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AM ANFANG STEHT DER MITARBEITER DEUTSCHLAND IST ERFINDERISCH – ABER AUCH INNOVATIV? „Dem Ingeniör ist nichts zu schwör“ – mit diesem Leitspruch gelangen Daniel Düsentrieb die genialsten Erfindungen in Entenhausen. Ingen(ö)euren in Deutschland fehlt es ebenso wenig an Ideenreichtum. Das Problem ist vielmehr: Wie wird aus einer Erfindung eine Innovation? I nnovation ist mehr als Erfindung. Der Innovationsprozess umfasst die Ein- führung von marktfähigen Produk- ten, Dienstleistungen oder Prozessen und deren nachhaltige Verbreitung in Wirt- schaft, Verwaltung und Gesellschaft. Deutschland ist erfinderisch – das zeigt die Zahl der angemeldeten Patente. Trotzdem schöpfen deutsche Unterneh- men ihr Innovationspotenzial nur zum Teil aus. Vor allem kleinen und mittleren Unternehmen – oftmals die entscheiden- den Impulsgeber für die Entwicklung von Innovationen – fehlen in der Regel die Methoden und die finanziellen Mittel, um die Risiken der Umsetzung einer Idee auf dem Weg zur erfolgreichen Marktein- führung tragen zu können. Dieses Resü- mee ziehen die beiden Autoren Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft und Dr. Kai En- gel von der Managementberatung A.T. Kearney in ihrem Buch ‚Best Innovator’. „Die Einführung eines neuen Produkts am Markt ist immer mit einem hohen Ar- beits- und Finanzaufwand behaftet, aber auch mit teilweise langen Wartezeiten, beispielsweise für die Eintragung von Markennamen“, bestätigt Andreas Barth, Geschäftsführer, Delta Barth System- haus, Anbieter von betriebsorganisatori- schen Softwarelösungen, die Probleme. Innovatorisches Potenzial vorhanden Einerseits müssen Unternehmen mit neuen Produkten an den Markt gehen oder ihr Portfolio ausbauen und somit ei- ne Innovation zum betrieblichen Wachs- tum nutzen. Anderseits haben sie oftmals nicht genügend finanzielle Mittel, Angst oder Zweifel, um in angemessenem Ma- ße in Innovationen zu investieren. „Trotzdem hat Deutschland nach wie vor hervorragende innovatorische Potenzia- le, beispielsweise mit Blick auf die zahl- reichen hier ansässigen Weltmarktfüh- rer, den starken Mittelstand oder die Hochschullandschaft“, so Barth. Dieser Meinung ist auch Dr. Erwin Bürkle, Lei- ter neue Technologien bei Krauss-Maffei. Seiner Meinung nach liegt ein großes Problem darin, gute Ideen schnell in marktfähige Produkte umzusetzen. „Es gibt Untersuchungen, wo selbst die Chefs in den Unternehmen beklagen, dass es schwierig ist, Innovationen Wirklichkeit werden zu lassen.“ Diese Erfahrung hat auch Ralf Deuke, Mitglied der Geschäfts- leitung bei Alphaform, einem Unterneh- men, das sich mit Rapid Prototyping be- schäftigt, gemacht: „Der Weg durch die Bürokratie ist zeitraubend, nervtötend und ermüdend. Eine Idee in ein physika- lisches Produkt umzusetzen, dauert heu- te nur noch Tage oder Wochen, es durch die behördlichen Instanzen zu bringen Monate bis Jahre.“ „Mittelständische Unternehmen trei- ben mit ihrem oft hoch spezialisierten Für den Innovationsprozess unumgänglich sind kluge Köpfe. Aber bis eine Idee auch zur Innovation wird, bedarf es mehr als nur ein Gedanke. Die Unternehmenskultur ist entscheidend über den Innovationserfolg. Unternehmen mit dynamischen, eigenverantwortlichen Mitarbeitern haben es leichter, sich mit Neuem auf den Märkten zu behaupten. MANAGEMENT 64 Plastverarbeiter · Januar 2007

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AM ANFANG STEHT DER MITARBEITER DEUTSCHLAND IST ERFINDERISCH – ABER AUCH INNOVATIV? „Dem Ingeniör ist nichts zu schwör“ – mit diesem Leitspruch gelangen Daniel Düsentrieb die genialsten Erfindungen in Entenhausen. Ingen(ö)euren in Deutschland fehlt es ebenso wenig an Ideenreichtum. Das Problem ist vielmehr: Wie wird aus einer Erfindung eine Innovation?

