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Victor G. Marian – Maschinenelemente und Mechatronik I 4.Reibschlußverbindungen Bei Reibschlußverbindungen werden in den Reibflächen, in denen sich die zu verbindenden Teile unmittelbar berühren, auf verschiedene Art und Weise Pressungen erzeugt. Die Pressung p wird durch Schraubenkräfte, durch Keile, durch federnde Zwischenglieder oder durch die Elastizität der Bauteile selbst hervorgebracht. Die dadurch entstehende Normalkraft induziert eine Reibkraft, die einer Verschiebung durch äußere Kräfte entgegensteht 4.1 Keilverbindungen Querkeilverbindung. Querkeilverbindungen (Abbildung 1) verbinden Teile, die hauptsächlich Längskräfte übertragen müssen. Die Kraftübertragung erfolgt formschlüssig, die Keile sind jedoch durch Reibschluß gegen Lösen gesichert. Bei so einer vorgespannten Formschlußverbindung, die dadurch besonders für dynamische Belastungen geeignet ist, werden die Verspannkräfte durch die elastischen Verformungen der Bauteile erzeugt. Es wird dabei die Hülse durch Zugkräfte gedehnt, und die Stangenenden durch die Reaktionskräfte zusammengedrückt, also verkürzt. Die Vorspannkraft F V wird hierbei durch das Eintreiben der Querkeile erzeugt. Abbildung 1 [1] Längskeilverbindungen. Längskeile sitzen unter Vorspannung in einer Wellen- und Nabennut und stellen eine Reib- und formschlüssige Verbindung her. Sie sind bis zu mittleren Drehzahlen von etwa 1200rot/min geeignet. Bei höheren Drehzahlen ergibt sich eine spürbare Umwucht. Wegen ihrer Unempfindlichkeit gegen Verunreinigungen werden sie im Landmaschinen-, Baumaschinen- und Förderanlagebau bevorzugt. Genormte Längskeile haben eine Neigung 1:100, d.h. auf einer Länge von 100mm nimmt ihre Höhe um 1mm ab (Abbildung 2) [1]. 1

4.Reibschlussverbindungen

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4.Reibschlußverbindungen

Bei Reibschlußverbindungen werden in den Reibflächen, in denen sich die zu verbindenden Teile unmittelbar berühren, auf verschiedene Art und Weise Pressungen erzeugt. Die Pressung p wird durch Schraubenkräfte, durch Keile, durch federnde Zwischenglieder oder durch die Elastizität der Bauteile selbst hervorgebracht. Die dadurch entstehende Normalkraft induziert eine Reibkraft, die einer Verschiebung durch äußere Kräfte entgegensteht

4.1 Keilverbindungen

Querkeilverbindung.

Querkeilverbindungen (Abbildung 1) verbinden Teile, die hauptsächlich Längskräfte übertragen müssen. Die Kraftübertragung erfolgt formschlüssig, die Keile sind jedoch durch Reibschluß gegen Lösen gesichert. Bei so einer vorgespannten Formschlußverbindung, die dadurch besonders für dynamische Belastungen geeignet ist, werden die Verspannkräfte durch die elastischen Verformungen der Bauteile erzeugt. Es wird dabei die Hülse durch Zugkräfte gedehnt, und die Stangenenden durch die Reaktionskräfte zusammengedrückt, also verkürzt. Die Vorspannkraft FV wird hierbei durch das Eintreiben der Querkeile erzeugt.

Abbildung 1 [1]

Längskeilverbindungen.

Längskeile sitzen unter Vorspannung in einer Wellen- und Nabennut und stellen eine Reib- und formschlüssige Verbindung her. Sie sind bis zu mittleren Drehzahlen von etwa 1200rot/min geeignet. Bei höheren Drehzahlen ergibt sich eine spürbare Umwucht. Wegen ihrer Unempfindlichkeit gegen Verunreinigungen werden sie im Landmaschinen-, Baumaschinen- und Förderanlagebau bevorzugt.Genormte Längskeile haben eine Neigung 1:100, d.h. auf einer Länge von 100mm nimmt ihre Höhe um 1mm ab (Abbildung2) [1].

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Abbildung 2 Längskeilverbindung mit einem Hohlkeil

4.2 Kegelverbindungen

Die notwendige Fügenpressung p wird durch eine axiale Schraubenkraft Fa auf die Fläche des Kegelsitzes aufgebracht.Der Kegelsitz (Abbildung 3) eignet sich zur Übertragung dynamischer Kräfte und Momente. Er wird vorwiegend zur Befestigung von Bauteilen an Wellenenden angewendet. Als Vorteile können aufgeführt werden: nachspannbar, gut lösbar, keine Wellenschwächung sowie sehr gute Zentrierung (keine Unwucht).Nachteilig sind dagegen die hohen Herstellkosten und die fehlende Einstellbarkeit in axialer Richtung.

