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Aktuelle Entwicklungen im Arbeitsrecht Dr. Peter Schrader Fachanwalt für Arbeitsrecht Hannover, 15. April 2009

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Page 1: Aktuelle Entwicklungen im Arbeitsrecht Dr. Peter Schrader Fachanwalt für Arbeitsrecht Hannover, 15. April 2009

Aktuelle Entwicklungen imArbeitsrecht

Dr. Peter Schrader

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Hannover, 15. April 2009

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Gesetzgebung

Neue Entwicklungen

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Arbeitnehmerdatenschutz

Beschluß des Bundeskabinetts vom 18.02.2009: Grundsatzregelung wird noch indieser Legislaturperiode in das BDSG eingefügt; Berücksichtigung des Problems inlaufenden Gesetzesvorhaben; ein gesondertes Gesetz über Datenschutz wirderarbeitet, mit der Fertigstellung ist aber erst in der nächsten Legislaturperiode zurechnen (SPD: „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“).

Hintergrund:• „Skandale“ bei Telekom, Lidl, Deutsche Bahn.• Regelungslücken bei Videoüberwachung, Überwachung von E-Mails, Kontrolle der

Internetbenutzung, Detektiveinsatz gegenüber Mitarbeitern.• Zersplitterung des geltenden Rechts.• Entschließung des Bundesrates vom 07.11.2008• Entschließungsantrag aller fünf BT-Fraktionen vom 04.03.2009

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EU-Richtlinien zur Leiharbeit und Arbeitszeit

LeiharbeitVeröffentlichung im Amtsblatt der EU am 05.12.2008 (ABIEU Nr. L 327 v. 05.12.08, S. 9);Umsetzungsfrist drei Jahre.

- Gleiche Behandlung („Equal Pay“) von Leiharbeitnehmern und Stammbelegschaft.- Abweichung nur in Ausnahmefällen.- Sanktionen bleiben Mitgliedsstaaten überlassen.

- Anpassungsbedarf in Deutschland wird überschaubar sein. - allenfalls Korrektur der Ausnahmetatbestände für Abweichungen durch Tarifvertrag (Erreichung eines

angemessenen Schutzniveaus).

ArbeitszeitVerwirklichung derzeit unklar: Erhebliche Meinungsunterschiede zwischen Kommission, Rat undParlament, Vorschlag des Rates vom 09.06.2008, Ablehnung durch Parlament am 17.12.2008;Einberufung des Vermittlungsausschusses ist zu erwarten (Dokumentation unter: COM(2004) 607).

- Inhalt der Meinungsunterschiede:- Wöchentliche Höchstarbeitszeit (Opt-Out Klausel).- Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit (aktiv / inaktiv).- Zeitliche Gestaltung der Ruhezeiten.

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Managergehälter (1)

Diskussion seit mehreren Monaten, verschiedene Arbeitsgruppen gebildet; Koalitionsausschußvom 4. März hat sich auf Eckpunkte geeinigt; die Änderungen sollen Mitte des Jahres in Krafttreten; eine weitere Arbeitsgruppe soll über weitergehende Beschränkungen verhandeln; dieFraktionen der CDU/CSU und SPD haben einen Gesetzentwurf zur Angemessenheit der Vor-standsvergütung (VorstAG) in den Bundestag eingebracht (Drucksache 16/12278).

Inhalt: - Aktienoptionen erst nach vier Jahren einlösbar (vorher 2 Jahre).- Aufsichtsrat soll über Vorstandsvergütung beschließen (schon Inhalt des Deutschen Corporate

Governance Kodex Ziffer 4.2.2.).- Verpflichtung des Aufsichtsrates zur nachträglichen Gehaltskürzung bei schlechter wirtschaftlicher

Entwicklung des Unternehmens wird erleichtert (Haftung von Aufsichtsratsmitgliedern, wenn dies nicht geschieht).

