15
01 2018 www.dsihk.sk 25 JAHRE SLOWAKEI Wirtschaftsbeziehungen mit Deutschland der Deutsch-Slowakischen Industrie- und Handelskammer

25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

  • Upload
    others

  • View
    1

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

012018

www.dsihk.sk

25 JAHRE SLOWAKEIWirtschaftsbeziehungen mit Deutschland

der Deutsch-Slowakischen Industrie- und Handelskammer

Page 2: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

Liebe Mitglieder und Freunde Das 25-jährige Staatsjubiläum der Slowakischen Republik bietet einen guten Anlass, den hervorragenden Stand der Wirt-schaftsbeziehungen zwischen Deutschland und der Slowakei zu würdigen. Mit vor-l iegender Sonderausgabe unseres Newsletters möchten wir Ihnen eine Erfolgs-geschichte präsentieren, an der viele Unternehmen — nicht zuletzt auch die zahlreichen Mitglieder der DSIHK — mit ihrem Engagement einen Beitrag geleistet haben. Anhand von Gastbeiträgen, Interviews und Erfahrungsberichten dokumentieren wir die bee indruckend e Entwick lung der wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder während der letzten 25 Jahre, Die Zahl der in der Slowakei tätigen deutschen Unternehmen ist in dieser Zeit auf gut 500 angestiegen. Diese Firmen sind Arbeitgeber für über 120.000 Beschäftigte im Land und mischen in vielen Branchen unter den Marktführern mit. Besonders erfreulich ist der Werdegang von der rein verlängerten Werkbank zum Standort mit steigendem Wertschöpfungsanteil, lokaler Fertigungstiefe und Entwicklung. Natürlich mangelt es auch nicht an Heraus-forderungen, etwa bei der Mitarbeiter-qualifizierung oder der Innovationsschöpfung. Wenn die Slowakei hier die richtigen Akzente setzt, dürfte dem bisherigen Aufwärtstrend auch während der nächsten 25 Jahre nichts im Wege stehen. Ihr Jürgen Knie, Präsident DSIHK

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

INHALT

THEMA DES MONATS: 25 JAHRE SLOWAKEI

Grußwort von Joachim Bleicker,

deutscher Botschafter in der Slowakei

Grußwort von Peter Lizák, slowakischer Botschafter in Deutschland

Deutschland ist wichtigster Handelspartner der Slowakei

Erfolgsbilanz mit Bremsspuren — Automobilindustrie gibt Takt vor

Jozef Uhrík (ZAP SR): „Die Entwicklung in der Slowakei ist ein Wunder.“

25 Jahre Vertretung der deutschen Wirtschaft in der Slowakei

Michal Hrabovec (Anasoft): „Deutschland betrachten wir als Heimatmarkt.“

Knott Modra als deutsch- slowakische Familienfirma

Peter Lazar (Scheidt & Bachmann): „Die Slowakei hat einen Riesensprung gemacht.“

S. 03

S. 04

S. 05

S. 07

S. 10

S. 11

S. 13

S. 14

S. 15

Page 3: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

NEWSLETTER 1/2018

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

GRUSSWORT Joachim Bleicker, deutscher Botschafter in der Slowakei

Vor 25 Jahren, im Jahr 1993, lösten Tschechen und Slowaken friedlich die Bande ihrer Föderation: Die Slowakei wurde unabhängig. Von Anfang an war Deutschland mit einer Botschaft im neu geborenen Staat präsent, so dass wir zugleich das 25. Jubiläum unserer bilateralen Beziehungen feiern. Die Slowakei ist heute ein weltweit geschätzter und geachteter Staat. Als Mitglied des Schengenraums, mit der Einführung des Euro und zuletzt der Teilnahme an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit bei der europäischen Verteidigung steht die Slowakei im Kern der europäischen Integration und will sie aktiv mitgestalten. Deutschland hat den Weg der Slowakei von Anfang an eng begleitet. Schon im deutsch-tschecho-slowakischen Nachbarschaftsvertrag von 1992 findet sich Unterstützung für den Weg in EU und NATO. Investoren aus Deutschland gehörten zu den Pionieren, die das Fundament für eine erfolgreiche Transformation der Wirtschaft legten. Bundesaußenminister Gabriel scherzte jüngst: Ohne die Slowakei wären die deutschen Straßen leer. Die deutsche Sprache und die deutsche Kultur treffen auf ein ungebrochenes Interesse, die zahlreichen Zeugnisse deutscher Siedler prägen das Land bis heute. Die schwierigen Kapitel der gemeinsamen Geschichte im 20. Jahrhundert werden mit Respekt und gegenseitiger Empathie besprochen. Es zeichnet die Slowakei aus, dass ihr erstes frei gewähltes Parlament schon 1991 einen historischen Schritt der Versöh-nung ging, indem es Unrecht im Zusammenhang mit den Vertreibungen bedauerte. Der Erfolg der Slowakei führt dazu, dass sich das Land mit ungewohnten Problemen konfrontiert sieht: Galt es bislang, Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, müssen nun Rezepte gegen den Fachkräftemangel gefunden werden. Lockte die Slowakei in der Vergangenheit Investoren mit niedrigen Löhnen, haben die Gehälter zuletzt Sprünge nach oben gemacht. War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben. Unsere Länder werden sich zunehmend ähnlicher. Es lohnt daher, gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Der „vertiefte Dialog“ zwischen unseren Ländern, den Premier-minister Fico und Bundeskanzlerin Merkel im vergangenen Jahr initiierten, bietet ein Forum zum Austausch über die Herausforderungen der Zukunft – seien es Bildung oder Digitalisierung oder die Zukunft der EU. Ihre Erfolge waren der Slowakischen Republik vor 25 Jahren keinesfalls in die Wiege gelegt: Sie wurden möglich, weil die Menschen in diesem Land sehr bald erkannten: Die besten Chancen auf ein Leben in Freiheit und Sicherheit bietet uns das vereinte Europa. Und das ist es wohl, was uns, Deutsche und Slowaken, am stärksten verbindet. Unser Erfolg geht einher mit dem Voranschreiten der europäischen Integ-ration. Unser Schicksal und unsere Zukunft: Das ist ein vereintes, ein starkes Europa.

