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Universität Hamburg Fakultät für Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft Fachbereich Erziehungswissenschaft Wintersemester 2012/2013 Seminar: MA Seminar Fachdidaktik Geographie: Bildung für nachhaltige Entwicklung Veranstaltungsnr.: 41-65. 306 Dozent: Prof. Dr. Alexander Tillmann Raumnutzungskonflikte am Beispiel von IKEA in Hamburg Altona - Unterrichtsentwurf für eine 12. Klasse in HH-Altona Vorgelegt von Anna-Lena Bauer Georg Mannheimer Maria Saam

am Beispiel von IKEA in Hamburg Altona · Unterrichtsstunde und der verwendeten Methoden. Er dient der didaktischen Begründung der gesamten Planung. Einen zentralen Teil, ... stand

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Universität Hamburg

Fakultät für Erziehungswissenschaft,

Psychologie und Bewegungswissenschaft

Fachbereich Erziehungswissenschaft

Wintersemester 2012/2013

Seminar: MA Seminar Fachdidaktik Geographie:

Bildung für nachhaltige Entwicklung

Veranstaltungsnr.: 41-65. 306

Dozent: Prof. Dr. Alexander Tillmann

Raumnutzungskonflikte am Beispiel von

IKEA in Hamburg Altona -

Unterrichtsentwurf für eine 12. Klasse in HH-Altona

Vorgelegt von Anna-Lena Bauer Georg Mannheimer Maria Saam

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Inhalt

1. Einleitung ........................................................................................................................ 1

2. Sachanalyse ..................................................................................................................... 2

3. Bedingungsanalyse .......................................................................................................... 3

4. Geplanter Stundenverlauf ................................................................................................ 4

4.1 Lernziele ........................................................................................................................... 5

4.2 Antizipiertes Schülerverhalten .......................................................................................... 6

5. Didaktisch-methodische Analyse .................................................................................... 7

5.1 Methode: Podiumsdiskussion ........................................................................................... 8

5.2 Kompetenzbereiche (Analysespinne) ............................................................................... 9

5.3. Lerntheorie ..................................................................................................................... 12

5.4. Bedeutung der Lerninhalte für die Schüler .................................................................... 12

5.5 Raumkonzepte ................................................................................................................. 13

6. Bezug zum Hamburger Rahmenplan ............................................................................ 15

7. Bezug zur nachhaltigen Entwicklung ............................................................................ 16

8. Reflexion ....................................................................................................................... 17

9. Fazit ............................................................................................................................... 19

10. Quellen .......................................................................................................................... 21

11. Anhang .......................................................................................................................... 23

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1. Einleitung

Im Rahmen des Geographie-Didaktik-Seminars „Bildung für nachhaltige Entwicklung“

sollten wir eine beliebige Unterrichtsstunde planen und mit den Seminarteilnehmern 1

durchführen. In dieser Arbeit soll die Planung einer Unterrichtsstunde im zum Thema

Raumnutzungskonflikte am Beispiel des IKEA-Neubaus in Hamburg-Altona für eine 12.

Klasse am Gymnasium ALLEE im selben Stadtteil vorgestellt werden. Der Seminarkontext,

in dem die Stunde entworfen wurde, sah keinen Bezug zu realen Schulen vor, daher ist die

Klasse nur fiktiv. In der Bedingungsanalyse (vgl. Kapitel 3) wird sie dennoch genauer

vorgestellt, da einige Entscheidungen sich unter anderem auf Besonderheiten dieser fiktiven

Klasse beziehen.

Zunächst soll die Thematik, die den Schülern nähergebracht werden soll, vorgestellt werden,

wobei sowohl das Thema Raumnutzungskonflikte allgemein als auch das genannte Beispiel

behandelt werden. Anschließend folgt die Bedingungsanalyse der Schulklasse.

Mit der Vorstellung der erarbeiteten Stunde sowie der damit verbundenen Lernziele und der

erhofften bzw. erwarteten Schülerleistungen und Verhaltensweisen gehen wir danach auf die

explizite Gestaltung der Stunde ein. In diesem Kontext werden auch die übrigen Stunden

derselben Unterrichtseinheit kurz vorgestellt, um eine bessere Einordnung der Stunde

vornehmen zu können.