I nnovation ist mehr als Erfindung. Der Innovationsprozess umfasst die Ein-führung von marktfähigen Produk-

ten, Dienstleistungen oder Prozessen und deren nachhaltige Verbreitung in Wirt-schaft, Verwaltung und Gesellschaft.

Deutschland ist erfinderisch – das zeigt die Zahl der angemeldeten Patente. Trotzdem schöpfen deutsche Unterneh-men ihr Innovationspotenzial nur zum Teil aus. Vor allem kleinen und mittleren Unternehmen – oftmals die entscheiden-den Impulsgeber für die Entwicklung von Innovationen – fehlen in der Regel die Methoden und die finanziellen Mittel, um die Risiken der Umsetzung einer Idee auf dem Weg zur erfolgreichen Marktein-führung tragen zu können. Dieses Resü-mee ziehen die beiden Autoren Prof. Dr. Hans-Jörg Bullinger, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft und Dr. Kai En-gel von der Managementberatung A.T. Kearney in ihrem Buch ‚Best Innovator’.

„Die Einführung eines neuen Produkts am Markt ist immer mit einem hohen Ar-beits- und Finanzaufwand behaftet, aber auch mit teilweise langen Wartezeiten, beispielsweise für die Eintragung von Markennamen“, bestätigt Andreas Barth, Geschäftsführer, Delta Barth System-haus, Anbieter von betriebsorganisatori-schen Softwarelösungen, die Probleme.

Innovatorisches Potenzial vorhanden Einerseits müssen Unternehmen mit neuen Produkten an den Markt gehen oder ihr Portfolio ausbauen und somit ei-ne Innovation zum betrieblichen Wachs-tum nutzen. Anderseits haben sie oftmals nicht genügend finanzielle Mittel, Angst oder Zweifel, um in angemessenem Ma-ße in Innovationen zu investieren. „Trotzdem hat Deutschland nach wie vor hervorragende innovatorische Potenzia-le, beispielsweise mit Blick auf die zahl-reichen hier ansässigen Weltmarktfüh-

rer, den starken Mittelstand oder die Hochschullandschaft“, so Barth. Dieser Meinung ist auch Dr. Erwin Bürkle, Lei-ter neue Technologien bei Krauss-Maffei. Seiner Meinung nach liegt ein großes Problem darin, gute Ideen schnell in marktfähige Produkte umzusetzen. „Es gibt Untersuchungen, wo selbst die Chefs in den Unternehmen beklagen, dass es schwierig ist, Innovationen Wirklichkeit werden zu lassen.“ Diese Erfahrung hat auch Ralf Deuke, Mitglied der Geschäfts-leitung bei Alphaform, einem Unterneh-men, das sich mit Rapid Prototyping be-schäftigt, gemacht: „Der Weg durch die Bürokratie ist zeitraubend, nervtötend und ermüdend. Eine Idee in ein physika-lisches Produkt umzusetzen, dauert heu-te nur noch Tage oder Wochen, es durch die behördlichen Instanzen zu bringen Monate bis Jahre.“

„Mittelständische Unternehmen trei-ben mit ihrem oft hoch spezialisierten

Für den Innovationsprozess unumgänglich sind kluge Köpfe. Aber bis eine Idee auch zur Innovation wird, bedarf es mehr als nur ein Gedanke.

Die Unternehmenskultur ist entscheidend über den Innovationserfolg. Unternehmen mit dynamischen, eigenverantwortlichen Mitarbeitern haben es leichter, sich mit Neuem auf den Märkten zu behaupten.

