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Aluminium-Kabel: Viel mehr als „nur“ Gewicht · PDF fileEin modularer Aufbau aus flexi-blen und starren Anteilen einer Leitung ... Hochvoltleitungen für Hybrid- und Elek-trofahrzeuge

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BORDNETZE

44 AUTOMOBIL-ELEKTRONIK � Juni 2009

Aluminium-Kabel: Viel mehr als „nur“ Gewicht einsparen Aluminiumleitungen im Bordnetz sind keine Randerscheinung für Sonderanwendungen mehr, sondern sie stellen in vielen Fällen eine Lösung für eine kostenoptimale Gewichtsreduktion im Kabelbaum dar. Der kombinierte Einsatz von Al-Verbindungstechniken und Leitungssystemen ermöglicht dabei eine EFFIZIENTE ENERGIEVERTEILUNG im Fahrzeug.

D er Umstellungsprozess von Kup-fer auf Aluminium als leitendes Material in Kabelbäumen ge-

winnt an Fahrt. In den vergangenen Jah-ren waren es nur die langen Batterielei-tungen, die den ersten Schritt hin zum leichten und kostengünstigeren Alumi-nium gegangen sind. Mittlerweile sind durch die deutschen OEMs Alumini-umleitungen von 10 mm² bis 160 mm² in der Liefervorschrift 112–2 genormt, und auch die ISO behandelt das Thema für die Zukunft. Klassisches Kupfer bekommt mit Aluminium Konkurrenz bei Fahr-zeugleitungen. Die vergleichsweise lan-gen (zirka 4,5 m) und dicken (85 mm² Al-Querschnitt) Batterieleitungen rücken derzeit auch verstärkt in das Interesse von Bus-, Lkw- und Transporterherstel-lern, denn dort kommen oftmals noch längere Kabel und damit auch größere Querschnitte zum Einsatz. Da Alumini-um im Pkw-Segment mittlerweile 10 Jahre erfolgreich im Einsatz ist und somit

als felderprobt gilt, ist der Einsatz im Lkw-Bereich nun auch offen.

Das System hinterfragen Bei der Entwicklung von Leitungssätzen und Kabelbäumen findet vergleichsweise wenig Innovation statt, wenn man sich das Ganze von oben betrachtet. Die Inno-vationen findet man auf Ebene der Kon-taktsysteme, der Verbindungstechnik so-wie in der stets zu optimierenden kom-plexen Kabelkonfektion.

Wenn der konstruktive Aufbau eines Kabels einmal neutral hinterfragt wird, stellt man fest, dass viele Produktmerk-male nicht einfach oder logisch zu beant-worten sind. Die Auswahl der typischen Querschnittsklassen (…,25, 25, 35, 50 mm²,…), die nominale Isolationswand-stärke, selbst der Leiterwerkstoff sind heute als Standardprodukt nicht mehr zeitgemäß. Bei den Isolationsmaterialen hat es schon immer viele neue Rezeptu-ren gegeben, die die stetig höheren An-

forderungen für den Einsatz im Fahrzeug ermöglichen.

Ein weiterer wichtiger Treiber für Pro-duktentwicklungen sind die Umwelt und gesetzliche Anforderungen. Der Kabel-aufbau an sich ist aber im weitesten Sin-ne ein Standard. Die Gründe dafür sind ebenso einfach wie nachvollziehbar: Eine Standardisierung ermöglicht eine Ver-gleichbarkeit der Produkte, und auch die Kosten sinken, da Massenproduktions-effekte auftreten. Der zunehmende Preis-druck der OEMs auf die Leitungsherstel-ler lässt jedoch in den engen Grenzen des Standards Varianten entstehen (Quer-schnitts-Zwischengrößen, reduzierte Wanddicken), die aber immer nur einen Kompromiss darstellen, da man das be-kannte herstellbare oftmals nicht verlas-sen mag.

Nebenfunktionen, die das Aufwickeln des Produkte Kabel als „Endlosware“ auf Kabeltrommeln ermöglichen, werden durch den flexiblen Litzenaufbau be-

Bild 1: Bei der Unterflurmontage kann der OEM die dreidimensio-

nal gebogene, zirka 5 m lange Aluminium-Flachleitung eher wie

eine Abgasanlage oder wie Bremsleitungsrohre montieren.

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günstigt. Auch die gewöhnlichen Isolati-onswanddicken haben eher mechanische und historische Gründe als eine elektri-sche Notwendigkeit. Ebenso hat sich in der klassischen Logistikkette zwischen Leitungshersteller und Konfektionär die Anlieferung auf Kabeltrommeln oder in Fässern etabliert. Es bleibt allerdings die berechtigte Frage, ob der OEM diese Pro-dukte exakt in dieser Art und Weise im Fahrzeug benötigen.

