23
cos j ¼ n 0 1 n 0 2 ¼ A 1 A 2 þ B 1 B 2 þ C 1 C 2 ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi A 2 1 þ B 2 1 þ C 2 1 p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi A 2 2 þ B 2 2 þ C 2 2 p 5.2.6 Koordinatentransformationen Parallelverschiebung (Bild 19). Sie ist gekennzeichnet durch einen Verschiebungsvektor u, durch den das Koordinatensy- stem ðO; e 1 ; e 2 ; e 3 Þ in das Koordinatensystem ðO 0 ; e 1 ; e 2 ; e 3 Þ ɒbergefɒhrt wird. Fɒr einen Punkt P des Raums gilt dann OP ı! ¼ OO 0 ıı ! þ O 0 P ı! mit dem Verschiebungsvektor u ¼ OO 0 ıı ! . Fɒr OP ı! ¼ xe 1 þ ye 2 þ ze 3 ; OO 0 ıı! ¼ ae 1 þ be 2 þ ce 3 ; O 0 P ı ! ¼ x 0 e 1 þ y 0 e 2 þ z 0 e 3 hat die Parallelverschiebung die Koordina- tendarstellung ðx; y; zÞ¼ðx 0 ; y 0 ; z 0 Þþða; b; cÞ¼ðx 0 þ a; y 0 þ b; z 0 þ cÞ: Drehung (Bild 20). Durch sie wird das Koordinatensystem ðO; e 1 ; e 2 ; e 3 Þ in ðO; e 0 1 ; e 0 2 ; e 0 3 ) ɒbergefɒhrt. Fɒr die orthonor- mierten Basisvektoren e 0 1 ; e 0 2 ; e 0 3 ; die in dieser Reihenfolge po- sitiv orientiert sind, gelten die Gleichungen e 0 1 ¼ cos a 1 e 1 þ cos b 1 e 2 þ cos g 1 e 3 ; e 0 2 ¼ cos a 2 e 1 þ cos b 2 e 2 þ cos g 2 e 3 ; e 0 3 ¼ cos a 3 e 1 þ cos b 3 e 2 þ cos g 3 e 3 ; wobei cos a i ¼ e 0 i e 1 ; cos b i ¼ e 0 i e 2 ; cos g i ¼ e 0 i e 3 (i=1, 2, 3) die Richtungskosinusse von e 0 i sind (auf Bild 20 sind nur die Winkel a 1 ; b 1 ; g 1 angegeben, die der Basisvektor e 0 1 mit den Basisvektoren e 1 ; e 2 ; e 3 des Ausgangssystems einschließt). Fɒr einen beliebigen Raumpunkt P gilt dann OP ı! ¼ r ¼ x 0 e 0 1 þ y 0 e 0 2 þ z 0 e 0 3 ¼ xe 1 þ ye 2 þ ze 3 : Skalare Multiplikation dieser Gleichung mit e 0 1 ; e 0 2 ; e 0 3 liefert die Transformationsgleichungen fɒr eine Drehung. x 0 ¼ cos a 1 x þ cos b 1 y þ cos g 1 z; y 0 ¼ cos a 2 x þ cos b 2 y þ cos g 2 z; z 0 ¼ cos a 3 x þ cos b 3 y þ cos g 3 z; x 0 y 0 z 0 0 B @ 1 C A ¼ cos a 1 cos b 1 cos g 1 cos a 2 cos b 2 cos g 2 cos a 3 cos b 3 cos g 3 0 B @ 1 C A x y z 0 B @ 1 C A ¼ A x y z 0 B @ 1 C A: Da die Basisvektoren e 0 1 ; e 0 2 ; e 0 3 orthonormiert sind, gilt die Matrizengleichung AA T ¼ E bzw. A T ¼ A 1 ; wobei A T die transponierte und A 1 die inverse Matrix von A ist (s. A 3.2.4). Matrizen mit dieser Eigenschaft heißen orthogonal. Da außerdem die Basisvektoren e 0 1 ; e 0 2 ; e 0 3 positiv orientiert sind, gilt DetA ¼jA1. Matrizen A mit den Eigenschaften AA T ¼ E und jA1 heißen „eigentlich orthogonal“. Damit ist jede Drehung durch eine eigentlich orthogonale Matrix charakterisiert. 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild- und Bildmenge. Ist D eine Teilmenge der reellen Zahlen, D Ì R, und ist jedem x 2 D genau eine reelle Zahl y 2 R zugeordnet, dann ist auf D eine reellwertige Funktion f definiert, symbolisch ausgedrɒckt f : D ! R oder ¼ f ðxÞ fɒr x 2 D: D heißt Definitions-, Argument- oder Urbildmenge von f. Das dem Argument oder Urbild x 2 D zugeordnete Element y=f(x) heißt Bild von x oder Funktionswert f(x). Die Menge B(f) aller Bilder f(x) heißt Bildmenge: Bðf Þ¼ff ðxÞjx 2 Dg¼fyjy ¼ f ðxÞ fɒr x 2 Dg: Graph der Funktion f, in Zeichen [f], ist die Menge aller ge- ordneten Paare (x, f(x)): ½f ĸ¼fðx; f ðxÞÞjx 2 Dg¼fðx; yÞjy ¼ f ðxÞ fɒr x 2 Dg: Die geometrische Darstellung der geordneten Zahlenpaare (x, f(x)) als Punkte in einem kartesischen Koordinatensystem gibt das graphische Bild von f wieder. Zwei Funktionen f und g heißen gleich, in Zeichen f=g, wenn sie die gleiche Defini- tionsmenge D haben und f(x)=g(x) fɒr alle x 2 D. Funktio- nen kɆnnen durch Zahlengleichungen mit zwei Variablen x und y, Wertetabellen, ihr graphisches Bild oder dergleichen erklȨrt sein. Beispiel 1: y=1/x (Bild 1 a). – Diese Funktion ist explizit durch eine Gleichung erklȨrt mit D=R«0} und B( f )=R«0}. Beispiel 2: Fðx; yÞ¼ x 2 þ y 2 1 ¼ 0 und y ^0. – Diese Funktion (Bild 1 b) ist implizit durch eine Gleichung und explizit durch eine Ungleichung erklȨrt. Sie ist mit der Funktion gleich, die explizit durch die Gleichung y ¼ ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi 1 x 2 p erklȨrt ist. D=[– 1, 1], B( f )=[0, 1]. Beispiel 3: y ¼ x 2 fɒr 0 % x % 1 x þ 2 fɒr 1 < x % 2: & – Die Funktion (Bild 1 c) ist explizit durch zwei Gleichungen erklȨrt. D=[0, 2], B(f)=[0, 1]. Beispiel 4: y=0, wenn x eine rationale Zahl ist, und y=1, wenn x eine irrationale Zahl ist. – Diese Funktion, die auch Dirichlet-Funkti- on heißt, ist durch eine mit Worten ausgedrɒckte Zuordnungsvor- schrift erklȨrt. D=R, B(f)={0, 1}. Das graphische Bild der Funktion ist nicht darstellbar. A 50 Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung A Bild 19. Parallelverschiebung Bild 20. Drehung

6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

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cosj¼ n01n0

2 ¼A1A2þB1B2þC1C2ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

A21þB2

1þC21

p ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiA2

2þB22þC2

2

p

5.2.6 Koordinatentransformationen

Parallelverschiebung (Bild 19). Sie ist gekennzeichnet durcheinen Verschiebungsvektor u, durch den das Koordinatensy-stem ðO;e1;e2;e3Þ in das Koordinatensystem ðO0;e1;e2;e3Þ�bergef�hrt wird. F�r einen Punkt P des Raums gilt dann

OP�!¼OO0

��!þO0P��!

mit dem Verschiebungsvektor u ¼OO0��!

.

F�r OP�!¼ xe1þ ye2þ ze3;OO0

��!¼ ae1þ be2þ ce3;O

0P��!¼

x0e1 þ y0e2þ z0e3 hat die Parallelverschiebung die Koordina-tendarstellung

ðx;y; zÞ ¼ ðx0;y0; z0Þþ ða;b;cÞ ¼ ðx0 þ a;y0 þ b; z0 þ cÞ:

Drehung (Bild 20). Durch sie wird das KoordinatensystemðO;e1;e2;e3Þ in ðO;e01;e

02;e03) �bergef�hrt. F�r die orthonor-

mierten Basisvektoren e01;e02;e03; die in dieser Reihenfolge po-

sitiv orientiert sind, gelten die Gleichungen

e01 ¼ cosa1e1þ cosb1e2þ cosg1e3;

e02 ¼ cosa2e1þ cosb2e2þ cosg2e3;

e03 ¼ cosa3e1þ cosb3e2þ cosg3e3;

wobei cosai ¼ e0ie1; cosbi ¼ e0ie2; cosgi ¼ e0ie3 (i=1, 2, 3)

die Richtungskosinusse von e0i sind (auf Bild 20 sind nur dieWinkel a1;b1;g1 angegeben, die der Basisvektor e01 mit denBasisvektoren e1;e2;e3 des Ausgangssystems einschließt).F�r einen beliebigen Raumpunkt P gilt dann

OP�!¼ r¼ x0e01þ y0e02þ z0e03 ¼ xe1þ ye2þ ze3:

Skalare Multiplikation dieser Gleichung mit e01;e02;e03 liefert

die Transformationsgleichungen f�r eine Drehung.

x0 ¼ cosa1xþ cosb1yþ cosg1z;

y0 ¼ cosa2xþ cosb2yþ cosg2z;

z0 ¼ cosa3xþ cosb3yþ cosg3z;

x0

y0

z0

0B@

1CA¼

cosa1 cosb1 cosg1

cosa2 cosb2 cosg2

cosa3 cosb3 cosg3

0B@

1CA

x

y

z

0B@

1CA¼ A

x

y

z

0B@

1CA:

Da die Basisvektoren e01;e02;e03 orthonormiert sind, gilt die

Matrizengleichung AAT ¼E bzw. AT ¼ A�1; wobei AT dietransponierte und A�1 die inverse Matrix von A ist (s.A3.2.4). Matrizen mit dieser Eigenschaft heißen orthogonal.Da außerdem die Basisvektoren e01;e

02;e03 positiv orientiert

sind, gilt DetA¼ jAj ¼ 1. Matrizen A mit den EigenschaftenAAT ¼E und jAj ¼ 1 heißen „eigentlich orthogonal“. Damitist jede Drehung durch eine eigentlich orthogonale Matrixcharakterisiert.

6 Differential- und Integralrechnung

U. Jarecki, Berlin

6.1 Reellwertige Funktionen einer reellenVariablen

6.1.1 Grundbegriffe

Urbild- und Bildmenge. Ist D eine Teilmenge der reellenZahlen, D�R, und ist jedem x2D genau eine reelle Zahly2R zugeordnet, dann ist auf D eine reellwertige Funktion fdefiniert, symbolisch ausgedr�ckt

f : D!R oder¼ f ðxÞ f�r x 2D:

D heißt Definitions-, Argument- oder Urbildmenge von f. Dasdem Argument oder Urbild x2D zugeordnete Elementy=f(x) heißt Bild von x oder Funktionswert f(x). Die MengeB(f) aller Bilder f(x) heißt Bildmenge:

Bðf Þ ¼ ff ðxÞjx 2Dg ¼ fyjy¼ f ðxÞ f�r x 2Dg:

Graph der Funktion f, in Zeichen [f], ist die Menge aller ge-ordneten Paare (x, f(x)):

½f � ¼ fðx; f ðxÞÞjx 2Dg ¼ fðx;yÞjy¼ f ðxÞ f�r x 2Dg:Die geometrische Darstellung der geordneten Zahlenpaare (x,f(x)) als Punkte in einem kartesischen Koordinatensystemgibt das graphische Bild von f wieder. Zwei Funktionen f undg heißen gleich, in Zeichen f=g, wenn sie die gleiche Defini-tionsmenge D haben und f(x)=g(x) f�r alle x2 D. Funktio-nen k�nnen durch Zahlengleichungen mit zwei Variablen xund y, Wertetabellen, ihr graphisches Bild oder dergleichenerkl�rt sein.

Beispiel 1: y=1/x (Bild 1 a). – Diese Funktion ist explizit durch eineGleichung erkl�rt mit D=R«0} und B( f )=R«0}.

Beispiel 2: Fðx;yÞ ¼ x2 þ y2 � 1¼ 0 und y ^ 0. – Diese Funktion(Bild 1 b) ist implizit durch eine Gleichung und explizit durch eineUngleichung erkl�rt. Sie ist mit der Funktion gleich, die explizit durchdie Gleichung y¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� x2p

erkl�rt ist. D=[– 1, 1], B( f )=[0, 1].

Beispiel 3: y¼ x2 f�r 0 % x % 1�xþ 2 f�r 1< x % 2:

�– Die Funktion (Bild 1 c)

ist explizit durch zwei Gleichungen erkl�rt. D=[0, 2], B(f)=[0, 1].

Beispiel 4: y=0, wenn x eine rationale Zahl ist, und y=1, wenn xeine irrationale Zahl ist. – Diese Funktion, die auch Dirichlet-Funkti-on heißt, ist durch eine mit Worten ausgedr�ckte Zuordnungsvor-schrift erkl�rt. D=R, B(f)={0, 1}. Das graphische Bild der Funktionist nicht darstellbar.

A 50 Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung

A

Bild 19. ParallelverschiebungBild 20. Drehung

Page 2: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

Beschr�nktheit. Eine Funktion f auf D heißt beschr�nkt,wenn es eine untere und eine obere Schranke m und M gibt,so daß m% f(x)% M f�r alle x2D. Untere Grenze von f istdie gr�ßte untere Schranke, und obere Grenze von f ist diekleinste obere Schranke.

Beispiel 1: Die Funktion y¼ sinx f�r x2R ist beschr�nkt und hat dieobere Grenze 1 und die untere Grenze -1.

Beispiel 2. Die Funktion y=1/x f�r x>0 ist nicht beschr�nkt, da siekeine obere Schranke besitzt. Sie ist aber nach unten beschr�nkt undhat die untere Grenze 0.

Eine Funktion f heißt gerade bzw. ungerade, wennf (–x)=f(x) bzw. f (–x)=–f (x). So ist die Funktiony¼ f ðxÞ ¼ x2 f�r x2R gerade und y¼ f ðxÞ ¼ x3 f�r x2R un-gerade.

Periodizit�t. Die Funktion f auf D heißt periodisch mit derPeriode l, wenn f(x+l)=f(x) f�r alle x2 D. So ist die Funk-tion y¼ tanx periodisch mit der Periode p.

Monotonie. Gilt f�r eine Funktion f auf D f�r alle x1 2D undx2 2D : Wenn x1 < x2, so f ðx1Þ% f ðx2Þ bzw. wenn x1 < x2,so f ðx2Þ% f ðx1Þ, dann heißt sie monoton steigend bzw. fal-lend. Gilt statt „ %“ die Relation „<“, so ist die Monotoniestreng.

Eindeutigkeit. Die Funktion f auf D heißt umkehrbar eindeu-tig oder eineindeutig, wenn f�r alle x1;x1 2D gilt: Wennx1 6¼ x2 , so f ðx1Þ 6¼ f ðx2Þ oder wenn f ðx1Þ ¼ f ðx2Þ, so x1 ¼ x2.Jede streng monotone Funktion ist umkehrbar eindeutig.

Umkehrbarkeit. Ist f eine umkehrbar eindeutige Funktionauf D, so hat jedes Element y2B(f) genau ein Urbild x2D.Inverse Funktion oder Umkehrfunktion von f ist dann diejenigeFunktion, die jedem Bild y=f(x) sein Urbild x zuordnet. Siehat das Symbol f�1, und es gilt die �quivalenz y=f(x) genaudann, wenn x¼ f�1ðyÞ: f ist auch inverse Funktion von f�1 .

Werden – wie �blich – die Argumente mit x und die Bildermit y bezeichnet, dann lautet die Darstellung f�r die inverseFunktion y¼ f�1ðxÞ, wobei x2 B(f) und y2D. Durch denTausch der Variablen x und y geht das Paar (x, y) aus [ f ] indas Paar (y, x) �ber. Dies bedeutet, daß das graphische Bildvon f�1 aus dem graphischen Bild von f durch Spiegelung ander Geraden y=x hervorgeht (Bild 2).

6.1.2 Grundfunktionen

Potenzfunktionen

Die Potenzfunktion y¼ xa ist im allgemeinen Fall nur f�r po-sitive Argumente x erkl�rt.a nichtnegative ganze Zahl. y¼ xn ðn¼ 0;1;2 . . .Þ ist f�r allereellen Argumente x erkl�rt, wobei x0 � 1. Sie ist f�r alle ge-raden Exponenten eine gerade und f�r alle ungeraden Expo-nenten eine ungerade Funktion. Ihre Bilder sind Parabeln(Bild 3 a) durch den Punkt (1,1).

