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4.2.7 & & & & & Divertikulose und Divertikulitis (Divertikelkrankheit) D Divertikel sind Ausstu ¨lpungen der Kolonwand (Abb. 4.8). Divertikulose: keine Entzu ¨ndungszeichen, keine klinischen Symptome. Divertikulitis: Entzu ¨ndung der Divertikel und der Umgebung. Ha¨ufigkeit,A ¨ tiologie und Pathogenese Die Ha ¨ufigkeit von Divertikeln nimmt im ho ¨ heren Lebensalter zu (30–40 % Divertikeltra ¨ger bei u ¨ ber 70-Ja ¨ hrigen). Erho ¨ hter Darminnendruck infolge schlackenarmer Kost fo ¨rdert die Entstehung der Di- vertikel. Die Divertikel entstehen dort, wo die Blut- gefa ¨ße durch die Muskelschicht des Kolons hin- durchtreten. Hier ist die Struktur der Darmwand aus anatomischen Gru ¨ nden schwach. Pathologische Anatomie Es handelt sich um Pseudodivertikel: Nicht alle Schichten der Darmwand sind ausgestu ¨ lpt, in der Di- vertikelwand fehlt die Muskelschicht. Deshalb sind Divertikel weniger widerstandsfa ¨hig als die intakte Darmwand. Diagnostik Die Divertikulose ist oft ein Zufallsbefund wa ¨hrend einer Koloskopie, die aus anderen Gru ¨ nden durch- gefu ¨ hrt wird. Die Divertikulitis verursacht Ent- zu ¨ ndungszeichen (Leukozytose), Schmerzen, akut einsetzende Obstipation. Sonographisch sind evtl. Verdickungen der Kolonwand sichtbar. Kontrastein- lauf und Koloskopie ko ¨ nnen die vermutete Diagnose sichern (Abb. 4.9). Palpatorisch ist ha ¨ufig die Ab- wehrspannung bei Sigmadivertikulitis zu erkennen. Peritoneum Taenia coli Mukosa Divertikel Ringmuskulatur Blutgefäße, die Ringmuskulatur durchdringend Retention im Divertikel Appendix epiploica b a Diver- tikel- ein- gänge Divertikel Sigma Appendix Colon ascen- dens Colon descen- dens Colon transversum Divertikel- eingänge im eröffne- ten Darm Abb. 4.8 & Dickdarm-Divertikulose. a Entstehung von Divertikeln im Dickdarm. b Divertikeleinga ¨nge im ero ¨ffneten Darm (Schema nach Hahn/Riemann 1996). &&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&& Krankheiten des Dickdarms & 4.2 & Teil II Innere Medizin & 83 Gerlach, Wagner, Wirth, Innere Medizin fu ¨ r Pflegeberufe (3135930068), F 2006 Georg Thieme Verlag

4.2.7 Divertikulose und Divertikulitis Pathologische ... · Divertikulitis auf einen kleinen Darmabschnitt be-grenzt ist. Hat sich eine Stenose gebildet, so ist eine Operation erforderlich,

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  • 4.2.7&

    &

    &

    &

    &Divertikulose und Divertikulitis(Divertikelkrankheit)

    D Divertikel sind Ausstülpungen der Kolonwand (Abb. 4.8).Divertikulose: keine Entzündungszeichen, keine klinischenSymptome.Divertikulitis: Entzündung der Divertikel und der Umgebung.

    Häufigkeit, Ätiologie und PathogeneseDie Häufigkeit von Divertikeln nimmt im höherenLebensalter zu (30–40 % Divertikelträger bei über70-Jährigen). Erhöhter Darminnendruck infolgeschlackenarmer Kost fördert die Entstehung der Di-vertikel. Die Divertikel entstehen dort, wo die Blut-gefäße durch die Muskelschicht des Kolons hin-durchtreten. Hier ist die Struktur der Darmwandaus anatomischen Gründen schwach.

