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Hannover, Aktuelles zur personenbedingten Kündigung Dr. Peter Schrader Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Hannover,

Aktuelles zur personenbedingten Kündigung

Dr. Peter Schrader

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht

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INHALT

Aktuelle Rechtsprechung zur personenbedingten Kündigung 2

1. BAG v. 23.05.2013 – 2 AZR 120/12 Untersuchungshaft

2. BAG v. 20.06.2014 – 2 AZR 583/12 Außerdienstliche Straftaten

3. BAG v. 20.03.2014 – 2 AZR 565/12 Alkoholerkrankung

4. BAG v. 25.09.2014 – 2 AZR 567/13 Zurückweisung der Kündigung

5. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Beurteilung und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V)

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BAG V. 23.05.2015 – 2 AZR 120/12

UNTERSUCHUNGSHAFT

1.

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Text

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UNTERSUCHUNGSHAFT

Argumente Arbeitnehmer:-Genaue Angaben zur Wiederaufnahme seiner Arbeit seien nicht möglich.-Üblicherweise werde auf Antrag bei positiver Drogentherapie die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt.-Daher sei bei Haftaussetzung mit Arbeitsaufnahme in 2012 zu rechnen gewesen.

Argumente Arbeitgeber:-AG habe mit Widerruf Bewährung und langer Haft rechnen müssen.-Prognose sei durch lange Haftstrafe bestätigt.-Erhebliche Drogenmenge-Fehlen führe zu betrieblichen Beeinträchtigungen.-ArbV sei durch Verspätungen und Fehlzeiten belastet.

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Bundesarbeitsgericht erkannte auf soziale Rechtfertigung der Kündigung:

-Nicht jede Freiheitsstrafe führt zur Rechtswirksamkeit der Kündigung.-Es kommt auf Umfang und Dauer der Haft an.-Für das Fehlen kommt es auf eine Prognose zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung an.-Die spätere Entwicklung kann nur in engen Grenzen Berücksichtigung finden.-Für seine Prognose muss der AG den SV abklären.-Dazu gehört die Einholung der Stellungnahme des AN.

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UNTERSUCHUNGSHAFT

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„Die prognostizierte Nichterfüllung der Arbeitspflicht muss sich nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Da der Arbeitgeber im Fall der haftbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers typischerweise von der Lohnzahlungspflicht befreit ist, hängt es von der Dauer der Haft sowie Art und Ausmaß der betrieblichen Auswirkungen ab, ob die Inhaftierung geeignet ist, einen Grund zur Kündigung abzugeben. Das ist sie nicht, wenn es dem Arbeitgeber zuzumuten ist, für die Zeit des haftbedingten Arbeitsausfalls Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen und dem Arbeitnehmer den Arbeitsplatz bis zur Rückkehr aus der Haft frei zu halten.“

Juris Rz. 26

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UNTERSUCHUNGSHAFT

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„Jedenfalls dann, wenn im Kündigungszeitpunkt mit einer mehrjährigen haftbedingten Abwesenheit des Arbeitnehmers gerechnet werden muss, kann dem Arbeitgeber regelmäßig nicht zugemutet werden, lediglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen und auf eine dauerhafte Neubesetzung des Arbeitsplatzes zu verzichten.“

Juris Rz. 26

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UNTERSUCHUNGSHAFT

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Frage: Welcher Zeitraum ist dem AG als Überbrückung zumutbar?

„Zumindest dann, wenn im Kündigungszeitpunkt noch eine Haftstrafe von mehr als zwei Jahren zu verbüßen ist und eine Entlassung vor Ablauf von zwei Jahren nicht sicher zu erwarten steht, kann dem Arbeitgeber regelmäßig nicht zugemutet werden, lediglich Überbrückungsmaßnahmen zu ergreifen und auf eine dauerhafte Neubesetzung des Arbeitsplatzes zu verzichten.“

Juris Rz. 37

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UNTERSUCHUNGSHAFT

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Kündigung im Übrigen wirksam weil,

-konkrete Anhaltspunkte für frühere Arbeitsaufnahme nicht vorlagen,-die Vorverurteilung und die gefundene Rauschgiftmenge hohe Verurteilung wahrscheinlich machten,-Beschäftigungsverpflichtung auch nicht aus Resozialisierungsgesichtspunken folge, da man vom AG für selbstverschuldete Verurteilung des AN nicht mehr abverlangen dürfe als bei idR nicht selbstverschuldeter Krankheit,-der AG über lange Zeit sein Direktionsrecht nicht ausüben könne.

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UNTERSUCHUNGSHAFT

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BAG v. 20.06.2013 – 2 AZR 583/12

Außerdienstlich begangene Straftaten

2.