Starre Leiter Die Hauptfunktionen einer einfachen Leitung im Fahrzeug sind das Leiten des Stroms und das gleichzeitige Isolieren ge-genüber der Fahrzeugmasse (Karosse-rie). Ersteres wird mit dem Cu-Seil er-möglicht, während der extrudierte Man-tel die Isolationsfunktion übernimmt. In der Kabelkonfektion müssen die Ver-bindungstechnik und die Verarbeitung si-chergestellt sein. Im Fahrzeug ist eine Energieleitung in vielen Fällen aber rein statisch verlegt. Das Produkt verweilt nach dem Einbau ortsfest in seinem vor-gesehenen Bauraum. Eine Leitung wird mit Clipsen und Kabelkanälen dauerhaft in Form gebracht, so dass die flexiblen Draht- und Litzenstrukturen spätestens nach dem Einbau im Fahrzeug keine zwingende Funktion mehr sind! Konzep-tionell wären also starre Strukturen ebenso zielführend.

Genau diesen Widerspruch greift die neue starre Aluminium-Flachleitung auf. Die hierfür geeignete Unterflurmontage beim OEM ermöglicht, dass die dreidi-mensional gebogene, zirka 5 m lange Flachleitung eher wie eine Abgasanlage oder wie Bremsrohre montiert wird als wie ein klassisches Kabel. So lassen sich Arbeitsgänge einsparen, und auch typi-sche Probleme in der Fertigung wie ver-rutschende Befestigungselemente und Toleranzen gehören der Vergangenheit an. Da in der Herstellung der Beschich-tung der Flachleiter andere Verfahren zum Einsatz kommen, lässt sich die Iso-lationswandstärke auf ein notwendiges Minimum reduzieren.

Wenn Leitungen somit nicht mehr fle-xibel sein müssen und sich nun eine fla-che Aluminiumstruktur längs durch das Fahrzeug zieht, können auf diesem An-satz gleich viele weitere, vorher nicht denkbare Innovationen ansetzen. Für Fahrzeuge, die keine eindeutige Stahl- oder Aluminiumkarosserie mehr haben, ist die Masserückführung von den Ver-brauchern zur Batterie ein zunehmendes Problem. Ein beispielsweise unisolierter Alu-Masseflachleiter mit zahlreichen aufgesetzten Schweißbolzen löst dieses

Problem auf einfachste Art. Die Masse-bolzen, die im normalen Fahrzeugbau von Schweißrobotern gesetzt werden und vor der Lackierung geschützt wer-den müssen, werden nun mehr beim Zu-lieferer auf den Flachleiter gesetzt. Dies spart Kosten, und auf Produktebene ist eine „saubere Masse“, die direkt zur Bat-terie führt, EMV- technisch von Vorteil.

Das Optimum: Flexibel und starr Auto-Kabel hat den „Energy Backbone“ entwickelt und ist 2008 mit dieser Inno-vation in die Serienproduktion gegan-gen. Der starre, dreidimensional geboge-ne Aluminium- Flachleiter schmiegt sich ideal der Unterbodenlinie des Fahreugs an und ermöglicht gleich viele neue Funktionen. Durch den flachen Aufbau wird lokal wertvoller Bauraum gewon-nen, der beispielsweise dem Tankvolu-men zugute kommt. Die formstabile Struktur des Leiters ermöglicht den Ent-fall von Kabelschächten und die Redukti-on von Halteelementen. Außerdem trägt die größere Oberfläche zu einer signifi-kant höheren Strombelastbarkeit bei. Weiterhin können Stecksysteme direkt als Mittenabgriff wahlfrei auf den Leiter aufgesteckt werden. Durch eine neu ent-wickelte Ultraschallschweißtechnik kön-nen Kabelabzweigungen von flexiblen Aluminiumleitungen ganz einfach ohne Zusatzkontaktteile wie Kabelschuhe an-geschweißt werden.

Mit dieser Produktinnovation haben die Konstrukteure gleich viele neue Mög-lichkeiten, die früher noch als unlösbar galten. Ein modularer Aufbau aus flexi-

blen und starren Anteilen einer Leitung stellt hier das Optimum dar. Jede Tech-nologie kann lokal im Fahrzeug ihre Stär-ken mit Ihren Merkmalen ausspielen. Flexible Leitungsstücke mit hochtem-peraturstabiler Isolation zur Anbindung an den schwingenden Motor ergänzen sich mit starren Strukturen, die sich Fahr-zeug fest durch die engsten Bauräume zwingen.

Hochvoltleitungen Eine geradezu optimale Anwendung für den Engery Backbone stellen die neuen Hochvoltleitungen für Hybrid- und Elek-trofahrzeuge dar. Da die HV-Leitungen im Gegensatz zum 12-V-Bordnetz nicht die Fahrzeugkarosserie als Masserücklei-tung nutzen können, ist der gesamte HV-Stromkreis in sich geschlossen. Hierbei lassen sich durch einen mehrschichtigen Aufbau der Flachleitungen die Plus- und Minus-HV-Leitung in einem einzelnen Schirmmantel führen. Das grundsätzlich durch die Elektrifizierung eingebrachte Mehrgewicht kann so teilweise gleich wieder kompensiert werden, so dass sich bei einem Vollhybrid leicht 2,5 bis 3 kg Leitungsmasse einsparen lässt.

Martin Schloms ist Leiter Systemintegration bei der Auto-Kabel Management GmbH

Bild 2: Routing der Flachleitung im Tankbereich unterhalb der Fondsitze: Das Volumen des Tanks kann größer werden. Alle Grafiken: Auto-Kabel

infoDIRECT www.all-electronics.de Link zu Auto-Kabel: 312AEL0309