8
ARG U SO' MGUS de Presse AC küdi9er.strosse 13 Postfach CH-802/ LJrich SeI. Q44 388 8200 F0x0L4 388820] wor9us.ch Was uns hellt 5k sehen aus wie ganz normale Pillen, enthalten aber keinen Wirkstoff. Und trotzdem heilen sie. letzt sind Forscher weltweit dem Rätsel Placebo auf der Spur. Die Schulmedizin aber weiss mit den mächtigcn Kräften nicht viel anzufangen. Tut Gian SIgnonlI; Foto: DhIröe Good Vnt.qschtzt. Krilte: Aultin Glaube, djss uns qeholteii wird positive lirkung auf die Gesunt 8021 Zürich Auflage 33x jährlich 313'426 377002 / 377.2 / 196'966 mm2 / Farben: 3 Seite 20 17.04.2009 Argus Ref 34943941 Ausschnitt Seite 1 / 8 Collegium Helveticum / Bericht Seite 1 / 36

8021 Zürich Collegium Helveticum / Was uns hellt · chen wie die kJS- Forscher in ihrem Experi-ment pharmakologisch wirkungslose Sub-stanzen. Danach verbessert sich der Zu-stand

  • Upload
    ngodan

  • View
    214

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: 8021 Zürich Collegium Helveticum / Was uns hellt · chen wie die kJS- Forscher in ihrem Experi-ment pharmakologisch wirkungslose Sub-stanzen. Danach verbessert sich der Zu-stand

ARG U SO' MGUS de Presse AC küdi9er.strosse 13 Postfach CH-802/ LJrich

SeI. Q44 388 8200 F0x0L4 388820] wor9us.ch

Was uns hellt5k sehen aus wie ganz normale Pillen, enthalten aber keinen Wirkstoff. Und trotzdem heilen sie.letzt sind Forscher weltweit dem Rätsel Placebo auf der Spur. Die Schulmedizin aber weissmit den mächtigcn Kräften nicht viel anzufangen. Tut Gian SIgnonlI; Foto: DhIröe Good

Vnt.qschtzt. Krilte: AultinGlaube, djss uns qeholteii wird

positive lirkung auf die Gesunt

8021 Zürich Auflage 33x jährlich 313'426

377002 / 377.2 / 196'966 mm2 / Farben: 3 Seite 20 17.04.2009

Argus Ref 34943941

Ausschnitt Seite 1 / 8

Collegium Helveticum /

Bericht Seite 1 / 36

Page 2: 8021 Zürich Collegium Helveticum / Was uns hellt · chen wie die kJS- Forscher in ihrem Experi-ment pharmakologisch wirkungslose Sub-stanzen. Danach verbessert sich der Zu-stand

Wasbloss sollte Henry K.

Beecher tun? Der US-Mi-litärarzt war hinter derFrontm Italien stationiert,im Krieg gegen Nazi-

deutschland. Die Versorgung war ins Sto-cken geraten, der Morphm-Vorrat zu Ende.

In seiner Not tat der Mediziner Fol-gendes: Er spritzte den Kriegsverletzten ge-gen ihre Schmerzen statt des hochwirk-samen Morphlns Kochsalziösung in dieVenen. Der Erfolg seiner Therapie war er-staunlich: Die Spritze linderte die Schmer-zen der Soldaten fast wie Morphin. Beecherwurde neugierig. Er begann zu forschen.Nach dem Krieg veröffentlichte er unterdem Titel «The Powerful Placebo» die Re-sultate seiner Studien an über 1000 Patien-ten. Dieses Werk wurde Ausgangspunkt dermodernen Placebo-Forschung.

Was ist ein Placebo? Eine Scheinthera-pie. Placebo-Tabletten enthalten im Gegen-satz zu wirklichen Medikamenten keinerleipharmakologisch wirksame Substanzen:Meist bestehen sie aus simplem Zucker.

