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katharina aktuell Liebe Leserinnen und Leser, katholisch, ökumenisch, interreligiös: gemeinsam engagiert für Versöhnung und Frieden in der Welt! Unsere Gemeinschaft hat sich auf neue Wege gemacht. Daran wollen wir Sie mit dieser Ausgabe von «katharina aktuell» teilhaben lassen! Sibylle Ratsch, Mitglied der Gemeinschafts- leitung ökumenische Gemeinschaft mit interreligiöser Ausrichtung mai 2005 katharina werk Ins Neue wachsen – eine Gemeinschaft im Aufbruch Zurzeit bin ich im Süden Brasiliens und be- gleite als Beraterin eine internationale Ordens- gemeinschaft auf ihrem Generalkapitel. Es geht darum, Strukturen zu verändern, Plu- ralität und Mitbestimmung zu begünstigen und vor allem die Kulturen und Ethnien in ihrer Vielfalt zum Tragen zu bringen. Die la- teinamerikanische Befreiungstheologie hat dafür eine hohe Sensibilität und ein inspirie- rendes Instrumentarium entwickelt. Öfter wandern meine Gedanken nach Hause zu unserem eigenen Aufbruch. Leben braucht Strukturen und ruft immer wieder neu nach Wandel Erst Jahrzehnte nach der Gründung hat sich unsere Gemeinschaft 1952 auch strukturell als Säkularinstitut innerhalb der katholischen Kirche verortet. Kurz danach kamen die sech- ziger Jahre – eine Zeit grosser Umbrüche, nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der Kirche und ihren Gemeinschaften. In die- se Zeit fiel das Zweite Vatikanische Konzil und seine Ermutigung zu grundlegenden Refor- men: zur Rückbesinnung auf die Quellen und zum Erkennen der Zeichen der Zeit. Auch unsere Gemeinschaft machte sich auf den Erneuerungsweg. In Pia Gyger waren die Gaben vereinigt, auf die es dazu ankam. Inspi- riert durch Pierre Teilhard de Chardin führte sie unsere ursprüngliche Gemeinschaftsvi- sion in eine neue Ausweitung: das Herz Jesu als Herz des ganzen Kosmos, Christus in seiner universalen Gestalt als Mitte unseres Diens- tes der Versöhnung zum Wachstum von Ein- heit und Liebe in der Welt. Gemeinschaft als Spiegel der Welt Säkularinstitut heisst Weltgemeinschaft: Auf der Grundlage der erneuerten Spiritualität entschied sich das Generalkapitel von 1977 zur Öffnung für alle Lebensformen, die Be- gegnung der Religionen und die Ökumene. Nicht nur katholische, zölibatär lebende Frau- en, sondern Angehörige aller Konfessionen, Frauen, Männer, Singles und Ehepaare konn- ten nun eintreten. Und das Wunder geschah, dass sie auch kamen. Die Zeit war offenbar dafür reif. Als Struktur für das vielfältige Miteinander entstanden drei Kreise: der «Innere Kreis» (in Weiterführung des Säkularinstitutes), der «Ehepaarkreis» und der «Äussere Kreis». Alle Mitglieder fühlten sich verbunden auf dem Weg der Hingabe an Christus und den ge- meinsamen Auftrag des Dienstes der Versöh- nung. Die Kreise gaben Halt und Unterstüt- zung, um sich dabei in der je eigenen Identi- tät und Berufung gegenseitig zu stärken und weiterzuentfalten. Doch es gab auch Unterschiede, die sich je länger, desto mehr als schwierig erwiesen. So blieb z.B. die vom Generalkapitel des Säkular- institutes gewählte Zentralleitung weiter für alle Kreise und die Gesamtentwicklungen zuständig. Das Säkularinstitut trug damit auf 1

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Page 1: 50721 KW Aktuell-01-05 · 2016. 8. 12. · Maja Pfaendler (GR). 2 «Die Kirche muss die Sicherheit des Bootes ver-lassen und ihrerseits übers Wasser gehen. Sie ist dazu gerufen,sich

k a t h a r i n a a k t u e l l

Liebe Leserinnen und Leser,

katholisch, ökumenisch,interreligiös: gemeinsam engagiert für Versöhnungund Frieden in der Welt! Unsere Gemeinschaft hat sich auf neue Wege gemacht.Daran wollen wir Sie mit dieser Ausgabe von «katharinaaktuell» teilhaben lassen!

Sibylle Ratsch,Mitglied der Gemeinschafts-leitung

ökumenische Gemeinschaft mit interreligiöser Ausrichtung

mai 2005

k a t h a r i n a w e r k

Ins Neue wachsen – eine Gemeinschaft im Aufbruch

Zurzeit bin ich im Süden Brasiliens und be-gleite als Beraterin eine internationale Ordens-gemeinschaft auf ihrem Generalkapitel. Esgeht darum, Strukturen zu verändern, Plu-ralität und Mitbestimmung zu begünstigenund vor allem die Kulturen und Ethnien in ihrer Vielfalt zum Tragen zu bringen. Die la-teinamerikanische Befreiungstheologie hatdafür eine hohe Sensibilität und ein inspirie-rendes Instrumentarium entwickelt.Öfter wandern meine Gedanken nach Hausezu unserem eigenen Aufbruch.

Leben braucht Strukturen und ruft immer wieder neu nach Wandel Erst Jahrzehnte nach der Gründung hat sichunsere Gemeinschaft 1952 auch strukturellals Säkularinstitut innerhalb der katholischenKirche verortet. Kurz danach kamen die sech-ziger Jahre – eine Zeit grosser Umbrüche,nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch inder Kirche und ihren Gemeinschaften. In die-se Zeit fiel das Zweite Vatikanische Konzil undseine Ermutigung zu grundlegenden Refor-men: zur Rückbesinnung auf die Quellen undzum Erkennen der Zeichen der Zeit.

Auch unsere Gemeinschaft machte sich aufden Erneuerungsweg. In Pia Gyger waren dieGaben vereinigt, auf die es dazu ankam. Inspi-riert durch Pierre Teilhard de Chardin führtesie unsere ursprüngliche Gemeinschaftsvi-sion in eine neue Ausweitung: das Herz Jesuals Herz des ganzen Kosmos, Christus in seineruniversalen Gestalt als Mitte unseres Diens-tes der Versöhnung zum Wachstum von Ein-heit und Liebe in der Welt.

Gemeinschaft als Spiegel der WeltSäkularinstitut heisst Weltgemeinschaft: Aufder Grundlage der erneuerten Spiritualitätentschied sich das Generalkapitel von 1977zur Öffnung für alle Lebensformen, die Be-gegnung der Religionen und die Ökumene.Nicht nur katholische, zölibatär lebende Frau-en, sondern Angehörige aller Konfessionen,Frauen, Männer, Singles und Ehepaare konn-ten nun eintreten. Und das Wunder geschah,dass sie auch kamen. Die Zeit war offenbardafür reif.Als Struktur für das vielfältige Miteinanderentstanden drei Kreise: der «Innere Kreis» (inWeiterführung des Säkularinstitutes), der«Ehepaarkreis» und der «Äussere Kreis». AlleMitglieder fühlten sich verbunden auf demWeg der Hingabe an Christus und den ge-meinsamen Auftrag des Dienstes der Versöh-nung. Die Kreise gaben Halt und Unterstüt-zung, um sich dabei in der je eigenen Identi-tät und Berufung gegenseitig zu stärken undweiterzuentfalten.Doch es gab auch Unterschiede, die sich jelänger, desto mehr als schwierig erwiesen. Soblieb z.B. die vom Generalkapitel des Säkular-institutes gewählte Zentralleitung weiter füralle Kreise und die Gesamtentwicklungen zuständig. Das Säkularinstitut trug damit auf

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allen Ebenen, auch der finanziellen, die ge-meinschaftliche Letztverantwortung. Der kirchenrechtlich definierte Rahmen liess esnicht zu, dass Mitglieder der anderen Kreiseund einer anderen Konfession im Generalka-pitel mit abstimmen oder in ein Leitungsamtgewählt werden konnten.

«Der Kreis ist zu eng und zu klein!»Im Jahr 2000, kurz nach meiner Wahl zur Zen-tralleiterin, hatte ich einen Traum: Ich fuhr miteinem grossen Bus in einen Kreisverkehr. Ichkam einfach nicht um die Kurven herum. Ichstellte fest: der Kreisverkehr ist zu eng und zuklein. Erst als ich beim Frühstück meinenTraum erzählte, wurde mir klar, was er über-tragen auf unsere Gemeinschaft bedeutete.Auf der Suche nach neuen, stimmigerenStrukturen hat uns der Kirchenrechtler AbtDominicus Meier von der Abtei Meschede begleitet. Er riet zu einem zivilrechtlichenVerein, um alle Mitglieder, auch die des Säku-

larinstitutes, mit gleichen Rechten und Pflich-ten in ein gemeinsames Ganzes einzubinden.Unser Wunsch, uns in dieser Gleichheit undgleichzeitigen Vielfalt innerhalb der katho-lischen Kirche zu verorten, kann, wie wir nacheingehender Prüfung erfahren haben, nochnicht in Erfüllung gehen. Unter dem Dach derGesamtgemeinschaft ist und bleibt aber dasSäkularinstitut ein wesentlicher Teil unseresgemeinsamen Ganzen und bildet zugleich eine wichtige Brücke zur Kirche.Am 31. Oktober 2004 haben wir den Vereingegründet. Verwurzelt in unserer je eigenen

religiösen Tradition und Lebensberufung le-ben wir unsere Vielfalt auf einem strukturellgleichwertig gestalteten Boden. Um der öku-menischen und interreligiösen Weite willenverzichten wir auf das bisherige «Sankt» inunserem Gemeinschaftsnamen und heissennun «Katharina-Werk – ökumenische Gemein-schaft mit interreligiöser Ausrichtung».