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Sachverhalt:

-AN arbeitet als Wachpolizist im Objektschutz mit Dienstwaffe-Beginn der Betriebszugehörigkeit: Oktober 2001-Arbeitsvertraglicher Verweis auf BAT-Januar 2010: Hausdurchsuchung-Fund verbotener Betäubungsmittel-Drogenscreening ohne Befund: Weiterbeschäftigung-30.06.2010: Anklageerhebung-Nach Anhörung des Klägers Kündigung am 13.08.2010 zum 31.12.2010-Verurteilung im Mai 2011 zu 11 Monaten auf Bewährung wegen des Herstellens von Betäubungsmittel

Außerdienstlich begangene Straftaten

Aktuelle Rechtsprechung zur personenbedingten Kündigung 12

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Außerdienstlich begangene Straftaten

Argumente des Arbeitgebers:

- Beschädigung des Ansehens des

Dienstherrn-„Auge des Gesetzes“-Bei Polizist sei jedes Delikt von Bedeutung-Beachtung des Verfahrens (Presse)-Drogenscreening ohne Aussagekraft, da schneller Abbau des Betäubungsmittels

Argumente des Arbeitnehmers:

-Straftat hätte keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis-Er unterliege nicht § 8 BAT-Einsatz im Innendienst möglich (Aktensammelstelle)

Aktuelle Rechtsprechung zur personenbedingten Kündigung 13

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„Strafbares außerdienstliches Verhalten kann Zweifel an der Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Beschäftigten begründen. Sie können dazu führen, dass es ihm - abhängig von seiner Funktion - an der Eignung für die künftige Erledigung seiner Aufgaben mangelt. Ob daraus ein personenbedingter Kündigungsgrund i.S.v. § 1 Abs 2 KSchG folgt, hängt von der Art des Delikts, den konkreten Arbeitspflichten des Arbeitnehmers und seiner Stellung im Betrieb ab. So können außerdienstlich begangene Straftaten eines im öffentlichen Dienst mit hoheitlichen Aufgaben betrauten Arbeitnehmers können auch dann zu einem Eignungsmangel führen, wenn es an einem unmittelbaren Bezug zum Arbeitsverhältnis fehlt.“

Leitsatz 1

Außerdienstlich begangene Straftaten

Aktuelle Rechtsprechung zur personenbedingten Kündigung 14

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„Eine Kündigung ist trotz Vorliegens von Gründen in der Person des Arbeitnehmers durch diese nicht "bedingt", deshalb unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam, wenn die Möglichkeit besteht, den Arbeitnehmer zu anderen (ggf. auch schlechteren) Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen, unter denen sich die eingetretene Vertragsstörung nicht mehr, zumindest nicht mehr in erheblicher Weise auswirkt. Grundsätzlich ist daher auch beim Fehlen der Eignung für die vertraglich geschuldete Tätigkeit zu prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen in Betracht kommt. Das gilt auch bei Eignungsmängeln aufgrund außerdienstlicher Straftaten, es sei denn, dem Arbeitnehmer fehlte aufgrund ihrer zwangsläufig die Eignung für sämtliche in Betracht kommenden Tätigkeiten.“

Leitsatz 2

Außerdienstlich begangene Straftaten

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„Auch eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers ist nur dann sozial gerechtfertigt i.S.v. § 1 Abs 2 KSchG, wenn eine andere zumutbare Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht besteht. Die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers mit einer Tätigkeit, die nicht in gleichem Maße Anforderungen an die Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des Arbeitnehmers stellt, kann ein zumutbares milderes Mittel gegenüber der (Beendigungs-)Kündigung darstellen.“

Leitsatz 3

Außerdienstlich begangene Straftaten

Aktuelle Rechtsprechung zur personenbedingten Kündigung 16

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Der Fall:

-Die Herstellung eines verbotenen Betäubungsmittels in nicht unerheblichem Umfang ist mit dieser hoheitlichen Funktion unvereinbar.-§ 8 Abs. 1 Satz 1 BAT begründete in seinem Anwendungsbereich die Pflicht, sich so zu verhalten, wie es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet werden konnte. Danach haben sich Arbeitnehmer auch außerdienstlich so zu verhalten, dass das Ansehen des öffentlichen Arbeitgebers nicht beeinträchtigt würde.-Folge: Personenbedingter Kündigungsgrund besteht.-LAG hätte Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in Aktensammelstelle prüfen müssen.

Außerdienstlich begangene Straftaten

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- Könnte der AN künftig mit nichthoheitlichen Aufgaben betraut werden, könnte sich seine Weiterbeschäftigung als zumutbar erweisen.