Trotzdem tun heute im Kanton Zürichzwei Drittel der Haus- und Kinderärzte ge-legentlich das, was Henry K. Beecher vormehr als 60 Jahren in seinem Lazarett tat:Placebos verabreichen. Das hat eine neueStudie des Instituts für BiomedizinischeEthik der Universität Zürich ergeben. Aus-gewertet wurden 233 Fragebogen. «VieleÄrzte gaben an, dass Placebo-Therapien ih-ren Platz haben können, solange Arzt undPatient partnerschaftllch zusammenarbei-ten», sagt Studienleiterin Margrit Fässler.Die Ergebnisse stützen ähnliche Unter-suchungen. Auch an der MedizinischenHochschule Hannover (einer Universitäts-klinik) konnte vor wenigen Monaten einForscherteain zeigen, dass drei Viertel

des medizinischen Personals gelegentlichScheinmedikamente abgeben. Am häufigs-ten bei Schmerzen und bei Schlaflosigkeit.

Als Skandal wird mancher traditionelleSchulmediziner diese Umfrageergebnissebeurteilen. Kaum eine Kontroverse polari-siert in der Medizin so stark wie die Fragenach dem richtigen Umgang mit Placebos.Die Haltung reicht von interessierter Reser-viertheit bis zu offener Ablehnung. «Diesystematische Abgabe von Placebo-Präpa-raten kann ich auf keinen Fall befürworten.

Das ist Täuschung am Patienten», sagt etwaFMH-Präsident Jacques de Haller.

Das breite Spektrum der Reaktionen istfür den Buchautor und Essayisten EduardKaeser bezeichnend für den Streit. «DasWirken des Placebos legt einen Befundnahe, den die Naturwissenschaften alsDorn im Auge empfinden: Bedeutung, alsoetwas Immaterielles, hat eine Wirkung aufden Organismus, also auf etwas Materiel-les.» Der Körper reagiert nicht nur auf che-mische Substanzen, sondern auch aufTrost, Zuspruch und Hilfeversprechen. DiePlacebo-Reaktion sei deshalb ein Phäno-

<(Das Wirken des Placeboslegt einen Befund nahe, dendie Naturwissenschaften alsDorn im Auge empfinden.»Eduard Kaeser, Buchautor und Essayist

men, das in einer unübersichtlichen Grenz-zone zwischen den Natur- und den Kultur-wissenschaften liegt.

Als europäische Siedler sich in Amerikaniederliessen, trafen sie auf Menschen, dieMedizin auch mit Trommelschlägen, Ge-beten und Tänzen betrieben. Das Spektakeldieser Indianer wurde von westlichenÄrzten als Quacksalberei verspottet. Vieleder Siedler aber waren fasziniert vom Wir-ken der Schamanen. Auch der in Englandlebende Arzt und MedizinanthropologeCecil Helman liess sich von den schama-nistischen Heilkräften faszinieren. Er

machte sie zu seinem bevorzugten Studien-objekt. Dabei stiess er auf einen erstaunli-chen, kulturübergreifenden gemeinsamenNenner. Die Praxis des Doktors, die Hüttedes Naturheilers sind wie ein Theater: vollmit Kulissen, Requisiten, Kostümen undmit einem Drehbuch. «Medizin», so Hei-man, «ist wie ein Bühnenstück»

Tatsächlich können Zeremonien undRituale laut Georg Schönbächler vom Col-leglum Helveticuni von ETH und Univer-sität Zürich Im therapeutischen Prozesszusätzlich unbewusste gesundheits- undheilungsfördemde Ressourcen aktivieren.Sie sollten nicht als unwissenschaftlich be-lächelt werden. Schönbächler formuliert esso: «Zu einem Pharmakon gehört immer

8021 Zürich Auflage 33x jährlich 313'426

377002 / 377.2 / 196'966 mm2 / Farben: 3 Seite 20 17.04.2009

Argus Ref 34943941

Ausschnitt Seite 2 / 8

Collegium Helveticum /

Bericht Seite 2 / 36

Page 3: 8021 Zürich Collegium Helveticum / Was uns hellt · chen wie die kJS- Forscher in ihrem Experi-ment pharmakologisch wirkungslose Sub-stanzen. Danach verbessert sich der Zu-stand

