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5 – Codierung diskreter Informationen
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5 Codierung diskreter Informationen am Beispiel der Identtechnik
5.1 Denkansatz auf Basis strukturierter Sensorsysteme
Kapitel 3 und 4 demonstrierten anhand verschiedener Beispiele, dass eine physikali-
sche Messgröße – auch wenn diese nicht direkt magnetisch auswertbar ist – mit ei-
nem galvanomagnetischen Sensorsystem gemessen werden kann, sofern die geo-
metrische Struktur zumindest einer Systemkomponente informationsabhängig beein-
flussbar ist. Jede Strukturvariation, die eine detektierbare Änderung des Magnetfel-
des in der Ebene der sensitiven Systemkomponente hervorruft (s. Kapitel 2.2.2), re-
präsentiert einen zunächst unbekannten, jedoch definierten Wert der Messgröße in-
nerhalb eines normalerweise bekannten Messbereiches. Ist die ursprüngliche Infor-
mation eindeutig aus dem modulierten Magnetfeld zu bestimmen, so ist die Zuord-
nung eineindeutig und zur Realisierung eines Messsystems geeignet.
Die Abbildung einer Messgröße auf die geometrische Struktur eines galvanomagne-
tischen Sensorsystems genügt genau dann der in Kapitel 2.4.1 dargelegten allge-
meinen Definition der Codierung nach DIN 44300 [DIN-88a], wenn jeder definierte
Zustand der Messgröße reproduzierbar eine definierte geometrische Strukturvariante
einer Sensorsystem-Komponente hervorruft oder dieser zugeordnet ist. Ist diese
Voraussetzung erfüllt, so lässt eine derartige Abbildung die gezielte Codierung defi-
nierter, diskreter Informationen zu. Das Prinzip der Strukturvariation ist damit prinzi-
piell auch spiegelbildlich zur Definition von Messsystemen für die Realisierung von
Codier- und Verschlüsselungssystemen einsetzbar.
Das Beispiel der datenträgergebundenen Identtechnik gestattet einen kurzen Einblick
in das Anwendungspotenzial strukturvariierter Komponenten galvanomagnetischer
Sensorsysteme im Bereich der Codierung definierter Informationen. In Anlehnung an
die in Handel, Logistik und Produktion etablierten Barcodes werden Möglichkeiten für
den Aufbau, die Auswertung und die Optimierung nicht-programmierbarer Codes aus
strukturierten magnetisch leitenden Elementen vorgestellt.
5 – Codierung diskreter Informationen
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5.2 Codierung für Identifikations- und Informationssysteme
5.2.1 Codierungsarten und Codierungsformen
Codes dienen nahezu ausschließlich der Anpassung einer gegebenen Information an
eine anwendungsspezifische Umgebung, welche aus Daten verarbeitenden Geräten
und Systemen, immateriellen Einflüssen und/oder Personen aufgebaut sein kann. In
einigen Praxisfällen wird diese Hauptfunktion eines Codes durch spezielle Aufgaben
wie etwa einer Kompression oder Verschlüsselung der Ausgangsinformationen er-
gänzt oder ersetzt. Dabei werden heutzutage überwiegend Codes eingesetzt, die
eine maschinelle Verarbeitung der Ursprungsdaten gestatten. Die hierfür zur Verfü-
gung stehenden Codearten sind, obwohl überwiegend numerisch, kaum überschau-
bar. Die derzeit wichtigsten der in der rechnergestützten Datenverarbeitung und in
der Industrie eingesetzten Codearten sind nach [JES-00] der BCD-, der Aiken-, der
Gray-, der Dual- sowie Barcodes in verschiedenen Ausführungen (Kapitel 5.2.2). Die
aufgeführten Codes sind Binärcodes, d. h. die Zeichen sind aus Folgen von Binärzif-
fern ( Bits) aufgebaut. Sie sind daher ideal für eine rechnergestützte Verarbeitung
geeignet. Auch Barcodes mit unterschiedlichen Elementbreiten können Binärcodes
sein, sofern die breiteren Elemente ganzzahlige Vielfache eines Moduls, das nur die
Zustände „hell“ oder „dunkel“ annehmen kann (Bild 5.1 in Kapitel 5.2.1), sind.
Codes werden anhand des physikalischen Prinzips, welches der Erfassung der co-
dierten Zeichen sowie in den meisten Fällen auch dem Verfahren zur Realisierung
zugrunde liegt, in Codierungsformen eingeteilt. Obwohl seit mehr als 100 Jahren
ständig neue Codierungsmaschinen und mit diesen auch neue Codierungsformen
entwickelt werden, erlangten nur wenige Formen in der datenträgergebundenen In-
formationsverarbeitung Bedeutung:
• Eine der ersten Codierungsformen war die mechanische Codierung, welche mitt-
lerweile jedoch kaum noch Beachtung findet. Die bekanntesten Ausführungsfor-
mate sind Lochkarten und Lochstreifen, die mit bis zu acht parallel gestanzten In-
formationsspuren hergestellt wurden.
• Zur elektrischen bzw. elektronischen Codierung zählen heute insbesondere die
als RFID-Systeme bekannten Identifikations- und Informationssysteme auf Basis
der Radiofrequenz-Technik, deren als Transponder, als Tag oder als Smart Label
5 – Codierung diskreter Informationen
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bezeichnete Datenträger mit einem integrierten Schaltkreis inklusive Antenne und
Datenspeicher (RAM, ROM oder EEPROM) ausgestattet sind [EBE-02, LEN-01].
Aktive Transponder sind mit einer eigenen Energieversorgung (Batterie oder So-
larzelle) ausgestattet, während passive Transponder die benötigte Energie aus
dem elektrischen oder magnetischen Feld der zugehörigen Schreib-/Leseeinheit
beziehen. Die Datenträger können berührungslos über kleine (passiv bis 1,2 m)
und mittlere (aktiv bis 100 m) Distanzen gelesen und programmiert werden.
RFID-Systeme werden vor allem in der Logistik und in der industriellen Fertigung
zur Steuerung des physischen Materialflusses, aber auch in anderen Bereichen
zur Sicherung und/oder Identifikation, z. B. Wegfahrsperre, eingesetzt.
