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110.04.16 PSWHH-HPBELICHTERFREIGABE: -- ZEIT:::BELICHTER: FARBE:

D A S A U T O M A G A Z I N D E R W E LT A M S O N N TA G

Die Sonne kommt raus, die Gara-gentüren schreien danach, geöff-net zu werden, die gut gehütetenSchätze wollen zurück auf dieStraße. Wer Autos liebt, hat einAuto, das er besonders liebt. Odermehrere. Unsere Autoren, unsereLayouterin, unser Art Director –alle haben ihre Saison eröffnet.Jeder PS WELT-Mitarbeiter istautoverrückt im besten Sinne:inspiriert, euphorisiert, best-informiert, wenn es um lärmendeund stinkende Blech-skulpturengeht. Wer schöne Autos liebt,macht in Zeiten des Nullzinses oftein gutes Geschäft oder schaffteine hübsche Altersvorsorge. DieRendite sollte allerdings in Fahr-spaß ausgezahlt werden, nicht inStolz auf Stilllegungsberichte. Au-tos müssen gefahren werden, ge-rade die Schönen.

IhrULF POSCHARDT

PS.: Kritik und Lob bitte wieder an [email protected]

Härter, lauter, schnellerER WILL ES

EXKLUSIV IM INTERVIEW: SEBASTIAN VETTEL

Der Überkäfer: Unterwegs im Krabbler mit den Porsche-Genen, einer

Rallye-Legende aus den 70er-JahrenSeite 19

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eute, im Ernst, es reicht. Ich bin es unend-lich leid, fast täglich von einer Person A zuhören, dass Person B sich vor zwei Wocheneinen „total tollen“ neuen alten 911 gekaufthat. Und dass er oder sie gestern beim ak-tuell angesagten Edel-Burger der StadtFotos davon auf dem Handy präsentiert hat.Oder von Person C zu erfahren, dass er

oder sie nun ebenfalls „Fan“ alter Mercedes-Coupés sei undsich erst vor anderthalb Monaten ein wunderbares Exemplar„gesichert“ habe. Natürlich gefolgt von semiprofessionellgeshooteten Facebook-Bildchen, die als Beweis für die erleg-te Beute dienen und Däumchen generieren sollen. DieseZustimmung von Online-Freunden ist so wichtig, weil sie dieeigene Kaufentscheidung – die eben selten aus wahrer Lei-

denschaft erfolgt und daher für sich alleine auch nicht be-stehen kann – im Nachhinein positiv auflädt.

Doch das Einzige, was diese Fotos Eures Wagens beweisen,ist, dass Ihr Facebook oder Euer iPhone lieber habt als EureAutos. Eure Oldtimer ähneln eher zweidimensionalendigitalen Fabelwesen als echten Autos. Was man unteranderem daran erkennt, dass in der Bürotiefgarage nie EuerSportwagen parkt, sondern immer nur das geleaste Dienst-wägelchen oder der „vernünftige“ Alltagswagen. Auch vorRestaurants, Cafés oder Eigenheimen sucht man eure schi-cken Gefährte meist vergeblich. Und wann hat eigentlichjemand zuletzt einen E-Type außerhalb von einer Oldtimer-veranstaltung gesehen?

Sicher, wenn draußen 35 Grad herrschen, von Kopenhagenbis Kapstadt kein Wölkchen zu sehen ist und Ihr geradenichts zu tun habt, dann kann es passieren, dass Ihr über-mütig werdet und in Konstanz, Kassel und Kreuzberg mit

das Ganze wird also auf jeden Fall ein Hit. Außerdem istneben Pagode oder Bertone immer noch Platz für ein paarRetro-Café-Racer.

Wobei wir auch gleich bei der zweiten Gruppe wären, diemir mittlerweile den Oldtimer-Spaß verleidet: den fashionvictims. Dazu nur ein Satz: Ein alter Elfer mit Magnus-Wal-ker-Aufklebern ist nur bei einem Menschen auf der Weltcool, nämlich bei Magnus Walker.

Die schamlose Glorifizierung alter Autos bringt zu guterLetzt auch noch philosophische Probleme mit sich, die mansonst eher bei Esoterikern und Anhängern von Homöopathiefindet. Am Ende ist einfach nichts einfallsloser alsimmer nur in die Vergangenheit zu blicken und darü-ber zu palavern, dass früher alles besser gewesensei. Vor allem, wenn man kein bisschen fahren kann.

Bleibt nur eine Hoffnung: Sollten Finanz- und Flüchtlings-krise irgendwann einmal tatsächlich gelöst werden, die Zinsensteigen und unsere Währung – welche auch immer wir dannbenutzen werden – wieder in einem Wechselverhältnis zumDollar stehen, das einem nicht die Tränen in die Augen treibt,wird all das Geld, das jetzt in schönen, ungenutzten und vonStandschäden geplagten Autos steckt, wieder neu investiertwerden. Und Moden ändern sich ja sowieso in schöner Regel-mäßigkeit, irgendwann werden vielleicht nur noch nagelneueElektroautos en vogue sein. Oder Limousinen, in denen mandurch die Stadt chauffiert wird, wer weiß. Eine wunderbareVorstellung, denn dann wäre es für echte PetrolheadsZeit, wieder zuzuschlagen und maximalen Spaß zuhaben. Auf geheimen Strecken, mit selbstgebranntemBenzin und striktem iPad-Verbot. Und bis dahin möchteich bitte keine Handyfotos von nur in temperierten Geheimga-ragen existierenden Fahrzeugen mehr sehen. Vielen Dank.

eurem automobilen Schätzen vorsichtig auf die Straßen rollt.Und euch dann fühlt wie Steve McQueen oder Kate Moss.

Am liebsten natürlich sonntags, am Mittag, weil dann nichtso schrecklich viel los ist. Das ist verständlich, denn wennFrau oder Mann das Auto hauptsächlich als Investment se-hen, müssen sie oder er auch angesichts möglicher Kratzer-chen und letzter Streusalzmoleküle zu Recht zutiefst besorgtsein. Besorgt sein ist aber das Gegenteil von Spaß.

Und ich verstehe auch vollkommen, dass Ihr versucht,Euer hart verdientes Geld sinnvoll anzulegen. Aber müsst Ihrdazu gerade Autos benutzen? Wie wäre es denn mit Weinoder noch mehr Wohnraum?

Im Ernst: Die Oldtimer-Szene ist auf dem bestenWege, zu einer riesigen Investitionsblase zu werden.Die Marktsituation wird von vielen Beobachtern mittlerweile

als eher toxisch angesehen, bei besonders gefragten Model-len liegen die Preise bereits jenseits der Lächerlichkeit undFahrspaß ist schon lange nur noch Fremdwort.

Kein Zufall also, dass die härtesten Petrolheads in meinempersönlichen Umfeld anfangen, sich von ihren alten Alfas,Porsches und US-Langschiffen zu trennen und auf Young-timer oder – größtmöglicher Tabubruch – sogar auf Motor-räder umsteigen.

Alte Zweiräder scheinen sowieso das nächste gro-ße Ding zu sein. Egal, wie weit das Meer entfernt ist, auchHamburger Unternehmensberater und Politik-Peopleaus München und Mitte wären manchmal gerne JackJohnson. Und sehen sich vor ihrem geistigen Auge in aus-gelatschten Boots und vom Barber perfekt auf lumbersexuellgetrimmt einen Espresso trinkend vor dem Shop von Deusex Machina. Um dann auf ein lässiges custom bike zu steigenund breit zu grinsen. Der innere Cowboy lebt trotz allem,

BITTE beruhigt Euch! O

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etty

Imag

es

Oldtimer-Investoren sind eine Plage, findet GUIDO BELLBERG

LDAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG2

Mini Cooper S Cabrio192 PS, 27.950 Euro. Design: cool. Fahrgefühl: knackig,

luftig, sympathisch. Motor: okay. Geeignet für: Frauen aller Art. Preis: aua.

Mercedes E 220 d170 PS, 47.124 Euro. Design: das Beste oder nichts.

Fahrgefühl: intelligent. Motor: sanft. Geeignet für: Souveräne. Preis: wie üblich.

Range Rover 5.0 L SVAutobiography550 PS, 173.000 Euro. Design: Trutzburg.

Fahrgefühl: überlegen. Motor: Thors Hammer. Geeignet für: Bentley-Verächter. Preis: beinahe Bentley.

Hyundai ix35 Fuel Cell136 PS, 65.450 Euro. Design: SUV-Standard. Fahrgefühl:

unauffällig. Motor: Elektro, etwas mau. Geeignet für: Wasserstoff-Fetischisten. Preis: absurd.

Audi A4 Avant TFSI quattro252 PS, noch kein Preis veröffentlicht. Design: okay. Fahrgefühl:

handlich, knackig, sicher. Motor: Turbo rulez. Geeignet für:Allrad-Feinschmecker. Preis: vermutlich eher anspruchsvoll.

Best ofTest

Neuheiten, die uns im ersten Quartalbesonders beeindruckt habenIMPRESSUM

Chefredakteur Stefan Aust

Redaktionsleitung Dr. Ulf Poschardt (V.i.S.d.P)

Redaktion Guido Bellberg, Stefan Anker

Artdirektion André M. Wyst

Bildredaktion Stefan A. Runne

Layout Katja Fischer

Schlussredaktion Bettina Schneuer

PETER SCHREYER, ChefdesignerHYUNDAI & KIA. Was? Mein erstesAuto-Modell. Seit wann? Ich waretwa 14 Jahre alt, schätze ich. BMWfuhr damals in der Formel 2, was michsehr beeindruckte, deshalb baute ichmir mein eigenes Rennauto: aus Holz,Aluminium-Röhrchen, dem Lenkradeines Bootsmodells, einer Sitzschaleaus Hirschleder und Super 8-Film-rollen für die Bremsen. Warum?Weil das Auto ein wertvolles Erinne-rungsstück ist, das mich bis heute in allen meinen Büros begleitet. Es ist übrigens immer noch im Originalzustand und Erstbesitz – also matching numbers!

DANIEL SCHARFSCHWERDT,Senior Designer EDE/4 Exterieur Ent-

wurf Studio 4. Was? Zwei Touran-Modelle im Maßstab 1:87.

Eines mit einer Karikatur von JimBaste, eines mit einer Karikatur von

mir auf dem Dach. Seit wann? November 2015. Warum? Ich habe sie

von meinem Freund und Kollegen JimBasté, einem genialen Karikaturen-

zeichner, letztes Jahr zum Geburtstagbekommen. Dahinter steckt ein Gag:Ich habe den neuen Touran entwor-

fen, Jim dessen Vorgänger – und mansieht auf einem Modell, wie er den

neuen Touran mit schwarzem Tapewieder in den Vorgänger „umge-

wandelt“ hat. Sehr lustig!

Lutz

Füg

ener

PSWELT_Dir/PSWELT/PSWHH-HP10.04.16/1/005 KFISCHE2 5% 25% 50% 75% 95%

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3 10.04.16 PSWHH-HPBELICHTERFREIGABE: -- ZEIT:::BELICHTER: FARBE:

SONNTAG, 10. APRIL 2016 3

Teil 1: Jugendtraum für 800 Mark

„Opel Diplomat B, Bj. 1976, TÜV 11/91, 800 Mark“: Der bildlose Ein-zeiler im Schleswig-Holsteiner Anzeigenblatt ist so aussagekräftigwie das Tageshoroskop in der Bild. Wenigstens hat es für eine Fest-netznummer gereicht. Mittels der Wählscheibe von Papas W48-Bakelit-Telefon stelle ich eine Verbindung nach Husum her. Ja, derOpel ist noch da.

Jetzt stehe ich mit meinem Kumpel Jan in Barbies Carport. Dergewagte Traum vom V8 für Kleingeld zerplatzt beim Blick in dietraurig flachliegenden Scheinwerfer. Ach so, ein Diplomat mit Ad-miral-Karosserie. Opels Versuch, mit Produktionsende der Diplomat-Karosserie diesen Namen weiterleben zu lassen. Ein Sparmodell.Abgewürgte 140 PS aus sechs Zylindern, zu erkennen am einsamenZenith-Vergaser und einem spindeldürren Auspuffrohr. „Hab’ dreiTage gebraucht, um den mattschwarzen Lack runterzukriegen“, er-klärt mir Ken stolz. „Alter, das hättest du dir sparen können“, mur-mele ich und starre fassungslos auf die Mattel-pinke Hinterhoflackie-rung. „Weißt du, der kommt aus Bredstedt.“

Natürlich. Die Bredstedter Autotypen waren über die Stadtgrenzehinaus bekannt für ihre Rockerautos. Viel Hubraum, alles matt-schwarz gerollt, fette Felgen und den Kofferraum voller Dosenbier.Ken fand das ziemlich asozial und wollte den Diplomat zurück in dieGesellschaft holen. Das ging schief, denn das RüsselsheimerFlaggschiff antwortete auf die misslungene Schönheits-OP mit einemausgespuckten Pleuel. Probefahrt fällt also aus.

Ich kaufe die gestrandete Limousine trotzdem, hänge die geliehe-nen Nummernschilder von Mamas VW Polo an meine Chromstoß-stangen und das vorsorglich mitgebrachte Abschleppseil hinter JansFord Fiesta MK1. Der hat trotz bärenstarkem Einliter-Triebwerkkeinen Bock auf die Aktion, aber der Diplomat muss mit. Die Tacho-nadel kommt kaum aus der Schlafphase, als ich mich mit null Emis-sionen und Mindestabstand geräuschlos über die B201 ziehen lasse.Ein erhabenes Gefühl. Mein erster richtiger Schlitten. Opel jagt Ford,Hierarchie trotz Motorschaden.

Als es dunkel wird,rollen wir bei Klaus indie Doppelgarage.Klaus ist Capri-Schrauber und in derEcke oxidiert ein ver-staubtes Spendertrieb-werk der Konkurrenzherum. „Kommt auseinem Commodore,glaub’ ich. Das passt.Einbauen ist kein Thema, mache ichdauernd“, grinst Klaus.Für einen Kasten Biererlösen wir den Sechs-zylinder. Als der Ma-schinenraum endlichleer ist, sind wir voll.

Irgendwie wuchten wir das neue Aggregat dann doch in den original-limonengrünen Motorraum und drehen den Zündschlüssel. Na also,Opel der Zuverlässige.

Bei der Probefahrt ohne Auspuff überhören wir mit Absicht dasjaulende Vierganggetriebe und das Radlager hinten rechts. Wir blub-bern euphorisch zur nächsten Tanke und füllen denwiederbelebten Patienten gerade mit verbleitemSaft ab, da kollabiert der Kühler. Irgendje-mand hat wohl vergessen, Wasser einzufül-len, aber nach zwei Flaschen Kühlerdichtverlassen wir die neongeflutete Versor-gungsstation auf eigener De-Dion-Achse.

Am nächsten Morgen stütze ich michmit Restalkohol am Eichentresen derZulassungsstelle ab und lege mit öl-schlammverschmierten Händen die Pa-piere vor. Die dauergewellte Sachbear-beiterin guckt genervt und besteht aufeiner persönlichen Begutachtung. Ichbelüge sie überzeugend, dass mein Ju-gendtraum zwar optisch ein Albtraum,technisch aber ganz weit vorne sei. Wi-derwillig besiegelt sie dann doch kurz vorFeierabend meine automobile Zukunft.

Designer-Devotionalien

Automobildesigner haben das seltene Glück, dass ihr

Interesse für das Objekt und ihre Begabung zum

Zeichnerischen in Kombination ein Berufsbild ergeben.

Beides, Interesse wie Begabung, treibt sie voran,

wobei mal das eine, mal das andere die Nase vorn hat.

Auf ihren Schreibtischen sammeln sich

Versatzstücke, Meilensteine dieser Vorwärtsbewegung.

Manche sind Inspiration, andere Mahnung.

Wir haben einige Automobildesigner nach den liebsten

Teilen auf der Tischplatte gefragt

AXEL BREUN, Design Director SpecialPrograms, RENAULT. Was? Die hin-tere rechte Aluminiumfelge meinerersten Alpine A110-1300, Baujahr 1974;am 24. Februar 1979 für 6700 Markgebraucht gekauft. Seit wann? 24.März 1979, also vier Wochen nachKauf. Inzwischen nur sandgestrahlt.Warum? Erinnerung und Mahnung,es manchmal etwas langsamer an-gehen zu lassen. Umso schöner, dasssich der Kreis 2012 schloss: Mit demBau und der Präsentation des Con-ceptcar „A110-50“ gelang mir undmeinem Team die Wiedergeburt derMarke Alpine, bis jetzt ohne Unfall ...

GERNOT BRACHT, Automobil-de-signer, Illustrator, Karikaturist undDozent an der Hochschule Pforzheim.Was? Die kleine Ausgabe einer gro-ßen Arbeit. Seit wann?Circa 1996, Nachbau eines Semester-projekts im Studium. Warum? Dieser„Nachbau“ war mein Schreibtisch-begleiter bei Renault wie auch beiallen weiteren beruflichen Stationen.Das Originalmodell, Maßstab 1:5, fandseinen letzten Parkplatz in einerTonne beim Eiffelturm!