3

DEUTSCH ALS CHANCE. DEUTSCHKONGRESS AM 2./3 JULI 2018 Deutschkenntnisse haben einen großen Mehrwert für eine Karriere. Deswegen dreht sich am 2. / 3. Juli in Ružomberok alles um die deutsche Sprache in der Slowakei. Experten und Entscheider aus Bildung und Wissenschaft, aus Wirtschaft und Politik kommen zusammen. Ihr gemeinsames Anliegen: Mehr Eltern und Schüler bewegen, sich für Deutsch als Fremdsprache zu entscheiden. Anlass ist eine Umfrage der DSIHK und Advantage Austria aus dem Vorjahr, die den Handlungsbedarf aufzeigt. Unternehmen haben die Möglichkeit, erfolgreiche Kooperationen mit Schulen und Universitäten zu präsentieren und neue Kontakte zu knüpfen. Sie sind herzlich eingeladen! Der Deutschkongress steht unter der Schirmherrschaft des slowakischen Bildungsministeriums sowie der Botschafter der deutschsprachigen Länder – Österreichs, der Schweiz und Deutschlands. Kontakt: [email protected]

Joachim Bleicker

© Deutsche Botschaft

Page 4: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

NEWSLETTER 1/2018

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

GRUSSWORT Peter Lizák, slowakischer Botschafter in Deutschland

Mein Land hat in der Zeit seit 1993 eine wirklich faszinierende Entwicklung durchgemacht. Jeder neue Staat ist mit anspruchs-vollen Herausforderungen konfrontiert, sei es die Schaffung effektiver Institutionen, die wirtschaftliche Entwicklung oder die Kultivierung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der öffentlichen Diskussion. Im Fall der Slowakei war dieser Prozess umso schwieriger, weil wir zum Zeitpunkt der Entstehung sogar eine zweifache Transformation nach 1989 durchlaufen hatten – von der Plan- zur Marktwirtschaft und gleichzeitig vom kommunistischen System zur liberalen Demokratie. Ich bin stolz darauf, wie die Slowakei diese Herausforderungen gemeistert hat. Heute gehören wir zum engen Kern der EU, einschließlich unserer Zugehörigkeit zur Eurozone und dem Schengenraum. Der Lebensstandard der Mehrheit unserer Bevölkerung ist deutlich gestiegen. Wir sind ein verlässlicher NATO-Verbündeter. Es ist eine natürliche Rück-kehr des Landes nach Europa, wo die Slowakei schon immer nicht nur geografisch, sondern auch wirtschaftlich, kulturell und historisch hingehört hat. Der Erfolg der Slowakei ist in Wirklichkeit ein Erfolg der europäischen Integration, bei der wir mit Deutschland von einem starken Partner begleitet wurden. In den 14 Jahren unserer EU-Mitgliedschaft wurde die Bundesrepublik zum bedeutendsten politischen und wirtschaftlichen Partner der Slowakei, und unsere Zusammenarbeit gedeiht auf allen Ebenen. Es freut mich als Botschafter sehr, dass die Außenminister beider Länder im letzten Sommer ein gemeinsames Memorandum über einen vertieften, systematischen Dialog zwischen den Regierungen unserer Länder unterzeichnet haben. Dies, glaube ich, wird unsere ausgezeichneten bilateralen Beziehungen noch weiter vertiefen und gleichzeitig die EU stärken. Einen Beleg für die Bedeutung der deutsch-slowakischen Wirtschaftsbeziehungen liefert auch ein anderes rundes Jubiläum. Dieses Jahr wird Deutschland zum 20. Mal in Folge unser größter Handelspartner sein. In den letzten acht Jahren und mit großer Wahrscheinlichkeit auch in diesem Jahr erreicht der bilaterale Warenaustausch einen neuen Rekordwert. Ungefähr ein Drittel des gesamten Außenhandels der Slowakei und ein wesentlicher Teil der ausländischen Direktinvestitionen wird gerade mit Deutschland realisiert. Auch dank hunderter deutscher Unternehmen aus der Maschinenbau-, Automobil-, Elektro- und Chemieindustrie, die in der Slowakei fast 94.000 Mitarbeiter beschäftigen, sind wir eine der am schnellst wachsenden Volkswirtschaften der Eurozone, die zugleich die Maastricht-Kriterien erfüllt. Außer den bereits erwähnten politischen und wirtschaftlichen Parametern der bilateralen Beziehungen spielt es meines Erachtens auch eine wichtige Rolle, dass wir mit Deutschland gemeinsame Werte und eine ähnliche Denkweise teilen. Dass wir heute in einer der reichsten und bestverwalteten Regionen der Welt leben, ist gar keine Selbstverständlichkeit. Ich glaube fest daran, dass sich unsere wechsel-seitigen Beziehungen mit Deutschland auch weiterhin positiv und zu Gunsten der Zukunft der EU entwickeln werden.

4

EMPFANG ZUM 25. JUBILÄUM DER SLOWAKISCHEN REPUBLIK In der Slowakischen Botschaft in Berlin fand am 10. Januar 2018 ein feierlicher Empfang anlässlich des 25. Jubiläums der Entstehung der Slowakischen Republik statt. In die Räumlich-keiten der Botschaft kamen rund 500 Gäste, darunter Mitglieder des Deutschen Bundes-tages, Repräsentanten des Auswärtigen Amtes und weiterer Ministerien sowie Botschafter anderer Länder. Botschafter Peter Lizák überreichte während des Empfangs die Auszeichnung des Ministers für Auswärtige und Europäische Angelegenheiten der SR für außerordentliche Verdienste um die Entwicklung der bilateralen Beziehungen an: Bartholomäus Kalb (Mitglied des Deutschen Bundes-tages), Prof. Walter Koschmal (Universität Regensburg), Brunhilde Reitmeier-Zwick (Karpatendeutsche Landsmannschaft) und das Deutsche Kultur-forum östliches Europa. Pressemeldung der Slowakischen Botschaft in Berlin vom 16.1.2018

Peter Lizák

© Slowakische Botschaft

Page 5: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

UNSERE PREMIUM- MITGLIEDER

Das Volumen des bilateralen Warenaustauschs ist in den vergangenen 25 Jahren mit Ausnahme von 1999, 2005 und 2008/09 stets gewachsen. 2016 erreichte der gemeinsame Handel einen Wert von mehr als 27 Mrd. Euro. Für deutsche Unternehmen ist die Slowakei als Absatzmarkt wichtiger als Indien, Portugal oder Kanada. Sie verkauften in den ersten drei Quartalen 2017 zwischen Donau und Tatra Produkte für 10 Mrd. Euro. Am meisten gefragt sind Fahrzeuge und Kfz-Teile, Maschinen und elektrotechnische Erzeugnisse.

