) und quadratisch integrierbar sein, d.h. wir fordern∫ 1

0

[u′(x)]2 dx <∞. (2.6)

Den (Hilbert-)Raum aller Funktionen, welche (2.6) erfullen, bezeichnen wirals den Sobolev-Raum H1 = H1(0, 1). Wir wahlen die Ansatzfunktionenalso aus

S :={u ∈ H1(0, 1) : u(1) = β

}. (2.7)

2.2 Variationsformulierung des Randwertproblems TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 29

Der zweite Funktionenraum V besteht aus Testfunktionen(Wichtungsfunktionen, Variationen). In Abweichung von denAnsatzfunktionen verlangen wir hier, dass die homogene Randbedingungv(1) = 0 erfullt wird:

V :={v ∈ H1(0, 1) : v(1) = 0

}. (2.8)

Mit diesen Bezeichnungen lautet die Variationsformulierung:

Gegeben seien f, α, β wie oben. Bestimme u ∈ S so, dass fur alle v ∈ V

gilt ∫ 1

0

u′(x)v′(x) dx =∫ 1

0

f(x)v(x) dx+ αv(0). (2.9)

Weitere Bezeichnungen fur (2.9): schwache Formulierung von (2.4),Prinzip der virtuellen Arbeit, Prinzip der virtuellen Verschiebungen.

Die Losung von (2.9) heißt auch schwache Losung oder verallgemeinerteLosung von (2.4).

2.2 Variationsformulierung des Randwertproblems TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 30

2.3 Beziehungen zwischen starker und schwacherFormulierung

Grundvoraussetzung: Alle Funktionen sind hinreichend glatt.

In diesem Fall sind starke und schwache Formulierung aquivalent, d.h.

(i) Jede Losung von (2.4) ist auch Losung von (2.9).

(ii) Jede Losung von (2.9) ist auch Losung von (2.4).

(Die schwache Formulierung ist jedoch allgemeiner, da deren Losungnicht notwendig zweimal differenzierbar zu sein braucht.)

Wir wissen: (2.4) besitzt eine eindeutige Losung.Was wir (noch) nicht zeigen: Auch (2.9) besitzt eine eindeutige Losung.

2.3 Beziehungen zwischen starker und schwacher Formulierung TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 31

(i): Sei u Losung von (2.4), d.h. u′′(x) + f(x) = 0 fur alle x ∈ (0, 1). DurchMultiplizieren mit einer beliebigen Testfunktion v und Integration uber (0, 1)mit anschließender partieller Integration erhalten wir fur alle v ∈ V :

0 =∫ 1

0

u′′v dx+∫ 1

0

fv dx = [u′v]10 −∫ 1

0

u′v′ dx+∫ 1

0

fv dx

= [u′(1)v(1)− u′(0)v(0)]−∫ 1

0

u′v′ dx+∫ 1

0

fv dx.

Als Element von V erfullt v die Randbedingung v(1) = 0 und u genugt alsstarke Losung von (2.4) der Randbedingung u′(0) = −α. Damit erhaltenwir ∫ 1

0

u′v′ dx =∫ 1

0

fv dx+ αv(0) fur alle v ∈ V ,

womit gezeigt ist, dass u auch (2.9) lost.

2.3 Beziehungen zwischen starker und schwacher Formulierung TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 32

(ii): Sei umgekehrt u ∈ S schwache Losung, d.h. u ∈ H1(0, 1) erfullt

u(1) = β,

∫ 1

0

u′v′ dx =∫ 1

0

fv dx+ αv(0) ∀v ∈ V .

Partielle Integration liefert

αv(0) +∫ 1

0

fv dx =∫ 1

0

u′v′ dx = [u′(1) v(1)︸︷︷︸=0

−u′(0)v(0)]−∫ 1

0

u′′v dx,

also ∫ 1

0

(u′′ + f)v dx+ v(0)[u′(0) + α] = 0 ∀v ∈ V . (2.10)

Zu zeigen ist nun (a) u′′ + f = 0 in (0, 1),(b) u′(0) + α = 0.

2.3 Beziehungen zwischen starker und schwacher Formulierung TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 33

Sei φ eine beliebige stetige Funktion auf [0, 1] (Kurzschreibweise:φ ∈ C[0, 1]) mit

φ(x) > 0 auf (0, 1) und φ(0) = φ(1) = 0

(z.B. φ(x) = x(1− x)) und setze

v(x) := φ(x)[u′′(x) + f(x)], x ∈ [0, 1].

Dann ist v(1) = 0 und somit v ∈ V . Einsetzen in (2.10) liefert wegenv(0) = 0 ∫ 1

0

φ(u′′ + f)2 dx = 0.

Wegen φ > 0 muss u′′ + f auf (0, 1) identisch verschwinden, d.h. (a) isterfullt.

Setzt man jetzt u′′ + f = 0 in (2.10) ein, so folgt v(0)[u′(0) + α] = 0 fur allev ∈ V , was nur moglich ist, falls u′(0) + α = 0, womit auch (b) gezeigt ist.

2.3 Beziehungen zwischen starker und schwacher Formulierung TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 34

Bemerkung 2.1 (1) Die Randbedingung −u′(0) = α kommt in derFormulierung von (2.9) nicht explizit vor. Deren Einhaltung ist vielmehreine Folge der Gultigkeit der Variationsgleichung. Randbedingungendieser Art nennt man daher naturliche Randbedingungen. DieRandbedingung u(1) = β wurde dagegen explizit in der Definition vonS gefordert, solche Randbedingungen werden als wesentlicheRandbedingungen bezeichnet.

(2) Die Schlußweise im Beweis von (ii) wird auch Fundamentallemma derVariationsrechnung genannt.

Die Diskretisierung bei der FEM besteht nun darin, die unendlich-dimensionalen Ansatz- und Testraume S und V durchendlichdimensionale Raume zu ersetzen. Dieses Vorgehen bezeichnetman als Galerkin-Verfahren.

2.3 Beziehungen zwischen starker und schwacher Formulierung TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 35

Neue Bezeichnungen: Wir setzen

a(u, v) :=∫ 1

0

u′(x)v′(v) dx, u, v ∈ H1(0, 1), (2.11a)

(u, v) :=∫ 1

0

u(x)v(x) dx, u, v ∈ L2(0, 1). (2.11b)

Hierbei ist L2 = L2(0, 1) :={v : (0, 1) → R :

∫ 1

0v(x)2 dx <∞

}.

Die Abbildungen a(·, ·) : H1 ×H1 → R bzw. (·, ·) : L2 × L2 → R besitzendie beiden Eigenschaften:

a(u, v) = a(v, u) (Symmetrie)

a(α1u1 + α2u2, v) = α1a(u1, v) + α2a(u2, v) (Bilinearitat)

fur beliebige u, u1, u2, v ∈ H1(0, 1), α1, α2 ∈ R (analog fur (·, ·)). Man nenntsie deshalb symmetrische Bilinearformen.

2.3 Beziehungen zwischen starker und schwacher Formulierung TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 36

Daruberhinaus gilt fur (·, ·)

(u, u) =∫ 1

0

u2 dx ≥ 0 ∀u ∈ L2(0, 1),

(u, u) = 0 ⇒ u = 0,

d.h. (·, ·) ist auch positiv definit und besitzt damit alle Eigenschaften einesInnenprodukts oder Skalarprodukts.

Schließlich setzen wir (mit den Bezeichnungen aus (2.9))

`(v) := (f, v) + αv(0), v ∈ H1(0, 1). (2.12)

Die dadurch definierte lineare Abbildung ` : H1(0, 1) → R heißt linearesFunktional oder Linearform.

Mit diesen Bezeichnungen lautet das Variationsproblem (2.9):

Bestimme u ∈ S so, dass a(u, v) = `(v) ∀v ∈ V . (2.13)

2.3 Beziehungen zwischen starker und schwacher Formulierung TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 37

2.4 Das Galerkin-Verfahren

Seien S h ⊂ S bzw. V h ⊂ V endlichdimensionale Unterraume von S

bzw. V . Dabei bezeichnet h > 0 einen Diskretisierungsparameter(ublicherweise die Maschenweite eines auf (0, 1) definierten Gitters).

Insbesondere gilt uh(1) = β ∀uh ∈ S h,vh(1) = 0 ∀vh ∈ V h.

Eine Naherungslosung unseres Randwertproblems, die sog.Galerkin-Approximation, erhalten wir als Losung desendlichdimensionalen Variationsproblems

Bestimme uh ∈ S h so, dass a(uh, vh) = `(vh) ∀vh ∈ V h. (2.14)

2.4 Das Galerkin-Verfahren TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 38

Umformulierung: Ansatz- und Testraum unterscheiden sich nur durch diewesentliche Randbedingung, die beim Ansatzraum inhomogen sein kann.Manchmal ist es nutzlich, das Variationsproblem so umzuformulieren,dass diese beiden Raume gleich sind.

Dazu sei uβ eine gegebene Funktion aus H1, die die inhomogenewesentliche Randbedingung uβ(1) = β erfullt. Jede Funktion u ∈ S kannman in der Form u = (u− uβ) + uβ = u+ uβ schreiben, wobeiu = u− uβ ∈ V . Eine zu (2.9) aquivalente Formulierung lautet damit

1. bestimme u ∈ V so, dass a(u, v) = `(v)− a(uβ , v) ∀v ∈ V ,

2. setze u = u+ uβ .(2.15)

Beachte, dass mit ` auch ˜ : V → R, v 7→ `(v)− a(uβ , v) ein linearesFunktional ist.