- § 87 Abs. 2 Satz 1 AktG wird nun wie folgt gefaßt: „Verschlechtert sich die Lage der Gesellschaft nach der Festsetzung so, daß die Weitergewährung der Bezüge nach Abs. 1 unbillig wäre, so hat der Aufsichtsrat oder im Falle des § 85 Abs. 3 das Gericht auf Antrag des Aufsichtsrats die Bezüge auf die angemessene Höhe herabzusetzen.“

- Verschärfung der Vorschriften für Wechsel von Vorstand in Aufsichtsrat.

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Managergehälter (2)

Weiter in Diskussion: - Höchstgrenze für volle Abzugsfähigkeit von Vorstandsgehältern (1 Mio. Euro – SPD-Vorschlag;

ähnliche Vorschläge auch von den Grünen und der Partei Die Linke).- Absolute Gehaltsobergrenze: Begrenzung der Gesamtbezüge der einzelnen

Vorstandsmitglieder auf das 20-fache eines sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der untersten Lohn- und Gehaltsgruppe (Partei Die Linke).

- Entscheidung der Hauptversammlung (u. a. Aktionärsschützer) CDU/CSU wollen Hauptversammlung das Recht geben, ein – wenn auch unverbindliches – „Missfallensvotum“ über die Vergütungen abzugeben.

- Kurzfristiger Erfolgsanteil am Gehalt maximal das Doppelte der vereinbarten Grundvergütung. - Selbstbehalt der Manager bei Haftungsfällen; persönliche Haftung der Manager für

Falschinformationen. - Bearbeitung des Deutschen Corporate Governance Kodexes und Verstärkung der

Verbindlichkeit des Kodexes. - Sogenannte Reichensteuer soll erhöht werden auf bis zu 65 % (Partei Die Linke)

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Rechtsprechung

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Bewerbung auf mehrere Stellenanzeigen/Rechtsmissbrauch

• LAG Hamm, Urteil vom 26.06.2008 – 15 Sa 63/08 – (Rev. zugel.) = Beck RS 2008 57044• LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 09.12.2008 – 5 Sa 286/08 – = Beck RS 2009 50609

- LAG Hamm: Bewirbt sich ein Arbeitnehmer ausschließlich auf altersdiskriminierende Stellenanzeigen, so kann dieses Verhalten dafür sprechen, daß die Bewerbungen subjektiv nicht ernsthaft erfolgt sind, sondern lediglich die Geltendmachung einer Entschädigung nach dem AGG beabsichtigt ist. Ein solches Verhalten ist als rechtsmissbräuchlich anzusehen.

- LAG Schleswig-Holstein: Der Umstand allein, daß der Kläger gegenüber zahlreichen Firmen Entschädigungsansprüche nach § 15 AGG geltend gemacht hat, spricht für sich genommen nicht gegen die Ernsthaftigkeit der Bewerbung. Erfüllt ein Bewerber das in der Stellenanzeige festgelegte Anforderungsprofil augenscheinlich nicht, kann er keine Entschädigungszahlung nach § 15 Abs. 2 AGG beanspruchen.

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BAG: Kündigungsschutz und Altersdiskriminierung (1)

• Urteil vom 06.11.2008 – 2 AZR 701/07 – bisher liegt nur die Pressemitteilung vor; Entscheidungsgründe in dem Parallelverfahren 2 AZR 523/07 vom selben Tage aber schon veröffentlicht (Karmann Osnabrück), Beck RS 2009 54562

Inhalt: - Die Diskriminierungsverbote des AGG finden auf das Recht der Kündigung Anwendung. § 2 Abs. 6

AGG steht nicht entgegen. Die gesetzlichen Diskriminierungsverbote ein-schließlich der Rechtfertigungstatbestände stellen vielmehr Konkretisierungen des Begriffs der Sozialwidrigkeit dar.

- Eine Kündigung, die ein Diskriminierungsverbot verletzt, kann daher sozialwidrig und damit unwirksam sein.

- Die Berücksichtigung des Lebensalters bei der Sozialauswahl nach § 1 Abs. 2 KSchG ist weiterhin zulässig, da dies mit einer „hinnehmbaren Unschärfe“ zur Berücksichtigung von Chancen auf dem Arbeitsmarkt führt und deshalb i.S.v. § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt ist.