Abbildung 3 [2]

Das Kegelverhältnis berechnet sich zu: l

ddC i−=

Das Reibmoment ergibt sich als Summe der Momente der Teilreibungskräfte:

ldppdArT mU

l

UxR2

0 2

1 πµµ ≈= ∫Der Antriebsmoment T muss kleiner sein als der Reibmoment TR. Also die erforderliche Pressung ist:

ld

Tp

mUerf 2

2

πµ≥

Die Schraubenkraft Fa muß die Horizontalkomponente der Flächenkräfte und der Reibungskräfte überwinden:

+≈

+≥+= ∫ amU

amU

a

Fläche

a d

T

d

TdAppF γα

µαµα

µαµα

2tan

2

2cos

2sin

2)

2cos

2sin(

mit γa=arctan(µa) als Reibwinkel und a als Kegelwinkel. Die Flächenpressung ist:

di

2

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+≈

+=

am

a

am

avorh

ld

F

ld

Fp

γαπαµαπ2

tan2

cos2

sin

Mit perf ≤ pvorh≤ pmax (maximal zulässige Pressung)

Abbildung 4 [1]

SelbsthemmungZum Lösen eines Kegelsitzes wird die Bewegungsrichtung umgekehrt, d.h. die Welle wird aus der ortsfesten Nabe hinausgestoßen. Die Reibkraft FR ändert dadurch ebenfalls ihre Richtung.Wenn α/2>γa , es ist keine Axialkraft zur lösen der Verbindung erforderlich.Wenn α/2<γa , es ist eine Axialkraft zur lösen der Verbindung erforderlich. Der Kegelsitz ist selbsthemmend.

4.3 Konische Spannelementverbindungen

Die konischen Spannelementverbindungen wirken ähnlich wie der Kegelsitz. Durch axiale Verspannung werden die Spannelemente in radialer Richtung gedehnt und somit eine Pressung zwischen Wellenoberfläche und Nabenbohrung erzeugt. Der elementare Vorteil der Spannelemente liegt darin, daß mit ihrer Hilfe Naben, Zahnräder, Kupplungen und dgl. auf glatten Wellen reibschlüssig befestigt werden können. Sie sind, im Gegensatz zum Kegelsitz, axial und tangential frei einstellbar.Aus Platzgründen wird nur Beispiel gegeben:

RINGFEDER Spannsatz

3

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Abbildung 5

4.4 Verbindungen mit federnden Zwischengliedern

Die für den Reibschluß erforderlichen Normalkräfte können auch durch federnde Zwischenglieder erzeugt werden. Es handelt sich hierbei um elastische Rückstellkräfte, die durch die Verformung beim Einbau entstehen.Aus Platzgründen wird hier nur Beispiel gegeben.

SternscheibenDie Sternscheiben sind, wie die Tellerfedern, dünnwandige, flachkegelige Ringscheiben aus gehärtetem Federstahl mit Radialschlitzen. Durch diese Schlitze ist die Ringspannscheibe in Bezug auf ihren Kegelwinkel elastisch verformbar. Die Scheiben besitzen gegenüber der Nabenbohrung ein Übermaß und werden in dieses unter Vorspannung eingesetzt. Zwischen den Sternscheiben und der Welle bleibt aber ein Spiel, das beim Anziehen der Spannschraunben verschwindet und in eine radiale Spannwirkung übergeht. Diese erzeugt eine Fugenpressung, so dass ein Drehmoment durch Kraftschsluß übertragen werden kann (Abbildung 6).

a) b)

Abbildung 6 a) Sternscheibe; b) Einbaubeispiel von Sternscheiben [1]

Nabe

Spannsatz

Welle

4

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4.5 Pressverbindungen

Zur Herstellung einer Pressverbindung ist eine Presspassung mit einem Übermaß U erforderlich, bei der der Bohrungsdurchmesser kleiner als der Wellendurchmesser ist. Durch dieses Übermaß werden die Passflächen aufeinandergepresst und durch Haftreibung die Übertragung von Umfangskräften, Längskräften oder beider ermöglicht (Abbildung 7).Das Fügen von Teilen mit einem Pressvorgang schafft haltbare Verbindungen, die Große und wechselnde Kräfte übertragen können. Da sie keine Verbindungselemente wie Passfeder erhalten, die als Kerben wirkende Nuten benötigen, haben sie eine hohe Betriebsfestigkeit. Sie werden in Getriebe und Großmaschinen angewendet, wo es keine andere Möglichkeit zum übertragen großer Kräfte bzw. Momente gibt.