Daran anknüpfend folgt der Hauptteil der Arbeit, die didaktisch-methodische Analyse der

Unterrichtsstunde und der verwendeten Methoden. Er dient der didaktischen Begründung der

gesamten Planung. Einen zentralen Teil, den wir dabei betrachtet haben, bilden die

Raumkonzepte. Auf Grund ihrer hohen Bedeutung im Geographieunterricht bildet die darauf

bezogene Analyse hier ein eigenes Unterkapitel.

Kapitel 6 zeigt die Bezüge zum Hamburger Rahmenplan auf. Da die Unterrichtseinheit für

eine Hamburger Schule konzipiert wurde, müssen neben den allgemeinen Bildungsstandards

insbesondere auch die regional-spezifischen betrachtet werden.

Einen eigenen Abschnitt widmen wir im Anschluss dem Bezug der Unterrichtsstunde zum

Konzept der nachhaltigen Entwicklung. Die besondere Bedeutung dieses Konzepts resultiert

zum einen auch aus seinem Stellenwert für die Geographiedidaktik, zum anderen aber auch

1 Im Sinne der Übersichtlichkeit und besseren Lesbarkeit verzichten wir auf die vollständige Nennung beider Geschlechter. Mit der maskulinen Form sind stets beide Geschlechter gemeint.

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aus dem speziellen Rahmen des Seminars, in dem die Unterrichtsplanung erarbeitet wurde:

Hierbei stand eben jenes Konzept stets im Vordergrund.

Zum Schluss folgen noch die Reflexion der Unterrichtsstunde, die wir in abgespeckter

Version mit den Studenten des Seminars durchgeführt haben, sowie ein Fazit.

2. Sachanalyse

‚Raum‘ ist einer der zentralen Begriffe der Geographie, und damit stehen auch dessen

Nutzung und ebenso Konflikte darum im Interesse der Wissenschaft und auch der

Schulgeographie. Heute steht nicht mehr nur die Frage nach dem augenblicklichen,

vergangenen oder zukünftigen Zustand im Blickfeld der Geographie-Didaktik, sondern

ebenso die Frage nach denkbaren Alternativen und den Gründen für das Durchsetzen

bestimmter Raumnutzungen.

Das IKEA-Möbelhaus in Altona ist für derartige Prozesse ein gutes Beispiel.

Am 19.12.2012 wurde der symbolische Grundstein für das Gebäude mitten im Herzen von

Hamburg-Altona gelegt. Es ist das erste Innenstadtkaufhaus der IKEA-Kette in einer

Fußgängerzone weltweit (vgl. IKEA 2012). Es wird auf dem Grundstück des ehemaligen

Frappant-Einkaufszentrum, das 1973 dort gebaut und 2011 abgerissen wurde, errichtet. Rund

um den IKEA-Neubau finden sich viele unterschiedliche Akteursgruppen mit verschiedenen

Sichtweisen und Interessen, ebenfalls existierten diverse alternative Ideen zur Nutzung des

alten Gebäudekomplexes bzw. des Geländes.

Vor dem Abriss des Frappant-Gebäudes wurden Wohn- und Geschäftsräume für über 140

Künstler günstig als Ateliers zur Verfügung gestellt, die zum 30.November 2009 gekündigt

wurden. Für diese Ateliers gab es danach keinen Ersatz. (vgl. TÖPPER 2009)

Am 27.08.2009, also bereits kurz nach dem Kauf des Komplexes am 07.07.2009, meldete

eine Bürger-Initiative ein Bürgerbegehren gegen den geplanten IKEA-Bau an (vgl. ZEUCH

20091) und am 04.09.2009 wurde ein weiteres Bürgerbegehren der Initiative „PRO-IKEA“ im

Bezirksamt Altona angemeldet (vgl. ZEUCH 20092). Es kam zu einem Bürgerentscheid, in

dem über die Vorlage der PRO-Ikea-Initiative abgestimmt wurde. Mit 77,15% der Stimmen

schien die Initiative deutlichen Rückhalt in der Bevölkerung zu haben, jedoch wurde das

Verfahren vor allem hinsichtlich der Darstellung der Kontra-Seite stark kritisiert (vgl. ZEUCH

2010).

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Befürworter des Projektes sahen und sehen in IKEA die letzte Chance für den ansässigen

Einzelhandel und eine Möglichkeit der wirtschaftlich nachhaltigen Entwicklung des

Quartiers, das „am Tiefpunkt angekommen“ (K.-P. Sydow, zit. nach ZEUCH 20092) sei.