    Pathologische AnatomieEs handelt sich um Pseudodivertikel: Nicht alleSchichten der Darmwand sind ausgestülpt, in der Di-vertikelwand fehlt die Muskelschicht. Deshalb sindDivertikel weniger widerstandsfähig als die intakteDarmwand.

    DiagnostikDie Divertikulose ist oft ein Zufallsbefund währendeiner Koloskopie, die aus anderen Gründen durch-geführt wird. Die Divertikulitis verursacht Ent-zündungszeichen (Leukozytose), Schmerzen, akuteinsetzende Obstipation. Sonographisch sind evtl.Verdickungen der Kolonwand sichtbar. Kontrastein-lauf und Koloskopie können die vermutete Diagnosesichern (Abb. 4.9). Palpatorisch ist häufig die Ab-wehrspannung bei Sigmadivertikulitis zu erkennen.

    PeritoneumTaenia coli

    Mukosa

    Divertikel

    Ringmuskulatur

    Blutgefäße, dieRingmuskulatur

    durchdringend

    Retentionim Divertikel

    Appendixepiploica

    b

    a

    Diver-tikel-

    ein-gänge

    Divertikel

    Sigma

    Appendix

    Colonascen-dens

    Colondescen-

    dens

    Colon transversum

    Divertikel-eingängeim eröffne-ten Darm

    Abb. 4.8 & Dickdarm-Divertikulose. a Entstehung von Divertikeln im Dickdarm. b Divertikeleingänge im eröffneten Darm(Schema nach Hahn/Riemann 1996).

    & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & &

    Krankheiten des Dickdarms & 4.2 &

    Teil II Innere Medizin & 83

    Gerlach, Wagner, Wirth, Innere Medizin für Pflegeberufe (3135930068), F 2006 Georg Thieme Verlag

  • M Aufgrund der Perforationsgefahr besondere Vorsicht beiinvasiven Untersuchungen im akuten Stadium. Bei derRöntgenuntersuchung muss ein wasserlösliches Kontrastmittelbenutzt werden, weil bei Verwendung von Bariumsulfat bei Per-foration die gefährliche Bariumperitonitis droht.

    SymptomeOft entwickelt sich die Divertikulose ohne Beschwer-den. Mit Auftreten von Komplikationen bekommendie Patienten Schmerzen im Abdomen. Fieber und er-höhte BSG können sich einstellen. Die häufigsteKomplikation ist der Übergang der Divertikulose indie Divertikulitis. Diese ist oft bakteriell bedingt.Durch Retention und Verhärtung von Stuhl in den

    enghalsigen Divertikeln bilden sich „Kotsteine“, diedie Divertikelwand durch Druck schädigen. Absze-dierung und Perforation sowie Blutung sind möglich.

    Immer wieder rezidivierende Entzündungen derDivertikel und deren Umgebung (Divertikulitis undPeridivertikulitis) führen zu narbiger Schrumpfungin dem befallenen Darmabschnitt (Abb. 4.9b), sodasseine Stenose entstehen kann.

    TherapieBei Divertikulose verordnet man schlackenreicheKost, um einer Obstipation vorzubeugen. Ist eine Di-vertikulitis entstanden, sind schlackenarme Diät,Formeldiät, evtl. parenterale Ernährung und Antibio-tika erforderlich. Die Perforation erfordert eine Ope-ration.

    Eine immer wiederkehrende Divertikulitis mit ho-hem Fieber und starken Schmerzen sollte ebenfallsoperativ behandelt werden, insbesondere wenn dieDivertikulitis auf einen kleinen Darmabschnitt be-grenzt ist. Hat sich eine Stenose gebildet, so isteine Operation erforderlich, um das mechanischeHindernis zu beseitigen.

    4.2.8&

    &

    &

    &

    &Pseudomembranöse Kolitis

    Die Einnahme von Antibiotika kann die Darmflora sonachhaltig verändern, dass das Bakterium Clostridi-um difficile überwuchert und zu einer hochfloridenKolitis führt. Die Krankheitssymptomewerden durchZytotoxine des Clostridium difficile hervorgerufen.Das Bakterium ist gegen fast alle Breitspektrumanti-biotika resistent. Blutige Diarrhö, heftige Bauch-schmerzen und hohes Fieber sind die klinischen Zei-chen.