I6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen A 51

A

Bild 1. Funktion mit zwei Variablen. a y=1/ x; b y¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� x2p

; c y¼ x2 0 % x % 1�xþ 2 1 % x % 2

Bild 2. Inverse Funktion

Bild 3. Potenzfunktionen. a y¼ xn ; n¼ 0;1;2 . . . ; b y¼ x�n ; n¼ 1;2;3 . . . ; c y¼ffiffiffixnp¼ x1=n ; n¼ 2;3;4 . . . ; d y¼ 1=

ffiffiffixnp¼ x�1=n ; n¼ 2;3;4 . . . ; e Neil-

sche Parabel y2 ¼ x3

Page 3: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

a negative ganze Zahl. y¼ x�n ðn¼ 1;2;3 . . .Þ ist f�r alleArgumente x 6¼0 erkl�rt. Sie ist f�r gerades n eine gerade undf�r ungerades n eine ungerade Funktion. Ihre Bilder sind Hy-perbeln (Bild 3 b) durch den Punkt (1,1).a rationale Zahl. y¼ x1=n ¼

ffiffiffixnpðn¼ 2;3;4 . . .Þ ist f�r alle

Argumente x ^0 erkl�rt. Sie heißt auch Wurzelfunktion undist Inverse von y¼ xn f�r x ^ 0. Ihr Bild ist eine Halbparabeldurch den Punkt (1,1). Sie kann f�r gerades bzw. ungerades ndurch die Funktion y¼�

ffiffiffixnp

mit x ^0 bzw. y¼�ffiffiffiffiffiffi�xnp

mitx %0 zu einer Vollparabel mit der Gleichung yn ¼ x erg�nztwerden. Im Bild 3 c sind die erg�nzenden Halbparabeln getri-chelt.

Funktion y¼ x�1=n ¼ 1=ffiffiffixnp; n¼ 2;3;4 . . . . Sie ist f�r alle Ar-

gumente x>0 erkl�rt. Sie ist die inverse Funktion vony¼ x�n mit x>0. Ihr Bild ist eine Halbhyperbel durch denPunkt (1, 1). Sie kann f�r gerades bzw. ungerades n durch dieFunktion y¼�x�1=n mit x>0 bzw. y¼�ð�xÞ�1=n mit x<0zu einer Vollhyperbel y�n ¼ x erg�nzt werden. Im Bild 3 dsind die erg�nzenden Halbhyperbeln gestrichelt.

Funktion y¼ x3=2 ¼ xffiffiffixp

(Bild 3 e). Sie ist f�r x ^0 erkl�rt.Ihr Bild ist der positive Ast p der Neilschen Parabel y2 ¼ x3,deren negativer Ast nBild von y¼�x3=2 ¼�x

ffiffiffixp

mit x>0ist.

Exponential- und Logarithmusfunktion (Bild 4)

Exponentialfunktion. Definitionsgleichung: y¼ expðxÞ ¼ ex:DðexpÞ ¼ ð�1;1Þ¼R; BðexpÞ ¼ ð0;1Þ¼Rþ (s. Anh.A10 Tab. 6).

Logarithmusfunktion. Definitionsgleichung: y¼ lnx:DðlnÞ ¼ ð0;1Þ¼Rþ; BðlnÞ ¼ ð�1;1Þ¼R.Beide Funktionen sind streng monoton wachsend und zuein-ander invers.

Hyperbel- und Areafunktionen sowie trigonometrischeund zyklometrische (arcus-)Funktionen (s. A4.2)

Hilfsfunktionen (Bild 5 a–c), die h�ufig benutzt werden,sind

aÞ y¼ jxj ¼x f�r x ^ 0

� x f�r x % 0;

bÞ y¼ sgnðxÞ ¼1 f�r x> 0

0 f�r x¼ 0 und

�1 f�r x< 0;

8><>:

cÞ y¼ ½x� ¼ n 2Z; wenn n % x< nþ 1:

6.1.3 Einteilung der Funktionen

Algebraische Funktionen

Eine Funktion y=f(x) heißt algebraisch, wenn sie eine L�-sung der Gleichung

PnðxÞyn þPn�1ðxÞyn�1þ . . .þP1ðxÞyþP0ðxÞ ¼ 0

ist, wobei die Ausdr�cke PiðxÞ ði¼ 0;1;2; . . . ; nÞ Polynomein x sind. So ist die Funktion y¼ x�

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi2x� 1p

algebraisch, dasie eine L�sung der Gleichung y2� 2xyþ x2� 2xþ 1¼ 0 ist.Sonderf�lle von algebraischen Funktionen sind:

ganzrationale Funktionen oder Polynome n-ten Grades

y¼ PnðxÞ a0 6¼ 0

¼ a0xnþ a1xn�1þ a2xn�2þ . . .þ an�1xþ an

gebrochenrationale Funktionen

y¼QmðxÞPnðxÞ

¼ b0xmþ b1xm�1þ b2xm�2þ . . .þ bm�1xþ bm

a0xnþ a1xn�1þ a2xn�2þ . . .þ an�1xþ an:

F�r m^n heißen sie unecht, f�r m<n echt gebrochen.Algebraische Funktionen, die nicht rational sind heißen irra-tional (z.B. y¼

ffiffiffixp

).

Transzendente Funktionen

Sie sind nicht algebraisch. Zu ihnen geh�ren beispielsweisedie trigonometrischen Funktionen (s. A 4.2).

6.1.4 Grenzwert und Stetigkeit

Grundbegriffe. Es werden die Umgebungs-Definitionen ein-gef�hrt.

U�d ðaÞ ¼ fx j a� d<;x % ag ¼ ða� d;a�; links bzw:

Uþd ðaÞ ¼ fx j a % x< aþ dg ¼ ½a;aþ dÞ rechtsseitige

UdðaÞ ¼ fx j jx� aj¼ fx j a� d< x< aþ dg von a

¼ ða� d;aþ dÞUMð1Þ ¼ fx jM < xg ¼ ðM;1Þ; Umgebung

UMð�1Þ¼ fx j x<�Mg ¼ ð�1;�MÞ von�1

Hierbei bedeuten d und M beliebige positive Zahlen. Wird dieZahl a bei der (links-, rechtsseitigen) Umgebung von a ausge-schlossen, so heißt die Restmenge gelochte oder punktierte(links-, rechtsseitige) Umgebung von a.

Grenzwert. Der Definitionsbereich D der Funktion f besitzeeinen H�ufungswert x0 , der auch uneigentlich sein kann. Eine

A 52 Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung

A

Bild 4. Exponential- und Logarithmusfunktion

Bild 5. Hilfsfunktionen. a y=x; b y¼ sgnðxÞ ; c y=[x]

Page 4: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

Zahl g heißt (links-, rechtsseitiger) Grenzwert der Funktion fauf D f�r x gegen x0 ðx! x0Þ, wenn es zu jeder Umgebung Vvon g eine (links-, rechtsseitige) Umgebung U von x0 gibt, sodaß f (x)2V f�r alle x2U und x 6¼ x0: g kann hierbei auch 1oder -1 sein und heißt dann uneigentlicher Grenzwert. Ist gder Grenzwert schlechthin oder der links- bzw. rechtsseitigeGrenzwert, so wird symbolisch geschrieben

limx!x0

f ðxÞ ¼ g; limx!x0�0

f ðxÞ ¼ g¼ f ðx0� 0Þ;

limx!x0þ0

f ðxÞ ¼ g¼ f ðx0þ 0Þ:

Beispiel 1: Die Funktion f ðxÞ ¼ ðx2 � 1Þ=ðxþ 1Þ auf D=R\ {–1} hatwegen ðx2 � 1Þ=ðxþ 1Þ ¼ x� 1 (x 6¼– 1) den Grenzwert – 2 f�r x!– 1, d.h. lim

x!�1f ðxÞ ¼�2.

Beispiel 2: Die Signum-Funktion (Bild 5 b)

sgnðxÞ ¼1 f�r x> 00 f�r x¼ 0�1 f�r x< 0

8<: hat f�r x!0 keinen Grenzwert. Es existie-

ren aber die einseitigen Grenzwerte

limx!þ0

sgnðxÞ ¼ 1¼ sgnðþ0Þ und limx!�0

sgnðxÞ ¼�1¼ sgnð�0Þ:

Beispiel 3: Die Tangens-Funktion f ðxÞ ¼ tanx auf ð�p=2;p=2Þ hat inden Randpunkten des Intervalls die einseitigen uneigentlichen Grenz-werte

limx!p=2�0

tanx¼1¼ tanðp=2� 0Þ bzw:

limx!�p=2þ0

tanx¼�1¼ tanð�p=2þ 0Þ:

Beispiel 4: Die auf R definierte Funktion f ðxÞ ¼ e�1=x f�r x 6¼ 00 f�r x¼ 0

hat f�r x!0 keinen Grenzwert, den rechtsseitigen Grenzwertlim

x!þ0f ðxÞ ¼ 0 und den linksseitigen uneigentlichen Grenzwert

limx!�0

f ðxÞ ¼1. F�r x!1 und x! -1 existiert der Grenzwert

limx!�1

f ðxÞ ¼ 1.

Grenzwerts�tze („lim“ steht f�r „ limx!x0

“). Existieren die

Grenzwerte lim f ðxÞ ¼ a und limgðxÞ ¼ b, dann gilt

limaf ðxÞ ¼ a lim f ðxÞ ¼ aa;

limðf ðxÞ� gðxÞÞ ¼ lim f ðxÞ� limgðxÞ ¼ a� b;

limðf ðxÞ � gðxÞÞ ¼ lim f ðxÞ � limgðxÞ ¼ ab;

limf ðxÞgðxÞ ¼

lim f ðxÞlimgðxÞ ¼

a

b; ðb 6¼ 0Þ:

Die S�tze gelten auch f�r einseitige Grenzwerte und f�rx!�1 .

Stetigkeit. Die Funktion f auf D heißt in x0 2D oder an derStelle x0 2D (links-, rechtsseitig) stetig, wenn gilt: Zu jederUmgebung V von f ðx0Þ gibt es eine (links-, rechtsseitige)Umgebung U von x0, so daß f(x)2V f�r alle x2U oder: Esgibt zu jedem e>0 ein d>0, so daß jf ðxÞ� f ðx0Þj< e f�r allex mit jx� x0j< d. Die Funktion f auf D ist in x0 2D genaudann stetig, wenn lim

x!x0

f ðxÞ ¼ f ðx0Þ: f heißt stetig auf D, wenn

f an jeder Stelle x2D stetig ist.

6.1.5 Ableitung einer Funktion

Differenzenquotient. Er ist erkl�rt f�r die Funktion f auf Ddurch

f ðxÞ� f ðx0Þx� x0

¼ f ðx0þDxÞ� f ðx0ÞDx

¼ Df ðx0ÞDx

mit x;x0 2D und Dx¼ x� x0 6¼ 0.

Differenzierbarkeit. Die Funktion f heißt in x0 2D differen-zierbar, wenn der Differenzenquotient f�r x! x0 bzw. f�rDx! 0 einen Grenzwert (Bild 6), in Zeichen f 0ðx0Þ; besitzt.

limx!x0

f ðxÞ� f ðx0Þx� x0

¼ limDx!0

f ðx0þDxÞ� f ðx0ÞDx

¼ limDx!0

Df ðx0ÞDx

¼ f 0ðx0Þ

f 0ðx0Þ heißt die Ableitung der Funktion f in x0. F�r das Ablei-tungssymbol f 0 sind auch die Zeichen df=dx oder Df �blich.

Beispiel: f ðxÞ ¼ 3x2 þ 2: – Der Differenzenquotient lautet mitx¼ x0 þDx

f ðxÞ� f ðx0Þx� x0

¼ 3x2 � 3x20

x� x0¼ 3ðx� x0Þðxþ x0Þ

x� x0¼ 3ðxþ x0Þ

¼ 3ð2x0 þDxÞ; x 6¼ x0; Dx 6¼ 0:

Ableitung von f in x0 ist

f 0ðx0Þ ¼Df ðx0Þ ¼df

dxðx0Þ ¼ lim

x!x0

3ðxþ x0Þ

¼ limDx!0

3ð2x0 þDxÞ ¼ 6x0 :

Eine Funktion f heißt auf D differenzierbar, wenn sie an jederStelle x2D eine Ableitung f 0ðxÞ besitzt. Die dann auf D er-kl�rte Funktion f 0 wird als abgeleitete Funktion oder kurz alsAbleitung von f bezeichnet. Ableitungen der Grundfunktionens. Tab. 1.

Ableitungsregeln. Sind die Funktionen f und g auf D in x2D differenzierbar, dann gilt

ðaf ðxÞÞ0 ¼ af 0ðxÞ; a 2R;

ðf ðxÞþ gðxÞÞ0 ¼ f 0ðxÞþ g0ðxÞ;ðf ðxÞ � gðxÞÞ0 ¼ f 0ðxÞ � gðxÞþ f ðxÞ � g0ðxÞ;

f ðxÞgðxÞ

� �0¼ f 0ðxÞ � gðxÞ� f ðxÞ � g0ðxÞ

g2ðxÞ ; gðxÞ 6¼ 0:

Beispiele:

dð2x3 � 3xþ 1Þ=dx¼ 6x2 � 3;

dðx lnxÞ=dx¼ ln xþ 1;

ddx

sinh x

cosh x

� �¼ cosh2 x� sinh2 x

cosh2 x¼ 1

cosh2 x:

Kettenregel. Ist die Funktion f in x und die Funktion g inz=f(x) differenzierbar, so ist die zusammengesetzte Funktiong f in x differenzierbar, und es gilt

ðgðf ðxÞÞÞ0 ¼ g0ðzÞ � f 0ðxÞ mit z¼ f ðxÞ:

Beispiel: gðf ðxÞÞ ¼ lncosx; x 2 ð�p=2;p=2Þ: – z¼ f ðxÞ ¼ cos x,

gðzÞ ¼ ln z; g0ðzÞ ¼ 1=z; f 0 ðxÞ ¼� sin x:

dðlncosxÞ=dx¼ ð1=cosxÞ � ð� sinxÞ ¼� tanx:

I6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen A 53

A

Bild 6. Geometrische Deutung der Ableitung

Page 5: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

Logarithmische Ableitung. Nach der Kettenregel gilt f�r dieAbleitung der zusammengesetzten Funktion y¼ ln f ðxÞ mitf(x)>0

ðln f ðxÞÞ0 ¼ f 0ðxÞ=f ðxÞ oder f 0ðxÞ ¼ ðln f ðxÞÞ0 � f ðxÞ:

Beispiel: f ðxÞ ¼ ð2x� 1Þffiffiffixp=ðxþ 1Þ,

ln f ðxÞ ¼ lnð2x� 1Þþ ð1=2Þ ln x� lnðxþ 1Þ:

f 0ðxÞ ¼ 22x� 1

þ 12x� 1

xþ 1

� �ð2x� 1Þ

ffiffiffixp

xþ 1:

Ableitung inverser Funktionen. Ist f eine auf D stetige,streng monotone und in x2D differenzierbare Funktion mitf 0ðxÞ 6¼ 0, dann ist die inverse Funktion f�1 in y=f(x) diffe-renzierbar, und es gilt

f�10ðyÞ ¼ 1=f 0ðxÞ mit x¼ f�1ðyÞ:

Beispiel: y¼ f ðxÞ ¼ sinx;x 2 ð�p=2;p=2Þ;x¼ f�1ðyÞ ¼ arcsiny:

f 0ðxÞ ¼ cosx¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� y2

p. Damit ist

f�10 ðyÞ ¼ dðarcsinyÞ=dy¼ 1=f 0ðxÞ ¼ 1=cosx¼ 1=ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� y2

p:

Ableitungen h�herer Ordnung. Die n-te Ableitung einerFunktion f auf D ist die 1. Ableitung der Ableitung (n-1)-terOrdnung.

f ðnÞ ¼ dnf

dxn ¼Dnf ðn¼ 0;1;2 . . .Þ

Die Ableitung nullter Ordnung ist dabei die Funktion f. Die 1.bis 3. Ableitung wird mit f 0; f 00 bzw. f 000 gekennzeichnet.