auch ein bisschen <Pharmagle'.»Für diese Aussage hat die neuere Place-

bo-Forschung eindrückliche Belege gefun-den. Ted Kaptchuk von der Harvard Uni-versity teilte Patienten mit Reizdarm-beschwerden in drei Gruppen ein. Die erstesetzten die Ärzte auf eine Warteliste. DiePatienten der zweiten Gruppe wurden inein Zimmer geführt- Dann kamen die Ärzteund führten eine Scheinakiipunktur durch.Dabei erhalten die Patienten speziell prä-parierte Nadeln aufgeklebt, die nur einenoberflächlichen Reiz auslösen. Auch diedritte Gruppe erhielt eine Scheinakupunic-tut die von den Patienten nicht von derldas.sischen zu unterscheiden ist. Die ver-meintliche Therapie wurde hier aber unter-stützt durch die Rituale ärztlicher Zuwen-dung: Die Mediziner sprachen In freund-lichem Ton zu den Patienten, fassten sieaufmunternd an und hörten zu. In dieserGruppe war der therapeutische Effekt imDurchschnitt am grössten. Am geringstenwar er bei jenen Patienten, die auf die Warte-liste gesetzt worden waren.

Homöopatble profitiert vom Placebo-EffektDie Studienanlage der US-Forscher ent-spricht im Grunde der Situation, wie siesich tagtäglich In den Praxen der Alterna-tivinedizirier abspielt. Auch sie verabrei-chen wie die kJS- Forscher in ihrem Experi-ment pharmakologisch wirkungslose Sub-stanzen. Danach verbessert sich der Zu-stand ihrer Patienten. In beiden Fällen istdies nur der Placebo-Reaktion geschuldet.Tatsächlich konnten die allermeisten korn-plementärmedizinischen Heilverfahrenbis-lang keinen Nachweis erbringen, dass ihreHeilwirkurig den Placebo-Effekt übersteigt.

Etwa die Homöopathie, In einer gross-angelegten Untersuchung prüfte das Insti-tut für Sozial- und Präventivmedizin derUniversität Bern über 100 l-lomöopathle-Studien. Die Metastudle unter der Leitungvon Matthias Egger gilt in Wissenschafts-kreisen als eine der seriösesten Unter-suchungen, Fazit der Forscher: Eine phar-makologische Wirkung nach wissenschaft-lichen Kriterien kann nicht nachgewiesenwerden, Wie sollte es auch anders sein,fragt sich der ffir pointierte Formulierungenbekannte Beda Stadler, Direktor des Insti-tuts für lmmunologie der Uni Bern. «WennSie ein Glas Wein in den Bodensee kippen

und eine Woche später In Basel wieder einGlas Wasser aüs dem Rhein schöpfen, ha-ben Sie eine wesentlich höhere Konzentra-tion, als sie an Wirkstoffen in den meistenhomöopathischen Mitteln enthalten ist.»

Einen weiteren herben Schlag musstendie Komplementärmediziner Anfang Märzeinstecken. Auf den Markt kam «Gesundohne Pillen». Der fitel klingt in der deut-schen Obersetzung harmlos, der Inhalt

Placebos im Kiinikalltag: Rund dreiViertel des Personals setzen sie einAntworten von Angestellten der MedizinischenHochschule Hannover, in Prozent

7,4% 26,1%einizweimal fl_"niepro Woche

23,3%ein-/zweimalpro Monat

43,2%Nein-/zweimal

im Jahr

OI)CLU: . BERNAIECK IPI.ACEBOTIIRAPIF. ANAlYSE VOh UNFANG UNDERWARTUNG IN EINER KLINIC DER MAXIMNLYERSORGUNC,: ENFOGRAFR: NEC/DR

aber hat Sprengkraft Das Werk von EdzardErnst, Professor für Komplementärrneclizinim britischen Exeter, und Simon Singh isteine schonungslose Abrechnung mit alter-nativmedizinischen Heilvejthren. Von an-throposophischer Medizin («nicht plausi-bel») über Bachblütentherapie («Blüten-mittel sind reine Geldverschwendung»)und Ohrkerzen («abstruseVorstellung» biszu Shiatsu ((<Verschwendung von Müheund Geld>') geisseln die Autoren das Schei-tern der meisten komplementärmedizi-nischen Therapien an den Prinzipien derSchultnedizin. Ihre Wirkung übersteige nursehr selten jene des Placebo-Effekts. DieKritik wird mitunter sarkastisch formuliert.Das Kapitel über Akupunkrur leiten Ernstund Singh ein mit dem Satz: «Es muss et-was dran sein an der Akupunktur - mansieht nie kranke Stachelschweine.»