LUTZ FÜGENER, Designer und Pro-fessor an der Hochschule Pforzheim.Was ist das? Drehzahlmesser vonmeiner alten Ducati GTV Rennma-schine. Liegt da seit? Circa drei Jah-ren. Warum? Der Drehzahlmessererinnert mich immer an das in derMitte festgefahrene Projekt, die Ma-schine irgendwann mal auf die Straßezu bekommen. Habe ihn alle paarWochen in der Hand, mache dannwieder eine Skizze, wie die Maschineam Ende aussehen könnte – und legeihn wieder hin. Aber nächstes Jahrwird es ganz bestimmt klappen …

PS-KulinarikDie Garage ist Ihr liebster Platz? Und Hunger haben Sie auch immer? Hier die Essentials um beideLeidenschaften zu kombinieren. Mit Style, versteht sich

1. DIE PASTA Das Auge isst bekanntlichmit. Bei diesen Nudeln in Form vonSchrauben, Muttern und Dübeln ganzbestimmt. Und die Verpackung lässtsich nach dem Essen als Schraubensor-tierkasten nutzen. Perfekt! the-deli-garage.de2. DAS MESSER Da können sie noch solaut in das „Japanische-Messer-sind-die-besten“-Gejaule mit einstimmen: Nichtsgeht über Fleischermesser, die von Flei-schern für Fleischer hergestellt wurden.Die der Traditionsfirma Dick aus der Reihe1778 (Gründungsjahr!) sind scharf, schönund haben einen Griff aus Pflaumenholz.dick.de3. DAS GROSSE GRÜNE EI Vorbild fürdiese Miniküche ist der Kamado, eine3000 Jahre alte Tonofenart aus Japan.Es ist ein als Grill getarnter Multifunkti-ons-Heißmacher für Pizza, Fleisch undDessert. Grillrost: 61 cm, Kochfläche:2919 cm2, Höhe: 78 cm.biggreenegg.eu

4. ÖL Dieses hochwertige Öl aus katala-nischen Arbequina-Oliven wird mit auf-wändig direkt mitgepresstem Rosmarin,Peperoni oder Zitronen aromatisiert. Nurbeim Ölwechsel bitte aufpassen.the-deli-garage.de

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KALTSTARTPHASE

Für jeden postpubertären Führerscheinneulinggibt es Ende der 80er-Jahre nur ein Ziel:einen eigenen Schlitten, aber schnell. Eine Abenteuerreise zurück in die automobilenLehrjahre einer analogen Zeit. Persönlich und halb erinnert von Helge Thomsen

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Helge Thomsen MOTORAVER

Diplomatischer Hochsitz – auf fahrenden Autos feiert es sich froher

VON CORDULA SCHMITZ

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nicht so weit geschafft haben. Der eine hatte keine Lust mehr,bei dem anderen hat es nicht zusammengepasst, wie auchimmer. Es ist ein Riesenprivileg, in der Formel 1 fahren zudürfen – und ganz besonders in so einem Team. Ich bin mirdieses Glückes sehr bewusst.

Das strahlen Sie aus.Aber die Entwicklung der Formel 1 macht mir Sorgen. Dieneuen Regeln sind, ich sage mal, sehr futuristisch. Der kom-plette Antriebsstrang, das ist ja nicht nur der Motor, sonderndie Power Unit, wie sie heißt, ist sehr komplex. Komplexheißt: Es ist für viele schlaue Köpfe schwer, den Motor ansLaufen zu bringen. Das kostet sehr viel Geld. Die Autos sinddeutlich effizienter geworden, was den Verbrauch angeht. Obdas aber ein modernes Argument ist, das die Zuschauer be-geistert – oder gar die Fahrer –, das bezweifele ich. Ich glaubees nicht. Ich bin eher ein Petrolhead, alteingesessen, undbeharre auf meiner Tradition.

Welche Tradition wäre das?Es ist schade, dass die Autos nicht mehr so laut sind wie siemal waren.

Ein bisschen lauter sind sie doch wieder geworden?Ein bisschen. Aber es ist natürlich lange noch nicht richtiglaut. Der Ton ist einfach anders. Ein Turbomotor hört sichanders an als ein Saugmotor. Für uns Fahrer gibt’s nix Größe-res, als wenn das Auto so schnell ist, wie es nur geht, so lautist, wie es nur geht. Und uns an unsere Grenzen bringt. Ob-jektiv gesehen gibt es Dinge, die der Zuschauer haben möch-te. Er möchte, dass es laut ist, er möchte, dass überholt wird,er möchte, dass die Rennen spannend sind. Das hat aber jedeSportart. Beim Fußball möchte ich auch ins Stadion gehenund viele Tore sehen. Ich will Dramatik, vielleicht noch einerote Karte. Ich will mich über den Schiri aufregen, ich möchtemeine Bockwurst in der Halbzeit essen und alles gut. 90 Mi-nuten. Dafür gibt’s nicht die Garantie. Es gibt auch Spiele, dageht’s 0:0 aus. Müdes Gekicke.

Ist es in der Formel 1 munterer?Seitdem ich dabei bin, seit 2007/2008, hat man sehr viel un-ternommen, um das Ganze aufzuwerten. Mit manchem istdas gelungen, mit manchem nicht. Manches ist eher künstlichgemacht, und das mag der Zuschauer auch nicht. Die Autossind sparsamer, okay, aber ist das attraktiv, wenn ein Renn-fahrer, der dafür gebaut ist oder gemacht ist, ein Auto soschnell wie möglich zu bewegen, am Ende der Geraden vomGas gehen muss, damit er mit seinem Sprit im Auto hin-kommt und die Zielflagge sieht? Eigentlich nicht. Damit kannsich kein Fan ...

... außer Claudia Roth vielleicht ...

... identifizieren. Ich bin da eher klassisch und konservativ.

Ihr ehemaliger Teamkollege Mark Webber ist sehrglücklich in der Le-Mans-Serie. In dieser Rennserie gibtes mehr pures Racing. Kann die Formel 1 davon lernen?Manche Rennen sind sehr gut, andere nicht so gut. Das warschon immer so, das war auch in den 80er-Jahren so. InWahrheit, wenn der Zuschauer von heute sich ein Rennen ausdieser tollen Zeit oder vom Anfang der Nullerjahre anschaut,er würde einschlafen. Also es passiert schon deutlich mehrund viel und meiner Meinung nach auch genug. Aber dieUndurchsichtigkeit aufgrund des Reglements verhindert die

s war ein guter Start in dieneue Formel-1-Saison. Nahezu mühelos fliegt Sebastian Vettel inseiner „Margarita“ an den beiden vor ihm in der ersten Startreiheanrollenden Mercedes vorbei. Und als ob das nicht Sensationgenug wäre, lässt auch noch Kimi „Iceman“ Räikkönen die sonstso schmerzhaft überlegenen Silberpfeilen hinter sich. Dass es amEnde „nur“ ein dritter Platz wurde, war wohl eher einer ziemlichexotischen Reifenstrategie geschuldet und einem störrischen linkenVorderrad beim Boxenstopp. Und als ob das nicht verflixt genugwäre, rutschte Vettel am Ende noch einmal von der Strecke undüberließ seinem bislang größten Rivalen Lewis Hamilton Platzzwei. Aber Vettel hat gute Laune. Der Speed der Ferrari passte.Auf dem Podest scherzte er mit seinem Ex-Teamkollegen MarkWebber, mit dem ihn eine – nunja – ziemlich leidenschaftlicheRivalität verbannt, fuckfinger, Flüche und literarisches Nacht-reten inklusive. „Schade, dass du nicht mehr mein Teamkollegebist“, grinst er den Australier an, der die Podiumsinterviewsdurchführen durfte, nachdem Vettel ihn mit Champagner getaufthatte. „Willst du mehr?“, fragt Vettel und Webber flachst zurück.„Nein, nein, ich werde ziemlich schnell betrunken.“ Vettel trocken:„Ich weiß – und dann singst du `Summer of 69'.“

Diese kulturelle Referenz ist bei Vettel kein Zufall. Der Hinweisauf den wirklich schlimmen Bryan-Adams-Song ist Aufschein vonVettels breit angelegten Referenzräumen. Noch subtiler, fast kon-zeptuell, war sein Gag direkt nach dem Rennen kurz vor der Sie-gerehrung. Da warf er Hamilton dessen Zweitplatzierten-Cappywuchtig in den Schoß und spielte damit auf jene Szene vor knappeinem Jahr in Austin an, als der gerade frischgebackene ChampionLewis Hamilton mit dieser respektlosen Geste seinen unterlegenenTeam-Kollegen Nico Rosberg auf die Zinne brachte. Vettel spürte,dass diese Saison anders werden könnte als die Jahre zuvor mitder etwas öden Mercedes-Dominanz.

Vettel ist ganz bei sich. Souveräner als alle anderen Team-kollegen zusammen, abgesehen vom skandinavischen Stoizismuseines Kimi Räikkönen, scheint er dem Klein-Klein des Betriebsentrückt. Er gibt weniger den Streber als den Elder Statesman undPhilosophen. Als solcher war er ziemlich außer sich über die sinn-losen Neuerungen beim Qualifying, die, wie die FAZ vermutete,einen „Kampf den Schnellsten“ anzetteln sollten und in peinlichenRiten endeten.

Wenige Tage vor dem Saisonstart fanden in Barcelona dieletzten großen Testfahrten aller Teams auf der katalanischenFormel-1-Strecke statt. Vettel war auch hier ein gefragter Mann.Dutzende von Fernsehteams, Heerscharen von Fans, die Entoura-gen von Sponsoren und Ferrari-Kunden. Vettel aber ist die Ruheselbst. Zum Interview erscheint er trotz eines ordentlichen Tages-programms entspannt; gut gelaunt wie ein Mann, der ausgeschla-fen den Dingen entgegensieht.

PS WELT: Wird es was mit dem Titel in der Formel 1dieses Jahr?Sebastian Vettel: 2015 hat auch dem ganzen Team sehr gutgetan, weil die Jahre davor doch ein bisschen schwer waren.Wir konnten wieder ein bisschen aufatmen. Die frühen Erfol-ge, das Podium im ersten Rennen, der Sieg im zweiten Ren-nen haben sehr viel Druck genommen. Es war eine Saison, woman eigentlich keine Erwartungen hatte, aber paradoxerweisedeswegen die Erwartung hatte, dass es auf jeden Fall deutlichbesser laufen sollte als das Jahr davor. Das ist gelungen. Des-wegen ist jedem hier das Ziel für 2016 schmackhaft gemachtworden. Dafür geben wir alles. Unser Team ist auf einemguten Weg. Natürlich ist im Moment Mercedes an der Macht.Seit der Reglement-Umstellung haben sie einfach die Nasevorne – aber sie sind nicht unschlagbar.

Welche der zuletzt unendlich vielen Reglement-Umstel-lungen meinen Sie?Die seit 2014. Mit dem neuen Antriebsstrang und so weiterwar Mercedes von Anfang an sehr, sehr stark und lange Zeitunschlagbar. Ich hoffe, dass sich dieses Jahr das Blatt wendet,dass wir deutlich näher dran sind. Wenn wir näher dran sind,haben wir die Möglichkeit, sie zu ärgern, unter Druck zu set-zen. Dann ist alles offen.

Die Reglement-Umstellungen nerven viele Fans.Kann ich verstehen. Ich stehe dem Ganzen sehr kritisch

gegenüber. Ich liebe den Sport, ich verbringe in ihm einenGroßteil meines Lebens. Ich habe sehr, sehr großes Glück. Ichhabe viele andere gesehen auf meinem Weg, die es vielleicht

SEBASTIAN VETTEL IST VIERFACHERFORMEL-1-WELTMEISTER, HESSE, FAMILIENVATERUND DIE GROSSE HOFFNUNG ITALIENS, FERRARIWIEDER GROSS ZU MACHEN. ER IST PETROLHEADUND HAT EINE KULTURPHILOSOPHISCHE ADER. EIN GESPRÄCH ÜBER KARTFAHREN, KIMIS HUMORUND WARUM EIN F40 IN SEINER GARAGE STEHT.

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DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG4

VON ULF POSCHARDT

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SONNTAG, 10. APRIL 2016 5

Leicht genervt: Sebastian Vettelwährend des Qualifying zum ersten Grand Prix der Saison inMelbourne. Wie fast alle Fahrer ist Vettel ein Kritiker des neuen Ausscheidungsmodus

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DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG6

WENN ES STINKT, WENN ES QUALMT, WENN ES TROPFT: HERRLICH.

Identifikation. Die Teams sind mitschuldig, weil sie alleszunageln im Vergleich zu früher. Das ist logisch, weil so vielEntwicklungsarbeit und Gedankengut in jedes erfolgreicheAuto geflossen sind, dass man das auch schützen will. Damitwird die Technik abstrakt und unsichtbar, das ist selbst fürTechnikaffine problematisch. Der Zuschauer, der das Glückhat, an die Rennstrecke zu kommen und in die Garage zugehen und zu sehen, was überhaupt unter der Haube pas-siert, der sagt: Wahnsinn. Das gibt es ja gar nicht. Das ist jawie eine Rakete. Das ist wie Raketenwissenschaft. Auch dermodernste Supersportwagen ist ein Trabbi dagegen.

Auch ein F12 TdF?Der auch. Es ist wirklich ein ganz anderer Planet. Aberbraucht es diese Raketentechnik? Braucht es das für gesun-den Rennsport? Meiner Ansicht nach nicht. Es geht auch vieleinfacher, viel billiger – und damit würde es allen untermStrich vielleicht besser gehen. Politik war schon immer eingroßer Teil der Formel 1 ...

Exemplarisch steht dafür Ayrton Sennas Kampf gegenden damaligen FIA-Chef Jean-Marie Balestre...Wir müssen einfach aufpassen, dass die Formel 1 nicht ihrGesicht verliert. Drei Wochen vor Saisonstart das Qualifying-Format zu ändern, allein das war schon Quark. Das ist un-term Strich einfach peinlich. Leider sind wir als Fahrer nichtso involviert wie wir es vielleicht gerne wären. Wenn manbeim Fußball ständig das Tor vergrößern oder verkleinernwürde, das Feld größer oder länger machen würde, je nach-dem, ob ich fitte Spieler oder einen tollen Torwart hätte ...Das ginge doch auch nicht, da würde keiner mehr durch-blicken. In den letzten Jahren ist in der Formel 1 sehr vielpassiert. Manches ist gut. Anderes war ein Schritt zu viel.

Viele Formel-1-Fans flüchten in die Vergangenheit: alteGrand-Prix-Filme, die romantische Vergangenheit desMotorsports, wo die Piloten wie mittelalterliche Ritterüber glamouröse Bühnen schreiten – mit Frauen wäh-rend eines Le-Mans-Rennen Abendessen gehen, kras-se Dialoge in der Boxengasse führen, rauchen, trinken.Es war einfach eine andere Zeit. Es gibt Dinge, über die manschmunzelt und sagt, wie blöd waren die. Blöd im Sinne von:Wie primitiv war die Arbeitsweise? Aber zu der Zeit wussteman es nicht besser, damals war das topmodern und dasBeste, was es gab. Vielleicht lacht man in 20 bis 30 Jahrenüber uns.

Ayrton Senna hatte vor seinem Tod erklärt, dass er nir-gendwo so glücklich war wie zu der Zeit, als er Kartsgefahren ist.Beim Kartfahren steht der Fahrer im Vordergrund. BeimMaterial gibt’s nur kleine Unterschiede. Natürlich hat dieFormel 1 immer schon Unterschiede gehabt vom bestenzum schlechtesten Auto. Wenn jetzt alle mit dem gleichenAuto fahren würden, dann wäre es in dem Sinne nicht mehrdie Formel 1, aber ich glaube, was uns Fahrer einfach be-geistert, ist wenn wir an unser Limit gehen müssen. Und unsdorthin pushen können. Das ist eben im Moment so einbisschen in der Diskussion, die der Mark wahrscheinlichauch angesprochen hat, mit den Reifen: Dass die Reifen sehrstark abbauen und dass man dann einfach rumrutscht. Nichtmehr die Haftung oder den Grip hat, der einen wirklich anskörperliche Limit bringt und auch an das persönliche Limitbringt. Dass man sagt, ich traue mich jetzt nicht mehr,schneller durch die Kurve zu fahren, auch wenn das Auto dasvielleicht kann. Und diesen Punkt zu überwinden – darumgeht es. Da wird das Adrenalin ausgeschüttet. Beim Kartfah-ren geht es eigentlich ständig um die gewählte Linie und dieÜberwindung jenes Punktes, für den du Eier in der Hosebrauchst. Das ist der Kern des Motorsports und den sollteman nicht aus dem Auge verlieren.

Wenn Sie eine Zeitreise machen könnten, gegen wenwürden Sie denn gerne mal fahren?Das ist sehr schwer zu beantworten. Das Fahren in den 50er-war ganz anders als in den 70er-Jahren, in den 90er-Jahrenanders als heute. Die Zeit, in die ich gerne mal schlüpfenwürde, wäre Anfang der 90er-Jahre, weil die Autos noch sehr,sehr roh waren. Aber auch extrem schnell, auch in den Kur-ven.

Gegen Senna zum Beispiel?Klar, gegen Senna, Mansell, Michaels Anfangszeit. 1990 bis1995 war eine Hochzeit.

Sie sind Hesse und haben sich sehr über den überra-schenden Erfolg des SV Darmstadt gefreut. Er verkör-pere für Sie die Kraft dessen, was eine Mannschaft seinkann: elf Freunde. Das vermissen Sie in der Formel 1.Glauben Sie, früher gab es mehr Kameradschaft unterden Fahrern?Absolut. Das hat auch damit zu tun, dass unser Sport siche-rer geworden ist.

Sie meinen, man wusste nie, wen es als nächsten erwischt?Klar, so etwas schweißt zusammen. Wenn man im Raum sitztund kennt sich, aber die Woche drauf fehlt einer, fehlen zwei,ist nicht lustig. Das möchte ich mir nicht vorstellen. Aber sowas schweißt zusammen. Dann kleinere oder primitivereGründe: Die Rennen waren schon rund um die Welt verteilt,es gab aber nicht so viele Flugverbindungen. Also war manzwangsweise irgendwie immer auch im selben Flieger. Es gabnicht so viele Hotels, vor allem in der Nähe der Rennstrecke.Also war man zwangsweise immer im selben Hotel. Manhatte weniger Meetings, nicht so viele Sponsoren, nicht soviele Dinge, um die man sich abseits der Rennstrecke küm-mern musste. Die berühmten Bilder, als die Fahrer ausgestie-gen sind, eine geraucht und vielleicht dem Fahrzeugtech-niker gesagt haben, ja, es rutscht ein bisschen, aber was wol-len wir machen? Wir können eh nix machen, schauen wirmal, wie morgen das Wetter ist. So auf die Art.

