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Vogelsang K: Therapie vor Ort. DHZ – Deutsche Heilpraktiker Zeitschrift, 2014; 3: 56–59 56 DHZ PRAXIS Pharmakologie OB SALBE, CREME, PASTE, Gel, Lösung, Pflaster, Schaum oder Pulver: Topische Zu- bereitungen (griech. topos = Platz, Ort) wer- den im Gegensatz zu einer systemischen Anwendung lokal appliziert – überwiegend auf der Haut, aber auch auf Schleimhäuten, mit entscheidenden Vorteilen: Das Mittel wird im Vergleich zu einer systemischen Therapie in niedrigerer Dosierung gezielt an den Ort des Geschehens gebracht und entfaltet dort seine Wirkung. Von Hautschutz bis Ekzem- therapie Mit topischen Zubereitungen können 3 Zielsetzungen verfolgt werden: Durch Beeinflussung bzw. Stärkung der Hornschichtbarriere kann man die Schutzfunktionen der Haut verbessern, z. B. durch das Aufbringen von UV-Fil- tern in Sonnenschutzmitteln oder die Behandlung verletzter Haut durch Sal- ben, Emulsionen oder Lösungen zum äußeren Gebrauch. Diese können u. a. Antibiotika, Antimykotika oder Vi- rustatika zur Infektionsbehandlung oder Glukokortikoide zur antiphlogisti- schen Therapie enthalten. Durch Creme- oder Salbengrundlagen mit ho- hem Fettanteil wird zudem die Aus- trocknung der Haut durch Einflüsse des Klimas oder durch Tenside in Reini- gungsmitteln vermieden. Mit der Überwindung der Hornhaut- barriere lässt sich in tieferen Haut- schichten eine Wirkung herbeiführen. Die Haut kann als Applikationsorgan für Arzneistoffe genutzt werden, um syste- mische Wirkungen zu erzielen, ohne al- lerdings dabei eine Irritation oder Sen- sibilisierung der Haut provozieren zu dürfen. Aufgrund der begrenzten Re- sorption über die Haut eignet sich diese Strategie jedoch nur für Arzneimittel, die bereits in geringer Dosierung syste- mische Effekte hervorrufen, z. B. Opio- id-, Nikotin- oder Hormonpflaster. Penetration, Permeation und Resorption Die Frage, wie tief ein Arzneistoff in die Haut eindringen kann, lässt sich nicht ein- fach beantworten: Die unterschiedliche Be- schaffenheit der verschiedenen Hautschich- ten wie auch die jeweiligen chemischen Ei- genschaften der Wirkstoffe erschweren Vorhersagen. Je nach Trägersubstanz, Wirk- stoff- und Hautprofil dringen Arzneistoffe verschieden tief in die Haut ein. Therapie vor Ort Salbe, Gel, Arzneipflaster: Wie wirken eigentlich DERMATIKA? Dr. Katharina Vogelsang 1 Arzneimittel zur äußeren Anwendung werden im Gegensatz zur systemischen Behandlung lokal appliziert, mit deutlich geringe- ren Dosen und Nebenwirkungen. 2 Die topische Therapie hat überwiegend Schutz- und Deckfunk- tion oder das Eindringen in die Epidermis zum Ziel. Auch die Auf- nahme in das Blut (Resorption) wird für einige Indikationen ge- nutzt, z. B. mittels Pflastern zur Schmerz- und Hormontherapie. 3 Das Beispiel der Glukokortikoide verdeutlicht Vor- und Nachteile konventioneller antiphlogistischer Dermatika. KURZ GEFASST Foto: © Fotolia/mashe Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

56 DHZ PRAXIS Therapie vor Ort - heilpflanzenschule.de · Vogelsang K: Therapie vor Ort. DHZ – Deutsche Heilpraktiker Zeitschrift, 2014; 3: 56–59 56 DHZ PRAXIS Pharmakologie OB

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Vogelsang K: Therapie vor Ort. DHZ – Deutsche Heilpraktiker Zeitschrift, 2014; 3: 56–59

56 DHZ PRAXIS Pharmakologie

OB SALBE, CREME, PASTE, Gel, Lösung, Pflaster, Schaum oder Pulver: Topische Zu-bereitungen (griech. topos = Platz, Ort) wer-den im Gegensatz zu einer systemischen Anwendung lokal appliziert – überwiegend auf der Haut, aber auch auf Schleimhäuten, mit entscheidenden Vorteilen: Das Mittel wird im Vergleich zu einer systemischen Therapie in niedrigerer Dosierung gezielt an den Ort des Geschehens gebracht und entfaltet dort seine Wirkung.