Kritiker hingegen befürchten zum einen direkte Auswirkungen wie einen Verkehrsinfarkt

durch den entstehenden Verkehr und den Arbeitsplatzverlust der vertriebenen Künstler. Zum

anderen befürchten sie mit der Aufwertung des Quartiers tiefgreifende Veränderungen in der

Sozialstruktur und Gentrifizierungsprozesse, also damit verbundene Verdrängungsprozesse

der bisherigen Mieter durch höhere Mieten etc. (vgl. KEIN-IKEA-IN-ALTONA). Außerdem

stand der Plan zum (sozialen) Wohnungsbau auf dem Gelände jahrelang im Vordergrund, und

die damit verbundene (und am Ende mit Steuergeldern finanzierte) Arbeit sei nun umsonst

gewesen (vgl. ZEUCH 2010).

Weitere Beteiligte sind vor allem der IKEA-Konzern selbst, der den Kritikern mit

maßgeschneiderten Lieferkonzepten und Infrastrukturmaßnahmen, aber auch

Bürgerbeteiligungsverfahren begegnet, sowie die Stadt Hamburg. Diese war letzten Endes

verantwortlich für den Baubescheid und hatte noch 2008 Pläne für einen Verkauf an einen

anderen Investor zum selben Preis gestoppt, mit dem Grund dass die Nutzungspläne nicht

eingehalten werden könnten und damit zu wenig Wohnraum entstehen würde (vgl.

WIKIPEDIA).

Im folgenden Kapitel sollen nach den thematischen Vorgaben nun die weiteren Bedingungen

für die Planung der Stunde betrachtet werden.

3. Bedingungsanalyse

Wie bereits oben erwähnt, ist die Schulklasse, für die wir die Unterrichtsstunde bzw. –einheit

konzipiert haben nur fiktiv. Dennoch sind einige Merkmale der Lerngruppe wichtig für die

weitere Planung.

Bei der Lerngruppe handelt es sich um einen Geographie-Grundkurs der 12.Klasse am

Gymnasium ALLEE in Hamburg Altona. Der Einzugsgebiet dieser Schule ist vorwiegend

ebendieser Stadtteil und eine Besonderheit der schulischen Arbeitsweise ist die Einbeziehung

des Quartiers und des planerischen Mitdenkens und –wirkens in die Schulpraxis (vgl. ALLEE).

So ist die Behandlung der Thematik im Rahmen des Geographieunterrichts besonders sinnvoll

und innerhalb der Logik der Schule konsequent.

Wir können auf Grund des Quartiersbezugs davon ausgehen, dass im Grunde alle Schüler

bereits mit dem Thema in Berührung gekommen sind und ein wenig Vorwissen besitzen –

einige Jugendliche verfolgen das Thema auch mit großem Interesse.

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Der hohe Lebensweltbezug (vgl. Kapitel 5.4) sorgt für eine hohe Motivation auf Schülerseite.

Die Klasse im Speziellen besteht aus 24 Schülern und ist versiert im Umgang mit

verschiedenen Methoden und Arbeitsweisen, insbesondere Gruppenarbeite sowohl mit

zufällig als auch mit willkürlich gewählten Arbeitspartnern. Die von uns angewandte

Methode der Podiumsdiskussion als eine Art Rollenspiel ist der Lerngruppe ebenfalls

bekannt.

In Kapitel 4 soll nun explizit die geplante Stunde bzw. die Unterrichtseinheit vorgestellt und

analysiert werden.

4. Geplanter Stundenverlauf

Die Unterrichtsstunde zum Thema „Raumnutzungskonflikte am Beispiel von IKEA in

Hamburg Altona“ ist die zweite Stunde einer dreistündigen Unterrichtseinheit. Zunächst soll

die Unterrichtseinheit vorgestellt werden, um im Anschluss daran die hier im Vordergrund

stehende Stunde in ihrem Verlauf zu beschreiben.