Gerit Schulze, Germany Trade & Invest

AHK KONJUNKTUR-UMFRAGE 2018 Auch 2018 liefert die traditionelle AHK-Konjunkturumfrage ein interessantes Stimmungsbild für Mittel- und Osteuropa. Unternehmen können sich noch bis 2. März an der Umfrage beteiligen. Online-Fragebogen: https://goo.gl/suRoK8

NEWSLETTER 1/2018

STATISTIK DES MONATS Deutschland ist wichtigster Han-delspartner der Slowakei

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

5

Page 6: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben
Page 7: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

NEWSLETTER 1/2018

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

25 JAHRE SLOWAKEI Erfolgsbilanz mit Bremsspuren — Automobilindustrie gibt Takt vor

Als Tschechien und die Slowakei am 1. Januar 1993 getrennte Wege gingen, hatte die Teilrepublik zwischen Tatra und Donau schlechte Karten. Sie war deutlich ärmer als die böhmisch-mährischen Nachbarn, kam pro Kopf nur auf 60 Prozent der tschechischen Wirtschaftsleistung. Während Prag mit Schocktherapie in die Markt-wirtschaft spurtete, folgte Bratislava mit angezogener Handbremse. Die bleiernen Jahre der Mečiar-Ära mit Fokus auf Staatsbetriebe sorgten für einen Brain Drain junger Talente. Für deutsche Unternehmen war die Slowakei damals kein Investorenparadies. Der Knoten platzte erst mit der Einführung der Flat Tax und dem EU-Beitritt 2004. Plötzlich schnellte die Konjunkturkurve nach oben, das Handelsvolumen mit Deutschland hat sich seitdem verdreifacht. Gut ausgebildete Fachkräfte und günstige Lohnkosten sowie wachsende Rechts-sicherheit durch Normenvorgaben aus Brüssel ließen vor allem in der Westslowakei Investitionsprojekte aus dem Boden sprießen. Taktgeber war die Automobilindustrie, die quasi aus dem Nichts zum wichtigsten Wirtschaftszweig im Land aufgestiegen ist. Davon angezogen wurde zum Beispiel der fränkische Zulieferer Brose, der vor 15 Jahren bei Bratislava ein Werk für Türsysteme und Fensterheber eröffnete. Inzwischen hat das Unternehmen eine zweite Fabrik in Prievidza. „Die Lage des Landes und die Nähe zu unseren Hauptkunden beeinflussten die Standortwahl“, sagt Axel Mallener, der dortige Brose-Werksleiter. Wichtig seien auch die Verfügbarkeit von Mitarbeitern und der Kostenvorteil gewesen.

7

DER WEG VON WITZEN-MANN IN DIE SLOWAKEI Die Maschinenbau-fabrik Vlkanovské strojárne in Vlkanová geriet Anfang der 1990er Jahre in den Blickpunkt des Mittel-ständlers Witzenmann aus Pforzheim. „Witzenmann kam auf den Standort Slowakei über die Privatisierung in Ostdeutschland“, berichtet Ružena Štubianová, Geschäfts-führerin von Witzen-mann Slovakia über die Anfänge ihres Unternehmens. Der damalige Geschäfts-führer der neuen Witzenmann-Tochter in Zwickau kannte Vlkanovské strojárne noch aus Partner-schaften während sozialistischer Zeiten. Er empfahl der Unternehmenszentrale, den nächsten Standort in Vlkanová aufzubauen, weil die Produktion von flexiblen Metall-schläuchen und Bodenzügen zum Portfolio von Witzenmann passe. „Im Frühjahr 1993 begannen wir hier mit drei Leuten im Vertrieb und nahmen ein Dreivierteljahr später die Fertigung auf“, schildert Štubianová weiter. „So konnten wir uns zu einer modernen und prosperierenden Firma entwickeln.“

Page 8: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

NEWSLETTER 1/2018

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

25 JAHRE SLOWAKEI Erfolgsbilanz mit Bremsspuren — Automobilindustrie gibt Takt vor

Fortsetzung von S. 7 Da die Rekrutierung von qualifizierten Arbeitskräften immer schwieriger wird, bildet Brose seit September 2017 mehr als 30 Mechatroniker und Industriemechaniker selbst aus. Betriebschef Mallener glaubt an die Zukunft des Landes: „Nicht umsonst machen wir die Slowakei zum wichtigsten Entwicklungsstandort für Fensterheber.“ Auch die niedersächsische Stiebel Eltron verstärkt ihr Engagement. Das Unternehmen hatte 2004 den ostslowakischen Elektrogerätehersteller Tatramat übernommen, den lokalen Marktführer für Warmwassergeräte. Mehr als 25 Millionen Euro haben die Norddeutschen seitdem in Poprad investiert. „Die Übernahme half uns, den mittel- und osteuropäischen Raum besser zu erschließen“, erklärt Ralf-Rainer Nolte, Geschäftsführer bei Tatramat. „Durch die Produktion vor Ort reduzierten wir die Reaktionszeiten bei Marktveränderungen und senkten unsere Transportkosten.“ Zu den Standortvorteilen zählt Nolte den Euro, „der uns einfache Abrechnungen mit der Zentrale ermöglicht und Währungsrisiken unterbindet“. Außerdem finde er vor Ort deutschsprachiges Personal, das einen optimalen Informationsaustausch mit Deutschland gewährleiste. Kritisch sieht der Geschäftsführer die Verkehrsinfrastruktur in der Ostslowakei. In Zukunft will Stiebel Eltron das Werk zu Füßen der Tatragipfel noch stärker auf Warmwassergeräte und Wärmepumpen spezialisieren und die eigenen Entwicklungskompetenzen ausbauen. „Der Standort soll wachsen, um die zukünftigen Produktionsmengen der Stiebel Gruppe abdecken zu können“, so Nolte.

