23.01.2011 Offener Brief aus Deutschland an Thomas Quasthoff

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  • 8/7/2019 23.01.2011 Offener Brief aus Deutschland an Thomas Quasthoff

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    Offener Brief

    23. Januar 2010

    Sehr geehrter Herr Quasthoff,

    wie in mehreren deutschen Medien zu lesen war, werden Sie im Februar 2011 erstmaligin Israel auftreten - gemeinsam mit dem Israelischen Philharmonischen Orchester (IPO)unter Leitung von Zubin Mehta.Auf Ihrem Programm stehen unter anderem die Kindertotenlieder von Gustav Mahler.

    Wie schon andere vor uns mchten wir Sie nachhaltig bitten zu berdenken, ob Siewirklich den heutigen Staat Israel mit Ihrer begnadeten Stimme untersttzen mchten.So zumindest ist Ihr Auftritt mit dem IPO zu interpretieren. Wir sagen dies nicht einfachso dahin das IPO sieht das so. So heit es auf der Internetseite des Orchesters, bei derDarstellung der Zeit zwischen 1947 und 1956, dass in dieser Dekade einige der

    berhmtesten Knstler gekommen seien, um sich durch das Orchester mit dem StaatIsrael zu identifizieren. (www.ipo.co.il/eng/About/History/.aspx )

    Ist Ihnen wirklich daran gelegen, sich als unabhngiger Knstler vor den Karren desStaates Israel, damit eben auch seiner Politik, spannen zu lassen, whrend weltweitMenschen der vielen Toten des israelischen berfalls auf Gaza im Winter 2008 / 2009gedenken?

    In seinem jngsten Bericht an die Generalversammlung der Vereinten Nationen kritisierteder UN-Sonderberichterstatter und Vlkerrechtler Richard Falk die Tendenz derinternationalen Gemeinschaft, die bergriffe gegen die unter israelischer Militrkontrolleim Westjordanland und in Ostjerusalem lebenden Palstinenser nicht zur Kenntnis zu

    nehmen. Wegen dieser bergriffe trgt die israelische Besatzung zunehmend die Zgevon Apartheid. Richard Falk weist darauf hin, dass die Palstinenser zum Beispiel von derBenutzung der Straen ausgeschlossen sind, die den Bewohnern der benachbarten,vlkerrechtswidrigen und aus ideologischen Grnden nur Juden vorbehaltenenSiedlungen zur Verfgung stehen.

    Im Hinblick auf Ihr geplantes Gastspiel bedeutet die israelische Apartheidpolitik auch,dass diejenigenpalstinensischen Bewunderer Ihrer Kunst, dieunter israelischerBesatzung leben, nicht nach Tel Aviv kommen knnen, um Sie singen zu hren: DasGesetz verbietet es ihnen und Mauern, Zune und Checkpoints hindern sie daran.

    Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat in seinem Gutachten vom Juli 2004 den

    israelischen Mauerbau in den besetzten palstinensischen Gebieten fr illegal erklrt,alle israelischen Siedlungen in den besetzten palstinensischen Gebieten, einschlielichOst-Jerusalems fr rechtswidrig erklrt und festgehalten, da die von derBesatzungsmacht Israel ergriffenen Manahmen zur nderung des Rechtsstatus und derdemografischen Zusammensetzung des besetzten Ost-Jerusalems keine rechtlicheGltigkeit besitzen und null und nichtig sind.Bis heute missachtet Israel dieses Gutachten. Im Gegenteil: Der Mauerbau wurde nahezuvollendet, der Ausbau jdischer Siedlungen geht unverzglich weiter, in Ost-Jerusalembetreibt Israel eine Politik der Enteignung und Vertreibung der einheimischenpalstinensischen Bevlkerung der Stadt.

    http://www.ipo.co.il/eng/About/History/.aspxhttp://www.ipo.co.il/eng/About/History/.aspx
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    Die palstinensische Zivilgesellschaft hat im Juli 2005, ein Jahr nach dem Gutachten desIGH, dazu aufgerufen, gegen Israel solange Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen(BDS) zu verhngen, bis Israel dem internationalen Recht, also auch seine Verpflichtungumsetzt, den Palstinensern das unveruerliche Recht auf Selbstbestimmungzuzugestehen.

    Zu dieser inzwischen weltweiten gewaltlosen Bewegung gehren u.a. die RegisseureMike Leigh und Ken Loach, 180 Knstler aus Irland, 500 aus Montreal, auch dieinternationale Vereinigung der Knstler gegen Apartheid. Unter ihnen sind Juden undIsraelis, die nicht mehr hinnehmen wollen, dass Israel stndig versucht, seineVerletzungen der palstinensischen Menschenrechte hinter einer Fassade der Normalittzu verbergen.

    In den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat die chtung der Apartheid-Politik Sdafrikas durch die meisten Lnder der Welt dazu gefhrt, dass diese Politikbeendet und eine Regierung etabliert wurde, in der alle Bevlkerungsgruppen

    gleichberechtigt vertreten sind. Gerade die Weigerung vieler Kulturschaffender,Universitten und Sportorganisationen hat in besonderem Ma zu dieser Vernderungbeigetragen.

    Sehr geehrter Herr Quasthoff, wir bitten Sie dringend, Ihr Gastspiel in Israel abzusagen.Erteilen Sie der israelischen Politik von Apartheid, Unterdrckung und Besatzung eineAbsage.

    Mit vorzglicher Hochachtung

    Itaf Al-Abbadi, WachtbergEhrhardt Arendt, DortmundRuth Asfour ,OffenbachDr. Inge Bartke-AndersWinfried BelzJuliane BiebersteinHeinrich BrggemannMarlies BrggemannChristel Buchinger, BerlinDr. Annelise ButterweckErika ChristmannNorbert ChristmannDr. Rainer Duhm

    Hanja Van DyckMartin ForbergDoris GhannamSieglinde GravenhorstHans HaumannEvelyn Hecht-GalinskiDr. Thomas Hohnerlein, BerlinDietrich Hyprath, Sant Josep (Spanien)Souhail Kahla fr Palestinian Students for PeaceClaudia KarasDieter KaltenhuserElisabeth Kaltenhuser

    Dr. Kate P. Katzenstein-LeitererUrsel KammannDagmar KirscheAnnette Klepzig

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    Marianne KlugeManfred LotzeBrigitte Maske, BielefeldDr. Hajo G. Meyer, berlebender von 10 Monaten in AuschwitzDr. Izzeddin Musa, Wachtberg, Vors. G.H.U.P. e.V.Haret Musa, Wachtberg

    Sarah Musa, WachtbergGertrud Nehls fr den Arbeitskreis Nahost HagenRosemarie zur NiedenFatima RadjaieEllen Rohlfs, Leer, Mitglied von Gush ShalomProf.Dr. Werner RufIngrid RumpfGnter Schenk, StrasbourgMartin SelzerGudrun UllmannSiegfried UllmannRdiger Vehof, Bonn

    Dr. Viktoria WaltzSabine WernerAK Nahost BerlinBDS-Gruppe BerlinBerlin Academic BoycottJdische Stimme fr gerechten Frieden in Nahost e.V. (EJJP)Mnsteraner AK fr Frieden in Palstina und IsraelNakba-Gruppe BonnPalstina/Nahost-Initiative Heidelberg