Die Unterrichtseinheit zum Thema „Raumnutzungskonflikte“ setzt sich aus drei Stunden

zusammen. In der Einführungsstunde (Einzelstunde) erfolgt ein Einstieg in das Thema durch

Sammeln von Assoziationen. Was ist ein Raumnutzungskonflikt? Welche Konflikte kennen

die Schüler und wie haben sie diese wahrgenommen? Sind unterschiedliche Konflikte genannt,

werden diese besprochen. Zum Abschluss der Stunde findet eine Überleitung zur folgenden

Stunde über den Raumnutzungskonflikt in Hamburg Altona statt. Die zweite Stunde

(Doppelstunde) beschäftigt sich nun explizit mit IKEA in Altona. Dabei stehen die

Erarbeitung der unterschiedlichen Konflikte und die Wahrnehmungen der einzelnen Akteure

im Vordergrund. Die letzte Unterrichtsstunde ist keine im klassischen Sinne, da diese Stunde

als Exkursion durchgeführt wird. Inhalt der Exkursion ist die Besichtigung der IKEA-

Baustelle sowie der Umgebung, wobei die Jugendlichen beides durch eine Art

„Expertenbrille“ wahrnehmen sollen. Zeigen sich die befürchteten oder gewünschten

Veränderungen? Ändert sich überhaupt etwas? Neben diesen Aspekten erfolgt eine Reflexion

der Podiumsdiskussion und der Rückbezug zu dem Thema „Raumnutzungskonflikte“.

Nachdem die Unterrichtseinheit vorgestellt wurde, erfolgt nun die Darstellung des

Unterrichtsverlaufs der geplanten Doppelstunde zum Thema „Raumnutzungskonflikt IKEA –

Gentrifizierung in Hamburg Altona“. Die antizipierten Schülerlösungen werden jedoch außer

Acht gelassen, da hierauf in Kapitel 4.2. näher eingegangen wird.

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Die Unterrichtsstunde hat drei Unterrichtsphasen, die von einem Einstieg und einem

Abschluss eingerahmt werden (siehe Anhang). Der Einstieg dauert etwa zehn Minuten und ist

als Vortragsgespräch gestaltet, in dem die Lehrperson Hintergrundinformationen zu dem

Frappant, IKEA sowie der Großen Bergstraße und den Bauvorhaben der Stadt Hamburg gibt.

Zudem wird der Volksentscheid thematisiert. Am Ende dieses Einstiegs werden sechs

Gruppen a vier Personen eingeteilt. Dies erfolgt durch Auslosen. Die zweite und auch längste

Phase (40 Minuten) stellt die Erarbeitung von den Meinungen der zugewiesenen Akteure über

den Bau von IKEA in der Großen Bergstraße für die Podiumsdiskussion dar. Es gibt sechs

Akteure (IKEA, Ladenbesitzer, Bewohner Pro, Bewohner Kontra, Künstler und Stadt), wobei

jede Gruppe zu ihrer Rolle Material in Form von Zeitungsartikeln, Bildern und Karten

bekommt. Den Abschluss der Erarbeitung bildet eine Rolleneinteilung, indem ein Schüler aus

der Gruppe bestimmt wird, der in der Podiumsdiskussion die erarbeitete Rolle übernimmt.

Die anderen sind Journalisten. In der darauf folgenden Phase haben die Lernenden 10

Minuten Zeit ihre Rollen einzuüben. Nun folgt die Podiumsdiskussion (25 Minuten), in der

sechs Schüler vor der Klasse sitzen, die Meinungen der Rollen zum Bau von IKEA in Altona

darstellen und darüber diskutieren. Die restlichen Schüler können Fragen stellen und

protokollieren die Diskussion. Zum Abschluss der Stunde schildert die Lehrperson ihren

Eindruck von der Podiumsdiskussion und gibt eine Hausaufgabe auf. Diese soll hier nicht

weiter aufgegriffen werden, da sie im Zuge der antizipierten Schülerlösungen (vgl. Kapitel 4.2)

näher beschrieben wird. Im weiteren Verlauf werden nun die Lernziele der Stunde aufgeführt.

4.1 Lernziele

In Bezug auf das Thema „Raumnutzungskonflikt am Beispiel von IKEA in Hamburg

Altona“ der zuvor vorgestellten Unterrichtsstunde lassen sich vier verschiedene Lernziele

aufführen. So sollen die Jugendlichen den für die Stunde relevanten Konflikt um das

behandelte Beispiel „IKEA in Altona“ kennen und die verschiedenen Sichtweisen und

Meinungen der einzelnen, beteiligten Akteure wiedergeben können. Hier zeigt sich schon ein

weiteres Lernziel, denn die Schüler müssen, um Sichtweisen bestimmter Akteursgruppen

wiedergeben zu können, erst einmal in der Lage sein, diese zu erarbeiten. Im Zusammenhang

mit der Methode „Podiumsdiskussion“ sollten diese Sichtweisen im Rahmen eines

Rollenspiels vertreten werden können.