Abbildung 7 [1]

Man unterscheidet zwischen:Längpresssitz. Beim Längspresssitz erfolgt das Fügen von Innen- und Außenteil durch kaltes Aufpressen bei Raumtemperatur. Die dafür erforderlichen großen Einpresskräfte werden meistens mit hydraulischen Pressen aufgebracht. Um ein zu starkes Schaben zu vermeiden, sind die Stirnkanten anzufasen.QuerpresssitzDas Außenteil wird durch Erwärmen so weit gedehnt (aufgeweitet) bis es sich leicht auf das Innenteil schieben lässt. Beim Erkalten schrumpft das Außenteil und preßt sich kräftig auf das Innenteil (Schrumpfsitz). Eine Erwärmungsmöglichkeit ist im Ölbad bis auf 400°C.Eine zweite Möglichkeit besteht aus die Unterkühlung des Innenteils. Das Innenteil wird so weit geschrumpft, bis es sich leicht in das Außenteil schieben lässt (Dehnsitz). Beim Erwärmen auf Raumtemperatur dehnt sich das Innenteil und presst sich in das Außenteil. In Kohlensäureschnee oder in Trockeneis sind -78°C, in flüssigen Stickstoff -196°C.

Berechnung zylindrischen Pressverbindungen

Eine Pressverbindung muss so ausgelegt werden, dass eine kleinste Flächenpressung pmin

mindestens vorhanden ist, um sicher das größte auftretende Drehmoment Tmax und/oder Axialkraft Fa,max zu übertragen und eine größte Flächenpressung pmax nicht überschritten wird, damit Welle und Nabe nicht überbeansprucht werden.Sind die Abmessungen und Werkstoffe von Welle und Nabe, sowie die äußeren Belastungen bekannt, so kann das Berechnungsziel folgendermaßen formuliert werden:

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- Das erforderliche Kleinstübermaß ermitteln, um einwandfreie Haftung zu gewährleisten: Die kleinste Flächenpressung resultiert aus dem Kleinstübermaß!

- Das zulässige Größtübermaß ermitteln, damit keine Überbeanspruchung auftritt: Die größte Flächenpressung resultiert aus dem Größtübermaß!

Kleinste erforderliche FlächenpressungDie kleinste erforderliche Flächenpressung pmin ergibt sich aus dem Drehmoment und/oder der Axialkraft, die unter Berücksichtigung einer Rutschsicherheit (SR=2…4) von der Pressverbindung übertragen werden müssen (T=T·SR, FA=FA·SR). Für die Berechnung wird angenommen, daß der Reibbeiwert in Umfangsrichtung und in axialer Richtung gleich groß ist (Reibwerte aus Tabellen).Die Flächenpressung zur Übertragung eines Drehmomentes T ist:

pmin=2TK ASR

D 2F

b

mit DF-Fügedurchmesser (Abbildung 7), b-Nabenbreite und KA-AnwendungsfaktorDie Flächenpressung zur Übertragung einer Axialkraft Fa ist:

pmin=F A K ASR

DF bDie Flächenpressung zur Übertragung von T und Fa ist:

pmin=F 2

A

4T2

D 2F

K ASR

DF b

Größte zulässige FlächenpressungDie Flächenpressung in der Fuge und die Spannungen im Innen- und Außenteil lassen sich aus elastizitätstheoretischen Betrachtungen am dickwandigen, unendlich langen Hohlzylinder ableiten. Das Innenteil ist ein Hohl- oder Vollzylinder unter Außendruck, das Außenteil ein Hohlzylinder unter Innendruck. Unter der Voraussetzung, dass ein ebener Spannungszustand vorliegt, können die Beanspruchungen in Innen- und Außenteil nach den Methoden der Festigkeitslehre berechnet werden. Infolge der relativ kurzen Naben herrscht natürlich kein zwei- sondern ein dreidimensionaler Spannungszustand. Für den praktischen Gebrauch hat sich jedoch die zweidimensionale Betrachtungsweise als ausreichend genau erwiesen.Für die Hohlwelle und Nabe treten die größten Spannungen am jeweiligen Innendurchmesser, hingegen bei einer Vollwelle die Spannungen in radialer Richtung sind Konstant.Nach der modifizierte Schubspannungshypothese (MSH) berechnet sich die Vergleichsspannung bei Berücksichtigung des zu übertragenden Torsionsmomentes:

22 4)( tritiV τσσσ +−=Die aus dem Torsionsmoment resultierende Schubspannung kann näherungsweise τt=µ·p gesetzt werden. Da die Reibbeiwerte für technische Oberflächen klein sind, können die Schubspannungen gegenüber den Normalspannungen vernachlässigt werden. Mit den Spannungsgleichungen am dickwandigen, offenen Hohlzylinder ist die größte Vergleichsspannung

21

2

QpV −

6

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mit Q=QA=DF/DAa für die Nabe und Q=QI=DIi/DF für die Welle.Die Festigkeitsbedingung lautet nach der MSH

zulV σσ3

2≤

Für die zulässige Werkstoffbeanspruchung wird σzul = Re/SF bzw. für spröde Werkstoffe σzul = Rm/SB gesetzt, wobei die Sicherheit gegen plastische Verformungen SF ≥ 1,2 und gegen Bruch SB ≥ 2 sein sollte.Als größte zulässige Flächenpressung ergibt sich dann für die Nabe am Durchmesser DAi:

zulAQ

p σ3

1 2

max

−=

für die Vollwelle:

zulp σ3

2max =

Die Beanspruchung des Außenteils wird ausschließlich statisch betrachtet, auch wenn die äußeren Belastungen dynamischen Charakter aufweisen.

HaftmaßDie Flächenpressung in der Fuge ist abhängig vom nutzbaren Teil des Übermaßes der Welle gegenüber der Nabe, dem Haftmaß Z.

AiIA ddZ ∆+∆=Dieses Haftmaß ist die Summe der elastischen Durchmesserveränderungen nach dem Fügen. Dabei wird die Nabe in Umfangsrichtung vergrößert und die Welle verkleinert. Gleichzeitig tritt in radialer Richtung bei der Nabe eine Querdehnung und bei der Welle eine Querverkürzung auf. Die Durchmesserveränderungen sind somit vom Elastizitätsmodul E und von der Querkontraktionszahl ν abhängig.Für die kleinste erforderliche Flächenpressung ergibt sich das Mindesthaftmaß:

+

−++

−+= A

A

A

AI

I

I

IF Q

Q

EQ

Q

EDpZ νν

2

2

2

2

minmin 1

11

1

11

Für die größte zulässige Flächenpressung ergibt sich ein maximales Haftmaß:

+

−++

−+= A

A

A

AI

I

I

IF Q

Q

EQ

Q

EDpZ νν

2

2

2

2

maxmax 1

11

1

11

ÜbermaßBeim Fügen werden die Oberflächen durch plastisches Einebnen der Rauhigkeitsspitzen geglättet. Deshalb kann das gemessene Übermaß vor dem Fügen nicht voll in Verformungen der gefügten Teile umgesetzt werden. Das für die Pressung maßgegebende Haftmaß ist somit das um die Glättung G verminderte Übermaß U:

GUZ −=Die Glättung jeder Oberfläche beträgt ca. 40% der gemittelten Rauhtiefe Rz. (DIN 7190).

( )zAzI RRG 4.04.02 +=Der Mindestübermaß und der Maximale Übermaß sind:

( )zAzI RRZU ++= 8.0min(max)min(max)

Für die Fertigung ist eine ISO-Passung anzugeben, die folgende Bedingungen erfüllt:

minUUk ≥ und maxUU g ≤ .

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Fügetemperaturen bei Querpresssitzen

Um ein kräftefreies Fügen von Schrumpf und Dehnpresssitzen zu ermöglichen, ist ein Fügespiel von 1‰ des Fugendurchmessers vorzusehen.

FDD 001,0=∆SchrumpfsitzDie erforderliche Fügetemperatur des Außenteils errechnet sich aus:

FA

gUA D

DUtt

α∆+

+=

tU – UmgebungstemperaturαA – linearer Wärmeausdehnungskoeffizient des Nabenwerkstoffes

DehnsitzBei einem Dehnsitz muss das Innenteil auf die Temperatur tI abgekühlt werden:

FI

gUI D

DUtt

α∆+

−=

αI – linearer Wärmeausdehnungskoeffizient des Wellenwerkstoffs.

Schrifttum

[1] Haberhauer, H., Bodenstein, F., 2007. Maschinenelemente: Gestaltung, Berechnung, Anwendung, 14. A. ed. Springer Berlin Heidelberg. [2] Raşeev, M., Componentele sistemelor mecanice, Notiţe de curs, 2009

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