    Diagnostik und TherapieBakteriologische, serologische und endoskopischeUntersuchungen sichern die Diagnose. Therapie: Ab-setzen der auslösenden Antibiotika. Weiterbehand-lung mit Metronidazol (Clontj) oder mit Vancomy-cin. Bedrohliche Komplikationen sind Ileus, Mega-kolon, Kolonperforation.

    Strahlenkolitis

    Eine Strahlentherapie, die gegen bösartige Krankhei-ten im Bereich des Abdomens und des Beckens ge-richtet ist, kann als Nebenwirkung eine Entzündungdes Dickdarms (Strahlenkolitis) oder des Dünndarms(Strahlenenteritis) hervorrufen. Durch die differen-zierte moderne Bestrahlungsplanung ist die Strah-lenkolitis sehr selten geworden.

    a

    b

    Abb. 4.9 & Divertikel. a Koloskopische Sicht auf Divertikel-eingänge, ein Divertikel entzündet als Hinweis auf eineDivertikulitis. b Im Kontrasteinlauf erkennt man zahlreicheDivertikel im Colon ascendens und transversum. Das Lumendes Colon descendens (rechte Bildhälfte) ist infolge Diverti-kulitis und Peridivertikulitis hochgradig verengt.

    & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & &

    & 4 & Krankheiten des Dünn- und Dickdarms

    Teil II Innere Medizin84 &

    Gerlach, Wagner, Wirth, Innere Medizin für Pflegeberufe (3135930068), F 2006 Georg Thieme Verlag

  • 4.2.9&

    &

    &

    &

    &Kolorektale Polypen

    D Ein Polyp ist eine Vorwölbung der Schleimhaut in dasDarmlumen. Man kann die Polypen nach der Anzahl in so-litäre oder multiple Polypen einteilen. Von Polypose spricht man,wenn eine Vielzahl von Polypen (über 100) zu finden ist.

    Pathologische AnatomieDarmpolypen entstammen dem epithelialen odermesenchymalen Gewebe (Tab. 4.4).

    Der neoplastische, vom Epithel ausgehende Polyp(Adenom) und die neoplastische Polypose (Adeno-

    matose) sind Präkanzerosen im Dickdarm. Die Entar-tung eines Adenoms zum Karzinom (Adenom-Karzi-nom-Sequenz, heute genauer: Dysplasie-Karzinom-Sequenz) ist in etwa 5 % der Adenome zu erwarten.Bei Patienten mit familiärer adenomatöser Polypose(FAP) ist die maligne Entartung obligat. In großenAdenomen findet man häufiger bösartige Anteileals in kleinen Adenomen. Adenome enthalten immerdysplastische Anteile und sind deshalb Präkanzero-sen. Mit Blick auf die Gefahr der malignen Entartungunterscheidet man:& Adenome mit geringer Dysplasie (Low-Grade-

    Dysplasie),& Adenome mit hochgradiger Dysplasie (High-Gra-

    de-Dysplasie), Syn. Tis-Neoplasie,& Invasives Karzinom (T1-Stadium) in einem Poly-

    pen.Der histologische Aufbau des Adenoms kann tubu-

    lär, villös oder tubulovillös sein. Die Entfernungdurch endoskopische Polypektomie ist stadienge-recht in Abb. 4.10 dargestellt.

    HäufigkeitAm häufigsten werden kolorektale Polypen in Län-dern mit hohem Lebensstandard gefunden. DieZahl der Polypenträger steigt mit höherem Lebensal-ter deutlich an. 15–20 % der über 50-jährigen Men-schen in westlichen Ländern sind Adenomträger.

    Von großer Bedeutung ist die Unterscheidungzwischen neoplastischen Polypen und nicht neopla-stischen (tumorähnlichen) Polypen, z. B. Darmpoly-pen bei Peutz-Jeghers-Syndrom.