- Die Bildung von Altersgruppen bei der Sozialauswahl kann ebenfalls gemäß § 10 Satz 1 AGG gerechtfertigt sein (Erhaltung einer altersgemischten Belegschaft; muß vom Arbeitgeber im Prozeß dargelegt werden).

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BAG: Kündigungsschutz und Altersdiskriminierung (2)

Bewertung:

- Für die Praxis erfreuliche Klarstellung.- Vorlage durch Instanzgerichte an den EuGH möglich.

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BAG: Sozialplanabfindung bei vorgezogener Altersrente

• Urteil vom 11.11.2008 – 1 AZR 475/07 – NZA 2009, 210

- Sozialpläne haben nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine zukunfts-gerichtete Ausgangs- und Überbrückungsfunktion. Die in ihnen vorgesehenen Leistungen stellen kein zusätzliches Entgelt für die in der Vergangenheit erbrachten Dienste dar, sondern sollen die zukünftigen Nachteile ausgleichen, die den Arbeit-nehmern durch die Betriebsänderung entstehen können. Hieran hält der Senat trotz eines im Schrifttum geforderten „Paradigmenwechsels“ (vgl. Temming, RdA 2008, 205; Preis, Gutachten B für den 67. Deutschen Juristentag) fest.

- Der betriebsverfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz und die gesetzlichen Diskriminierungsverbote sind bei der Einschätzung der den Arbeitnehmern ent-stehenden wirtschaftlichen Nachteile unbeachtlich.

- Auch ein Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung wurde verneint wegen der geringern wirtschaftlichen Nachteile solcher Arbeitnehmer, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf vorgezogene Altersrente haben.

- Auch hier Vorlage durch Instanzgerichte an den EuGH möglich

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EuGH: Betriebsübergang kann auch dann vorliegen, wenn der übertrageneUnternehmens- oder Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeitnicht bewahrt

• Urteil vom 12.02.2009 – C-466/07 (Klarenberg ./. Ferrotron) = BeckRS 2009 70155, NZA 2009, 289 Vorlagebeschluß des LAG Düsseldorf v. 10.08.2007 – 9 Sa 303/07 –

- Voraussetzung: „Die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren wird beibehalten, und sie erlaubt dem Erwerber, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen.“

- Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des BAG, wonach der übertragene Betriebsteil beim Erwerber seine organisatorische Identität behalten muß.

- Noch kein neuer Termin beim LAG Düsseldorf anberaumt, Stand 05.03.2009,- Bewertung: Mit Wortlaut der Richtlinie (insb. Art. 1 Abs. 1 Buchst. b) und bisheriger

EuGH-Rechtsprechung (insb. „Ayse Süzen“) nicht vereinbar; neues Kriterium ist völlig konturenlos. Der 8. Senat muß m.E. seine Rechtsprechung nicht grundlegend ändern.

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BAG: Änderungskündigung zur Entgeltsenkung bei bereits weitgehenderreichtem Sanierungserfolg• Urteil vom 26.06.2008 – 2 AZR 139/07- NZA 1182

Inhalt: - Eine Änderungskündigung zur Entgeltsenkung ist begründet, wenn bei einer

Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entsünden, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebes führen. Regelmäßig bedarf es daher eines Sanierungsplans, der alle milderen Mittel ausschöpft und die von den Arbeitnehmern zu tragenden Lasten gleichmäßig verteilt.

- Hat sich die große Mehrheit der Arbeitnehmer (im Fall: ca. 97 %) mit der Reduzierung freiwillig einverstanden erklärt und ist damit das Einsparvolumen weitgehend erreicht, so kann ein Arbeitnehmer, dem gegenüber die Reduzierung durch Änderungskündigung erfolgt, sich nicht darauf berufen, die Änderungskündigung sei ihm gegenüber nicht mehr erforderlich.

Bewertung: - Praxisfreundlich, da eine Vielzahl von Änderungskündigungen vermieden werden kann.