Diese Bilder sind heute weit weg.Der Sport hat sich extrem gewandelt. Ich finde es generellschade, weil ich glaube, wir haben alle was gemeinsam, wasuns verbinden sollte. Selbst wenn man sich jetzt mit demeinen oder anderen nicht so versteht teilt man ja doch einenGroßteil seiner Interessen. Aber da man heute so abgekap-selt ist, jeder ist in seinem eigenen Team eingespannt, jederwohnt woanders, jeder macht sein eigenes Ding. Schadeeigentlich.

Egal wie heiter und spaßig der Ton Vettels ist, mit dem erdie Welt kommentiert, in ihm arbeitet stets das Hirn einesernsten Konservativen. Sein Sinn für Sprache und Dialekteist mittlerweile berühmt-berüchtigt. Beim Chefevangelistender Benzinreligion, Jeremy Clarkson, verblüffte er ein ur-britisches Publikum, das eigentlich am liebsten lacht, wennsich Deutsche (bis auf die Knochen) blamieren. Vettel fährt

nicht nur die bis dato schnellste Runde in einem miesenSuzuki Liana, sondern hat unterschiedlichste britische Ak-zente drauf. Als er beim Erzählen einer Anekdote den Akzentvon Nigel Mansell, dem Weltmeister von 1992, nachmachtund wie der seinem Kollegen X erzählte, warum er in einerKurve einfach seine E*** über das Lenkrad hängt und eineschnelle Gerade fährt, wo andere vorsichtiger die Kurvennehmen, tobt das Top-Gear-Publikum. Vettels Jahre bei RedBull, einem Rennstall, der in Milton Keynes angesiedelt ist,haben ihn den Humor und die Pointensicherheit der Britenaufsaugen lassen. Anders als bei Michael Schumacher pass-ten die Schwingungen gut zueinander.

Deswegen nennt sich Vettel auch Petrolhead – im voll-umfänglichen Sinne dessen Bedeutung.

Wie übersetzt man den Begriff Petrolhead am bestenins Deutsche?Die beste, weil passendste, Übersetzung ist „Benzin im Blut“.Entweder man hat eine Begeisterung für das Automobil odernicht. Es gibt viele Arten, diese Begeisterung auszuleben:Motorsport ist die eine Art. Sein Auto zu tunen, zu pflegen,stolz auf sein Auto zu sein, sind andere Arten. Unsere heuti-ge Generation ist anders als frühere Generationen, für diedas Auto eine zentrale Rolle spielte. Was schade ist, denn alsDeutsche haben wir aus der Geschichte heraus einen starken

Bezug zu Autos. Bei mir war das so: Kaum war ich 15 Jahre,hatte ich den Mofaführerschein, mit 16 den Rollerführer-schein und 125 er-Führerschein und mit 18 dann Auto, Motor-rad. An meinem Geburtstag bin ich auf die Zulassungsstelleund habe mir meinen Führerschein geholt.

Sie durften schon mit 17 den Führerschein machen.Oder?Stimmt. Ja. Den Autoführerschein hatte ich schon ein biss-chen früher. Es war der erste Schritt in die Freiheit.

Die Engländer zelebrieren ihre Petrolhead-Kultur sehroriginell, zum Teil anarchisch. Wie unterscheidet sie dasvon den Deutschen?Da ich mich, seit ich klein war, im Motorsport bewege, binich eigentlich stets auf Leute getroffen, die ähnlich infiziertwaren wie ich. In der Formel 1 ist die Auto-Obsession fürviele ein Job mit einem regelmäßigen Gehalt, aber eben auch

viel mehr als das. Wenn man das Gehalt auf die Stundenherunterrechnet, können unsere Mechaniker oder Ingenieurewoanders wahrscheinlich mehr Geld verdienen. Aber darumgeht es nicht. In der Formel 1 können sich Petrolheads aus-toben. Die Deutschen sind dabei mit am zurückhaltendsten.Der Engländer gibt eigentlich immer Gas.

Die britischen Fans laufen hier bei den Testfahrten trotzeher winterlicher Temperaturen mit kurzen Hosen undT-Shirts rum. Knallrot im Gesicht.Das ist auch typisch für englische Teams. Man ist in Spanien,deswegen trägt man kurze Hosen, auch wenn es morgensvier Grad sind. Der Italiener ist noch mal ganz anders auto-verrückt. Für den ist Ferrari eigentlich eine Religion.

Apropos England: Dass Sie den britischen Humor mö-gen, hat man an Ihrem Auftritt bei Top Gear gesehen.Haben Sie das geübt?Nein. Ich hatte natürlich ein paar Folgen gesehen. Aber ich

habe mich nicht darauf vorbereitet. Da ich zu dem Zeitpunktschon viele Jahre in England war, wusste ich, dass sich Eng-länder eigentlich ständig über sich selber lustig machen. WasDeutschen eher nicht so liegt.

Warum eigentlich nicht?Deutsche können einfach nicht so über sich selber lachen. Daist der Engländer viel entspannter. Er kann gut austeilen,aber er kann auch sehr gut einstecken.

Sie haben Jeremy Clarkson sein Alter reingerieben, da gäbe es bei Thomas Gottschalk wohl frostige Stimmung.Mir liegt das Englische. Auch dieses politisch Nicht-Korrekteliegt mir sehr. In der vielen Zeit mit dem Team und denMechanikern in der Garage blödelt man halt viel rum. Eswird viel gearbeitet, aber für mich ist ganz wichtig, dass mansich auch gut versteht, dass man Spaß dabei hat. Wenn ich inein Büro gehen würde und dort nur Leute wären, die zwarauch dort arbeiten, aber mit denen ich eigentlich nichts teileoder nichts zu tun habe, wäre das für mich extrem lang-weilig. Ich muss nicht bei jedem sagen, ist mein besterFreund. Aber dass man miteinander auskommt und auch malwas zusammen unternimmt.

Gehen Sie mit Kimi was trinken?Ja, kommt auch mal vor. Kimi hat einen anderen Sinn fürHumor ...

... der ist eher Buster Keaton?Sehr finnisch. Die Finnen sind noch viel trockener als dieDeutschen.

Sie interessieren sich für Sprachen. Da gehört die fin-nische sicher zu den eigenwilligsten. Sie jubeln nachSiegen schon auf Italienisch. Warum?

BEIM KARTFAHREN GEHT ES EIGENTLICH STÄNDIGUM DIE GEWÄHLTE LINIE UND DIE ÜBERWINDUNG

JENES PUNKTES, FÜR DEN DU EIER IN DER HOSE BRAUCHST.DAS IST DER KERN DES MOTORSPORTS.

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Nicht um zu zeigen, dass ich es ein wenig sprechen kann,sondern aus Respekt vor der Tradition. Es ist ein italieni-scher Rennstall, er ist für Italien eine Religion. Nicht jederspricht Englisch.

Geben Sie schon Interviews auf Italienisch?Ich verstehe die Fragen. Ein bisschen kann ich antworten.

Auf Jürgen-Klopp-Englisch-Niveau?Verstehen kann ich schon sehr viel. Aber ich bin auch einbisschen faul beim Vokabellernen.

Ferrari und die Deutschen, das hat eine große Tradition.Als Michael Schumacher beim Skifahren verunglücktwar, standen vor allem italienische Fans vor dem Kran-kenhaus in der Schweiz. Das war sehr beeindruckend.Auf jeden Fall. Die großen Erfolge, die Michael mit demTeam zusammen hatte, prägten eine ganze Ära. Er hat Ferra-ri praktisch gerettet und nach einer dunklen Zeit wieder ansLicht geführt hat. Die Leute sind ihm dafür bis heute sehrdankbar. Aufgrund seiner Persönlichkeit – nicht nur auf-grund der Erfolge – bedeutet er den Leuten hier immer nochsehr, sehr viel. Sein Schicksal ist tragisch. Und für viele Leutehier bleibt es sehr hart, wenn sein Name dann fällt. Denjeni-gen, die mit ihm gearbeitet haben, schießen dann direkt dieTränen in die Augen. Das hat nix mit irgendeinem Pokal,irgendeinem Sieg oder einer Weltmeisterschaft zu tun. Dasist viel mehr. Die Italiener und die Ferraristi haben eineechte Beziehung zu Michael. Vielleicht hat das auch mit derLeidenschaftlichkeit der Italiener zu tun. Ich will die Deut-schen nicht kritisieren, die Kulturen sind nur ganz anders;wenn man in ein italienisches Restaurant geht, dann ist derEmpfang ein anderer als in der deutschen Kneipe nebenan.

Ferrari steht für diese Exzellenz des Leidenschaftlichen.Was wäre Ihr Lieblings-Ferrari aller Zeiten, wenn Ihnenjemand sagt, so, den kriegst Du jetzt in die Garage?F40. Der steht aber in meiner Garage (lacht).

Wirklich?Ja. Der war immer der, der schon auf dem Spielzeugteppichgewonnen hatte. Ich bin mir meines Glückes bewusst. Dazuzählt unter anderem auch, dass ich mein Spielzeugauto inEchtgröße haben kann.

Dürfen Sie auch andere Ikonen gut finden, die nichtFerrari sind? Einen Miura, einen 911?Das sind wunderschöne Autos. Jede Zeit hatte ihre Gesichterund die Autos, die sie geprägt haben, da könnte ich jetzt eineganze Liste aufschreiben mit schönen Autos. Einerseits vonden Formen, aber auch von der Technik. Es ist ein bisschenschade, dass heute die Formen der Sportwagen nicht mehr so(elegant) sein können wie früher, allein aufgrund der Sicher-heitsstandards. Der Porsche 911 ist natürlich eine Ikone.Mercedes hatte auch wunderschöne Autos. Den 300 SLRoadster zum Beispiel. Aber auch später den Pagode. MeinVater fuhr früher einen Pagode. Aus den Zeiten der DTM inden 90er-Jahren erinnere ich mich gerne an den MercedesEvo. Aber auch ein Einser Golf Cabrio hat auch seinen Reiz.Es kommt immer drauf an, was. Es muss nicht immer nurPower und schnell und groß sein.

Vettel muss weiter. Mist, wir waren gerade mittendrin. Aber dieFernsehsender drängen. Und das Fernsehthema ist das Reich vonHypermogul Bernie Ecclestone. Es wird dann schon langsam spät,aber Vettel bleibt nicht nur freundlich und verbindlich, sondernschafft es, jedem Kameramann, jeder auf Angriff blondiertenFernsehmoderatorin einen Hauch Charme und Herzlichkeit zu-zuteilen, der alles viel lockerer und geschmeidiger laufen lässt. DieItaliener nennen ihn einfach „Seb“ und stellen ihre Fragen gerneauf Italienisch. Vettel macht das ziemlich locker und selbstbe-wusst. Danach ist Teammeeting, wir verabreden uns zum Abend-essen im Ferrari-Zelt. Ein sehr exklusiver, ultraroter Bereich desFormel-1-Zirkus. Während andere Teams Journalisten geradezu inihre hospitality locken, ist Ferrari im Erstkontakt etwas mürrischund megastolz.

Macht das alles aber noch viel schöner. Und besonderer. Unddas Essen ist exzellent. Hinter dem Zelt ist eine alte Küche, wie ineiner Trattoria aus der Emilia Romagna. Es gibt frischen Fischund leichte Pasta. Der Nachtisch macht süchtig. Spät kommtVettel. Wir sprechen jetzt über andere Themen.

Es hat sich herumgesprochen, dass Sie sich um dasZusammenleben der Menschen Gedanken machen.Facebook-Gründer Mark Zuckerberg ist nur gut dreiJahre älter als Sie und verändert die Welt. Wie nehmenSie eine Figur wie ihn wahr?Inwieweit der damals Facebook selber ins Leben gerufen hatoder ob es seine ehemaligen Kumpels waren, da gibt es jaGerüchte, keine Ahnung. Aber lassen wir es mal so stehen. Erhat Facebook erfunden. Und damit mit Sicherheit einengrößeren Wandel herbeibeschworen als jeder es sich hätte

Das Kind und sein Idol: Die größ-te Auszeichnung für den Teen-ager Sebastian waren nicht diePokale, sondern das Foto mitMichael Schumacher, der VettelsPotenzial früh erkannt hatte

Leidenschaft: Vettel liebt dasMotorradfahren, hier auf einem Museumsstück, einerScott Flying Squirrel (fliegendesEichhörnchen) von 1938

Gut gelaunt: Mit Red Bullwurde Vettel viermal Weltmeister, mit Ferrari (noch) nicht

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WELT AM SONNTAG8

denken können. Facebook ist ein Phänomen, was dann Dingewie Twitter und Instagram losgetreten hat.

Die Erfindung der sozialen Netzwerke.Erfunden oder in die Wege geleitet. Es gibt mit SicherheitAspekte, die toll sind, aber ich bin kein großer Fan davon. Ichhabe nicht den Drang, mich permanent mitzuteilen. Wennman argumentiert, dass es toll sei, Leute wiederzufinden, dieman aus dem Blick verloren hatte, klingt das gut. Doch üb-licherweise verliert man sich nicht ohne Grund aus demBlick. Es gibt immer einen Grund, warum ich mit denen nixmehr zu tun habe. Wenn ich die wiedersehe aus Zufall, okay,schön, dann kann man kurz miteinander reden; wenn sichdaraus etwas ergibt, Freundschaft, keine Ahnung was, dannsoll es so sein. Ansonsten ist es halt nicht so.

Es gibt Menschen, die finden, durch Facebook würdedie Welt sozialer. Die Leute erfahren auch mehr überihre Stars und von denen.Das ist doch alles nicht real. Was wird denn da alles gepos-tet? Ich habe da kein großes Bedürfnis. Nur weil ich viel-leicht bekannter bin als der vermeintlich Normale, erst rechtnicht. Ich bin ein normaler Mensch wie jeder andere auf derStraße auch. Ich bin nichts Besseres, nur weil ich schnellerAutofahren kann als andere Leute. Ich bin kein Held, ichrette keine Leben.

Die versüßen Ihren Fans das Leben, mir zum Beispiel.Mag sein, aber so sehe ich mich. Diese Generation, die stän-dig Bilder von sich macht, ist mir ein Rätsel. Ich war letztensim Restaurant, und am Nachbartisch saß ein Pärchen, dasständig Fotos gemacht hat vom Essen ...

Nicht von Ihnen?Nein. Die haben dann diese Bilder zu ihrer Freundin oderwem auch immer hingeschickt. Da geht viel verloren. Mankommt nicht nach Hause und erzählt der Freundin, oh, dasEssen war aber wunderbar. Dafür fehlt mittlerweile auch dieSprache. Es wird zweitrangig, das Geschmackserlebnis –wenn es denn so toll war – zu beschreiben, man hat das Bildja schon geschickt. Die andere Person weiß bereits alles. Esmuss etwas Neues passieren. Dieser Druck, der entsteht, weilalle sich ständig mitteilen müssen, der ist schlimm.

Es gibt auch eine Gegenbewegung: Während sich Teiledes Lebens digitalisieren, wird altes Eisen neu gewert-

schätzt. Stichwort: Vintage-Boom.Ich habe einen Bekannten, der ist Hotelier. Sein Hotel so zuführen wie vor 20 Jahren, das funktioniert nicht mehr. Sichaus den ganzen sozialen Netzwerken und so weiter raus-zuhalten geht zwar – aber ein Großteil des Geschäfts gingeverloren. Ich nutze das Internet ja selber. Wenn ich nachParis fahre, dann gucke ich online, welches Hotel mir gefällt.Und die Hotels leben eben davon, bei Google gut gelistet zuwerden und so weiter. Es ist heute extrem wichtig für Fir-men, für Konzerne, im Internet und in den sozialen Netz-werken präsent zu sein: Wenn das nicht der Fall ist, dannfinden sie einfach nicht statt. Ich hadere damit.

Und was ist mit der Romantik des Vintage?Das ist einfach jetzt gerade modern, weil die ganze Welt sichda reingesteigert hat. Offline ist der neue Luxus. Okay, wa-rum will ich es dann posten? Ich kann doch einfach offlinesein. Brauche ich ja nicht jedem mitzuteilen, dass ich michjetzt zurückziehe. Ist ja auch wieder ein Widerspruch in sich.Dann ziehe ich mich doch einfach zurück und genieße denLuxus, wenn es denn der neue Luxus ist. Was auch wiederQuark ist, weil das Rad ja nicht neu erfunden wird. Zu sagen,am Sonntag mach ich jetzt zu und gehe nicht ans Telefon –das hat mir meine Großmutter schon erzählt, als ich Kindwar. Heute bekommen gewöhnliche Dinge einen Titel undschon sind sie cool.

Ich weiß, ich nerve. Was ist mit Vintage?Auch so ein Name. Ich liebe alte Motorräder, die alte Technikist cool. Dennoch geht es nicht um das Zurückgehen in derZeit. Ich finde auch neue Autos, neue Motorräder schön,schade ist nur, dass man die Technik heute fast nicht mehrgreifen kann. Macht man die Haube auf, blickt man weit-

Lässig: Sebastian Vettel gingdie Saison 2016 in Melbourneoptimistisch an, doch beimersten Rennen der Saison konn-te er die Mercedes noch nichtschlagen und wurde Dritter

Glücklich: Nach dem GP vonIndien 2013 stand es fest – Vettel war Weltmeister, zumvierten Mal hintereinander

1991

2003

2007

2008

2010Erste

Runden im Kart

Einstieg indie Formel

BMW

Erstes F1-Rennen

(BMW Sauber)

Erster GP-Sieg

(Toro Rosso)

ErsterWM-Titel

(Red Bull)

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gehend auf Plastikverkleidungen. Wenn mal was nicht funk-tioniert, fährt man in die Werkstatt, da kommt einer undsteckt den Stöpsel rein. Ich finde das schade, weil mich Tech-nik begeistert. Wie gesagt, ich habe Benzin im Blut. Wenn esstinkt, wenn es qualmt, wenn es tropft: herrlich. Es gibt keinaltes englisches Motorrad, das nicht tropft. Wenn es nichttropft, dann ist es kaputt. Dann muss man sich wirklich Sor-gen machen. Das finde ich gut – aber nicht, weil das jetztVintage ist.