Von Hautschutz bis Ekzem-therapie

Mit topischen Zubereitungen können 3 Zielsetzungen verfolgt werden:▪ Durch Beeinflussung bzw. Stärkung der

Hornschichtbarriere kann man die Schutzfunktionen der Haut verbessern,

z. B. durch das Aufbringen von UV-Fil-tern in Sonnenschutzmitteln oder die Behandlung verletzter Haut durch Sal-ben, Emulsionen oder Lösungen zum äußeren Gebrauch. Diese können u. a. Antibiotika, Antimykotika oder Vi-rustatika zur Infektionsbehandlung oder Glukokortikoide zur antiphlogisti-schen Therapie enthalten. Durch Creme- oder Salbengrundlagen mit ho-hem Fettanteil wird zudem die Aus-trocknung der Haut durch Einflüsse des Klimas oder durch Tenside in Reini-gungsmitteln vermieden.

▪ Mit der Überwindung der Hornhaut-barriere lässt sich in tieferen Haut-schichten eine Wirkung herbeiführen.

▪ Die Haut kann als Applikationsorgan für Arzneistoffe genutzt werden, um syste-mische Wirkungen zu erzielen, ohne al-lerdings dabei eine Irritation oder Sen-

sibilisierung der Haut provozieren zu dürfen. Aufgrund der begrenzten Re-sorption über die Haut eignet sich diese Strategie jedoch nur für Arzneimittel, die bereits in geringer Dosierung syste-mische Effekte hervorrufen, z. B. Opio-id-, Nikotin- oder Hormonpflaster.

Penetration, Permeation und Resorption

Die Frage, wie tief ein Arzneistoff in die Haut eindringen kann, lässt sich nicht ein-fach beantworten: Die unterschiedliche Be-schaffenheit der verschiedenen Hautschich-ten wie auch die jeweiligen chemischen Ei-genschaften der Wirkstoffe erschweren Vorhersagen. Je nach Trägersubstanz, Wirk-stoff- und Hautprofil dringen Arzneistoffe verschieden tief in die Haut ein.

Therapie vor OrtSalbe, Gel, Arzneipflaster: Wie wirken eigentlich DERMATIKA?Dr. Katharina Vogelsang

1 Arzneimittel zur äußeren Anwendung werden im Gegensatz zur systemischen Behandlung lokal appliziert, mit deutlich geringe-ren Dosen und Nebenwirkungen.

2 Die topische Therapie hat überwiegend Schutz- und Deckfunk-tion oder das Eindringen in die Epidermis zum Ziel. Auch die Auf-nahme in das Blut (Resorption) wird für einige Indikationen ge-nutzt, z. B. mittels Pflastern zur Schmerz- und Hormontherapie.

3 Das Beispiel der Glukokortikoide verdeutlicht Vor- und Nachteile konventioneller antiphlogistischer Dermatika.

KURZ GEFASST

Foto: © Fotolia/mashe

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Pharmakologie DHZ PRAXIS 57

Unter Penetration versteht man das Eindringen von Arzneistoffen in die ein-zelnen Schichten der Epidermis, während die Permeation den Weg und die Art der Passage der Substanzen durch die ver-schiedenen Schichten der Haut, z. B. durch chemische und physikalische Wechsel-wirkungen, beschreibt.