8

CHRONIK DER WIRT-SCHAFTSBEZIEHUNGEN 1993 Die Wirtschaft der Slowakischen Republik befindet sich im ersten Jahr in schlechter Verfassung. Das Bruttoinlandsprodukt sinkt im Vergleich zum Vorjahr um 4,1%, die Industrieproduktion schrumpft: um 13,5%. Die Inflation liegt bei 25,1%, die Arbeits-losigkeit steigt auf 14,4%. Die Slowakei ist ein klassisches Niedrig-lohnland. Der Mindest-lohn beträgt 81 Euro brutto im Monat, der Durchschnittslohn liegt bei 178,55 Euro monatlich. Mit BASF, Degussa, Linde und Siemens zeigen gleich vier im Deutschen Aktienindex notierte Konzerne in der Slowakei Präsenz. Sie folgen den DAX-Unternehmen Hoechst und Volkswagen, die bereits vor 1993 im Land investiert haben. Der bilaterale Außen-handel liegt noch in der Wiege. Deutsche Unternehmen exportieren Waren im Wert von 762.000 Euro in die Slowakei. Die Ausfuhren slowakischer Firmen nach Deutschland wiederum betragen 717.000 Euro.

Page 9: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

NEWSLETTER 1/2018

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

25 JAHRE SLOWAKEI Erfolgsbilanz mit Bremsspuren — Automobilindustrie gibt Takt vor

Fortsetzung von S. 8 Unter den deutschen Investoren in der Slowakei sind viele Mittelständler, die häufig arbeitsintensive Produktionen hierher verlegten. Darunter die rheinland-pfälzische Meton GmbH, Hersteller von mobilen Schutzwänden für Baustellen auf Autobahnen und Straßen. Als ein slowakischer Lieferant aus der Region Prešov 2013 seinen Betrieb einstellte, übernahm Meton Produktion, Fertigungshalle und Mitarbeiter in Levoča. „Das günstige Lohnniveau, die niedrigen Steuern und die Nähe zu den Zuliefer-betrieben waren wichtige Faktoren für unsere Investitionsentscheidung“, erklärt Werner Möhlecke, Geschäftsführer der slowakischen Tochterfirma Levotec. Als Negativfaktoren nennt der Manager den Strompreis, die Bürokratie und den schwierigen Zugang von Nicht-EU-Bürgern zum Arbeitsmarkt. „Der Fachkräfte-mangel bereitet uns allergrößte Probleme, damit hatten wir 2014 am wenigsten gerechnet.“ Fast alle deutschen Unternehmen im Land klagen über das Problem. Auch der schwäbische Drehteile-Spezialist GeWiS Gruppe, der schon 1991 in die Region Horná Nitra gegangen war und nun händeringend Dreher, Fräser oder CNC-Programmierer sucht. Das Unternehmen engagiert sich deshalb beim Aufbau eines dualen Berufs-bildungssystems in der Slowakei. „Zwar hat das System noch einige Schwachstellen, etwa den zu geringen Praxisanteil, trotzdem glauben wir an den Erfolg dieses Modells“, meint Geschäftsführer Wilhelm Strobel. An zwei Standorten produziert die GeWiS Slovakia s.r.o. Bauteile für die Automobil- und Elektroindustrie. „Heute ist es viel leichter als vor 25 Jahren, in der Slowakei wirtschaftlich tätig zu sein“, sagt Wilhelm Strobel. „Die Infrastruktur der Region hat sich verbessert, die Mitgliedschaft in der EU sorgt für klare Rahmenbedingungen und der Strukturwandel vom dominierenden Bergbau zu einer diversifizierten Industrielandschaft ist gut gelungen.“ Der angespannte Arbeitsmarkt und die steigenden Löhne könnten zum Katalysator werden für eine Modernisierung der slowakischen Wirtschaft. Das starke Engagement westlicher Investoren und die hohe Exportquote von fast 100 Prozent der Wirtschaftsleistung sorgen dafür, dass vernetzte Produktionsprozesse und das Internet der Dinge Einzug halten. Vorreiter bei der Automatisierung sind die Autofabriken. Im VW-Werk Bratislava bringen schon jetzt fahrerlose Transportroboter Ersatzteile an die Fließbänder. Sie wurden vom Technologieinstitut CEIT in Zilina entwickelt und sind ein erster Vorbote für Industrie 4.0 in der Slowakei. Neben der Fahrzeugbranche ist der Logistiksektor ein Treiber. Er muss den Auto-fabriken bedarfs- und reihenfolgesynchron die Komponenten liefern und schnell wachsende Transportmengen bewältigen können. Eine Herausforderung, die ohne digitale Prozesse nicht zu bewältigen ist. Logistikunternehmen wie DB Schenker, DHL oder Metrans haben eine starke Marktposition und gehören auf dem Zukunftsfeld der Digitalisierung zu den Vorreitern. Die deutsch-slowakische Erfolgsgeschichte geht also weiter. Gerit Schulze, Germany Trade and Invest

9

1994-1998 1995 verzeichnet der bilaterale Handel nach Angaben des Statistischen Bundes-amtes den größten Jahreszuwachs in seiner Geschichte. Das deutsch-slowakische Außenhandelsvolumen steigt um 47 Prozent auf 3,2 Mrd. Euro. Ende 1996 beläuft sich der Wert der deutschen Direkt-investitionen laut Statistik der Slowakischen National-bank (NBS) auf rund 300 Mio. Euro. Dies entspricht einem Anteil von 27 Prozent an den gesamten Auslands-investitionen in der Slowakei. Deutschland ist damit knapp vor Österreich der führende ausländische Investor. Nach der Industrie kommt auch der deutsche Einzelhandel in der Slowakei an. 1995 öffnen die ersten Drogeriemärkte von dm. Mit Übernahme der österreichischen Billa-Gruppe fallen 1996 auch deren slowakische Super-märkte dem Rewe-Konzern zu. Im Februar 1998 läuft mit einem VW Golf das 100.000 bei Volkswagen Slovakia produzierte Fahrzeug von den Bändern.