Okay, ich ziehe das Wort zurück.Nein, nein, ich hab damit auch kein Problem. Alles wird gera-de auf alt gemacht, ob bei Häusern, bei Fassaden oder innendie Wände und Böden. Finde ich cool, diesen Shabby Chic.

Wenn alles digital ist, freut man sich über jene Dinge,die nicht digital sind.Man begibt sich in diesen Teufelskreis, permanent seineE-Mails zu beantworten, permanent erreichbar zu sein, per-manent sich mitzuteilen. All die Plattformen, wo man dieseFotos hinstellt, um zu zeigen, wie toll man ist und wie tollman es ja eigentlich hat. Ist ja Quark, weil jeder weiß, dassdas Leben manchmal auch nicht so toll ist. Und dass nichtjeden Tag die Sonne scheint, die perfekte Aussicht aus demFenster da ist. Dies perfekt, das perfekt. Quark.

Man kann alles photoshoppen.Oder den Filter drüber legen. Jeder weiß ja, dass er morgensvielleicht nicht so gut aussieht im Vergleich zu abends, wenner sich schick gemacht hat. Die Vorbilder, die Jugendliche(aber nicht nur die) heute haben, leben ja davon, dass siesich permanent perfekt präsentieren und zeigen. Damit las-ten sie dem Fan extremen Druck auf, weil er versucht, demnachzueifern, um perfekt zu sein. Und immer irgendwie neu.Mir wäre das zu anstrengend.

Wie sehen Sie die Zukunft der großen digitalen Playerwie Facebook, Twitter oder Google ?Das ist für mich ein sehr, sehr interessantes Thema und ichunterhalte mich darüber sehr oft. Ich bin weder Genienoch Wirtschaftsexperte, aber wenn man sich die Konzer-ne mal anschaut, das sind ja allesamt Unternehmen, dieeigentlich nix produzieren. Mir ist schon bewusst, dassderen ökonomische Werte messbar sind und in gewisserWeise real, aber eigentlich ist es für mich nichts, weil nixGreifbares dabei rauskommt. Anders als bei Mercedes-Benzzum Beispiel, die soundsoviele Autos produzieren. Zudemfinde ich bei Google die Monopolstellung ungesund. Abervielleicht bin ich da altmodisch undkonservativ.

Sind Sie Kulturpessimist? GuckenSie in die Zukunft mit dem Gefühl:Alles wird gut – oder eher schlech-ter?Das ist sehr philosophisch. Ich kannes vor allem an der Zukunft des Autosanalysieren. Auto aus der Steckdosezum Beispiel sind natürlich für jedeninteressant, weil sie nicht stinken.Aber irgendwo anders stinkt es dafür.Also ist das Problem nicht gelöst,sondern nur verlagert. Und in Wahr-heit ist es nicht ökologisch, grün: DerProzess zur Herstellung einer Batte-rie ist nicht grün, die Batterie zuentwerfen ist nicht grün, die Batterieaufzuladen kostet Strom. Für mich istein Auto der erste Schritt in die Frei-heit. Ich kann heute entscheiden, ichfahre nach Barcelona oder nach Parisoder London. Ich fahre dahin, wo ichmöchte. Ich fahre los, und wenn ichkeinen Sprit mehr habe, tanke ich aufund fahre direkt weiter. Natürlichsind wir im Moment noch ein biss-chen davon entfernt, das Elektroauto in nur fünf Minutenaufzuladen und wieder weiterfahren zu können. Es ist abseh-bar, dass das besser wird. Im Moment muss man realistischbleiben und den Hype um das E-Auto hinterfragen. Die For-mel 1 spielt da eine gewisse Vorreiterrolle. Die ökologischeNote der Formel 1 darf den Kern des Sports nicht in Fragestellen. Wenn der Fahrer nicht mehr ans Limit gehen mussoder darf, weil er mit seinem Sprit nicht mehr hinkommt,dann entspricht das nicht dem Wesen des Sportes, wie ichihn kenne und liebe.

Ferrari werden intentional nie verschrotten, deswegenhaben sie eine Ökobilanz, die bislang kein Prius ein-

holen kann. Aber anderes Thema. Was wäre denn ausIhnen geworden, wenn Sie nicht Rennfahrer gewordenwären?Schwer zu sagen. Mein Werdegang hat sich früh entschieden.Nach dem Abitur bin ich mehr oder weniger direkt in dieFormel 1 eingestiegen. Bis dahin war für mich immer ganzklar, dass ich die Schule abschließe. Es gibt einige Kollege,die die Schule frühzeitig abgebrochen haben. Ich habe nichtdas beste Abitur, aber ich habe eines. Mit 2,8. Ich hab michnie darauf verlassen, irgendwann vom Rennfahren leben zukönnen. Man weiß ja nicht, ist man gut genug, schafft manden nächsten Schritt und so weiter und so fort. Deswegenhatte ich mich ganz normal umgeschaut nach Universitäten,was ich wo studieren könnte.

Was hatten Sie da im Blick?Ich hatte im Auge, Maschinenbau zu studieren.

Denken Sie darüber nach, was nach der Formel 1 seinwird? Oder ist das noch viel zu weit weg?Na ja. Ich werde ja auch älter. Es ist ganz wichtig, dass ichnach der Formel-1-Karriere etwas finde, was mir genauso vielSpaß bereitet wie das, was ich gerade tue. Abgesehen vondem Kick, dem Adrenalinkick und der Herausforderung, imAuto zu sitzen und zu fahren, gefällt mir generell die Arbeitund das Leben drum herum, glaube ich: mit dem Team zuarbeiten, zusammen etwas zu erreichen, aufzubauen. Wennman sich dazu entschließt, aufzuhören oder keinen Vertragmehr bekommt für die nächste Saison, dann muss man ir-

gendetwas machen. Man kann sich doch nicht auf die Couchlegen und sagen: Das war es jetzt. Wäre ja traurig. Ich findees eigentlich immer schön, wenn man etwas zu tun hat.

Kann es eigentlich für einen Petrolhead noch etwasGrößeres geben als Ferrari – oder ist das der Endpunkt?Na ja, so alt bin ich dann jetzt auch noch nicht. Ganz ehrlich,im Moment beschäftige ich mich nicht damit, wo ich sonstnoch fahren könnte. Im Moment ist für mich hier alles per-fekt. Ich fühle mich sehr wohl, kann mich sehr mit den Leu-ten, vor allem der Firma identifizieren. Jemand, der Benzinim Blut hat, ist zwangsweise auch Ferrari-Fan.

Irgendwann ist es dann richtig spät, und Vettel, der sichunglaublich geduldig auch Kulturpessimismus-Referate desInterviews angehört hat, bricht auf. Morgen früh testet er die„Margherita“, wie er seinen Dienstwagen für diese Saisonnennt. Weniger nach der Pizza benannt als nach einer italie-nischen Königin. Als Vettel aus dem Zelt tritt, ist es stock-dunkel, doch die treuesten der treuen Fans harren noch aus.

Vettel nimmt sich für sie Zeit, auchwenn man jetzt sehen kann, dass ergerne seine Ruhe hätte. Er bleibtfreundlich und die Fans können ihrGlück kaum fassen.

Nicht einmal 12 Stunden späterwiederholen sich die Szenen bevorVettel seine ersten Hot Laps inBarcelona dreht. Er tritt den Fansals bescheidener Superstar gegen-über. Freundlich, aber auch höflichdistanziert. Sein Team wartet aufihn. Kurz bevor es losgeht, sprinteter grinsend noch mal RichtungHerrenräume. Wenn er diese Saisonerfolgreich sein sollte, dann ist dasauch ein Ergebnis maximaler Lo-ckerheit. Nicht die extravaganteLockerheit eines Lewis Hamilton,der seine goldenen Jahre in derFormel 1 wie ein Popstar publikums-wirksam und show-offy inszeniert.

Vettels Lockerheit ist schon nachdem zweiten Rennen auf eine echteProbe gestellt. Der Motor der „Mar-gherita“ übersteht nicht einmal dieAufwärmrunde. Er muss den GrandPrix von Bahrain in der Boxengasse

verfolgen. Etwas fahl erzählt er den Reportern vom Leis-tungsabfall, dem Qualm, der fehlenden Chance. Dann lächelter wieder. Zehn Minuten nach dem bitteren Ausscheiden ister gedanklich beim nächsten Grand Prix in China,am 17. April. Ein Profi. Petrolheads in aller Weltdrücken ihm die Daumen. „Seb“ ist ihr Mann.

Stolz: 1999 gewinnt SebastianVettel mit 12 Jahren das NRW-Cup-Finale, ausgerechnet aufMichael Schumachers Kartbahnin Kerpen

MIR LIEGT DAS ENGLISCHE. AUCH DIESES POLITISCH NICHT

KORREKTE LIEGT MIR SEHR.

Sebastian Vettel wurde am 3. Juli1987 in Heppenheim (Hessen)geboren; er hat zwei Schwesternund einen Bruder. Sein Vater warAmateur-Bergrennfahrer und ließSebastian schon mit drei JahrenKarts fahren. Vettels Talent wur-de früh erkannt und sowohl vonden Eltern als auch später vonSponsoren gefördert. 2007 kamer in die Formel 1, von 2010 bis2013 holte er vier WM-Titel hin-tereinander. Er lebt mit seinerLebensgefährtin und der gemein-samen Tochter in der Schweiz.

VETTELS VITA

2015Wechsel

zu Ferrari

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Imago/ Herbert Bucco; xpb.cc/BMW Group; BMW Group ; Alessandro Garofalo/ Reuters; Getty Images; James Gasperotti/Zuma /pa

Cool: Beim Fotoshooting zuseiner Motorradfahrt Vettel im Stil eines Filmstars

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DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG10

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SONNTAG, 10. APRIL 2016 11

Das AUTOMOBIL in der KunstUnsere liebsten Werke in PETERSBURGER HÄNGUNG. Subjektiv, unvollständig, fabelhaft

REDAKTION ANDRÉ M. WYSTTEXT BETTINA SCHNEUER

DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG10

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SONNTAG, 10. APRIL 2016 11

Das AUTOMOBIL in der KunstUnsere liebsten Werke in PETERSBURGER HÄNGUNG. Subjektiv, unvollständig, fabelhaft

REDAKTION ANDRÉ M. WYSTTEXT BETTINA SCHNEUER

Page 8: %6 .$)45 6/4 /&6(*&3*( - Die Welt · FOTO RUBIO / WITTERS Thomas Faehnrich. eute, im Ernst, es reicht. Ich bin es unend-lich leid, fast täglich von einer Person A zu hören, dass

DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG12

abrios testen zum Frühlings-anfang. Das ist Kopfkino pur. Der Film beginnt mit einermorgendlichen Ausfahrt im Sunbeam Alpine Roadster. DerOrt: die Côte d’Azur. Die Außentemperatur: 24 Grad. Nebenmir die junge Grace Kelly, die mich mit Schlafzimmeraugenanschaut. Im Kofferraum ein Weidenkorb mit Schampus fürspäter. Mehr wäre gar nicht nötig. „Nee – warte – viel bes-ser!“, meint Bellberg und schildert mir seinen Traum vomCabriofrühling: „Wir fahren durch Hamburg, machen Halt amFischmarkt und gehen mittags in eine Truckerkneipe. Na???“„Ich weiß nicht, was ich mir Schöneres vorstellen könnte“,lüge ich, während die Traum-Grace allein und hämisch grin-send in meinem Sunbeam am Horizont verschwindet.

„Du darfst auch das rote Auto fahren“, meint Bellberg undzwinkert verschwörerisch. Warum nicht gleich so. Fisch-markt und Ferrari hören sich viel besser an.

Vier Wochen später schaue ich aus dem Hotelfenster. DasRiesenrad auf dem Hamburger Dom ist schemenhaft hintereiner Nebelbank zu erkennen. Zerzauste Möwen schlafen

Außerdem gibt es im Audi eine Sitzheizung, die ich mutigauf medium rare stelle. Dann wird es laut. Eine Symphonieaus Leuchtstoffröhren, Motorengeräuschen und Benzin-dämpfen macht die Fahrt durch die Elbröhre zu einem in-tensiven optisch-akustisch-olfaktorischen Erlebnis. Ich ge-nieße, was andere lästig finden. Und ich könnte mich wirk-lich an den roten Flitzer gewöhnen. Er passt wie ein Hand-schuh, und wenn man aufs Pedal tritt, geht er nach vorn wieein richtiger Sportwagen. Die Geräuschkulisse aus den vierRohren hält sich dabei übrigens eher in Grenzen. Der S5 istlange nicht so krawallig, wie die Abgasanlage vermuten lässt.

Wir erreichen die angekündigte Truckerkneipe und parkenunsere Flotte zwischen haushohen Volvos mit Kirmesbe-leuchtung. Im roten Cabriolet falle ich hier ziemlich auf. AlsAusgleich bestelle ich einen „Truckerteller“. Dazu singt Tam-my Wynette „Stand by Your Man“. Herr Broder, Bellberg undich schunkeln gedankenverloren ein wenig mit, während wirwieder auf Temperatur kommen.

Frühling in Hamburg im offenen Auto bei Nieselregen und Nebel? Das geht mit dem richtigen fahrbaren Untersatz. Mit dem Audi S5 Cabrio bin ich schnell warm geworden.Sogar bei 8 Grad.

Auf den Rücksitzen reicht der Platz für zwei Kisten Astraoder zwei gelenkige Hobbits. Menschen egal welcher Körper-größe sind dort nur schwer vorstellbar. Ein Dilemma, das derS5 mit zahlreichen anderen aktuellen Cabriolets teilt. Doch derAudi ist sowieso mehr Sportwagen als Familien-Cabrio.

Wir erreichen den berühmten Fischmarkt und parken ander Mole oder wie die Hamburger es nennen, wenn manwegen des Wassers nicht weiterfahren kann.

Audi, BMW und The Beetle sorgen hier für mindestens soviel Aufsehen wie die U-434, das russische U-Boot, das keinezehn Meter entfernt liegt.

Ich möchte jetzt Fischbrötchen – Bellberg möchte einenVergleichstest. Erste Disziplin: das Öffnen des Daches. Dafürbrauche ich im Audi nur einen einzigen Knopf in der Mittel-konsole zu drücken. Während sich das Audidach noch origa-miartig klein faltet, dröhnt es schon „Gewonnen!!!“ aus Bell-bergs Beetle. So viel schneller als meines kann das Dach desBeetle aber nicht gewesen sein.

Der BMW von Herrn Broder zickt derweil und bleibt wohlheute geschlossen. Erst nach einigem Hin- und Her faltetauch der Bayer mit der Haifischschnauze sein Dach ordent-lich zusammen.

Apropos Haifisch. Meine Fischbrötchen müssen warten,denn wir müssen weiter Richtung Elbtunnel. Den will ich alsechter Benzinkopf natürlich offen durchfahren. Wir sind janicht im Urlaub.

den Rausch der letzten Nacht an der Mole aus. Im Radiokommt die Meldung, dass die Hamburger bitte die Fenstergeschlossen halten sollen: Es gibt einen Chemieunfall amHafen. Und „leichten Nieselregen“. Na denn.

Zwei Stunden später. Um die Ecke steht das rote Auto.Und natürlich hat Bellberg mich reingelegt.

Der Rote ist ein Audi. Aber ein besonderer: das S5 Cabrio-let. „S“ steht dabei wahrscheinlich für schnell oder sau-schnell, denn der lippenstifttonige Beau bringt es mit seinensechs Zylindern auf anständige 333 PS oder 245 KW. Das istausreichend zum Mitschwimmen im Hamburger Stadtver-kehr und für die schnelle Wochenendtour nach Sylt.

Nach etwas Eingewöhnung gefällt mir die Farbe über-raschend gut. Vielleicht sehnt man sich in Zeiten der grauenEinheitslackierungen auch einfach mal wieder nach denKnallerfarben der 70er- und 80er-Jahre zurück. Nichts zumeckern also von außen. Fast nichts. Denn hinten untenerinnert mich etwas an längst vergangene Tuning-Sünden.Gleich vier (!) Auspuffrohre ver(un-)zieren das Heck desschönen Cabriolets. „Tut das not?“, würde der distinguierteHanseat mit leichtem Kopfschütteln kommentieren.

Im Innenraum finden sich nicht nur Audifahrer sofort gutzurecht. Die Ledersitze sind sportlich und trotzdem bequem,das Lenkrad griffig, die Armaturen zweckmäßig. Ein paarKnöpfe weniger hätten mir genügt, aber das ist sicherlichauch der üppigen Ausstattung des Testwagens geschuldet.

Hanseatisch,WELTOFFEN

CAudi S5 CabrioLeistung: 333 PS, Hubraum: 3 l, 0-100 km/h: 5,4 s, Vmax: 250 km/h, Grundpreis: 66.090 €

VONANSGAR FULLAND

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13 10.04.16 PSWHH-HPBELICHTERFREIGABE: -- ZEIT:::BELICHTER: FARBE:

SONNTAG, 10. APRIL 2016 13

eder Topf findet einen Deckel, jedeBraut einen Bräutigam und jeder Fahrer ein Auto, das zu ihmpasst. Markenartikel haben ein Image. Orte ebenso. Syltzieht ein ganz anderes Publikum an als Borkum, Leute, die inBaden-Baden kuren, wissen nicht einmal, wo Bad Oeyn-hausen liegt. Ist das schlimm? Spricht es gegen die Gesell-schaft? Muss da nicht dringend im Dienste der sozialen Ge-rechtigkeit „umfairteilt“ werden? Nein! Im Gegenteil. Mankönnte von einer gesunden Diversität sprechen. Oder wieman in Köln sagt: „Jeder Jeck ist anders!“

Was mich angeht, ich mag es gerne einfach und praktisch.Mein Ideal ist das Bauhaus. Nicht jene Konkurrenz vonHornbach, sondern die Architekturschule, die 1919 von Wal-ter Gropius in Weimar gegründet wurde. Klare Linien, rechteWinkel, keine Schnörkel. Keep it simple, stupid!

