4

Click here to load reader

Abbaubare Polymere in der Medizin

  • Upload
    nico

  • View
    216

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Abbaubare Polymere in der Medizin

Nachrichten aus der Chemie | 59 | Februar 2011 | www.gdch.de/nachrichten

Ziel: Regenerative Therapie

� Die moderne Medizin strebt vor-wiegend regenerative Therapien an, die beschädigte oder nicht-funktio-nelle Zellen, Gewebe oder Organe wiederherstellen, anstatt sie langfris-tig durch regelmäßige Behandlung mit Medikamenten oder mit extra-korporalen Systemen zu ersetzen. Dieser Ansatz der kausalen Behand-lung bringt nicht nur den Patienten Vorteile, sondern er ist auch unter sozio-ökonomischen Aspekten at-traktiv: Eine Kostenersparnis wird in vielen Fällen erwartet, da eine teure einmalige regenerative Therapie in der Gesamtkostenbetrachtung güns-tiger sein kann, als die Summe der Einzelbehandlungskosten einer re-gelmäßigen Behandlung von Symp-tomen.

Daher zielt die nächsten Genera-tion von Biomaterialien nicht nur auf den temporären Ersatz von Ge-webe oder Organfunktionen, son-dern auch auf die Induktion einer endogenen Regeneration in vivo. Zu berücksichtigen sind dabei Wissen und Erfahrungen aus der Immuno-logie (z. B. Fremdköperreaktion), der Wundheilung und dem Lang-zeit-in-vivo-Verhalten von Biomate-rialien sowie über die Angiogenese, die biologische Signalübermittlung, (Stamm-) Zell- und Matrixbiologie.

� Zwei bedeutende Herausforde-rungen motivieren heute die Poly-merforschung für die Medizin: Zum einen besteht eine große Nachfrage nach multifunktionalen Biomateria-lien für die Entwicklung und An-wendung regenerativer Therapien. Zum anderen gibt es ein grundsätzli-ches wissenschaftliches Interesse, die Funktionen und den Aufbau von biologischen Materialien, beispiels-weise der extrazellulären Matrix, zu verstehen und im Sinne eines biomi-metischen Ansatzes als Bauplan für neue Materialien zu verwenden.1, 2)

Seit vielen Jahrzehnten ist das große Potenzial von biomaterialba-sierten Therapien bekannt. Weit ver-breitete klinische Anwendungen sind polymerbasierte Implantate, z. B. Nahtmaterialien oder Wirk-stofffreisetzungssysteme, sowie Kunststoffe in extrakorporalen Sys-temen (z. B. Hämodialyse), bei de-nen Zellen, Gewebe oder Körper-flüssigkeiten in Kontakt mit dem Material kommen. Gleichzeitig wer-den aber auch die Einschränkungen deutlich, denen polymere Biomate-rialien in der klinischen Anwendung bislang unterworfen sind. Hierzu zählen beispielsweise die fibröse Einkapselung von Implantaten und mangelnde Gewebsintegration so-wie die begrenzte Vorhersagbarkeit des Langzeit-in-vivo-Verhaltens.

Andreas Lendlein, Dieter Hofmann, Nico Scharnagl

Polymerbasierte, abbaubare Biomaterialien sind eine Schlüsseltechnik für die moderne Medizin.

Sie kommen in verschiedenen Medizinprodukten und Wirkstofffreisetzungssystemen zum Einsatz. Es ist

zu erwarten, dass multifunktionale Polymere wesentliche Beiträge zu kausalen (regenerative Medizin),

schonenden (minimalinvasive Medizin) und gezielten (Nanomedizin) Therapien leisten werden.

Abbaubare Polymere in der Medizin

�Polymerforschung�

Makromoleküle werden auch als Na-nocarrier für Medikamente unter-sucht, die ein biologisches Ziel, etwa entzündetes Gewebe, erkennen und lokal behandeln, indem sie selektiv den Wirkstoff an dieser Stelle freiset-zen. Bioaktive Moleküle sollen künf-tig sogar den Wirkstoff in die Zellen zu spezifischen Organellen transpor-tieren und dort freisetzen.3)

Charakteristisch für das Design von Biomaterialien sind die komple-xen Anforderungen an Eigenschaf-ten und Funktionen, die spezifisch für jede Anwendung maßgeschnei-dert werden müssen.1,2,4) Beispiele sind die mechanischen Eigenschaf-ten auf Nano-, Mikro- und Makro-ebene, thermische Eigenschaften so-wie Permeabilität für Wasser oder Sauerstoff.