Klösterlich leben – mitten in der WeltWir haben klösterliche Strukturen überschrit-ten und behalten doch Kernelemente ihreruralten Erfahrungstradition bei, zum Beispieldie drei spirituellen Übungswege zur Aus-richtung unserer Kräfte: Sexualität, Macht-und Besitzstreben.Ihre achtsame Gestaltung ist eine lebens-lange Aufgabe in allen Bindungsformen, bei-spielsweise die Annahme und Integration derSexualität als unserer ursprünglichen schöp-ferischen Kraft und der Gehorsam gegenüberunserem tiefsten Wesen. Wir sind dazu geru-fen, immer mehr der und die zu werden, alsdie wir von unserem göttlichen Ursprung hergemeint sind. Dazu zählt auch, uns in unsererinneren und äusseren Haltung immer mehrvom «Haben» zum «Sein» zu entfalten.Wichtig ist das Gebet und die tägliche Übung,die Verbindung unseres Weges nach innenmit dem nach aussen. Im Mittelpunkt stehtdabei unsere Hingabe für das Engagementfür Frieden und Versöhnung in der Welt. Diesgestaltet sich für jedes Mitglied unterschied-lich, je nach Lebensform und Lebenssitua-tion. So ist es auch möglich, sich nach derzweijährigen Zeit der spirituellen Vorberei-tung zeitlich oder für immer an die Gemein-schaft zu binden.Ich staune über unseren Weg, der uns zu je neuen Aufbrüchen herausgefordert hat:Wandel für Vielfalt und Verschiedenheit! Waswir tun, tun wir für unsere Welt. In Porto Ale-gre, zwei Flugstunden südlich von meinemjetzigen Ort gelegen, hat 2002 das Weltsozial-forum stattgefunden. Sein Leitwort machtMut: «eine andere Welt ist möglich!»

Renate Put Gemeinschaftsleiterin

«Von einem bestimmtenkritischen Punkt an kannein Organismus nichtmehr wachsen, ohne sichzu wandeln.»Pia Gyger, Mensch verbinde Erde

und Himmel, Rex-Verlag 1993.

Die Mitglieder der neuen Gemein-schaftsleitung (GL) und des Gemeinschaftsrates (GR) v.l.n.r.:Theres Bleisch (GR, Leiterin des Säkularinstitutes), Regina Woll-schläger (GR), Barbara Kühne (GL), Heinz Klein (GR, Präsident),Renate Put (GL), Sibylle Ratsch(GL), Hans-Jakob Weinz (GR) undMaja Pfaendler (GR).

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«Die Kirche muss die Sicherheit des Bootes ver-lassen und ihrerseitsübers Wasser gehen.Sie ist dazu gerufen, sichder Welt zu stellen. Es istNacht, es ist stürmisch,die Angst ist da, aber wir dürfen nicht wiederzurück.»Papst Johannes XXIII.

Ein beherzter Anfang1913: Verwurzelt in der Spiritualität der Herz-Jesu-Verehrung, wird das Katharina-Werk alskatholische Frauengemeinschaft in Basel ge-gründet. Im Mittelpunkt seines Engagementssteht das «Rettungsheim» für junge unter-privilegierte Frauen am Rande der Gesell-schaft. In den Folgejahren entwickelt sich daraus ein umfassender sozialkaritativer Ein-satz in Heimerziehung, Familien- und Pfarrei-fürsorge, Ausbildung und Beratung.

1952: Als «Werk der Hl. Katharina von Siena»wird die Gemeinschaft kirchenrechtlich alsSäkularinstitut anerkannt. Die ganzheitlich-religiöse Hingabe und das aktive Engagementmitten in der Welt gehören in dieser Gemein-schaftsform unauflöslich zusammen.

1977: Innere und äussere Krisen führen zumAuftrag an Pia Gyger, die Gemeinschaft spiri-tuell zu erneuern. Sie entwickelt ein erweiter-tes Verständnis der so genannten evange-lischen Räte: Armut, Gehorsam und Jungfräu-lichkeit. Was über Jahrhunderte hinweg aus-schliesslich für ein Leben im Kloster bestimmtwar, wird zur spirituellen Gestaltungshilfe fürMenschen in allen Lebensformen. Die Ge-meinschaft öffnet sich für Paare, Frauen,Männer und die Weltökumene.

Christus ist das Herz des ganzen Kosmos,das Zentrum von Alles in Allem(vgl. Kol 1, 15 ff.)

Inspiriert durch das evolutive Weltbild vonTeilhard de Chardin, faltet Pia Gyger die an-fängliche «Herz-Jesu-Verehrung» in die «Ver-ehrung des Universalen Christus» aus. Aus der Spiritualität der stellvertretenden Sühnewird dabei der «Dienst der Versöhnung fürdas Wachstum von Einheit und Liebe in derWelt» (vgl. 2 Kor 5,17).

1989: Die seit Anfang der achtziger Jahre ent-standene Vielfalt an Berufungswegen führtzunächst zur strukturellen Differenzierungvon zwei Kreisen und ab 1996 in drei eigen-ständig konstituierte Kreise: Innerer (zöliba-tärer) Kreis, Äusserer Kreis und Ehepaarkreis.

1992: Ausgelöst durch das von Pia Gyger ini-tiierte Greenhouse-School-Projekt in Ibayo,

einem Slum von Manila, kommt es zur intensi-ven Begegnung mit dem philippinischen Volkund schliesslich auch zum Eintritt von Frauenund Männern aus diesem Kulturkreis.

Die Erde ruftAngesichts der auf allen Ebenen voranschrei-tenden Globalisierung drängt der Dienst fürdas Wachsen von Einheit und Versöhnungnach umfassenden, spirituell getragenen Kon-zepten der Erneuerungs-, Versöhnungs- undFriedensarbeit. Seit den achtziger Jahrenkonzentriert sich deshalb das Engagementdes Katharina-Werkes auf Initiativen und Projekte der politisch-spirituellen Bewusst-seinsentwicklung und auf den Aufbau einerinterreligiösen und interkulturellen Dialog-kultur.

«Die Vielfalt ist unser Reichtum»2002: Die ökumenische Öffnung und die gewachsene Vielfalt sprengen immer spürba-rer das strukturelle Gefäss des katholischen Säkularinstitutes. Auf der Suche nach gleich-berechtigten Formen der Mitgliedschaft undder Leitungsverantwortung entsteht die Idee,ein gemeinsames neues Dach in Form eineszivilrechtlichen Vereines zu schaffen.

Wegstationen

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Heinz Klein, Petra Brenig-Klein und Sibylle Ratschsind zu Besuch in den Philippinen: Manila imJanuar 2005.

Frieda Albiez (1876–1922), Grün-derin des Katharina-Werkes.

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Einheit in der Verschiedenheit2004: Mit Gründung des Vereins «Katharina-Werk – ökumenische Gemeinschaft mit inter-religiöser Ausrichtung» beginnt ein neuesKapitel der Gemeinschaftsgeschichte. Wirbinden die Vielfalt unserer Berufungswegeein in ein einendes strukturelles Gefäss mitgleichen Rechten und Pflichten für alle. AuchAngehörige einer anderen Religion könnenMitglied werden. «Genährt aus der Vision der‹Einheit in der Verschiedenheit› erfahren wirden Dienst an der Versöhnung als unserengemeinsamen Auftrag … Was sich für unserechristlichen Mitglieder im Universalen Chris-tus als dem Ursprung und Ziel unseres gan-zen Seins verdichtet, findet für die Mitgliederanderer Religionen seinen gleichwertigenAusdruck in der Sprache ihrer je eigenen Tra-dition» (Lebensordnung von 2004).

Sibylle Ratsch

So wächst der Leib undwird in Liebe aufgebaut

Das Säkularinstitut bleibt ein wesentlicherTeil unseres gemeinsamen Ganzen. Es willauch in Zukunft «Herz und Nährboden» derGemeinschaft und ein engagiertes Organ inder Kirche sein. Wir sind SI-Mitglieder undzugleich Mitglieder im Katharina-Werk alsunserer Gesamtgemeinschaft. Für deren Ent-wicklung haben wir den Boden gelegt undInitiative ergriffen. Jetzt spüren wir, dass wirals Teil der neuen Gemeinschaftsgestalt er-neut ausgeweitet und in Bewegung gesetztwerden, z.B. zur Formulierung neuer Satzun-gen und in der Frage nach unserem «Spezifi-kum».

Unsere Identität im Ganzen ist nochmalsneu und anders gefragt Das ist ein Prozess, der uns zutiefst in Berüh-rung bringt mit der je eigenen Berufung undder gemeinschaftlichen Ausrichtung für dasWachstum von Einheit und Liebe in der Welt.Die radikale Verfügbarkeit und Hingabe alszölibatär Lebende bereitet uns für die Er-neuerung der Kirchen, für neue Wege derBegegnung und Versöhnung und ein ent-schiedenes Engagement in den wirtschaft-lich-sozialen und spirituell-politischen He-rausforderungen unserer Zeit.