Ebenso zählen die so genannten Smartcards zur elektronischen Codierung. Die
Kunststoffkarten sind mit einem les- und (wieder-)beschreibbaren Halbleiterchip
versehen, auf dem im Falle der Speicherkarte eine einfache Logikschaltung, bei
der µP-Karte eine Schaltung mit Mikroprozessor für komplexere Anwendungen
realisiert ist [RAN-02]. Chipkarten eignen sich als Identifikationsmedium, wenn
nur einfache Zusatzfunktionen mit wenigen variablen Daten auszuführen sind:
SIM-Karten in Mobilfunktelefonen speichern z. B. neben der eigenen Rufnummer
als Zugangsberechtigung für ein Mobilfunknetz auch modifizierbare Daten wie Te-
lefonbucheinträge, Kurznachrichten im Textformat ( SMS) oder Kalenderdaten.
Chipkarten deutscher Krankenkassen fungieren hingegen als reines Identifikati-
onsmedium für Personen, während Bankkarten ( Geldkarte) und Telefonkarten
lediglich variable, anonyme Daten zur Durchführung einer Zahlfunktion speichern.
• Kunststoff- oder Pappkarten mit einem Magnetstreifen sind die bekannteste Aus-
führung der magnetischen Codierung. Sie dienen vornehmlich der Personeniden-
tifikation und der Legitimation im Kreditgewerbe (BankCard mit Maestro-Funktion
ehem. EC-Karte, Kreditkarten), bei Zeiterfassungs- oder Zugangskontrollsys-
temen. Abmessungen, Lage, Informationsinhalt und -dichte der drei Spuren des
Magnetstreifens sind durch die ISO-Normenreihe 7810 bis 7813 [ISO-95, ISO-00,
ISO-01, ISO-02] geregelt. Folgen getakteter magnetischer Flusswechsel beinhal-
ten die 5- und 7-Bit-codierten Informationen, die in sehr geringem Abstand von
Magnetsensoren (z. B. Hall-Sensoren, vgl. Kapitel 2.1) gelesen werden können.
Weitere Einsatzbereiche sind Zahl- oder Prepaid-Karten im Dienstleistungssektor
– z. B. Park-, Maut- oder Kantinenkarten [VOL-95] – mit anwenderspezifischen
Datenspuren und Formaten.
5 – Codierung diskreter Informationen
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Harmonische und akustomagnetische Warensicherungsetiketten sind 1-Bit mag-
netisch codiert. Ein amorpher Metallstreifen ist zusammen mit einem hartmagne-
tischen Metallstreifen, der im „aktiven“ Zustand unmagnetisiert ist, in das Etikett
integriert. Der amorphe Metallstreifen wird durch das elektromagnetische Feld ei-
ner Personenschleuse am Ausgang eines Warenhauses angeregt und erzeugt
ein von der Schleuse detektierbares elektromagnetisches Signal. Durch die Mag-
netisierung des hartmagnetischen Metallstreifens während des Kassiervorgangs
wird die externe Anregung des amorphen Metalls unterbunden – das Etikett ist
deaktiviert [ZEC-99].
Eine Kombination aus optischer und magnetischer Codierung stellen magnetisch-
visuelle Schriften dar. Die visuell lesbaren Zeichen werden mit einer Eisenoxide
enthaltenden Farbe gedruckt. Eine unmittelbar vor dem Lesevorgang durchge-
führte Magnetisierung ermöglicht die magnetosensorische Erfassung [LEN-01].
Magnetschriften werden bislang kaum in der Identtechnik verwendet.
• Die optische Codierung kann, bezogen auf das Gebiet der Identtechnik, grob in
zwei Bereiche aufgeteilt werden: Maschinenlesbare Schriften und Barcodes, die
in Kapitel 5.2.2 behandelt werden. Die Klarschriftlesung, d. h. eine schnelle, si-
chere und eindeutige automatische Identifikation handgeschriebener Information
ist bislang nur unzureichend für spezielle Praxisanwendungen gelungen, z. B. Un-
terschriftenvergleich bei Kreditinstituten. Demgegenüber sind verschiedene stili-
sierte, maschinell lesbare Schriften entwickelt worden. Beispiele hierfür sind zum
einen die Zeichen der CMC-7-Schrift, die ähnlich den Barcodes aus senkrecht zur
Leserichtung angeordneten Strichen gebildet werden, zum anderen die nach
Form, Größe und Abstand genormten Zeichen der OCR-Schriften, siehe [DIN-77,
DIN-89], die u. a. für das Klartextfeld von Barcodes vorgeschrieben sind oder bei-
spielsweise die automatische Paket- und Briefverteilung ermöglichen.
Codes für die Identtechnik unterliegen verschiedenen Anforderungen, die teils nur
durch Kompromisslösungen zu erfüllen sind. Die wichtigsten Anforderungen sind:
– Eindeutigkeit,
– geringe Zeichenlänge,
– leichte Erlernbarkeit und Anwendbarkeit sowie
– hohe Sicherheit.
5 – Codierung diskreter Informationen
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Gerade die Sicherheit eines Codes, die bedeutet, dass etwaige Fehler bei der Codie-
rung oder bei der Übertragung durch die Leseeinheit erkannt und möglichst korrigiert
werden, ist nur durch einen erhöhten Platzbedarf und/oder einen erweiterten Zei-
chenvorrat zu erzielen. Gebräuchliche Methoden der Fehlersicherung sind die Ver-
wendung von Paritätsbits und Prüfziffern. Beide Möglichkeiten gestatten zwar eine
Gültigkeitsprüfung der übertragenen Nutzzeichen, bedeuten aber eine Erweiterung
der Nutzinformation um zusätzliche Zeichen.
Ein Paritätsbit ermöglicht eine Kontrolle der Anzahl der in einem empfangenen Zei-
chen gesetzten Bits, z. B. dunkle Module in Barcodes. So kann beim Senden der
Nutzzeichen durch Anhängen eines Paritätsbits erreicht werden, dass immer eine
gerade Anzahl an gesetzten Bits übertragen wird. Ist die Anzahl der gesetzten Bits
auf der Empfängerseite dagegen ungerade, ist sofort ein Fehler zu erkennen. Jedoch
können mehrere Bitfehler bei einer Zeichenübertragung die zu prüfende Parität wie-
der herstellen. Aufgrund der geringen Sicherheit dieser Prüfmethode nutzen viele
Codes wie etwa Barcodes zusätzliche Prüfziffern (Kapitel 5.2.2). Über einen festge-
legten mathematischen Algorithmus kann ein Lesesystem aus den empfangenen
Nutzzeichen einer Information eine Ziffer ermitteln, die mit der ebenfalls übertrage-
nen Prüfziffer übereinstimmen muss. Auch bei dieser Methode können einzelne Feh-
ler nicht erkannt werden, jedoch mit deutlich niedrigerer Wahrscheinlichkeit.