- Daher insgesamt Zurückverweisung.

- Das Urteil könnte bei entsprechenden Pflichten eventuell auch auf private AG übertragen werden (Journalisten? Vermögensbetreuung? etc)

Außerdienstlich begangene Straftaten

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Weiterer Fall: BAG v. 10.4.2014 – 2 AZR 684/13:

Kündigung eines AN der Bundesagentur für Arbeit war wirksam. AN handelte mit Betäubungsmitteln.

„Die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung erfordert eine jederzeit integre und gewissenhafte Ausübung der Tätigkeit. Außerdienstliches strafbares Verhalten vermag die Besorgnis zu begründen, der Arbeitnehmer könne auch im dienstlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben in Konflikt geraten. Dadurch wird das erforderliche Vertrauen der Bürger in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung erschüttert.“

Außerdienstlich begangene Straftaten

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Kündigungsgrund nicht Verletzung der Pflichten aus § 241 Abs. 2 BGB

Evtl. dann (+), wenn strafbare Handlungen im Amtsgebäude (Dealen in der Agentur für Arbeit)

Hier lupenreine personenbedingte Kündigung wg fehlender Eignung:

„Die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung erfordert eine jederzeit integre und gewissenhafte Ausübung der Tätigkeit. Außerdienstliches strafbares Verhalten vermag die Besorgnis zu begründen, der Arbeitnehmer könne auch im dienstlichen Zusammenhang mit den gesetzlichen Vorgaben in Konflikt geraten. Dadurch wird das erforderliche Vertrauen der Bürger in die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung erschüttert.“

Außerdienstlich begangene Straftaten

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BAG v. 20.03.2014 – 2 AZR 565/12

Alkoholerkrankung

3.

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Sachverhalt:

-Arbeitgeber war Entsorgungsunternehmen.-Kläger war Hofarbeiter.-Job: Sortierung, Reinigung und Entsorgung von Schrott mit teilweise schwerem Gerät.-Es bestand ein betriebliches, allgemein bekanntgemachtes Alkoholverbot.-2010: erste Kündigung wegen Alkoholisierung. AN berief sich auf Alkoholismus.-Rücknahme Kündigung, Abmahnungen wegen Verstosses gegen das betriebliche Alkoholverbot.

Alkoholerkrankung

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- Kläger brach Entziehungskur ab.- 31.8., 13.9, 15.9. und 20.9.2010: Alkoholisiert am Arbeitsplatz (zwischen

1,81 und 0,16 Promille), Abmahnung wegen alkoholisierten Erscheinens am Arbeitsplatz

- Kontrolle aller gewerblichen ANer auf gültigen Führerschein: Kläger hatte nur einen tschechischen, der in Deutschland nicht gültig ist.

- Aufforderung, mitzuteilen, ob und welche Alkoholentwöhnung der Kläger durchführt: Keine Reaktion.

- 4.11.2011: Kündigung- 15.4. bis 26.4.2011: stationäre Behandlung, entlassen als atbeitsfähig

Alkoholerkrankung

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Alkoholerkrankung

Argumente des Arbeitnehmers:

-Abbruch der Entwöhnung, da er vom Krankengeld nicht leben kann-Er könne auch ohne Fahrerlaubnis auf dem Betriebsgelände eingesetzt werden.-Er sei nicht alkoholabhängig.

Argumente des Arbeitgebers:

- Verstösse gegen das betriebliche Alkoholverbot.

- Kläger sei alkoholabhängig.-Aus Sicherheitsgründen Weiterbeschäftigung unzumutbar.-Andere geeignete Arbeitsplätze würden nicht zur Verfügung stehen.

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“Ist im Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt, der Arbeitnehmer biete aufgrund einer Alkoholsucht dauerhaft nicht die Gewähr, in der Lage zu sein, die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen, kann eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt sein. Voraussetzung ist, dass daraus eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen folgt, diese durch mildere Mittel nicht abgewendet werden kann und sie auch bei einer Abwägung gegen die Interessen des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden muss. Für die Prognose im Hinblick auf die weitere Entwicklung einer Alkoholerkrankung kommt es entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung bereit ist, eine Entziehungskur bzw. Therapie durchzuführen. Lehnt er das ab, kann erfahrungsgemäß davon ausgegangen werden, dass er von seiner Alkoholabhängigkeit in absehbarer Zeit nicht geheilt wird.“

Alkoholerkrankung

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„Eine Alkoholerkrankung eines Arbeitnehmers kann bereits zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen, wenn die vertraglich geschuldete Tätigkeit mit einer nicht unerheblichen Gefahr für den Arbeitnehmer selbst als auch für Dritte verbunden ist.