Page 10: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

NEWSLETTER 1/2018

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

25 JAHRE SLOWAKEI Jozef Uhrík: „Die Entwicklung in der Slowakei ist ein Wunder.“

Die Automobilindustrie hat einen wichtigen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufschwung der Slowakei geleistet. Die DSIHK unterhielt sich mit dem ehemaligen Top-Manager von Volkswagen Slovakia und dem heutigen Ehrenpräsidenten des slowakischen Verbands der Automobilindustrie (ZAP SR) Jozef Uhrík. Herr Uhrik, Sie haben die Entwicklung von Volkswagen in der Slowakei von Anfang an miterlebt. Wie beurteilen Sie den Werdegang? Unsere Ziele zu Beginn waren bescheiden. Uns ging es vor allem um den weiteren Betrieb von Bratislavské automobilové závody durch Volkswagen mit einer Produktionskapazität von 30.000 Fahrzeugen pro Jahr. Unsere Hauptaufgabe in den Anfangs-jahren bestand in der Qualifizierung der Mitarbeiter. Weil Qualität und Kosten stimmten, ging es dann zügig aufwärts. 2003 erreichten wir schließlich einen Meilenstein, als VW SK zum ersten Mal 1.000 Autos an einem Tag produzierte. Lag die Slowakei mit dem Ausbau der Kfz-Industrie richtig? 1993 hatten wir große Probleme. Die slowakische Industrie war um mehr als 40 Prozent geschrumpft. Wir brauchten dringend einen Produktionszweig, welcher das Potenzial hatte, mehr Menschen mit unterschiedlichem Qualifikationsniveau eine Beschäftigung zu geben. Für uns war das wichtigste Thema in dieser Zeit die Automobilbranche. Die Herstellung von Fahrzeugen verbindet verschiedene Teile der Industrie und sorgt für Nachfrage in weiteren Sparten wie Chemie, Metallurgie und Elektronik. Das Ergebnis, das wir jetzt in der Slowakei haben, ist ein relativ großes Wachstum. Das ist wirklich ein Wunder, was wir in der Slowakei erreicht haben. 2004 wurden Sie zum ersten Präsidenten der DSIHK-Vorgängerorganisation Deutsch-Slowakische Kaufmannschaft gewählt. Wie war diese entstanden? In jener Zeit fehlte in der Slowakei eine wirtschaftliche Institution mit Verbindung zu Deutschland. Mit dem ehemaligen Siemens-Generaldirektor Peter Kollárik entschie-den wir uns, Druck zur Gründung einer deutschen Auslandshandelskammer zu machen, Wir schrieben Briefe, in denen wir auf die große Verbindung zur deutschen Industrie und den Bedarf nach einer bilateralen Kammerorganisation hinwiesen. Die Antwort aus Berlin war positiv, sodass wir uns schnell daran machten, für die organi-satorischen Grundlagen zu sorgen. Ich war bereit, Präsident zu sein. Danach kamen jüngere Leute, und wie ich beobachtet habe, funktioniert die Organisation perfekt.

10

1998-2002 Nach dem Regierungs-wechsel 1998 wird in den Folgejahren die Privatisierung großer Staatskonzerne eingeleitet. Der Versicherer Allianz, der Telekommunikations-anbieter Deutsche Telekom sowie die Energieversorger E.ON, Ruhrgas und RWE nutzen die Gelegenheit, um auf dem slowakischen Markt einzusteigen. Infolgedessen kommt es in den Jahren 2000 und 2002 zu einem enormen Zufluss der deutschen Direkt-investitionen um 1,6 Mrd. Euro bzw. 2,6 Mrd. Euro. Mehrere deutsche Unternehmen weiten ihre Tätigkeit in der Slowakei aus. Der Kfz-Zulieferer Continental gründet 1998 ein Joint Venture mit dem slowakischen Reifen-hersteller Matador in Púchov. Die Schaeffler-Gruppe baut 1999 eine zweite Lagerfabrik in Kysucké Nové Mesto, der Kabelfertiger Leoni eröffnet 2000 das dritte Werk in Stará Turá. Der bayerische Milch-konzern Meggle übernimmt Anfang 2002 von NÖM die Anteile an der slowaki-schen Traditions-molkerei Rajo.

Jozef Uhrík

© ZAP SR

Page 11: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

NEWSLETTER 1/2018

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

25 JAHRE SLOWAKEI 25 Jahre Vertretung der deut-schen Wirtschaft in der Slowakei

Mit der Staatsgründung zum 1. Januar 1993 stellte sich auch die Frage nach der offiziellen Vertretung der deutschen Wirtschaft in der Slowakischen Republik. Die Schritte zur Deutsch-Slowakischen Industrie- und Handelskammer, wie wir sie heute kennen, spiegeln die politische und wirtschaftliche Entwicklung der Slowakei wider.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) beschloss 1993 einen Delegierten der deutschen Wirtschaft in der Slowakei zu etablieren. Dieser sollte als erster Ansprechpartner für deutsche Unternehmen und Sprecher der deutschen Geschäftswelt gegenüber der slowakischen Politik dienen. Im selben Jahr wurde die Deutsch-Tschechische Industrie- und Handels-kammer (AHK Tschechien) gegründet. Erster Delegierter für die Slowakei wurde der Geschäfts-führer der AHK Tschechien, Jürgen Möllering. Die

AHK in Prag bot auch für die Marktberatung in der Slowakei die erforderliche Infra-struktur. In Bratislava wurde ein Büro errichtet, das von Jozef Kruppa geleitet wurde. Die Politik der Slowakei in den Anfangsjahren war geprägt von Vladimír Mečiar. Trotz Assoziierungsabkommen mit der EU war der EU-Beitritt für die slowakische Regierung alles andere als Priorität. Die Westorientierung wurde von einigen Politikern offen in Frage gestellt. Dementsprechend verhalten war das Engagement deutscher Unternehmen. In dieser unsicheren Situation wurde am relativ flexiblen Konzept eines Delegiertenbüros zunächst festgehalten.

11

2002-2006 Der EU-Beitritt der Slowakei sowie die Arbeitsmarkt– und Steuerreformen lösen eine neue Investitions-welle aus. Auch zahlreiche deutsche Mittelständler entscheiden sich nun, einen Produktions-standort aufzubauen. Darunter befinden sich Firmen wie Bernecker, Brückner, BWG, Gronbach oder Wöhrle. Das Delegiertenbüro der deutschen Wirtschaft führt im Frühjahr 2004 die erste Konjunkturumfrage unter deutschen Investoren in der Slowakei durch. Die Stimmung ist blendend, sieben von zehn befragten Unternehmen erwarten steigende Umsätze. Zu den Top-Standort-faktoren gehören u.a. die Arbeitskräfte-verfügbarkeit und das Steuersystem. 95 Prozent würden ihre Investition in der Slowakei wiederholen. 2006 besucht der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ludolf von Wartenberg, die Slowakei. Auf der ersten Mitglieder-versammlung der DSIHK lobt er das hohe Niveau des intra-industriellen Aus-tauschs beider Länder.

