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14 K-Geld 4/2011 AKTUELL D as Stelleninserat erschien in mehre- ren Tageszeitungen und tönt vielversprechend: «Mit 35 Multimillionär, mit 40 in Rente. Welt- konzern sucht haupt- bzw. nebenberufliche Unterneh- mer bis 35 Jahre.» Recherchen von K-Geld zeigen: Hinter dem Inserat steckt indirekt der US- Konzern Forever Living mit Sitz in Scottsdale im US- Bundesstaat Arizona. In der Schweiz vertreibt Forever Living Products (FLP Schweiz) die Produkte der US-Mutterfirma. Dabei handelt es sich vor allem um Erzeugnisse, die auf Basis der Aloe-Vera-Pflanze hergestellt werden. Vertriebspartner arbeiten auf eigenes Risiko Forever Living ist ein soge- nanntes Multi-Level-Mar- keting-Unternehmen – wie etwa Herbalife, Monavie (siehe K-Geld 5/2010) oder Amway. Das Geschäftsmo- dell dahinter: Die Produkte sind nicht im Detailhandel erhältlich. Wer bei solchen Unternehmen anheuert, soll weitere Vertriebspartner an- werben und die meist über- teuerten Produkte nach Möglichkeit in seinem Be- kanntenkreis verkaufen. Interessenten müssen sich auf der Website www.team1- swiss.ch um eine Anstellung bemühen – eine Kontakt- person oder ein Firmenna- me fehlen im Stelleninserat. Dahinter steckt aber nicht etwa das Unternehmen FLP Schweiz, sondern ein un- abhängiger Vertriebspartner von FLP: der Deutsche Rolf Kipp. Er wohnt angeblich im Steuerparadies Monaco. Das betont zumindest sei- ne Assistentin, die sich bei Stellenbewerbern telefo- nisch meldet. Bei der Suche nach «ge- eigneten Führungskräften» für den Vertrieb eines Ener- gy-Drinks mit dem Namen «FAB Forever active boost» greift Kipp tief in die Wer- betrickkiste. Das neuartige Produkt sei ein «gesunder, pflanzlicher Energy-Drink». Er besitze das Potenzial, «die Erfolgsgeschichte von Red Bull zu wiederholen, vielleicht sogar zu übertref- fen». Der Drink unterschei- de sich von anderen Energy- Getränken. Er enthalte nur wenig Zucker. Der natür- liche Koffein-Ersatzstoff Guarana liefere dem Konsu- menten umgehend einen Energieschub. Experte beurteilt den neuen Drink kritisch K-Geld hat die Liste der aufgeführten Inhaltsstoffe dem Präventivmediziner David Fäh vom Institut für Sozial- und Präventivmedi- zin der Universität Zürich vorgelegt. Sein Fazit: «Das Getränk enthält auf 1 Dezi- liter rund 9,5 Gramm Zu- cker. Diese Menge liegt in etwa auf der Höhe der meisten Süssgetränke.» Zum Vergleich: Red Bull hat rund 11 Gramm Zucker pro Deziliter. Der Effekt von Guarana auf die körperliche Leistung sei zudem umstritten. Fäh fügt hinzu: «Für die meis- ten Sportler ist Hahnen- wasser ideal. Und das kos- tet einen Bruchteil des Drinks.» Der Experte wür- de das Getränk «nieman- dem empfehlen». Diverse Verkäufer sind bereits ausgestiegen Wohl auch wegen solch fragwürdiger Werbeverspre- chen bleiben die in Aus- sicht gestellten Top-Saläre meist ein Wunschtraum. Das zeigen diverse Internet- Foreneinträge von finanziell enttäuschten Forever-Li- ving-Vertriebspartnern, die aus dem angeblich lukrati- ven Geschäft wieder ausge- stiegen sind. Ein weiteres Problem: Die Forever-Living-Produk- te sind meist deutlich teurer als vergleichbare Produkte. Das trifft auch auf das neu- artige Getränk zu: Eine Dose mit 0,25 Liter Inhalt kostet im Online-Shop FLP-team.net 4 Franken. Ein Liter des Getränks kommt somit auf 16 Fran- ken zu stehen. Zum Ver- gleich: Ein Liter Red Bull kostet bei der Migros Fr. 6.60. Forever Living Products Schweiz und auch Rolf Kipp haben auf Fragen von K-Geld trotz mehrmaligem Nachhaken nicht reagiert. Es bleibt daher offen, wie man mit teurem «Zucker- wasser» mit 40 Jahren in Rente gehen kann. Bernhard Bircher-Suits Mit Zuckerwasser zum Millionär Der Deutsche Rolf Kipp sucht in der Schweiz Vertriebspartner für einen «neuartigen» Energy-Drink – und lockt mit Traumsalären. Doch das Jobangebot hat mehrere Haken. «Ich würde das Getränk niemandem empfehlen» David Fäh, Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich Neuer Energy-Drink: Fragwürdiges Jobangebot für Vertriebspartner

AKTUELL Mit Zuckerwasser zum Millionär - Bircher-Suits · 2012. 10. 15. · von FLP: der Deutsche Rolf Kipp. Er wohnt angeblich im Steuerparadies Monaco. Das betont zumindest sei-ne

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Page 1: AKTUELL Mit Zuckerwasser zum Millionär - Bircher-Suits · 2012. 10. 15. · von FLP: der Deutsche Rolf Kipp. Er wohnt angeblich im Steuerparadies Monaco. Das betont zumindest sei-ne

14 K-Geld 4/2011

A K T U E L L

Das Stelleninserat erschien in mehre-ren Tageszeitungen

und tönt vielversprechend:«Mit 35 Multimillionär,mit 40 in Rente. Welt -konzern sucht haupt- bzw.nebenberufliche Unterneh-mer bis 35 Jahre.»