Der Sicherheitsaspekt stellt zudem Anforderungen an den Datenträger. Die in der
Identtechnik überwiegend benötigten, nicht-programmierbaren, d. h. nicht beschreib-
oder korrigierbaren, Datenträger werden nach Belegen und Ausweisen unterschie-
den. Im Gegensatz zu Belegen, die mit einer kurzen Verwendungsdauer und -fre-
quenz meist nur eine geringe Bedeutung besitzen, sind Ausweise wegen der meist
hohen Verwendungsdauer und -frequenz sowie Wichtigkeit der codierten Daten be-
sonders stabil und sicher gegenüber Manipulation oder Datenverlust zu fertigen.
Zur Erläuterung der spezifischen, von der Codierungsform und der jeweiligen Appli-
kation abhängigen Lesesysteme wird auf die angegebene Literatur verwiesen.
5.2.2 Barcodetechnik als Vorbild für magnetische Codierung
Das Prinzip der Barcodetechnologie (engl. bar: Balken, Strich) geht auf ein US-
amerikanisches Patent zurück, das bereits im Jahre 1949 angemeldet wurde. Der
5 – Codierung diskreter Informationen
101
damalige Mangel an den früher zudem sehr teuren elektronischen Bauelementen,
die zur Erfassung und Auswertung dieser optischen Codierungsform benötigt wur-
den, verhinderte eine Ausweitung von Barcodeanwendungen über den militärischen
Bereich hinaus. Erst mit der Mikroprozessortechnologie entstanden für diese Codier-
form Praxisanwendungen, die bis heute zur Entwicklung von mehr als 200 verschie-
denen Barcodes führten. Obwohl nur die Interpretation anwendungsspezifisch ist,
erlangten nur wenige Barcodes eine Bedeutung für ein breites Spektrum in der Pra-
xis – z. B. Code 2/5, Code 39, EAN-Codes, PDF 417 oder Matrix-Codes [JES-00].
Typische Einsatzfelder sind derzeit die Produktidentifikation bei Kassiervorgängen in
Warenhäusern, die industrielle Lagerhaltung, die Logistik oder die Materialverfolgung
und -sortierung in (teil-)automatisierten Fertigungsprozessen. Ebenso dienen Barco-
des auf Ausweiskarten zur Personenidentifikation, zur Katalogisierung in Bibliotheken
und Videotheken oder zur Identifikation von Blutkonserven in der Medizin.
Barcodes bestehen aus einer begrenzten Anzahl optisch unterscheidbarer Zeichen,
die jeweils aus alternierenden Folgen dunkler und heller Striche mit teilweise unter-
schiedlicher Breite zusammengesetzt sind. Die Anzahl unterschiedlicher Breiten er-
laubt eine Klassifizierung der Barcodes in Zwei- und Mehrbreitencodes, deren Vorteil
eine geringere Barcodelänge infolge der erhöhten Informationsdichte ist.
Den prinzipiellen Aufbau eines Barcodefeldes verdeutlicht Bild 5.1 anhand einer Bei-
spielinformation im Format des Mehrbreitencodes EAN 13 [DIN-96].
Bild 5.1: Grundaufbau eines Barcodefeldes am Beispiel des EAN 13
5 – Codierung diskreter Informationen
102
Das Barcodefeld besteht aus definierten Symbolen und Bereichen:
– Element: Einzelner Strich oder einzelne Lücke in einem Barcode. Ein Ele-
ment ist ein ganzzahliges Vielfaches eines Moduls. In so genannten Zwei-
breitencodes bestehen Elemente aus maximal zwei Modulen, in Mehrbrei-
tencodes variiert die Modulzahl zwischen 1 und heute üblicherweise 4.
– Modul: Schmalstes Element eines Codes mit definierter Breite in Millimetern.
– Zeichen: Durch die einem Code zugrunde liegende Abbildungsvorschrift
festgelegte, alternierende Elementfolge aus Strichen und Lücken zur Codie-
rung alphanumerischer Zeichen und Sonderzeichen. Linksbündige Zeichen
beginnen, rechtsbündige Zeichen enden mit einem Strich.
– Ruhezone: Helle, unbeschriftete Zone vor und hinter – teils auch ober- und
unterhalb – der Strichcodierung, die zur Abgrenzung des Codes von ande-
ren Darstellungen auf dem Träger dient, um einen fehlerfreien Leseprozess
zu ermöglichen. Die Ruhezone muss der 10- bis 15-fachen Modulbreite X
entsprechen, bei Scanneranwendungen mindestens 2,5 mm bzw. 6,5 mm.
– Nutzzeichen: Zeichen, welche die Information enthalten. Die Nutzzeichen-
zahl in einem Barcodefeld ist codeabhängig und meist festgelegt.
– Start-/Stoppzeichen (Randzeichen): Codespezifische, unterschiedliche Ele-
mentfolgen, die Anfang bzw. Ende des Barcodefeldes markieren. Die Struk-
tur ermöglicht die Codeerkennung und die Lesbarkeit in beiden Richtungen.
– Trennzeichen: Zeichen, das zur Unterteilung verschiedener Informationen in
einem einzigen Barcodefeld dient. Trennzeichen sind ebenso wie Randzei-
chen codespezifisch und weisen als optisches Merkmal üblicherweise eine
größere Barcodehöhe als die benachbarten Nutzzeichen auf.
– Klartextfeld: Mit wenigen Ausnahmen unmittelbar unter dem Barcode ange-
ordneter Bereich, der die strichcodierte Information zusätzlich in Klarschrift
zeigt. Dadurch ist bei fehlerhafter Lesung des Strichcodes eine manuelle
Dateneingabe in das verarbeitende System möglich. Zur Darstellung ist übli-
cherweise eine OCR-Schrift (vgl. Kapitel 5.2.1) vorgeschrieben.