2.4 Das Galerkin-Verfahren TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 39

1. Bestimme u ∈ V so, dass a(u, v) = ˜(v) ∀v ∈ V ,

2. setze u = u+ uβ .(2.15′)

ist also ebenfalls aquivalent zu (2.9). Die zugehorigeGalerkin-Approximation ergibt sich in analoger Weise. Wir wahlen eineFunktion uh

β ∈ S h und losen die Aufgabe

1. bestimme uh ∈ V h so, dass a(uh, vh) = ˜(vh) ∀vh ∈ V h,

2. setze uh = uh + uhβ ,

wobei ˜(vh) = `(vh)− a(uhβ , v

h).

Wir konnten uns daher ohne Einschrankung der Allgemeinheit daraufbeschranken, homogene wesentliche Randbedingungen zu betrachten.Wir tun dies jedoch nicht, um die Behandlung dieser inhomogenenRandbedingungen bei der praktischen Rechnung zu verdeutlichen.

2.4 Das Galerkin-Verfahren TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 40

2.5 Lineares Gleichungssystem und Steifigkeitsmatrix

Sei N die Dimension von V h und {φ1, . . . , φN} eine Basis von V h ausFunktionen φj : [0, 1] → R, j = 1, . . . , N . Diese werden Form-, Basis- oderInterpolationsfunktionen genannt. Beachte, dass φj(1) = 0 gilt fur alle j.Jede Funktion vh ∈ V h besitzt somit einen eindeutigen Satz vonKoeffizienten {uj}N

j=1, sodass

vh = u1φ1 + u2φ2 + · · ·+ uNφN .

Um Funktionen aus S h zu konstruieren, benotigen wir eine geeigneteFunktion uh

β . Hierzu sei φN+1 eine weitere Formfunktion mit φN+1(1) = 1.(Insbesondere ist φN+1 6∈ V h.) Mit uh

β := βφN+1 gilt dann uhβ(1) = β und

jede Funktion uh ∈ S h besitzt die Darstellung

uh = vh + uhβ =

N∑j=1

ujφj + βφN+1. (2.16)

2.5 Lineares Gleichungssystem und Steifigkeitsmatrix TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 41

Wir setzen die Darstellung (2.16) in die Galerkin-Gleichung (2.14) ein undbeachten, dass diese lineare Beziehung genau dann fur alle vh ∈ V h gilt,wenn sie fur jedes Basiselement φi (i = 1, . . . , N ) erfullt ist:

N∑j=1

uja(φj , φi) = `(φi)− β a(φN+1, φi), i = 1, . . . , N.

Dies ist ein System von N linearen Gleichungen fur die N unbekanntenKoeffizienten {uj}N

j=1 der Galerkin-Naherung bezuglich der gegebenenBasis {φi}N

i=1.

Um dieses System in der ublichen Matrix-Vektor-Notation schreiben zukonnen, definieren wir

A ∈ RN×N , [A]i,j = a(φj , φi) (i, j = 1, . . . , N), (2.17a)

u ∈ RN , [u ]i = ui (j = 1, . . . , N), (2.17b)

f ∈ RN , [f ]i = `(φi)− β a(φN+1, φi) (i = 1, . . . , N). (2.17c)

2.5 Lineares Gleichungssystem und Steifigkeitsmatrix TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 42

Mit diesen Bezeichnungen laßt sich (2.14) schreiben als das lineareGleichungssystem

Au = f . (2.18)

Aus den strukturmechanischen Ursprungen der FEM stammen folgendeBezeichnungen,

A : Steifigkeitsmatrix,

f : Lastvektor,

u : Verschiebungsvektor,

die oft auch bei nichtmechanischen Problemen anzutreffen sind.

2.5 Lineares Gleichungssystem und Steifigkeitsmatrix TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 43

2.6 Beispiele

2.6.1 Beispiel 1: ein Freiheitsgrad

Wir haben N = 1 und somit

uh(x) = u1φ1(x), uh(x) = uh(x) + uβ(x) = u1φ1(x) + βφ2(x).

Von den Basisfunktionen wird φ1(1) = 0 und φ2(1) = 1. Wir wahlen

φ1(x) = 1− x, φ2(x) = x.

0 10

1

φ1(x)

0 10

1

φ2(x)

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 44

Damit ergibt sich

A = [a1,1], a1,1 = a(φ1, φ1) =∫ 1

0

φ′1(x)︸ ︷︷ ︸=−1

φ′1(x)︸ ︷︷ ︸=−1

dx = 1,

f = [f1], f1 = `(φ1)− βa(φ2, φ1)

=∫ 1

0

(1− x)f(x) dx+ αφ1(0)︸ ︷︷ ︸=1

−β∫ 1

0

φ′2(x)︸ ︷︷ ︸=1

φ′1(x)︸ ︷︷ ︸=−1

dx

=∫ 1

0

(1− x)f(x) dx+ α+ β,

u = [u1], u1 = [A−1f ]1 = f1,

also insgesamt:

uh(x) = f1φ1(x) + βφ2(x) =(∫ 1

0

(1− x)f(x) dx+ α+ β

)(1− x) + βx .

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 45

Wir vergleichen nun die Galerkin-Approximation uh mit der in (2.5) gege-benen exakten Losung u fur verschiedene Funktionen f .

(i) f(x) ≡ 0: Hier ist uh(x) = β+α(1−x) und damit uh = u. Wie man sofortsieht, ist die Approximation des homogenen Anteils der Losung (der furf = 0) stets exakt. Nur bei der Approximation der sog. Partikularlosungupart tritt ein Diskretisierungsfehler auf.

(ii) f(x) ≡ c = konstant: die Partikularlosung ist

upart(x) =∫ 1

x

∫ ξ

0

f(η) dη dξ =∫ 1

x

∫ ξ

0

c dη dξ =c(1− x2)

2

und als deren Approximation ergibt sich

uhpart(x) = φ1(x)

∫ 1

0

(1− ξ)c dξ =c(1− x)

2.

Die Partikularlosung enthalt einen quadratischen Term, uh ist hingegennach Konstruktion stuckweise linear.

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 46

0 10

c/2

upart

uhpart

0 1/2 1

−c

−c/2

0

(upart

)’

(uhpart

)’

Ferner ist, wie im Bild erkennbar, uh(x) = u(x) fur x = 0, 1 sowie(uh)′(x) = u′(x) fur x = 1

2 .

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 47

(iii) f(x) = cx, c konstant:

upart(x) =∫ 1

x

∫ ξ

0

cx dη dξ =c(1− x3)

6,

uhpart = φ1(x)

∫ 1

0

(1− ξ) cξ dξ =c(1− x)

6.

0 10

c/6u

part

uhpart

0 1

−c/2

−c/6

0

(upart

)’

(uhpart

)’

1/√ 3

Auch in diesem Fall gilt uh(x) = u(x) fur x = 0, 1, ferner ist (uh)′(x) = u′(x)fur x = 1/

√3.

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 48

Beobachtungen:

• Der homogene Anteil der Losung wird exakt approximiert.

• Ist f 6≡ 0, so stimmt uh noch bei x = 0, 1 mit u uberein.

• In diesen Fallen stimmt (uh)′ zumindest an einer Stelle mit u′ uberein.

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 49

2.6.2 Beispiel 2: zwei Freiheitsgrade

Hier ist N = 2 und somit

uh(x) = u1φ1(x) + u2φ2(x), φ1(1) = φ2(1) = 0

uh(x) = uh(x) + uβ = u1φ1(x) + u2φ2(x) + βφ3(x)

Wir wahlen als Basisfunktionen

φ1(x) =

{1− 2x 0 ≤ x ≤ 1

2

0 12 ≤ x ≤ 1

φ2(x) =

{2x 0 ≤ x ≤ 1

2

2(1− x) 12 ≤ x ≤ 1

φ3(x) =

{0 0 ≤ x ≤ 1

2

2x− 1 12 ≤ x ≤ 1

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 50

Man erhalt (nachrechnen!)

A =

[2 −2

−2 4

]

f =

[f1

f2

]fj = `(φj)− βa(φ3, φj) = (f, φj) + αφj(0)− β a(φ3, φj), j = 1, 2

f1 =∫ 1

0

fφ1 dx+ αφ1(0)− β

∫ 1

0

φ′3φ′1 dx =

∫ 1/2

0

(1− 2x)f(x) dx+ α

f2 =∫ 1

0

fφ2 dx+ αφ2(0)− β

∫ 1

0

φ′3φ′2 dx

= 2∫ 1/2

0

xf(x) dx+ 2∫ 1

1/2

(1− x)f(x) dx+ 2β

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 51

Bemerkung 2.2 Aufgrund der Unstetigkeit der Ableitungen der Basisfunk-tionen an der Stelle x = 1

2 werden die Integrale uber (0, 1) aufgespalten.Ob und wie φ′j fur x = 1

2 definiert sind ist unwichtig, da dies keinen Einflußauf den Wert der Integrale hat. Beachte: Die Funktionen φ′j liegen im Funk-tionenraum L2(0, 1), einem Raum aus Aquivalenzklassen von Funktionen,welche jeweils modulo Mengen vom Lebesgue-Maß Null ubereinstimmen.

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 52

(1) f ≡ 0: Hier ergibt sich

f =

], u = A−1f =

[α+ βα2 + β

],

und somit

uh(x) = (α+ β)φ1(x) + (α2 + β)φ2(x) + βφ3(x)

= β [φ1(x) + φ2(x) + φ3(x)]︸ ︷︷ ︸=1

+α[φ1(x) + 12φ2(x)]

= β + α(1− x).

Wieder erhalten wir die exakte Losung. Dies ruhrt daher, dass die ex-akte Losung linear und damit im Ansatzraum S h enthalten ist. DasGalerkin-Verfahren liefert dann (unter gewissen Zusatzvoraussetzun-gen) die exakte Losung.