Beispiel: f ð0ÞðxÞ ¼ f ðxÞ ¼ x4 þ 3x2 � x: – f 0ðxÞ ¼ 4x3 þ 6x� 1,

f 00ðxÞ ¼ 12x2 þ 6; f 000ðxÞ ¼ 24x; f ð4ÞðxÞ ¼ 24;

f ðnÞðxÞ ¼ 0 f�r n ^ 5:

Formel von Leibniz:

ðf ðxÞ � gðxÞÞðnÞ ¼Xn

k¼0

n

k

� �f ðn�kÞðxÞ � gðkÞðxÞ:

6.1.6 Differentiale

Funktionsdifferential. Ist die Funktion f auf D in x2D diffe-renzierbar und Dx¼ h der Zuwachs des Arguments, dann istf 0ðxÞ �Dx¼ f 0ðxÞ � h¼ df ðxÞ das Funktionsdifferential. WegenDx¼ h¼ dx f�r f(x)=x gilt df ðxÞ ¼ f 0ðxÞdx, so daßf 0ðxÞ ¼ df ðxÞ=dx wird, wobei f 0ðxÞ ¼ df ðxÞ=dx Differential-quotient heißt. Bei einer in x differenzierbaren Funktion f giltf�r den Funktionszuwachs

Df ðxÞ ¼ df ðxÞþ hðx;DxÞ �Dx mit limDx!0

hðx;DxÞ ¼ 0:

Beispiel 1: f ðxÞ ¼ 1þ sinx: –

df ðxÞ ¼ dð1þ sinxÞ ¼ ð1þ sinxÞ0dx¼ cosx dx:

Insbesondere ergibt sich hieraus f�r das Funktionsdifferential in p=3mit dem Argumentzuwachs 0,5 der Wert cosp=3 � 0;5¼ 0;25.

Beispiel 2. F�r das Differential einer zusammengesetzten Funktionh=g f mit h(x)=g(f(x)) ergibt sich

dhðxÞ ¼ dðgðf ðxÞÞÞ ¼ g0 ðf ðxÞÞ � f 0ðxÞdx¼ g0 ðf ðxÞÞdf ðxÞ:

F�r hinreichend kleine Dx¼ h gilt die N�herungsformel

Df ðdxÞ � df ðxÞ oder f ðxþDxÞ� f ðxÞ � f 0ðxÞDx:

Beispiel: N�herungsformel f�r eh bei kleinem h. – Es istDex ¼ exþh � eh und dex ¼ exh. F�r | h |<<1 gilt exþh � eh � exh odereh � 1þ h mit x=0. F�r h¼�0;012 ergibt sich hierause�0;012 � 1� 0;012¼ 0;988 (Tabellenwert e�0;012 ¼ 0;98807).

Differentiale h�herer Ordnung. F�r eine Funktion f auf D,die in x2 D n-mal differenzierbar ist, ist das Differential n-ter Ordnung dnf ðxÞ in x mit dem Argumentzuwachs dx erkl�rtdurch

dnf ðxÞ ¼ f ðnÞðxÞdxn:

Beispiel: y¼ f ðxÞ ¼ xn ; x2R und n2N. –

dkxn ¼nðn� 1Þðn� 2Þ . . . ðn� kþ 1Þdxn�kdxk 1 % k < nn!dxn k¼ n0 k> n:

8<:

Hieraus ergibt sich f�r y¼ x3, x=2, dx¼ 0;5

y0 ¼ 3x2 ; dy¼ 12 � 0;5¼ 6; y00 ¼ 6x; d2y¼ 12 � 0;52 ¼ 3;

y000 ¼ 6; d3y¼ 6 � 0;53 ¼ 0;75; yðnÞ ¼ 0; dny¼ 0 f�r n ^ 4:

6.1.7 S�tze �ber differenzierbare Funktionen

Satz von Rolle (Bild 7). Ist f eine auf dem abgeschlossenenIntervall [a, b] stetige und auf dem offenen Intervall (a, b)differenzierbare Funktion mit f(a)= f(b), dann gibt es eineStelle c2 (a, b) mit f 0ðcÞ ¼ 0.Mittelwertsatz (Bild 8). Ist f eine auf dem abgeschlossenenIntervall [a, b] stetige und auf dem offenen Intervall (a, b)

A 54 Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung

ATabelle 1. Ableitungen der Grundfunktionen

Bild 7. Satz von Rolle Bild 8. Mittelwertsatz

Page 6: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

differenzierbare Funktion, dann gibt es ein c2 (a, b) oder einJ2 (0, 1), so daß

f 0ðcÞ ¼ f 0ðaþ Jðb� aÞÞ ¼ f ðbÞ� f ðaÞb� a

ist. Hieraus folgt: Ist die Ableitung der auf (a, b) differenzier-baren Funktionen f �berall Null, dann ist f auf (a, b) eine kon-stante Funktion. Besitzen die auf (a, b) differenzierbarenFunktionen f und g die gleiche Ableitung, dann unterscheidensie sich auf (a, b) h�chstens durch eine additive Konstante.

Beispiel: Die beiden Funktionen f ðxÞ ¼ arcsin x und gðxÞ ¼�arccos x

haben auf (�1, 1) die gleiche Ableitung f 0ðxÞ ¼ g0ðxÞ ¼ 1=ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� x2p

.– Wegen f ðxÞ� gðxÞ ¼ arcsinxþ arccosx¼ p=2 unterscheiden sichbeide Funktionen auf (�1, 1) durch die additive Konstante p=2.

Verallgemeinerter Mittelwertsatz. Sind f und g auf [ a, b]stetige und auf (a, b) differenzierbare Funktionen und istg0ðxÞ 6¼ 0 f�r x2 (a, b), dann gibt es ein c2 (a, b) oder einJ2 (0, 1), so daß gilt

f 0ðcÞg0ðcÞ ¼

f 0ðaþ Jðb� aÞÞg0ðaþ Jðb� aÞÞ ¼

f ðbÞ� f ðaÞgðbÞ� gðaÞ :

Taylorsche Formel. Ist f in der Umgebung Udðx0Þ ¼ ðx0 � d;x0þ dÞ (n+1)-mal differenzierbar, dann gibt es zu jedem hmit x0þ h 2Udðx0Þ eine solche Zahl J2 (0, 1), so daß

f ðx0þ hÞ ¼f ðx0Þþf 0ðx0Þ

1!hþ f 00ðx0Þ

2!h2þ . . .

þ f ðnÞðx0Þn!

hnþRnðx0;hÞ;

gilt, wobei

Rnðx0;hÞ ¼f ðnþ1Þðx0 þJhÞðnþ 1Þ! hnþ1:

Diese Gleichung heißt Taylorsche Formel mit dem Restglied(von Lagrange) Rnðx0;hÞ.Mit der Substitution x0þ h¼ x lautet die Taylorsche Formel

f ðxÞ ¼f ðx0Þþf 0ðx0Þ

1!ðx� x0Þþ

f 00ðx0Þ2!ðx� x0Þ2þ . . .

þ f ðnÞðx0Þn!

ðx� x0ÞnþRnðx0;xÞ;

wobei Rnðx0;xÞ ¼ f ðnþ1Þðx0þJðx�x0ÞÞðnþ1Þ! ðx� x0Þnþ1 .

Formel von Maclaurin. F�r x0 ¼ 0 ergibt sich

f ðxÞ ¼f ð0Þþ f 0ð0Þ1!

xþ f 00ð0Þ2!

x2þ . . .

þ f ðnÞð0Þn!

xnþ f ðnþ1ÞðJxÞðnþ 1Þ! xnþ1

mit 0<J<1.

Mit der Taylor und Maclaurin-Formel (s. Tab. 2) k�nnenFunktionen durch Polynome approximiert werden, wobei dasRestglied eine globale Absch�tzung des Fehlers f�r die Um-gebung Udðx0Þ erm�glicht.

Beispiel 1: f ðxÞ ¼ sinx. – Die k-te Ableitung der Sinus-Funktion lau-tet sinðkÞðxÞ ¼ sinðxþ k �p=2Þ. Hieraus ergibt sich f�r x=0

sinðkÞð0Þ ¼ sinðk �p=2Þ ¼0 f�r k¼ 0;2;4 . . .1 f�r k¼ 1;5;9 . . .�1 f�r k¼ 3;7;11 . . . :

8<:

Damit ergibt sich aus der Maclaurin-Formel f�r die Sinus-Funktiondie Darstellung:

sinx¼ x� x3

3!þ x5

5!� . . .þRn mit

Rn ¼sinðJxþðnþ 1Þp=2Þ

ðnþ 1Þ! xnþ1:

Beispiel 2: Die Zahl e soll mit einer Genauigkeit von 10�5 bestimmtwerden. – F�r x=1 ergibt sich aus der Maclaurin-Formel f�r die exp-Funktion e¼ 1þ 1

1!þ 12!þ . . .þ 1

n!þRn mit Rn ¼ expðJÞðnþ1Þ! ;0< J< 1, oder

0< e�Xn

k¼0

1k!¼ Rn ¼

expðJÞðnþ 1Þ!<

eðnþ 1Þ!<

3ðnþ 1Þ!.

F�r n=8 ist 3ðnþ1Þ!¼ 3

9!< 10�5 , so daß die Absch�tzung

0< e�X8

k¼0

1k!< 10�5 oder

X8

k¼0

1k!< e<

X8

k¼0

1k!þ 10�5

gilt. Es istX8

k¼0

1k!� 2;7182788, w�hrend f�r e mit derselben Stellen-

zahl e� 2;7182818 gilt.

6.1.8 Monotonie, Konvexit�t und Extrema vondifferenzierbaren Funktionen

Monotonie. Aus dem Mittelwertsatz folgt: Ist die Funktion fauf dem offenen Intervall (a, b) differenzierbar und ist dort�berall f 0ðxÞ> 0 bzw. f 0ðxÞ< 0, dann ist f auf dem Intervallstreng monoton wachsend bzw. fallend (Bild 9 a, b).

Beispiel: f ðxÞ ¼ lnx;x 2 ð0;1Þ. – Wegen f 0ðxÞ ¼ 1=x> 0 f�r 0<x istdie Logarithmus-Funktion auf dem Intervall (0, 1 ) streng monotonwachsend.

Konvexit�t. Die Funktion f heißt auf dem Intervall (a, b)streng konvex, wenn f�r je zwei Stellen x1 2 ða;bÞ undx2 2 ða;bÞ mit x1 < x< x2 die Ungleichung

f ðxÞ< f ðx1Þþf ðx2Þ� f ðx1Þ

x2� x1ðx� x1Þ ¼ sðxÞ

I6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen A 55

A

Tabelle 2. Maclaurin-Darstellung einiger Funktionen

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f�r alle x 2 ðx1;x2Þ gilt. Die Ordinate s(x) der Sekanten durchðx1; f ðx1ÞÞ und ðx2; f ðx2ÞÞ f�r x1 < x< x2 ist also gr�ßer alsdie Ordinate f(x) des graphischen Bilds von f. Mit der Substi-tution x¼ t1x1þ t2x2 l�ßt sich die Ungleichung auch schrei-ben

f ðt1x1þ t2x2Þ< t1f ðx1Þþ t2f ðx2Þ;

wobei t1þ t2 ¼ 1 und t1; t2 > 0 ist.Die Funktion f heißt auf (a, b) streng konkav, wenn die Funk-tion - f auf (a, b) streng konvex ist. Ist die Funktion f auf demIntervall (a, b) zweimal differenzierbar und ist dort �berallf 00ðxÞ> 0 bzw. f 00ðxÞ< 0, dann ist f auf (a, b) streng konvexbzw. streng konkav (Bild 9 c, d). So ist f ðxÞ ¼ lnx; x2 (0,1 ), wegen f 00ðxÞ ¼�1=x2 < 0 eine streng konkave Funktionauf (0, 1 ). Die Definitionen der Konvexit�t und Konkavit�tsind nicht einheitlich.

Maxima und Minima (gemeinsam heißen sie auch Extrema;Bild 10). F�r eine Funktion f auf dem Intervall I heißt f ðx0Þstrenges oder eigentliches Maximum bzw. Minimum, wennes eine ganze in I enthaltene Umgebung Udðx0Þ ¼ ðx0� d;x0þ dÞ� I gibt, so daß gilt:

f ðxÞ< f ðx0Þ bzw: f ðxÞ> f ðx0Þ

f�r alle x 2Udðx0Þ und x 6¼ x0 . Diese Extrema sind relativeoder lokale Maxima oder Minima. Zur Unterscheidung hier-von heißt das eventuell existierende Maximum bzw. Mini-mum der Funktion f auf I absolutes oder globales Extremum.Besitzt die Funktion f in x0 ein Extremum und existiert dortdie 1. Ableitung f 0ðx0Þ, dann ist f 0ðx0Þ ¼ 0. Bei differenzier-baren Funktionen sind die Tangentensteigungen (Bild 11) inExtrempunkten notwendig Null.

Hinreichendes Kriterium f�r ein strenges Maximum oder Mi-nimum, das meist ausreicht, ist: Besitzt die Funktion f in einer

Umgebung von x0 eine stetige 2. Ableitung, dann hat dieFunktion f in x0 ein

strenges Maximum; wenn f 0ðx0Þ ¼ 0 und f 00ðx0Þ< 0;strenges Minimum; wenn f 0ðx0Þ ¼ 0 und f 00ðx0Þ> 0:

Das Kriterium ist f�r f 00ðx0Þ ¼ 0 nicht anwendbar.

Beispiel: f ðxÞ ¼ x lnx;0< x; f 0ðxÞ ¼ lnxþ 1; f 00ðxÞ ¼ 1=x: – Ausf 0ðxÞ ¼ lnxþ 1¼ 0 folgt x¼ 1=e, d.h., wenn f auf (0, 1 ) ein Extre-mum besitzt, so kann es nur in 1/e sein. Nun ist f 00ð1=eÞ> 0. Ausf 0ð1=eÞ ¼ 0 und f 00ð1=eÞ> 0 folgt nach dem hinreichenden Kriterium,daß die Funktion f in 1/e das strenge Minimum f ð1=eÞ ¼�1=e be-sitzt.

Allgemeines Kriterium. Hat die Funktion f in einer Umgebungvon x0 eine stetige Ableitung (n+1)-ter Ordnung und istf 0ðx0Þ ¼ f 00ðx0Þ ¼ . . .¼ f ðnÞðx0Þ ¼ 0 und f ðnþ1Þðx0Þ 6¼ 0 f�reine ungerade Zahl n, dann hat die Funktion f in x0 ein

strenges Maximum f�r f ðnþ1Þðx0Þ< 0;

strenges Minimum f�r f ðnþ1Þðx0Þ> 0:

Beispiel: Die Funktion f ðxÞ ¼ x4 besitzt in 0 offensichtlich das stren-ge und sogar absolute Minimum f(0)=0, und es ist

f 0ð0Þ ¼ f 00ð0Þ ¼ f 000ð0Þ ¼ 0 und f ð4Þð0Þ ¼ 24> 0:

Wendepunkt. Ein Punkt ðx0; f ðx0ÞÞ des Graphen von f heißtWendepunkt (Bild 12) oder die Funktion f hat in x0 einenWendepunkt, wenn die abgeleitete Funktion f 0 in x0 ein stren-ges Extremum besitzt.Hat also die Funktion f in einer Umgebung von x0 eine stetigeAbleitung (n+1)-ter Ordnung und gilt

f 00ðx0Þ ¼ f 000ðx0Þ ¼ . . .¼ f ðnÞðx0Þ und

f ðnþ1Þðx0Þ 6¼ 0

f�r eine gerade Zahl n, dann hat f in x0 einen Wendepunkt.Dies gilt besonders, wenn f 00ðx0Þ ¼ 0 und f 000ðx0Þ 6¼ 0 ist.

Beispiel:f ðxÞ ¼ x2 lnx; f 0ðxÞ ¼ 2x ln xþ x; f 00ðxÞ ¼ 2 ln xþ 3; f 000ðxÞ ¼ 2=x f�rx>0. – Aus der notwendigen Bedingung f�r einen Wendepunkt

A 56 Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung

A

Bild 9. Funktionsverlauf. a streng monoton wachsend; b streng mono-ton fallend; c streng konvex; d streng konkav

Bild 10. Extrema Bild 12. Riemann-Summe

Bild 11. Extrema und Wendepunkte

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f 00ðxÞ ¼ 2 ln xþ 3¼ 0 ergibt sich x0 ¼ expð�1;5Þ. Ferner istf 000ðx0Þ ¼ 2expð1;5Þ 6¼ 0. Die Funktion f hat in expð�1;5Þ den einzi-gen Wendepunkt auf (0, 1 ).

6.1.9 Grenzwertbestimmung durch Differenzieren.Regel von de l�Hospital

Das Zeichen „lim“ steht abk�rzend f�r „ limx!x0

“, wobei x0 ei-

gentlicher oder uneigentlicher H�ufungswert �1 ist (s.A6.1.4).

Unbestimmter Ausdruck 0/0. Erste Regel von de l�Hospital:

Ist lim f ðxÞ ¼ 0 und limgðxÞ ¼ 0, dann gilt limf ðxÞgðxÞ ¼

limf 0ðxÞg0ðxÞ, falls der letzte Grenzwert eigentlich oder uneigent-

lich existiert. Sind f 0 und g0 in x0 stetig und g0ðx0Þ 6¼ 0, dannist nach den Grenzwerts�tzen (s. A6.1.4)

limf ðxÞgðxÞ ¼

f 0ðx0Þg0ðx0Þ

:

Ist lim f 0ðxÞ ¼ 0 und limg0ðxÞ ¼ 0, dann kann dieselbe Regelnoch einmal angewandt werden.