Zur Ausweitung haben wir uns auch auf ma-terieller Ebene entschieden. Das in der Güter-gemeinschaft des «alten» Säkularinstitutesgewachsene Vermögen wird der «StiftungSt. Katharina» zugeführt. Diese fördert denDienst an der Versöhnung für das Wachstumvon Einheit und Frieden in der Welt. Sie stelltden Lebensunterhalt der Mitglieder desSäkularinstitutes in gesunden und krankenTagen bis zu deren Tod sicher und unterstütztzugleich den Verein Katharina-Werk in seinenverschiedenen Aktivitäten. «So wächst derLeib und wird in Liebe aufgebaut».

Theres BleischLeiterin des Säkularinstitutes

Hoji Anju Brendel ist im Januar2005 als erste Buddhistin in dasKatharina-Werk eingetreten.

Gemeinschaftsversammlung (GV)1 x pro Jahr

(alle Gemeinschaftsmitglieder) wählt GR und GL

Vernetzungskonferenz (VK)mindestens 2 x pro Jahr

alle Basisgruppen-LeiterInnen, GL + SI-Leiterin

Basis-gruppe

Basis-gruppe

Basis-gruppe

Basis-gruppe

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Gemeinschaftsleitung (GL)drei 50%-Stellen zur Wahrnehmung aller

operativen Leitungsgeschäfte– GemeinschaftsleiterIn

– Stellv. GemeinschaftsleiterIn–AdministratorIn

Gemeinschaftsrat (GR) – 5 Mitgliederca. 4 x pro Jahr

die Säkularinstituts-Leiterin ist von Amtes wegen Mitglied im GR, die GL mit beratender Stimme zusätzlich vertreten

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In unseren Umbrüchen des letzten Jahres er-lebte ich das Gedicht «Bitte» von Hilde Dominwie ein Bittgebet. Heute lese ich es wie diewortgewordene Frucht, gewachsen durch dieBereitschaft, auch bedrohliche Durchgängezu bejahen.Als der Entschluss gefasst war, das Katharina-Werk in einen Verein umzugestalten,begann es.«Wir wurden eingetaucht» in einen Strom vonVeränderungen und hier und da entwickeltesich dabei eine ungeahnte Eigendynamik. Ob-wohl der Gestaltwandel von uns selbst initiiertworden war, wir ihm alle zustimmten und ihnmittrugen,blieb auf diesem Weg wohl niemandvon uns verschont von Ängsten, Ungewissheitund Phasen einer grossen Anstrengung.Als Teil des Ganzen hat uns dieser Prozessnicht nur äusserlich erfasst – auch vertrauteinnere Grenzen und Räume wurden von Was-ser durchflutet und nach und nach verändert.Welche tiefgreifenden Folgen wird es haben,wenn wir unser aus dem Säkularinstitut ge-wachsenes Werk in der Form eines zivilrecht-lichen Vereins weiterführen? Wo werden wiruns im Spektrum der katholischen Kirchewiederfinden? Diese Frage beschäftigtmich/uns weiterhin.Wir sind nicht trockenen Fusses ans andereUfer gelangt. Auch nicht von einem sicherenBeobachtungsposten auf einem guten Platzin einer Arche. Den uns vertrauten Ehepaar-kreis wird es nicht mehr geben. Er wurde «mitdem Wasser der Sintflut gewaschen». Jetzt«tauchen wir Ehepaare wieder auf» – in ande-ren Räumen und Gruppen.

Die interreligiöse Erweiterung hatte heftigeDiskussionen ausgelöst. Es ging um die Mitteunserer Gemeinschaft. Dieses Herz war nie inGefahr! Doch die Frage an sich heranzu-lassen, ob auch Menschen zur Gemeinschaftgehören können, die diese Mitte nicht Chris-tus nennen, hat manche von uns «bis auf dieHerzhaut durchnässt».

Wir werden eingetaucht und mit dem Wasser der Sintflut gewaschen,wir werden durchnässt bis auf die Herzhaut.

Der Wunsch nach der Landschaft diesseits der Tränengrenze taugt nicht der Wunsch, den Blütenfrühling zu halten,der Wunsch, verschont zu bleiben,taugt nicht.

Der Gestaltwandel hat uns alle mitgenom-men – im doppelten Wortsinn. Schritt fürSchritt betreten wir das nun gewonneneNeuland. «Zweige vom Ölbaum» wurden he-rangetragen. Wir nahmen sie an mit unsererHingabe und mit unserer Bereitschaft, JETZTLichtspuren in die Zukunft zu legen.Nach den ersten Treffen in unseren neuen Ba-sisgruppen war zu hören, dass die jetzige Mi-schung von Zölibatären, Paaren und Singlesgut tut und weiter bringt. Die Wärme imMiteinander trocknet das Wasser der Un-sicherheiten. Wir sind gespannt, welche bun-ten Früchte sich nun entfalten und wachsenkönnen im neuen Miteinander …Klar – niemand trachtete uns nach demLeben wie Daniel, der in die Löwengrubegeworfen wurde, oder den Jünglingen, die inden feurigen Ofen eingesperrt wurden. Wirselber waren aktiv an der Umstrukturierungbeteiligt! Trotzdem hat uns der Gestaltwan-del versehrt und unsere Haut dünner werdenlassen füreinander. Hoffentlich ist unser Herzgewachsen daran und kann nun heilen, wowir uns in einem veränderten Ganzen wieder-finden.Wir sind uns einig, dass die neue Gestalt einstimmigeres Gefäss für unsere jetzige Ge-

«Eingetaucht und von neuem zu uns selbst entlassen»

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Lisa Wortberg-Lepping, hier mitFamilie, ist katholische Diplom-Theologin und Germanistin.Sie ist zusammen mit ihrem MannNorbert Lepping seit 2002 Mitgliedim Katharina-Werk.

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meinschaft ist: die neue Weite, die auf alleZugehörigkeitsformen hin offene neue Lei-tungsstruktur und die neue Zusammenset-zung unserer Lebensgruppen.Wir können so weitergehen – versehrter undheiler. Wir werden neu «zu uns selbst ent-lassen» – zu unserer Eigenständigkeit in einerneuen Verbundenheit. Viele von uns habennun neue Aufgaben und Orte innerhalb desGemeinschaftsgefüges. Diese gilt es jetzt zufüllen .Der überstandene Gestaltwandel war sicher-lich nicht unser letzter – Aufbruch und Wand-lung bleiben das Geheimnis des Lebens,«stets von neuem».

Lisa Wortberg-Lepping

Es ist nicht leicht zu sagen, was genau unse-ren Gestaltwandel ausgelöst hat. In einer Ge-meinschaft gibt es viele Impulse, von innenwie aussen. Sie gilt es zusammenzubringenund zu deuten, damit Gestalt werden kann,wozu es uns aus der tiefsten Mitte drängt –von Christus her und auf Ihn hin.Wohl bald zehn Jahre lang hatte sich ab-gezeichnet, dass korrespondierend zur vonPia Gyger erneuerten Spiritualität auch aufstruktureller Ebene Neues ansteht. HildegardSchmittfull, unsere damalige Leiterin, initiier-te dazu wichtige erste Schritte. Ihr ging es da-rum, uns in der gewachsenen Vielfalt auchkirchenrechtlich neu zu verorten. Leitungs-formen sollten entstehen, die die drei Kreiseund auch die nichtkatholischen Mitgliederebenbürtig einbeziehen.Später sind wir vom «Kreis-Modell» abgekom-men. Auch mussten wir erkennen, dass das ka-tholische Kirchenrecht für unsere Vision derEinheit in der Vielfalt keine geeigneten Gefäs-se verfügbar hat. Als endlich unser «Ja» zumZivilrecht gereift war, entdeckten wir, wievielneue Chancen sich damit auch für unsereweltökumenische Ausweitung eröffneten.Von innen her war inzwischen eine interreli-giöse Gruppe und von aussen die Eintritts-Anfrage einer Buddhistin dazu gekommen.

Es taugt die Bitte,dass bei Sonnenaufgang die Taubeden Zweig vom Ölbaum bringe.Dass die Frucht so bunt wie die Blüte sei,dass noch die Blätter der Rose am Bodeneine leuchtende Krone bilden.

Und dass wir aus der Flut,dass wir aus der Löwengrube und dem feurigen Ofenimmer versehrter und immer heilerstets von neuem zu uns selbst entlassen werden.

aus «Gesammelte Gedichte» von Hilde Domin im S. Fischer-Verlag

Alle inneren und äusseren Grenzerweiterun-gen waren letztlich Frucht einer jahrelangenArbeit im Zentralleitungsteam mit seinerLeiterin Renate Put, in den Kommissionen«Partizipation» und «Ökumene», in den Re-gionalgruppen, den Gemeinschaftsversamm-lungen, der «Arbeitsgruppe Erneuerung» undden von ihr beauftragten weiteren Teams zurBildung neuer Basisgruppen, zur Entwick-lung des neuen Hingabegebets und derRituale. So ist in ständiger Korrespondenz mit der Gesamtgemeinschaft unsere neueRechtsstruktur und der Entwurf der neuenLebensordnung entstanden.Weichenstellende Entscheidungen hattenvor allem die Mitglieder des Säkularinstituteszu fällen, auf ihren Generalkapiteln und beiso manchem Extra-Treffen. Doch am wesent-lichsten war wohl das je neue Hören von in-nen: in unseren spirituellen Übungen im All-tag, die wir eigens für den Erneuerungspro-zess entwickelt hatten, bei unseren gemein-schaftlichen Begegnungen und Gottesdiens-ten und nicht zuletzt in den grossen Gemein-schaftsexerzitien im vergangenen Sommerzum Thema: «So wächst der Leib und wird inLiebe aufgebaut.»