� QUERGELESEN

�� Die meisten heutzutage in der klinischen Anwen-

dung etablierten Polymere wurden nicht gezielt

für die Medizin entwickelt. Ausnahmen sind ab-

baubare Biomaterialien wie die aliphatischen

(Co)polyester, die der menschliche Körper hydroly-

tisch abbaut.

�� Eine Herausforderung für das Design abbaubarer

Biomaterialien ist die Vorhersage des In-vivo-Ab-

baus. Vielversprechende Methoden dafür sind

computergestützte Simulationen und Langmuir-

Blodgett-Monoschicht-Experimente.

117

Page 2: Abbaubare Polymere in der Medizin

Die Biokompatibilität eines Poly-mers im Hinblick auf eine bestimm-te Anwendung umfasst zum einen dessen Unbedenklichkeit für den In-vivo-Einsatz, d. h. dass das Implan-tatmaterial den Organismus nicht schädigen darf. Zum Anderen muss die gewünschte Biofunktionalität – beispielsweise das Ein- oder Über-wachsen des Materials mit regio-spezifischen Zellen – nachgewie-sen werden.

Bioabbaubare (Co)polyester

� Die meisten heutzutage in der klinischen Anwendung etablierten Polymere wurden nicht gezielt für die Medizin entwickelt, sondern wa-ren bereits als Engineering-Kunst-stoffe erhältlich und wurden in der Regel aufgrund ihrer Struktureigen-schaften ausgewählt.

Eine Ausnahme ist die Entwick-lung abbaubarer Biomaterialien wie der aliphatischen (Co)polyester, die bis heute die Materialbasis für ab-baubare chirurgische Nahtmateria-lien bilden. Das im menschlichen Körper allgegenwärtig vorhandene Wasser baut diese linearen Polymere durch hydrolytische Spaltung der Esterbindung ab.

Eine wichtige Rolle für das De-sign von abbaubaren Biomaterialien spielen die Abbauprodukte, die was-serlöslich, nicht toxisch und idealer-weise über die Niere eliminiert oder analog zum natürlichen Zellmetabo-lismus verstoffwechselt werden soll-ten. Dabei ist auch die Kinetik zu be-rücksichtigen, da auch eine zu hohe Konzentrationen von Abbauproduk-ten toxisch wirken kann.

Polyglykolid (PGA) und dessen Copolyester mit verbesserter Prozes-sierbarkeit, die durch Copolymerisa-tion von Diglykolid mit L,L-Dilactid oder e-Caprolacton hergestellt wer-den, bildeten die erste Generation ab-baubarer polymerbasierter Biomate-rialien.5,6) Dabei lässt sich die hydro-lytische Abbaubarkeit dieser Copoly-ester in Pufferlösung zum einen über das Comonomer-Verhältnis und zum anderen durch Veränderung der Se-quenzstruktur beeinflussen.

In Abbildung 1 sind exempla-risch die Diaden des (Poly-[(e-ca-prolacton)-co-glykolid]) dargestellt. Glykolid-Einheiten beschleunigen die Hydrolyse von Esterbindungen unabhängig davon, ob sie die Hydro-xy- oder die Carboxy-Komponente bilden. Demnach sind Esterbindun-gen der Diaden, die aus zwei Glyko-lid-Einheiten bestehen, die am leich-testen hydrolysierbaren Bindungen. Daher baut ein Copolyester mit Blockstruktur schneller ab als ein Copolyester gleichen Comonomer-

Dazu kommen Eigenschaften wie (Langzeit-)Abbauverhalten, Wirk-stofffreisetzungsvermögen und Sen-sitivität gegenüber äußeren Stimuli als Beispiele für spezifische Funktio-nalitäten, die auch in Kombination anwendungsrelevant sein können. Bei der Entwicklung neuer polymer-basierter Biomaterialien stellt sich daher häufig die Frage, welche der Funktionen und Eigenschaften die höchste Priorität haben soll.