Für eine erhebliche Beeinträchtigung des betrieblichen Interesses iSv. § 1 Abs 2 S 1 KSchG, kommt es nicht darauf an, ob und ggf. wie oft der Arbeitnehmer in der Vergangenheit objektiv durch seine Alkoholisierung am Arbeitsplatz gesetzliche Vorgaben verletzt hat oder ggf. unerkannt arbeitsunfähig war. Entscheidend ist, dass der Arbeitgeber aufgrund der im Kündigungszeitpunkt fortbestehenden Alkoholerkrankung jederzeit mit einer Beeinträchtigung Arbeitssicherheit durch den Arbeitnehmer rechnen musste.“

Alkoholerkrankung

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Der Fall:

-Mit Alkohol keine Einsatzmöglichkeit bei Hofarbeit.-Abgebrochene Therapie und Tests indizieren auch zukünftige Alkoholauffälligkeiten.-Folge: Beeinträchtigung betrieblicher Interessen (UVV, Drittgefährdung)-Andere Arbeitsplätze haben ähnliche Sicherheitsrisiken.-beM? Im konkreten Fall ausgeschlossen, das ein beM zu einem positiven Ergebnis geführt hätte.-Interessenabwägung? AG hatte viele Chancen geboten, die AN nicht genutzt hatte.-Folge: Kündigung wirksam

Alkoholerkrankung

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BAG v. 25.09.2014 – 2 AZR 567/13

Zurückweisung der Kündigung

4.

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Interessenausgleich mit Namensliste nach § 1 Abs. 5 KSchG

Ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige

Aber: Kündigung unterzeichnet vom Gesamtprokuristen und Personalleiter mit Zusatz „ppa“

Folge: Zurückweisung der Kündigung mangels „Nachweises der Vertretungsberechtigung des Unterzeichners“

Zurückweisung der Kündigung

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Zurückweisung der Kündigung

Argumente des Arbeitnehmers:

Unterzeichner sei „eine Art Chef“ gewesen, was genau, wisse er nicht.

Argumente des Arbeitgebers:

Personalleiter sei als solcher in das Amt berufen, allgemein bekannte Tatsache

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„Gemäß § 174 S 2 BGB liegt ein In-Kenntnis-Setzen auch dann vor, wenn der Arbeitgeber bestimmte Mitarbeiter - zB durch die Bestellung zum Prokuristen, Generalbevollmächtigten oder Leiter der Personalabteilung - in eine Stelle berufen hat, mit der üblicherweise ein Kündigungsrecht verbunden ist. Dabei reicht die interne Übertragung einer solchen Funktion nicht aus. Erforderlich ist, dass sie auch nach außen im Betrieb ersichtlich ist oder eine sonstige Bekanntmachung erfolgt. Der Erklärungsempfänger muss davon in Kenntnis gesetzt werden, dass der Erklärende die Stellung tatsächlich innehat.“

Zurückweisung der Kündigung

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„Eine Zurückweisung der Kündigung nach § 174 S 2 BGB scheidet, auch dann aus, wenn der kündigende Personalleiter zugleich (Gesamt-)Prokurist ist und die im Handelsregister publizierte Prokura sein - alleiniges - Handeln nicht deckt. Es genügt, dass der Kündigungsempfänger aufgrund der - ihm bekannten - Stellung des Kündigenden als Personalleiter von einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung zum alleinigen Ausspruch von Kündigungen ausgehen muss. Ob der Personalleiter zugleich eine ausreichende Vertretungsmacht als (Gesamt-)Prokurist besitzt, ist grundsätzlich ohne Belang.“

Zurückweisung der Kündigung

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„Aus dem Umstand, dass ein Personalleiter das Kündigungsschreiben mit dem Zusatz "ppa" unterzeichnete, folgt nichts anderes. Nach § 51 HGB hat ein Prokurist in der Weise zu zeichnen, dass er der Firma seinen Namen mit einem die Prokura andeutenden Zusatz beifügt. Der Zusatz soll klarstellen, dass der Erklärende als Prokurist für den Inhaber handelt. Der Gesamtprokurist zeichnet selbst dann mit dem gewöhnlichen Prokurazusatz, wenn er allein mit interner Zustimmung des anderen Gesamtprokuristen handelt. Der Personalleiter kann deshalb auch bei einem Handeln als Gesamtprokurist eine alleinige Vertretungsbefugnis zum Ausspruch von Kündigungen aufgrund interner Bevollmächtigung in Anspruch nehmen.“

Zurückweisung griff daher im konkreten Fall nicht.

Zurückweisung der Kündigung

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