Der EAN 13 (Bild 5.1) dient zur Darstellung der Europäischen Artikel Nummerierung,
die für jede unterscheidbare Verkaufseinheit aller Ge- und Verbrauchsgüter im Ein-
zelhandel unverwechselbar vergeben und – falls möglich – sichtbar auf der Ware
5 – Codierung diskreter Informationen
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und/oder der Warenverpackung abgedruckt wird. Die Nummerierung ermöglicht ne-
ben der eindeutigen Identifikation eines Produktes eine datenbankorientierte Lager-
haltung und Preiszuordnung, die insbesondere vorteilhaft für Kassiervorgänge in Wa-
renhäusern eingesetzt wird. Die EAN wird vom Hersteller des Artikels auf Grundlage
der Basisnummer frei vergeben. Die Basisnummer besteht aus der Länderkennzahl
und der Betriebsnummer des Herstellers, die von der zuständigen Vergabeorganisa-
tion eines Landes einmalig zugeteilt wird. In Deutschland vergibt die Centrale für
Coorganisation GmbH (Länderkennzeichen 40 – 43) die sog. bundeseinheitliche Be-
triebsnummer (bbn) [CCG-77a]. Der EAN 13 umfasst zwei rechtsbündige Zeichen-
sätze A und B mit unterschiedlicher Parität sowie einen linksbündigen Zeichensatz C,
die jeweils die Abbildung der Ziffern 0 – 9 gestatten. Während Zeichensatz C aus-
schließlich zur Codierung der 5-stelligen Artikelnummer dient, codieren Kombinatio-
nen aus den Zeichensätzen A und B die Herstellernummer. Die Paritätsfolge dieser
Nummer ergibt die nicht strichcodierte 13. Stelle der EAN, welche die erste Ziffer des
Länderkennzeichens beinhaltet (vgl. Bild 5.1) [CCG-77b, JES-00]. Der EAN 13 ist ein
selbst prüfender Barcode mit einer Prüfziffer, die nach einem Modulo 10-Algorithmus
aus den 12 Nutzziffern berechnet und an der 1. Stelle eingetragen wird, Tabelle 5.1.
Tabelle 5.1: Berechnung der Prüfziffer des Barcodes EAN 13 nach Bild 5.1
Codestelle 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1
Nutzziffer (Ni) 4 0 1 2 3 4 5 9 8 7 6 5
Gewichtung (Gi) 1 3 1 3 1 3 1 3 1 3 1 3
Produkt (Pi = Ni x Gi) 4 0 1 6 3 12 5 27 8 21 6 15
Summe (S = ∑ Pi) 108
Prüfziffer (PZ = 10 – (S Mod 10) 2
EAN-Codes können um ein so genanntes EAN-Addon (auch: EAN-Addendum) er-
weitert werden. Solche 2- oder 5-stelligen Zusatzcodes, die keine Prüfziffer besitzen,
finden Verwendung bei der Codierung von Presseerzeugnissen: 5-stellige Addons
enthalten den Ladenverkaufspreis von Büchern, 2-stellige Addons die Folgenummer
von Zeitschriften und Zeitungen.
Barcodes dienen im Wesentlichen zur Identifikation von Objekten. Informationen zu
diesen Objekten sind oft nur über eine Datenbank zugänglich, deren Einträge die
Codes referenzieren. Sollen große Informationsmengen strichcodiert werden, so sind
5 – Codierung diskreter Informationen
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entweder Barcodes mit einem umfangreichen alphanumerischen Zeichenvorrat
und/oder ausreichend große Druckflächen zur Darstellung nötig. Hier stoßen lineare
Barcodes (1D-Codes) schnell an ihre Kapazitätsgrenzen, so dass zusätzlich zweidi-
mensionale Codes entwickelt wurden: Stapel- und Matrix-Codes codieren bis zu ei-
nigen tausend Zeichen auf wenigen Quadratzentimetern andere nutzen zusätzlich
verschiedene Farben, um umfangreiche Informationen zu verdichten, Bild 5.2.
Bild 5.2: Vergleich von 1D- und 2D-Barcodes anhand einer Beispielinformation Inhalt der Beispielinformation: „Universität Duisburg-Essen“
Für das maschinelle Lesen von Barcodes existieren zahlreiche verschiedene opti-
sche Techniken, die abhängig von der Praxisanwendung eingesetzt werden. Mobile
oder stationäre Systeme wie Lesestifte, Laser-, CCD-Zeilen- und CCD-Matrix-Scan-
ner sind heutzutage technisch derart ausgereift, dass ein schnelles, sicheres und
omnidirektionales Auslesen aller gebräuchlichen Barcodes gewährleistet ist. Allen
Verfahren gemeinsam ist die Wandlung der an den hellen bzw. dunklen Barcode-
Segmenten auftretenden Reflexionen bzw. Absorptionen des abgestrahlten Lichts
mittels Fotozellen in elektrische Spannungsschwankungen. Die Aufbereitung und
Konvertierung der elektrischen Signale in binäre Zeichen ermöglicht die Decodierung
und elektronische Weiterverarbeitung der Informationen, Bild 5.3. Bezüglich einer
Erläuterung der Lese- und Decodierverfahren sowie der zugrunde liegenden opti-
schen Effekte wird auf die Literatur verwiesen, da sie wie die Drucktechniken nicht
Gegenstand dieser Arbeit sind, z. B. [BUR-90, MES-99, VIR-92].
5 – Codierung diskreter Informationen
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Bild 5.3: Erfassung, Auswertung und Verarbeitung optischer Barcodes
Optische Barcodesysteme sind in nahezu allen Bereichen der Identtechnik etabliert.
Gerade die einfache und preiswerte Herstellung codierter Etiketten zeichnet diese
Codierform für eine Kennzeichnung von Einzel- und Massenprodukten mit wenigen
Informationen aus. Dennoch ist die optische Erfassung codierter Daten in einigen
Praxisfällen ungünstig oder ungeeignet, vgl. Kapitel 5.4.1. Für diese Fälle ist eine
preiswerte Codierform notwendig, die Standardcodes der optischen Identtechnik nut-
zen und deren prinzipabhängiges Erfassungssystem an bestehende Auswerte- und
Verarbeitungssysteme (Bild 5.3) adaptiert werden kann, Kapitel 5.3.