Mein erstes Auto war ein Opel Kadett A, ein Geschenkmeines Vaters zum bestandenen Abitur. Seitdem habe icheine Vorliebe für kantige Konstruktionen. Die Autos, die ichmir später gekauft habe, sahen alle wie Schuhkartons auf

Rädern aus. Der Suzuki Wagon R+, der Toyota Yaris Verso,der Materia von Daihatsu. Nicht besonders stylish, aberbequem, geräumig und pflegeleicht. Diese Minivans sind wieSchweizer Armeemesser. Sie stecken voller Überraschungen.

Im Wagon R+ war es ein unter dem Beifahrersitz versteck-ter Einkaufskorb. Beim Yaris Verso konnte man die Rücksitzekomplett im Boden versenken. Und der Materia ist ein ecki-ges Raumwunder, außen klein, innen riesig. Mein nächstesAuto wird der Cube von Nissan sein, obwohl er in Deutsch-land mangels Nachfrage nicht mehr angeboten wird.

Dabei bin ich kein Minimalist oder Purist. Ich bin nur einKleinbürgerkind, dem anerzogen wurde, dass man es nichtübertreiben soll. Meine Lieblingsmärchen sind bis heute„Des Kaisers neue Kleider“ und „Der Fischer und seineFrau“. Menschen, die den Hals nicht vollkriegen, sind mirebenso suspekt wie vorgebliche Feinschmecker, die sich ankleinen Portionen auf großen Tellern berauschen. Und bevorich es vergesse: Ich mag auch keine Designer-Hotels, die vonArchitekten eingerichtet wurden, die in den eigenen vierWänden dem Gelsenkirchener Barock huldigen.

Ich hole deswegen so weit aus, um zu erklären, warum ichmich eine Weile dagegen gewehrt habe, einen BMW 640d zufahren. Erstens kostet das Auto fast 90.000 Euro, also so viel wiezehn Fiat Panda, zweitens ist es ein Cabriolet, und drittens kannman darin weder ein Billy-Regal von IKEA noch einen jener„Türkenkoffer“ transportieren, mit denen ich so gerne verreise.

1. Voll motiviert mit Hund – im Ham-burger Dauernieselregen meditierenGuido Bellberg, Ansgar Fulland und Henryk M. Broder (v.l.) samt VW Beetle, Audi S5 und BMW 6er,kurioserweise mit Dieselmotor 2. Männer-Mittagessen mit mächti-gem Sättigungsfaktor und Country-Musik von Tammy Wynette 3. Der Trucker Treff ist ein echterGeheimtipp – außer bei Truckern 4. Das kann man schön finden, mussman aber nicht. Die Verdecklösung desBeetle erinnert zwar an vergangeneZeiten, ist aber durch die simple Tech-nik wenigstens schnell 5. Der Beetleist überhaupt ein flotter Geselle

Kalendarisch hat der Frühling endlichbegonnen, die Cabrio-Saison startet.Zeit für Henryk M. Broder, AnsgarFulland und Guido Bellberg, sich dreideutsche Vertreter der DACHLOSENFORTBEWEGUNG näher anzusehenund stilsicher Hamburg zu erkunden

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J VONHENRYK M. BRODER

FOTOS JOHANNES ARLT

Page 9: %6 .$)45 6/4 /&6(*&3*( - Die Welt · FOTO RUBIO / WITTERS Thomas Faehnrich. eute, im Ernst, es reicht. Ich bin es unend-lich leid, fast täglich von einer Person A zu hören, dass

DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG14

anche Dinge stimmen ein-fach nicht: Das hier ist kein Frühling. Und Hamburg ist nichtdie Cabrio-Hauptstadt Deutschlands. Außerdem ist meinBeetle kein Frauenauto, sondern ein Frauen-gefallen-Auto. Sowie Motten zum Licht und Männer zu Zwölfzylindern schwär-men, so zieht mein Cabrio die Blicke der Damen auf sich. Inmeiner Fantasie. Und die guten Menschen von Volkswagenhaben mich bestmöglich unterstützt: Mein Auto ist strahlendHellblau, eine Farbe, die an Baby-Strampler erinnert und hatvorne ovale Scheinwerferaugen und hinten feine Rundungen.Soviel Kindchenschema gibt es sonst nur bei wesentlich teure-ren Oldtimern. Öffnet man das Dach, erinnert es dank freund-licher Innenausstattung sogar ein wenig an eine Säuglings-trage. Kuschelig und unwiderstehlich. So die Theorie. Ichhatte extra meine Basketballstiefel geputzt und das Hemdzerzaust, um dem Image des Wagens gerecht zu werden undmich von den beiden Midlife-Crisis-geplagten Kollegen ab-zugrenzen. Allerdings rufe ich nur hämisches Lachen hervor.Blanker Neid. Mit ihren Schlachtschiffen sind sie gegen meineSympathie-Granate chancenlos. Aber irgendwie auch nicht,jedenfalls wenn man die Interaktionshäufigkeit mit den Ham-burgern betrachtet: Bis jetzt hat kein Fahrer Kontakt mit denEinheimischen aufnehmen können.

Das läuft nicht gut, aber jetzt kommt eine weitere Sonder-prüfung. Die erste hatte ich gefühlt gewonnen: Es ging da-rum, in einem völlig fremden Auto den Fischmarkt als Navi-gationsziel einzugeben. Das war dank Touchscreen und guterSoftware viel einfacher als in anderen Fahrzeugen. Da ichmich bereits vor dem Test angeschnallt hatte, konnte ichsofort losbrausen und mir einen satten Vorsprung erarbei-ten. Den ich sofort wieder verlor, weil ich nicht wusste, waseine Fischauktionshalle ist. Also hielt ich an, um ortskundigePassanten zu suchen, was dazu führte, dass Ansgar Fullandgrinsend an mir vorbeizog. Immerhin konnte ich durch ent-schlossenes Einparken wieder in Führung gehen.

Jetzt sollen wir die voll elektrischen Dächer möglichstschnell öffnen. Der Schiedsrichter gibt das Zeichen und espassiert: nichts. Bei keinem Auto. Wo sind die verdammtenSchalter? Endlich entdecke ich an der Oberkante der Wind-schutzscheibe drei Knöpfe. Zwei bringen völlig uninteres-sante Lämpchen zum Leuchten, der dritte setzt das Dach inBewegung. Ich gewinne mit deutlichem Abstand. Fulland istmindestens zehn Sekunden langsamer. Und Broder, nun ja,der bekommt nur die beiden hinteren Zipfel seines Dachesauf. Wir lachen ihn aus, weisen den Schiedsrichter nach-drücklich auf Broders Unkorrektheit hin und fordern soforti-ge Disqualifikation. Aber der unfaire Referee gibt ihm nocheine zweite Chance. Dann eine dritte. Zipfel auf, Zipfel zu.Immer abwechselnd. Mir wird langweilig und ich fange an,Fotos vom Fotografen zu machen; sozusagen eine Metaebenezu eröffnen. Die ich noch ausbauen kann, als es mir gelingt,den Fotografen, der gerade meine Rückwärtskamera fotogra-fiert, mit meiner Rückwärtskamera zu filmen und das Ganzezu fotografieren. Metametaebene. Punkt für den Beetle.

Wir haben Hunger. Auf zur Truckerkneipe. Die anderenschaufeln riesige Portionen Gyros in sich hinein. Das passtnatürlich nicht zu meinem sportlichen Image (auch wenn ichdie Turnschuhe mittlerweile ausgezogen habe, weil ich sonstimmer Kupplung und Bremse gleichzeitig trete). Ich zieheden Bauch ein und bestelle eine stilsichere Erbsensuppe.

Mein Käfer ist ein Schaltwagen. Ein echter. Mit drei Pe-dalen und einem Knüppel. Ein herrliches Gefühl, das michgroßzügig über die falsche Platzierung des Antriebs an derVorderachse hinwegsehen lässt. Überhaupt schafft das Beetle-mobil ein Kunststück, das nur wenigen Fahrzeugen gelingt:immer, wenn ich gerade etwas entdeckt habe, was mir nichtgefällt, kommt dieses Auto mit einer Überraschung um dieEcke, die mich sofort wieder versöhnlich stimmt. Als ich etwabemerke, dass die Frontscheinwerfer mit albernen LED-Wim-pern und sogar einer Art Augenlid versehen sind, und michvoller Abscheu dem Heck zuwende, entdecke ich dort einencharmanten Entenbürzel-Spoiler und eine coole Rückfahr-

kamera, die sich hinter dem VW-Emblem versteckt. Und alsich mich über den lächerlichen Startknopf aufrege, fällt meinBlick auf die „Fender“-Schriftzüge auf den Lautsprecher-abdeckungen. Kein Gitarrist kann diesem Auto böse sein.Dann fällt mir auf, dass der Motor bei ordentlicher Drehzahleinen richtig netten Sound entwickelt. Und so geht es ineiner Tour; dieses Auto kaschiert seine Schwächen geschicktmit seinen Stärken. Noch etwas Wein, mein Schatz?

Frauenauto hin oder her, dank Benzinmotor, manuellerSchaltung und guter Sitzposition kann ich mit den anderen imStadtverkehr mühelos mithalten. Ich habe aber immer nochkein Wort mit einem Ureinwohner gewechselt. Vielleicht sindFischmärkte und Truckerkneipen einfach nicht kommunikativgenug. Am Auto kann es jedenfalls nicht gelegen haben.

los. Sitzt man aber erst einmal drin, möchte man den Hutvor den Konstrukteuren ziehen. Alles ist so übersichtlichangeordnet, dass die Gebrauchsanweisung im Handschuh-fach bleiben kann. Learning by Doing. Man fährt los, und dasEinzige, worauf man achten muss, ist die Geschwindigkeits-anzeige. Weil sich 100 km/h wie 50 anfühlen, können nurcharakterfeste Fahrer der Versuchung widerstehen, auf dasGaspedal zu treten. Dabei haben sie die Wahl zwischen ei-nem „Sport“- und einem „Comfort“-Modus. Ich habe beideausprobiert – und keinen Unterschied festgestellt. Aber dasmag an mir und meiner betont defensiven Fahrweise liegen.

In zwei Tagen gebe ich den 640d wieder ab. Er hat michum einige Erfahrungen reicher gemacht – und um ein Vorurteil ärmer: Ein Cabriolet kann sehr praktisch sein. Wie sollte man sonst einen Besen von Aldi, der 4 Euro 95gekostet hat, nach Hause transportieren, wenn nicht in einem 90.000 Euro teuren Cabriolet?

Das hat doch Stil, oder?

BMW 640dLeistung: 313 PS, Hubraum: 3 l, 0-100 km/h: 5,5 s, Vmax: 250 km/h, Grundpreis: 92.250 €

M

The Beetle CabrioletLeistung: 105 PS, Hubraum: 1,2 l, 0-100 km/h: 11,7 s, Vmax: 178 km/h , Grundpreis: 23.800 €

1. Man on a mission: Henryk M. Brodermit BMW und Basecap 2. Der Audi S5sieht auch in rot und mit geschlosse-nem Verdeck ausgesprochen exzellentaus 3. Rückfahrtkameras, die neuenFreunde. Wo bei BMW und VWdie Embleme umklappen, nutzt Audi eine simplere, aber ebenso gut funktionierende Lösung 4. Mehr Eleganz geht nicht: „Black PanelTechnologie“ von BMW 5. Bellbergkontrolliert den Fahrweg und schafft es – dank Rückfahrtkameraund Handy – endlich, ein Foto des Fotografen zu schießen

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DIE ZIELGRUPPE DÜRFTENMÄNNER MEINES ALTERS SEIN,DIE WEDER VIEL GEPÄCK NOCHDIE SCHWIEGERELTERNTRANSPORTIEREN MÜSSEN

Aber meine Kollegen bestanden darauf. „Das ist genau dasrichtige Auto für Dich“, sagte Kollege Bellberg. „Denk daran,wie stolz deine Mutter wäre, wenn sie Dich in diesem Dingsehen könnte.“ Kollege Fulland, der einen Porsche Caymanvon einem 911 Carrera am Sound des Motors unterscheidenkann, meinte: „Stell dich nicht so blöd an. Nur die Lumpesind bescheiden, Brave freuen sich der Tat.“ Das war vonGoethe. Ich wollte kein Lump sein.

Dennoch was es eine irre Idee, bei Nieselregen und Tem-peraturen knapp über null Grad mit drei Cabrios durch Ham-burg zu cruisen. Vom Fischmarkt über die Elbchaussee nachAltona, dann durch den A7-Tunnel rüber nach Süden, nachAltenwerder zum Autohof gleichen Namens. Vor dem Eingangzum Trucker-Treff von Bärbel Uliczka hinter dem Hauptdeichwaren noch drei Parkplätze frei. Drinnen belegten wir einender großen Holztische und mussten uns nur noch zwischender „Erbsensuppe mit Bockwurst und frischem Brötchen“ unddem „Gyros mit Tsatsiki, Pommes und Krautsalat“ entschei-den. Nach dem Mahl rollten wir über die Köhlbrandbrückeund durch den Containerhafen zurück in den Norden.

Vom Wetter abgesehen war es das reine Fahrvergnügen.Der 640d ist lang, breit und schwer, fährt sich aber leicht

wie ein Kleinwagen. Dabei ist er keine Limousine, keinSportwagen und kein Auto für den Alltag, hat aber von allemetwas. Die Zielgruppe dürften Männer meines Alters sein, dieweder viel Gepäck noch die Schwiegereltern transportierenmüssen. Sie sollten freilich auch keine Probleme mit demRücken haben, denn das Ein- und Aussteigen ist nicht mühe-

VONGUIDO BELLBERG

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SONNTAG, 10. APRIL 2016 15

KORKENZIEHER als TherapieSchnelle Runden in Laguna Seca – der M2 IST DIE ESSENZ der Marke BMW

BMW hat es derzeit nicht so leicht.Man ist zwar gerade noch Marktführerbei den Premiumherstellern, aber manriecht auch vom Mercedes schon dasMundwasser, so dicht ist der mitt-lerweile dran. Zu allem Überfluss sinddie strategischen Ideen, die CEO Ha-rald Krüger zum 100. Geburtstag derMarke öffentlich gemacht hatte, nichtbei allen Analysten gnädig aufgenom-men worden. Wir wissen nicht, was derBMW-Chef in dieser Lage zur Ent-spannung tut, aber PS WELT, das Fach-blatt für Adrenalin- und Endorphin-ausschüttung, rät dringend zu einerRunde mit dem neuen M2.

Der löst zwar kein einziges der ak-tuellen Problemchen. Aber dafür benö-tigt man nur zwei, drei Kurven, umfestzustellen, dass dieses Auto so etwaswie die Essenz aus 100 Jahren BMWdarstellt. Den Designern ist es gelun-gen, den Wagen gleichzeitig seriös undaggressiv aussehen zu lassen, und dieIngenieure haben es geschafft, ihnalltags- und rennstreckentauglich ab-zustimmen – da kommt der M2 sogardem Porsche-Ideal nahe.

In Laguna Seca konnte ich diesenWagen fahren, auf der Rennstrecke inKalifornien mit der berühmtesten allerKurven: Corkscrew. Sie heißt so, weilsie entfernt an die Windungen einesKorkenziehers erinnert, und es gehtdort während der Links-Rechts-Kom-bination so dermaßen steil bergab, dassman beim ersten Mal einen gehörigenSchreck bekommt.

Der BMW aber, der liegt selbst hiervöllig souverän, er zieht mit Vervedurch die Kurven, und wenn man einenFahrfehler macht, was bei ambitionier-tem Tempo auf dieser Strecke unver-meidlich ist, dann scheint er kurz undtrocken aufzulachen, schwenkt leichtmit dem Heck und regelt die Sache.Klar, ESP hat der Wagen, man kann esauch ganz abschalten, aber in der mitt-leren Position lässt er eben leichteDrifts zu und gibt seinem Fahrer dasGefühl, ein toller Hecht zu sein.

Die Bremsen funktionieren groß-artig, der Dreiliter-Doppelturbo ziehtund zieht und zieht, und der M2 machtbinnen Minuten den M235i vergessen –der weiterhin im Programm bleibt, der

sich hervorragend fährt, der aber im-mer die Frage aufwarf, wie es dennwäre, wenn es einen M2 gäbe.

Jetzt weiß man es, und die Sache hatsich gelohnt. Im Vergleich zur Konkur-renz ist der kompakte BMW zwar derTeuerste, aber mit Sicherheit überlegensie in Affalterbach (AMG) und Ingol-stadt/Neckarsulm (quattro GmbH), wassie dem M2 entgegensetzen können.

PS WELT-Prognose: Wenig, dennMercedes und Audi müssen auf Front-antriebsplattformen arbeiten (die siezu Allradautos umwandeln), nur derBMW hat die Antriebsachse da, woman sie als Sportwagen eben hat. InSachen Agilität muss er jedenfalls au-ßer Porsche keinen Gegner fürchten.

Diese Erkenntnisse kann man ge-winnen nach drei Runden LagunaSeca, auch nach einer halben Stundeauf einsamer Landstraße. Endorphin-und Adrenalinspiegel sind austariert,man fühlt sich leicht, was die Zukunftvon BMW angeht. Stefan Anker

Leistung: 313 PS, Hubraum: 3,0 l, 0-100 km/h:4,5 s, Vmax: 250 km/h, Preis: 56.700 € St

efan

Ank

er

Der M2 stürzt sich in dieCorkscrew Corner von LagunaSeca, seine Farbe ist nacheiner anderen US-Rennstreckebenannt: Long Beach-Blau

ayne Newton riecht, wieein Rolls-Royce-Sammlerin Las Vegas riechensollte. Nach Moschus,wie wir es bei Omar Sha-rif vermuten. Oder BurtReynolds. Waynes Mo-schusduft ruht auf einer

Brust mit dicken Haaren, die sich durch die obere Partie vonNewtons auberginefarbenen Hemd durchdrücken. Sein Kopf-haar wiederum trägt die Farbe jetblack. Ein sattes, dunklesSchwarz, wie wir es von Gerhard Schröder kennen. WaynesGesicht ist Mitte vierzig. Sein Körper wiederum um dieFünfzig, nur Wayne selbst ist 74 Jahre alt. Mehr Las Vegaskann ein Mann nicht sein. Wayne trägt die Zweitnamen „Mr. Las Vegas“ und „Mr. Entertainment“ und den Dritt-namen „The Midnight Idol“. Adelsnamen in Nevada, und dieverlangen nach einem Rolls-Royce unter dem Hintern.