Für Peter Christen, Allgemeinpraktikerund Homöopath, ist die grassierende Kritikan der Komplementärmedizin haltlos. Dassdie homöopathischen Methoden ihre spe-zifische Wirksamkeit nach wissenschaft-lichen Kriterien nicht unter Beweis stellen

8021 Zürich Auflage 33x jährlich 313'426

377002 / 377.2 / 196'966 mm2 / Farben: 3 Seite 20 17.04.2009

Argus Ref 34943941

Ausschnitt Seite 3 / 8

Collegium Helveticum /

Bericht Seite 3 / 36

Page 4: 8021 Zürich Collegium Helveticum / Was uns hellt · chen wie die kJS- Forscher in ihrem Experi-ment pharmakologisch wirkungslose Sub-stanzen. Danach verbessert sich der Zu-stand

können, erklärt er - mit dem Ungenügender Wissenschaft. Die homöopathischeBehandlung sei stark individualisiert undgehe genau auf das besondere Problem desPatienten ein. Ihre Wirksamkeit könne des-halb nicht mit gängigen wissenschaftlichenMethoden geprüft werden. «In einer praxis-internen Umfrage sagten zwei von drei Pa-tienten, sie seien mit der homöopathischenlherapie zufrieden.»

Körper produziert Schmerzmittel selbstKomplementärmedizin wirkt nicht, abersie hellt. Das muss kein Widerspruch sein.Das Zauberwort heisst: Placebo. Der Begriffist lateinisch und heisst wörtlich: «Ich wer-de gefallen.» «Placebo Domino in regionevivorum» - «Ich werde dem Herrn gefallenim Lande der Lebenden», wurde in der mit-telalterlichen Totenliteratur gesungen. ImEngland des 14. Jahrhunderts ging der Be-griff in den Volksmund ein. «Sing a place-bo», zuerst für gekaufte Gesänge am Grabverwendet, entwickelte sich zum Synonymvon «schmeicheln». «Es meint in seiner his-torischen Wortbedeutung die Gefälligkeit,die ein Arzt einem Patienten auf dessenWunsch hin erweist, dessen Beschwerdener für untherapierbar oder eingebildethält», sagt Georg Schönbächler.

Lange interpretierte die Forschung Pla-cebo-Effekte als «reine Einbildung», Phar-makologen sprachen davon, etwas sei «nurPlacebo». Auch im öffentlichen Bewusst-sein klingt der Begriff abwertend. So kriti-sierte SP-Präsident ChristIan Levrat denBundesrat, weil diesem zur Wirtschaftskrisenur Alibiprogramme «mit Placebo-Effek-ten» einfielen. Mit neuen bildgebendenVerfahren wie Positronen-Emissions-To-mographie (PET) oder Magnetresonanz-Tomographle (MRT) begann ein Umden-ken. Mit diesen Methoden kann nachge-wiesen werden, dass Placebos nicht nur Im«Geist» wirken, sondern physiologischeVeränderungen im Hirn auslösen.

Der Körper verfügt über ein eigenes,sehr effektives System zur Schmerzabwehr.Morphin und ähnliche Substanzen habendeshalb eine so starke Wirkung, weil sieÄhnlichkeit haben mit Stoffen, die der Kör-per selbst zur Schmerzreduktion einsetzt.Diese Endorphine werden in Notfallsitua-tionen zur Schmerzunterdrückung oder

auch bei beglückenden Tätigkeiten aus-geschüttet, etwa einem Marathonlauf (dassogenannte «Runner's High»), beim Sexoder beim Genuss von Schokolade.

Diesen Umstand machte sich Placebo-Forscher Jon-Kar Zubieta von der Univer-sity of Michigan zunutze. Er erzeugte bei 14gesunden Freiwilligen Schmerzen, indemer ihnen eine Kochsalzlösung in die Kiefer-muskeln injizierte. Dann verabreichte ereine Spritze mit angeblich schmerzlin-dernder Wirkung. Bald vermeldeten dieProbanden ein Nachlassen ihrer Schmer-zen. Gleichzeitig liessen die PET-Bilder er-kennen, dass in bestimmten Regionen ihresGehirns Endorphin-Bindungsstellen akti-viert wurden (siehe Grafik Seite 24). Diehimeigene Schmerzabwehr war in Aktiongetreten. «Dies versetzt der Idee, dass derPlacebo-Effekt ein rein psychologischesstatt physikalisches Phänomen sei, einenweiteren schweren Schlag. Die Verbindungzwischen Geist und Körper ist ziemlichklar», sagt Zubieta.