Beispiel: limx!0

1� cosx

x2¼ lim

x!0

sinx

2x¼ lim

x!0

cosx

2¼ 1

2.

Unbestimmter Ausdruck 1 /1 . Zweite Regel von de l�Ho-spital: Ist lim f ðxÞ ¼1 und limgðxÞ ¼1, dann gilt

limf ðxÞgðxÞ ¼ lim

f 0ðxÞg0ðxÞ, falls der letzte Grenzwert eigentlich oder

uneigentlich existiert. Ist lim f 0ðxÞ ¼1 und limg0ðxÞ ¼1,dann kann dieselbe Regel noch einmal angewandt werden.

Beispiel: limx!1

x

ln x¼ lim

x!1

11=x¼1.

Sonderformen. Die Ausdr�cke 0 �1;1�1;11;00;10

werden auf 0/0 oder 1 /1 zur�ckgef�hrt.

0 �1 : limx!þ0

x � lnx¼ limx!þ0

lnx

1=x¼ lim

x!þ0

1=x

�1=x2¼ lim

x!þ0ð�xÞ ¼ 0:

1�1 : limx!0

1sin x� 1

x

� �¼ lim

x!0

x� sinx

x sinx¼ lim

x!0

1� cosx

sinxþ xcosx

¼ limx!0

sin x

2cos x� x sinx¼ 0

2¼ 0:

11 : limx!1ð1þ 3=xÞx ¼ lim

x!1expðx lnð1þ 3=xÞÞ

¼ exp limx!1

lnð1þ 3=xÞ1=x

� �¼ exp3:

00 : limx!þ0

ffiffiffixp x ¼ lim

x!þ0expðx ln

ffiffiffixpÞ

¼ expð0;5 � limx!þ0ðx lnxÞÞ ¼ exp0¼ 1:

10 : limx!1

x1=x¼ limx!1

expð1=x lnxÞ¼expð limx!1

lnx=xÞ¼exp0¼ 1:

6.1.10 Das bestimmte Integral

Definition. Zugrunde gelegt wird eine auf einem abge-schlossenen Intervall I=[ a, b] definierte und dort be-schr�nkte Funktion f. Durch eine Zerlegung Z: x0 ¼ a<x1 < x2 < x3 < . . .< xn�1 < xn ¼ b mit den Teilungspunktenx1;x2;x3; . . . ; xn�1 wird das Intervall I in n TeilintervalleI1 ¼ ½x0;x1�; I2 ¼ ½x1;x2�; . . . ; In ¼ ½xn�1;xn� mit den L�ngenDx1 ¼ x1� x0; Dx2 ¼ x2� x1; . . . ; Dxn ¼ xn� xn�1 zerlegt.Die maximale L�nge dðZÞ ¼max1%k%n Dxk heißt Feinheit derZerlegung Z. In jedem Teilintervall Ik ðk¼ 1;2; . . . ;nÞ wirdein beliebiger Punkt �xk 2 Ik ¼ ½xk�1;xk� gew�hlt. Die Folgeð�xkÞ1%k%n heißt Belegung B der Teilintervalle.

F�r die Zerlegung Z und die Belegung B wird die Riemann-Summe

SðZ;BÞ ¼f ð�x1ÞDx1þ f ð�x2ÞDx2þ . . .

þ f ð�xnÞDxn ¼Xn

k¼1

f ð�xkÞDxk

gebildet. Ist f �berall positiv, dann gibt die Riemann-Summegeometrisch die Summe der Inhalte von Rechtecken wieder(Bild 12). Ihr Grenzwert f�r dðZÞ! 0 wird als bestimmtes(Riemann-)Integral der Funktion f im Intervall [a, b] bezeich-net:

limn!1

Xn

k¼1

f ð�xkÞDxk ¼Zb

a

f ðxÞdx:

Bei dem bestimmten Integral heißen f Integrand, x Integrati-onsvariable, a untere und b obere Integrationsgrenze, wobeia< b. F�r eine auf dem abgeschlossenen Intervall [a, b] mo-notone oder stetige Funktion f existiert dieser Grenzwert, undf ist �ber [a, b] integrierbar.

Geometrische Deutung. Die Riemann-Summe stellt bei posi-tiven oder auch nichtnegativen Funktionen f geometrisch eineSumme von Rechteckinhalten (Bild 12) dar, wobei die Recht-ecke die Fl�che zwischen dem graphischen Bild von f und derx-Achse um so besser approximieren, je feiner die Zerlegungdes Intervalls [ a, b] ist. Ist also die Funktion f auf [a, b] nicht-negativ und �ber [a, b] integrierbar, dann betr�gt der Inhalt Ader Fl�che unter dem Graph von f (Bild 13 a)

A¼Zb

a

f ðxÞ dx:

Eigenschaften. Mit den Definitionen

Za

a

f ðxÞ dx¼ 0 undZb

a

f ðxÞ dx¼�Za

b

f ðxÞ dx f�r b< a

gilt f�r beliebige Zahlen a, b und c eines abgeschlossenen In-tegrationsintervalls

Zb

a

f ðxÞ dxþZc

b

f ðxÞ dxþZa

c

f ðxÞ dx¼ 0;

Zb

a

cf ðxÞ dx¼ c

Zb

a

f ðxÞ dx mit c 2R

Zb

a

ðf ðxÞ� gðxÞÞ dx¼Zb

a

f ðxÞ dx�Zb

a

gðxÞ dx:

I6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen A 57

A

Bild 13. Bestimmtes Integral. a Fl�cheninhalt; b Mittelwertsatz

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Ungleichungen. F�r a<b gelten

Zb

a

f ðxÞ dx

%Zb

a

jf ðxÞj dx;

Zb

a

f ðxÞ dx %

Zb

a

gðxÞ dx; wenn f ðxÞ% gðxÞ:

Zb

a

f ðxÞgðxÞ dx

0@

1A

2

%

Zb

a

f 2ðxÞ dx �Zb

a

g2ðxÞ dx;

Zb

a

ðf ðxÞþ gðxÞÞ dx

%Zb

a

jf ðxÞj dxþZb

a

jgðxÞj dx:

Die beiden letzten heißen auch Schwarzsche und Dreiecks-Ungleichung.

Mittelwertsatz der Integralrechnung (Bild 13 b). Ist f eineauf dem abgeschlossenen Intervall [ a, b] stetige Funktion,dann gibt es eine Stelle x2 [ a, b], so daß

Zb

a

f ðxÞ dx¼ f ðxÞðb� aÞ oder f ðxÞ ¼ 1b� a

Zb

a

f ðxÞ dx

gilt. f(x) heißt Mittelwert der Funktion f im Intervall [ a, b].

6.1.11 Integralfunktion, Stammfunktin und Hauptsatzder Differential- und Integralrechnung

Integralfunktion. Ist die Funktion f �ber dem abgeschlosse-nen Intervall [ a, b] integrierbar und ist x0 ein beliebiger aberfester Wert aus [a, b], dann ist ihre Integralfunktion

FðxÞ ¼Zx

x0

f ðtÞ dt mit x 2 ½a;b�:

Jede Integralfunktion einer auf [a, b] stetigen Funktion f istdifferenzierbar, und es gilt

F0ðxÞ ¼ ddx

Zx

x0

f ðtÞ dt¼ f ðxÞ f�r alle x 2 ½a;b�:

Stammfunktion. Eine auf einem Intervall I differenzierbareFunktion F heißt Stammfunktion der Funktion f auf I, wenn

F0ðxÞ ¼ f ðxÞ f�r alle x 2 I:

Sind F1 und F2 zwei Stammfunktionen von f auf I, dann ist

F02ðxÞ�F01ðxÞ ¼ dðF2ðxÞ�F1ðxÞÞ=dx¼ 0 oder

F2ðxÞ�F1ðxÞ ¼ c

f�r alle x2 I (c Konstante). Zwei Stammfunktionen einerFunktion f unterscheiden sich also h�chstens durch eine Kon-stante.

Beispiel: Die beiden Funktionen

F1ðxÞ ¼�cosx und F2ðxÞ ¼ 2 sin2ðx=2Þ

sind wegen F01ðxÞ ¼ F02ðxÞ ¼ sinx Stammfunktionen von f ðxÞ ¼ sinx:Sie unterscheiden sich auf R durch die additive Konstante 1.

Hauptsatz der Differential- und Integralrechnung. Ist feine auf dem abgeschlossenen Intervall [ a, b] stetige Funkti-on und F eine Stammfunktion von f auf [ a, b], dann gilt

Zb

a

f ðxÞ dx¼ ½FðxÞ�ba ¼ FðxÞjba ¼ FðbÞ�FðaÞ;

wobei F0ðxÞ ¼ f ðxÞ:

6.1.12 Das unbestimmte Integral

Ist f eine auf einem Intervall I definierte Funktion der Varia-blen x, dann heißt die Gesamtheit oder die Menge allerStammfunktionen von f unbestimmtes Integral von f auf I.Z

f ðxÞ dx¼ FðxÞþC;

wobei F eine Stammfunktion, F0ðxÞ ¼ f ðxÞ und C eine belie-bige Konstante ist. Nach Definition des unbestimmten Inte-grals gilt

ddxðZ

f ðxÞ dxÞ ¼ f ðxÞ oder dZ

f ðxÞ dx¼ f ðxÞ dx:

Tab. 3 enth�lt die Grundintegrale, die sich durch Umkehrungder Ableitungsformeln aus Tab. 2 ergeben.

6.1.13 Integrationsmethoden

Grundformeln. Sind f und g stetige Funktionen auf einem In-tervall I, dann gilt mit a2R und x2 IZ

af ðxÞ dx¼ aZ

f ðxÞ dx undZðf ðxÞ� gðxÞÞ dx¼

Zf ðxÞ dx�

ZgðxÞ dx:

Beispiel:Zð3=xþ 1Þ dx¼

Z3=x dxþ

Z1 dx¼ 3 ln xþ xþC; x> 0.

Partielle Integration (Produktintegration). Sind die Funktio-nen f und g auf einem Intervall I stetig differenzierbar, danngiltZ

f 0ðxÞgðxÞ dx¼ f ðxÞgðxÞ�Z

f ðxÞg0ðxÞ dx; x 2 I:

Hiermit ist es oft m�glich, Integrale mit einem Parameter nauf ein Integral desselben Typs mit dem Parameter n-1 odern-2 zur�ckzuf�hren. Dadurch ergibt sich eine Rekursionsfor-mel, mit der das Integral schrittweise berechnet wird.

Beispiel 1:Zln x dx¼

Z1 � ln x dx¼ x lnx�

Zxð1=xÞ dx¼ x ln x� xþC;

x> 0:

Beispiel 2: In ¼Z

expðxÞxn dx;n¼ 1;2;3; . . . : – Partielle Integration

mit f 0ðxÞ ¼ exp x und gðxÞ ¼ xn f�hrt auf

A 58 Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung

ATabelle 3. Grundintegrale

Page 10: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

In ¼ exp x � xn � n

Zexpx � xn�1dx¼ exp x � xn � nIn�1:

Also gilt die Rekursionsformel

In ¼ exp x � xn � nIn�1 mit I0 ¼Z

exp x dx¼ expxþC:

Integration durch Substitution. Ist f eine stetige Funktionund g eine in einem Intervall I stetig differenzierbare Funkti-on, dann gilt

ðZ

f ðxÞ dxÞx¼gðtÞ ¼Z

f ðgðtÞÞg0ðtÞ dt; t 2 I:

Wird also die Integrationsvariable x gem�ß x= g(t) durch tsubstituiert, dann ist dx durch g0ðtÞ dt zu ersetzen.

Beispiel 1: I ¼Z

dx

2ffiffiffixpð1þ

ffiffiffix3pÞ f�r x> 0

I ¼Z

6t5dt

2t3ð1þ t2Þ ¼ 3Z

t2

1þ t2dt¼ 3

Z1� 1

1þ t2

� �dt

¼ 3ðt� arctan tÞþC¼ 3ðffiffiffix6p� arctan

ffiffiffix6pÞþC:

Hier wurden mit x¼ gðtÞ ¼ t6 f�r t>0 und dx¼ 6t5dt die Wurzelaus-dr�cke beseitigt.

Beispiel 2:Zexpðt2Þt dt¼ 0;5

Zexpx dx¼ 0;5 � expxþC¼ 0;5 � expðt2ÞþC:

Hier wurde die Substitution gðtÞ ¼ t2 ¼ x; also dx¼ g0 ðtÞ dt¼ 2t dtbzw. t dt¼ dx=2 mit t2R verwendet.

6.1.14 Integration rationaler Funktionen

Jede ganze rationale Funktion y¼ PnðxÞ ¼Xn

i¼0

aixn�i kann

mit Hilfe der Grundformeln und des Grundintegrals f�r Po-tenzfunktionen integriert werden. Echt gebrochene rationaleFunktionen sind allgemein mit der Partialbruchzerlegung in-tegrierbar.

Partialbruchzerlegung. Vorausgesetzt wird eine echt gebro-chene rationale Funktion rðxÞ ¼QmðxÞ=PnðxÞ; wobei Qm undPn Polynome m-ten und n-ten Grades mit m< n sind.

Nenner-Polynom PnðxÞ ¼ a0xnþ a1xn�1 þ . . .þ an�1xþ an.Es l�ßt sich nach dem Zerlegungssatz f�r reelle Polynome (s.A2.3.2) als Produkt mit Faktoren 1. und 2. Grades darstellen:PnðxÞ ¼ a0 . . .ðx� aÞr . . . ðx2þ pxþ qÞs . . . ; wobei a eine re-elle r-fache Nullstelle von Pn ist und x2þ pxþ q wegenp2� 4q< 0 nur konjugiert komplexe Nullstellen besitzt undim Reellen nicht mehr zerlegbar, also irreduzibel, ist. Die�brigen nicht angegebenen Faktoren von Pn haben einen ent-sprechenden Aufbau.

Partialbr�che 1. und 2. Art. Es sind Ausdr�cke der FormA=ðx� aÞr und ðBxþCÞ=ðx2þ pxþ qÞs, wobei A, B, C2R

und r, s2N. Jede echt gebrochene rationale Funktion kannals Summe dieser Partialbr�che 1. und 2. Art dargestellt wer-den:

rðxÞ ¼QmðxÞPnðxÞ

¼ 1a0

QmðxÞ. . . ðx� aÞr . . . ðx2pxþ qÞs� �

¼ 1a0

. . .þ A1

x� aþ A2

ðx� aÞ2þ . . .þ Ar

ðx� aÞr þ . . .

"

þ B1xþC1

x2þ pxþ qþ B2xþC2

ðx2þ pxþ qÞ2þ . . .

þ BsxþCs

ðx2þ pxþ qÞsþ . . .

�:

Koeffizientenbestimmung. Die Koeffizienten A1;B1;C1 . . . ;A2;B2;C2 . . . k�nnen nach folgenden Verfahren eindeutig be-stimmt werden: Wird die Gleichung mit PnðxÞ multipliziert,dann steht auf der rechten Seite ein Polynom (n-1)-ten Gra-des, dessen Koeffizienten Linearkombinationen der n Unbe-kannten A1;B1;C1 . . . sind. Der Vergleich dieser Koeffizien-ten mit denen des Polynoms Qm nach dem Identit�tssatz f�rPolynome (s. A2.3.2) ergibt n lineare Gleichungen f�r die nUnbekannten A1;B1;C1 . . . (s. A3.2.3).