Sibylle Ratsch

Eine Gemeinschaftbraucht Räume für «dasErwecken der kollektivenIntuition und die unmittelbare Erkenntnisdes Höchsten,also Gottes.»Peter M. Senge,

Die fünfte Disziplin, 1996

Erneuerung heisst Ausweitung: innen wie aussen

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Was würde geschehen, wenn eine katholi-sche, kirchlich approbierte Gemeinschaft vonzölibatären Frauen sich öffnet für Christenund Christinnen anderer Konfessionen? Alsdas Katharina-Werk dies 1977 beschloss undab 1987 die ersten evangelischen Frauen undMänner eintraten, gab es keinen Plan, wie dasGesicht der Gemeinschaft am Ende desWeges der Integration aussehen sollte, wohlaber die Bereitschaft, sich einzulassen aufeinen Veränderungsprozess mit «offenemEnde».

Am Anfang – die gemeinsame MitteWas die Evangelischen ebenso wie die Ehe-paare und Männer damals angezogen hat,war die von Pia Gyger neu formulierte Spiri-tualität: der Dienst für Einheit und Versöh-nung und die Verehrung des kosmischenChristus als Herz und Mitte einer sich in Ent-wicklung befindenden Welt: Christus alles inallem – alles in Christus eins.Davon fühlten sich Christen und Christinnenungeachtet ihrer konfessionellen Herkunfteingeladen und angesprochen. Im gemein-samen Erleben der Einheit in Christus warendie Unterschiede und Vor-Geschichten derEinzelnen zunächst von sekundärer Bedeu-tung. Sie kamen weder als Hindernis noch alsbesondere Ressource in den Blick.

Unterschiede als Quelle einer sich diffe-renzierenden EinheitKorrespondierend zum Sich-Öffnen der Ka-tholikInnen liessen sich die Evangelischen einauf Formen der katholischen Frömmigkeit(z.B. Anbetung, Eucharistiefeier). Sie nahmendie Begegnung mit dem «Anderen» als Be-reicherung auf. Nur gelegentlich meldetensich erste, eher vorsichtige Andeutungen vonFremdheit.Erst in der Sicherheit der Erfahrung des Ge-meinsamen konnten Unterschiede deutlichergesehen und zunehmend auch thematisiertwerden. Dies brachte unter anderem die evan-gelischen Mitglieder dazu, sich als Gruppeinnerhalb der Gemeinschaft zusammenzu-schliessen. Im Gegenüber der katholischenGeschwister waren sie sich der Vielfalt derDenominationen und der eigenen innerenUnterschiede bewusst geworden. Es brauch-

te einen Raum, sich der eigenen Herkunft undder verbindenden evangelischen Identität zuvergewissern.Unsere Gottesdienste wurden bald zu Ortender Erfahrung unserer faktischen «Einheit inChristus». Gleichzeitig eröffneten sie erstewichtige Räume für unser ökumenischesLernen. Mehr und mehr konnten wir unsereUnterschiede aufspüren und als Reichtumentdecken. Am Anfang stand die Praxis derEucharistischen Gastfreundschaft in der (ka-tholischen) Messfeier – nicht als rebellieren-de Überschreitung kirchenamtlicher Grenz-ziehungen, sondern als natürliche (undunspektakulär vollzogene) Konsequenz derErfahrung unserer Einheit in Christus, dererlebten und gelebten Geschwisterlichkeit.Der katholische ökumenische Theologe PeterNeuner schreibt: «Wenn heute eine allge-meine Eucharistiegemeinschaft zwischenden christlichen Kirchen noch nicht möglichist, erfordert dies nicht notwendig ein Verboteinzelner Akte, die die angestrebte und par-tiell schon wirkliche Gemeinschaft zeichen-haft vorwegnehmen. Die Tatsache, dass vielePfarrgemeinden ökumenisch wenig aufge-schlossen und engagiert sind, schliesst nichtaus, dass es sehr wohl auch Situationen gebenkann, wo in Gebet und christlichem Engage-ment eine Einheit gewachsen ist, die auch ek-klesiale Qualität hat. Und dann ist es geradefür das katholische Verständnis von Kircheund ihrer Einheit unverzichtbar, diese auch imZeichen des Herrenmahls darzustellen, sie zuverwirklichen und vorwegzunehmen.»

Der Weg wächst im GehenAufgrund der Mitgliedschaft evangelischerPfarrerinnen und Pfarrer eröffnete sichschliesslich die Möglichkeit, in der Gemein-schaft auch evangelische Gottesdienste zufeiern. Als Hildegard Schmittfull, die dama-lige Leiterin unserer Gemeinschaft, 1992 dieevangelische Gruppe dazu ermutigte, imRahmen der Gemeinschaftsexerzitien einengemeinsamen Abendmahlsgottesdienst zugestalten, löste dies nicht nur Freude bei denkatholischen Mitgliedern aus, sondern auchVerunsicherung und Irritation über dieFremdheit im Eigenen.

Ökumene

Neuer Wein braucht neue Schläuche

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«Spürst du den frischenWind? Wir müssen ihnauskosten zum Leben.»Paul Valéry

Hans-Jakob Weinz, Vater von dreiTöchtern, katholischer Theologe,Systemischer Paar- und Familien-therapeut, Referent für Ehe- undFamilienpastoral. Mitglied im Ka-tharina-Werk seit 1986 zusam-men mit seiner Frau Gabi, 1996bis 2000 in der Leitung des Ehe-paarkreises, seit 2004 Mitglied im Gemeinschaftsrat.

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Es brauchte noch etwas Zeit, bis sich der guteGeschmack des Neuen Weins entfalten konn-te: evangelische Mitglieder werden zu Ein-ladenden und die katholischen sind die Ein-geladenen: eine neue Erfahrung von Partner-schaftlichkeit und Gleichwertigkeit, ersteSchritte zum gleichberechtigten Miteinander.Damit wächst auch das gegenseitige Interes-se am konfessionellen Hintergrund und dendadurch geprägten Glaubenswegen. ImAustausch unserer «Kirchen-Geschichten»fangen wir an, die eigenen konfessionellenSelbstverständlichkeiten und Zumutungenmit den Augen des anderen zu sehen. Er-fahrungen schmerzlicher Fremdheit könnenthematisiert und neue Wege entwickelt wer-den (z.B. im Umgang mit dem «Brot» nachdem Abendmahl).

Gastfreundschaft – Chance, unserenReichtum zu teilenDie ökumenische Dimension der Gemein-schaft wird nun öfter auch nach aussen ge-lebt, z.B. in den Gottesdiensten unserer ge-meinschaftlichen Gelübdefeiern oder bei dengemeinsam mit Gästen gestalteten Kar- undOstertagen. Die Situation, dass z.B. für Gottes-dienste in der Heiligen Woche nicht immerein katholischer Priester zur Verfügung steht,dafür aber evangelische Pfarrer/Pfarrerinnen,fordert die Beteiligten heraus, neue Gottes-dienstformen zu entwickeln: evangelischeGottesdienste mit der Integration katho-lischer liturgischer Traditionen und neueFormen von priesterlosen katholischen Got-tesdiensten.Evangelische und katholische Christinnenund Christen erleben sich gegenseitig alsPriesterinnen und Priester, als Liturginnenund Liturgen, als Segnende und Heilende.

Solche Erfahrungen haben uns gezeigt, dasseine neue Qualität der Integration katholi-scher und evangelischer Traditionen möglichist, die den Reichtum der Unterschiede nutztund ihn zum Geschenk macht, indem wir dasEigene im Licht des andern neu entdecken.Daraus ist der Impuls gewachsen, dem bereitsgelebten Neuen eine strukturelle Entspre-chung zu geben, das Gewordene spirituellund reflexiv einzuholen und sich nun auchausdrücklich nach aussen als ökumenischeGemeinschaft zu deklarieren.Neues ist gewachsen, nicht als Ausfluss «pu-bertierender» Freude an der Grenzüber-schreitung, sondern im ernsthaften Nach-Denken und Hin-Hören, erfahren als dasErgebnis einer inneren Führung. Immer deut-licher spüren wir in dieser Führung auch denAuftrag, angesichts der Herausforderungenunserer Zeit im uns möglichen Mass beizu-tragen zur dringend notwendigen Einheit derChristen.

Loyale Grenzgänger:das Geschenk verpflichtetDeshalb ist es uns ein Bedürfnis, in unserenneuen Strukturen verbunden zu bleiben mitunseren Kirchen und uns zugleich als Grenz-gänger zu verstehen, die verantwortlich Neu-es wagen.1970 schrieb der heutige Kardinal Walter Kas-per: «Die eigentliche Irregularität sind nichtsolche offenen Kommunionfeiern, sonderndie Spaltung und die gegenseitige Exkom-munikation der Kirchen. Die nicht positivgenug zu würdigende Funktion einzelnerGruppen, welche hier vorpreschen, ist es,dass sie den Kirchen den Skandal ihrer Tren-nung im Sakrament der Einheit immer wiedervor Augen führen und dafür sorgen, dass wiruns nicht bequem mit dem Status quo ab-finden.» Prof. Neuner kommentiert dies 2003: «Es scheint, wir waren damals weiter als heute.»Wenn ich uns betrachte, sind wir als Gemein-schaft heute sicher weiter als damals. Unddoch sind wir erst am Anfang des Weges,«dass alle eins seien».