Wir sind verabredet, um Waynes Rolls-Sammlung anzu-schauen. Am Morgen empfängt uns Newton im PromotionCenter seiner riesigen Villa, für die man Besichtigungstourenbuchen kann. Wer „MTV-Cribs“ mochte, diese Serie überwahnsinnige Häuser von Stars mit mannshohen Pizza-Kühl-

Es riecht nach Kautabak. Neben dem Lenkrad ein harterMobiltelefonknochen, so wie die Telefone in den 80er-Jahrenaussahen. „Dieses Auto gehörte Johnny. Johnny Cash”, sagtWayne und hustet nach dem Wort Cash. Newton kaufte dasAuto aus dem Sotheby’s-Katalog, und der Sohn von Cash gabsein Okay, nachdem er Waynes Namen gehört hatte. „Das

Auto verbindet mich mit Johnny. Auch er war Native Ame-rican, so wie ich, und unsere Körper funktionieren gut ineinem Rolls. Wir haben lange Beine und einen kurzen Ober-körper. Wir sind beide Sitzzwerge“, sagt Wayne, doch werglaubt, das wäre schon sein schwärzester Rolls, der irrt.

Da geht noch mehr, und Waynes Fingerkuppen berührenjetzt den 1978er-Rolls, bei dem das schwarze Blech auf dun-kelstes Holz trifft, carpathian elm, Englische Ulme. „EineKombination, die die Autodesigner damals beinahe um denVerstand brachte und die schlimmsten Kräche innerhalb der

Rolls-Firma auslöste”, erklärt Wayne, und wir müssen alsodavon ausgehen, dass eine schwärzere, eine dunklere Seeleals die von Johnny Cash sich diesen Rolls ausgedacht undgekauft hatte. „Sie könnten recht haben. Der frühere Be-sitzer hieß Steve McQueen.“

Steve und Ali MacGraw seien an einem Nachmittag in den70er-Jahren am Rodeo Drive entlang gelaufen und beimRolls-Royce-Laden stehen geblieben. Steve sei hineingegan-gen und habe in einer unfassbar aufwendigen Aktion diesesAuto bestellt. Monate später habe Rolls-Royce den Wagenliefern lassen. „Dann öffnet Steve die Haustür und sagt, erhätte nie einen Rolls-Royce bestellt. Er trank zu dieser Zeitdie McQueen-übliche Anzahl Margaritas. Er hatte die Be-stellung vergessen“ , erinnert sich Wayne. Aber später habeMcQueen den Wagen dann doch noch genommen.

Wayne steigt jetzt in seinen neuen Lexus, denn seine Rolls-Royce-Kinder dürfen nur alle zwei Wochen gefahren werden.Maximal. Sein Favorit? Ganz klar, der von Johnny. JohnnyCash. In dem wird Wayne „sehr ruhig“, und die Welten ausiPhones und Vegas-Lärm verschwinden. „In dieser Zeit habeich meine Rolls-Gespräche mit Johnny. Es geht ihmübrigens gut, falls es Sie interessiert.“

„Doch Ronald wollte bei mir feiern. Wir waren Buddys,auch wenn es damals nicht so gut lief bei mir.“ Damit meintWayne übrigens die Zeit, als er bei der Mafia auf der Todes-liste stand und ein anderer Buddy ihm aus der Misere half.„Frank Sinatra rief an und fragte, was da los sei. Ich sagteihm, Frank, ich stehe auf Platz sechs der Liste, und die aufPlatz eins bis fünf sind schon tot. Ich blieb wochenlang imHotel und trug eine Waffe, meinem bevorzugten Kellner gabich auch eine“, sagt Wayne. Nach ein paar Wochen hatteFrank offenbar ganze Buddy-Arbeit geleistet – und Waynewar nicht mehr auf Platz sechs. Newton könnte direkt ausdem Film „Casino“ entsprungen sein. Und das gilt auch fürseine Autos. Ein Rolls jagt den nächsten.

Auf dem Weg zu Waynes Sammlung über dieses Mons-tergrundstück passieren wir ein Heer kapriziöser, hysteri-scher Kapuzineraffen, die wir aus „Hangover 2“ kennen, dazuPfauen, Kamele, Waynes altes Privatflugzeug, arabischeRennpferde, die in ihrem eigenen Swimmingpool baden können, wenn sie verschwitzt vom Rennen kommen. Waynes Lieblingspferd kostete 800.000 Dollar, und ab und an knabbert es Waynes Ohr.

Dann öffnet sich die Zaubergarage, in der Waynes ge-sammelte Rolls aufgereiht wie Gucci-Sonnenbrillen auf ei-nem roten Teppich nebeneinanderstehen. Die Autos spre-chen selbst. Sie stecken voller Geschichten von Entertain-ment-Dramen in Vegas, von den glamourösen Abstürzlern,den Showbusiness-Toten, voller Biografien von Menschenmit vielen Diamanten, Pelzen und ohne Stoppschild im Le-ben. Warum so viele Rolls-Royce und nur ganz am Ende desTeppichs ein einziger elenderHummer? „Ich sah den erstenRolls, als ich vier Jahre alt war.Und verliebte mich“, sagt Waynemit etwas glasigen Augen.

Wir fangen mit dem unspekta-kulärsten an. Wayne kaufte ihnin den 60er-Jahren auf einerTour durch England. „Es warendie Zeiten, als ein Rolls-Royceden Beinamen ,lahme Schnecke’trug, weil Sportwagen in Modekamen.“ Wayne importierte alsodie erste mattschwarze Schnecke mit eingebauter Make-up-Station auf dem Rücksitz und Regenschirmhalter mit Platzfür zehn Regenschirme. Sieht aus, als ob Emma Peel gleichaussteigen würde. Wir laufen auf dem Teppich gleich weiterzum spießigsten Modell. Hinten in der Ecke ruht ein Rollsvon 1979. Mattsilber, unauffällig, helle Ledersitze. Das Autohat die Aura einer Umkleidekabine im Luxus-Freibad, doches gehörte tatsächlich Liberace, dem Sonnenkönig unter denVegas-Entertainern. Dessen alter Rolls spricht jedoch eineandere Sprache. „Als ich den Wagen nach Liberaces Todkaufte, war ich nicht überrascht“, sagt Wayne. „Ich kannteLiberace so. Er hatte etwas Spießiges und Diamanten dochlieber nur am Finger und an seiner Uhr, nicht am Auto. Erhatte sehr konservative Züge. Und wenn er nachts um halbdrei auftrat, tat er immer so, als ob er kein einziges Lied vonanderen Sängern kennen würde. Nur seine eigenen Lieder.“

Wir bleiben etwas andächtig vor dem rabenschwarzen1987er-Modell stehen. Sargartig, elegant. Die Limousine fürden Mann, der von außen nicht gesehen werden will. Drin-nen: morbide Innenausstattung, saharasandfarbener Tep-pich. Man liegt beinahe im Fahrersitz, wenn man einsteigt.

schränken und diamantbesetzten Betten, der wird Waynes„Casa de Shenandoah“ oder „Casa Wow“, wie es in Las-Vegas-Sprache heißt, ebenso mögen. Wayne möchte aber zunächstseine Promotion-T-Shirts vorführen. Diese tragen eine Roseund das Wort „Danke Schoen“ in Strass und gehen zurück aufjenen Hit, der Waynes Karriere startete – „Danke Schoen“ ausdem Jahr 1963. Damit ist er berühmt geworden, und seit Fer-rari-Liebhaber Ferris Bueller in „Ferris macht blau“ Waynesalten Hit nachsang, ist Wayne im Entertainment-Gedächtnisder meisten Amerikaner verankert. Schon als Schüler hatteder Mann seine eigene TV-Show, zog mit seinem Bruder vonPhoenix nach Las Vegas, das Rat Pack passte ein wenig auf dieTeenager auf, bald sang Wayne mit Johnny Cash und Elvis.

Newton ist eine dieser typischen, autosammelnden Sän-gerlegenden der USA. Patriot, Teilzeit-Republikaner, derseine Entertainment-Freunde, wie es in Vegas üblich ist,nicht nach deren politischem Programm beurteilt. Eherdanach, ob sie die Buddy-Regeln von Vegas einhalten kön-nen. In Waynes Buddy-System hatte etwa John Wayne ei-nen festen Platz. „Er sagte, was er meinte. Und umgekehrt.Eine Seltenheit.“ Noch ein Konservativer: Ronald Reagan,der beinahe Waynes Herz brach, als Reagans PR-Beratervorschlug, die Wahlparty nicht bei Wayne zu veranstalten.

Der 74-jährige, aber viel viel jünger aussehende EntertainerWayne Newton zeigte PS WELT-Autorin Anne Philippi seine Casade Shenandoah. Sie liegt auf einem 21 Hektar großen Grund-stück, was unter anderem seineRolls-Sammlung beherbergt

WMr. Las Vegas

ZU BESUCH bei einem mehr als erstaunlichen Auto-Liebhaber

VON ANNE PHILIPPI

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DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG16

Wie ist es, die ChauffeurinIhres Ehemanns zu sein? Ich

finde es toll, wenn ich etwaskann, was mein Mann nicht

kann. Er übernimmt dafür dasSpaßprogramm: CDs wechseln,

Schokobons auspacken undzufüttern, Geschichten er-zählen. Ein Auto ist ein ro-

mantischer Ort. Man ist sichnah, aber schaut nach vorn, man stiert sich nicht an. Man hat etwas zu tun, das entspannt dasGespräch. Man kann auch schweigen. Also keine Fahrstil-Polizei? Im Gegenteil, Boris ist be-

eindruckt, wenn ich bei 180 km/h einhändig lenke. Manchmal fahre ich auch im halben Schnei-dersitz – im Autoassistent-Modus. Wie würden Sie Ihr Auto beschreiben? Erwachsen. Ich

fahre mit ihm und Freundinnen aber auch mal durch eine Berliner Nacht. Es steht Frauen, manwird ernst genommen. Der A7 ist eine schnelle Lady. Ich mag den Duft, die Ordnung, dass alles

perfekt an seinem Platz ist. Das sortiert auch die Dinge in meinem Kopf. Meinem Mann undmir war wichtig, dass es lange Strecken fahren kann, wir fliegen nicht gern. Wir sind halt noch

richtige Auto-Kinder. Ich habe vier Schwestern, mein Vater besaß einen alten Mercedes, mitdem fuhren wir oft nach Italien. Auf der Fahrt haben wir Kanon gesungen, „Ich-sehe-was-was-

du-nicht-siehst“ gespielt oder mit Grimassen Autofahrer erschreckt. Die Familie war zusam-men, das war schön. Manchmal schliefen wir Kinder auf der Rückbank, dann konnte man in die

Sterne kucken. Als wir ihn verkauften, war es, als hätte man ein Stück Zuhause verloren.

Freiheit, Entspannung, Intimität sind ihnenwichtig – COOLNESS IST PERIPHER. Was Frauen vonAutos wollen: Dagmar von Taube hat sieben befragt

Frauenbewegung

Wie wichtig ist Ihnen ein Auto? Ich brauche es 15 Minuten am Tag: Fünf ins Büro, fünf nachHause, fünf, wenn ich abends ausgehe – zurück nehme ich auch mal ein Taxi. Ihr Vater Carl Hahn

war VW-Chef. Und das aus größter Leidenschaft! Jede Woche stand ein neues Test-Modell vorunserer Haustür. Sonntags klappte er die Kühlerhaube auf und dann wurden meine drei Brüder

und ich abgefragt: Wo sitzt der Vergaser, wo der Zylinderkopf? In Autos von Verehrern mit einem Reifenprofil unter drei Millimetern durfte ich nie einsteigen. Ist Ihre Autowahl erblich vorbe-stimmt? Der e-up! ist als kleinster VW das ideale Großstadtauto. Mit meinen Kindern fahre ich

Range Rover, in Kitzbühel Audi. Die Marke ist wichtig, aber auch, dass ich mich optimal fortbewe-gen kann. Meine Führerscheinprüfung war – zusammen mit den Geburten der Kinder – mein

glücklichster Tag. Das Gefühl, in meinem roten Golf-Cabrio plötzlich überall hinfahren zu können,wo ich wollte, das war totale Freiheit. Fühlen Sie sich von der Automobilindustrie angespro-chen? Früher fiel in Ehen mit zwei Autos auf: Der Mann hatte als Kaufentscheider meist einen

größeren, neueren Wagen als die Frau. Dann steckten Männer ihre Frauen in diese Riesenpanzer,in Trophäenautos wie den SUV, den sie kaum fahren konnten. Heute fahren Frauen längst emanzi-

piert und oft natürlich besser als die Männer. Das scheint nur die Werbung noch nicht ganz ver-standen zu haben, die zeigt Frauen immer noch gern beim Shopping und bei Familienausflügen.

Pia Hahn MaroccoGeschäftsführerin von Osborne & Partners, Londoner Beraterfirma für Tech-Konzerne

Kaja Wiedeking-Radczun Berliner Juristin

Warum keinen Ferrari? Ich hätte gern einen! Zu groß für mich, es gibt leider noch keinen hand-lichen Ferrari. Als Deutsche fahre ich selbstverständlich ein deutsches Auto: Der BMW 525 ist ein

Geschenk meines Mannes. Er hat auch die weißen Ledersitze ausgesucht; die Armaturen sind weiß-metallic. Er ist Syrer, und Syrer sind große Ästheten. Wie überleben Sie als regelbewusste Deut-

sche auf Italiens Straßen? Es ist eine Fantasie der Deutschen, dass alle Italiener Verkehrs-Machosseien. Wir Deutschen fahren viel aggressiver. Der Italiener liebt sein Auto, ob zerbeult oder mon-dän. Er führt es aus wie eine Frau, kutschiert es mit Stolz um die Piazza. Und an der Ampel wird

heftig geflirtet. In Italien sind Frauen nicht unbedingt Autobesitzerin, man fällt auf am Steuer. Ichmag das, wenn Männer auf diese Weise zu einem aufschauen. Und dann: Stiletto aufs Gas! Ich

fahre gern schnell. Von Mailand aus ist man sofort in den Bergen, in Rom oder Neapel. Früher fuhrich mit Perücke und Riesensonnenbrille wie Peggy Guggenheim – aus Schutz vor Blitzern. DenDingen davonzufahren, die fliegenden Landschaften, das inspiriert mich als Malerin. Wenn ein

Maserati im Rückspiegel auftaucht, dann fahre ich allerdings lieber rechts ran.

Elena Prinzessin von Hessen Künstlerin in Mailand

FOTOGRAFEN MUIR VIDLER,JULIANE WERNER,

FRANCESCO MERLINI

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17 10.04.16 PSWHH-HPBELICHTERFREIGABE: -- ZEIT:::BELICHTER: FARBE:

SONNTAG, 10. APRIL 2016 17

Warum fahren Sie ein so auffälliges Auto? In meiner Familie fahren alle alte Autos, mein Vater fuhr auch Rennen. Es geht nicht um Auffälligkeit, ich fühle mich wohl in meinem Karmann Ghia: seine Simplizität, nichts Computergesteuertes. Ich fahre ihn seit 16 Jahren jedenTag. Welche Signale sendet man darin aus? Es fasziniert mich immer wieder, wenn kleineJungs, selbst Zweijährige schon, aufgeregt mit ihrem Finger auf mein Auto zeigen. Weil sie sehen,dass es etwas Besonderes ist. Die roten Sitze sind eher untypisch. Ich habe ihn etwas „umge-bastelt“. Ihr schönstes Erlebnis auf dem roten Leder? Das Herumgealbere meiner Kinder, wennich sie von der Schule abhole. Die werden hinten reingequetscht, oben drauf noch Flint, unserRiesenhund. Etwas, das nur im Auto geht, außer es zu fahren? Autofahren kann etwas Medita-tives haben. Wie Zeichnen. Ich flüchte manchmal regelrecht ins Auto, um meine Ruhe zu haben.Oder bleibe noch eine Weile sitzen, wenn ich irgendwo angekommen bin, trinke meinen Cappuc-cino, der zwischen Handbremse und Sitz klemmt, und streite mich am Handy mit meiner Mutter.

Tamara von SchenkProduktdesignerin in London

Sie sind Kunstsammlerin, Botschafterin der Art Basel, eine Frau mitgestalterischem Interesse. Warum ein so handfestes Auto? Beim Autoist das Ziel: das Ziel. Früher war ein Auto eine große Sache. Wenn meinVater mit einem neuen Mercedes nach Hause kam, dann war das ein

aufregender Tag. Das hieß: Die nächste Reise stand an, die großen Koffer zu packen, sich schön zukleiden, dann ging’s nach Frankreich oder in die Eifel. Ich selbst brauche nur Motor und vier Räder,mit denen ich meine täglichen To-do-Listen abkurven kann. Ich mag das Intime, mag es, entrenous mit meinem Smart MHD zu sein. Mein Sohn fährt oft mit. Man sitzt eng wie in einer Raum-kapsel. Toll zum Unterhalten. Bewahrt so eine kleine Kiste auch etwas Kindliches? Etwas Spiele-risches: Als führe man Autoscooter. Auch durch das Perspektivische, alles draußen erscheint größer.Man nimmt sich selbst nicht so ernst. Manchmal singe ich laut. David Bowie eignet sich gut fürLandpartien. Wir planen immer, wollen wissen, was uns erwartet. Losfahren, irgendwo anhalten,dieses Ur-Erlebnis – man müsste sich öfter treiben lassen. Warum nicht in Pink? Farbe gibt zu vielBedeutung. Ich kenne keine Frau, die diese Lippenstift-Autos mag; Männer fahren sie auch nicht.Eine Amelia Earhart hätte niemand mit Pink assoziiert. Es ist halt noch nicht alles Fortschritt.