Beispiel:2xþ 4

3ðx� 1Þ2ðx2 þ 1Þ¼ 1

3A1

x� 1þ A2

ðx� 1Þ2þB1xþC1

x2 þ 1

" #: –

Multiplikation mit dem Nennerpolynom ergibt

2xþ 4¼A1ðx� 1Þðx2 þ 1ÞþA2ðx2 þ 1Þþ ðB1xþC1Þðx� 1Þ2 oder

2xþ 4¼ðA1 þB1Þx3 þð�A1 þA2 � 2B1 þC1Þx2

þðA1 þB1 � 2C1Þxþð�A1 þA2 þC1Þ:

Koeffizientenvergleich f�hrt auf die vier linearen Gleichungen

A1 þ B1 ¼ 0; mit den L�sungen

�A1 þA2 � 2B1 þ C1 ¼ 0; A1 ¼�2; B1 ¼ 2;

A1 þ B1 � 2C1 ¼ 2; A2 ¼ 3; C1 ¼�1:

�A1 þA2 þ C1 ¼ 4

Damit lautet die Partialbruchzerlegung

2xþ 4

3ðx� 1Þ2ðx2 þ 1Þ¼ 1

3�2

x� 1þ 3

ðx� 1Þ2þ 2x� 1

x2 þ 1

" #:

Durch die Partialbruchzerlegung ist nunmehr die Integrationeiner echt gebrochenen rationalen Funktion auf die Integrati-on von Partialbr�chen 1. und 2. Art zur�ckgef�hrt. F�r diesegelten die

Integrationsformeln

ZA

ðx� aÞn dxÞ ¼A ln x� aj j þC f�r n¼ 1

A

1� nðx� aÞ1�n þC f�r n¼ 2;3;4 . . . ;

8><>:

ZAxþB

ðx2þ pxþ qÞn dx

¼ A

2ln jx2þ pxþ qj þ 2B�Apffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

4q� p2p arctan

2xþ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4q� p2

p þC

f�r n¼ 1

¼ A

2ð1� nÞ ðx2þ pxþ qÞ1�n þ 2B�Ap

2

Zdx

ðx2þ pxþ qÞn

f�r n¼ 2;3;4 . . . :ZAxþB

ðx2þ pxþ qÞn dx

¼ A

2ln jx2þ pxþ qj þ 2B�Apffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

4q� p2p arctan

2xþ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4q� p2

p þC

f�r n¼ 1

¼ A

2ð1� nÞ ðx2þ pxþ qÞ1�n þ 2B�Ap

2

Zdx

ðx2 þ pxþ qÞn

f�r n¼ 2;3;4 . . . :

Hierbei gilt f�r das Integral In ¼Z

dx

ðx2þ pxþ qÞn die Rekur-sionsformel

In ¼1

ðn� 1Þð4q� p2Þ2xþ p

ðx2þ pxþ qÞn�1

þ 2ð2n� 3Þðn� 1Þð4q� p2Þ In�1 ðn¼ 2;3;4 . . .Þ mit

I1 ¼Z

dx

x2þ pxþ q¼ 2ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

4q� p2p arctan

2xþ pffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi4q� p2

p þC:

I6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen A 59

A

((Bitte Klam-merung derFormel pr�-fen))

Page 11: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

6.1.15 Integration von irrationalen algebraischen undtranszendenten Funktionen

Spezielle Integrale dieses Typs (Tab. 4 und 5) k�nnen durchgeeignete Substitutionen auf Integrale mit einem rationalenIntegranden zur�ckgef�hrt werden. F�r einige Integrale sindin Tab. 4 solche Substitutionen angegeben. Hierbei bedeutenR(x, X), R(u) bzw. R(u, u) rationale Funktionen in x und X, ubzw. u und u.

A 60 Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung

ATabelle 4. Substitutionen

Tabelle 5. Integrationsformeln

Page 12: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

6.1.16 Uneigentliche Integrale

Unbeschr�nktes Integrationsintervall. Ist die Funktion f f�ralle x ^a erkl�rt und �ber jedem abgeschlossenen Intervall

[a, b] integrierbar, dann heißtZ1

a

f ðxÞ dx uneigentliches Inte-

gral �ber [ a, 1 ). Es heißt konvergent, oder die Funktion fheißt �ber [ a, 1 ) uneigentlich integrierbar, wenn der Grenz-

wert limb!1

Zb

a

f ðxÞ dx¼Z1

a

f ðxÞ dx existiert. Entsprechendes gilt

f�r die unbeschr�nkten Integrationsintervalle (�1 , b] und(�1 , 1 ).

Zb

�1

f ðxÞ dx¼ lima!�1

Zb

a

f ðxÞ dx;

Z1

�1

f ðxÞ dx¼ limb!1

a!�1

Zb

a

f ðxÞ dx

¼ lima!�1

Zc

a

f ðxÞ dxþ limb!1

Zb

c

f ðxÞ dx:

Beispiele:

Z1

2

1=x2dx¼ limb!1

Zb

2

1=x2dx¼ limb!1ð�1=bþ 1=2Þ ¼ 1=2:

Z1

�1

11þ x2

dx¼ limb!1

a!�1

Zb

a

11þ x2

dx¼ limb!1

a!�1

½arctan x�ba

¼ limb!1

a!�1

ðarctan b� arctan aÞ ¼ p=2�ð�p=2Þ ¼ p:

Z1

1

1=x dx ist divergent wegen limb!1

Zb

1

1=x dx¼ limb!1

ln b¼1:

Unbeschr�nkter Integrand. Ist Funktion f im Intervall [a, b)unbeschr�nkt und auf jedem abgeschlossenen Teilintervall [

a, b-e] mit e>0 integrierbar, dann heißtZb

a

f ðxÞ dx uneigentli-

ches Integral bez�glich der oberen Grenze. Es heißt konver-gent auf [a, b], wenn f�r e>0 der Grenzwert

lime!0

Zb�e

a

f ðxÞ dx¼Zb

a

f ðxÞ dx existiert.

Entsprechendes gilt auch f�r die untere Grenze.

Beispiele:

Zb

�1

f ðxÞ ;dx¼ lima!�1

Zb

a

f ðxÞ dx;

Z1

�1

f ðxÞ dx¼ limb!1

a!�1

Zb

a

f ðxÞ dx

¼ lima!�1

Zc

a

f ðxÞ dxþ limb!1

Zb

c

f ðxÞ dx:

Weitere uneigentliche Integrale enth�lt Tab. 6.

6.1.17 Geometrische Anwendungen der Differential- undIntegralrechnung

(S. Tab. 7.)

6.1.18 Unendliche Funktionenreihen

Sind die Glieder einer unendlichen Reihe Funktionen fnðxÞðn¼ 1;2;3 . . .Þ auf dem gleichen Definitionsbereich I, dannist die Funktionsreihe erkl�rt als die Folge der Partialsummen

snðxÞ ¼ f1ðxÞþ f2ðxÞþ . . .þ fnðxÞ:

Konvergenzbereich. Dieser ist die Menge K der Urbilderx2 I, f�r die die zugeh�rige Zahlenreihe konvergiert. Auf ihmist dann eine Funktion S erkl�rt, die als die Summe der Reihebezeichnet wird.

SðxÞ ¼X1n¼1

fnðxÞ ¼ limn!1

Xn

k¼1

fkðxÞ f�r x 2 K:

Die Differenz RnðxÞ ¼ SðxÞ� snðxÞ heißt Rest der Reihe.

Absolute Konvergenz. Die FunktionenreiheX1n¼1

fnðxÞ heißt

auf K absolut konvergent, wenn die ReiheX1n¼1

jfnðxÞj f�r alle

x2K konvergiert.

Beispiel:X1n¼1

xð1� x2Þn�1 ist eine geometrische Reihe mit dem An-

fangsglied a= x und dem Quotienten q¼ 1� x2 : – Sie konvergiertf�r x=0 und im Fall x 6¼0 f�r j1� x2j< 1, was mit 0< x2 < 2 gleich-

I6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen A 61

ATabelle 5. (Fortsetzung)

Page 13: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

bedeutend ist. Sie hat f�r x=0 die Summe S(0)=0 und f�rj1� x2j< 1 die Summe SðxÞ ¼ x=½1�ð1� x2Þ� ¼ 1=x: Damit ist aufdem Konvergenzbereich K ¼ ð�

ffiffiffi2p

;ffiffiffi2pÞ der unendlichen Funktio-

nenreihe die Funktion S erkl�rt durch

SðxÞ ¼X1n¼1

xð1� x2Þn�1¼ 1=x f�r �ffiffiffi2p

< x< 0 oder 0< x<ffiffiffi2p

0 f�r x¼ 0:

(

Gleichm�ßige Konvergenz. Die unendliche ReiheX1n¼1

fnðxÞ

heißt auf K gleichm�ßig gegen die Summe S(x) konvergent,wenn es zu jedem e>0 eine nat�rliche Zahl N gibt, so daßX1n¼1

fnðxÞ� SðxÞ

< e bzw. jRnðxÞj< e f�r alle n^ N und alle

x2 K. Bei der geometrischen Deutung (Bild 14) kommt diegleichm�ßige Konvergenz dadurch zum Ausdruck, daß f�rhinreichend große n das graphische Bild der PartialsummensnðxÞ innerhalb eines Streifens von der Breite 2e mit dem gra-phischen Bild von S(x) als Mittellinie verl�uft.

Potenzreihe. Sie ist eine Funktionenreihe der Form

a0þ a1ðx� x0Þþ a2ðx� x0Þ2þ . . .þ anðx� x0Þnþ . . . ;

wobei x0 die Entwicklungsstelle und die Konstantena0;a1;a2 . . . die Koeffizienten der Reihe heißen. Es gen�gt,Potenzreihen mit der Entwicklungsstelle x0 ¼ 0 zu untersu-chen, da jede Potenzreihe durch die Substitution x� x0 ¼ yaufeinesolchezur�ckgef�hrtwerdenkann.F�rdiePotenzreihe

a0þ a1xþ a2x2þ . . .þ abxnþ . . .

sind zu unterscheiden:– Es existiert eine positive Zahl r, so daß f�r alle | x|<r die

Reihe absolut konvergiert und f�r alle | x|>r divergiert.Hierbei heißen r der Konvergenzradius und das offene In-tervall (– r, r) der Konvergenzbereich der Reihe.

– Die Reihe konvergiert f�r alle x2R. Sie heißt dann �beralloder best�ndig konvergent, und es ist r=1 .

– Die Reihe divergiert f�r alle x 6¼0 (f�r x=0 konvergiert sietrivialerweise). Sie heißt dann nirgends konvergent, und esist r=0.

Existiert der Grenzwert

limn!1

ffiffiffiffiffian

np ¼ g oder lim

n!1

anþ1

an

¼ g;

wobei auch der uneigentliche Grenzwert 1 zugelassen ist,dann gilt r=1/g f�r 0<g<1 , r=1 f�r g=0 und r=0 f�rg=1 .

Beispiele:

Die ReiheX1n¼0

xn

n!hat wegen

limn!1

anþ1

an

¼ lim

n!1

n!

ðnþ 1Þ!¼ limn!1

1nþ 1

¼ 0

den Konvergenzradius r=1 . Sie ist best�ndig konvergent. Die ReiheX1n¼0

n!xn hat wegen

limn!1

anþ1

an

¼ lim

n!1

ðnþ 1Þ!n!

¼ limn!1ðnþ 1Þ ¼1

den Konvergenzradius r=0. Sie ist nirgends konvergent. Die ReiheX1n¼0

xn

3nðnþ 1Þ hat wegen

limn!1

anþ1

an

¼ lim

n!1

3nðnþ 1Þ3nþ1ðnþ 2Þ ¼ 1=3 den Konvergenzradius r ¼ 3:

Sie ist f�r |x|<3 absolut konvergent und f�r | x|>3 divergent. Siekonvergiert in der Randstelle -3 und divergiert in der Randstelle +3.

A 62 Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung

ATabelle 6. Bestimmte eigentliche und uneigentliche Integrale

Bild 14. Gleichm�ßige Konvergenz

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Taylor- und Maclaurin-Reihen. Nach der Taylor-Formel (s.A6.1.7) ist

f ðxÞ�Xn

k¼0

f ðkÞðx0Þk!ðx� x0Þk

¼ jRnðx0;xÞj

¼ f ðnþ1Þðx0þ Jðx� x0ÞÞðnþ 1Þ! ðx� x0Þnþ1

und 0< J< 1:

Hieraus folgt: Ist die Funktion f auf einer UmgebungUdðx0Þ ¼ ðx0� d;x0þ dÞ von x0 beliebig oft differenzierbarund ist lim

n!1Rnðx0;xÞ ¼ 0 f�r alle x 2Udðx0Þ, dann gilt

f ðxÞ ¼X1n¼0

f ðnÞðx0Þn!

ðx� x0Þn f�r x 2Udðx0Þ:

Die Reihe f�r f(x) heißt Taylor-Reihe der Funktion f mit derEntwicklungsstelle oder dem Mittelpunkt x0 . Unter diesenVoraussetzungen l�ßt sich also eine Funktion f in einer gewis-sen Umgebung von x0 in eine Potenzreihe mit den Koeffizien-ten an ¼ f ðnÞðx0Þ=n! ðn¼ 0;1;2 . . .Þ entwickeln. Die Taylor-Reihe mit der Entwicklungsstelle x0 ¼ 0 heißt Maclaurin-Rei-he (s. Tab. 8).

f ðxÞ ¼X1n¼0

f ðnÞð0Þn!

xn:

Beispiel: Die Exponential-Funktion f ðxÞ ¼ expx ist auf R beliebig oftdifferenzierbar, wobei f ðnÞðxÞ ¼ exp x und f ðnÞð0Þ ¼ 1: – Gem�ß derMaclaurin-Formel gilt

exp x¼ 1þ x

1!þ x2

2!þ x3

3!þ . . .þ xn

n!þRnðxÞ;

wobei RnðxÞ ¼ expðJxÞ xnþ1

ðnþ1Þ! f�r 0<J<1. Wegen limn!1

xnþ1

ðnþ 1Þ!¼ 0 kon-

vergiert das Restglied RnðxÞ f�r jedes x2R gegen 0. Damit lautet dieDarstellung der exp-Funktion durch eine Maclaurin-Reihe

exp x¼ 1þ x

1!þ x2

2!þ x3

3!þ . . .þ xn

n!þ . . .¼

X1n¼0

xn

n!f�r x 2R:

Fourier-Reihen

Periodische Funktionen. Eine Funktion f auf D heißt peri-odisch mit der Periode l, wenn f(x+l)=f(x) f�r alle x2 D.Mit l ist auch nl f�r n2N eine Periode. Jede Funktion f miteiner Periode l l�ßt sich durch die Substitution x¼ 0;5 � lt=pbzw. t¼ 2px=l auf eine Funktion mit der Periode 2p zur�ck-f�hren. Ist f eine integrierbare Funktion mit der Periode 2p,dann gilt f�r beliebige a und b

Zb

a

f ðxÞdx¼Zbþ2p

aþ2p

f ðxÞdx und

Zaþ2p

a

f ðxÞdx¼Zbþ2p

b

f ðxÞdx:

Ist die Funktion f mit der Periode 2p gerade, also f(x)=f(- x),bzw. ungerade, also f(-x)=-f(x), dann gilt

Zp

�p

f ðxÞdx¼ 2Zp

0

f ðxÞdx bzw:Zp

�p

f ðxÞdx¼ 0:

Trigonometrisches Fundamentalsystem heißt das Systemder Funktionen 1, cosx; sinx; cos2x; sin2x . . .cosnx; sinnx . . .Orthogonalit�tsrelationen. Sie gelten f�r diese Funktionenmit m, n2N:

Zp

�p

cosmx cosnx dx¼ pdmn;

Zp

�p

sinmx sinnx dx¼ pdmn;

Zp

�p

sin mx cosnx dx¼ 0; wobei dmn ¼1; m¼ n

0; m 6¼ n:

Trigonometrisches Polynom (n-ten Grades). So heißt eine Li-nearkombination von Funktionen des trigonometrischen Fun-damentalsystems:

I6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen A 63

ATabelle 7. Geometrische Anwendungen der Integralrechnung

Page 15: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

TnðxÞ ¼ a0=2þ a1 cosxþ b1 sinxþ a2 cos2x

þ b2 sin2xþ . . .þ an cosnxþ bn sinnx

¼ a0=2þXn

n¼1

ðak coskxþ bk sin kxÞ:

Trigonometrische Reihe. Sie wird dargestellt durch

a0=2þX1n¼1

ðan cosnxþ bn sinnxÞ

und ist erkl�rt als Folge ðTnðxÞÞn2N von trigonometrischen

Polynomen TnðxÞ. Ist die ReiheX1n¼1

ðjanj þ jbnjÞ konvergent,

dann ist die trigonometrische Reihe gleichm�ßig und absolutkonvergent, und ihre Summe ist eine stetige periodischeFunktion mit der Periode 2p.

f ðxÞ ¼ a2=2þX1n¼1

ðan cosnxþ bn sin nxÞ:

Fourierkoeffizienten. Wird die vorstehende Gleichung nach-einander mit 1, cosðmxÞ und sinðmxÞ multipliziert und �ber½�p;p� gliedweise integriert, so ergeben sich mit den Ortho-gonalit�tsrelationen

an ¼ 1=pZp

�p

f ðxÞcosnx dx ðn¼ 0;1;2 . . .Þ und

bn ¼ 1=pZp

�p

f ðxÞ sinnx dx ðn¼ 1;2;3 . . .Þ:

Ist nun f eine beliebige Funktion mit der Periode 2p, die �ber½�p;p� integrierbar ist, dann heißen die Zahlen an und bn Fou-

A 64 Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung

ATabelle 8. Maclaurin-Reihen

Page 16: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

rierkoeffizienten der Funktion f und die mit ihnen gebildeteReihe Fourier-Reihe (Tab. 9).

a0=2þX1n¼1

ðan cosnxþ bn sinnxÞ;

wobei ihre n-te Partialsumme als Fourier-Polynom n-ten Gra-des bezeichnet wird.f sei eine auf ½�p;p� integrierbare Funktion mit der Periode2p. Ist sie gerade, also f (–x)= f (x), dann gilt

an ¼ 2=pZp

0

f ðxÞcosnx dx und bn ¼ 0;

ist sie ungerade, also f (– x)=– f (x), dann gilt

an ¼ 0 und bn ¼ 2=pZp

0

f ðxÞ sinnx dx:

Die Fourier-Reihe einer geraden Funktion ist eine reine Kosi-nusreihe, die Fourier-Reihe einer ungeraden Funktion einereine Sinusreihe.Fourier-Reihen von st�ckweise glatten Funktionen. EineFunktion f heißt auf [a, b] st�ckweise glatt, wenn sie auf [ a,b] st�ckweise stetig ist und auf [a, b ] eine st�ckweise stetigeAbleitung f 0 besitzt. Ist f periodisch mit 2p und auf ½�p;p�st�ckweise glatt, dann konvergiert die Fourier-Reihe von f injedem abgeschlossenen Intervall, auf dem f stetig ist, gleich-m�ßig gegen f. An jeder Sprungstelle x von f konvergiert dieFourier-Reihe gegen das arithmetische Mittel 0;5 � ½f ðxþ 0Þþf ðx� 0Þ� aus dem links- und rechtsseitigen Grenzwert.