5.3 Codes aus magnetisch leitenden Elementen
5.3.1 Eindimensionale Codierung
Eine magnetische Codierung auf Basis strukturierter Komponenten galvanomagneti-
scher Sensorsysteme bietet im Anwendungsfeld der Identtechnik vor allem unter
dem Aspekt der Fälschungssicherheit einer Codierung eine Alternative zu den opti-
schen Barcodes. Strukturierte, magnetisch leitende Elemente aus hochpermeablen
Materialien, in Anlehnung an optische Barcodes zu Codemustern zusammengesetzt,
sind mit vorgespannten galvanomagnetischen Sensorelementen zu erfassen. Die
Codemuster bilden als Bezugselement(e) nach Kapitel 2.3.2 mit der Leseeinheit aus
Sensorelement und Permanentmagnet das galvanomagnetische Sensorsystem.
5 – Codierung diskreter Informationen
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Magnetische Codes aus strukturierten Elementen (M-Codes; magnetische Struktur-
codes) sind in verschiedenen Varianten realisierbar. Eine triviale Ausführung stellt
die Nachbildung von 1D-Barcodes aus magnetisch leitenden Metallstreifen dar. Dazu
eignen sich besonders dünne Bleche oder Folien aus weichmagnetischen Werkstof-
fen mit einer hohen relativen Permeabilität, d. h. 1r >>µ . Im Rahmen erster prakti-
scher Versuche wurden so genannte Hasberg-Streifen (Material: Kohlenstoffstahl CK
101; Werkstoffnr. 1.1274 nach DIN 17222; µr,max = 413; vergütet; Dicke d = 0,1 mm)
eingesetzt, die eine ausreichende mechanische Festigkeit trotz einfacher chemischer
und mechanischer Strukturierbarkeit aufweisen. Im Hinblick auf eine Massenferti-
gung bietet dieser Federstahl eine hohe Verfügbarkeit bei niedrigem Preis.
Eindimensionale M-Codes ermöglichen, sofern ein Helligkeitsunterschied zwischen
den Oberflächen der Metallstreifen und der Zwischenräume besteht, sowohl eine
magnetische als auch eine optische Erfassung. Auf diese Weise ist z. B. eine Kon-
trolle optisch gelesener Barcodes denkbar. Werden die Codes mit einer dünnen, un-
magnetischen Schicht aus nicht-transparentem Material abgedeckt, entsteht ein un-
sichtbarer, daher nahezu nicht manipulierbarer Code, der beispielsweise Informatio-
nen für eine Elektronische ArtikelSicherung (EAS) beinhalten könnte; siehe auch Ka-
pitel 5.4.2. Das Ausleseprinzip bei M-Codes verdeutlicht die Darstellung in Bild 5.4.
Bild 5.4: Anordnung und Umwandlung eindimensionaler M-Codes vS – Sensorgeschwindigkeit; X – Modulbreite; d – Elementdicke
5 – Codierung diskreter Informationen
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Ein magnetisch vorgespannter Hall-Sensor wird so über die Streifenanordnung ge-
führt, dass einzelne Metallstreifen positionsabhängig die in der Sensorebene senk-
recht stehende Komponente des magnetischen Feldes beeinflussen. Die Folge mag-
netisch leitender und nicht-leitender Streifen wird so in eine Folge elektrischer Span-
nungswechsel, deren jeweilige Impulsbreite proportional zur Breite eines Elements
und abhängig von der Sensorgeschwindigkeit vS ist, gewandelt. Der schmalste
Spannungsimpuls kennzeichnet hier die Modulbreite X des Codes, vgl. Kapitel 5.2.2.
Bei manuell geführten Sensoren ist eine konstante Lesegeschwindigkeit vS = const.
nur schwer zu erreichen. Vor allem die Beschleunigungsphase muss vor dem Beginn
der Codestruktur beendet sein. Liegt eine variable Geschwindigkeit vS = ƒ(x) vor, so
variiert bei gleichen Elementbreiten die Dauer der gemessenen Spannungsimpulse,
Bild 5.5a. Wird das Toleranzfeld der Sensorgeschwindigkeit vTol überschritten, so
werden die elektrischen Signale bezüglich der Breite der Metallstreifen falsch inter-
pretiert, Bild 5.5b. Diese Problematik ist von der Erfassung optischer Barcodes mit
manuell geführten Lesestiften o. ä. bekannt [VIR-92]. Die Toleranzfeldbreite sinkt mit
steigender Anzahl gültiger Elementbreiten eines Mehrbreitencodes.
Bild 5.5: Einfluss der Sensorgeschwindigkeit vS auf das Lesen von M-Codes a) Impulsdauer t beim „Lesen“ eines Moduls für verschiedene Sensor-Geschwindigkeiten vS b) Geschwindigkeitsabhängige Interpretation der Spannungsimpulse U(x) vS0 – Normalgeschwindigkeit (= Geschwindigkeit bei t0); vTol – Toleranzfeld für die Sensorgeschwindigkeit vS
Die Amplituden der Sensorspannungen sind indes kein eindeutiges Indiz für die Brei-
te b eines Codeelements. Obwohl mit der Breite eines Metallstreifens auch dessen
Volumen variiert, kann die Änderung der relevanten magnetischen Feldkomponente
Bz in der Sensorebene (vgl. Kapitel 2.2.2) und damit die Änderung der Sensorspan-
nung ∆UH vernachlässigbar sein, Bild 5.6. Hier sind weitere Untersuchungen bezüg-
lich des Einflusses der Material- und Geometrieeigenschaften des verwendeten
Permanentmagneten notwendig.
5 – Codierung diskreter Informationen
108
Bild 5.6: Einfluss der Elementbreite b auf die Signalspannung UH Gemessene Hall-Spannung UH verstärkt; µr, max – maximale relative Permeabilität
5.3.2 Zweidimensionale Codierung mit strukturierten Elementen
Unter Ausnutzung der Variationsparameter Anordnung, Anzahl und geometrische
Gestalt nach Kapitel 2.3.2 für Topologie-Strukturen von Sensorsystem-Komponenten
ergeben sich für die Informationscodierung mit magnetisch leitenden Elementen An-
sätze zur Bildung komplexer Strukturen, die zu zwei- und mehrdimensionalen Codes
führen. Diese ermöglichen eine räumliche Verdichtung der codierten Informationen.
Bild 5.7 zeigt einführend für zweidimensionale M-Codes das Beispiel eines Bezugs-
elementes, dessen geometrische Gestalt eine gestufte Oberfläche aufweist. Ein im
Abstand a vom Fußpunkt des Bezugselementes geführter, vorgespannter Sensor
wandelt diese Geometriestufung in einen elektrischen Spannungsverlauf UH(x) mit
unterscheidbaren Niveaus Ui, die bereits die Codierung definierter Zeichen bzw. dis-
kreter Informationen erlauben. Die Stufung lässt jedoch im Hinblick auf eine mög-
lichst geringe Gesamthöhe des Bezugselementes kaum messtechnisch differenzier-
bare Spannungsniveaus Ui zu, so dass nur wenige Zeichen derartig codierbar sind.