Jürgen Möllering (Mitte), erster Delegierter für die Slowakei

© AHK Tschechien

Page 12: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

NEWSLETTER 1/2018

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

25 JAHRE SLOWAKEI 25 Jahre Vertretung der deut-schen Wirtschaft in der Slowakei

Fortsetzung von S. 11 Die Lage änderte sich 1998 mit der Wahl von Mikuláš Dzurinda zum neuen Ministerpräsidenten. Das beherzte Reformprogramm seiner Regierung zielte auf die rasche EU-Mitgliedschaft. Dies stärkte das Vertrauen der deutschen Wirtschaft in die ökonomische Zukunft der Slowakei. Der Delegierte der deutschen Wirtschaft Dieter Mankowski, der auch Geschäftsführer der AHK Tschechien war und Ralf Sedlmayr, der erste Vollzeit in Bratislava tätige Delegierte, trugen in dieser Zeit Verantwortung. Es wurde deutlich, dass die Slowakei die Voraussetzungen für eine stabile deutsche Auslandshandelskammer (AHK) mit starker lokaler Mitgliedschaft bot. Die Gründung der AHK Slowakei konnte vorbereitet werden.

Ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur DSIHK war 2004 die Etablierung eines Verbands der deutschen Kaufmannschaft als lokale Vertretung der deutschen Wirtschaft. Präsident der Kaufmannschaft war Jozef Uhrík. Am 13. Juni 2005 beschlossen die Mitglieder der Kaufmannschaft die Gründung der Deutsch-Slowakischen Industrie- und Handelskammer. Unter Anwesenheit der Staatspräsidenten beider Länder ging die DSIHK mit 97 Mitgliedern an den Start. AHK-Gründungspräsident wurde Erich Feix, Mitglied des Vorstands der Prvá stavebná sporiteľňa. Michael Kern, eine erfahrene Führungskraft des AHK-Netzes, wurde als erster Geschäftsführer der DSIHK berufen.

Die Anfangsjahre der DSIHK waren geprägt vom organisatorischen und fachlichen Aufbau der Kammer und einer hohen Nachfrage deutscher Unternehmer nach Markt- und Gründungsberatung. Nach den „Tatra Tiger“-Jahren folgte 2009 durch die Weltfinanzkrise ein kurzer Dämpfer. Schnell kehrte die Slowakei dank starker Exporte wieder auf den Wachstumspfad zurück. Zu einem ersten Wechsel an der Spitze der DSIHK kam es im Jahre 2011. Guido Glania, ein Außenwirtschaftsfachmann, wurde neuer Geschäftsführer, Siemens-Generaldirektor Vladimír Slezák neuer Präsident. Die DSIHK hat sich rasch zur allgemein anerkannten und sichtbaren Plattform der deutsch-slowakischen Geschäftswelt entwickelt. Kurz vor ihrem zehnten Geburtstag wurde sie im Jahre 2014 mit über 380 Mitgliedern stärkste bilaterale Wirtschafts-vereinigung in der Slowakei. Damit spiegelt die DSIHK die herausragende Rolle Deutschlands als Handelspartner und internationaler Investor für die Slowakei wider. Auch strategische Aufgabenbereiche, wie die Unterstützung der dualen Berufs-ausbildung, sind heute feste Bestandteile des Selbstverständnisses der DSIHK. Im Zuge der rasanten technologischen Entwicklung werden die nächsten Jahre geprägt von der Digitalisierung und dem Erfordernis, die Innovationskraft der slowakischen Wirtschaft zu stärken. An neuen Herausforderungen wird es der DSIHK also nicht mangeln.

12

2006-2010 Der Fachkräftemangel und kräftige Lohn-steigerungen in der westlichen Landes-hälfte machen die Ostslowakei als Investitionsstandort attraktiv. So eröffnet die Deutsche Telekom-Tochter T-Systems 2006 einen Standort in Košice, um IKT-Dienstleistungen für gewerbliche Kunden zu erbringen. Die Metallbetriebe Handtmann und Silbitz Guss nehmen 2006 ihre Produktion in Košice auf. Das deutsch-amerikanische Joint Venture Getrag Ford wählt die neue Industriezone Kechnec als seinen Standort zur Getriebefertigung. 2007 ist die Slowakei europäischer Spitzen-reiter beim Wirtschafts-wachstum (+10,5%). 2008 weist der Bestand der deutschen Direkt-investitionen in der Slowakei laut NBS einen Rekordwert von 5,0 Mrd. Euro auf. Ende 2008 erfasst die internationale Finanz- und Wirtschaftskrise die Slowakei. Daran kann auch die Einführung des Euros 2009 nichts ändern. Nahezu alle Branchen sind von dem Einbruch betroffen. Die Importe aus Deutschland gehen um ein Viertel zurück.

Die Präsidenten Ivan Gašparovič (l.) und Jürgen Köhler bei der Eröffnung der DSIHK 2005