Hans-Jakob Weinz

Ritual zur Eröffnung ökumenischer

Gottesdienste im Katharina-Werk

Im Namen der dreifaltigenGottheit,im Namen des Schöpfers undUrgrunds aller Wirklichkeitverbinden wir uns mit allen Menschenauf der Erde und mit allemLeben im Kosmos

Entzünden der ersten Kerze

Im Namen der dreifaltigen Gottheit,im Namen Jesu, des ewigenWortes, der Gestalt gewordenen Liebe,verbinden wir uns mit allen Christen und Christinnen und den christlichen Konfessionen

Entzünden der zweiten Kerze

Im Namen der dreifaltigen Gottheit,im Namen der Heiligen Geistkraft, die wirkt und weht,wo sie will,verbinden wir unsmit allen Religionen und Religionsgemeinschaften

Entzünden der dritten Kerze

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1973, fünf Jahre vor dem Eintritt ins Katha-rina-Werk, machte ich in Indien meine ersteinterreligiöse Erfahrung. Sie hat mich niemehr losgelassen. In der Altstadt von Benareswurde ich jeweils gleichzeitig geweckt durchdie Glocken der Hauskapelle, die Gongs derHindutempel und den Gebetsruf des Muez-zin. Mein Tag begann eingehüllt ins Gebet der Religionen.Mit unserer spirituellen Erneuerung wurdeuns der weltweite Erfahrungsdialog ein im-mer wichtigeres Anliegen – stets verbundenmit konkreter Friedens-, Versöhnungs- undBegegnungsarbeit. Dies fand z.B. Ausdruck in den Internationalen Peace Camps in derSchweiz und auf dem Balkan – seit jüngstem

Im Thema des interreligiösen Dialogs be-schäftigt mich eine spezielle Frage:

Wie beeinflussen Menschen verschiedenerReligionszugehörigkeit unser Zusammen-leben und unser Selbstverständnis alsChristinnen und Christen?

Während 12 Jahren habe ich als Geschäfts-führerin beim Aufbau der «InterreligiösenArbeitsgemeinschaft in der Schweiz» mitge-wirkt und erfahren, wie eng der interreligiöseDialog in unserem Land mit dem Thema derIntegration von MigrantInnen verknüpft ist.Ein vierjähriger Tamile fand dafür seinen ei-genen Ausdruck. Nach einem Gespräch mitseinen Eltern sagte er: «Heute Abend gehenwir nachhause!» Meinen ungläubigen Blickbeantwortete der Vater: «Wir gehen in denHindu-Tempel».Das strahlende Licht auf Kumars Gesicht fandseinen Widerschein in meinem Herzen. Aberauch die Not seiner Eltern brannte sich tiefein, machte mein Herz lebendig. Gleichzeitigspürte ich den Schmerz der Fremdheit. DieHerzmitte des Kosmos, in meinem Glaubender Universale Christus, lässt diese Fremdheitnicht nur zu, Er umfängt sie, Er löst sie nichtauf, sondern übersteigt sie.

Die Spannung aushalten zwischen Einssein und Fremdsein Gott mutet uns die Spannung zwischen demLicht des Einsseins und dem Schmerz des Ge-trenntseins zu. Ist es nicht dieselbe Span-nung, wenn Gott uns verheisst, dass wir einssind mit ihm, dass wir aber nicht mit ihm iden-tisch sind? Er ist der Schöpfer und wir sindGeschöpf. Er übersteigt diese Grenzen in derMenschwerdung, und wird dadurch der Gottaller Menschen.Es fällt nicht immer leicht, im Andern dasLicht aus Gottes Herzmitte zu sehen. Wennich mich aber dieser Wahrheit verschliesse,spüre ich, wie ich mich selbst von meinerTiefe abschneide. Darum fühle ich mich seit20 Jahren gedrängt, mich von der Tiefen-sehnsucht in mir und von Menschen andererReligionszugehörigkeit berühren zu lassen.Initialzündung dafür war die Begegnung ineiner Meditationswoche vietnamesischer

Interreligiöse Begegnung

Aufbruch zur eigenen Tiefe

k a t h a r i n a a k t u e l l

Interreligiöses Peacecamp überden Dächern von Jerusalem,veranstaltet in Kooperation vonKatharina-Werk und Lassalle-Institut im November 2004.

auch in Jerusalem – oder im Engagement in«IRAS COTIS – Interreligiöse Arbeitsge-meinschaft in der Schweiz» und den interreli-giösen Bettagen.Gemeinsam mit der Jesuitengemeinschaftwerden seit vielen Jahren InternationaleChristlich-Buddhistische Tagungen im Las-salle-Haus Bad Schönbrunn angeboten. Imdort von Katharina-Werk und Jesuiten ge-meinsam aufgebauten Lassalle-Institut istauf Initiative von Pia Gyger und Niklaus Brant-schen das Projekt «Jerusalem – Stadt zum Er-lernen des Weltfriedens» entstanden. Seit guteinem Jahr hat sich ausserdem innerhalbunserer Gemeinschaft eine interreligiöseGruppe als verbindliche Lern- und Wegge-meinschaft gebildet.

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Buddhisten (1988). Die Worte der Leiterinklingen noch immer in mir nach: «Wir sind zehn Jahre hier, erstmals werden wir jetzt vonschweizerischer Seite wahrgenommen!» Noch heute brauchen die Gemeinschaften invielen Problemen Beratung und Begleitungdurch VertreterInnen der Mehrheitsgemein-schaft. Die Sehnsucht nach dem eigenenUrgrund treibt gerade die Mitglieder vonMigrationsgemeinschaften an, durch ihrenGlauben Heimat in der Fremde zu finden.Muslimische, buddhistische und Hindu-Ge-

ten, Kirchgemeinden Kontaktpersonen ausden jeweiligen Religionsgemeinschaften.

Berührungen an den Schnittstellen desLebensTiefe Berührungspunkte entstehen an denSchnittstellen des Lebens, Krankheit, Sterben,Tod und Trauer. Hier kommen Menschen allerReligionen und Kulturen in Kontakt mit ihrenexistentiellen Fragen und Sehnsüchten, ihrerVerletzlichkeit und Bedürftigkeit nach Schutzund Aufgehobensein. Deshalb freue ich michüber die Gelegenheit, zusammen mit Mat-thias Mettner, Studienleiter in der Paulus-Akademie Zürich, Anfang Juni einen Kurs fürPalliative Care und Migration anzubieten.Im Interreligiösen Forum Basel lassen wir unsebenfalls immer mehr auf sensible Themenein und sprechen z.B. inzwischen sehr offenüber Gewalt in der Familie, in den Gemein-schaften, in Medien und der Gesellschaft. Wirplanen dazu jetzt auch öffentliche Veranstal-tungen.Einen weiteren Erfahrungsweg haben wirwährend zehn Jahren interreligiöser Bettags-Begegnungen gemacht, die auf Initiative des Katharina-Werks in Kooperation mit denverschiedenen Religionsgemeinschaften inBasel entstanden sind. In diesem Jahr habenwir daraus ein erweitertes Programm zum11. September entwickelt. Es ist ein offenesBasis-Angebot mit vielen einzelnen Aktivitä-ten, die Zugänge eröffnen möchten auch fürMenschen, die bis jetzt noch keine Begeg-nung mit Menschen anderer Religionen undKulturen gewagt haben.Durch die Begegnung und den Austausch mitdem Glauben der «Fremden» werden wir indie tiefe Auseinandersetzung mit unserenureigenen Fragen geführt. So werden die Be-gegnungen zur Chance, die eigene spirituelleSehnsucht zu entdecken und zu nähren.Diese Sehnsucht treibt mich je neu an,Brücken zu bauen zwischen den Menschenund zu erfahren, wie aus der Herzmitte desKosmos ein Licht für alle Menschen strahlt.

Heidi Rudolf

Treffen mit Jugendlichen undVertretern der Basler Muslim-kommsission im März 2005.Rechts aussen: Heidi Rudolf.Sie ist 1978 als Kandidatin in dasKatharina-Werk eingetreten, hat1983 die ersten und 1989 ihreewigen Gelübde im Säkularinsti-tut abgelegt. Sie ist Journalistinund seit 1988 schwerpunktmässigengagiert in Projekten der inter-religiösen und interkulturellenBegegnung.

meinschaften unternehmen grosse Anstren-gungen, um würdige Räumlichkeiten für ihrereligiösen Zentren zu finden – und stossenauf Vorbehalte von Nachbarn, Behörden,Vermietern. Grosse Not besteht auch im Blickauf die zweite Generation, die schnell den Zu-gang zu den Werten ihrer Herkunfts-Kulturund -Religion verliert. Eine gute Ausbildungin der Schweiz für Religionsverantwortlicheund Religionsunterricht in der Schule sindBedürfnisse, die unkonventionelle Schritteverlangen.Es gibt aber auch die gegenläufige Bewe-gung: Integration gelingt nur im Gegenver-kehr, nicht in der Einbahnstrasse. Im Alltag er-fahren viele schweizerische Institutionen ihrBedürfnis, sich vertiefter auf die Situation, aufdie Kultur und Religion ihrer Kunden, ihrerPatienten, einfach jener Menschen einzu-lassen, denen sie begegnen. Deshalb suchenSpitäler, Heime, Schulen, Staatsanwaltschaf-

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Friedens- und Versöhnungs-arbeit sowie interreligiöse Begegnung: darum soll es inunserem neuen Projekt «BeitCatarina» gehen. Zwei Mit-glieder unserer Gemeinschaft,Regula Tanner und Maria-Christina Eggers, werden abSeptember 2005 nach Jerusa-lem ziehen, um dort eine spirituell-politische Wohnge-meinschaft aufzubauen.Sie stellen im Folgenden ihrVorhaben und erste ermuti-gende Erfahrungen vor.