Abb. 1. Chemische Strukturen der vier Diaden, die in Poly[(e-caprolacton)-co-glykolid] vor-

kommen können. Die Esterbindungen der verschiedenen Diaden unterscheiden sich in der

Hydrolysegeschwindigkeit zum Teil stark. Die Sequenzstruktur dieser Copolyester hat daher

einen erheblichen Einfluss auf das Abbauverhalten des Copolymers.

(Abbildung nach 9) mit freundlicher Genehmigung von Wiley-VCH)

Abb. 2. Molekulare Änderungen eines Polyesterurethannetzes während des hydrolytischen Abbaus. (A) Anfängliches

Polymernetzwerk. (B) Aufnahme einer kleinen Menge Wasser führt zu den ersten Bindungsspaltungen. (C) Voran-

schreitende Hydrolyse und Bildung von weiteren freien Ketten sowie Abnahme der Glasübergangstemperatur (Tg)

des Polymernetzwerkes. (D) Verhaken von nichtlinearen Bruchstücken, die durch die zufällige Spaltung von Ester-

Bindungen in verschiedenen Ketten mit restlichen Teilen des Polymernetzwerkes verhaken. (E) Weitere Bindungs-

spaltungen erzeugen Bruchstücke, die zu Masseverlust und Änderung der Polymernetzwerkzusammensetzung

führen. (F) Schließlich löst sich das Material auf. (Abbildung nach 10) mit freundlicher Genehmigung von Wiley-VCH)

�Magazin� Polymerforschung 118

Nachrichten aus der Chemie | 59 | Februar 2011 | www.gdch.de/nachrichten

Page 3: Abbaubare Polymere in der Medizin

verlustes. Je größer das Oberflächen-zu-Volumen-Verhältnis ist, um so schneller verläuft der Abbau bezogen auf den Masseverlust.

Den Abbau vorhersagen

� Eine verlässliche Vorhersage des In-vivo-Abbauverhaltens von Bio-materialien ist für zahlreiche An-wendungen wünschenswert. Dies ist jedoch eine schwierige Aufgabe, da es meist nicht möglich ist, die In-vi-vo-Situation aus reinen In-vitro-Un-tersuchungen abzuleiten. So unter-scheidet sich das Abbauverhalten der oben beschriebenen Copolyeste-rurethane in wässriger Pufferlösung, in Zellkulturmedien und in vivo. Neben der Anwesenheit von Enzy-men, Zellen und Geweben beeinflus-sen mechanische Belastung und eine Vielzahl anderer Faktoren das Ab-bauverhalten.

Vielversprechende Methoden zur systematischen Untersuchung von Grundmechanismen der hydrolyti-schen Degradation sind computer-gestützte Simulationen und Lang-muir-Blodgett-Monoschicht-Experi-mente. Die Resultate solcher Unter-suchungen tragen wesentlich zu ei-nem wissensbasierten Ansatz für die Entwicklung von abbaubaren Poly-meren bei.11, 12) Die Methoden er-möglichen es zunächst, die beiden Grundprozesse des hydrolytischen Abbaus, die Wasseraufnahme und die Kinetik der Bindungsspaltung, getrennt zu behandeln.

Computergestützte Simulationen arbeiten mit atomistischen würfelför-migen Packungsmodellen für die Ket-tensegmente in den amorphen Berei-chen des jeweiligen Polymers. Diese umfassen etwa fünf- bis zehntausend Atome und haben laterale Abmessun-gen zwischen drei und fünf Nano-metern. Um die Wasseraufnahme zu beschreiben, werden für ein und das-selbe Polymer sowohl Modelle trocke-ner Polymere erstellt, als auch solche, die unterschiedliche Gewichtsanteile von Wassermolekülen enthalten (typi-sche Werte sind beispielsweise zwei und sieben Gewichtsprozent). Die Pa-ckungsmodelle werden dann mit Kraftfeldmethoden unter periodi-

ketten, und die Elastizität des teil-weise abgebauten Netzwerks nimmt zu ( Abbildung 2).