Die Permeation kann über die Haut (transepidermal) oder über Poren der Fol-likel, Schweiß- und Talgdrüsen (transfolli-kulär) erfolgen. Weil die Follikel nur etwa 0,1 % der Hautoberfläche ausmachen, ist der Stofftransport über diesen Weg eher von untergeordneter Bedeutung. Bei der transepidermalen Passage verändern sich die Wechselwirkungen des Arzneistoffs mit den unterschiedlich beschaffenen Hautschichten, deren Lipophilie von in-nen nach außen durch absterbende Zellen und Verhornung deutlich zunimmt. Durch die äußere Hornschicht (Stratum corne-um) können Arzneistoffe nur durch passi-ve Diffusion (Stofftransport ohne Energie-aufwand) entlang des Konzentrationsge-fälles gelangen.

Hat eine Substanz alle Schichten der Epidermis überwunden, gelangt sie in ei-

nen sehr viel hydrophileren Bereich (Der-mis, Cutis), der aus Bindegewebe, Nerven, Blut- und Lymphgefäßen, Drüsen und Hautanhangsgebilden sowie einzelnen Zellen (Mastzellen, Histiozyten) besteht. Hier kann ein Arzneistoff in die Lymphe oder das Blut aufgenommen werden. Man spricht von Resorption.

Dermale Permeation mit Vari-ablen: Haut als unsicheres ResorptionsorganSollen topisch verwendete Arzneistoffe systemische Wirkung entfalten, stellt die Haut ein schwer berechenbares Resorp-tionsorgan dar. Denn Vorhersagen, wann und in welcher Menge ein Arzneistoff im Körper systemisch verfügbar ist, sind schwer zu treffen. So eignet sich die Haut aus verschiedenen Gründen für die meisten Arzneistoffe nicht als Aufnah-meorgan: Die Resorption dauert länger als über den Gastrointestinaltrakt und hängt stark von Faktoren wie Hautzu-stand, Applikationsort, Alter und Konsti-tution ab.

Schmerz-, Nikotin- und Hormonpflaster

Aufgrund der zahlreichen Einflüsse auf die Resorption finden nur wenige topische Arzneimittel als systemische Therapeuti-ka Anwendung, meist in Form von TTS-Pflastern (TTS = Transdermales therapeu-tisches System) und v. a. mit folgenden Wirkstoffen: ▪ Opioide als Analgetika bei starken

Schmerzen, z. B. Tumorschmerzen▪ Nikotin zur Raucherentwöhnung▪ Hormone (Gestagene, Östrogene)

zur Anwendung im KlimakteriumDurch die gleichmäßige Wirkstoff-Freiset-zung des TTS-Pflasters wird ein relativ konstanter Blutspiegel erreicht. Weiterhin vermeidet man einen First-Pass-Effekt (Wirkstoffmetabolisierung in der Leber vor Erreichen der unteren Hohlvene).

Mehrere Faktoren beeinflussen, wie ein Arzneistoff durch die Haut gelangt, in welcher Geschwindigkeit die Permeation erfolgt und ob er überhaupt resorbiert wird:

▪ Hautzustand: Verletzungen, Hauttro-ckenheit oder die Entfernung von Lipid-schichten durch organische Lösungs-mittel, z. B. Alkohole, beschleunigen die Permeation eines Arzneistoffs. Auch Dermatosen (Hauterkrankungen) wie Ekzeme nehmen wesentlich Ein-fluss auf Faktoren wie Schichtdicke, Feuchtigkeitsgehalt und Lipidzusam-mensetzung des Stratum corneum und der Basalzellschicht (Stratum basale als Entstehungsort der Keratinozyten).

▪ Alter: Der Feuchtigkeits- und Lipidan-teil der Haut ändert sich im Laufe des Lebens. Bei Kindern und im Alter ist die Haut eher trocken.

▪ Hautareal: Verschiedene Hautareale nehmen Wirkstoffe unterschiedlich schnell auf. Bei Experimenten mit ra-dioaktiv markiertem Hydrokortison

nahm die Resorption des Arzneistoffs in folgender Reihenfolge ab: Stirn → Kopfhaut → Rücken → Unterarm → Handflächen → Fußsohlen.