Karen Boros Immobilien-Unternehmerin aus Berlin

Wann brauchen Sie ein Auto? Ich bin Chefin eines Eine-Frau-Saftbetriebs: „Eleri JuiceCleanse“. Meine Biosäfte mixe ich in meiner Küche, mein Jaguar ist mein Lieferwagen. Ich belie-fere zum Beispiel MDC Cosmetic. Lieferwagen? Ich bin Kanadierin aus British Columbia. Inunserer Straße dort wohnte mal ein sehr schicker, älterer Mann. Der fuhr Jaguar. Seitdem ist esmein Traumauto. Es fühlt sich immer wie ein kleines Rendezvous an, in dieses schöne Auto zusteigen. Ich bin Mutter, Ehefrau, Unternehmerin. Mein Jaguar X308 gibt mir das Gefühl, da istnoch etwas anderes in mir. Stil-Accessoire oder echtes Autointeresse? Es ist Liebe! Sicherheit.Klar, auch Style. 300 PS! Auf der Lauer liegen, sprinten wie ein Raubtier, um die Ecke schleichen.Es ist die Gelassenheit. Der Geruch des Leders. Sofa. Die Aufforderung, sich gut zu kleiden.Mein hangout, Freiheitszelle und das perfekte Familienauto. Im Sommer fahren wir in die Toska-na. Sind Sie ein Kratzerhypochonder? Ehrlich: ja. Ich habe auch immer Tücher im Auto gegendie Schokohände meines Sohnes. Nicht, dass ich hysterisch wäre – aber bei hellen Sitzen! Ichputze den Wagen selbst, fahre ihn in die Waschanlage, sauge ihn aus. Ein sauberes Auto machtmich glücklich wie ein frisch bezogenes Bett. Warum kein Ökoauto? Ein Laster braucht jeder.

Sara SchumannModel und Unternehmerin in Berlin

Kindheitserinnerung an Autos? Mein Vater fuhr Rolls-Royce mit Chauffeur. Ich habe meinenFührerschein erst mit 30 gemacht. Meine Buchhalterin hat mir Einparken beigebracht – kannich wie ’ne Eins. Diesen BMW Z3 hat mein Vater mir mal geliehen und nie zurückbekommen.Ist eh ein Frauenauto. Der Sound? Warm, tief, laut. Er springt an und du spürst die geballteKraft unter der Motorhaube. Ich fahre leidenschaftlich gern, vor allem auf Landstraßen. Dann

packe ich meinen Mann ein undwir fahren an den See. Fahren istetwas Sinnliches, sich in dieKurven zu legen, dabei sitzt manfast auf dem Boden. Es gibtAutos, die muss man treten,meines muss man bremsen. Manfühlt sich, als ob man die Weltverändern könnte. Ich liebe esauch, zu schalten. Aktives Han-deln. Nirgends sonst ist dieWirkung einer Aktion schnellerspürbar. Autonomes Fahrenfände ich langweilig.

Anna Jill LüpertzGaleristin in Berlin

Page 11: %6 .$)45 6/4 /&6(*&3*( - Die Welt · FOTO RUBIO / WITTERS Thomas Faehnrich. eute, im Ernst, es reicht. Ich bin es unend-lich leid, fast täglich von einer Person A zu hören, dass

DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG18

Das popkulturelle Herz von Capetownist der CBD: Im Central Business Dis-trict kreuzen Models, Banker, Back-packer und bärtige Surfertypen. Wäh-rend Tafelberg und aufgebrezelte Wa-terfront den Touristen gehören, werdenlinks und rechts der Long Street beimSauvignon Blanc aus Boschendal dieDeals gemacht. Im ständigen Wett-

bewerb der angesagten Straßen hat dieBree Street enorm zugelegt. Was nichtzuletzt an ungewöhnlichen bis einzig-artigen Konzepten liegt, die man eher inLos Angeles vermuten würde.

Wie Club 9, eine Edelschrauberbudemit angeschlossenem Café-Restaurant.Die perfekte Mittagspause für Petrolhe-ads, bei der seltene Sammlerstückehinter Glas präsentiert werden. Ende2015 hat sich der gebürtige HamburgerDirk Molsen seinen Traum erfüllt. Wäh-rend Frau und Sohn das Gastrono-mische erledigen, kümmert sich derPorsche-Aficionado um den PS-Nach-schub. Seit er denken kann, gehört seinHerz Motoren aller Art. „Noch als Schü-ler hatte ich angefangen, aus den Müll-containern von Werkstätten Autoteileherauszusammeln. Die habe ich dannim Garten hergerichtet und weiterver-kauft“, erzählt er. „Danach habe ich aufeigenes Risiko Autos aus den USA im-

portiert. Mit 23 kam der erste selbstverdiente 911er.“ Nach Südafrika zog er1989 – „eigentlich wollte ich hier nursechs Monate lang studieren!“ Ein ben-zingeschwängertes Leben, das im Club9 seinen vorläufigen Höhepunkt gefun-den hat.

Das einstige Boomland Südafrika istin der Krise. Fallende Rohstoffpreise,Streiks und Dürren, dazu der Dauer-zwist in der Regierungspartei ANChaben die Aufbruchsstimmung rund um

sehen, gerade habe ich einen 348 TS.“Für Molsen gibt es nur ein wahres Su-percar: „Das ist und bleibt der Elfer ausden 70-er, 80er-Jahren – und ganz be-sonders die frühen 90er aus Zuffen-hausen: die mit 911 auf demDeckel!“

Cappuccino 911Club 9 in Kapstadt, EINE FUSION aus Showroom,Werkstatt und Gastronomie, setzt Maßstäbebeim Präsentieren von Classic Sportscars

atürlich, das machen wir.“ Alex Inneshat es gewöhnlich mit ganz anderenLeuten zu tun, aber hier in Südafrikasucht er auch den Kontrast zu seinemJob als Designer bei Rolls-Royce. Hierwill er den Dawn, das neue Luxusca-brio, in dem wir sitzen, durch denBerufsverkehr einer Kleinstadt steu-

ern, vorbei am Busbahnhof, an Marktständen – und an Men-schen, die sich so ein Auto niemals leisten können.

Obwohl wir uns durch die Kap-Region bewegen, wo es bisauf den Linksverkehr vielerorts aussieht wie in Kalifornien,haben wir es hier in dem Ort Strand nahe Kapstadt unver-kennbar mit Afrika zu tun. Die Leute kommen von der Ar-beit, kaufen noch etwas ein und versuchen dann, einen Platzin einem der vielen Minivans zu ergattern, die sie nach Hau-se bringen. Vor allem: Alle Gesichter, die sich dem Dawnzuwenden, sind schwarz. Und keines strahlt Ärger oder Un-verständnis darüber aus, dass wir eine exotische Kulissesuchen, einen Gegensatz zu unserem Überfluss-Gefährt.

Im Gegenteil: Wo immer wir auf unserer Fahrt bemerktwerden, recken sich schwarze Daumen in die Höhe, blitzenweiße Zähne. Müde Handwerker, die auf der Ladefläche einesPick-ups sitzen, werden wieder wach, wenn sie unser gold-farbenes Cabriolet bemerken. Ist es das, was FirmenchefTorsten Müller-Ötvös meinte, als er vom Dawn als dem „so-zialsten“ aller Rolls-Royce sprach?

Nein, eher zeigt sich hier das Phänomen, dass ein Rolls-Royce „jenseits des Neides“ operiert, eine Formulierung, die„TMÖ“ ebenfalls gern verwendet. Das Soziale am Dawn sinddie vier Sitze und die Möglichkeit, sie auch wirklich zu nut-zen, was bei viersitzigen Cabrios sonst nicht die Regel ist. Im

Ich hatte einenROLLS in Afrika

Mit dem CABRIOLET DAWN wird die britische Luxusmarke ein wenigzugänglicher. Aber nicht zu sehr

VON STEFAN ANKER

Im Club 9 von Dirk Molsen kann man einfach nur einenKaffee trinken – oder den Oldtimer seines Lebens kaufen.Wer hin will: Kapstadt, Bree Street/Ecke Strand Street

TEXT RALF NIEMCZYKFOTOS STEFAN ANKER

An den Marktständen der Klein-stadt Strand wird der vorbeiziehende Rolls-Royce Dawn noch lange Gesprächsthema bleiben

N

Von L. Ynch-Justiz

Neulich an der Ampel:Rot, gelb, grün und –nichts. Nur diese ver-räterische Kopfhaltung,die man durch die Heck-scheibe so gut erkennt:leicht schräg nachoben, die linke Handam Ohr. Handy-Alarm.

Ich hupe, vornekommt Bewegung indie Sache. Rechte

Hand an den Schaltknüppel, linkeHand ans Lenkrad, der Kopf knickt weiter ab – das Tele-

fon klemmt jetzt zwischen Ohr und Schulter. Leicht ruckelnd setztsich das Auto in Bewegung, und ich schwöre: Wenn in diesem Mo-ment jemand mit einem Klemmbrett an meine Seitenscheibe träteund eine Petition dabei hätte, die die Todesstrafe fürs Handytelefo-nieren im Auto forderte – ich würde mehrfach unterschreiben, mitallen falschen Namen, die mir einfielen.

Weil diese Handy-Narren millionenfach den Beweis antreten, dassder Mensch sich eben nicht auf zwei Dinge gleichzeitig konzentrie-ren kann. Nicht mal Frauen können das, und wenn es ihnen noch sooft nachgesagt wird. Es geht einfach nicht, Multitasking ist die Märdes 21. Jahrhunderts. Vergesst es, macht die Dinge nacheinander, undvor allem: Telefoniert nicht beim Fahren. Checkt auch keine Mails,schreibt keine SMS, surft nicht im Netz. Weil ihr Unfälle damit ver-ursacht, weil ihr Leid über die Menschen bringt, vor allem aber: Weileuch euer Auto so scheißegal ist, dass es weh tut.

Ein Handy ist nur ein Ding, ein Auto aber ist Teil eurer Persönlich-keit. Es verdient eure ganze Aufmerksamkeit. Interessiert euch fürdie Geräusche, die es macht. Spürt die Beschleunigung, arbeitet aneurer Kurventechnik, lernt den Respekt vor der Bremse. Aber igno-riert das Auto nicht, um Gottes Willen.

Tut auch nicht so, als sei das Fahren an sich nicht wichtig. Das istes nämlich doch, sonst würdet ihr zu Fuß gehen (dabei kann mansuper telefonieren). Das Fahren mit hohen Geschwindigkeiten for-dert zudem höchste Konzentration: Da außer Profisportlern keinMensch schneller als 35 km/h rennen kann, ist auch das Herumeiernin einer 30er-Zone ein unphysiologisch hohes Tempo für Körper undGeist. Ihr müsst da aufpassen und sollt nicht telefonieren!

Für alle, die diesen einfachen Zusammenhang nicht begreifen,fordere ich: vierteilen oder verbrennen, das Fallbeil, den Strick oderden Schwedentrunk. In minderschweren Fällen tut es auch einestundenlange Folter. Mit Klingeltönen.

HÄNGT SIEHÖHER!Wer mit dem Handy am Ohr Auto fährt, verdient viel härtereStrafen als 60 Euro Bußgeld und einen Punkt. Warum? Weil Telefonierer zeigen, dass ihnen Autofahren nicht wichtig ist

Fußball-WM 2010 kippen lassen. Ei-gentlich keine gute Zeit, ein ambitio-niertes Sportwagen-Projekt zu eröffnen.Während an der Bar Junganwälte eineSchönheit im Minirock zutexten, wer-den nebenan edle Radkappen poliert.„Wir machen als gesellschaftlicherTreffpunkt rare Klassiker öffentlichzugänglich. Von Investments in diesemSegment verstehen wir viel …“, so dieWebseite.

„Ich habe zwanzig Jahre lang in Süd-afrika Clips für die Autoindustrie pro-duziert, da lernt man das Denken inlängerfristigen Zyklen“, sagt Molsen.„Unsere Gäste sind Petrolheads aufUrlaub, dazu die Business-Szene derStadt. Und alle Autosammler der Re-gion – inklusive Johannisburg und Dur-ban.“ Sein persönlicher Liebling? „Der965 Turbo 3,6 Liter und der 964 RS,Euro spec.“ kommt es wie aus der Pis-tole geschossen. „Ferrari“, schiebt ernach, „sind nicht so mein Ding, aber ichnehme sie mit rein, da sie cool aus- pa

/ dpa

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oll ich mal driften?“,tönt es von links. Ichmuss grinsen undblicke in RichtungPilotensitz. Gerd

grinst nicht. Er hebt fragend eine Au-genbraue, während er erklärt: „Da vornist eine lang gezogene Kurve. Da kannman schön im dritten Gang mit 110quer durchfahren.“ Ehe ich antwortenkann, springt die Ampel auf grün. Mein„Nee, lass mal“ geht im Wimmern derHinterreifen und im Röhren des Vier-zylinders unter. Wir steuern viel zuschnell auf eine viel zu nasse Kurve zu.Meine Fingernägel krallen sich tief inden Recarositz und mein letztes Stünd-chen beginnt zu schlagen. In einem 44

Jahre alten Auto, das einen Tacho bis200 km/h besitzt. Einem Käfer. Drei-einhalb Sekunden später habe ichGerds Drift unerwartet unbeschadetüberstanden. Wir bollern mit 50 überdie Straße. „Ich bin ja eigentlich Li-mousinen-Fan“, klärt Gerd mich auf.Während ich meine Fingernägel vor-sichtig aus dem Kunstleder der Sitzeziehe, höre ich erstaunt, dass Gerd essonst gediegen mag. Sein Lieblingsautoin der eigenen kleinen Sammlung istein Mercedes Strich-Acht als Lang-version. Ein überlanges Diplomaten-auto und der behäbige Gegenentwurfzum Überkäfer.

Gerd Bovermann ist Benzinkopf vonBerufs wegen. Zusammen mit seinem

Geschäftspartner Manfred Schüttersbetreibt er eine Oldtimerwerkstatt inEssen. Irgendwo zwischen der immerverstopften A52 und einem Getränke-handel haben die beiden sich ein Refu-gium geschaffen, wie es versteckternicht sein könnte. Trotz Navi entdeckeich den Werkstatteingang erst nachdreißig Minuten und einem telefo-nischen Hilferuf. Firmenschild? Fehl-anzeige. Die Eingangstür versteckt sichhinter einem großen grauen Container.„Das ist uns so lieber“, meint Gerd,„wir haben da schon mal ziemlich sel-tene Autos drinstehen. Und die Kundenkommen eh auf Empfehlung.“

Mit alten Autos kennt der Essenersich seit seiner Lehrzeit als Karosserie-

ÜBERKÄFERUnterwegs im Krabbler mitPorsche-Genen, einer RALLYE-LEGENDEaus den 70er-Jahren

Der Rallye-Käfer kann auch Autobahn. Mit über 190 km/h Spitze sorgt der Krabbler für Überraschungen auf der linken Spur

Nur fast original: Nach dem Ableben des Originalmotors röhrt heute ein optimierter „Typ4“-Vierzylinder mit 132 PS im Salzburg-Käfer

Rolls-Royce Dawn aber, diesem 5 Meter 29 langen Koloss,herrschen auch in der zweiten Reihe erstklassige Platzver-hältnisse. Gleichzeitig ist man dem Fahrer näher, als es sichChauffeur und Arbeitgeber gewöhnlich sind: Der Dawn istweniger der Rolls, mit dem man sich ins Büro bringen lässt,in dieses Auto lädt man seine Freunde ein.

Durch deren Haare zaust allerdings selbst im Rolls-Royceder Wind, da nimmt die Natur keine Rücksicht auf men-schengemachte Luxusprodukte. Aber wir wollen nicht ha-dern. Hadern ist uncool, wenn man in einem 330.000-Euro-Auto sitzt und gerade nicht weiß, ob das Meer rechts von derKüstenstraße der Atlantik oder der Indische Ozean ist.

bauer aus. Schon damals schraubteJung-Gerd hauptsächlich an Alteisen.Blechteile hat er gefertigt für „Kam-mandschia“, wie wir im Pott sagen, fürKäfer Cabrio und Porsche und undund. Wie man Blech in Form bringt,führte er mir in seiner Werkstatt vor.Kanten, stauchen, dann noch ein biss-chen strecken. Fertig ist ein Karosse-rieteil. „Damit reparieren wir einenScheibenrahmen“, sinniert Gerd, wäh-rend sich unter seinen Riesenhändendas nächste Blech formt wie Pizzateig.

Der Blechzauberer, der Käfer und ichsind derweil in einem Wald kurz vorHattingen angekommen. Das Ruhr-gebiet ist hier saftig und grün. Regentropft von den Bäumen. Die Ruhrschlängelt sich bleigrau zwischenStrommasten, Industriekultur undFachwerkhäusern. Die Straßen sindeng; „ZONG!“ macht der Käfer beim

Durchfahren der Schlaglöcher. Hat dasDing überhaupt Stoßdämpfer? „Das istein Rallye-Käfer“, erläutert Gerd undlässt den Krabbler genüsslich über eineweitere Serie Schlaglöcher donnern.Ich sitze also nicht in irgendeinemTuning-Opfer der Siebziger. Ich sitze ineiner Ikone der Käfergeschichte. Einemder seltensten VW Käfer überhaupt.Den „Rallye-Käfer“ baute Porsche (!)Salzburg als ernst zu nehmendes Wett-bewerbsfahrzeug Anfang der Siebzigerund schuf damit eine Legende. FünfzigStück gab es. Heute gibt es noch sechs.Weltweit. „Vielleicht auch acht oderzehn“, spekuliert Gerd. „Das weiß kei-ner so genau. Die wurden immer weg-geschmissen, wenn sie kaputt waren.“Und kaputt gingen die Sportkäferschnell. „Mehr als ein Rennen haben

TEXT ANSGAR FULLANDFOTOS THOMAS FAEHNRICH

S

Diese Nonchalance gehört zum Umgang mit einem Rolls-Royce, weil er von allem im Überfluss hat. Fahrkomfort,Verarbeitungsniveau, Materialauswahl, Motorleistung, übernichts braucht der Mensch am Steuer im Ansatz nachzuden-ken. Als Symbol für diese Haltung ist der Verzicht auf einenDrehzahlmesser im Armaturenbrett zu werten. Statt dessen

baut Rolls-Royce eine „PowerReserve“-Anzeige ein. Meis-tens pendelt deren Zeiger umdie 90-Prozent-Marke, mangondelt also mit 60 bis 120 der570 PS durch die Gegend undnutzt den Zwölfzylinder-Dop-pelturbo unter der Haubeniemals aus.