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 53

(ii) f ≡ c = konstant: Wir erhalten

f =

[c4 + αc2 + 2β

], u =

[c2 + α+ β3c8 + α

2 + β

]und damit

uh(x) = β + α(1− x) + uhpart, uh

part(x) =c

2φ1(x) +

3c8φ2(x)

0 1/2 10

3c/8

c/2

upart

uhpart

0 1/4 1/2 3/4 1

−c

−3c/4

−c/4

0

(upart

)’(uh

part)’

Ubereinstimmung mit u bei x = 0, 12 , 1, mit u′ bei x = 1

4 ,34 .

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 54

(iii) f(x) = cx, c konstant:

f1 =∫ 1/2

0

(1− 2x)cx dx+ α =c

24+ α,

f2 = 2∫ 1/2

0

x cx dx+ 2∫ 1

1/2

(1− x) cx dx+ 2β =c

4+ 2β.

Dies ergibt

u =

[c6 + α+ β7c48 + α

2 + β

]also

uh = uh + uhpart, uh

part =c

6φ1 +

7c48φ2.

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 55

0 1/2 10

7c/48c/6

upart

uhpart

0 1/4 1/2 3/4 1

−c/2

−7c/24

−c/240

(upart

)’

(uhpart

)’

Ubereinstimmung mit u bei x = 0, 12 , 1, mit u′ in 2 Punkten.

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 56

Zusammenfassung:

• Homogener Anteil in allen Fallen exakt.

• uh exakt an den Endpunkten der Teilintervalle.

• (uh)′ in mindestens einem Punkt jedes Teilintervalls exakt.

2.6 Beispiele TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 57

2.7 Das Ritz-Verfahren

Eine Unterklasse der Variationsprobleme sind die Minimierungsprobleme,bei denen es darum geht, ein Funktional, d.h. eine Abbildung, welche jederzulassigen Funktion eine Zahl zuordnet, zu minimieren. Typischerweisestellt das Funktional eine physikalisch relevante Große wie Energie oderEntropie dar, und das physikalische Prinzip, welches mathematisch zu mo-dellieren ist, schreibt diejenige Funktion als Losung vor, die das Funktionalminimiert.

Nicht allen Variationsformulierungen liegt ein Minimierungsproblem zugrun-de, aber dies ist hinreichend oft der Fall, dass eine gesonderte Betrachtungangebracht ist.

Die Methode, eine Naherung an die minimierende Funktion aus einem end-lich dimensionalen Unterraum der ursprunglich zugelassenen Funktionenzu suchen, heisst Ritz-Verfahren oder auch Rayleigh-Ritz-Verfahren.

2.7 Das Ritz-Verfahren TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 58

Wir betrachten in diesem Abschnitt der Einfachheit halber das RWP (2.4)mit homogenen Randbedingungen:

u′′ + f = 0 auf (0, 1), (2.19a)

u(1) = 0, (2.19b)

u′(0) = 0. (2.19c)

Das Randwertproblem kann auch als Operatorgleichung

Au = f (2.20)

geschrieben werden. Hierbei ist

A : D(A) → L2(0, 1), u 7→ Au := −u′′

ein linearer Differentialoperator.

2.7 Das Ritz-Verfahren TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 59

Als Definitionsbereich D(A) definieren wir alle Funktionen mit quadratischintegrierbarer zweiter Ableitung, welche zusatzlich die Randbedingungenerfullen:

D(A) := H2R(0, 1) := {u ∈ H2(0, 1) : u′(0) = u(1) = 0}.

Wir definieren bei dieser Gelegenheit die Normen

‖u‖ := (u, u)1/2 =(∫ 1

0

u(x)2 dx)1/2

,

‖u‖1 :=(∫ 1

0

[u(x)2 + u′(x)2] dx)1/2

,

‖u‖2 :=(∫ 1

0

[u(x)2 + u′(x)2 + u′′(x)2] dx)1/2

.

Demnach bestehen H1 bzw. H2 aus allen Funktionen, fur welche ‖u‖1 bzw.‖u‖2 endlich sind.

2.7 Das Ritz-Verfahren TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 60

Die Operatorgleichung (2.20) hangt eng zusammen mit dem quadratischenFunktional

J(v) := (Av, v)− 2(f, v). (2.21)

Genauer: Das Verschwinden der Ableitung von J an der Stelle ua istaquivalent damit, dass J(u) minimal ist. M.a.W.: (2.20) ist die Euler-Lagrange-Gleichung fur J .

Beispiele:

Skalarer Fall: Fur reelle Zahlen A, f, v, (A > 0), ist J(v) = Av2 − 2fv einenach oben offene Parabel, das Kriterium fur ein Minimum a.d. Stelle uist

0 =dJ

dv|v=u = 2(Au− f).

Beachte: A > 0 ist hier entscheidend.

ahiermit ist gemeint, dass ddt

J(u + tv)|t=0 = 0 fur alle v

2.7 Das Ritz-Verfahren TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 61

Endlichdimensionaler Fall: Seien nun A ∈ Rn×n eine symmetrisch po-sitiv definite Matrix, v , f ∈ Rn Vektoren (x ,y) := y>x das EuklidscheInnenprodukt. Das Funktional lautet (2.21) nun

J(v) = v>Av − 2v>f = (Av , v)− 2(f , v),

mit Minimumbedingung

∇J(u) = 2(Au − f ) = 0.

Umgekehrt: Minimiert u das Funktional J , so gilt ∀0 6= v ∈ Rn,∀t ∈ R

J(u) ≤ J(u + tv) = J(u) + 2t[(Au , v)− (f , v)] + t2(Av , v).

Da (Av , v) > 0 und t auch negativ sein kann, muss der Term in eckigenKlammen Null sein, d.h. wir erhalten die Galerkin-Gleichung

(Au , v) = (f , v) ∀v ∈ Rn.

2.7 Das Ritz-Verfahren TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 62

Wir kehren zuruck zum RWP (2.19). Wegen

(Av, v) =∫ 1

0

−v′′(x)v(x) dx =∫ 1

0

v′(x)2 dx− [v′(1)v(1)− v′(0)v(0)]

erhalten wir fur v ∈ H2R(0, 1)

J(v) =∫ 1

0

[v′(x)2 − 2f(x)v(x)] dx.

Wieder scheint es unnotig restriktiv, v ∈ H2 zu fordern, wo doch in J nurAbleitungen bis zur Ordnung Eins auftreten. Wir konnten daher die Mengezulassiger Funktionen erweitern.

Prinzip: Wir lassen alle Funktionen zu, welche Grenzwert einer Folge {vn}von Funktionen aus H2

R(0, 1) sind, und zwar in dem Sinne, dass∫ 1

0

(v′ − v′n)2 dx→ 0, n→∞. (2.22)

2.7 Das Ritz-Verfahren TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 63

Beachte: keine dieser hinzugenommenen Funktionen kann das Minimumvon J(v) verringern.

Vorteil: Nun konnen z.B. stuckweise lineare Ansatzfunktionen verwendetwerden.

Wie sieht dieser vergroßerte Funktionenraum aus ?

(i) Glattheit: Die Konvergenzbedingung (2.22) fordert, v ∈ H1(0, 1).

(ii) Randbedingungen: Es stellt sich heraus, dass die wesentliche Rand-bedingung im Grenzwert erhalten bleibt, die naturliche hingegen nicht.Somit ist der erweiterte Variationsraum gegeben durch

H1E(0, 1) := {v ∈ H1(0, 1) : v(1) = 0}.

2.7 Das Ritz-Verfahren TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 64

Wir erwarten nun, dass das Erfulltsein der naturlichen Randbedingungdurch die Minimierungseigenschaft automatisch gegeben ist: fur v ∈H1

E(0, 1) und t ∈ R beliebig gilt

J(u) ≤ J(u+ tv) = J(u) + 2t∫ 1

0

(u′v′ − fv) dx+ t2∫ 1

0

(v′)2 dx,

was wie oben nach sich zieht, dass

0 =∫ 1

0

(u′v′ − fv) dx =∫ 1

0

[−u′′ − f ]v dx− u′(0)v(0).

(Sofern das minimierende u in H2 liegt.) Dies kann (Argumentation wie inAbschnitt 2.3) aber nur dann fur alle v veschwinden, wenn

−u′′ = f und u′(0) = 0.

2.7 Das Ritz-Verfahren TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 65

Das Minimierungsproblem uber H1E(0, 1) ist somit aquivalent zur Losung

der Operatorgleichung Au = f .

Geometrisch: Der Graph des Funktionals J ist ein convexes Paraboloidin unendlich vielen Dimensionen. Laßt man nur Argumente aus H2 zu, sobesitzt diese Flache

”Locher“, und die Vervollstandigung von H2

R zu H1E

fullt lediglich diese Locher aus.

2.7 Das Ritz-Verfahren TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 66

2.8 Stuckweise lineare Basisfunktionen

In den vorangehenden Beispielen wurden bereits ein- bzw. zweidimen-sionale Ansatz-/Testraume stuckweise linearer Funktionen verwendet. Wirbetrachten hier den allgemeinen N -dimensionalen Fall und zerlegen hierzudas Intervall [0, 1] in N (nichtuberlappende) Teilintervalle

[0, 1] =N⋃

j=1

[xj , xj+1], xj < xj+1, j = 1, . . . , N

mit x1 = 0 und xN+1 = 1. Die Punktie {xj}N+1j=1 bezeichnet man als Knoten,

die Teilintervalle als Elementargebiete oder Elemente.

Beachte: Die Intervalllangen hj := xj+1 − xj , j = 1, . . . , N , konnen durch-aus verschieden sein. Als Diskretisierungsparameter setzt man dann

h :=N

maxj=1

hj .