Bild 5.7: Zweidimensionaler M-Code mit gestuftem Bezugselement a) Gestuftes Bezugselement als strukturierter magnetischer Code b) Prinzipieller Spannungsverlauf UH(x) mit stufenabhängigen Spannungsniveaus Ui a – Abstand zwischen Fußpunkt des Bezugselements und Sensorebene; vS – Sensorgeschwindigkeit
5 – Codierung diskreter Informationen
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Eine bedeutende Erweiterung des Zeichenvorrats wird im Vergleich zu gestuften Be-
zugselementen möglich, wenn Codezeichen aus Schichten einzelner Elemente, de-
ren Anzahl und Anordnung variiert, zusammengesetzt werden. Wie bei der Bildung
eindimensionaler M-Codes ermöglichen hier hochpermeable Metallstreifen, jedoch
mit festen geometrischen Abmessungen, den einfachen Aufbau eines galvanomag-
netisch auswertbaren Codes, Bild 5.8.
Bild 5.8: Zweidimensionaler M-Code aus geschichteten Einzelelementen a) Geschichteter M-Code aus vier Schichten b) Beispiel einer Codiervorschrift für einen 4-Schicht-M-Code c) Gemessener Spannungsverlauf UH(x) für das Codebeispiel nach b) d) Reduzierter Code aus b) mit unterscheidbaren Spannungsniveaus Ui gemäß c)
5 – Codierung diskreter Informationen
110
2D-M-Codes benötigen im Gegensatz zu optischen Barcodes bzw. 1D-M-Codes nur
eine konstante Elementbreite bE, die der Modulbreite X entspricht. Die benötigte
Schichtanzahl Z ist prinzipiell von der zu codierenden Zeichenmenge N abhängig:
Z2N = . (Gl. 5.1)
Gl. 5.1 ist jedoch nur dann zur Berechnung des Zeichenvorrates eines geschichteten
M-Codes zulässig, wenn jedes Modul des Codes ein messtechnisch eindeutig unter-
scheidbares und reproduzierbares elektrisches Spannungsniveau Ui,j am Sensoraus-
gang hervorruft, so dass
0!
UUU jiji >>−=∆ (Gl. 5.2)
für alle i, j mit ji ≠ gilt. Anderenfalls ist eine sichere und eindeutige Interpretation
eines Spannungsniveaus als ein Zeichen einer codierten Information nicht zu ge-
währleisten. In diesem Fall kann nur ein Teil der Module für die Informationscodie-
rung verwendet werden. Die übrigen, nicht oder kaum unterscheidbaren Spannungs-
niveaus bilden die so genannte Pseudoinformation, die zur Fehlerentdeckung bei der
Decodierung verwendet werden kann. Als Richtmaß für die Definition einer Codier-
vorschrift gilt allgemein eine Hamming-Distanz von 2, um Fehler auszuschließen
bzw. eine Fehlerentdeckung zu ermöglichen. Die Hamming-Distanz definiert die Min-
destanzahl der Stellen – bei geschichteten M-Codes sind dies die separierten, mag-
netisch leitenden und nicht-leitenden Elemente – mit unterschiedlicher Belegung zwi-
schen zwei beliebigen Zeichen eines Codes [JES-00].
Neben der Codierung eines Zeichens durch ein einzelnes Modul (M1-Code) sind Co-
diervorschriften denkbar, die zur Codierung eines umfangreichen Zeichenvorrats
mehrere Module benötigen (MM-Codes). Unter der Annahme einer eineindeutigen
messtechnischen Unterscheidbarkeit aller Module – Hamming-Distanz = 1 – können
maximal
( ) 1MZZ 122N−
−⋅= (Gl. 5.3)
Zeichen aus je M Modulen mit Z Schichten gebildet werden.
Die unterschiedlichen Breiten B eines optischen Mehrbreiten-Barcodes lassen sich
hingegen einfach über die Schichtanzahl Z eines MM-Codes adaptieren. Das Beispiel
in Bild 5.9 zeigt dies für einen Zweibreiten-Barcode. Für 2BZ >= übersteigt die
5 – Codierung diskreter Informationen
111
Zahl der adaptierbaren Elementbreiten die Anzahl B, so dass nur wenige, deutlich
unterscheidbare Schichtanordnungen benötigt werden. Dies erhöht die Sicherheit der
Codierung, da eine Hamming-Distanz > 2 möglich wird.
Bild 5.9: Adaption eines Zweibreiten-Barcodes durch einen 2-Schicht-MM-Code a) Beispiel einer Codiervorschrift zur Umsetzung der Elementbreiten b) Darstellung der Ziffer „8“ im optischen Code 39 und im doppelschichtigen M9-Code (Zeichen à 9 Module)
Die in diesem Kapitel vorgestellten Möglichkeiten einer Informationscodierung durch
strukturierte, magnetisch leitende Elemente stellen erste Ansätze und Versuche in
diesem Bereich dar. Weiterführende Forschungsarbeiten zu diesem Thema, die den
Rahmen dieser Arbeit bei weitem übersteigen, sind folglich notwendig, um insbeson-
dere zuverlässige Ergebnisse im Bereich der Materialauswahl, der Herstellverfahren
sowie der Konstruktion von Lese- und Auswertesystemen zu erzielen. Erste Ansätze
zur Optimierung von magnetischen Strukturcodes liefert aber bereits Kapitel 5.3.3.