Der hydrolytische Abbau der bis-her diskutierten Copolyester folgt dem Mechanismus des Masseabbaus (bulk degradation). Nach Aufnahme einiger Gewichtsprozente Wasser bauen die Materialien homogen in den amorphen Phasen ab. Hydropho-bere Materialien, wie Polyanhydride oder Polyorthoester, die sehr leicht hydrolisierbare Bindungen enthalten, werden von der Oberfläche her abge-baut (surface erosion). Die Ursache dafür ist, dass die Diffusion des Was-sers in das Material viel langsamer ab-läuft als die Hydrolyse der spaltbaren Bindungen. Dabei beeinflusst die Form eines Probekörpers und dessen Oberflächenstruktur entscheidend die Geschwindigkeit des Gewichts-

Abb. 3. Oben: Ergebnis einer molekulardy-

namischen Simulation (unter periodischen

Randbedingungen) der initialen Wasserauf-

nahme an der Grenzfläche zwischen PLLA

(Bindungen: grün) und einem Wasserreser-

voir (Atome: rot und weiß).

Unten: Kooperativer Angriff zweier Wasser-

moleküle auf die kritische Esterbindung in

PLLA. Die gezeigte Übergangsstruktur wur-

de aus quantenchemischen Berechnungen

(Spartan ’04) an L-Laktid Trimeren erhalten.

(Wasserstoff: weiß, Kohlenstoff: grün, Sau-

erstoff: rot)

verhältnisses mit einer zufälligen Se-quenzstruktur.7–9)

Änderungen der Sequenzstruktur oder des Comonomerverhältnisses können gleichzeitig auch die ther-mischen und mechanischen Eigen-schaften von Copolyestern beeinflus-sen. Da jede klinische Anwendung ei-ne spezifische Kombination von Ei-genschaften und Funktionen des Im-plantatmaterials erfordert, wäre es wünschenswert, die Materialeigen-schaften möglichst unabhängig von-einander einstellen zu können. Zu die-sem Zweck wurden Polymersysteme entwickelt, in denen durch nur kleine Änderungen der chemischen Zusam-mensetzung unterschiedliche makro-skopische Eigenschaften nahezu unab-hängig voneinander in weiten Berei-chen einstellbar sind. Ein Beispiel für ein solches System sind phasenseg-regierte Multiblockcopolymere aus Oligo[(3-R-hydroxy butyrat)-co- (3-R- hydroxyvalerat)]- Hartsegmenten und Oligo[(e-caprolacton)-co-glykolid]- Weichsegmenten.7,8) Die mecha-nischen Eigenschaften der Copolyester können durch den Gewichtsanteil des Hartsegmentes gesteuert werden, die hydrolytische Abbaubarkeit lässt sich durch den Glykolid-Gehalt und die Se-quenzstruktur des Weichsegmentes einstellen. Die Basis für diese Vielsei-tigkeit bildet die Polymernetzwerk-architektur. Kovalent vernetzte Poly-mere zeigen eine für die Anwendung wertvolle Änderung im Elastizitätsver-halten bei fortschreitendem hydrolyti-schen Abbau.10) Während bei linearen Copolyestern die Elastizität innerhalb kurzer Zeit während des hydrolyti-schen Abbaus verloren geht, steigt un-ter gleichen Abbaubedingungen die Bruchdehnung von Polymernetzwer-ken, deren Segmente aus dem gleichen Copolyester bestehen, an.

Im viskoelastischen Zustand be-stimmt die Kettensegmentlänge die Elastizität des Polymernetzwerks. Ein Bindungsbruch entlang einer Netzwerkkette schwächt zwar das Polymernetzwerk, die Gesamtinte-grität bleibt aber weiterhin erhalten, solange benachbarte und über ande-re Netzwerkpunkte verknüpfte Seg-mente intakt sind. Dadurch verlän-gern sich gleichsam die Netzwerk-