2.8 Stuckweise lineare Basisfunktionen TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 67

Die zugehorigen Basisfunktionen

φ1(x) :=

{x2−x

h1, x1 ≤ x ≤ x2,

0, sonst,

φj(x) :=

x−xj−1

hj−1, xj−1 ≤ x ≤ xj ,

xj+1−xhj

, xj ≤ x ≤ xj+1,

0, sonst,

j = 1, . . . , N

φN+1(x) :=

{x−xN

hN, xN ≤ x ≤ xN+1,

0, sonst.

bezeichnet man als Hutchenfunktionen oderChapeau-Funktionen (hatfunctions).

2.8 Stuckweise lineare Basisfunktionen TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 68

Bemerkung 2.3 1. Es gilt φi(xj) = δi,j , i, j = 1, . . . , N + 1. Eine Basismit dieser Eigenschaft heißt nodale Basis.

2. Die Elemente von V h sind gegeben durch vh(x) =∑N

j=1 vjφj(x), vj ∈R. Dabei sind die Einschrankungen vh|[xj ,xj+1] jeweils lineare Funktio-nen. Die (verallgemeinerte) Ableitung von vh ist eine Treppenfunktion(elementweise konstant, an den Elementubergangen im Allgemeinenunstetig).

3. Die Elemente von S h sind gegeben durch

uh(x) = uh(x) + βφN+1(x), uh ∈ V h,

insbesondere ist uh(1) = β.

4. Diese Funktionen stellen die einfachsten und am gebrauchlisten finiteElement Funktionen fur eindimensionale Probleme dar.

2.8 Stuckweise lineare Basisfunktionen TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 69

Ubungsaufgabe: Man betrachte die schwache Formulierung des eindi-mensionalen Modellproblems:∫ 1

0

u′(x)v′(x) dx =∫ 1

0

f(x)v(x) dx+ αv(0), (2.23)

wobei u ∈ S und v ∈ V im Innern der Elemente zweimal stetig differen-zierbar seien, an den Ubergangen jedoch moglicherweise Sprungstellen inden ersten Ableitungen aufweisen konnen. Man zeige, dass aus (2.23) unddieser Glattheitsannahme folgt

0 =N∑

j=1

∫ xj+1

xj

v(u′′ + f) dx+ v(0)[u′(0+) + α] +N∑

j=2

v(xj)[u′(x+j )− u′(x−j )].

Man zeige ferner, dass wie im Aquivalenzbeweis der starken und schwa-chen Formulierung aus dieser Identitat die sogenannten

2.8 Stuckweise lineare Basisfunktionen TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 70

Euler-Lagrange-Gleichungen von (2.23) folgen:

(i) u′′(f) + f(x) = 0 fur x ∈ (xj , xj+1), j = 1, . . . , N ,

(ii) −u′(0+) = α,

(iii) u′(x−j ) = u′(x+j ), j = 2, . . . , N .

(i) ist die Differentialgleichung eingeschrankt auf jedes Element und (iii)die Stetigkeit an den Ubergangen. (Man vergleiche mit dem Fall, in demGlattheit auf ganz (0, 1) gegeben ist.) Die Galerkin FEM liefert eine Nahe-rungslosung zu (i)—(iii).

2.8 Stuckweise lineare Basisfunktionen TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 71

2.9 Eigenschaften von A

Die stuckweise linearen Basisfunktionen {φj}N+1j=1 aus dem vorangehen-

den Abschnitt verschwinden außerhalb einer kleinen Umgebung des j-tenKnotens xj . Dies hat zur Folge, dass auch viele Eintrage der Matrix ver-schwinden, d.h. A ist dunn besetzt: ist j < i− 1, so gilt

[A]i,j =∫ 1

0

φ′iφ′j dx = 0.

Ferner ist A symmetrisch und besitzt somit tridiagonalgestalt.

Im Allgemeinen – in hoheren Raumdimensionen und bei Verwendunganderer Basisfunktionen – ist Letzteres nicht mehr der Fall, aber durchgeeignete Umnummerierung ist meist noch eine Bandstruktur zu erreichen.Dies kann von direkten und iterativen Gleichungslosern fur dunn besetzteMatrizen ausgenutzt werden.

2.9 Eigenschaften von A TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 72

Eine Matrix A ∈ RN×N heißt positiv definit falls

x>Ax > 0 fur alle x 6= 0 .

Positive definite Matrizen sind insbesondere regular und besitzen (reelle)positive Eigenwerte.

Satz 2.4 Die in (2.17a) definierte Steifigkeitsmatrix ist positiv-definit.

Beachte: Die wesentliche Randbedingung geht entscheidend in die Defi-nitheit mit ein.

Insgesamt ist also die Steifigkeitsmatrix des eindimensionalen Modellpro-blems eine symmetrisch positiv-definite Tridiagonalmatrix.

2.9 Eigenschaften von A TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 73

2.10 Aufbau von Steifigkeitsmatrix und Lastvektor

Ein großer Vorteil der FEM ist die Tatsache, dass der Aufbau des FE Glei-chungssystems – man nennt diesen Vorgang Assemblieren – auch beikomplizierteren Problemen in hoheren Raumdimensionen stets nach demgleichen Schema verlauft. Dies kann bei der Softwareentwicklung dahin-gehend ausgenutzt werden, dass die Grundbausteine der Assemblierungstets die gleichen bleiben und nur durch die speziellen Eigenschaften derjeweiligen Aufgabe parametrisiert werden mussen. Besonders geeignetsind hier objektorientierte Ansatze.

2.10.1 Assemblierung

Wir stellen nun fur das eindimensionale Modellproblem die Grundschritteder Assemblierung zusammen. Das Vorgehen besteht darin, die Rech-nung auf Operationen auf den einzelnen Elementen zuruckzufuhren, derenErgebnisse dann zusammengefugt (assembliert) werden.

2.10 Aufbau von Steifigkeitsmatrix und Lastvektor TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 74

Gemaß den Definitionen (2.17), (2.12) und (2.11a) erfordert das Aufstel-len des Gleichungssystems (2.18) im Wesentlichen die Berechnung derIntegrale

a(φj , φi) =∫ 1

0

φ′iφ′j dx, i = 1, . . . , N, j = 1, . . . , N + 1,

(f, φi) =∫ 1

0

fφi dx, i = 1, . . . , N.

Es genugt, die Integration uber den Trager (support) der Basisfunktionen

suppφj := {x ∈ (0, 1) : φj(x) 6= 0}

zu erstrecken. Hier ist

suppφj =

[x1, x2], j = 1,

[xj−1, xj ] ∪ [xj , xj+1], j = 2, . . . , N,

[xN , xN+1], j = N + 1.

2.10 Aufbau von Steifigkeitsmatrix und Lastvektor TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 75

Es liegt zunachst nahe, die Komponenten von A und f durch sukzessivesAbarbeiten aller Basisfunktionen zu bestimmen; dabei beinhaltet die Be-rechnung jeder Komponenten ai,j bzw. fi Integration uber ein bzw. zwei be-nachbarte Elemente. Im hier behandelten Fall einer Raumdimension (d.h.die unabhangige Variable variiert uber ein reelles Intervall, hier (0, 1)) be-steht eine naturliche lineare Anordnung der Elemente {[xj , xj+1]}j=1,...,N .Dies ist in hoheren Dimensionen, bei denen ein Gebiet in Drei- oder Vier-ecke bzw. Tetraeder, Prismen oder Quader zerlegt wird, nicht mehr derFall. Vor allem konnen Lage und Anzahl der Elemente, die den Trager einerBasisfunktion bilden, stark variieren.

Aus diesem Grund ist es zweckmaßiger, elementweise vorzugehen, d.h. furjedes Element alle Teilintegrale zu berechnen und zu den entsprechendenKomponenten von A und f hinzuzuaddieren.

2.10 Aufbau von Steifigkeitsmatrix und Lastvektor TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 76

Notation: Wir bezeichnen die Gesamtheit aller Elemente als das Gitter

Th :=N⋃

j=1

[xj , xj+1]

und mit K ein Element aus Th. Es gilt

a(φj , φi) =∫ 1

0

φ′iφ′j dx =

∑K∈Th

∫K

φ′iφ′j dx =:

∑K∈Th

aK(φj , φi),

`(φi) =∫ 1

0

fφi dx+ αφi(0) =∑

K∈Th

∫K

fφi dx+ αφi(0) =:∑

K∈Th

`K(φi).

Bei der Assemblierung bleiben zunachst die wesentlichen Randbedingungenunbeachtet; hierzu berechnet man zuerst

A :=∑

K∈Th

AK , f :=∑

K∈Th

fK

mit nur vom Element K abhangenden Matrizen AK und Vektoren fK .

2.10 Aufbau von Steifigkeitsmatrix und Lastvektor TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 77

Diese sind, gemaß (2.17), gegeben durch

AK = [aK(φj , φi)]N+1i,j=1 ∈ R(N+1)×(N+1), fK = [`K(φi)]N+1

i=1 ∈ RN+1.

Da jedes Element K = [xj , xj+1] nur zum Trager zweier Basisfunktionen(namlich φj und φj+1) gehort, sind nur vier bzw. zwei Eintrage in AK und fK

von Null verschieden. Welche Eintrage dies sind kann durch Nachschlagenin einer Elementtabelle ermittelt werden:

[ET (i, j)]i=1,2;j=1,...,N :

Element K1 K2 . . . KN

erster Knoten 1 2 . . . N

zweiter Knoten 2 3 . . . N + 1

Diese fuhrt neben der bisherigen globalen Knotennummerierung x1, . . . , xN+1

fur jedes Element K eine lokale Nummerierung x(K)1 , x

(K)2 der zu K

gehorenden Knoten ein.