5.3.3 Ansätze zur Optimierung magnetischer Strukturcodes
Im Hinblick auf eine Optimierung der in Kapitel 5.3.1 vorgestellten magnetischen
Strukturcodierung sind prinzipiell zwei Richtungen zu unterscheiden:
(1) Möglichkeiten der Strukturoptimierung
• Die Unterscheidungsfähigkeit einzelner Module lässt sich durch eine räumli-
che Trennung der magnetisch leitenden Elemente bewirken:
a) Nicht-magnetische Zwischenlagen erhöhen den Abstand zwischen dem
Sensor und den einzelnen magnetisch leitenden Elementen in den unte-
ren Schichten. Obwohl auf diese Weise keine großen, zusammenhän-
genden, magnetisch leitfähigen Volumenelemente in den Modulen ent-
stehen – vgl. Darstellungen in Kapitel 2.2.2 zum Einfluss des Volumens
magnetisch leitfähiger Elemente auf den Magnetfeldverlauf in der Sen-
sorebene –, ist eine deutlichere Abstufung der Spannungsniveaus Ui zu
5 – Codierung diskreter Informationen
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erreichen, die aus der Überlagerung der Einflüsse einzelner, auf unter-
schiedliche Schichten verteilter, Elemente resultieren, Bild 5.10a.
b) Nicht-magnetische „Trennwände“ reduzieren erheblich den Einfluss eines
Nachbarmoduls auf die durch das aktuell „gelesene“ Modul hervorgerufe-
ne Änderung des Magnetfeldes und fördern die Exklusivität des elektri-
schen Messsignals, Bild 5.10b. Ferner begünstigen sie das Erkennen von
aufeinander folgenden gleichen Codeelementen. Ein ideales Geometrie-
verhältnis zwischen Modulen und Trennbereichen ist zu bestimmen.
Bild 5.10: Optimierung durch nicht-magnetische Bereiche a) Nicht-magnetische Zwischenlagen b) Nicht-magnetischer Trennbereiche c) Gemessener Spannungsverlauf UH(x) für einen Code nach a) bei Einsatz von nicht-
magnetischen Zwischenlagen und Trennwänden
• Eine Verbesserung der Signalexklusivität kann durch Verwendung von Dau-
ermagneten zur Vorspannung des Sensorelements erreicht werden, deren
Breite bzw. Durchmesser kleiner als die Modulbreite X des Codes ist. Gerade
unter dem Aspekt einer Miniaturisierung der magnetischen Strukturcodes ist
auch der Einsatz flussführender Elemente zu prüfen.
• Die Anzahl Z nutzbarer Schichten bzw. der Einfluss der mit magnetisch lei-
tenden Elementen besetzten Schichten auf den Magnetfeldverlauf kann
durch Verwendung weichmagnetischer Materialien mit unterschiedlichen re-
lativen Permeabilitäten in den einzelnen Schichten gesteigert bzw. gezielt
ausgelegt werden, wodurch im Idealfall die Spannungsniveaus auf definierte
Werte einstellbar sind.
5 – Codierung diskreter Informationen
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(2) Möglichkeiten der Code-Optimierung
• Eine Verbesserung der Lesbarkeit geschichteter magnetischer Strukturcodes
kann wie bei den optischen Barcodes durch Start- und Stoppzeichen erzielt
werden: Definierte Modulkombinationen oder die Verwendung von Modulen
bzw. Codeelementen, die nicht zur Codierung der Nutzinformation benötigt
werden, erlauben dann die Kontrolle auf Vollständigkeit oder ein bidirektiona-
les Lesen der Codes. Ebenso sind Trennzeichen zur Unterscheidung mehre-
rer Informationen in einem einzigen Codefeld empfehlenswert, Bild 5.11.
Bild 5.11: Sonderzeichen zur Optimierung der Lesbarkeit von M-Codes a) Beispiel einer Rand- und einer Trennzeichendefinition bei einem M1-Code b) Start-, Stopp- und Trennzeichendefinition am Beispiel eines M2-Codes (Zeichen à 2 Module)
• Die Optimierung der Sicherheit von M-Codes ist ebenso wie bei optischen
Barcodes auf mindestens zwei Arten vorstellbar:
a) Prüfung der Parität eines Codeelements. „Gerade Parität“ bedeutet, dass
Codeelemente eine gerade Anzahl magnetisch leitender Schichten besit-
zen, während ein Codeelement mit „ungerader Parität“ eine ungerade An-
zahl magnetischer Segmente aufweist. Somit ist nur eine begrenzte Aus-
wahl an Spannungsniveaus zugelassen, andere detektierte Spannungsni-
veaus dienen dann als Fehlerindikator, Bild 5.12a. Im Gegensatz zu an-
deren Codierungen wird kein zusätzliches Paritätsbit benötigt.
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b) Ausgabe eines Prüfzeichens an einer festgelegten Stelle des M-Codes,
Bild 5.12b. Die Berechnungsalgorithmen können z. B. von den optischen
Barcodes übernommen werden, vgl. EAN 13 in Kap. 5.2.2, Tabelle 5.1.
Bild 5.12: Optimierung der Sicherheit von geschichteten Strukturcodes a) M1-Code aus Codeelementen mit ausschließlich „gerader“ Parität b) M1-Code mit Prüfziffer; Berechnung nach Modulo 8-Algorithmus
• Zur Erhöhung der Informationsdichte ist die Definition von Code-Quadern, die
eine 3D-Strukturcodierung darstellen, möglich. Eine Anordnung aus quadrati-
schen, geschichteten Modulen auf einer definierten Fläche bildet eine kom-
plexe, codierte Information, Bild 5.13. Eine 3D-Strukturcodierung umfangrei-
cher Informationen ist interessant, wenn der Code für die geschichteten Ele-
mente anstelle eines reinen numerischen Zeichensatzes einen alphanumeri-
schen Zeichensatz mit Sonderzeichen beinhaltet. Zur Codierung eines Zei-
chensatzes, der aus einem Alphabet lateinischer Groß- und Kleinbuchstaben,
zehn Ziffern und einigen Sonderzeichen besteht, sind nach Gl. 5.1 aber we-
nigstens sieben messtechnisch eindeutig auswertbare Schichten notwendig.
Bild 5.13: 3D-Strukturcodierung mit geschichteten Strukturcodes
5 – Codierung diskreter Informationen
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5.4 Magnetische Strukturcodes für die Praxis
5.4.1 Produktion, Logistik und Handel – Einsatzfelder der Identtechnik
Optische Barcodes sind trotz der flexiblen Einsatzfähigkeit durch zahlreiche Varian-
ten mit unterschiedlichen, im Prinzip frei interpretierbaren Zeichenvorräten unter be-
stimmten Randbedingungen weniger geeignet oder sogar ungeeignet für Anwendun-
gen der Identtechnik. Umgebungseinflüsse wie Schmutz, raue Witterungsverhältnis-
se oder mechanische Kontaktierung können die Lesbarkeit optischer Codes beein-
trächtigen oder verhindern. Gleichzeitig bietet die sichtbare Darstellung eines Codes
Spielraum für gezielte Manipulationen oder Beschädigungen durch Personen bis hin
zur vollständigen Entfernung des Trägerelements. Kritische oder sicherheitsrelevante
Daten werden daher derzeit bevorzugt elektronisch codiert. Für Identifikationsaufga-
ben in Produktion, Logistik und besonders im Handel bedeuten diese Codierverfah-
ren jedoch eine deutliche Kostensteigerung und verlangen Zusatzelemente, die im
Allgemeinen ebenso zu beschädigen oder zu entfernen sind, an den zu kennzeich-
nenden Objekten (Beispiel RFID-Systeme, Kapitel 5.2.1).