▪ Hauttemperatur: Mit steigender Haut-temperatur vermindert sich der Diffu-sionswiderstand, da sich die Lipidan-ordnung im Stratum corneum ändert.

▪ Einfluss der Grundlage (Vehikel): Je nach Wasser- oder Fettgehalt der Grundlage kann der Wirkstoff schneller oder langsamer daraus freigesetzt wer-den. Das Freisetzungsverhalten ist ab-hängig von der Art des Wirkstoffs und der Art des Trägerstoffs. Fettlösliche Wirkstoffe, z. B. aus fettigen Grundla-gen, werden langsamer freigesetzt als aus solchen mit hohem Wasseranteil. Bei wasserlöslichen Substanzen verhält es sich umgekehrt. Darüber hinaus muss sich der Wirkstoff zwischen dem Stratum corneum und der Salben-grundlage verteilen. Die in der Grund-lage enthaltenen Paraffine, Pflanzenöle oder Wachse, z. B. Jojobaöl, dringen dabei nachweislich nicht in die unteren

Epidermisschichten ein und verbleiben in vivo auf bzw. im Stratum corneum mit einer Schichtdicke von etwa 20 µm. Das Stratum corneum speichert durch den hohen Keratinanteil Wasser und kann innerhalb kurzer Zeit bis zu 500 % seines Trockengewichts an Wasser auf-nehmen. So kann die Grundlage z. B. bei Verhinderung der Verdunstung des Wassers aus der Haut (Okklusion) durch einen hohen Anteil an Lipiden den Feuchtigkeitszustand und damit auch die Verteilung der Substanz zwi-schen Keratin und Vehikel verändern. Zusätzlich werden durch Einlagerung von Wasser auch die interzellulären Bereiche der Haut vergrößert und die Diffusion verschiedener Substanzen beeinflusst.

▪ Einfluss des Wirkstoffs: Binden Wirk-stoffe an Hornzellen, Proteine oder Lipide der Haut, durchdringen sie die Hautschichten deutlich langsamer. Man nimmt an, dass unpolare, amphi-phile (hydro- und gleichzeitig lipophile) Substanzen die Haut besser passieren.

Einflussgrößen für die Permeation durch die Haut

Beachte: TTS-Pflaster müssen an den im Bei-packzettel aufgeführten Hautarealen (i.d.R. Rü-cken, seitlicher Brustkorb oder Außenseite des Oberarms) aufgebracht werden, da ein abwei-chender Applikationsort die Resorption des Arz-neistoffs deutlich steigern oder senken kann.

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Für eine Wirkung unmittelbar im Be-reich der Haut oder des Unterhautgewe-bes sind topische Anwendungen ideal. Die Indikationen reichen hierbei von der The-rapie von Ekzemen über Hautinfektionen bis hin zu Wundheilungsstörungen und Ulzera.

Glukokortikoide: Vor- und Nachteile der lokalen Therapie

Manchmal kommen Patienten in die Pra-xis, deren Haut mit Glukokortikoiden be-handelt worden ist bzw. vorübergehend behandelt werden muss. Wichtig ist es dann, beabsichtigte Hautveränderungen von unerwünschten unterscheiden zu können. Glukokortikoide werden in höhe-ren Dosierungen oral zur Erzielung syste-mischer immunsuppressiver und anti-phlogistischer Effekte und in niedrigerer Dosierung lokal auf der Haut bei verschie-denen Dermatosen eingesetzt. Um auf der Haut einen Effekt nach oraler Einnahme zu erzielen, wären Dosierungen erforder-lich, die den Körper mit zahlreichen Ne-benwirkungen belasten würden, z. B. In-fektanfälligkeit, Erhöhung des Blutdrucks, Ödembildung, Morbus Cushing.