Mit der Ankündigung, die Spritze werdedie Schmerzen lindern, schürten Zubietaund sein Team bei den Testpersonen eineErwartung. Viele Forscher sehen in diesemMechanismus eine mögliche Erklärung desPhänomens. Gemäss der Erwartungstheo-ne entsteht die Placebo-Reaktion dadurch,dass eine Person sich vorstellt, wie eine In-tervention wirken wird. Dabei kann die Er-wartung mitunter sogar die pharmakolo-gische Wirkung einer Behandlung in ihrGegenteil verkehren. So machten Ärzteschwangeren Frauen in einer Studie weis,sie erhielten ein Mittel, das ihre Übelkeitunterdrücken sollte. Die Wirkungwar fabel-haft, die meisten Frauen fühlten sich deut-lich besser, ihr Magen beruhigte sich. Wassie nicht wussten: Sie hatten ein Brechmit-tel geschluckt.

Wird bei einer Transplantation einfremdes Organ in einen Körper einge-pflanzt, reagiert das Immunsystem mit ei-nerAbstossungsreaktlon. Transplantations-patienten müssen deshalb ein Leben langMedikamente nehmen, sogenannte Im-munsuppressiva, die diese Abstossungs-reaktion verhindern. Es ist denkbar, dassdie Dosis dieser Immunsuppressiva in Zu-kunft mit Hilfe von Placebos reduziert wer-den kann. Verschiedenen Forschern ist es

8021 Zürich Auflage 33x jährlich 313'426

377002 / 377.2 / 196'966 mm2 / Farben: 3 Seite 20 17.04.2009

Argus Ref 34943941

Ausschnitt Seite 4 / 8

Collegium Helveticum /

Bericht Seite 4 / 36

Page 5: 8021 Zürich Collegium Helveticum / Was uns hellt · chen wie die kJS- Forscher in ihrem Experi-ment pharmakologisch wirkungslose Sub-stanzen. Danach verbessert sich der Zu-stand

bereits gelungen, so das Immunsystem vonRatten zu unterdrücken: Die Immunsup-pressiva wurden den Tieren immer ge-meinsam mit einer Zuckerlösung verab-reicht. Nach einer Gewöhnungsphase hattedie Zuckerlösung allein eine iminunsup-pressive Wirkung: Ein implantiertes Herzüberlebte allein durch Ihren konditionier-ten ReIz 100 Tage im Körper der Tiere.

Konditionierung ist neben der Erwar-tungstheorle der zweite Mechanismus, derdem Placebo zugrunde liegen könnte. Sofunktioniert die Konditionierung: Ein gege-

bener Reiz löst eine bestimmte Reaktionaus. Wenn nun dieser Reiz stets zusammenmit einem zweiten auftritt, so kann nacheiner gewissen Zeit auch dieserzweite Reizallein die Reaktion auslösen. Diesen nenntman den konditionierten Reiz. Bei der Pla-cebo-Reaktiori wird der gesamte Kontextder Medikamentenabgabe (das ärztlicheRitual) als konditionierter Reiz aufgefasst.

Segrn der Preis der Medikamente wirktLiegt in der Heilkunde ein ungeheures Po-tential brach, bloss weil die Schulmedizinnicht vom strilct mechanistischen Ursache-Wirkung-Denken abkommen will? Ja, sagtDan Ariely von der US-EJiteuni Massachu-setts Institute of Technology in Cambridge.Ariely konnte zeigen, dass selbst der Preisder Medikamente einen Einfluss hat aufihre Wirksamkeit: Teure Medikamente wir-ken stärker als günstigere. (<Unsere Erwar-tungen haben eine unheimliche Macht, dieWirklichkeit zu formen. Der Placebo-Effektist eine der faszinierendsten und am we-

nigsten genutzten Kräfte im Universum.»Es mehren sich die Stimmen, die für das

ungeliebte Phänomen eine bedeutendereRolle In der Heillcunst verlangen. «Im Ich-nischen Einsatz muss die Placebo-Reaktionals unterstützende Massnahme besser ge-nutzt werden. Wenn wir das nicht tun, ver-schenken wir 20 bis 50 Prozent des Wir-ktmgspotentia]s unserer Therapien», sagteiner der führenden Placebo-Forscher inEuropa, Manfred Schedlowski.