Was den Besitzer eines sol-chen Autos wirklich mit sei-nem Wagen verbindet, dasentsteht in der Abteilung, fürdie Alex Innes zuständig ist:Bespoke design. Fast keinerder knapp 4000 Rolls-Royce,die pro Jahr gebaut werden, istein Auto von der Stange. Ei-gentlich hat jeder Kunde Son-derwünsche, beim TopmodellPhantom sind es tatsächlich100 Pozent, aber auch die klei-neren Modelle Ghost (Limou-sine), Wraith (Coupé) undjetzt auch der Dawn werden inihrer großen Mehrheit indivi-duell ausgestattet. Innes er-zählt von einem amerikani-schen Yachtensammler, derseinen neuen Rolls-Royce

passend zum Stil seiner Boote haben wollte. Damit sich In-nes etwas darunter vorstellen konnte, schickte der Mann einFlugticket und lud den Designer zu sich nach Neufundlandein. „Es waren sicher 500 Meilen bis zur nächsten Stadt“,erzählt Innes, „der Mann lebte da einsam und exklusiv wieein James-Bond-Schurke.“ Und wollte sich das ganze Wo-chenende nur über Design unterhalten.

Auch für Rolls-Royce-Chef Müller-Ötvös besteht ein gro-ßer Reiz seines Berufes darin, interessante Menschen kennenzu lernen. In den sieben Jahren seiner Amtszeit seien dieKunden jünger und globaler geworden. „Unser Kunde istextrem gut ausgebildet, kosmopolitisch und im Durchschnittnur noch 45 Jahre alt. Rein rechnerisch kommt auf jeden60-Jährigen ein 30-Jähriger, der eines unserer Autos kauft.“

Ist es da ein Wunder, dass Rolls-Royce nun auch ein SUVentwickelt? Auch das wird gut gehen, kein Zweifel, denn dieZielgruppe der extrem Reichen, für die selbst der Erwerbeines Phantom kaum ein Fünfzigstel ihres flüssigen Ver-mögens verschlingt, wächst jedes Jahr um drei Prozent.

Inzwischen haben wir das Verdeck des Dawn kurz ge-schlossen, und ja, es fühlt sich tatsächlich an, als sei derDawn das leiseste Cabrio der Welt. Man kann das geradenicht überprüfen, aber man ertappt sich dabei, dass man esglauben will. Für Alex Innes zählt natürlich die Optik nochetwas mehr. „Geschlossen sieht er aus wie ein Hot-Rod“, sagtder Designer. Innes ist vor gut sieben Jahren zu Rolls-Roycegestoßen, direkt von der Hochschule in Coventry, jetzt ist er30 und fragt sich manchmal, was da noch kommen soll. Vorallem, wenn er an seinen Studienfreund denkt, der jetzt füreinen Massenhersteller gestaltet. „Wir arbeiten beide geradean einem Getränkehalter fürs Auto. Seine Herausforderungist, die Kunststoffkosten um 30 Cent pro Stück zu senken –während ich überlege, ob wir das Teil komplett aus Stahloder komplett aus Aluminium machen.“

Rolls-Royce Dawn: 6,6 l, 570 PS, 250 km/h, 329.630 €

die 1,6-Liter-Vierzylindermotoren nichtgehalten. Mit 126 PS waren sie am ab-soluten Limit des damals Machbaren.“

Als Gerd den kleinen Österreichervor einigen Jahren leblos aus einerScheune zog, gab es den Originalmotorin Teilen dazu. Der Vierzylinder warnicht mehr zu retten. Diagnose: mehr-facher Riss im Motorblock durch aku-ten Eisbach. Bei Rallyes keine Selten-heit und tödlich für eine heißgemachteMaschine. Das Getriebe fehlte ganz.Keine wirkliche Herausforderung füreinen Schrauber aus der KruppstadtEssen. Gerd „optimierte“ den deutsch-österreichischen Volkssportler mit denPorsche-Genen daher ein wenig. Des-sen neues Herz ist ein Typ4-Motor, wieer auch im Bus oder dem Volksporsche914 zum Einsatz kam. In der Gerd-und-Manfred-Version bringt er heute ent-spannte 132 PS. Und zwar bei sagenhaft

geringen 3200 Umdrehungen und ei-nem Fahrzeuggewicht von 890 Kilo.

Doch nackte Zahlen werden demKrabbler nicht gerecht. Diesen Rallye-Käfer muss man fahren, spüren undhören. Das Röhren, Kreischen undWimmern der gequälten Pneus gehörtdazu. Gerd am Momo-Sportvolantzirkelt knapp an den Füßen des Foto-grafen vorbei. Die Hinterreifen suchenjubelnd und hilflos Halt auf demAsphalt. Jetzt erwische ich Gerd beimGrinsen. Ob er noch Hobbys habe,außer Schrauben, Käfer und Strich-Acht, frage ich mal pro forma. „MeinBeruf ist mein Hobby“ kommt zwi-schen zwei Gasstößen, bevor der Käferzum ersten Mal am heutigen Tage einerSerie Schlaglöcher ... ausweicht. Dabeihatte ich mich gerade daran gewöhnt.

Ganz klar: Der Überkäfermacht süchtig.

Rolls-Royce-Designer Alex Innes kannsich am Dawn und an dessen Luxus-details nicht sattsehen, mochte aberauch das Shooting am Busbahnhof

Stef

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Page 12: %6 .$)45 6/4 /&6(*&3*( - Die Welt · FOTO RUBIO / WITTERS Thomas Faehnrich. eute, im Ernst, es reicht. Ich bin es unend-lich leid, fast täglich von einer Person A zu hören, dass

r war der Fast-and-Furious seinerZunft: Ritchie Blackmore, Mitbe-gründer der Hardrockbands DeepPurple und Rainbow, war immer sehrschnell, wild und unberechenbar. EinGitarren-Gott, der seine Fender Stra-tocaster regelmäßig zu Kleinholz ver-arbeitete, mit Riffs und Soli Genera-

tionen von Gitarristen prägte. Blackmore hat mehrere Hym-nen an die Geschwindigkeit mitkomponiert. „Highway Star“von Deep Purple: Eight cylinders all mine, alright, hold tight,I'm a highway star. Oder später bei Rainbow, „Death AlleyDriver“ mit einem Gitarren-Intro wie ein aufheulender Mo-tor: Livin’ at high speed. Blackmore trat 1997 zum letzten Malmit Rainbow auf, gründete danach mit seiner späteren Ehe-frau Candice Night die Gruppe Blackmore’s Night und spieltseitdem Renaissance-Rock, vor allem in deutschen Burgenund Schlössern. Im Sommer nimmt der 70-jährige Engländereine Auszeit vom Mittelalter – und gibt mit seiner neu for-mierten Band Rainbow zwei Konzerte: auf der Loreley (17. Ju-ni) und in Bietigheim-Bissingen (18. Juni). Grund genug, ummit ihm über das Spannungsfeld zwischen Geschwindigkeitund Entschleunigung und über sein erstes Auto zu sprechen.

PS WELT: Mister Blackmore, wie kommt es, dass Sieerst mit 39 Jahren Ihren Führerschein gemacht haben?RITCHIE BLACKMORE: Weil mir das vorher einfach egalwar. Ich mache immer Dinge, die andere Leute so nicht ma-chen würden. Liegt wohl daran, dass ich schon immer eineschwierige, manche sagen auch: renitente Person war. ZurHölle mit dem, was andere über mich sagen.

Mit 39 waren Sie ein Weltstar. Mit Deep Purple wurdenSie in Privatjets oder Helikoptern geflogen oder vomChauffeur zu Auftritten gefahren. Angenehmes Leben?Die Helikopter und Jets haben wir während der großen Tour-neen von Deep Purple benutzt, als wir vor 100.000 und mehrMenschen spielten. Hat schon Spaß gemacht.Wenn ich heuteKonzerte gebe, ist das ein viel kleinerer Rahmen. Manchmalhabe ich noch einen Fahrer – aber ich fahre auch gerne selbst.

Erinnern Sie sich an das erste Auto, das Sie sich nachbestandener Führerschein-Prüfung gekauft haben?Sicher. Ich wollte unbedingt einen deutschen Wagen. Ichhabe Deutschland schon immer geliebt, hatte eine Zeit langin Hamburg gelebt. Vor allem faszinieren mich deutscheSchlösser und Burgen. Also, ich kaufte mir einen Mercedes.Das ist mehr als 20 Jahre her – und ich besitze ihn heutenoch. Viele meiner Bekannten ziehen mich manchmal auf:„Ritchie, du musst dir mal endlich einen anderen Wagenkaufen.“ Will ich aber nicht. Leider ist es auf Long Island, woich mit meiner Familie lebe, schwierig, jemanden zu finden,der so einen alten Mercedes noch repariert.

Was ist an diesem alten Mercedes so besonders?Mein Mercedes ist wie ein alter Freund. Er ist ein 300 SE. Ichmag ihn sehr, auch wenn er längst nicht mehr so läuft, wie

man es von einem Auto eigentlich erwarten darf. Die Leutehalten mich für verrückt, dass ich ihn noch nicht verschrottethabe. „Du kannst ihn ja oft nicht mal mehr starten“, lästernsie dann, „kauf dir endlich einen neuen.“ Ich halte immerdagegen: „Ist schon okay so. Ich habe mich daran gewöhnt.“

Ist aber blöd, wenn ein Auto nicht mehr anspringt, oder?Mit Fingerspitzengefühl geht immer was. Eine Zeit lang binich mit meinem Mercedes nur noch kurze Strecken gefahren– nur so weit, dass ich notfalls zu Fuß nach Hause gehenkonnte, wenn der Wagen mal wieder liegen geblieben war.

Wie weit haben Sie sich mit Ihrem Auto denn noch raus-gewagt?Vier oder fünf Kilometer. Wenn ich weiter weg fahren muss,nehme ich mit meiner Frau Candice und unseren Kindernden Familienwagen, einen Ford SUV. Mit dem Mercedes isthalt jede Fahrt ein Vabanquespiel, weil ich nie weiß, auf wel-che Weise ich nach Hause kommen werde (lacht).

Haben Sie sich das Autoreparieren jetzt selbst beige-bracht, wenn es kaum passende Mechaniker gibt?Nein. Es gibt in der Gegend zwar einen Mechaniker, der mir

et für meinen Geschmack eigentlich ein bisschen zu präten-tiös ist. Ich mag lieber den gotischen oder den barocken Stil.

Hamburg.Da würde ich das Schloss Tremsbüttel nahe Ahrensburgnehmen, liegt etwa 30 Kilometer nordöstlich von Hamburg.

München.Von München aus würde ich mich auf den Weg zum SchlossEggersberg im Altmühltal machen.

Stuttgart.Da buche ich das Schloss Haigerloch, südlich von Stuttgart.

Nürnberg.Von Nürnberg würde ich auch nach Schloss Eggersberg fah-ren, ist nur eine Stunde entfernt, südlich gelegen.

Und Berlin?Berlin ist ein Problem, es gibt dort kaum Schlösser. In ver-gangenen Jahren habe ich das Schloss Cecilienhof empfohlen.

Mit „Highway Star“ haben Sie den ultimativen Rock-Song über Autos und Geschwindigkeit komponiert. Undso spielen Sie in dem Song ja auch Gitarre – als wolltenSie die Schallmauer durchbrechen ...Ja, das macht auch Spaß. Bloß: Geschwindigkeit ist nichtalles. Es kam mir bei meinen Soli nie nur auf das Tempo an,immer auch auf die Melodie, die Phrasierung.

Schnelles Fahren macht also auch keinen Spaß?Nachdem ich meinen Führerschein hatte, bin ich schon ger-ne schnell gefahren. Aber nach einer Weile schaltest du run-ter. Wenn ich selbst fahre, fahre ich eher langsam, egal ob inDeutschland oder in Amerika. Ist eine Vorsichts-maßnahme: Es gibt zu viele Idioten auf den Straßen.

Wir leben in einer Welt mit unglaublich viel Lärm, akus-tischer Umweltverschmutzung. Da habe ich gerne mal meineRuhe. Heute ist der gesamte Alltag sehr viel lauter geworden,als er damals war. Alle sind ständig per Kopfhörer mit ihrenSmartphones verbunden, starren gleichzeitig auf die Dis-plays. Jeder ist ständig auf Social Media und checkt, ob dasgepostete Foto von seinem Frühstück gerade viral geht. Irre!

Sie haben doch selbst eine Facebook-Seite. Das machen andere für mich, meine Frau zum Beispiel. Ichschaue mir das oft auch gar nicht an. Ich lebe nun schonlange genug, um mich mit diesem Zeug nicht mehr beschäfti-gen zu müssen.

Im Sommer werden Sie doch noch einmal laut: Sie ha-ben junge Musiker um sich gescharrt und geben dreiKonzerte unter dem Namen Ihrer alten Hardrockband

Rainbow – eines davon auf der Loreley. Haben Siesich schon eine Route dorthin ausgesucht?Noch nicht, die Rheinstraße ist natürlich sehr schönzu befahren. Da könnte ich stundenlang aus dem Fens-ter schauen. In den meisten Schlössern am Rhein habeich schon übernachtet.

Sie kennen sich mit deutschen Burgen undSchlössern vermutlich besser aus als ich.Das sagen mir viele Deutsche (lacht). Deutsche Burgen undSchlösser sind seit 40 Jahren meine Leidenschaft. Ich solltemal einen Reiseführer schreiben. Ich habe mich schon fürSchlösser interessiert, als wir noch mit Deep Purple auf Tour-nee in Deutschland waren. So oft es ging, habe ich mich nachSchlössern in der Gegend umgesehen und dort übernachtet.

Sie sind das menschliche Navigationsgerät für Burgenund Schlösser?Ja, hehehe.

Machen wir ein Spiel: Ich nenne Ihnen eine deutscheGroßstadt, und Sie sagen mir, welches Schloss Sie inder Nähe empfehlen können.Yeah. Legen Sie los.

Köln.Mal überlegen, von Köln aus würde ich wohl weiter nachNorden fahren ins Schlosshotel Hugenpoet bei Essen. InEssen habe ich immer die Grugahalle geliebt – klasse Akus-tik, großartiges Rock’n’Roll-Publikum. Obwohl das Hugenpo-

den Wagen repariert – nur nimmt er dafür jedes Mal un-glaublich viel Geld. Dass der sich nicht schämt! Wenn dueinen Mercedes fährst, denken alle, dass sie dich über denTisch ziehen können, weil du sehr viel Geld haben musst.

Was bei Ihnen ja nicht ganz von der Hand zu weisen ist.Mir geht es ums Prinzip. Ich finde das schlimm – der Merce-des-Konzern sollte sich mal darum kümmern, dass bestimm-te Werkstätten so viel Geld für Reparaturen verlangen.

In den letzten Jahren gingen Sie regelmäßig mit Black-more’s Night in Deutschland auf Tournee, spielten Mu-sik aus dem Mittelalter – meistens in Burgen undSchlössern. Die Helikopter sind passé, wie reisen Sieheute durch Deutschland – im Bus oder im Auto?Manchmal fahre ich im Bus mit der Band, oft haben meineFrau und ich einen Fahrer. Manchmal fahre ich auch selbst.

Wenn ich selbst am Steuer sitze, wähle ich meist bewusstlängere Strecken aus. Ich möchte beim Fahren etwas von derGegend sehen, auf der Autobahn geht das nicht.

Haben Sie Lieblingsrouten in Deutschland?Ich fahre am liebsten auf Landstraßen, die durch deutscheDörfer führen. Die Gegend um Nürnberg mag ich besonders.Ich komme gerne langsam beim nächsten Auftrittsort an. Aufder Autobahn ist das Panorama doch immer das gleiche.Und: I don’t like the Stau! Wenn ich auf der Autobahn fest-sitze, dann kommt mir das immer wie eine Ewigkeit vor.

Hören Sie Musik beim Fahren?Klar, ich habe immer CDs mit mittelalterlicher Musik dabei.

Kein Hochgeschwindigkeits-Rock?Nee, nicht im Auto. Wenn ich einen Fahrer habe und Renais-sance-Musik auflege, wird der allerdings verrückt (lacht).Manchmal will ich beim Fahren auch gar nichts hören. Ein-fach nur Stille. Ich schätze die Stille sehr, auch im Auto.

Mit Deep Purple hatten Sie sich seinerzeit gebrüstet, dielauteste Band der Welt zu sein.

Er schrieb „Highway Star“, die ultimativeGeschwindigkeitshymne. Ein Benzingespräch mitDEEP-PURPLE-LEGENDE Ritchie Blackmore

„I don’t like the Stau“

Mercedes und Helikopter: Mit Rainbow undDeep Purple (kl. Foto) genoss Ritchie Blackmore (unten, 2.v.l.) das Rockstar-Leben

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DAS AUTOMAGAZIN DER WELT AM SONNTAG20

VON MARTIN SCHOLZ

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Page 13: %6 .$)45 6/4 /&6(*&3*( - Die Welt · FOTO RUBIO / WITTERS Thomas Faehnrich. eute, im Ernst, es reicht. Ich bin es unend-lich leid, fast täglich von einer Person A zu hören, dass