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Branchen- und Prozesswissen Innovatio-nen voran und schaffen Beschäftigung. Allerdings bleiben die Finanzierungs-bedingungen für kleine und mittelstän-dische Unternehmen weiterhin schwie-rig“, findet Andreas Barth. Er ist auch der Meinung, dass öffentliche Förderpro-gramme deshalb darauf ausgerichtet sein sollten, die Eigenkapitalbasis des deut-schen Mittelstandes zu verbessern und mittelfristig dessen hohe Kreditabhängig-

Ein integriertes Innovationsmanagement hilft, den Innovationsoutput gezielt zu steuern. Wichtig: Viele Abteilungen in den Innovationspro-zess einbeziehen. (Bilder: Photocase)

„Viele Innovationen scheitern auf ihrem Weg durch die Instanzen.“ Ralf Deuke, Mitglied der Geschäftsleitung, Alphaform

keit zu reduzieren. Die Auflagen, an öf-fentlichen Förderprogrammen teil-zunehmen, seien allerdings immer grö-ßer geworden. Das kann Ralf Deuke nur bestätigen: „Wir haben in den letzten Jahren auch immer Förderprogramme genutzt. Es ist jedoch sehr bürokratisch, da hinein zu kommen.“ Es sollte genau hinterfragt werden, was tatsächlich ge-fördert wird. Andreas Barth ist der Mei-nung, dass es sich lohnen würde, über ei-ne verstärkte Förderung bereits etablier-ter Unternehmen deren Innovations-potenziale stärker auszuschöpfen. Schließlich besitzen solche Unterneh-men Erfahrung und bereits marktfähige Produkte. Seiner Meinung nach fehlt es genau an diesen Attributen bei vielen ge-

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förderten Innovationen. Gefragt ist eine gesunde Mischung der Förderung zwi-schen etablierten und neuen Unterneh-men.

Entscheidend ist die Unternehmenskultur Einen besonderen Einfluss auf dem Weg zu neuen Produkten und Prozessen hat die jeweilige Unternehmenskultur. We-nig innovationsfreundlich sind starre, hierarchisch geprägte Unternehmen. Oft beschäftigen sie Mitarbeiter, die Anpas-sung gewohnt sind, und sich beim Thema Innovation oft unflexibel verhalten. Un-ternehmen, deren Kultur viel Eigenver-antwortung der Mitarbeiter, hohe Dyna-mik und viel persönlichen Gestaltungs-freiraum impliziert, haben es dagegen leichter, sich mit Neuem auf den Märkten zu behaupten. Sie sind wettbewerbsori-entierter und streben nach der Markt-führerschaft. Das ist nicht nur Theorie: Unternehmen mit diesen kulturellen Ei-genschaften weisen den höchsten Anteil

FÜR SIE GELESEN Innovationsmanagement erfolgreich organisieren Das Buch „Best Innovator. Erfolgsstrategien von Innovationsführern“ analysiert das In-novationsmanagement von erfolgreichen Unternehmen, die sich im gleichnamigen Wettbewerb von A.T. Kearney, Wirtschafts-woche, Fraunhofer-Gesellschaft und kfw (Kreditanstalt für Wiederaufbau) als Best-Practices ausgezeichnet haben. Als praxis-orientierter Leitfaden geben die Autoren Hinweise und Empfehlungen, wie Unter-nehmen ihr Innovationsmanagement er-folgreich organisieren können. Erschienen ist das Buch im FinanzBuch Verlag. ISBN: 3–89879–180–7.

sind für die Softwarespezialisten wichtige Faktoren, wenn ein großes Ziel, etwa ei-ne Produktneueinführung, verfolgt wird. „Legt ein Unternehmen großen Wert auf stetige innovative Leistungen oder ist ge-wissermaßen darauf angewiesen, seinen Kunden stets den neuesten Stand der Technik anzubieten, hat auch der gesam-te Innovationsprozess einen anderen Stellenwert als bei Unternehmen, die nur der nächsten Lieferfrist hinterher ren-nen“, erklärt Barth. „Dieser Stellenwert muss sich aber erst im Laufe einiger Jah-re entwickeln.“