2.10 Aufbau von Steifigkeitsmatrix und Lastvektor TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 78

Damit sind die von Null verschiedenen Teilmatrizen bzw. -vektoren von AK

und fK gegeben durch

AK :=

[aK(φ(K)

1 , φ(K)1 ) aK(φ(K)

2 , φ(K)1 )

aK(φ(K)1 , φ

(K)2 ) aK(φ(K)

2 , φ(K)2 )

], fK :=

[`K(φ(K)

1 )

`K(φ(K)2 )

].

Tragt K in einer Nummerierung der Elemente den Index k, so ist dieZuordnung der lokalen Nummerierung {φ(K)

i }i=1,2 der zu K gehorendenBasisfunktionen zur globalen Nummerierung {φj}N+1

j=1 gegeben durch

φ(K)i = φj , j = ET (i, k), i = 1, 2.

Man bezeichnet AK und fK auch als Elementsteifigkeitsmatrix bzw. Elem-entlastvektor.

2.10 Aufbau von Steifigkeitsmatrix und Lastvektor TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 79

Nach diesen Uberlegungen erhalten wir folgenden Algorithmusa zur As-semblierung:

Initialisiere A := O, f := 0

foreach K ∈ Th

berechne AK und fK

k := [Index des Elementes K]i1 := ET (1, k)i2 := ET (2, k)A([i1i2], [i1i2]) := A([i1i2], [i1i2]) + AK

f ([i1i2]) := f ([i1i2]) + fK

end

aHier wird folgende an MATLAB angelehnte Notation verwendet:

A([i1i2], [i1i2]) =

"ai1,i1 ai1,i2

ai2,i1 ai2,i2

#, f ([i1i2]) =

"fi1

fi2

#.

2.10 Aufbau von Steifigkeitsmatrix und Lastvektor TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 80

Als letzter Schritt bei der Aufstellung von (2.18) mussen die wesentlichenRandbedingungen (hier lediglich uh(1) = β) eingebracht werden.

(Man uberlege sich, dass die nach dem soweit beschriebenen Algorithmuserstellten Großen A und f einer homogenen Randbedingung (uh)′(1) = 0am rechten Randpunkt entsprechen.)

Eine Moglichkeit hierzu besteht darin, die Freiheitsgrade, welche Funktions-werten an solchen Randpunkten entsprechen, aus dem Gleichungssystemzu eliminieren. In diesem einfachen Beispiel geschieht dies durch Strei-chung der letzten Zeile und Spalte von A sowie der letzten Komponentenvon f und der Modifikation der vorletzten Komponenten von f :

A := A(1 : N, 1 : N), f :=

f1...

fN−1

fN − βA(N,N + 1)

.

2.10 Aufbau von Steifigkeitsmatrix und Lastvektor TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 81

2.10.2 Berechnung der Elementmatrizen und -vektoren

Da die Elemente und Basisfunktionen sich nur durch Verschiebung undSkalierung unterscheiden ist es zweckmaßig, diese auf simple, standardi-sierte Prototypen in einem Referenzelement zuruckzufuhren. Wir definierendaher

K := [−1, 1], φ1(ξ) := 12 (1− ξ), φ2(ξ) := 1

2 (1 + ξ).

Durch die Variablensubstitution

x = FK(ξ) = 12 (xj + xj+1 + hjξ), ξ = F−1

K (x) =2x− xj − xj+1

hj

erhalten wir im Element K = [xj , xj+1] die Darstellung

K = FK(K), φj(x) = φ1(ξ(x)) = (φ1 ◦ F−1K )(x),

φj+1(x) = φ2(ξ(x)) = (φ2 ◦ F−1K )(x).

2.10 Aufbau von Steifigkeitsmatrix und Lastvektor TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 82

Fur eine integrierbare Funktion H : K → R gilt nach der Substitutionsregel∫ xj+1

xj

H(x) dx =∫ 1

−1

H(x(ξ))x′(ξ) dξ =hj

2

∫ 1

−1

H(x(ξ)) dξ

und somit, wegen ddxφ(x) = 1

x′(ξ)ddξφ(x(ξ)), fur k, ` = 1, 2,

aK(φ(K)` , φ

(K)k ) =

∫ xj+1

xj

[φ(K)k ]′(x)[φ(K)

` ]′(x) dx =2hj

∫ 1

−1

φ′k(ξ)φ′`(ξ) dξ .

Dies ergibt

AK =1hj

[1 −1

−1 1

], fK =

hj

2

[∫ 1

−1f(x(ξ))φ1(ξ) dξ∫ 1

−1f(x(ξ))φ2(ξ) dξ

]+

0

], x1 ∈ K,

0 , sonst.

2.10 Aufbau von Steifigkeitsmatrix und Lastvektor TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 83

2.11 Nodale Exaktheit beim Modellproblem

Im betrachteten Beispielen hatten wir beobachtet, dass die FE-Approximationan den Knoten mit der exakten Losung ubereinstimmt. Dies ist im Allge-meinen (etwa wenn die Differentialgleichung komplizierter ist) nicht mehrder Fall. Fur unser Modellproblem mit stuckweise linearen Ansatz- undTestfunktionen wollen wir dies nun beweisen.

Wir benotigen dazu ein Hilfsmittel aus der Theorie der Differentialgleichun-gen, die Greensche Funktion. Diese ist die (verallgemeinerte) Losung desRandwertproblems mit homogenen Randdaten und einer

”Punktquelle“ als

rechter Seite f .

Man kann die Greensche Funktion fur unser Modellproblem durch formalesRechnen mit Distributionena bestimmen.

aEine Einfuhrung in das Rechnen mit Distributionen findet sich z.B. in Ivar Stakgold.Boundary-Value Problems of Mathematical Physics. Vols. I und II. MacMillan, New York. 1968.

2.11 Nodale Exaktheit beim Modellproblem TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 84

Wir bezeichnen mit δξ(x) := δ(x − ξ) die Diracsche Deltadistribution mitQuellpunkt ξ ∈ (0, 1). Es handelt sich hierbei (mathematisch) um einstetiges lineares Funktional auf dem Raum der stetigen Funktionen C1[0, 1]definiert durch

(δξ, v) := v(ξ), v ∈ C1[0, 1].

Oft wird auch die (formale) Schreibweise

(δξ, v) =∫ 1

0

δ(x− ξ)v(x) dx

verwendet. In den Anwendungen werden mit diesem mathematischenObjekt idealisierte Phanomene wie auf einen Punkt konzentrierte Krafte inder Mechanik oder Punktladungen in der Elektrostatik modelliert.

2.11 Nodale Exaktheit beim Modellproblem TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 85

Die Greensche Funktion G(x; ξ) mit Singularitat ξ zum Randwertproblem(2.4) ist die Losung des Randwertproblems

G′′ + δξ = 0 auf (0, 1), (2.24a)

G(1, ξ) = 0, (2.24b)

G′(0; ξ) = 0. (2.24c)

Man erhalt (2.24) aus (2.4) durch die Wahl α = β = 0 und f = δξ.

Die Stammfunktion von δξ ist die Heaviside-Funktion

Hξ(x) := H(x− ξ) :=

{0, x < ξ,

1, x ≥ ξ .

Deren Stammfunktion wiederum wird MacCauly-Klammer genannt und istdefiniert durch

〈x− ξ〉 :=

{0, x < ξ,

x− ξ, x ≥ ξ.

2.11 Nodale Exaktheit beim Modellproblem TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 86

Aus G′′ + δξ = 0 folgt

G′ +Hξ = C1 und weiter G(x; ξ) + 〈x− ξ〉 = C1x+ C2

mit zwei Integrationskonstanten C1 und C2. Bestimmt man diese so, dassdie Randbedingungen erfullt sind, ergibt sich

G(x; ξ) = 1− ξ − 〈x− ξ〉 =

{1− ξ, x < ξ,

1− x, x ≥ ξ.

Wir stellen fest: G(·, ξ) ist eine stetige, stuckweise lineare Funktion; insbe-sondere ist G(·; ξ) ∈ V h sofern nur ξ ein Knoten des Gitters Th ist.

Die Variationsformulierunga von (2.24) wird hergeleitet wie (2.13):

Bestimme G(·; ξ) ∈ H−1(0, 1) sodass a(G, v) = (δξ, v) ∀v ∈ V , v stetig.(2.25)

a H−1(0, 1) bezeichnet hier den Dualraum von H1(0, 1).

2.11 Nodale Exaktheit beim Modellproblem TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 87

Satz 2.5 Die Galerkin-Approximation uh der Losung u des Modellproblems(2.9) mit stuckweise linearen Ansatz- und Testfunktionen ist exakt an denKnoten, d.h. es gilt

uh(xj) = u(xj), j = 1, . . . , N + 1.

Der Beweis erfolgt mithilfe zweier Lemmata:

Lemma 2.6 Fur die exakte Losung u des Modellproblems und deren stuck-weise lineare Galerkin-Approximation gilt

a(u− uh, vh) = 0 ∀vh ∈ V h.

Beweis: Wegen V h ⊂ V sind in der Variationsformulierung (2.13) insbe-sondere Testfunktionen vh ∈ V h zugelassen. Somit gilt

a(u, vh) = `(vh) ∀vh ∈ V h. (2.26)

Subtrahieren der Galerkingleichung (2.14) liefert die Behauptung. �

2.11 Nodale Exaktheit beim Modellproblem TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 88

Bemerkung 2.7 Die Eigenschaft (2.26) bezeichnet man auch als Galerkin-Orthogonalitat oder fundamentale Orthogonalitat.

Lemma 2.8 Mit den obigen Bezeichnungen gilt ferner

u(ξ)− uh(ξ) = a(Gξ, u− uh), ξ ∈ (0, 1).