    Ätiologie und PathogeneseMan nimmt an, dass eine fettreiche, aber faserarmeErnährung sowie vermehrter bakterieller Abbau vonGallensäuren im Darm und genetische Einflüssewichtige Faktoren für die Entstehung und für dasWachstum kolorektaler Polypen sind. Alkoholabususist wahrscheinlich ein weiterer Risikofaktor. Prophy-

    Tab. 4.4&

    &

    &

    &Kolorektale Polypen –WHO-Klassifikation

    Tumoren benigne maligne& & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & &

    mesenchymal Leiomyom Sarkom

    Lipom/Fibrom Sarkom

    Neurinom/Fibrom Sarkom

    Hämangiom Sarkom

    epithelial Adenom Adenokarzinom

    Adenomatosis coli undifferenziertesKarzinom

    Karzinoid

    tumorähnlich Hamartome

    Peutz-Jeghers-Polyposis

    juvenile Polypose

    hyperplastischerPolyp

    benigner lymphoiderPolyp

    entzündlicher Polyp

    L. Mm. MukosaL. Submukosa

    AdenomTO – kein Anhaltfür Primärtumor

    Polypektomie

    Adenom mitinvasivem KarzinomT1 – Submukosainfiltriert

    Polypektomienur bedingt

    Adenom mitschweren ZelltypenTis – Carcinomain situ

    Polypektomie

    polyposes KarzinomT1 – Submukosainfiltriert

    Operation

    L. MukosaAbb. 4.10 & Karzinombildung.Karzinomentwicklung in einem gestieltenDickdarmadenom. Polypektomie oderOperation je nach Ausbreitungsstadium.

    & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & &

    Krankheiten des Dickdarms & 4.2 &

    Teil II Innere Medizin & 85

    Gerlach, Wagner, Wirth, Innere Medizin für Pflegeberufe (3135930068), F 2006 Georg Thieme Verlag

  • laktisch wird der Verzehr von frischem Obst und Ge-müse empfohlen.

    SymptomeKolorektale Polypen sind meistens ohne klinischeSymptome. Sie werden koloskopisch bei Vorsorge-untersuchungen oder Untersuchungen aus anderenGründen entdeckt. Große Polypen können bluten.Villöse (zottenförmige) Adenome verursachenSchleimabgang und Verlust von Eiweiß und Kalium.

    Praktisches VorgehenJeder Polyp muss entfernt (Abb. 4.11) und histolo-gisch untersucht werden. Patienten, bei denen Poly-

    pen gefunden wurden, müssen koloskopisch nach3 Jahren nachuntersucht werden, weil das Risiko er-neuter Polypenbildung besteht.

    Bei Patienten mit genetisch bedingter, familiäreradenomatöser Polypose ist die Kolektomie mit Anla-ge eines Dünndarmpouchs erforderlich.

    4.2.10&

    &

    &

    &

    &Kolorektales Karzinom

    D Es handelt sich um bösartige Tumoren des Dickdarmes, diesich zu 95% aus Adenomen entwickeln.

    EpidemiologieDas kolorektale Karzinom ist bei Männern (nach Ma-lignomen der Lunge und der Haut) und Frauen (nachMalignomen derMamma und der Haut) der dritthäu-figste bösartige Tumor. Die Häufigkeit nimmt vom40. Lebensjahr an deutlich zu. Die Inzidenz beträgt10 Neuerkrankungen pro Jahr auf 100 000 Einwohnerim Alter zwischen 40 und 45 Jahren; sie steigt im8. Lebensjahrzehnt auf etwa 400 Neuerkrankungen.Während die lnzidenz des Magenkarzinoms ab-nimmt, nimmt die des Dickdarmkarzinoms zu.

    Ätiologie und PathogeneseEtwa 6 % der kolorektalen Karzinome entstehen aufdem Boden genetischer Defekte, die molekularbiolo-gisch in den letzten Jahren entdeckt wurden.