Die magnetische Codierung auf Basis strukturierter, magnetisch leitender Elemente
(M-Codes) stellt in den von optischen Barcodes dominierten Anwendungsbereichen
der Identtechnik sowohl eine Alternative als auch eine Ergänzungsmöglichkeit dar.
M-Codes sind weitgehend unempfindlich gegenüber Umgebungseinflüssen und er-
möglichen in einem magnetfeldfreien Bereich eine sichere und nahezu dauerhafte
Codierung von Informationen. Die Integration der sehr klein herstellbaren M-Codes in
unmagnetische Bereiche von Produktgehäusen, Verpackungen oder Etiketten er-
möglicht das unsichtbare Anbringen eines Codes beispielsweise zur Produktidentifi-
kation oder Artikelsicherung. Diese als Inlets zu bezeichnenden M-Codes liegen un-
sichtbar unter der Oberfläche und sind so einem unbefugten Zugriff entzogen. Ein
zufälliges oder gezieltes Entfernen oder Zerstören sowie eine Manipulation des Co-
des ist ohne Beschädigung des Produkts, der Verpackung oder des Etiketts ausge-
schlossen. Ermöglicht der Code eine individuelle Identifikation von Produkten, so ist
beispielsweise in Warenhäusern jederzeit eine Prüfung möglich, ob eine vermeintlich
gekaufte Ware tatsächlich bezahlt wurde. Diese inaktive Form der EAS bietet einen
zusätzlichen Schutz neben den bekannten, oft nur deutlich sichtbar anzubringenden
RFID-Sicherungsetiketten; „Unsichtbar schützt doppelt“ [SAU-01].
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Voraussetzung für das korrekte Lesen von Inlets ist, dass ähnlich wie bei optischen
Barcodes eine so genannte Ruhezone existiert, in der sich keine magnetisch leiten-
den Materialien, die ihrerseits den Verlauf des magnetischen Feldes in der Sensor-
ebene beeinflussen würden, befinden. Unauffällige Markierungen auf der Oberfläche
des Trägers erleichtern die Positionierung eines mobilen Lesesystems, Bild 5.14.
Bild 5.14: Beispiel eines objektintegrierten M-Codes (Inlet) zur Produktidentifikation
Eine weitere Anwendungsmöglichkeit für galvanomagnetisch lesbare Code-Inlets
bieten Ausweiskarten. Die auf herkömmlichen Magnetstreifenkarten gespeicherten
Informationen können unter dem Einfluss eines äußeren Magnetfeldes leicht be-
schädigt oder gelöscht werden. M-Codes stellen dagegen eine dauerhafte Codierung
dar, die resistent gegen externe Magnetfelder ist. Auch bei Ausweiskarten mit Barco-
de lohnt sich aufgrund der bereits genannten Nachteile optischer Codes eine Absi-
cherung der Informationen durch zusätzliche Codierung mittels integrierter M-Codes.
Darüber hinaus sind unsichtbare M-Codes zur Codierung geheimer Informationen
geeignet. Sofern die Inlets unentdeckt bleiben, ist der Charakter einer verdeckten
Kommunikation gegeben. Auch die Entschlüsselung der codierten Information ist nur
bei Kenntnis der Codiervorschrift sowie der Materialeigenschaften der verwendeten
Metallstreifen möglich. Die Abhängigkeit der Spannungsniveaus am Ausgang der
Sensorelektronik und damit die Interpretierbarkeit eines Codes von den Materialei-
genschaften der magnetisch leitenden Metallstreifen einerseits und des Permanent-
magneten zur Vorspannung des Sensors andererseits macht geschichtete magneti-
sche Strukturcodes ferner weitgehend fälschungssicher.
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5.4.2 Prototyp eines mobilen Lesesystems
Zur Nutzung der Vorteile einer magnetischen Codierung mit M-Codes in der Ident-
technik sind der jeweiligen Praxisumgebung angepasste bzw. am Einsatzzweck ori-
entierte Lesesysteme notwendig. Während bei der Personenidentifikation stationäre
Geräte zum Lesen der codierten Information an einer definierten Position auf Aus-
weiskarten vorteilhaft sind, ist für die Produktidentifikation in Handel und Logistik der
Einsatz mobiler, personengesteuerter Geräte aufgrund der freien und variablen Co-
de-Positionierung sinnvoll. Für erste Tests im Rahmen dieser Arbeit wurde ein mobi-
les Lesesystem mit wenigen Grund- und Zusatzfunktionen entwickelt, Bild 5.15a.
Neben der Erfassung und Auswertung von M-Codes unter Verwendung gespeicher-
ter Codiervorschriften für ein- und zweidimensionale Codes nach Kapitel 5.3.1 ist ein
Lernmodus für codierte Zeichensätze empfehlenswert. Im Lernmodus findet die Zu-
ordnung eines Zeichens bzw. einer Information zu einem Spannungsniveau Ui am
Ausgang der dem Sensorelement nachgeschalteten elektronischen Signalaufberei-
tung statt. Das Gerät kann so zum Lesen verschiedener Codes verwendet werden.
Ein Datenspeicher für decodierte Informationen sowie eine Schnittstelle zu einer Da-
tenverarbeitungseinheit (PC – Personal Computer) gestatten eine komfortable Nut-
zung. Der Prototyp „FerroScan“ eines solchen mobilen Lesesystems ist abschließend
in Bild 5.15b dargestellt; nähere Informationen zur Realisierung gibt [SON-01].
Bild 5.15: Mobiles, handgeführtes Lesesystem für magnetische Strukturcodes a) Gerätekonzept und Funktionsüberblick b) Prototyp „FerroScan“ mit großem Versuchs-Codemuster