Page 13: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

NEWSLETTER 1/2018

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

25 JAHRE SLOWAKEI Michal Hrabovec: „Deutschland betrachten wir als Heimatmarkt.“

Anfang der 1990er Jahre entstand die IT-Firma ANASOFT, die seitdem nicht nur in der Slowakei sondern auch in Deutschland erfolgreich tätig ist. ANASOFT-Präsident Michal Hrabovec berichtete der DSIHK über die Bedeutung des deutschen Marktes aus slowakischer Sicht. Welche Rolle spielt der deutsche Markt für Ihr Unternehmen? ANASOFT ist eine Unternehmensgruppe, die sich im Besitz von Aktionären aus Deutschland, der Slowakei und den USA befindet. Ihren Sitz hat sie in Bratislava und in Bochum. Daher betrachten wir Deutschland als einen Heimatmarkt ähnlich wie die Slowakei. Seit 27 Jahren bieten wir Digitalisierungslösungen für die Steuerung von Produktion und Logistik, Software-entwicklung nach Maß und IT-Sicherheit. Unsere Software-lösungen sind gleichermaßen zugeschnitten auf die Anforderungen von Kunden auf den einheimischen wie auch ausländischen Märkten. Welche Ihrer Produkte erfreuen sich in Deutschland der größten Nachfrage? Das größte Interesse können wir im Bereich Smart Industry- und Logistiklösungen verzeichnen, die mit Hilfe moderner Technologien die Effizienz und Qualität erhöhen, wodurch sich der Ausschuss und der administrative Aufwand reduzieren, Nebenbei sinkt auch die Umweltbelastung, was insgesamt zu niedrigeren Kosten führt. Zu diesen Technologien gehören vor allem Industrial Internet of Things, Big Data, Cyber-Physical Systems und Heterogeneous Data Integration. Ebenso sind Innovationen in unserer Firma ein großes Thema. Diese bringen unsere Lösungen nach vorne, da wir eine Firmenkultur pflegen, die sich förderlich auf die Entstehung von Innovationen mit Kundennutzem auswirkt. Im Bereich Smart Industry arbeiten wir außerdem mit künstlicher Intelligenz - neuronale Netze, Augmented Reality - bzw. Online-3D-Scannern. Welche Erfahrungen haben Sie auf dem deutschen Markt gewonnen? Deutschland ist das Land, in dem die neuen Standards für die vierte industrielle Revolution gesetzt werden. Unsere Lösungen bauen darauf auf. Die Erfahrung mit den hohen Qualitätsansprüchen in Deutschland spiegelt sich in unseren Lösungen in allen Ländern wider. Bestehen Ihrer Meinung nach Unterschiede bei den geschäftlichen Anforderungen zwischen deutschen und slowakischen Kunden? Da viele unserer Kunden ihren Hauptsitz in Deutschland haben, besteht der Unterschied im Ablauf der Lösungsbereitstellung. Zum Beispiel werden die neuesten Modelle von prestigeträchtigen Automarken häufig in slowakischen Fabriken hergestellt, was bedeutet, dass diese Werke als erste Anspruch auf neue Systeme haben.

13

2010-2014 2010 nehmen am deutsch-slowakischen Wirtschaftsgespräch der DSIHK und der Deutschen Botschaft Bratislava Minister-präsidentin Iveta Radičová und Parlamentspräsident Richard Sulík als Redner teil. Radičová würdigt die produktive Arbeit deutscher Unternehmen, die eine „neue Arbeitskultur und Sozialprogramme“ in die Slowakei gebracht haben. Nachdem die slowakische Wirtschaft die Krise hinter sich gelassen hat, investieren zahlreiche deutsche Firmen in die Erweiterung ihrer Fertigungsstandorte in der Slowakei. Beispiele sind Continental, Hydac, Leoni, Mühlbauer, Schaeffler oder Secop, Auch die Schwarz-Gruppe expandiert in der Slowakei. 2011 öffnet die 100. Lidl-Filiale, 2013 nimmt die 50. Kaufland-Filiale ihren Betrieb auf. 2013 starten T-Systems Slovakia und Volkswagen Slovakia jeweils in Kooperation mit der DSIHK Pilotprojekte in der dualen Berufs-ausbildung.

Michal Hrabovec

© ANASOFT APR, spol. s r.o.

Page 14: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

NEWSLETTER 1/2018

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

25 JAHRE SLOWAKEI Knott Modra als deutsch-slowakische Familienfirma

Anhängertechnik, Industriebremsen, Zubehör und Ersatzteile – das sind die Schwerpunkte im Produktionsprogramm der Firma Knott, spol. s r.o., die Bestandteil der Gruppe KNOTT Holding ist. Die Geschichte der Firma Knott spol. s r.o. in Modra begann 1991, als es zur Zusammenarbeit mit dem deutschen Familienunternehmen Knott aus Bayern kam, an dessen Spitze der Eigentümer Valentin Knott steht. Seine Philosophie bei der Gründung von Auslandsniederlassungen basiert auf Familienprinzipien und Vertrauen in den regionalen Manager, der aus dem jeweiligen Land kommt und die Nieder-lassung leitet. Diese schwierige Aufgabe hat in der Slowakei Dušan Špánik über-nommen. Zusammen mit dem deutschen Partner baute er eine erfolgreiche Firma mit 230 Mitarbeitern auf, die sich nicht nur auf dem europäischen Markt etabliert hat.

KNOTT gilt als „Hersteller von maßgeschneiderten Produkten“. Die Firmenstrategie ermöglicht die Einbindung des Kunden bereits im Entwicklungsstadium eines neuen Produktes. Dabei stellt die Nutzung eines akkreditierten Festigkeitsprüflabors mit europaweiter Gültigkeit einen untrennbaren Bestandteil dar. Eine persönliche und

kompetente Einstellung, Beratung sowie die hervorragende Produktqualität stellen charakteristische Merkmale der erfolgreichen Firma dar, die dank der hervorragenden deutsch-slowakischen Zusammenarbeit auf einer „grünen Wiese“ gewachsen ist. Zu den Stärken von Knott Modra gehören Schweißen, Blechverarbeitung, Spann-bearbeitung auf CNC-Maschinen, Montage von Bremsen und Fahrgestellen und nicht zuletzt das Kleben von Bremsbelägen auf einer automatischen Klebfertigungslinie. Der Aufbau der direkten Zusammenarbeit mit weiteren Firmen gehört zu der untrennbaren Philosophie der Knott Modra und ihres deutschen Partners. Dank einer eigenen technischen Abteilung entwickelte die Firma Knott eine höhenverstellbare Auflaufbremse, für die sie 2005 den nationalen Designpreis erhielt. Die eigene Entwicklung und die Kooperation mit technischen Universitäten rückte die Firma innerhalb des Konzerns nach vorne, da die in der slowakischen Niederlassung entwickelten Produkte weltweit vertrieben werden. Das Festigkeitsprüflabor in Modra dient zugleich zur Prüfung neuer Produkte in der gesamten Knott-Gruppe. Die Vision Špániks war, komplexere Produkte herzustellen, wie z.B. Bremsen für Bau- und Landwirtschaftsmaschinen, Gabelstapler sowie Spezialfahrzeuge. Die Vision wurde zur Wirklichkeit und seit 2014 produziert Knott Bremsen, die sich durch eigenes Know-how präsentieren. Aktuell hat sich das Portfolio der Firma Knott um die Produktion von Anhängern erweitert, die für den Betrieb auf Flughäfen bestimmt sind. Heute produziert sie im ununterbrochenen Betrieb, und ihre Eigentümer sind sich bewusst, dass es vor allem auf die Menschen ankommt, und tun alles dafür, damit sich die Mitarbeiter als Mitglied dieser deutsch-slowakischen Familienfirma fühlen und sich mit Stolz dazu bekennen. Knott spol. s r.o.