Polymerforschung �Magazin� 119

Nachrichten aus der Chemie | 59 | Februar 2011 | www.gdch.de/nachrichten

Page 4: Abbaubare Polymere in der Medizin

schen Randbedingungen molekular-dynamischen Simulationen unterzo-gen, die sich üblicherweise über einige Nanosekunden erstrecken. Aus den Simulationsdaten ergeben sich Schlüs-se auf das Quellverhalten (über die Entwicklung der Modellgröße und des freien Volumens), den Grad der Hydrophilie (über die Kohäsivenergie-dichte und daraus abgeleitete Löslich-keitsparameter) oder den Einfluss von Diffusionsvorgängen auf die Wasser-aufnahme, wie das Beispiel der bereits erwähnten (Co)Polymere auf Basis von PGA und PLLA illustriert (Abbil-dung 3, S. 119).12, 13)

Dabei zeigt sich, dass der Löslich-keitsparameter � mit steigendem Glykolid-Gehalt von 23 (J·cm–3)0,5 bei reinem PLLA auf 32 (J·cm–3)0,5 bei reinem PGA ansteigt. Damit wächst auch die Hydrophilie (vergl. �H2O = 48 (J·cm–3)0,5). Die experi-mentell beobachtbaren Unterschie-de in der Wasseraufnahme hängen weitgehend mit der Löslichkeit von Wasser im entsprechenden Polymer zusammen, während der Einfluss der entsprechenden Diffusionskon-stante gering ist. Strukturell lässt sich dieses Ergebnis darauf zurück-führen, dass PGA über eine höhere Dichte an polaren Gruppen verfügt als PLLA, was für die Löslichkeit von Wasser wichtig ist.

Diffusionsvorgänge in voluminö-sen Probekörpern bedingen sehr lange Versuchsdauern bei exponen-tiellen Abbauuntersuchungen. Da-her wurde die Untersuchung von Monoschichten auf einer wässrigen Subphase, die mit einem Langmuir-Trog realisierbar sind, als Methode zur Untersuchung der Kinetik der hydrolytischen Bindungsspaltung etabliert.12) Diese ermöglicht auch Untersuchungen zum enzymati-schen Abbau.14) Die entsprechenden Messungen benötigen nur Stunden, während experimentelle Analysen des Abbauverhaltens an dreidimen-sionalen Probekörpern Monate bis Jahre dauern können.

Im Zuge des Abbaus entstandene wasserlösliche Kettenfragmente ge-hen in die Subphase über, womit sich die Fläche des aufgebrachten Monofilms verringert. Aus dem Ver-

lauf dieser Flächenverringerung mit der Zeit lassen sich Schlüsse zum konkreten Abbaumechanismus zie-hen. So erfolgen die hydrolytischen Bindungsspaltungen im Poly(e-ca-prolacton) zufällig verteilt über die ganze Länge einer Kette, und das Enzym Lipase beschleunigt vor-nehmlich die Hydrolyse der Ester-bindungen in den Poly(e-capro-lacton)-Segmenten von Multiblock-copolymeren, die als zweites Seg-ment Poly(p-dioxanon) enthalten.

Ausblick

� Für die materialwissenschaftliche Grundlagenforschung zu polymerba-sierten, abbaubaren Biomaterialien ergeben sich für die klinische Anwen-dung zahlreiche Fragen. Hierzu ge-hören insbesondere biomimetische Konzepte zum Aufbau von Analoga der extrazellulären Matrix, die Reali-sierung von Multifunktionalität ei-nerseits mit Multi-Material-Konzep-ten und andererseits in einem Makro-molekül sowie zuverlässige Vorher-sagemethoden für das In-vivo-Verhal-ten von Biomaterialien. Eine weitere große Herausforderung ist die inter-disziplinäre, transnationale For-schung. In Kooperation mit Kliniken, der Industrie sowie den mit den Zu-lassungsverfahren beschäftigten Be-hörden sollen in langfristig angeleg-ten Projekten die Ergebnisse der Grundlagenforschung in die kli-nische Anwendung umgesetzt, und somit moderne Therapie für den Pa-tienten verfügbar gemacht werden.

Literatur: 1) V. P. Shastri, A. Lendlein, Adv. Mater. 2009,

21, 3231–3234. 2) N. Scharnagl, S. Lee, B. Hiebl, A. Sisson,

A. Lendlein, J. Mater. Chem. 2010, 20, 8789–8802.

3) R. Duncan, Nat. Rev. Drug Discov. 2003, 2, 347–360.