Beispiel: S�gezahnkurve (Bild 15).

f ðxÞ ¼ x f�r 0 % x< 2p0 f�r x¼ 2p

und f ðxþ 2pÞ ¼ f ðxÞ: – Die Gleichungen f�r die Fourierkoeffizien-

ten lauten an ¼ 1=pZ2p

0

x cosðnxÞ dx ðn¼ 0;1;2 . . .Þ und bn ¼

1=pZ2p

0

x sinðnxÞ dx ðn¼ 1;2;3 . . .Þ.

Die Berechnung der Integrale ergibt a0 ¼ 2p;an ¼ 0 f�r n¼ 1;2;3 . . .und bn ¼�2=n. F�r alle Stetigkeitsstellen x 6¼ 2np (n2Z) der Funk-tion f lautet damit die Darstellung der Funktion f durch ihre Fourier-Reihe

f ðxÞ ¼ p� 2sinx

1þ sinð2xÞ

2þ . . .þ sinðnxÞ

nþ . . .

� �

¼ p� 2X1n¼1

sinðnxÞn

; x 6¼ 2np:

In den Sprungstellen x¼ 2np (n2Z) konvergiert die Fourier-Reihegegen p.

6.2 Reellwertige Funktionen mehrerer reellerVariablen

6.2.1 Grundbegriffe

Wegen der geometrischen Darstellbarkeit werden – wennnicht anders betont – reellwertige Funktionen von zwei reel-len Variablen betrachtet. Viele Aussagen �ber sie lassen sich

I6.2 Reellwertige Funktionen mehrerer reeller Variablen A 65

ATabelle 9. Fourier-Reihen

Bild 15. S�gezahnkurve

Page 17: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

auf Funktionen von mehr als zwei Variablen �bertragen. Zu-grunde gelegt wird ein ebenes kartesisches Koordinatensy-stem. Jedes geordnete Zahlenpaar ðx;yÞ 2R2 wird dann alsPunkt P(x, y) der Ebene oder durch seinen Ortsvektor rðx;yÞdargestellt. Teilmengen von R2 werden daher auch als ebenePunktmengen bezeichnet.Abstand zweier Punkte r2ðx2;y2Þ und r1ðx1;y1Þ ist definiertdurch

jr2� r1j ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðx2� x1Þ2 þðy2� y1Þ2

q:

(r-)Umgebung. F�r einen Punkt r0ðx0;y0Þ ist sie eine offeneKreisscheibe mit dem Mittelpunkt r0 .

Urðr0Þ ¼ frj jr� r0j< rg

¼ fðx;yÞjffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiðx� x0Þ2þðx� y0Þ2

q< rg;

wobei r> 0:

Reellwertige Funktion zweier reeller Variablen. Sie ist eineAbbildung f einer Teilmenge von R2 in R

f : D!R f�r D � R2 oder z¼ f ðx;yÞf�r ðx;yÞ 2D � R2:

Graph. F�r die reellwertige Funktion f auf D � R2 wird erdargestellt durch die Menge

½f � ¼ fðx;y; zÞjz¼ f ðx;yÞ f�r ðx;yÞ 2Dg¼ fðr; zÞjf ðrÞ ¼ z f�r r 2Dg:

Das geordnete Zahlentripel ðx;y; zÞ 2 ½f �� R3 kann in einemr�umlichen kartesischen Koordinatensystem als Punkt desRaums dargestellt werden (Bild 16 a). Die Punkte (x, y, z)von [f] bilden i. allg. eine Fl�che. Der Graph [ f] wird daherauch h�ufig als Fl�che und die Gleichung z¼ f ðx;yÞ ¼ f ðrÞals Gleichung einer Fl�che bezeichnet.

Beispiel: Die Funktion z¼ f ðx;yÞ ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� x2 � y2

pf�r x2 þ y2 % 1

stellt geometrisch die obere H�lfte einer Kugelfl�che mit dem Radius1 und dem Mittelpunkt (0, 0, 0) dar (Bild 16 b).

Niveaulinien. Eine andere geometrische Deutung einer reell-wertigen Funktion f auf D � R2 mit z= f(x, y) besteht in ihrer

Darstellung durch Niveaulinien: f(x, y)=c (c Konstante).Eine Niveaulinie besteht dabei aus der Menge aller Punkte(Urbilder) (x, y)2D in der Koordinatenebene, die das Bildoder das „Niveau“ c haben und somit die Gl. f(x, y)=c erf�l-len.

Beispiel: z=f(x, y)=xy f�r ðx;yÞ 2R2 (Bild 16 c). – Die Niveauli-nien sind f�r z 6¼ 0 Hyperbeln und f�r z=0 die Koordinatenachsen.

6.2.2 Grenzwerte und Stetigkeit

Grenzwerte. Ist f eine reellwertige Funktion auf D und r0

H�ufungspunkt von D, dann heißt die Zahl g Grenzwert derFunktion f f�r r! r0 , wenn es zu jedem e>0 ein d>0 gibt,so daß jf ðrÞ� gj< e f�r alle r2D mit 0< jr� r0j< d. An-schaulich bedeutet dies, daß f�r alle Punkte r 2D, die hinrei-chend nahe bei r0 liegen und von r0 verschieden sind, die Bil-der f ðrÞ beliebig nahe bei g liegen, symbolisch:

limr!! r!0

f ðrÞ ¼ g oder limðx;yÞ!ðx0 ;y0Þ

f ðx;yÞ ¼ g:

Stetigkeit. Die Funktion f auf D heißt in r0 2D stetig, wennes zu jedem e>0 ein d>0 gibt, so daß jf ðrÞ� f ðr0Þj< e f�ralle r2D mit jr� r0j< d oder r 2Udðr0Þ. Ist r0 H�ufungs-punkt von D, so ist dies gleichbedeutend mit

limr!! r!0

f ðrÞ ¼ f ðr0Þ.

Die Funktion f heißt stetig auf D, wenn sie in jedem Punktvon D stetig ist.

6.2.3 Partielle Ableitungen

Die reellwertige Funktion f auf D � R2 heißt in ðx0;y0Þ 2Dpartiell nach x bzw. y differenzierbar, wenn der Grenzwert

limh!0

f ðx0þ h;y0Þ� f ðx0;y0Þh

¼ ¶f

¶xðx0;y0Þ ¼ fxðx0;y0Þ ¼

¶¶x

f ðx0;y0Þ bzw:

limk!0

f ðx0;y0þ kÞ� f ðx0;y0Þk

¼ ¶f

¶yðx0;y0Þ ¼ fyðx0;y0Þ ¼

¶¶y

f ðx0;y0Þ

existiert. Dieser Grenzwert heißt partielle Ableitung nach xbzw. y.F�r y¼ y0 ¼ const stellt der Graph von z¼ f ðx;y0Þ dieSchnittkurve der Ebene y¼ y0 mit der Fl�che z=f(x, y) dar,und die partielle Ableitung von f nach x ist dann die Steigungder Tangente im Punkt ðx0;y0; f ðx0;y0ÞÞ der Schnittkurve.Entsprechendes gilt f�r die partielle Ableitung nach y(Bild 17).

Beispiel: z¼ f ðx;yÞ ¼ xy f�r (x, y)2D={(x, y)|x>0 und y2R}. –

¶f

¶xðx;yÞ ¼ fxðx;yÞ ¼ yxy�1;

¶f

¶yðx;yÞ ¼ fyðx;yÞ ¼ xy lnx:

A 66 Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung

A

Bild 16. Funktionen mit zwei Ver�nderlichen. a geometrische Deu-tung von z=f(x, y); b Kugeloberfl�che z¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� x2 � y2

p; c Niveauli-

nien Bild 17. Geometrische Deutung der partiellen Ableitungen

Page 18: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

H�here partielle Ableitungen. Ist die reellwertige Funktion fin einem Gebiet G � R2 partiell nach x und y differenzierbar,dann stellen die partiellen Ableitungen fx und fy Funktionenauf G dar, die selbst wieder partiell nach x und y differenzier-bar sein k�nnen. Diese partiellen Ableitungen 2. Ordnungwerden ausgedr�ckt durch

¶2f

¶x2ðx;yÞ ¼ ¶

¶x

¶f

¶xðx;yÞ

� �¼ fxxðx;yÞ;

¶2f

¶y2ðx;yÞ ¼ ¶

¶y

¶f

¶yðx;yÞ

� �¼ fyyðx;yÞ;

¶2f

¶x ¶yðx;yÞ ¼ ¶

¶x

¶f

¶yðx;yÞ

� �¼ fyxðx;yÞ;

¶2f

¶y ¶xðx;yÞ ¼ ¶

¶y

¶f

¶xðx;yÞ

� �¼ fxyðx;yÞ:

Alle weiteren partiellen Ableitungen h�herer Ordnung werdenanalog erkl�rt.

Beispiel: z¼ f ðx;yÞ ¼ x expðxyÞ;D¼R2: –

fxðx;yÞ ¼ ð1þ xyÞexpðxyÞ;fxxðx;yÞ ¼ ð2yþ xyÞexpðxyÞ;fxyðx;yÞ ¼ ð2xþ x2yÞexpðxyÞ;

S�tze �ber partiell differenzierbare Funktionen. Besitztdie reellwertige Funktion f im Gebiet G � R2 beschr�nktepartielle Ableitungen fx und fy, d.h., gibt es eine solche positi-ve Zahl m, so daß

jfxðx;yÞj% m und jfyðx;yÞj% m f�r alle ðx;yÞ 2G

gilt, dann ist f auf G stetig.Satz von Schwarz: Besitzt die Funktion in dem Gebiet G diepartiellen Ableitungen fx; fy; fxy und fyx und sind fxy und fyx

stetige Funktionen auf G, dann ist fxy ¼ fyx. Bei stetigen ge-mischten Ableitungen darf also die Reihenfolge der partiellenAbleitungen vertauscht werden.

Differenzierbarkeit. Eine reellwertige Funktion f auf demGebiet G � R2 heißt in ðx0;y0Þ 2G (total) differenzierbar,wenn es zwei Zahlen A und B und zu jedem e>0 ein d>0gibt, so daß

f ðx0 þ h;y0þ kÞ� f ðx0;y0Þ� ðAhþBkÞffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffih2þ k2p

< e

f�rffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffih2þ k2

p< d:

Eine notwendige Bedingung f�r die (totale) Differenzierbar-keit von f in ðx0;y0Þ ist die Existenz der partiellen Ableitun-gen in ðx0;y0Þ, wobei A¼ ¶f

¶x ðx0;y0Þ und B¼ ¶f¶y ðx0;y0Þ. Damit

gilt f�r eine in ðx0;y0Þ total differenzierbare Funktion f

f ðx0þ h;y0þ kÞ� f ðx0;y0Þ

¼ fxðx0;y0Þhþ fyðx0;y0Þkþ hðh;kÞffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffih2þ k2

p

mit limhðh;kÞ ¼ 0 f�r (h, k)! (0, 0). F�r den Zuwachs hbzw. k ist auch die Bezeichnung Dx bzw. Dy und dx bzw. dygebr�uchlich.

Totales Differential. So heißt der in h und k bzw. dx und dylineare Ausdruck

df ðx;yÞ ¼ fxðx;yÞ dxþ fyðx;yÞ dy:

Mit der Bezeichnung Df ðx;yÞ ¼ f ðxþ dx;yþ dyÞ� f ðx;yÞ f�rden Funktionszuwachs l�ßt sich die Bedingung f�r die (to-tale) Differenzierbarkeit der Funktion f in (x, y) auch ange-ben:

limDf ðx;yÞ� df ðx;yÞffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

dx2 þ dy2p ¼ 0 f�r ðdx;dyÞ! ð0;0Þ:

Besitzt die reellwertige Funktion f in dem Gebiet G � R2 ste-tige partielle Ableitungen fx und fy, dann ist sie in G total dif-ferenzierbar.

Beispiel: z¼ f ðx;yÞ ¼ x2yþ y; ðx;yÞ 2R2: – Mit fxðx;yÞ ¼ 2xy undfyðx;yÞ ¼ x2 þ 1 lautet das totale Differential df ðx;yÞ ¼ 2xy dxþðx2 þ 1Þ dy: Der Funktionszuwachs Df ðx;yÞ ist

Df ðx;yÞ ¼ ðxþ dxÞ2ðyþ dyÞþ ðyþ dyÞ� ðx2yþ yÞ¼ ð2xy dxþðx2 þ 1Þ dyÞþ y dx2 þ 2xy dx dyþ dx2 dy

¼ df ðx;yÞþ y dx2 þ 2x dx dyþ dx2 dy:

Es ist leicht einzusehen, daß f�r ðdx;dyÞ! ð0;0Þ

limDf ðx;yÞ� d f ðx;yÞffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi

dx2 þ dy2p ¼ lim

y dx2 þ 2x dx dyþ dx2dyffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffidx2 þ dy2

p ¼ 0

f�r alle ðx;yÞ 2R2:

Dies bedeutet, daß f in jedem ðx;yÞ 2R2 (total) differenzierbar ist.

Geometrische Deutung. Wird in der Gleichung

f ðx0þ dx;y0þ dyÞ ¼ f ðx0;y0Þþ fxðx0;y0Þ dx

þ fyðx0;y0Þ dyþ hðdx;dyÞffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffidx2 þ dy2

p

das Glied hðdx;dyÞffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffidx2þ dy2

pvernachl�ssigt und

x0þ dx¼ x; y0þ dy¼ y; f ðx0;y0Þ ¼ z0 sowie f(x, y)=z ge-setzt, dann lautet sie

z¼ z0þ fxðx0;y0Þðx� x0Þþ fyðx0;y0Þðy� y0Þ:

Diese Gleichung stellt geometrisch die Tangentialebene imPunkt ðx0;y0; f ðx0;y0ÞÞ der Fl�che z=f (x, y) dar. Sie enth�ltdie beiden Tangenten mit den Steigungen fxðx0;y0Þ undfyðx0;y0Þ, Bild 17. Geometrisch bedeutet demnach die totaleDifferenzierbarkeit von f in ðx0;y0Þ, daß sich die Fl�chez=f(x, y) in einer Umgebung von ðx0;y0Þ durch eine Tangen-tialebene approximieren l�ßt.