    Die Manifestation eines kolorektalen Karzinomswird durch bestimmte Risikofaktoren sowie durchfettreiche und faserarme Kost möglicherweise geför-dert. Etwa 1 % aller kolorektalen Karzinome entstehtauf der Grundlage einer genetisch bedingten familiä-ren adenomatösen Polypose (FAP). Etwa 5 % gehörenin die Gruppe der hereditären (ererbten) nicht polypö-sen kolorektalen Karzinome (HNPCC).

    PräventionMaßnahmen zur Prävention von kolorektalen Karzi-nomen:& fettreduzierte und ballaststoffreiche Kost,& regelmäßiger Verzehr von Gemüse und Früchten,& Reduktion des Alkoholgenusses,& Vermeiden bzw. Reduktion von Übergewicht,& evtl. Vitamingaben oder Aspirin, Erfolg noch nicht

    gesichert, deshalb keine allgemeine Empfehlung.

    FrüherkennungDie wichtigste Maßnahme zur Senkung der Mortali-tät an kolorektalem Karzinom ist die Anwendung vonMethoden, die eine frühzeitige Erkennung des Karzi-noms schon bei solchen Patienten ermöglichen, dienoch keine klinischen Symptome haben. Deshalbwird für Personen ab dem 50. Lebensjahr neben

    a

    b

    Abb. 4.11 & Polypen. a Dickdarmpolyp, b Polypektomie.

    & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & &

    & 4 & Krankheiten des Dünn- und Dickdarms

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    Gerlach, Wagner, Wirth, Innere Medizin für Pflegeberufe (3135930068), F 2006 Georg Thieme Verlag

  • Anamnese und allgemeiner körperlicher Untersu-chung empfohlen:& jährliche digitale rektale Untersuchung,& jährliche Stuhluntersuchung auf okkultes Blut,& ab dem 55. Lebensjahr Vorsorgekoloskopie.

    Bei den genetisch bedingten kolorektalen Karzi-nomen wird die molekulargenetische Untersuchungder Familienangehörigen in Zukunft weiter an Be-deutung für die Prävention gewinnen. Bei Patientenmit familiärer Disposition für das kolorektale Karzi-nom müssen Vorsorgeuntersuchungen schon in frü-heren Lebensjahren und häufiger vorgenommenwerden.

    SymptomeIn frühen Stadien des kolorektalen Karzinoms fehlenhäufig hinweisende Symptome. Erst in späteren Sta-dien stellen sich Schmerzen, Abgang von Blut, un-willkürlicher Abgang von Stuhl und Winden („fal-scher Freund“) ein. „Bleistiftförmiger“ Stuhl ist Folgeeines stenosierenden Rektumkarzinoms. Grundsätz-lich können Bauchschmerzen im Alter unterschiedli-che Ursachen und Ausprägungen aufweisen(Tab. 4.5).

    DiagnostikZur Häufigkeitsverteilung des kolorektalen Karzi-noms s. Abb. 4.12.

    Rektoskopie und Koloskopie mit Probeentnahmezur histologischen Untersuchung sichern die Diagno-se des kolorektalen Karzinoms (Abb. 4.13). Die Suchenach Metastasen und die Darstellung der Stenose ge-schieht mit bildgebenden Verfahren (Abb. 4.14). FürTherapieplan und Prognose des Krankheitsverlaufsist die TNM-Klassifikation des kolorektalen Karzi-noms von großer Bedeutung (Tab. 4.6).

    TherapieDas Prinzip der chirurgischen Therapie ist die Resek-tion des Tumors mit einem Sicherheitsabstand im

    gesunden Gewebe von mindestens 5 cm. Außerdemwerden die regionalen Lymphknoten und die infil-trierten Nachbarorgane reseziert. Auch Fernmetasta-sen (Leber) können operativ entfernt werden. Die Re-zidivrate beträgt jedoch 80 %.

    Bei Patienten mit Rektumkarzinom wird eine ad-juvante kombinierte Radiochemotherapie empfoh-len.