4) M. Vert, Prog. Polym. Sci. 2007, 32,755–761. 5) U. Edlund, A. C. Albertsson, Adv. Drug

Delivery Rev. 2003, 55, 585–609. 6) P. J. Dijkstra, Z. Zhong, W. M. Stevels,

J. Feijen, Kluwer Academic/Plenum Publishers, 2001, pp. 179–194.

7) A. Lendlein, M. Colussi, P. Neuenschwan-der, U. W. Suter, Macromol. Chem. Phys. 2001, 202, 2702–2711.

8) A. Lendlein, P. Neuenschwander, U. W. Suter, Macromol. Chem. Phys. 1998, 199, 2785–2796.

9) A. Lendlein, P. Neuenschwander,

U. W. Suter, Macromol. Chem. Phys.

2000, 201, 1067–1076.

10) A. T. Neffe, G. Tronci, A. Alteheld,

A. Lendlein, Macromol. Chem. Phys.

2010, 211, 182–194.

11) M. Entrialgo-Castaño, A. Lendlein,

D. Hofmann, Adv. Eng. Mat. 2006, 8,

434–439.

12) D. Hofmann, M. Entrialgo-Castaño,

K. Kratz, A. Lendlein, Adv. Mater. 2009,

21, 3237–3245.

13) M. Entrialgo-Castano, A. E. Salvucci,

A. Lendlein, D. Hofmann, Macromol.

Symp. 2008, 269, 47–64.

14) A. Kulkarni, J. Reiche, K. Kratz,

H. Kamusewitz, I. M. Sokolov, A. Lendlein,

Langmuir 2007, 23, 12202–12207.

Nico Scharnagl leitet die Ar-

beitsgruppe Biomaterialcha-

rakterisierung des Zentrums

für Biomaterialentwicklung

im Helmholtz-Zentrum

Geesthacht am Standort Tel-

tow sowie am Berlin-Brandenburger Zentrum

für Regenerative Therapien in Berlin. Seine Ar-

beitsschwerpunkte sind neben der Material-

charakterisierung die Synthese von „medical

grade“ Polymersystemen. Seine Dissertation

schloss er im Jahre 1989 an der Universität

Hamburg ab.

Dieter Hofmann ist wiss. Mit-

arbeiter der Abteilung Poly-

merphysik des Zentrums für

Biomaterialentwicklung im

Helmholtz-Zentrum Geest-

hacht am Standort Teltow

und apl. Professor für Polymerphysik an der TU

Berlin. Schwerpunkte seiner bisherigen Arbei-

ten waren röntgenografische und Molecular-

Modelling-Untersuchungen zu Struktur-Eigen-

schaftsbeziehungen unterschiedlichster Poly-

mersysteme für technische und medizinische

Anwendungen. Er habilitierte sich 1999 an der

TU Berlin. Seine Promotion erhielt er 1988 von

der Akademie der Wissenschaften der DDR.

Andreas Lendlein leitet das

Zentrum für Biomaterialent-

wicklung im Helmholtz-Zen-

trum Geesthacht am Stand-

ort Teltow und ist Mitglied

im Direktorium des Berlin-

Brandenburger Zentrums für Regenerative

Therapien in Berlin. Er ist Professor für Mate-

rialien in den Lebenswissenschaften an der

Universität Potsdam und Honorarprofessor an

der Freien Universität Berlin sowie Mitglied

der Medizinischen Fakultät der Charité Uni-

versitätsmedizin Berlin. Seine Habilitation im

Fach Makromolekulare Chemie an der RWTH

Aachen schloss er 2002 ab. 1996 promovierte

er an der ETH Zürich in den Materialwissen-

schaften. Seine Forschungsinteressen umfas-

sen (multi)funktionale Polymersysteme, ihre

Wechselwirkungen mit biologischen Umge-

bungen und deren Anwendungen im biomedi-

zinischen Bereich. [email protected]

Nachrichten aus der Chemie | 59 | Februar 2011 | www.gdch.de/nachrichten

�Magazin� Polymerforschung 120