Margrit Pässler, Autorin der Zürcher Pla-cebo-Umfrage, hält den Einsatz von The-rapien, die nur über Placebo-Reaktionenwirken, in bestimmten Situationen auchethisch für vertretbar. Sie schlägt vor, diePlacebo-Therapie mit den Worten zu ha-gJeiten: «Das ist eine Therapie, die Selbst-heilungskräfte unterstützen kann.,) Nur aufNachfrage soll erläutert werden, dass einestrikt pharmakologische Wirkung kaum zuerwarten sei. ((Wenn es so gemacht wird,könnte man einem Arzt keine Täuschungdes Patienten vorwerfen.»

Was Ärzte diskutieren, nutzen Laienschon lange. Sei es die Mutter, die ihremKind «die böse Beule» wegstreichelt undmit dem frechen Tischbein schimpft. Oderjener Pfadiführer, der sich Im Sommerlagermit dem akuten Heimweh eines jungenZöglings konfrontiert sah. Mit pseudoärzt-lichem Brimborium verabreichte er demBuben eine «Anti-heimweh-Tablette». DerErfolg war höchst nachhaltig: «Das weisseLäkerol wirkte zwei Wochen lang.»

«Die systematische Abgabe vonPlacebo-Präparaten kann ichauf keinen Fall befürworten. Dasist Täuschung am Patienten.»Jacies de Haller, Präsident der Ärztevereinigung FMH

Beobachter direktwJe.weit dürfen Ärzte mit der Verschreibungvon Placebos statt «richtigen» Medikamentengehen? Würden Sie Placebos akzeptieren?Diskutieren SI. mit auf www.beebachtestch

8021 Zürich Auflage 33x jährlich 313'426

377002 / 377.2 / 196'966 mm2 / Farben: 3 Seite 20 17.04.2009

Argus Ref 34943941

Ausschnitt Seite 5 / 8

Collegium Helveticum /

Bericht Seite 5 / 36

Page 6: 8021 Zürich Collegium Helveticum / Was uns hellt · chen wie die kJS- Forscher in ihrem Experi-ment pharmakologisch wirkungslose Sub-stanzen. Danach verbessert sich der Zu-stand

Der Placebo-Effekt

Ein Placebo ist eine Scheintherapie.PilLen, Tabletten oder Kapseln. dieals Placebos verabreicht werden,enthalten meist nur Zucker. Sie habenkeinerlei pharmakologische Wirkung.Auch ein chirurgischer Scheineinqritfohne bekannte Wirkung auf denKörper oder Stoffwechsel kann einPlacebo sein.Der Placebo-Effekt ist die Differenzin der Wirkung zweier Behandlungs-formen zwischen Gruppen. wobei dieeine Gruppe ein Placebo, die andere

Gruppe keine Behandlung erhalten hat.Die Placebo-Reaktion ist die Besserungeines Symptoms bei einem Patienten,der eine Scheinbehandlung erhaltenhat und eine Wirkung erwartet.Konditlonierung bezeichnet einenbiologischen Lernprozess, bei demVerhaltensweisen oder Reaktionendurch Training mit einem bestimmtenReiz verknüpft werden. Die entschei-denden Prozesse im Gehirn laufenunterbewusst ab. Die klassische Kondi-tionierung wurde von Iwan Pawlowentdeckt und experimentell erforscht(«Pawlowscher-H und-Versuch»).E.dorpNae (Kurzform von «fndo9eneMorphine») sind vom Körper selbstproduzierte Morphine, die Schmerz-lindernd beziehungsweise schmerz-unterdrückend (analgetisch) wirken.

INFO

Abstimmung ((Zukunft mitKomplernentärinedizln»: Trotzfehlendem Wirkungsnachweisist die Komplementärmedizinbeliebt. Viele schätzen sie als«sanftere» Alternative zur Schui-medizin, Am 17, Mai entscheidetder Schweizer Souverän über dieVerankerung der Komplementär-medizin in der Verfassung.

Der erstePlacebo-Versuch

Vordenker: Benjamin

Frankiln beschrieb dieKraft der Einbildung.