Recherchen von K-Geldzeigen: Hinter dem Inseratsteckt indirekt der US-Konzern Forever Living mitSitz in Scottsdale im US-Bundesstaat Arizona. In derSchweiz vertreibt ForeverLiving Products (FLPSchweiz) die Produkte derUS-Mutterfirma. Dabeihandelt es sich vor allemum Erzeugnisse, die auf Basis der Aloe-Vera-Pflanzehergestellt werden.

Vertriebspartnerarbeiten aufeigenes Risiko

Forever Living ist ein soge-nanntes Multi-Level-Mar-keting-Unternehmen – wieetwa Herbalife, Monavie(siehe K-Geld 5/2010) oderAmway. Das Geschäftsmo-

dell dahinter: Die Produktesind nicht im Detailhandelerhältlich. Wer bei solchenUnternehmen anheuert, sollweitere Vertriebspartner an-werben und die meist über-teuerten Produkte nachMöglichkeit in seinem Be-kanntenkreis verkaufen.

Interessenten müssen sichauf der Website www.team1-swiss.ch um eine Anstellungbemühen – eine Kontakt-person oder ein Firmenna-me fehlen im Stelleninserat.Dahinter steckt aber nichtetwa das Unternehmen FLPSchweiz, sondern ein un -abhängiger Vertriebspartnervon FLP: der Deutsche RolfKipp. Er wohnt angeblichim Steuerparadies Monaco.Das betont zumindest sei-ne Assistentin, die sich bei Stellenbewerbern telefo-nisch meldet.

Bei der Suche nach «ge-eigneten Führungskräften»für den Vertrieb eines Ener-gy-Drinks mit dem Namen«FAB Forever active boost»greift Kipp tief in die Wer-betrickkiste. Das neuartigeProdukt sei ein «gesunder,

pflanzlicher Energy-Drink».Er besitze das Potenzial,«die Erfolgsgeschichte vonRed Bull zu wiederholen,vielleicht sogar zu übertref-fen». Der Drink unterschei-de sich von anderen Energy-Getränken. Er enthalte nurwenig Zucker. Der natür -liche Koffein-ErsatzstoffGuarana liefere dem Konsu-menten umgehend einenEnergieschub.

Experte beurteiltden neuen Drinkkritisch

K-Geld hat die Liste deraufgeführten Inhaltsstoffedem PräventivmedizinerDavid Fäh vom Institut fürSozial- und Präventivmedi-zin der Universität Zürichvorgelegt. Sein Fazit: «DasGetränk enthält auf 1 Dezi-liter rund 9,5 Gramm Zu-cker. Diese Menge liegt inetwa auf der Höhe dermeisten Süssgetränke.»Zum Vergleich: Red Bullhat rund 11 Gramm Zuckerpro Dezi liter.

Der Effekt von Guaranaauf die körperliche Leistungsei zudem umstritten. Fähfügt hinzu: «Für die meis-ten Sportler ist Hahnen-wasser ideal. Und das kos-tet einen Bruchteil desDrinks.» Der Experte wür-

de das Getränk «nieman-dem empfehlen».

Diverse Verkäufersind bereitsausgestiegen

Wohl auch wegen solchfragwürdiger Werbeverspre-chen bleiben die in Aus-sicht gestellten Top-Saläremeist ein Wunschtraum.Das zeigen diverse Internet-Foreneinträge von finanziellenttäuschten Forever-Li-ving-Vertriebspartnern, dieaus dem angeblich lukrati-ven Geschäft wieder ausge-stiegen sind.

Ein weiteres Problem:Die Forever-Living-Produk-te sind meist deutlich teurer

als vergleichbare Produkte.Das trifft auch auf das neu-artige Getränk zu: EineDose mit 0,25 Liter Inhaltkostet im Online-ShopFLP-team.net 4 Franken.Ein Liter des Getränkskommt somit auf 16 Fran-ken zu stehen. Zum Ver-gleich: Ein Liter Red Bullkostet bei der Migros Fr.6.60.

Forever Living ProductsSchweiz und auch RolfKipp haben auf Fragen vonK-Geld trotz mehrmaligemNachhaken nicht reagiert.Es bleibt daher offen, wieman mit teurem «Zucker-wasser» mit 40 Jahren inRente gehen kann.

Bernhard Bircher-Suits

Mit Zuckerwasser zum MillionärDer Deutsche Rolf Kipp sucht in der Schweiz

Vertriebspartner für einen «neuartigen»

Energy-Drink – und lockt mit Traumsalären.

Doch das Jobangebot hat mehrere Haken.

«Ich würde dasGetränk niemandemempfehlen»

David Fäh, Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich

Neuer

Energy-Drink:

Fragwürdiges

Jobangebot für

Vertriebspartner