Chemisch unterscheiden sich topische Glukokortikoide von oral applizierten. Sie sind i.d.R. an Säuren oder Aceton gebun-den, z. B. Hydrokortison, Prednisolon oder Dexamethason in Form des jeweiligen Acetats, Valerats, Capronats, Pivalats oder Acetonids. Bei später entwickelten, nur to-pisch verwendeten Glukokortikoiden wie Triamcinolonacetonid, Clobetasonbutyrat, Flumetasonpivalat, Fluocinolonacetonid,

Diflucortolonvalerat geht durch weitere chemische Veränderungen eine Steige-rung der Wirksamkeit bei geringerer Do-sierung einher.

Glukokortikoide bewirken in der Haut eine Immunsuppression, die eng mit dem antiphlogistischen Effekt verknüpft ist. Sie wirken hemmend auf die Zellteilung – auch in der Basalzellschicht der Epidermis (Stratum basale) –, wodurch die Haut bei Langzeitanwendung atrophiert und Kolla-genfasern verliert. Andererseits kann dies bei starker Verhornung eine gewünschte Normalisierung bewirken. Weitere Ne-benwirkungen sind beispielsweise: aller-gische Reaktionen, Steroidakne/-rosazea, Infektionen, Hauttrockenheit, Hypo-pigmentierung, Fettgewebsatrophie und Wundheilungsstörungen. Die periorale rosaceaartige Dermatitis tritt regelmäßig bei missbräuchlicher Anwendung im Ge-sichtsbereich auf. Da Melanozyten unter Einfluss von Glukokortikoiden weniger Pigmente ausbilden, muss man die behan-delten Areale durch Kleidung oder Son-nenschutzmittel (50+) vor direkter Son-nen- bzw. UV-Strahlung schützen. Neben-wirkungen zeigen sich etwa ab einem Zeitraum von 2 Wochen nach Therapiebe-ginn.

Intervall- statt DauertherapieBei einer Daueranwendung lässt die anti-phlogistische Wirkung zunehmend nach. Man spricht von Tachyphylaxie, der schnellen Toleranzentwicklung gegen-über Wirkstoffen. Begünstigt wird dies, wenn Glukokortikoide nicht als Feststoff

in der Salben- bzw. Cremegrundlage ver-teilt, sondern gelöst darin vorliegen oder rein fettige Grundlagen einen Verschluss der Haut (Okklusion) erzielen. Tachyphy-laxie wird aber auch durch eine Initial-stoßtherapie (kurze Hochdosis-Therapie zum Behandlungsbeginn) verstärkt. Daher sollte man Glukokortikoide in der Dosis langsam steigern und eine Intervallthera-pie wählen (abwechselnd 3 Tage Gluko-kortikoide, 3 Tage Grundlage ohne Wirk-stoff). Bei dieser steht der Haut auch wäh-rend der wirkstofffreien Anwendungs-phase noch immer ausreichend Glukokor-tikoid zur Verfügung, da sich im Stratum corneum ein Reservoir bildet (Depot-effekt).

Schützend, antiphlogistisch, adstringierend

Es gibt, insbesondere im Bereich der Phy-totherapie, zahlreiche naturheilkundliche topische Dermatika mit unstrittiger the-rapeutischer Wirkung. Dazu gehören u. a. die antiphlogistisch wirkenden Kamillen-blüten-, Ringelblumen-, Johanniskraut-, Hamamelisblätter- und Schafgarben-krautzubereitungen. Ätherische Öle wer-den i.d.R. mit Alkohol oder fetten Ölen auf 3–10 % verdünnt, da von höheren Konzen-trationen reizende Wirkungen ausgehen können. Sie gelangen in tiefere Haut-schichten: Bei einigen Komponenten konnte gezeigt werden, dass sie an Zucker oder Sulfate gebunden über die Niere aus-geschieden und somit durchaus resorbiert

INFORMATION

Penetrationsvermittlerals WirkbeschleunigerDurch Zugabe von Penetrationsvermitt-lern (Enhancer) zur Grundlage gelangen Arzneistoffe besser in tiefere Haut-schichten oder es wird deren Resorp-tion begünstigt. Zu den Enhancern ge-hört z. B. Dimethylsulfoxid, mit dem Antibiotika, Lokalanästhetika, Salicylate und Steroidhormone in tiefere Haut-schichten gelangen. Ebenso wird ätheri-schen Ölen eine Penetrationsvermitt-lung durch die Haut zugeschrieben.