Der bedeutendeNaturwssen-schaltier undStaatsmann

Benjamin Franklin(1706-1790) hatden Blitzableitererfunden - undwohl als Ersterdie Wirkung einesPlacebos doku-rnentiert. Damalsbehauptete Franz

Anton Mesnierdie Existenz eines «Fiuldums», eines

«thierischen Magnetismus», den ermit Hilfe von Metallstäben und mittelsheilender Kräfte durch die Körper seinerPatienten strömen lassen könne.Das konnte ein durch und durch rationaldenkender Mensch wie Franklin nichtnachvollziehen, Im Garten seines Hausesin Passy bei Paris liess er einen Mesmer-Doppelgänger auftreten und Patientenan «magnetisierte» Gegenstände fassen.Mehrere öusserten körperliche Beglü-ckung, als sie sich des Magnetismus teil-haftig glaubten. Einem Jungen wurdeerzählt, ein Baum sei «mesmerisiert».Man verband ihm die Augen, er mussteden Baum finden. Bei einem der Bäumeverfiel der Junge in Zuckungen, vermein-te das Fluidum zu verspüren und fiel inOhnmacht - natürlich war der Baum inkeiner Weise behandelt worden.

Wegen der vermeintlichen ErtolqeMesmers rief der französische KönigLudwig XVI. ein Komitee zusammen, dasMesmer auf sein Wirken überprüfensollte. Das Komitee führte einige Ver-suche durch. So liessen sich Frauen ineinem Raum «mesmerisieren». Sieglaubten der Ausführende sitze hintereinem Vorhang im Nebenzimmer, wobeidie Information richtig oder falsch seinkonnte. Franklin konnte nachweisen,dass der Erfolg der Behandlung nurdavon abhing, ob die Frauen glaubten,der Mesrnerist sei da. So widerlegte erdie der neuen Mode zugesprocheneWirkungsweise.Franklins Urteil war nüchtern: «Dies Istein Effekt, der keine äussere, physika-lische Ursache hat, sondern der nur vonder Einbildung hervorgerufen sein kann,»

8021 Zürich Auflage 33x jährlich 313'426

377002 / 377.2 / 196'966 mm2 / Farben: 3 Seite 20 17.04.2009

Argus Ref 34943941

Ausschnitt Seite 6 / 8

Collegium Helveticum /

Bericht Seite 6 / 36

Page 7: 8021 Zürich Collegium Helveticum / Was uns hellt · chen wie die kJS- Forscher in ihrem Experi-ment pharmakologisch wirkungslose Sub-stanzen. Danach verbessert sich der Zu-stand

Kriegslazarett: Wieso lindert Kochsalzlösung die Schmerzen, fragte sich US-Militärarzt Beecher.

Schöner Schein: Auf die Farbe kommt es anScheinmedikationen sind unterschiedflch erfolgreich -Spritzen und Irifusionen sind wirksamer als oralverabreichte Mittel. Bei den Pillen spielt die Farbe einewichtige Rolle (siehe Beispiele rechts: Blaue Placeboseignen sich etwa gut zur Beruhigung. Übrigens: Unange-nehmer Geschmack verstärkt immer die Wirkung...

beruhi- an- nur Angst- Errequngs- Depres- Schmerzen,

qend regend gering zustände zustände sionen Entzün-

wirksam dungen

8021 Zürich Auflage 33x jährlich 313'426

377002 / 377.2 / 196'966 mm2 / Farben: 3 Seite 20 17.04.2009

Argus Ref 34943941

Ausschnitt Seite 7 / 8

Collegium Helveticum /

Bericht Seite 7 / 36

Page 8: 8021 Zürich Collegium Helveticum / Was uns hellt · chen wie die kJS- Forscher in ihrem Experi-ment pharmakologisch wirkungslose Sub-stanzen. Danach verbessert sich der Zu-stand

Schmerzeffeht

PIaceboi&uWirksam-

keit

4

3

2

Die Bilder oben zeigen Hirnareale während Schmerz-erfahrung. Unten nach Verabreichung eines Placebos: Farbige Flächen zeigen Regionen, Indenen das Gehirn selbständig schmerzunterdrückende Stoffe ausschüttete.

8021 Zürich Auflage 33x jährlich 313'426

377002 / 377.2 / 196'966 mm2 / Farben: 3 Seite 20 17.04.2009

Argus Ref 34943941

Ausschnitt Seite 8 / 8

Collegium Helveticum /

Bericht Seite 8 / 36