Beweis: Nach der Definition von δξ gilt

u(ξ)− uh(ξ) = (δξ, u− uh) = a(Gξ, u− uh)

da u− uh als Testfunktion in (2.25) zugelassen ist. �

Beweis von Satz 2.5: Sei ξ = xj ein Knoten von Th. Dann ist Gxj ∈ V h

eine zulassige Testfunktion und es folgt mit den vorangehenden Lemmata

u(ξ)− uh(ξ) = a(Gξ, u− uh) = 0.

2.11 Nodale Exaktheit beim Modellproblem TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 89

Bemerkung 2.9 Resultate diesen Typs, die an speziellen Stellen einehohere Genauigkeit der Naherungslosung als anderswo gewahrleisten,nennt man Superkonvergenzaussagen.

Wir leiten noch Superkonvergenzaussagen uber die Ableitung der Galerkin-Approximation her.

2.11 Nodale Exaktheit beim Modellproblem TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 90

Satz 2.10 In jedem Element existiert ein Punkt ξ ∈ (xj , xj+1) mit derEigenschaft

(uh)′(ξ) = u′(ξ).

Beweis: Auf (xj , xj+1) ist (uh)′ konstant und gegeben durch

(uh)′(x) =uh(xj+1)− uh(xj)

hj.

Da u stetig differenzierbar ist, existiert nach dem Mittelwertsatz eine Zwi-schenstelle ξ ∈ (xj , xj+1) mit

u′(ξ) =u(xj+1)− u(xj)

hj.

Da uh an den Knoten exakt ist folgt auch

u′(ξ) =uh(xj+1)− uh(xj)

hj= (uh)′(ξ). �

2.11 Nodale Exaktheit beim Modellproblem TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 91

Ohne Kenntnis der Losung laßt sich nichts weiter uber die Lage dieserZwischenstelle aussagen. Die folgende Uberlegung zeigt, dass generell anden Mittelpunkten der Elemente die Ableitungen besonders gut approxi-miert werden.

Fur e(x) := uh(x)− u(x), x ∈ (xj , xj+1) gilt

e′(x) = (uh)′(x)− u′(x) =uh(xj+1)− uh(xj)

hj− u′(x).

Lemma 2.11 Ist u ∈ C3[0, 1], so gilt fur x ∈ [xj , xj+1]

e′(x) =(xj+1 + xj

2− x

)u′′(x)+

13!hj

[(xj+1−x)3u′′′(ξ1)−(xj−x)3u′′′(ξ2)

]mit zwei Zwischenstellen ξ1, ξ2 ∈ [xj , xj+1].

2.11 Nodale Exaktheit beim Modellproblem TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 92

Beweis: Wir entwickeln u(xj) und u(xj+1) in eine Taylor-Reihe um x:

u(xj+1) = u(x) + u′(x)(xj+1 − x) +u′′(x)

2(xj+1 − x)2

+u′′′(ξ1)

3!(xj+1 − x)3, ξ1 ∈ [x, xj+1]

u(xj) = u(x) + u′(x)(xj − x) +u′′(x)

2(xj − x)2

+u′′′(ξ2)

3!(xj − x)3, ξ2 ∈ [xj , x]

Subtrahieren und Division durch hj ergibt

u(xj+1)− u(xj)

hj= u′(x) + u′′(x)

“xj + xj+1

2− x

”+

1

3!hj

ˆu′′′(ξ1)(xj+1 − x)3 − u′′′(ξ2)(xj − x)3

˜.

Die Behauptung folgt nun wegen uh(xk) = u(xk), k = j, j + 1. �

2.11 Nodale Exaktheit beim Modellproblem TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 93

Mit Hilfe dieser Darstellung laßt sich nun die Approximation von u′(x) durch(uh)′(x) (asymptotisch) abschatzen.

1. Fur x ∈ [xj , xj+1] folgt wegen u ∈ C3[xj , xj+1]: e′(x) = O(hj), hj → 0.

2. Am Mittelpunkt hingegen entfallt der erste Term und es ergibt sich

e′(xj+1/2) =h2

j

48(u′′′(ξ1) + u′′′(ξ2))︸ ︷︷ ︸

=u′′′(ξ3) fur ein ξ3∈(ξ1,ξ2)

= O(h2j ), hj → 0.

3. Ist u ein Polynom zweiten Grades, so ist u′′′ = 0 und die Ableitung derGalerkin-Approximation an den Mittelpunkten somit sogar exakt. Diesist etwa fur f = c = konstant der Fall.

4. In der linearen Theorie elastischer Stabe ist die Ableitung proportionalzur Spannung. Die Mittelpunkte linearer Elemente heißen dort daherBarlowsche Spannungspunkte nach Barlow, der diese Stellen erhohterApproximationsordnung fur die Spannungen entdeckte.

2.11 Nodale Exaktheit beim Modellproblem TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 94

2.12 Ein Beispiel: Der Euler-Bernoulli Balken

Ein nach Euler und Bernoulli benanntes mathematisches Modell fur einenelastischen Balken, welcher am rechten Ende fest eingespannt ist undauf den eine verteilte Last sowie am linken Ende eine Querkraft und einDrehmoment wirken, ist durch folgendes Randwertproblem gegeben.

Der Balken erstrecke sich uber das Intervall (0, L). Gegeben seien dieLastfunktion f : (0, L) → R und zwei Konstanten M und Q. Gesucht isteine Funktion u : [0, 1] → R (Auslenkung des Balkens), sodass

(EIu′′)′′ = f auf (0, L), (Gleichgewichtsbedingung) (2.27a)

u(L) = 0, (Auslenkung Null), (2.27b)

u′(L) = 0, (Steigung Null), (2.27c)

EIu′′(0) = M, (vorgeschriebenes Moment), (2.27d)

(EIu′′)′(0) = Q, (vorgeschriebene Scherspannung). (2.27e)

2.12 Ein Beispiel: Der Euler-Bernoulli Balken TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 95

Die Parameter E und I bezeichnen den (oft konstant angenommene)Elastizitatsmodul bzw. das Flachentragheitsmoment. Mit den Raumena

S := V := {v ∈ H2(0, L) : v(L) = v′(L) = 0}

lautet die schwache Formulierung des Problems

Bestimme zu gegebenen f,M,Q eine Funktion u ∈ S mit

a(u, v) = `(v) ∀v ∈ V .(2.28)

Hierbei ist

a(u, v) =∫ L

0

v′′EIu′′ dx, und `(v) = (f, v) +Qv(0)−Mv′(0).

av ∈ H2(0, L) bedeutet im Wesentlichen, dass v′′ quadratisch integrierbar ist, d.h.R L0 (v′′)2 dx < ∞

2.12 Ein Beispiel: Der Euler-Bernoulli Balken TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 96

Herleitung der schwachen Formulierung: Multiplikation der Differentialgleichungmit einer Testfunktion v mit anschließender zweimaliger partieller Integration liefert

(f, v) =

Z L

0

v(EIu′′)′′ dx =ˆv(EIu′′)′ − v′EIu′′

˜L

0+

Z L

0

v′′EIu′′ dx.

wesentliche Randbedingungen: u(L) = 0 setze v(L) = 0

u′(L) = 0 setze v′(L) = 0

naturliche Randbedingungen: EIu′′(0) = M

(EIu′′)′(0) = Q

Nach den obigen Festlegungen fur die Testfunktionen und Einsetzen der Randbe-

dingungen ergibt sich (2.28). Damit ist auch schon gezeigt, dass jede Losung der

starken Formulierung (2.27) auch Losung der schwachen Formulierung (2.28) ist.

Wieder sieht man, dass zur Losung von (2.28) weniger Ableitungen (nur zwei) er-

forderlich sind. Dass die Umkehrung fur hinreichend oft differenzierbare Losungen

von (2.27) ist, folgt analog wie beim Modellproblem.

2.12 Ein Beispiel: Der Euler-Bernoulli Balken TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 97

FE-Raum: Zur FE-Approximation sei durch 0 = x1 < x2 < · · · < xN+1 = L

eine Zerlegung von (0, L) in Elemente K = [xj , xj+1] gegeben. Als Ansatz-funktionen verwenden wir hier stuckweise Polynome dritten Grades. Damitdie Bilinearform a fur Ansatz- und Testfunktionen definiert ist, mussen diesezumindest stetig differenzierbar sein – Sprunge in der zweiten Ableitungsind zulassig. Wir definieren also:

V h :={vh ∈ C1[0, L] : vh

|K ∈ P3 ∀K ∈ Th

}.

Dabei ist Th die Vereinigung aller Elemente und P3 bezeichet den Raumaller Polynome vom Grad ≤ 3.

Freiheitsgrade: Um C1-Ubergange zwischen Elementen zu gewahrleistenwahlen wir als Freiheitsgrade neben den Funktionswerten an den Knotenxj auch den Wert der ersten Ableitung dort.

2.12 Ein Beispiel: Der Euler-Bernoulli Balken TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 98

Nodale Basis im Referenzelement: Wir betrachten wieder das Referen-zelement K = [−1, 1] und bestimmen die vier Basisfunktionen {φj}4j=1

bezuglich dieser Freiheitsgrade. Diese sind beschrieben durch die vierlinearen Funktionale {Φj}4j=1:

Φ1(ψ) = ψ(−1), Φ2(ψ) = ψ′(−1),

Φ3(ψ) = ψ(1), Φ4(ψ) = ψ′(1).

Dabei ist ψ eine beliebige C1-Funktion auf K. Die vier nodalen Basisfunk-tionen sind nun charakterisiert durch

Φi(φj) = δi,j , i, j = 1, . . . , 4. (2.29)

Jedes Polynom p ∈ P3 laßt sich somit schreiben als

p(ξ) = p(−1)φ1(ξ) + p′(1)φ2(ξ) + p(1)φ3(ξ) + p′(1)φ4(ξ).