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BAG: Sperre des § 18 Abs. 1 KSchG regelt nicht Unwirksamkeit einer

Kündigung • Urteil vom 06.11.2008 – 2 AZR 935/07 - = Betrieb 2009, 515

Inhalt: - Die Entlassungssperre nach § 18 Abs. 1 KSchG hindert weder den Ausspruch einer

Kündigung noch die Anzeige der Massenentlassung bei der Agentur für Arbeit während des Laufs der Sperrfrist nach § 18 Abs. 1 oder Abs. 2 KSchG, noch verlängert die Sperrfrist die gesetzlichen Kündigungsfristen.

- Eine Kündigung kann somit nach Anzeigenerstattung erfolgen. Die betroffenen Arbeitnehmer dürfen nur nicht vor Ablauf der Frist des § 18 Abs. 1 bzw. Abs. 1 KSchG aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden. Dementsprechend werden von der „Sperrfrist“ nur solche Kündigungen erfaßt, deren Kündigungsfrist kürzer als ein bzw. zwei Monate ist.

Bewertung: - Konsequente und begrüßenswerte Fortentwicklung der Entscheidung vom 23.03.2006 – 2

AZR 343/05 - = Betrieb 2006, 1902.

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Zurechnung der Fristversäumnis des Anwalts bei Erhebung der

Kündigungsschutzklage• Urteil vom 11.12.2008 – 2 AZR 472/08 -, bisher liegt nur die Pressemitteilung (98/08) vor

Inhalt: Hat der Arbeitnehmer einen Rechtsanwalt mit der Kündigungsschutzklage

mandatiert, steht ein Verschulden des Prozeßbevollmächtigten an einer verspäteten

Klageerhebung einer verschuldeten Fristversäumnis des Arbeitnehmers in entsprechender

Anwendung von § 85 Abs. 2 ZPO gleich.

Bewertung: - Klärung eines jahrzehntelangen Streits durch das BAG, die erst durch die Neufassung

von § 5 Abs. 4 KSchG möglich geworden ist. - Bisher unentschieden, ob Entsprechendes auch bei lediglich außergerichtlicher

Beratung durch einen Rechtsanwalt gilt (wohl: nein).

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LAG Berlin-Brandenburg: Flashmobs als Arbeitskampfmittel • Urteil vom 29.09.2008 – 5 Sa 967/08 - = Beck RS 2008 57641, NZA-RR 2009, 149

Revision anhängig beim BAG, AZ: 1 AZR 972/08

Inhalt: - Die freie Wahl der Arbeitskampfmittel ist von Art. 9 Abs. 3 GG grundsätzlich geschützt. - Die Tatsache, daß Flashmobs nicht dem klassischen Streikbegriff, also einer Arbeits-niederlegung,

zuzuordnen sind, steht ihrer Qualifikation als zusätzliche, einen Streik begleitende Arbeitskampmittel nicht entgegen.

- Auch die Einbeziehung Dritter (Außenstehender) hindert nicht die Qualifizierung als Arbeitskampfmittel.

- In Abwägung mit den Rechtspositionen des betroffenen Arbeitgebers können Flash-mobs regelmäßig nicht als unangemessen angesehen werden. Sie können im Einzelfall auch erforderlich sein, etwa wenn durch den Einsatz von Leiharbeitnehmer der Streik seiner Druckwirkung „weitgehend beraubt“ wird.

Bewertung: - Neue Form des Arbeitskampfes.- Nähe zu Betriebsblockaden und Sabotage, die nicht mehr von der Kampfmittelfreiheit gedeckt ist.

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BAG: Zulässigkeit der Gewerkschaftswerbung per E-Mail

• Urteil vom 20.01.2009 – 1 AZR 515/08 - = Pressemitteilung 8/09

- Eine tarifzuständige Gewerkschaft darf sich an Arbeitnehmer über deren betriebliche E-Mail-Adressen mit Werbung und Informationen wenden. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber den Gebrauch der E-Mail-Adressen zu privaten Zwecken untersagt hat.

- Das durch Art. 14. Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht des Arbeitgebers und sein von Art. 2 Abs. 1 GG erfaßtes Recht am eingerichteten Gewerbebetrieb haben gegen-über der gewerkschaftlichen Betätigungsfreiheit zurückzutreten, solange der E-Mail-Versand nicht zu nennenswerten Betriebsablaufstörungen oder spürbaren, der Gewerk-schaft zuzurechnenden wirtschaftlichen Belastungen führt.