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werden , z. B. (-)-a-Bisabolol aus der Ech-ten Kamille, Matricaria recutita.

Auch Gerbstoffe haben sich aufgrund ihrer adstringierenden Eigenschaften bei Ekzemen und Wundheilungsstörungen bewährt, z. B. in Form von 1:30 mit Was-ser verdünnter Tormentill- oder Ratanhi-atinktur.

Fraglich ist, ob Aescin aus Rosskastani-ensamen oder Extraktbestandteile aus Ro-tem Weinlaub nach topischer Applikation bei chronisch venöser Insuffizienz (CVI) wirken. Ihnen wird in Form von Gelen oder Cremes eine positive Wirkung auf-grund des Kühl- und Massageeffekts zuge-sprochen, der jedoch allenfalls bei chro-nisch venöser Insuffizienz mit Sympto-men wie müde Beine oder Besenreiser ausreichend ist. Bei fortgeschrittenen Sta-dien der CVI bis Stufe IIa sollten die Phy-topharmaka oral eingenommen werden: Trockenextrakte in Form von Tabletten, Dragees oder Kapseln aus Rosskastanien-samen oder aus Rotem Weinlaub entspre-chend 50 mg Aescin 2 × tgl.

Anorganische Salze, die in der Homöo-pathie und Biochemie nach Schüßler an-gewendet werden, haben wegen ihres po-laren, hydrophilen Charakters nur eine geringe Chance, das Stratum corneum zu passieren. Es wird jedoch beiden Thera-pierichtungen nicht gerecht, rein natur-wissenschaftliche Maßstäbe anzulegen, da es sich hier um potenzierte Zuberei-tungen handelt, bei denen eine Übertra-gung der Information des Wirkstoffs auf das Trägermaterial eine Rolle spielt. ▪

Dieser Artikel ist online zu finden:http://dx.doi.org/10.1055/s-0034-1383539

Verwendete Literatur:

[1] Hahn B. Präparation von 14C-Chamomilla-ölbestandteilen unter besonderer Berücksich-tigung von (-)-a-Bisabolol und ihr Einsatz bei dermalen und peroralen pharmakokinetischen Studien [Dissertation]. Marburg/Lahn: Phil-ipps-Universität; 1986

[2] Niedner R, Ziegermeyer J. Dermatika. Stuttgart: Wissenschaftiche Verlagsgesell-schaft; 1992

[3] Vogelsang-Tschiersch K. Apigenin, Apigenin-7-glucosid und Acylderivate aus Matricaria recutita L.: Analytik, 14C-Markierung und Beiträge zur Pharmakokinetik [Dissertation] (Dissertationes Botanicae Band 214). Berlin, Stuttgart: J. Cramer; 1994

[4] Müller RH, Hildebrand GE. Pharmazeutische Technologie: Moderne Arzneiformen. Stuttgart: Verlagsgesellschaft; 1997

[5] Mutschler E, Geisslinger G, Kroemer HK et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. Stuttgart: Verlagsgesellschaft; 2013

[6] Weitschiess W. Einfluss der Galenik auf die Therapie von Hauterkrankungen. Pharmazeu-tische Zeitung; 2003

[7] Hauser M. Cosmetic oils in comparison: pene-tration and occlusion of paraffin oil and vege-table oils, Cossma; 2012; issue 1–2: 28

Dr. Katharina VogelsangHeilpflanzenschule CalendulaAlicenstr. 3135390 GießenE-Mail: [email protected]

Dr. Katharina Vogelsang arbeitete als Apo-thekerin bevor sie ihre Dissertation über Kamilleninhaltsstoffe schrieb. 1991–1994 und 1999–2002 Lehrtätigkeit an der Phil-ipps-Universität Marburg, leitende Funktio-nen bei der Entwicklung von Fertigarznei-mitteln in verschiedenen Firmen. Seit 2003 leitet Frau Dr. Vogelsang die Heilpflanzen-schule Calendula in Gießen.

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