    Tab. 4.5&

    &

    &

    &Bauchschmerz im Alter

    Veränderung Schmerzursache& & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & &

    Änderung der Prävalenz & Ischämie& Embolie& Krebs& Divertikulose

    (Duodenalulkus seltener)

    Änderung des Schmerz-charakters

    Kolik weniger schwer(geringere Kontraktilität?)

    Änderung der Reaktion & Leukozytose& Fieber

    Colon transversum3 %

    ColondescendensundColonsigmoideum32 %

    Rektum44 %

    Colonascendens

    21 %

    Abb. 4.12 & Karzinome in Dickdarm und Rektum.Häufigkeitsverteilung in den einzelnen Darmabschnitten.

    Colondescen-dens

    Rektum

    Sigmoid

    Koloskop

    a

    b

    Abb. 4.13 & Kolorektales Karzinom. a Endoskopische Sicht,b Skizze zu Abb. 4.13a.

    & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & &

    Krankheiten des Dickdarms & 4.2 &

    Teil II Innere Medizin & 87

    Gerlach, Wagner, Wirth, Innere Medizin für Pflegeberufe (3135930068), F 2006 Georg Thieme Verlag

  • NachsorgeTrotz operativer und radiochemischer Therapie derkolorektalen Karzinome ist die Rezidivrate hoch.Deshalb ist eine regelmäßige Nachsorge erforderlich.Diese umfasst möglichst frühzeitige Diagnose undTherapie von Rezidiven oder Metastasen. Wie bei al-len Karzinompatienten hat die Nachsorge nicht nurdie körperliche, sondern auch die psychische Rehabi-litation der Patienten zum Ziel.

    Im Serum messbare Tumormarker sind in derNachsorge gebräuchliche Bestimmungen, z. B. CEA(karzino-embryonales Antigen).

    Die Darmtumoren, die sich aus mesenchymalemGewebe entwickelt haben, wachsen stets submukös.In dieser Gruppe ist das Lipom am häufigsten. Leio-myome, Leiomyosarkome und andere seltene Strom-atumoren mit speziellen histologischen Kennzei-chen werden als gastrointestinale Stromatumoren(GIST) zusammengefasst.

    Analkarzinom

    Der „chirurgische“ Analkanal ist etwa 4 cm lang. Hierauftretende Karzinome sind weit überwiegend Plat-tenepithelkarzinome. Die häufigsten Symptome sindBlutungen, Juckreiz und Schmerzen. Therapie: kom-binierte Radiochemotherapie.

    4.2.11&

    &

    &

    &

    &Weitere Krankheiten desDickdarms

    Durchblutungsstörungen derMesenterialgefäße

    Zur Einengung des Gefäßlumens und schließlich zumakuten Verschluss von Mesenterialgefäßen kommtes bei schwerer Arteriosklerose in dieser Gefäßpro-vinz. Die Unterbrechung der Blutversorgung führtzur Gangrän im Versorgungsgebiet jenseits des Ver-

    Abb. 4.14 & Kolonkarzinom. Röntgenologische Darstellungim fortgeschrittenen Stadium.

    Tab. 4.6&

    &

    &

    &TNM-Klassifikation (Staging) des kolorektalen Karzinoms

    Eingruppierung Primärtumor Regionale Lymphknoten Fernmetastasen& & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & &

    Stadium 0 TiS (Tumor in situ) N0 (kein Befall) M0 (keine Fernmetastasen)

    Stadium I T1 Submukosa N0 M0

    T2 Muscluaris propria N0 M0

    Stadium II T3 Subserosa, perikolischesGewebe, perirektales Gewebe

    N0 M0

    T4 Nachbarorgane N0 M0

    Stadium III jedes T N1: 1–3 regionäre Lymphknotenbefallen

    M0

    jedes T N2: mehr als 3 regionäre Lymph-knoten befallen

    M0

    jedes T N3: Lymphknoten entlang derBlutgefäßstämme

    M0

    Stadium IV jedes T jedes N M1 (Fernmetastasen vorhanden)

    & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & & &

    & 4 & Krankheiten des Dünn- und Dickdarms

    Teil II Innere Medizin88 &

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