2.12 Ein Beispiel: Der Euler-Bernoulli Balken TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 99

Setzt man die vier Basispolynome an als

φj(ξ) = ajξ3 + bjξ

2 + cjξ + dj , j = 1, . . . , 4,

so fuhrt (2.29) auf die vier linearen Gleichungssysteme−1 1 −1 1

3 −2 1 0

1 1 1 1

3 2 1 0

aj

bj

cj

dj

=

δ1,j

δ2,j

δ3,j

δ4,j

, j = 1, . . . , 4

fur die Koeffizienten. Deren Losung fuhrt auf

φ1(ξ) =14(ξ − 1)2(2 + ξ), φ2(ξ) =

14(ξ + 1)(ξ − 1)2,

φ3(ξ) =14(ξ + 1)2(2− ξ), φ4(ξ) =

14(ξ + 1)2(ξ − 1).

2.12 Ein Beispiel: Der Euler-Bernoulli Balken TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 100

Die Basisfunktionen im Referenzelement:

−1 1−0.4

0

1

ξ

φ(ξ)

Da der FE-Raum aus stuckweise kubischen Polynomen besteht und auchAbleitungen als Freiheitsgrade verwandt werden (Hermite-Interpolation),heißt dieses finite Element kubisches Hermite-Element.

2.12 Ein Beispiel: Der Euler-Bernoulli Balken TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 101

Bei der Transformation φ = φ ◦ F−1K (vgl. Abschnitt 2.10.2) auf globale

Koordinaten ist zu beachten, dass zwar die Funktionswerte korrekt trans-formiert werden, nicht aber der Wert der Ableitung.a Daher muss bei denBasisfunktionen mit vorgeschriebener Ableitung ein Korrekturfaktor stehen.Bei der Abbildung ins Element K = [xj , xj+1] erhalten wir somit

φ1(x) = (φ1 ◦ F−1K )(x) =

(x− xj+1)2[h− 2(xj − x)]h3

,

φ2(x) =h

2(φ2 ◦ F−1

K )(x) =(x− xj)(x− xj+1)2

h2,

φ3(x) = (φ3 ◦ F−1K )(x) =

(x− xj)2[h+ 2(xj+1 − x)]h3

,

φ4(x) =h

2(φ4 ◦ F−1

K )(x) =(x− xj)2(x− xj+1)

h2.

aSo ist erhielte man im Intervall [xj , xj+1] etwa φ′2(xj) = bφ′2(ξ(xj))ξ′(xj) = 1 · 2

hj.

2.12 Ein Beispiel: Der Euler-Bernoulli Balken TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 102

Einheitliche Transformation: Den gleichen Effekt erzielt man, wenn mandie Ableitungsfreiheitsgrade leicht modifiziert zu:

Φ2(φ) = hjφ′(xj), Φ4(φ) = hjφ

′(xj+1)

im Gebietselement Kj = [xj , xj+1]. Mit der nun fur alle Basisfunktionengleichen Transformation φ(x) = (φ ◦ F−1

K )(x) = φ(ξ(x)) gilt

hjφ′(x) = hj φ

′(ξ(x))ξ′(x) = hj φ′(ξ(x))

2hj

= 2φ′(ξ),

somit entspricht dies im Referenzelement K = [−1, 1] den Freiheitsgraden

Φ2(φ) := 2φ′(−1), Φ4(φ) := 2φ′(1)

und damit den nodalen Basisfunktionen

φ2(ξ) =18(ξ + 1)(ξ − 1)2, φ4(ξ) =

18(ξ + 1)2(ξ − 1).

2.12 Ein Beispiel: Der Euler-Bernoulli Balken TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 103

Zu beachten ist hierbei, dass die globale nodale Basisfunktion φj amKnoten xj , charakterisiert durch

φj(xj) = 0, φ′j(xj) = 1, φj(xk) = φ′j(xk) = 0 ∀k 6= j,

nun nicht mehr elementweise mit der transformierten Basisfunktionenφ

(j−1)4 bzw. φ(j)

2 der angrenzenden Elemente Kj−1 und Kj identisch ist,sondern entsprechend interpoliert werden muss:

φj(x) =

Φ(j−1)

4 (φj)φ(j−1)4 = hj−1φ

′j(xj−)φ(j−1)

4 = hj−1φ(j−1)4 x ∈ Kj−1,

Φ(j)2 (φj)φ

(j)2 = hjφ

′j(xj+)φ(j)

2 = hjφ(j)2 , x ∈ Kj .

2.12 Ein Beispiel: Der Euler-Bernoulli Balken TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 104

Ubungsaufgabe

1. Man bestimme die Stellen optimaler Genauigkeit (im Sinne von Barlow)fur die Approximation von u′′ in jedem Element. (Hinweis: im Referen-zelement sind dies die Punkte ξ = ±1/

√3.)

2. Man zeige, dass die Konvergenzrate von (uh)′′−u′′ an diesen PunktenO(h3) betragt.

3. Man bestimme die Galerkin-Losung fur ein Gitter mit einem Elementund f(x) ≡ c, c konstant. Man zeige, dass in diesem Fall die zweiteAbleitung an den Barlow-Punkten exakt approximiert wird.

4. Man bestimme die Element-Steifigkeitsmatrizen und schreibe damit einMatlab-Programm, welches das FE-Gleichungssystem aufstellt und dieGalerkin-Losung berechnet.

2.12 Ein Beispiel: Der Euler-Bernoulli Balken TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 105

2.13 Konvergenzanalyse

2.13.1 A priori Absch atzung

In diesem Abschnitt leiten wir fur das eindimensionale Modellproblem eineFehlerabschatzung her, aus der hervorgeht, dass die Galerkin-Approximationfur h→ 0 gegen die exakte Losung konvergiert.

Unser Vorgehen ist dabei vollkommen analog zu Fehlerabschatzungen furkompliziertere Randwertprobleme in hoheren Raumdimensionen.

Wir betrachten wieder das Modellproblem (2.9). Einfachheitshalber seienbeide Randbedingungen homogen, insbesondere α = β = 0 sowie S =V = {v ∈ H1(0, 1) : v(1) = 0}.Auf V ist die aus dem Randwertproblem hergeleitete Bilinearform (2.11a)sogar ein Innenprodukt.a Die zugehorige Norm ‖v‖a := a(v, v)1/2, v ∈ Vbezeichnet man als Energienorm.

aDie Definitheit ist eine Folge der homogenen wesentlichen Randbedingung.

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 106

Da a(·, ·) ein Innenprodukt ist, gilt bezuglich a(·, ·) und ‖ · ‖a die Cauchy-Schwarzsche Ungleichung

|a(u, v)| ≤ ‖u‖a ‖v‖a, ∀u, v ∈ V . (2.30)

Seien wie gehabt u die exakte Losung von (2.9) und uh ∈ V h de-ren Galerkin-Approximation aus dem endlichdimensionalen UnterraumV h ⊂ V . Wegen der fundamentalen Orthogonalitat des Galerkin-Ansatzes(Lemma 2.6) zusammen mit (2.30) gilt nun fur beliebige v ∈ V h

‖u− uh‖2a = a(u− uh, u− uh) = a(u− uh, u− v) + a(u− uh, v − uh)

= a(u− uh, u− v) ≤ ‖u− uh‖a ‖u− v‖a.

Ist ‖u − uh‖a 6= 0 (andernfalls ist die Ungleichung trivial), folgt also ‖u −uh‖a ≤ ‖u− v‖a fur beliebiges v ∈ V h, also auch

‖u− uh‖a ≤ infv∈V h

‖u− v‖a.

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 107

Da umgekehrt (wegen uh ∈ V h) auch infv∈V h ‖u − v‖a ≤ ‖u − uh‖a gilt,folgt

‖u− uh‖a = infv∈V h

‖u− v‖a.

Schließlich bemerken wir, dass das Infimum angenommen wird (V h istabgeschlossen), und erhalten

Satz 2.12 Fur die Galerkin-Approximation des Modellproblems bezuglichdes endlichdimensionalen Unterraums V h ⊂ V gilt

‖u− uh‖a = minv∈V h

‖u− v‖a. (2.31)

Dieses Resultat wird das Cea-Lemma genannt und ist eine der Saulen derfinite-Element Konvergenztheorie.

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 108

Cea-Lemma: Das Galerkin-Verfahren liefert als Naherung die Bestapproxi-mation an die Losung aus dem zugrundeliegenden Unterraum in einer demProblem angemessenen Norm. Wie gut diese Bestapproximation ist hangtnaturlich vom Unterraum ab.

Wir betrachten wieder als V h den Raum der stuckweise linearen stetigenFunktionen auf [0, 1] bezuglich eines Gitters Th mit den Knoten {xj}N+1

j=1

und den nodalen Basisfunktionen {φj}N+1j=1 . Zu gegebenem u ∈ V heißt

die Funktion Ihu ∈ V h definierta durch

(Ihu)(x) =N+1∑j=1

u(xj)φj(x)

die Interpolierende von u bezuglich V h. Ihu ∈ V h besitzt die gleichenFreiheitsgrade wie u ∈ V : (Ihu)(xj) = u(xj), j = 1, . . . , N + 1. Ih ist eineProjektion von V nach V h.

aEin Satz von Sobolev besagt, dass die punktweise Auswertung von H1-Funktionen wohl-definiert ist. Bei Funktionen lediglich aus L2 ist dies nicht der Fall.