Zum Kern unseres Zusammenlebenswerden täglich zwei Stunden Schweige-meditation gehören.Diese Meditation soll offen sein für alle, diesie mit uns teilen möchten, Juden, Moslemsund Christen. Wir werden regelmässig Gästeaus Europa und anderen Erdteilen aufneh-men, die sich auf einer persönlichen Erfah-rungsebene mit dem Nahostkonflikt und den Friedensbemühungen auseinandersetzenmöchten. Und wir werden zusammenarbei-ten mit unseren Freundinnen und Freundenaus der israelischen Friedensbewegung.

Vier tragende PfeilerDamit sind zwei tragende Pfeiler des Projek-tes benannt: das offene Haus für Gäste undBegegnung und die Schweigemeditation, inder sich Angehörige aller Religionen im ge-meinsamen Gebet finden können, ohne überWorte und deren Auslegung in Streit zu gera-ten. Ein dritter Grundpfeiler ist die spirituell-politische Arbeit in der Tradition des Katha-rina-Werks, insbesondere die Durchführunginternationaler Peace Camps und die Vernet-zung mit Friedensgruppen vor Ort.Der vierte Pfeiler schliesslich ist die Zusam-menarbeit mit dem Lassalle-Institut, BadSchönbrunn/Schweiz im Projekt: «Jerusalem,internationale Stadt zum Erlernen des Frie-dens für die Welt», das lanciert wurde von PiaGyger und Niklaus Brantschen SJ.Zur Vorbereitung reisten die Leiterinnen undLeiter beider Projekte im Oktober 2004 nachJerusalem, zusammen mit einer Gruppe inte-ressierter Freundinnen und Freunde.

Begegnung im Kraftfeld der ReligionEin Höhepunkt der Reise war der Workshop,zu dem wir alle Israeli und Palästinenserinneneingeladen haben, die während der letztenvier Jahre an einem unserer Peace Camps inder Schweiz teilgenommen hatten. Anderekamen dazu. Am Ende waren wir eine Rundevon 70 Personen, 12 davon aus Europa. Hierein Auszug aus unserem Reisebericht:«Unser zweitägiges Zusammensein wurde,zumindest punktuell, zu einem Fest der Auf-erstehung. Als Ort war uns ein Haus vonchristlichen Zions-Schwestern in der Altstadt

von Jerusalem «zugefallen», im palästinen-sischen Viertel.Es war im Festmonat Ramadan, die Strassengedrängt voll mit arabischen Pilgern, Beten-den und Feiernden. Die Schwestern, die unsbeherbergten, zeigten sich besorgt: DieJuden würden zu unserem Workshop nichtkommen, sie kämen nie in diesen Teil der Alt-stadt. Aber: sie kamen, trotz ihrer Angst,begleiteten einander, kamen mit Geleit-schutz durch israelische Soldaten. Für vielevon ihnen war schon dies überwältigend: SeitJahren oder Jahrzehnten zum ersten Mal wie-der in der Altstadt zu sein.Am Freitagabend führte Aida, palästinen-sische Muslimin, die zweimal bei uns in derSchweiz war, in Sinn und Bedeutung des Ra-madan ein. Wir sassen dabei auf der Dach-terrasse des christlichen Zion-Klosters, mitBlick über die ganze Altstadt, unmittelbar voruns die goldene Kuppel des Felsendoms. Aidabeendet ihren Bericht, als der Muezzin imnahe gelegenen Minarett seinen Gesang zumAusklang des Fastentages anstimmte. Unsereganze Gruppe – Juden, Christen, Moslems –liess sich im schweigenden Gebet darauf ein.Dann führte uns die jüdische Gruppe in dasRitual ein, mit dem sie den Beginn des Shab-bat feiert, nahm uns hinein in ihre Gesängeund Gebete.

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«Beit Catarina»

Ein Friedensprojekt in Jerusalem

«Wohl keine andere Stadtträgt so schwer an ihrerGeschichte wie Jerusalem.Als Stadt, die von Juden,Christen und Muslimen«die Heilige» genannt wird,liegt sie im Fadenkreuz derpolitischen Konflikte zwi-schen Palästinensern undIsraeli. In Jerusalem ver-dichten sich die ungelöstenMenschheitskonflikte.Ohne Einigung über Jerusa-lem gibt es keinen Friedenim Nahen Osten – und inder Welt»Pia Gyger, Niklaus Brantschen

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Maria Christina Eggers (links), Psychologin undJournalistin, seit 1989 im Katharina-Werk, war1991 bis 2004 Mitglied der Zentralleitung undüber viele Jahre Leiterin der spirituellen Grund-ausbildung. Die regelmässigen InternationalenPeace-Camps stehen unter ihrer Leitung. RegulaTanner (rechts), Mitglied seit 2001, ist evange-lisch-reformierte Theologin und Lehrbeauftragtefür Neuhebräisch an der Universität Basel.

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Dr. Anna Gamma,seit 1972 Mitgliedim Katharina-Werk,Psychologin undZen-Lehrerin; langeJahre Mitglied derZentralleitung undLeiterin der spirituel-len Grundausbil-dung im Katharina-Werk; heute Leiterinvon Seminaren,

Peace-Camps und Zen-Kursen; seit 2003 Ge-schäftsleiterin des Lassalle-Institutes in BadSchönbrunn.

Segnen verbindetZum Abschluss des Workshops, am Samstag-abend, segneten die Religionen einander, so,wie wir es in den Peace Camps tun. Pia Gygerfügte diesem dreifachen Segen einen viertenhinzu: den gemeinsamen Segen für die Welt.Bevor sie sprach – Segensworte über dieMenschheit, den Planeten Erde, Sterne, Milch-strassen und Universen –, hatten sich allespontan umgedreht: Nicht mehr einanderzugewandt, wie vorher, sondern mit dersegnenden Gebärde über die Stadt. Danachwurde getanzt, gesungen. Kaum jemandmochte nach Hause gehen.Es waren gnadenvolle Momente in einerStadt, in einem Land mit zwei Bevölkerungen,die furchtbar leiden unter Gewalt, Terror,Hass und Angst. Sie leiden aneinander, an sich selbst und an einer derzeit fast aussichts-losen politischen Situation.

Die Mauern sehen und …In Bethlehem standen wir vor der acht Meterhohen Betonmauer, errichtet von israelischerSeite zum Schutz vor Selbstmordattentätern– aber sie schützt nicht, macht vielmehr einGefängnis aus dem Land. Zuallererst für diePalästinenser, doch in gewisser Weise auchfür die Israeli.

Anna Gamma erzählt in ihrem frisch erschie-nenen Buch in berührender Weise von denWirkweisen der Lichtheilung – in durch Kriegund Terror zerstörten Regionen, in geschicht-lich belasteten Situationen und bei traumati-schen biografischen Erfahrungen. Spürbarwird die tragende Christusbeziehung und dieBereitschaft der Autorin, sich selbst in neueradikale Herausforderungen führen zu las-sen. Das Buch ist äusserlich sehr ansprechendgestaltet, spannend und leicht zu lesen undlädt zur persönlichen Vertiefung ein: mit Me-ditationen, Bildern, Ritualen und konkret be-schriebenen Erfahrungen.

… Zeichen der Hoffnung erkennenDoch auch in Bethlehem, im besetzten Gebiet,fanden wir «Samen der Auferstehung», in derBegegnung mit Sami Awad und der von ihmgegründeten Organisation «Holy Land Trust».Es sind Palästinenser, die unter täglicher De-mütigung in ihrem Alltag Wege des gewalt-freien Widerstands entwickelt haben. Dafürbilden sie Trainer aus, dies lehren sie in Kin-dergärten, Schulen und Universitäten. Undsie bereiten sich vor auf eine Zeit, in der diepolitische Situation mehr Aussicht auf Frie-den schenkt. Befragt, woher er die Kraft neh-me, sagt Sami Awad, ein palästinensischerChrist: «Meine Grossmutter musste im Kriegvon 1948 mit sieben Kindern zwischen zweiund zwölf Jahren aus Palästina fliehen. IhrMann wurde umgebracht. Ihre Haltung, diesie an uns (die Kinder- und Enkelgeneration)weitergeben hat, hiess: «Jesus sagt: LiebetEure Feinde.»Wir freuen uns sehr darauf, mit Sami und seinerOrganisation zusammenzuarbeiten. Wir konn-ten mit Freude erfahren,dass die Zeit für unseregeplante Wohngemeinschaft reif ist. Wo immerwir bisher davon erzählten, erhielten wir posi-tives Echo.Wir werden erwartet!