Innovationsoutput gezielt steuern Eine Möglichkeit, den Innovationsout-put eines Unternehmens gezielt und ganzheitlich zu steuern, sehen die beiden Autoren Bullinger und Engel darin, in die Unternehmensstrategie ein Innovati-onsmanagement zu integrierten. Dieses führt nicht nur zu Produktinnovationen, sondern auch zu Prozessinnovationen und Verbesserung der Organisations-

gesetzt. „So ist unser ERP-System auch zu einem Komplettsystem gewachsen, das alle Bereiche in diesem Umfeld ab-deckt.“ Denn ist der Ideenreichtum in ei-nem guten Fahrplan konzipiert, muss nur noch die Umsetzung in Gang ge-bracht werden. Dafür sind offene, leis-tungsfähige und ideenreiche Mitarbeiter unumgänglich. Auch für Bürkle steht an erster Stelle der Mitarbeiter, dann die Idee und schließlich die Innovation. Für ihn müssen noch viel mehr Bereiche in den Innovationsprozess integriert wer-den – also nicht nur die Forschungs- und Entwicklungsabteilung, sondern auch die Konstruktion, die Fertigung, der Ver-trieb und das Marketing. Deuke sieht das ähnlich: „Es wird vielfach noch zu sehr in Abteilungen gearbeitet und gedacht und nicht Produktlebenszyklus-übergreifend. So scheitern viele Innovationen auf ih-rem Weg durch die Instanzen und Abtei-lungen oder an Anforderungen hinsicht-lich behördlicher Auflagen.“

Was ist nun notwendig, um innovativ zu sein? Für Andreas Barth eine klare Sache: Augen und Ohren offen halten und am Puls der Zeit bleiben. Wichtig ist, die Wünsche und Anforderungen der Kunden zu registrieren oder regelmäßig zu erfragen. Notwendig ist eine gute Kenntnis von Mitbewerberprodukten oder ähnlichen Anbietern. Entscheidend ist das Ziel, einen einmal erreichten Stand zu halten oder den noch zu verbes-sern. Wichtig hierbei: die entsprechen-den Rahmenbedingungen und kluge, motivierte Köpfe, die mit- und weiter-denken. Dafür ist nicht gleich ein Daniel Düsentrieb erforderlich. Klaus Schöffler

„Die Einführung eines neuen Produktes auf dem Markt ist immer mit einem hohen Arbeits- und Finanzaufwand verbunden.“ Andreas Barth, Geschäftsführer, Delta Barth Systemhaus

„Wenn ich mich als innovatives Unternehmen definiere, muss ich eine Menge dafür tun.“ Dr. Erwin Bürkle, Leiter neue Technologien, Krauss-Maffei

neuer Produkte am Umsatz auf und auch die höchsten Zuwachsraten beim Um-satz. „Wenn ich mich als innovatives Un-ternehmen definiere, muss ich dafür eine Menge tun“, so Bürkle. „Innovationen steigern die Leistungsfähigkeit des Unter-nehmens und erhöhen die Kompetenz am Markt, bei den Kunden, bei poten-ziellen Nachwuchsingenieuren und Füh-rungskräften.“

Auch für das Systemhaus Delta Barth spielt die Unternehmenskultur eine übergeordnete Rolle. Der Führungsstil – die Zusammenarbeit zwischen Unter-nehmensleitung und Mitarbeitern, die Organisation des Unternehmens, die Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und das Betriebsklima

form. Durch Planung und Steuerung al-ler Innovationsaktivitäten von der ersten Idee bis zur erfolgreichen Markteinfüh-rung können die Potenziale verschiede-ner Innovationsarten ausgeschöpft wer-den. Dabei muss der Weg einer Idee über deren Ausarbeitung und Umsetzung bis zur Marktreife definiert sein. „Dokumen-tation und Verantwortlichkeiten spielen eine große Rolle“, weiß Barth. Außer-dem ist ein gutes Marketingkonzept wichtig.“ Zwar werden immer wieder ei-ne ganze Menge Ideen schnell verwor-fen, doch intensiv durchdachte Produkt-ideen, denen genaue Bedarfsanalysen zu Grunde liegen und aus denen eine Reihe Anwender Nutzen ziehen können, wur-den bei Delta Barth stets erfolgreich um-

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