Ableitung von zusammengesetzten Funktionen

Kettenregel. Ist f eine reellwertige Funktion, die in einemGebiet G � R2 stetige partielle Ableitungen fx und fy besitzt,und ist rðtÞ ¼ ðxðtÞ;yðtÞÞ eine differenzierbare ebene Kurve,die f�r t2 [ a, b] ganz in G verl�uft, dann ist die zusammenge-setzte Funktion f ðrðtÞÞ ¼ FðtÞ nach t differenzierbar, und esgilt – wenn der Punkt die Ableitung nach t kennzeichnet –

_FðtÞ ¼ df ðrðtÞÞdt

¼ fxðxðtÞ;yðtÞÞ _xðtÞþ fyðxðtÞ;yðtÞÞ _yðtÞ:

Dies ist die Kettenregel f�r Funktionen von zwei Variablen,die von einem Parameter abh�ngen. Sie l�ßt sich auf Funktio-nen mehrerer Variablen und auf mehrere Parameter verallge-meinern. Werden bei der Funktion z=f(x, y) gem�ß x= x(u,u) und y=y(u, u) die neuen Variablen u und u eingef�hrt, sogilt z=f(x(u, u), y(u, u))=F(u, u). Werden nacheinander uund u als Konstanten behandelt, so kann die Funktion F nachder Kettenregel partiell nach u und u differenziert werden,und die partiellen Ableitungen lauten

¶F

¶u¼ ¶f

¶x

¶x

¶uþ ¶f

¶y

¶y

¶uund

¶F

¶u¼ ¶f

¶x

¶x

¶uþ ¶f

¶y

¶y

¶v:

Implizite Funktionen. Eine Funktion y=f(x) einer Varia-blen, die durch eine Gleichung der Form F(x, y)=0 definiertist, heißt implizite Funktion. Ist die Funktion F in dem GebietG � R2 stetig und besitzt sie in G stetige partielle Ableitun-gen Fx und Fy und ist

Fðx0;y0Þ ¼ 0 und Fyðx0;y0Þ 6¼ 0 f�r ðx0;y0Þ 2G;

dann gibt es eine Umgebung Udðx0Þ� R von x0 und genaueine Funktion f auf Udðx0Þ, f�r die

I6.2 Reellwertige Funktionen mehrerer reeller Variablen A 67

A

Page 19: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

y0 ¼ f ðx0Þ; Fðx; f ðxÞÞ ¼ 0 f�r alle x 2Udðx0Þ;

f und f 0 stetig auf Udðx0Þ

und f 0ðxÞ ¼�Fxðx; f ðxÞÞFyðx; f ðxÞÞ

:

Die letzte Eigenschaft heißt Ableitungsregel f�r impliziteFunktionen.Bei entsprechenden Voraussetzungen haben implizite Funk-tionen z= f(x, y), die durch eine Gleichung der Form F(x, y,z)=0 definiert sind, analoge Eigenschaften. Anwendung derKettenregel auf die Identit�t F(x, y, f (x, y))�0 f�hrt auf dieGleichungen

FxþFz fx ¼ 0 und FyþFz fy ¼ 0:

Taylor-Formel. Hier treten zur abk�rzenden SchreibweiseAusdr�cke auf, die wie Potenzen eines Binoms behandeltwerden:

h¶¶xþ k

¶¶y

� �n

f�r n¼ 0;1;2 . . . ; z:B:

h¶¶xþ k

¶¶y

� �2

f ðx;yÞ

¼ h2 ¶2f

¶x2ðx;yÞþ 2hk

¶2f

¶x ¶yðx;yÞþ k2 ¶2f

¶y2ðx;yÞ:

Besitzt die Funktion auf dem Gebiet G � R2 stetige partielleAbleitungen bis zur Ordnung n+1, dann ist

f ðxþ h;yþ kÞ ¼ f ðx;yÞþ h¶¶xþ k

¶¶y

� �f ðx;yÞ

þ 12!

h¶¶xþ k

¶¶y

� �2

f ðx;yÞþ . . .

þ 1n!

h¶¶xþ k

¶¶y

� �n

f ðx;yÞ

þ 1ðnþ 1Þ! h

¶¶xþ k

¶¶y

� �nþ1

f ðxþ Jh;yþ JkÞ

f�r (x, y)2G und (x+ h, y+k)2G, wobei 0<J<1. Dies istdie Taylor-Formel f�r Funktionen zweier Variablen. Aus ihrergibt sich f�r n=0 der Mittelwertsatz

f ðxþ h;yþ kÞ ¼ f ðx;yÞþ h¶f

¶xðxþ Jh;yþ JkÞ

þ k¶f

¶yðxþ Jh;yþ JkÞ; 0< J< 1:

F�r die Untersuchung von Funktionen f auf lokale Extrem-werte ist noch der Fall n=1 von Bedeutung.

f ðxþ h;yþ kÞ ¼ f ðx;yÞþ hfxðx;yÞþ kfyðx;yÞþ 0;5 � ðh2fxxðx;hÞþ 2hkfxyðx;hÞþ k2fyyðx;hÞÞ;

wobei x=x+Jh, h=y+J k und 0<J<1.

Lokale Extremwerte von Funktionen zweier Variablen

f sei eine Funktion auf D � R2 und r0 ¼ ðx0;y0Þ innerer Punktvon D. f ðr0Þ heißt lokales Maximum bzw. Minimum, wenn eseine Umgebung Urðr0Þ 2D gibt, so daß f ðrÞ% f ðr0Þ bzw.f ðrÞ^ f ðr0Þ f�r alle r 2Urðr0Þ gilt. Gelten die Ungleichungenf�r r 6¼ r0 auch ohne Gleichheitszeichen, dann heißt f ðr0Þstrenges lokales Extremum.Notwendige Bedingung. Besitzt die Funktion f auf D � R2 ineinem inneren Punkt r0 2D ein lokales Extremum und exis-tieren in r0 die partiellen Ableitungen fxðr0Þ und fyðr0Þ, dannist

fxðr0Þ ¼ 0 und fyðr0Þ ¼ 0:

Hinreichende Bedingung. Besitzt die Funktion f auf D � R2

in einer Umgebung Urðr0Þ� D von r0 stetige partielle Ablei-

tungen 2. Ordnung und gilt

fxðr0Þ ¼ 0 und fyðr0Þ ¼ 0 sowie

fxxðr0Þfyyðr0Þ� f 2xyðr0Þ> 0;

dann ist f ðr0Þ ein strenges lokales Extremum, und zwar

ein Maximum; wenn fxxðr0Þ< 0;

und ein Minimum; wenn fxxðr0Þ> 0:

Ist fxxðr0Þfyyðr0Þ� f 2xyðr0Þ< 0; dann ist f ðr0Þ kein lokales Ex-

tremum (Sattelpunkt). F�r fxxðr0Þfyyðr0Þ� fxyðr0Þ ¼ 0 l�ßtsich keine eindeutige Aussage dar�ber machen, ob f ðr0Þ lo-kales Extremum ist oder nicht.

Beispiel 1: z¼ f ðrÞ ¼ f ðx;yÞ ¼ x2 � xyþ y2 þ 9x� 6yþ 20: – fxðrÞ ¼2x� yþ 9, fyðrÞ ¼�xþ 2y� 6, fxyðrÞ ¼ fyxðrÞ ¼�1, fxxðrÞ ¼2; fyyðrÞ ¼ 2: Aus fxðrÞ ¼ 0 und fyðrÞ ¼ 0 folgen die notwendigen Be-dingungen 2x-y+9=0 und - x+2y-6=0, also r0 ¼ ðx0 ;y0Þ ¼ ð�4;1Þ:Damit ist fxxðr0Þ ¼ fxxð�4;1Þ ¼ 2> 0 und fxxð�4;1Þ fyyð�4;1Þ� f 2

xy

ð�4;1Þ ¼ 3> 0: Die Funktion f besitzt demnach in (-4;1) das strengelokale Minimum z¼ f ðr0Þ ¼ f ð�4;1Þ ¼�1:

Beispiel 2: z¼ f ðrÞ ¼ f ðx;yÞ ¼ y2 � x2: – fxðrÞ ¼�2x; fyðrÞ ¼2y; fxyðrÞ ¼ fyxðrÞ ¼ 0; fxxðrÞ ¼�2; fyyðrÞ ¼ 2: Aus – 2x=0 und 2y=0folgt r0 ¼ ðx0; y0Þ ¼ ð0; 0Þ und fxxð0;0Þfyyð0; 0Þ� f 2

xyð0; 0Þ ¼�4< 0:

DieFunktion fhatalso inr0 ¼ ð0;0ÞeinenSattelpunkt.

Besitzt die Funktion f auf D � Rn in einem inneren Punktr0 ¼ ðx0

1;x02;x

03 . . .x0

nÞ 2D ein lokales Extremum und existie-ren in r0 die partiellen Ableitungen ¶f ðr0Þ=¶xi, dann ist

¶f

¶xiðr0Þ ¼ 0 f�r i¼ 1;2;3; . . . ;n:

Bedingte lokale Extrema. Zugrunde gelegt sei eine Funktionf auf D � R2, deren Variablen x und y noch einer Nebenbedin-gung gðrÞ ¼ gðx;yÞ ¼ 0 unterworfen sind. f ðr0Þ ¼ f ðx0;y0Þheißt ein bedingtes lokales Maximum bzw. Minimum (beidegemeinsam: bedingtes lokales Extremum) von f in r0 , wennes eine Umgebung Urðr0Þ� D gibt, so daß

f ðrÞ% f ðr0Þ bzw: f ðrÞ^ f ðr0Þ

f�r alle r 2Urðr0Þ und gðrÞ ¼ 0 gilt.

Notwendige Bedingung. Besitzt die Funktion f auf D in r0 2Dein bedingtes lokales Extremum f ðr0Þ mit der Nebenbedin-gung gðrÞ ¼ 0, und haben die Funktionen f und g in einer Um-gebung von r0 stetige partielle Ableitungen 1. Ordnung, wo-bei

gxðr0Þ 6¼ 0 oder gyðr0Þ 6¼ 0 und gðr0Þ ¼ 0;

dann gibt es eine Zahl l, so daß

fxðr0Þþ lgxðr0Þ ¼ 0 und fyðr0Þþ lgyðr0Þ ¼ 0:

Die Punkte (x, y), in denen die Funktion f bedingte lokale Ex-trema besitzt, befinden sich demnach unter den L�sungen (x,y, l) des Gleichungssystems

fxðx;yÞþ lgxðx;yÞ ¼ 0;

fyðx;yÞþ lgyðx;yÞ ¼ 0;

gðx;yÞ ¼ 0:

Multiplikatorregel von Lagrange. Hiernach ergeben sich f�rbedingte lokale Extrema durch Einf�hrungen der FunktionF(x, y, l)=f(x, y)+l g(x, y) mit dem Multiplikator l die not-wendigen Bedingungen

Fxðx;y;lÞ ¼ fxðx;yÞþ lgxðx;yÞ ¼ 0;

Fyðx;y;lÞ ¼ fyðx;yÞþ lgyðx;yÞ ¼ 0;

Flðx;y;lÞ ¼ gðx;yÞ ¼ 0:

A 68 Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung

A

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Beispiel: Gesucht sind die Punkte auf der Hyperbelgðx;yÞ ¼ x2 � y2 � 4¼ 0; die vom Punkt (0;2) einen lokalen extrema-len Abstand haben. – Das Abstandsquadrat eines Hyperbelpunkts (x,y) vom Punkt (0;2) ist f ðx;yÞ ¼ x2 þðy� 2Þ2 mit der Nebenbedin-gung gðx;yÞ ¼ x2 � y2 � 4¼ 0: Aus dem Ansatz

Fðx;y;lÞ ¼ x2 þðy� 2Þ2 þ lðx2 � y2 � 4Þ

folgen die Bedingungsgleichungen f�r ein lokales Extremum:Fxðx;y;lÞ ¼ 2xþ 2lx¼ 0; Fyðx;y;lÞ ¼ 2ðy� 2Þ� 2ly¼ 0;

Flðx;y;lÞ ¼ x2 � y2 � 4¼ 0:

F�r l=-1 hat die Funktion f in den Punkten ð�ffiffiffi5p

;1Þ und ðffiffiffi5p

;1Þ einbedingtes lokales Extremum (Minimum).

Richtungsableitung und Gradient

f sei eine Funktion auf D � R2, die in einer Umgebung des in-neren Punkts r0 ¼ ðx0;y0Þ 2D stetige partielle Ableitungenbesitzt.

Richtungsvektor. Durch den Einheitsvektort¼ cosae1þ sinae2

sei eine Richtung in der x, y-Ebene festgelegt, wobei e1 unde2 die Koordinaten-Einheitsvektoren sind. F�r einen Punktr¼ ðx;yÞ der Halbgeraden, die von dem Punkt r0 in Richtungdes Einheitsvektors t ausgeht, gilt

x¼ x0þ t cosa und y¼ y0þ t sina f�r t ^ 0:

Richtungsableitung. Sie ist f�r die Funktion f in r0 nach derdurch t festgelegten Richtung definiert durch

¶f

¶tðr0Þ ¼ lim

t!0

FðtÞ�Fð0Þt

¼ F0ð0Þ;

wobei FðtÞ ¼ f ðx0þ t cosa;y0þ t sinaÞ: Aus der Kettenregelfolgt F0ð0Þ ¼ fxðr0Þcosaþ fyðr0Þsina: Damit lautet die Rich-tungsableitung der Funktion f in r0 nach der durcht¼ cosae1þ sinae2 festgelegten Richtung

¶f

¶tðr0Þ ¼ fxðr0Þcosaþ fyðr0Þsina:

Gradient. Der Vektor gradf ðr0Þ ¼ fxðr0Þe1þ fyðr0Þe2 heißtGradient von f in r0.Die Richtungsableitung ist also das skalare Produkt des Gra-dienten von f und des Richtungsvektors t

¶f

¶tðr0Þ ¼ fxðr0Þcosaþ fyðr0Þ sina¼ gradf ðr0Þ � t¼ jgradf ðr0Þjcosj;

wobei j der Winkel zwischen den Vektoren gradf ðr0Þ und tist.F�r cosj¼ 1, d.h., wenn t und gradf ðr0Þ die gleiche Richtungund den gleichen Richtungssinn haben, wird die Richtungsab-leitung am gr�ßten, n�mlich

¶f

¶tðr0Þ ¼ jgradf ðr0Þj ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffif 2x ðr0Þþ f 2

y ðr0Þq

:

Dies bedeutet, daß gradf ðr0Þ die Richtung in r0 angibt, in derdie Funktion f am st�rksten zunimmt. Wird f durch ihre Ni-veaulinien f ðrÞ ¼ const dargestellt und ist r0 ein Punkt einerNiveaulinie, so steht gradf ðr0Þ in r0 auf dieser Niveauliniesenkrecht und zeigt in die Richtung des Niveauanstiegs.

Beispiel: z¼ f ðrÞ ¼ f ðx;yÞ ¼ x2 þ y2 : – Die Niveaulinien sind kon-zentrische Kreise in der x, y-Ebene mit dem Zentrum (0, 0). DerPunkt r0 ¼ ð

ffiffiffi3p

;�1Þ liegt auf dem Kreis mit dem Radius 2, der dasNiveau z=4 besitzt. Es ist

grad f ðrÞ ¼ 2xe1 þ 2ye2 und gradf ðffiffiffi3p

;�1Þ ¼ 2ffiffiffi3p

e1 � 2e2 :

Als gr�ßter Anstieg von f in ðffiffiffi3p

;�1Þ ergibt sich damit

jgrad f ðffiffiffi3p

;�1Þj ¼ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi12þ 4p

¼ 4:

Die Richtungsableitung der Funktion f in ðffiffiffi3p

;�1Þ nach der durcht¼ cos30� e1 þ sin30� e2 festgelegten Richtung hat den Wert

¶f

¶tðffiffiffi3p

;�1Þ ¼ ð2ffiffiffi3p

e1 � 2e2Þð0;5ffiffiffi3p

e1 þ 0;5e2Þ ¼ 2:

6.2.4 Integraldarstellung von Funktionen undDoppelintegrale

Die Funktion f sei auf einem Rechteck a%x % b undc %y %d erkl�rt und f�r jedes y �ber [a, b] integrierbar. Dann

ist durch FðyÞ ¼Zb

a

f ðx;yÞ dx eine Funktion f auf [c, d] erkl�rt,

die als eine Integraldarstellung bezeichnet wird. Die Variabley heißt Parameter des Integrals. F ist stetig, wenn f es ist.Existiert außerdem die stetige partielle Ableitung fyðx;yÞ aufdem Rechteck, so ist F in [ c, d] differenzierbar, und es gilt

F0ðyÞ ¼Zb

a

fyðx;yÞ dx:

Ableitungsformel von Leibniz. Sind die Grenzen des be-stimmten Integrals selbst noch differenzierbare Funktionender Variablen y, also a=g(y) und b=h(y), dann gilt f�r

FðyÞ ¼ZhðyÞ

gðyÞ

f ðx;yÞ dx

F0ðyÞ ¼ZhðyÞ

gðyÞ

fyðx;yÞ dxþ f ðhðyÞ;yÞh0ðyÞ� f ðgðyÞ;yÞg0ðyÞ:

Doppelintegral. Es heißt auch iteriertes Integral und hat dieForm

Zd

c

ZhðyÞ

gðyÞ

f ðx;yÞ dx

0B@

1CAdy oder k�rzer

Zd

c

ZhðyÞ

gðyÞ

f ðx;yÞ dx dy:

6.2.5 Fl�chen- und Raumintegrale

Fl�chenintegrale

Zugrunde gelegt wird ein beschr�nktes Gebiet G der Ebene,dessen Rand aus einer geschlossenen, st�ckweise glatten Kur-ve besteht. Auf G sei eine stetige beschr�nkte Funktion f defi-niert: z=f(x, y) f�r (x, y)2 G. Das Gebiet G wird in eine end-liche Zahl von Teilgebieten Gi ði¼ 1;2;3; . . . ;nÞ zerlegt(Bild 18 a, b). Oft besteht eine solche Zerlegung in einer Un-terteilung des Gebiets G durch Parallelen zur x- und y-Achse(Bild 18 b). Zur geometrischen Deutung sei speziell voraus-gesetzt, daß f(x, y)^ 0 f�r (x, y)2 G.Ist ðxi;yiÞ ein Punkt des Teilgebiets Gi und DSi der Fl�chen-inhalt von Gi, dann stellt das Produkt f ðxi;yiÞ �DSi das Volu-men einer S�ule mit der Grundfl�che Gi und der H�he

f ðxi;yiÞ dar (Bild 18 c). Die SummeXn

i¼1

f ðxi;yiÞDSi; die auch

als Riemann-Summe bezeichnet wird, gibt dann ann�hernddas Volumen des Zylinders mit der ebenen Grundfl�che Gund der Deckfl�che ½ f � ¼ fðx;y; zÞjz¼ f ðx;yÞf�rðx;yÞ 2Ggwieder. Unter gewissen Voraussetzungen haben die Riemann-Summen bei Verfeinerung der Zerlegung von G einen Grenz-wert, der Fl�chenintegral der Funktion f �ber G heißt:ZZ

G

f ðx;yÞ dS oderZZ

G

f ðx;yÞ dðx;yÞ oderZZ

G

f ðrÞ dr:

I6.2 Reellwertige Funktionen mehrerer reeller Variablen A 69

A

Page 21: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

Ist f(x, y) ^0 f�r (x, y)2G, so wird das Fl�chenintegral geo-metrisch als das Volumen des Zylinders mit der Grundfl�cheG und der Deckfl�che [f] definiert. Ist insbesondere f(x, y)=1f�r (x, y)2 G, so bestimmt das Fl�chenintegralZZ

G

1 dS¼ZZ

G

dS¼ZZ

G

dðx;yÞ

den Fl�cheninhalt des Gebiets G.