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 109

Wie sich herausstellt, besitzt die Interpolierende die gleiche Approximati-onsordnung wie die Bestapproximation. Es genugt also, erstere zu ana-lysieren. Aus diesem Grund spielen Interpolationsabschatzungen wie diefolgende eine große Rolle in der FEM.

Lemma 2.13 Liegt die Losung u von (2.9) in H2(0, 1),a so gilt mit denobigen Bezeichnungen sowie h := maxN

j=1 hj

‖u− Ihu‖a ≤ Ch‖u′′‖

mit einer von u und h unabhangigen Konstanten C.

ad.h. ist die zweite Ableitung u′′ (im schwachen Sinne) noch quadratisch integrierbar

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 110

Beweis von Lemma 2.13: Wir zeigenZ xj+1

xj

[(u− Ihu)′(x)]2 dx ≤ ch2j

Z xj+1

xj

u′′(x)2 dx, j = 1, . . . , N. (2.32)

Aufsummieren liefert dannZ 1

0

[(u− Ihu)′(x)]2 dx ≤ ch2

Z 1

0

u′′(x)2 dx,

und damit die Behauptung mit C =√

c.

Sei hierzu e := u− Ihu; da Ihu linear auf [xj , xj+1] ist (2.32) aquivalent mitZ xj+1

xj

e′(x)2 dx ≤ ch2j

Z xj+1

xj

e′′(x)2 dx.

Diese Beziehung geht mit der Substitution ξ = (x− xj)/hj , be(ξ) := e(x(ξ)), uber inZ 1

0

be′(ξ)2 dξ ≤ c

Z 1

0

be′′(ξ)2 dξ.

Diese Form enthalt kein hj mehr; man nennt dieses Vorgehen oft Homogenitats-oder Skalierungsargument.

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 111

Da be = 0 an den Endpunkten ξ = 0, 1 existiert nach dem Satz von Rollea eine Zwi-schenstelle ξ0 ∈ (0, 1) mit be′(ξ0) = 0. Mit Hilfe der Darstellung be′(ξ) =

R ξ

ξ0be′′(η) dη

folgt dann

|be′(ξ)| = ˛Z ξ

ξ0

1 · be′′(η) dη

˛≤

„Z ξ

ξ0

12 dη

«1/2 „Z ξ

ξ0

be′′(η)2 dη

«1/2

= |ξ − ξ0|1/2

„Z ξ

ξ0

be′′(η)2 dη

«1/2

≤ |ξ − ξ0|1/2

„Z 1

0

be′′(η)2 dη

«1/2

.

Integration dieser Ungleichung uber (0, 1) liefertZ 1

0

be′(ξ)2 dξ ≤Z 1

0

|ξ − ξ0| dξ| {z }≤ 1

2=:c

Z 1

0

be′′(η)2 dη.

aMan kann durch einen Dichtheitsschluss zeigen, dass der Satz von Rolle auch fur H2-Funktionen gilt.

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 112

Satz 2.14 Liegt die Losung des Modellproblems in H2(0, 1), so gilt fur dieGalerkin-Approximation mittels linearer Elemente uh

‖u− uh‖a ≤ Ch‖u′′‖ (2.33)

mit einer von u sowie h unabhangigen Konstanten C.

Bemerkung 2.15 (a) Nach Satz 2.14 konvergiert die Galerkin-Approximationin der Energienorm gegen die exakte Losung fur h → 0, d.h. wenn dieGitterweite beliebig klein wird.

(b) (2.33) hangt allein vom Approximationsraum und der Regularitat derLosung ab und ist deshalb ein Beispiel fur eine a priori Abschatzung.

(c) Aufgrund der Variationsformulierung muß u zunachst nur in H1 liegen.Die Fehlerabschatzung fordert zusatzlich u ∈ H2, also zusatzlicheRegularitat. Dies ist typisch fur a priori Abschatzungen. Liegt u nur inH1, so kann man lediglich noch Konvergenz zeigen, nicht aber mit derRate O(h).

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 113

2.13.2 L2-Absch atzung

Oft ist auch das Verhalten des Fehlers in der L2-Norm von Interesse. Eineklassische Konstruktion, der sog. Nitsche-Trick, liefert bei H2-Regularitatder Losung in dieser Norm eine hohere Konvergenzrate.Ist w Losung des Hilfsproblems

−w′′ = u− uh, w′(0) = w(1) = 0,

so gilt

‖u− uh‖2 =∫ 1

0

(u− uh)2 dx = −∫ 1

0

w′′(u− uh) dx =∫ 1

0

w′(u− uh)′ dx

= a(u− uh, w) = a(u− uh, w − v), ∀v ∈ V h.

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 114

Mit der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung folgt

‖u− uh‖ ≤ ‖u− uh‖a ‖w − v‖a

‖u− uh‖=‖u− uh‖a ‖w − v‖a

‖w′′‖

⇒‖u− uh‖ ≤ ‖u− uh‖a infv∈V h

‖w − v‖a

‖w′′‖.

Satz 2.14 angewandt auf das Hilfsproblem liefert daraufhin

‖u− uh‖ ≤ ‖u− uh‖a Ch ≤ (Ch)2‖u′′‖ = C2h2‖f‖.

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 115

2.13.3 A posteriori Absch atzung

A posteriori Abschatzungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie denFehler in der berechneten Naherungslosung abschatzen. Wir betrachtenhierzu eine leicht geanderte Variante des Modellproblems:

−(p(x)u′(x)

)′ = f(x), x ∈ (0, 1), u(0) = u(1) = 0,

mit der zugehorigen Bilinearform und Energienorm

a(u, v) =∫ 1

0

p(x)u′(x)v′(x) dx, ‖u‖a.

Bezeichnet uh wieder die Galerkin-Approximation mit linearen Elementensowie e = u− uh den Approximationsfehler, so gilt

‖e‖2a = a(e, e) = a(u− uh, e) = (f, e)− a(uh, e).

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 116

Ferner gilt fur die stuckweise lineare Interpolation Ihe ∈ V h und damitaufgrund der Galerkin-Orthogonalitat

0 = a(e, Ihe) = a(u− uh, Ihe) = (f, Ihe)− a(uh, Ihe).

Durch Subtraktion der letzten beiden Gleichungen erhalten wir eine Dar-stellung der Energienorm des Fehlers:

‖e‖2a = (f, e−Ihe)−a(uh, e−Ihe) = (f, e−Ihe)−N∑

j=1

∫ xj+1

xj

p(uh)′(e−Ihe)′ dx.

Wir integrieren im letzten Term partiell und beachten, dass e − Ihe an denKnoten {xj}N+1

j=1 verschwindet:∫ xj+1

xj

p(uh)′(e− Ihe)′ dx = −∫ xj+1

xj

(p(uh)′

)′(e− Ihe) dx.

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 117

Definieren wir das Residuum r(uh) der Naherungslosung stuckweise aufjedem Element als

r(uh) := f +(p(uh)′

)′,

so erhalt die Fehlerdarstellung die Form

‖e‖2a =∫ 1

0

r(uh)(e− Ihe) dx,

und mit Hilfe der Cauchy-Schwarz Ungleichung die Abschatzung

‖e‖2a ≤(∫ 1

0

[h r(uh)]2p dx)1/2 (∫ 1

0

h−2(e− Ihe)2p−1 dx

)1/2

.

Dabei bezeichnet h = h(x) die Gitterweite im Element, das x enthalt. Mankann zeigen, dass ‖√ph−1(e − Ihe)‖ ≤ C‖e‖a gilt, womit wir in obigerAbschatzung erhalten

‖e‖a ≤ C‖h r(uh)p−1/2‖ =: η(uh).

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 118

Mit Hilfe der (berechenbaren) Große η(uh) kann man nun das FE-GitterTh dem geschatzten Fehler folgendermaßen anpassen: Man verandert dieGitteraufteilung solange, bis der Fehleranteil in jeden Element ungefahrgleich ist:

1. Starte mit einem groben Ausgangsgitter Th

2. Bestimme die Galerkin-Losung uh auf Th

3. Berechne den Gesamtfehler η(uh)

4. Falls η(uh) noch zu groß, bestimme neues Gitter Teh so, dass Fehleran-teile von η(uh) moglichst gleichmaßig auf die neuen Elemente verteiltist. Mit dieser neuen Triangulierung weiter bei 2.

Fur die Gitteranpassung und das globale Abbruchkriterium gibt es vieleHeuristiken.

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 119

Beispiel [Johnson et al.]: Wir betrachten eine kreisformige Membran (et-wa das Dach eines runden Zeltes) belastet durch deren Eigengewicht undgehalten am außeren Rand r = 1.01 und in der Mitte durch einen vertika-len Stab mit Radius ε = 0.01. Aus Symmetriegrunden kann das Problemeindimensional (in Polarkoordinaten) modelliert werden. Wir wahlen dieabhangige Variable fur die vertikale Auslenkung u = u(x) der Membran so,dass u(ε) = u(r) = 0. Die Auslenkung erfullt somit das Randwertproblem

−(xu′)′ = x, x ∈ (ε, r), u(ε) = u(r) = 0.

Wir losen dieses RWP mit linearen Elementen und adaptiver Gittersteue-rung. Die folgenden Abbildungen zeigen die berechnete Losung, die Ele-mente sowie die Residuumsfunktion. Es ist klar erkennbar, dass die adap-tive Strategie dort verfeinert, wo die Losung am steilsten ist.

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006

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Finite Elemente I 120

Adaptive FE-Losung des Beispielproblems

0.01 1.010

0.02

0.04

0.06

0.08

0.1

0.12

0.14

0.16

0.18

x

uh

0.01 1.010

5

10

15

xr(

uh )

Die Knoten sind rot eingezeichnet.

2.13 Konvergenzanalyse TU Bergakademie Freiberg, SoS 2006