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ArbG Hamburg: Zulässigkeit exklusiver Sonderzahlung für Gewerkschafts-

mitglieder • Urteil vom 26.02.2009 – 15 Ca 188/08, n. rkr.

Sachverhalt: Die Hamburger Hafen Logistik Ag (HHLA) und die Gewerkschaft ver.di haben in einem Haustarifvertrag vom 30.05.2008 die Zahlung einer Erholungsbeihilfe in Höhe von 260,00 € pro Kalenderjahr für ver.di-Mitglieder vereinbart. Der Anspruch setzt voraus, daß bei Antragstellung dem Arbeitgeber glaubhaft die Mitgliedschaft bei ver.di haben wird. Für den Fall, daß die HHLA an Nichtgewerkschaftsmitglieder zahlt, erhöht sich die Arbeitgeberleistung an die Gewerkschaftsmitglieder entsprechend. Die HHLA hält die Vereinbarung inzwischen für unwirksam und will dies gerichtlich feststellen lassen: Es handele sich um grundgesetzlich unzulässige Differenzierungsklauseln, weil dem Arbeitgeber die Zahlung an Nichtgewerk-schaftsmitglieder bzw. erschwert werde. Es liege ein ungerechtfertigter Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit sowie die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers vor.

Entscheidung des ArbG Hamburg: Das ArbG Hamburg hat die Klage der HHLA am

26.02.2009 nach ausführlicher rechtlicher Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor

der Kammer abgewiesen. Die von beiden Parteien beantragte Sprungrevision zum BAG

hat es zugelassen.

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BAG: Zulässigkeit „einfacher Differenzierungsklauseln“• Urteil vom 18.03.2009 – 4 AZR 64/08 - = Pressemitteilung 27/09

- BAG nimmt Differenzierung zwischen qualifizierten Differenzierungsklauseln und einfachen Differenzierungsklauseln vor.

- Einfache Differenzierungsklausel bedeutet, daß Arbeitgeber auf individualvertraglicher Ebene die tariflich vorgesehene Ungleichbehandlung beseitigen kann.

- Einfache Differenzierungsklauseln können nach Auffassung des 4. Senates rechtswirksam sein; offen bleibt, ob die Tarifvertragsparteien insoweit eine im wesentlichen unbegrenzte Regelungsbefugnis haben oder ob sie dabei an relativ enge, im einzelnen festzulegende Grenzen gebunden sind.

- BAG hat nicht zur Zulässigkeit der qualifizierten Differenzierungsklausel Stellung genommen.

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BAG: Urlaubsabgeltung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit• Urteil vom 24.03.2009 – 9 AZR 983/07 – vorausgegangen war die Entscheidung des EuGH in der Sache Schulz/Hoff vom 20.01.2009 (C 350/06 und C 3520/06)

- Der EuGH hatte festgestellt, daß die Richtlinie 2003/88/EG einzelstaatlichen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen Arbeitnehmer, die wegen Krankheit den Jahresurlaub nicht in Anspruch nehmen können, am Ende des Arbeitsverhältnisses keine „finanzielle Vergütung“ gezahlt bekommen; nationale Rechtsvorschriften dürfen diese Ansprüche nicht untergehen lassen.

- Der 9. Senat des BAG hält an seiner bisherigen Rechtsprechung aufgrund der Entscheidung des EuGH nicht mehr fest; danach erlosch der Urlaubsabgeltungsanspruch, wenn der Urlaubsanspruch aufgrund der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht erfüllt werden konnte.

- § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG sind nach den Vorgaben der europäischen Arbeitszeitrichtlinie gemeinschaftsrechtskonform fortzubilden.

- Seit Bekanntwerden des Vorabentscheidungsersuchens des LAG Düsseldorf vom 02.08.2006 besteht kein schützenswertes Vertrauen in den Fortbestand der bisherigen Senatsrechtsprechung.

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