14

2014-2016 2015 tritt das neue Berufsbildungsgesetz in Kraft. In Nové Mesto nad Váhom hat die DSIHK ein Pilotprojekt für die duale Ausbildung in Industrieberufen ins Leben gerufen, an dem fünf Mitgliedsfirmen aus der Region beteiligt sind. Die Bildungsminister Deutschlands und der Slowakei unter-zeichnen ein Memo-randum zur bilateralen Berufsbildungs-kooperation. Staatspräsident Andrej Kiska besucht 2015 Berlin. Im Fokus der Deutschlandreise steht die Wirtschaft. Kiska und seine Begleiter aus dem Regierungs-, Unternehmens- und akademischen Sektor tauschen sich zu Innovationen, Start-ups und Industrie 4.0 aus. Volkswagen Slovakia überholt 2016 U.S. Steel und wird mit 10.800 Beschäftigten zum größten Arbeit-geber in der slowakischen Privat-wirtschaft. 2016 erreicht der deutsch-slowakische Außenhandel nach Angaben des Statistischen Bundes-amtes mit einem Volumen von 27 Mrd. Euro abermals einen neuen Höchststand.

© Knott spol. s r.o.

Page 15: 25 JAHRE SLOWAKEI · 2018-02-06 · War die Slowakei lange ein Land der Auswanderung, wird sie für mehr und mehr Menschen, auch aus anderen Ländern, ein attraktiver Ort zum Leben

NEWSLETTER 1/2018

der Deutsch-Slowakischen Industrie– und Handelskammer

25 JAHRE SLOWAKEI Peter Lazar: „Die Slowakei hat einen Riesensprung gemacht.“

Peter Lazar ist Geschäftsführer von Scheidt & Bachmann Slovensko in Žilina und Vizepräsident der DSIHK. Im Januar 2018 wurde er zum deutschen Honorarkonsul für die Bezirke Žilina und Banská Bystrica ernannt. Die DSIHK sprach mit dem erfahrenen Unternehmer über die wirtschaftliche Entwicklung damals und heute. Herr Lazar, was waren die Säulen für den wirtschaftlichen Erfolg seit 1993? Die Anfänge waren sehr wild, weil die Gesetzgebung und die Grundlagen für ein erfolgreiches Wachstum nicht in dem Maße vorhanden waren. Ein Meilenstein in der Entwicklung war natürlich der Beitritt zur Europäischen Union, die Konvertierung zum Euro und der Beitritt zum Schengenraum. Dadurch kam es zu einem Riesensprung, was die Möglichkeiten zur Entwicklung der hiesigen Wirtschaft anbelangte. Die Märkte haben sich geöffnet, Kooperationen mit ausländischen Unternehmen wurden sehr einfach. Die Migration von Fachleuten innerhalb Europas hat es ermöglicht, dass auch der Technologietransfer stattfinden konnte, wodurch die Slowakei zu einem sehr guten Standort wurde, auf dem auch das entsprechende Fachkräftepotenzial vorhanden war. Denn die Schul- und Fachausbildung war nach der Wende noch voll intakt und sehr gut – der Abwärtstrend setzte erst danach ein. Die Generation der damals 30-jährigen verfügte damit über sehr gute Grundlagen von der Fachausbildung her. Das war aus meiner Sicht der Anreiz für ausländische Unternehmen, in die Slowakei zu kommen und diesen Vorteil zu nutzen. Wie wird es Ihrer Meinung nach in den nächsten 25 Jahren weiter gehen? Eine Prognose des Wachstums ist natürlich sehr schwer, weil wir nicht wissen, wie sich die EU weiter formen wird. Ich gehe davon aus, dass der Kern der EU wirtschaftlich und kulturell zusammen wachsen wird. Dies wird die Grundlage für ein gesundes Wachstum gegenüber anderen Märkten wie den USA und China bilden. Aus meiner Sicht wird sich Europa technologisch sicher behaupten können, schon aufgrund der Geschichte und der Erfahrungen der Technologieunternehmen, die in Europa ein sehr gutes Standbein haben, basierend auf einem sehr breiten Rückgrat der mittelständischen Unternehmen in Europa.

15

2017 Der Werkstoffhersteller Covestro eröffnet in Bratislava ein Shared Service Center mit 220 Angestellten. Es ist nicht die erste deutsche Investition dieser Art. Shared Service bzw. Business Process Outsourcing Center betreiben in der Slowakei Firmen wie BASF, Deutsche Telekom, Henkel, Osram, Siemens, T-Systems oder ZF. Die Firma BMB Leitner veröffentlicht in Zusammenarbeit mit der DSIHK eine Analyse, die den Beitrag der größten 200 Unternehmen zum Staatshaushalt untersucht. Demnach fällt der Anteil deutscher Firmen am Steueraufkommen mit 16 Prozent fast genau so hoch aus wie der slowakischer (17%). Eine große statistische Diskrepanz zeigt sich bei der Ermittlung des Bestands deutscher Direktinvestitionen in der Slowakei. Laut offizieller Angaben der NBS ist dieser 2015 auf den niedrigsten Stand seit 2001 (2,8 Mrd. Euro) gesunken. Dagegen weist die Deutsche Bundesbank, die die Kapitalströme nach dem Herkunftsland-prinzip erfasst, einen höheren Bestand von 7,5 Mrd. Euro aus.

Newsletter der Deutsch-Slowakischen Industrie- und Handelskammer Herausgeber: Deutsch-Slowakische Industrie- und Handelskammer Suché mýto 1, SK-811 03 Bratislava Tel.: +421 2 2085 0620, Web: www.dsihk.sk IČO: 308 48 717, DIČ: 2021 894 875 Redaktion: Markus Halt, [email protected] Titelbild: ruskpp / Shutterstock

IMPRESSUM

Peter Lazar