Maria Christina EggersRegula Tanner

Lichtheilung als Weg zum Frieden

«Spiritualität ist die Erfah-rung des Ergriffenseinsdurch den Spiritus, denGeist Gottes… dieserwirkt im Herzen allerMenschen verwandelnd.»Sebastian Painadath

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Anna Gamma, Lichtheilung alsWeg zum Frieden, Meditationen,Übungen und Rituale, mit einemVorwort von Niklaus Brantschen,160 Seiten, mit farbigen Abbil-dungen, Kartoniert€ 14.95 (D)/CHF 27.30ISBN 3-466-36674-7

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Norbert Lepping ist mit sei-ner Frau Lisa nach einer drei-jährigen Grundausbildung2002 in das Katharina-Werkeingetreten. Als katholischerTheologe und Mitarbeiter imSeelsorgeamt Essen erfährter sich häufig im Zentrumkirchlicher Infragestellungenund Aufbruchsbemühungen.Sein Anliegen ist es, die ge-genwärtige Lage der Kirchein ihrer Vielschichtigkeit inden Blick zu nehmen – mitihren aktuellen Grenzenebenso wie mit ihren Poten-zialen.

Die Krise der Kirche ist mit Händen zu greifen.Die Streichungs- und Einsparlisten, die zur-zeit überall die Runde machen, verbreiten beivielen Gläubigen ein Gefühl der Hilflosigkeit.Der Trend ist deutlich: Scharen von Men-schen verlassen die Kirchen, ohne dass je aneine Rückkehr zu denken wäre. Die katho-lische Kirche in Deutschland hat seit Anfangder neunziger Jahre ein Bistum von der Grös-se der Erzdiözese Köln verloren. Und es gibtkeinerlei Anzeichen, dass sich diese Entwick-lung umkehrt. Im Gegenteil: Bis 2025 ist miteinem weiteren Rückgang zu rechnen, dersich demografiebedingt bis 2050 noch mas-siv beschleunigen wird.

Das Christentum in Europa wird nichtmehr als dynamische Grösse erlebt.Viele Christen und Christinnen fühlen sich inder Defensive. Sie leiden unter der Gleichgül-tigkeit und am Desinteresse ihrer Umgebung.Sie sehen keine erfreulichen Perspektiven fürdie Zukunft von Glaube und Kirche und wis-sen nicht so recht, wie sie ihre Überzeugungin das gesellschaftlich-kulturelle Gefüge ein-bringen sollen.Die Kirchen selbst wiederum sind momentanvorwiegend mit sich selbst beschäftigt: Re-organisation, Strukturumbau und die Bewäl-tigung finanzieller Engpässe beschäftigen sieoffenbar mehr als die Frage, wie denn dasChristentum in den gegenwärtigen gesell-schaftlichen Umbrüchen kreativ und spiri-tuell präsent sein kann. Vor lauter Struktur-debatten haben wir den Blick für die inhalt-lichen Fragen verloren.Bei manchen regt sich der Verdacht, dass mithohem betriebswirtschaftlichem Aufwandein Untergang verwaltet, die inhaltliche He-rausforderung jedoch kaum ernstgenommenwird. Wer sich entscheidet, die Umbrüche der Gegenwart als Hinweis für ganz neueGestaltungsherausforderungen zu verstehen,muss sich jedoch darum bemühen, die er-fahrbaren Zeichen der Zeit zu deuten und sie an der Nahtstelle von Situation und Tradi-tion, von gegenwärtigem Weltbewusstseinund Wertschätzung des Vergangenen in ei-nen glaubwürdigen Kontext von Mystik undPolitik einzubetten.

Wissenschaftliche Befunde ergeben, dass dieMenschen in den nächsten Jahrzehnten zweigrosse Themen bewegen werden:

– die Frage nach der Gerechtigkeit inmitten der marktwirtschaftlichen Freiheit.

– die Frage nach der Spiritualität inmitten einer gesellschaftlich zunehmendakzeptierten Säkularität.

Weltweit brisant ist die Frage nach der so-zialen Gerechtigkeit. «Selbst in reichen Ge-sellschaften kann morgen jeder von unsüberflüssig werden. Wohin mit ihm?» fragtbesorgt Hans Magnus Enzensberger undspielt damit an auf all diejenigen, die soschnell durch die scheinbar sicheren Netzeunserer Wohlstandsgesellschaft rutschen.Als Kirche sind wir aufgefordert, Anwältin allderjenigen zu sein, die in der Gefahr stehen,Opfer der globalen Modernisierung zu werden.Wenn Geiz zunehmend «geil» wird, müssengerade die Kirchen ihre Option für eine dia-konische Pastoral als Herausforderung neuannehmen und gestalten. Die Welt erwartetvon uns Christen und Christinnen, dass wirder Mund der Stummen und Armen sind undes auch bleiben.Die zweite grosse Herausforderung, wie unterden gegenwärtigen Bedingungen der Säku-larität eine weltverbindende Spiritualität ge-lebt werden kann, gestaltet sich nicht minderleicht. Allerorten ist eine positive Entwick-lung des spirituellen «Marktes» zu beobach-ten, während die kirchliche Akzeptanz kon-tinuierlich schrumpft.Aber ich glaube fest, dass wir als Kirche eineZukunftsschance haben: dann, wenn es unsgelingt, die spirituelle Potenz aller sehn-suchtsvoll nach einem heilenden Gott su-chenden Menschen ernst zu nehmen, ohnesie vorschnell in ein mentales Korsett einzu-betten und «einzuschläfern».

Wach sein und aufmerksam für das kleineGlimmen Gottes in den schüchternen See-len der Menschen – das könnte ein Marken-zeichen moderner Kirche sein.

k a t h a r i n a a k t u e l l

Kirche heute

Sind wir noch das Salz der Erde?

«Ihr seid das Salz der Erde»Mt 5, 13

Das Salz ist etwas Gutes.Wenn aber das Salz sei-nen Geschmack verliert,womit kann man ihm dieWürze wiedergeben? Estaugt weder für den Ackernoch für den Misthaufen,man wirft es weg.Lk 14, 34 f.

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Nur wenn wir unsere Kirchentore weit öffnen,können wir Suchenden in einer Zeit grosser«seelischer Obdachlosigkeit» (Paul Zulehner)eine Heimat bieten. Wäre das nicht unserechristliche Kernkompetenz?Deshalb darf (und muss) sich auch eine geist-liche Gemeinschaft öffnen für alle, die da«hungern und dürsten nach Gerechtigkeit»,damit sie «satt werden» auf ihrem langen

Weg. Dann wird sie eine Oase sein in einerZeit, in der die Sehnsucht der Menschen nachGottesbegegnung kaum noch Orte derauthentischen Gotteserfahrung findet.Denn wir sind doch das Salz der Erde undnicht ihr Zuckerguss!

Norbert Lepping

«ICH öffne das Ohr EuresHerzens durch den Tonder Sehnsucht und zeigeMICH in je neuer Gestalt»aus Pia Gyger, EINS und ALLES

Veranstaltungen

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«Hoffnung braucht neue Wege» –Spiritualität und Kirche

• dreijährige ökumenische Fortbildung im «Fernblick»

• «Ich bin ein einzigartiger göttlicher Ausdruck», 3. – 5.6.2005 im «Fernblick»

• Fachtagung «Kirchen im Dialog»,8./9. Juli 2005 im «Fernblick»

• Retraite für kirchliche MitarbeiterInnen10.–23. Juni 2005 im «Fernblick»

«Eine Welt für alle» – Engagement fürVersöhnung und Frieden in der Welt

• Peace-Camp mit Menschen verschiedenerLänder, Kulturen und Religionen,17.–24. Juli 2005 im «Fernblick»

• LaboRio21: «Werde der/die du bist»,10.–12. Juni 2005 im «Fernblick»

• Peace-Camp in Bosnien, 7.–13. August2005 (Kontaktadresse: Katharina-Werk Basel)

• «Lichtheilung als Weg zum Frieden»,Samstage im «Fernblick», z.B. 10. Septem-ber 2005

• «Unsere Wurzeln sind anders! Spurensuche im interreligiösen Dialog»,TZI, 23.–25. September 2005 in Basel

Spiritualität im Alltag

• «Spiritualität und Konfliktfähigkeit»,25. bis 29. Mai 2005,TZI-Kurs in Basel

• «Seid Priesterinnen und Priester der kosmi-schen Wandlung», Exerzitien 31.7.–7.8.2005 im «Fernblick»

• «Partnerschaft als spiritueller Weg»,16.–18. September 2005 im «Fernblick»

• Offene Abende in der Spiritualität desKatharina-Werkes in Basel, Bonn, Freiburg i. Br.,Teufen und Zürich

• Wüstentage im Gemeinschaftshaus in Basel(6.9./30.10./7.11./7.12. 2005)

• Ökumenische Exerzitien im Alltag:(17.11., 24.11., 1.12., 8.12., 15.12. 2005)

• «Wach zu empfangen – Atempause imAdvent»,TZI, 9.–11.12. 2005 im «Fernblick»

• «Paarspiritualität», 27.–29. Januar 2006 in Falkau/Schwarzwald

• «Leben aus dem Feuer des Herzens – Spiri-tualität zur Ausrichtung unserer Kräfte»,Jahreskurs 2006 (neun Wochenenden)

Kontemplation und Zen in Basel

• Meditation am Mittwochabend (18.30 bis 20.00 Uhr)

• Meditation an Samstagen(4.6./17.9./26.11.2005)

• Zen-Einführungswochenende (14.–16.10.2005)

• Weitere Angebote im «Fernblick» und imLassalle-Haus (Bad Schönbrunn,CH-6313 Edlibach,Tel. 0041-(0)41-7571414)

Vollständige Programme sind erhältlich bei:

Bildungshaus «Fernblick – Haus der Versöhnung»CH-9053 TeufenTel. 0041-71-330-0055www.fernblick.ch

Katharina-Werk BaselHoleestrasse 123, CH-4015 BaselTel. 0041-71-707-2323 www.katharina-werk.org

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«Erneuert MEINE Kirche im Geiste Marias …Seid Priesterinnen und Priester der kosmi-schen Wandlung … Ich öffne das Ohr EuresHerzens durch den Ton der Sehnsucht undzeige MICH in je neuer Gestalt.»1

Diese Worte von Pia Gyger aus dem Text EINSUND ALLES mit ihrer programmatischen Kraftsind für mich zur Wegweisung geworden fürdas Engagement an der Erneuerung unsererKirchen. In Krisenzeiten, so sagt Pierre Teil-hard de Chardin, ist ein unerschütterlicherGlaube notwendig, dass das Leben weiter-geht. Nur diejenige Religion werde über-leben, die fähig ist, den Menschen einenRaum und eine (innere) Richtung für ihrWachstum zu geben.