Mittelwertsatz. Ist f eine auf dem abgeschlossenen Gebiet Gstetige Funktion mit dem Kleinstwert m und dem Gr�ßtwertM, dann istZZ

G

f ðx;yÞ dðx;yÞ ¼ mZZ

G

dðx;yÞ; wobei m %m% M:

m heißt der Mittelwert von f auf G.

Berechnung. G sei ein beschr�nktes Gebiet mit einer ge-schlossenen und doppelpunktfreien Randkurve. Jede Parallelezur x- bzw. y-Achse soll die Randkurve in h�chstens zweiPunkten schneiden. Das kleinste abgeschlossene Rechteck(Bild 19 a), das G umschließt, sei bestimmt durch a %x %bund c %y % d. Hierdurch wird die Randkurve des Gebiets Gwie folgt zerlegt:

oberes und unteres Kurvenst�ck

ABC : y¼ y2ðxÞ; CDA : y¼ y1ðxÞ f�r x 2 ½a;b�;linkes und rechtes Kurvenst�ck

BCD : x¼ x1ðyÞ; DAB : x¼ x2ðyÞ f�r y 2 ½c;d�:

Hiermit gilt f�r eine stetige und beschr�nkte Funktion f auf GZZG

f ðx;yÞ dðx;yÞ

¼Zb

a

Zy2ðxÞ

y1ðxÞ

f ðx;yÞ dy

0B@

1CAdx

¼Zd

c

Zx2ðyÞ

x1ðyÞ

f ðx;yÞ dx

0B@

1CAdy:

Hiermit l�ßt sich das Fl�chenintegral einer stetigen und be-schr�nkten Funktion f �ber G auf ein Doppelintegral zur�ck-f�hren.

Beispiel: Auf dem abgeschlossenen Gebiet (Bild 19 b)

G¼ fðx;yÞj0 % x % 1 und x2 % y %ffiffiffixpg;

dessen Rand durch den Graph der Funktionen y1ðxÞ ¼ x2 undy2ðxÞ ¼

ffiffiffixp

bestimmt ist, ist die Funktion f(x, y)=2 xy erkl�rt. – Esist

ZZG

2xy dðx;yÞ ¼Z1

0

Z ffiffixp

x2

2xy dy

0B@

1CA dx¼

Z1

0

x½y2 �ffiffixp

x2 dx

¼Z1

0

xðx� x4Þ dx¼ 1=6:

Substitutionsregel. F sei ein ebenes abgeschlossenes Gebiet,dessen Rand eine st�ckweise glatte Kurve ist. Auf einem Fumfassenden Gebiet seien zwei Funktionen x=j(u, u) undy=y(u, u) mit stetigen partiellen Ableitungen 1. Ordnung ge-geben, die das Innere von F eineindeutig auf ein ebenes Ge-biet G abbilden (Bild 20 a). F�r jeden inneren Punkt (u, u)von F sei die Funktionaldeterminante der beiden Funktionenj und y verschieden von Null.

¶ðx;yÞ¶ðu;uÞ ¼

juðu;uÞ yuðu;uÞjvðu;uÞ yvðu;uÞ

6¼ 0:

Dann gilt f�r jede auf G stetige Funktion f die Substitutions-regel f�r Fl�chenintegrale:

A 70 Mathematik – 6 Differential- und Integralrechnung

A

Bild 18. Fl�chenintegral. a und b Zerlegung eines Gebiets G; c geo-metrische Deutung

Bild 19. Ebenes Gebiet G. a Begrenzungen; b y1ðxÞ ¼ x2 ;y2ðxÞ ¼ffiffiffixp

Bild 20a und b. Abbildung eines Gebiets F auf ein Gebiet G

Page 22: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

ZZG

f ðx;yÞ dðx;yÞ

¼ZZ

F

f ðjðu;uÞ;yðu;uÞÞ ¶ðx;yÞ¶ðu;uÞ

dðu;uÞ:

Beispiel (Bild 20 b): In der x, y-Ebene sei das abgeschlossene GebietG¼ fðx;yÞ j 0< a %

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffix2 þ y2

p% 1 und y ^0} gegeben, das die Form

eines halben Kreisrings mit dem Außendurchmesser 1 und dem In-nendurchmesser a hat. Auf G ist die Funktionz¼ f ðx;yÞ ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� x2 � y2

pf�r (x, y)2 G erkl�rt. – Durch die Substi-

tution x¼ jðr;aÞ ¼ r cosa und y¼ yðr;aÞ ¼ r sina wird das abge-schlossene Gebiet F={(r, a)|0<a % r% 1 und 0 %a% pg eineindeu-tig auf das abgeschlossene Gebiet G abgebildet. Mit der Funktional-determinante der beiden Funktionen j und y

¶ðx;yÞ¶ðr;aÞ ¼

cosa sina�r sina r cosa

¼ r > 0

ergibt sich f�r das Fl�chenintegral der Funktion f �ber GZZG

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� x2 � y2

pdðx;yÞ ¼

ZZF

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� r2p

r dðr;aÞ

¼Z1

a

Zx

0

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� r2p

r da

0@

1Adr¼ p

Z1

a

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� r2p

r dr ¼ p=3ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� a2p 3

:

Raumintegrale

Zugrunde gelegt wird ein r�umliches abgeschlossenes GebietG={(x, y, z)|(x, y)2B und f1ðx;yÞ% z % f2ðx;yÞg, wobei Bein ebenes abgeschlossenes Gebiet mit st�ckweise glattemRand ist und f1; f2 stetige Funktionen auf B sind. G ist dem-nach ein zylindrischer K�rper, dessen Projektion auf die x, y-Ebene B ist und der oben von der Fl�che z¼ f2ðx;yÞ und untenvon der Fl�che z¼ f1ðx;yÞ begrenzt wird. Ist f eine stetigeFunktion auf G, dann ist das Raumintegral der Funktion f �berG erkl�rt durch das iterierte IntegralZZZ

G

f ðx;y; zÞ dðx;y; zÞ ¼ZZZ

G

f ðrÞ dr

¼ZZ

B

dðx;yÞZf 2ðx;yÞ

f 1ðx;yÞ

f ðx;y;zÞ dz:

Der Ausdruck dðx;y; zÞ ¼ dx dy dz¼ dr¼ dV heißt Volumen-element in kartesischen Koordinaten. Durch das Raumintegralmit f(x, y, z)�1 ist das Volumen von G definiert.

Beispiel (Bild 21): Das r�umliche abgeschlossene Gebiet G ist einTetraeder, das von den vier Ebenen x=0, y=0, z=0 und x+y+z=1begrenzt wird, so daß B={(x, y)|0% x % 1 und 0 %y % 1- x} undG={(x, y, z)|(x, y)2B und 0% z% 1-x-y}. Auf G ist die Funktionf ðx;y; zÞ ¼ 1=ð1þ xþ yþ zÞ2 erkl�rt. – Das Raumintegral der Funkti-on f �ber G lautet

ZZZG

1

ð1þ xþ yþ zÞ2dðx;y; zÞ

¼ZZ

B

dðx;yÞZ1�x�y

0

1

ð1þ xþ yþ zÞ2dz:

Integration des einfachen Integrals ergibt

Z1�x�y

0

1

ð1þ xþ yþ zÞ2dz¼� 1

1þ xþ yþ z

� �1�x�y

0

¼� 12� 1

1þ xþ y

� �:

F�r die Bestimmung des Raumintegrals ist jetzt nur noch das Fl�chen-integral zu berechnen, das sich wieder auf ein iteriertes Integral zu-r�ckf�hren l�ßt.

ZZB

11þ xþ y

� 12

� �dðx;yÞ ¼

Z1

0

dx

Z1�x

0

11þ xþ y

� 12

� �dy

¼Z1

0

dx lnð1þ xþ yÞ� 12

y

� �1�x

0

¼Z1

0

ðln2�ð1� xÞ=2� lnð1þ xÞÞ dx¼ 3=4� ln 2:

Substitutionsregel. Sind x=x(u, u, w), y=y(u, u, w) und z=z(u, u, w) Funktionen mit stetigen partiellen Ableitungen 1.Ordnung, die ein r�umliches Gebiet F mit den Variablen u, u,w auf ein r�umliches Gebiet G mit den Variablen x, y, z abbil-den, und ist die Funktionaldeterminante der Transformation

¶ðx;y; zÞ¶ðu;v;wÞ ¼

xu xv xw

yu yv yw

zu zv zw

6¼ 0 f�r ðu;v;wÞ 2 F;

dann gilt f�r eine auf G stetige Funktion f die Substitutionsre-gel f�r Raumintegrale:ZZZ

G

f ðx;y; zÞ dðx;y; zÞ

¼ZZZ

F

f ðxðu;v;wÞ;yðu;v;wÞ;zðu;v;wÞ ¶ðx;y; zÞ¶ðu;v;wÞ

dðu;v;wÞ:

Koordinatentransformationen. H�ufig treten auf:Zylinderkoordinaten (Bild 22)

x¼ r cosjy¼ r sinj;z¼ z

f�r0 % r

0 %j% 2p

¶ðx;y; zÞ¶ðr;j; zÞ ¼

cosj �r sinj 0

sinj r cosj 0

0 0 1

¼ r;

ZZZG

f ðx;y; zÞ dðx;y; zÞ

¼ZZZ

F

f ðr cosj; r sinj;zÞr dðr;j; zÞ:

I6.2 Reellwertige Funktionen mehrerer reeller Variablen A 71

A

Bild 21. Tetraeder als r�umlich abgeschlossenes Gebiet

Bild 22. Zylinderkoordinaten r, j, z

Page 23: 6 Differential- und Integralrechnung x g · 6 Differential- und Integralrechnung U. Jarecki, Berlin 6.1 Reellwertige Funktionen einer reellen Variablen 6.1.1 Grundbegriffe Urbild-

Kugelkoordinaten (Bild 23)

x¼ r cosJ cosjy¼ r cosJ sinjz¼ r sinJ

f�r

0 % r

�p=2 %J% p=2

0 %j% 2p

¶ðx;y; zÞ¶ðr;j;JÞ ¼

cosJ ;cosj �r cosJ sinj �r sinJ cosjcosJ sinj r cosJ cosj �r sinJ sinj

sinJ 0 r cosJ

¼ r2 cosJ;

ZZZG

f ðrÞ dr

¼ZZZ

F

f ðr cosJcosj; r cosJ sinj;r sinJÞr2 cosJ dðr;j;JÞ:

7 Kurven und Fl�chen, Vektoranalysis

U. Jarecki, Berlin

7.1 Kurven in der Ebene

7.1.1 Grundbegriffe

Parameterdarstellung. Eine ebene Kurve k ist durch ein Sys-tem aus zwei Gleichungen erkl�rt: x=x(t) und y=y(t) f�rt2 [a, b], wobei x(t) und y(t) stetige Funktionen auf dem ab-geschlossenen Intervall I=[a, b] sind. t heißt Kurvenparame-ter und I Parameterintervall. Beide Gleichungen ordnen je-dem Parameterwert t genau einen Punkt oder Ortsvektor derKurve k zu (Bild 1).

rðtÞ ¼ ðxðtÞ;yðtÞÞ ¼ xðtÞe1þ yðtÞe2 f�r t 2 I ¼ ½ab�:

Der Durchlaufsinn, mit dem der Punkt rðtÞ mit wachsendenParameterwerten t die Kurve k durchl�uft, heißt Orientierungvon k, so daß rðaÞ den Anfangs- und rðbÞ den Endpunkt derKurve kennzeichnen. Die Kurve k heißt geschlossen, wennrðaÞ ¼ rðbÞ.Bei einer Substitution des Parameters t gem�ß t=j(t) f�rt2 [a, b] und j(a)= a, j(b)=b, wobei j eine streng mono-ton wachsende Funktion auf [a, b] ist, bleiben Gestalt undOrientierung der Kurve erhalten.

rðtÞ f�r t 2 ½a;b� und ~rðtÞ ¼ rðjðtÞÞ f�r t 2 ½a;b�

heißen dann �quivalente Darstellungen der Kurve k.

Beispiel (Bild 2): Durch die Gleichungen x¼ cos t und y¼ sin t oderrðtÞ ¼ ðcos t; sin tÞ f�r t 2 ½0;p� ist ein Halbkreis mit dem Radius 1,dessen Orientierung dem Uhrzeigersinn entgegengesetzt ist, erkl�rt.�quivalente Darstellungen dieser Kurve sind x¼ ~xðtÞ ¼ 2cos2 t� 1und y¼ ~yðtÞ ¼ 2 sint � cost f�r t 2 ½0;p=2�; wobei t=j(t)=2t,t 2 ½0;p=2�; oder x¼ ~xðtÞ ¼�t und y¼ �yðtÞ ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� t2p

f�r t2 [-1, 1],wobei t¼ p� arccost.

Unter –k ist eine Kurve erkl�rt, die aus k durch Umkehrungdes Durchlaufsinns hervorgeht. Sind k1 und k2 zwei Kurven,bei denen der Anfangspunkt von k2 mit dem Endpunkt von k1

zusammenf�llt, dann ist durch die Summe k1þ k2 eine Kurveerkl�rt, bei der nacheinander die Kurven k1 und k2 durchlau-fen werden.

Beispiel:

k1 : r1ðtÞ ¼ ð�t;ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� t2p

Þ f�r t 2 ½�1;1�;k2 : r2ðtÞ ¼ ðt� 2;0Þ f�r t 2 ½1;3�;

k1 þ k2 : rðtÞ ¼ r1ðtÞ f�r t 2 ½�1;1�;r2ðtÞ f�r t 2 ½1;3�:

H�ufig wird eine Kurve k in Polarkoordinaten r und j darge-stellt.

r¼ rðtÞ und j¼ jðtÞ f�r t 2 ½a;b�:

So stellt z.B. die Kurve r¼ rðtÞ ¼ expðatÞ und j=2t f�rt 2 ½0;p� eine Windung einer logarithmischen Spirale dar.

Parameterfreie Darstellung. Die Elimination des Parameterst bei der Kurve k, x=j(t) und y=y(t) f�r t2 [a, b], f�hrt aufeine Gleichung der Form F(x, y)=0 oder y=f(x) bzw.g=f(y). Sie heißt dann implizite oder explizite parameterfreieDarstellung der Kurve.

Beispiel: Der Einheitskreis x¼ cos t und y¼ sin t f�r t 2 ½0;2p� hatwegen cos2 tþ sin2 t¼ 1 die implizite Darstellung Fðx;yÞ ¼x2 þ y2 � 1¼ 0. F�r t 2 ½0;p�; also y ^ 0, lautet die explizite Darstel-lung des oberen Halbkreises y¼ f ðxÞ ¼

ffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffiffi1� x2p

.

Bei Kurven in Polarkoordinaten r=r(t) und j=j(t) f�r t2 [a,b] lautet die parameterfreie Darstellung explizit und implizit

r ¼ f ðjÞ f�r j 2 ½a;b� oder j¼ gðrÞ f�r r 2 ½a;b�;Fðr;jÞ ¼ 0:

A 72 Mathematik – 7 Kurven und Fl�chen, Vektoranalysis

A

Bild 1. Kurve k;x=x(t), y=y(t) f�r t2 [a, b ]

Bild 23. Kugelkoordinaten r, f, J

Bild 2. Halbkreis; x¼ cos t;y¼ sin t f�r t 2 ½0;p