Im November 2004 haben wir mit dem zwei-ten Durchgang des Kurses begonnen. DieTeilnehmenden verstehen sich über die Zeitvon drei Jahren als eine Lern- und Wegge-meinschaft. Die Kursmodule können aberauch einzeln besucht werden.Auf der Basis des inspirierten Textes von PiaGyger EINS UND ALLES, in Rückbindung andie kirchliche Tradition und im Entstehenlas-sen von Bildern aus der Zukunft finden wirSprache für die Erfahrung unserer sich wan-delnden Gottes-, Welt- und Kirchenbilder.Gottes Sehnsucht will und kann nur durchuns Menschen Wirklichkeit werden.Viele Mitglieder unserer Gemeinschaft teilenals MitarbeiterInnen unserer Kirchen die Sehn-sucht, aus der Kraft der persönlichen Spiri-tualität beizutragen zu neuen Entwicklungs-möglichkeiten und einer überzeugendenAusstrahlung der Kirche.Wir suchen dazu denDialog mit vielen und laden ein zur

Fachtagung am 8. und 9. Juli 2005 zum Thema «Das ist mein Leib»Mitglieder verschiedener christlicher Kirchensind seit Jahren miteinander auf einem dialo-gischen Weg, erleben die Unterschiede undGemeinsamkeiten ihrer Traditionen und reflek-tieren sie miteinander. An unserer diesjähri-gen Fachtagung werden wir unsere Erfahrun-gen austauschen und uns dem Mysterium derEucharistie und des Abendmahls auf einerpersönlichen und spirituellen Ebene annähern.Ein weiteres Angebot im Geist der Erneue-rung unserer Kirchen besteht in einer 14-tägi-gen Retraite für Menschen, die im kirchlichenDienst sind und sich ausgebrannt fühlen:

«Damit sie das Leben in Fülle haben»Retraite für kirchliche Mitarbeiter/innenvom 10. bis 23. Juni 2005 Wir gehen von einem Verständnis aus, dassKrisen und Krankheit Anruf und Chance seinkönnen. Die Engpässe des Lebens sind Ent-scheidungssituationen und Stufen für Wachs-tum und Reifung. Die Retraite will helfen, Zu-gang zu finden zur tiefsten inneren Quelle undihrer heilenden und schöpferischen Kraft sowiezu sich selbst und der ureigenen Bestimmung.

Hildegard Schmittfull

Kirche und Spiritualität

Hoffnung braucht neue Wege

k a t h a r i n a a k t u e l l

Hildegard Schmittfull ist katho-lische Theologin und Kontempla-tionslehrerin. Sie ist seit 1982 Mit-glied im Katharina-Werk (ewigeGelübde 1991) und war von 1994bis 2000 dessen Zentralleiterin.Sie arbeitet jetzt im Bildungsbe-reich des «Fernblick – Haus derVersöhnung» in Teufen mit.

1 Maria, Tochter der Erde,Königin des Alls,Kösel Verlag, 2002

«Fernblick – Haus der Versöhnung» in Teufen/Appenzellerland

«Nicht das Glückder Ruhe,nicht das Glückdes Vergnügens,sondern das Glückdes Wachsensist der tiefste Sinn.Keine Wandlung beseligt,es sei denn,sie vollziehesich im Aufstieg.»P. Teilhard de Chardin

Auf der Basis dieser Einsichten versucht dasKatharina-Werk in verschiedenster Hinsichtauf die Krisen in unseren Kirchen zu ant-worten. Dies geschieht in der Überzeugung,dass die Transformation des Alten und dasKommen des Neuen sowohl durch einzelneMenschen als auch durch Gruppen ge-schieht. Wir stellen dafür einen Raum sowiespirituelle und psychologische Hilfen zurVerfügung, Orte für Wachstums- und Hei-lungsprozesse. Dazu zählen unter anderemmehrere Angebote im «Fernblick», dem Bil-dungshaus des Katharina-Werkes in Teufen.

«Hoffnung braucht neue Wege», einedreijährige ökumenische Fortbildung In einer sich wandelnden Welt will Christ- undKirche-Sein neu gelernt werden. Im Bewusst-sein, dass «ich selbst Kirche bin», entfaltetsich das Potenzial der Einzelnen, an der Er-neuerung der Kirchen mitzuwirken.

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Page 16: 50721 KW Aktuell-01-05 · 2016. 8. 12. · Maja Pfaendler (GR). 2 «Die Kirche muss die Sicherheit des Bootes ver-lassen und ihrerseits übers Wasser gehen. Sie ist dazu gerufen,sich

Jede und jeder von uns hat schon Phasen derKrise, der Wandlung und des Aufbruchs er-lebt. Neuland betreten kann verlockend sein.Doch schrecken wir oft zurück, weil wir dasNeue noch nicht oder zu wenig kennen. Wirdder Weg einer Veränderung beschwerlich,sehnen wir uns so manches Mal zurück zu den «Fleischtöpfen Ägyptens».Nur die Kraft einer tiefen Überzeugung lässtuns losgehen und durchhalten, auch dann,wenn Strecken der Mühsal kommen. «Lassalles los und geh in das Land, das ich dirzeigen werde …» hörte Abraham den AnrufGottes zum Auszug ins Gelobte Land. Barjeder äusseren Sicherheit brach er auf. Erwusste nicht, was ihn erwarten würde. Erhatte nur eine Gewissheit: Gott hat Gutes vormit ihm und seinem Volk.Die Herausforderung zum Loslassen und Auf-brechen kann täglich neu auf uns zukommen.Vielleicht stehen wir bereits mitten drin undspüren: da steht etwas an! Die folgendeÜbung will helfen, unsere Aufbruchskräfte zustärken und zu aktivieren:

Am 19. Februar 2005 wurde der «Freundes-kreis Katharina-Werk» gegründet. Ihm gehö-ren zurzeit 21 Frauen und Männer an, die übermehrere Jahre, zum Teil sogar schon überJahrzehnte, mit der Gemeinschaft verbundensind. Sie erleben sich in Resonanz zur Spiri-tualität und zu den Anliegen der Gemein-schaft und finden im Freundeskreis ihren fes-ten Ort der Einbindung und Vernetzung. Mitdem Beitritt geben sie nicht nur ihrer innerenNähe einen sichtbaren äusseren Ausdruck,sondern auch ihrer Bereitschaft, die Ziele undAufgaben des Katharina-Werkes im Mass derje eigenen Möglichkeiten ideell, materielloder tatkräftig mitzutragen.Die Geschäfte des Vereins «Freundeskreis Ka-tharina-Werk» werden von einem vierköpfi-gen Vorstand getragen. Er besteht aus drei

gewählten Mitgliedern und einer vom Katha-rina-Werk delegierten Verbindungsperson.

Sibylle Ratsch

• Ich nehme mir Zeit und suche einen Ort,wo ich zur Ruhe kommen kann. Ich spüremeinen Atem und überlasse mich ganzseinem Rhythmus.

• Ich schaue auf meinen Lebensweg: Washabe ich schon verlassen bzw. losgelas-sen? Wodurch wurde es mir möglich?

• Ich wähle eine Aufbruchserfahrung aus,deren Wirkung ich besonders kraftvoll in Erinnerung habe. Ich gebe ihr Raum inmeinem Herzen und in meinem Körper.Ich spüre, wie sich die Kraft lichtvoll inmir ausbreitet.

• Vielleicht wird mir auch ein Symbol oderein Wort geschenkt, das diese Erfahrungnochmals verdichtet.

• Bewusst atme ich ein und aus, halte dieErinnerung noch einen Moment leibhaf-tig in mir wach, bevor ich die Übung be-ende, z.B. mit einem Gebet oder einer mirvertrauten Geste des Dankes.

Sibylle Ratsch

Kraftfeld des Aufbruchs

Spiritueller Impuls für den Alltag

Freundeskreis

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I M P R E S S U M

Herausgeber:Katharina-WerkHoleestr. 123CH-4015 BaselTelefon: 0041-(0)61-307-23-23www.katharina-werk.org

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Der Vorstand des Freundeskreises v.l.n.r.: Hans-Jakob Weinz (Verbindungsperson Katharina-Werk), Gabi Zimmermann Bodewig, Helene Hof-mann (Präsidentin), Ueli Noelpp