In Bezug auf die gesamte Unterrichtseinheit mit besonderem Fokus auf unsere geplante

Unterrichtsstunde ist ein weiteres Lernziel das kritische Hinterfragen von Raumnutzung sowie

die Erarbeitung von Alternativen. Somit steht die Unterrichtsstunde mit diesem genannten

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Lernziel auch im Zusammenhang mit der Bildung für nachhaltige Entwicklung, da die

Schüler vor allem im Hinblick auf Volksentscheide, Wahlen und Raumnutzungen lernen

sollten, dass bestimmte Vorhaben kritisch hinterfragt werden können und sollten. Dieser

Aspekt soll jedoch an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden, da im weiteren Verlauf der

Arbeit noch auf den Zusammenhang zur Bildung für nachhaltige Entwicklung eingegangen

wird (vgl. Kapitel 6.). Am Ende der Unterrichtseinheit sollten die Lernenden zudem fähig sein,

die Potenziale für Konflikte durch Raumnutzung im Allgemeinen zu kennen und weitere

Beispiele erarbeiten zu können.

Um die Durchführung des Unterrichtsversuchs reflektieren zu können (vgl. Kapitel 7.) sollen

nun die antizipierten Schülerlösungen bzw. das antizipierte Schülerverhalten dargestellt

werden.

4.2 Antizipiertes Schülerverhalten

In diesem Kapitel sollen die erwarteten Lösungen und Verhaltensweisen der Lernenden

anhand der einzelnen Phasen der geplanten Unterrichtsstunde erläutert werden. Dabei sollen

diese nicht mehr beschrieben, sondern nur das Schülerverhalten aufgeführt werden.

In der Einstiegsphase – dem Vortragsgespräch – sollen die Schüler ihre eigenen Erfahrungen,

Vorstellungen und Meinungen über die große Bergstraße, IKEA, den Volksentscheid und das

Bauvorhaben mit einbringen. Hier ist es wichtig, einen Bezug zu ihren eigenen Meinungen,

Bildern und Erlebnissen herzustellen. Ihre Erfahrungen mit der Umwelt und ihrem Stadtteil

sollen in das Vortragsgespräch mit einfließen.

In der zweiten Phase – der Erarbeitungsphase – wird von den Lernenden erwartet, dass sie

sich in einer zugeteilten Gruppe auf die Gruppenmitglieder einlassen können und gemeinsam

Argumente und Meinungen ihrer Rolle erarbeiten. Die Schülerlösungen sollten sich zudem

nicht von den erwarteten Rollenmodellen (Pro und Kontra) unterscheiden, sie dürfen jedoch

auch eigene Erfahrungen und Meinungen einbringen, die die Rolle unterstützen. Am Ende der

Phase sollen die Schüler jemanden aus der Gruppe bestimmen, der die Rolle in der

Podiumsdiskussion vertritt.

Im Übergang zur nächsten Phase – der Rolleneinübung – müssen Journalistenpaare aus den

18 verbleibenden Schülern gebildet werden. Die einzelnen Figuren (Journalisten und Akteure)

üben nun ihre Rolle ein. Dabei wird von den Journalisten erwartet, dass sie sich Fragen für die

verschiedenen Akteure überlegen. Diese können sowohl dem Verständnis als auch der Kritik

dienen und sollen die Diskussion im Idealfall mit lenken und voranbringen.

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In der Podiumsdiskussion wird nun ein reges und intensives Gespräch mit vielen Pro- und

Kontra-Argumenten erwartet, welches durch die Lehrperson gelenkt und durch Fragen der

Journalisten ergänzt und bereichert werden soll. Von den einzelnen, durch Schüler vertretenen

Akteuren wird erwartet, dass sie die Rolle und ihre Meinung über den Bau von IKEA

vorstellen und mit anderen in eine Diskussion treten können. Die Journalisten haben zudem

noch zur Aufgabe, wichtige Argumente zu protokollieren. Da die Phase des Abschlusses und

Ausblickes von der Lehrperson durchgeführt wird, wird hier keine Schülerlösung erwartet. In

der Hausaufgabe, die für die Exkursion und das Portfolio, dass die Schüler in dem Schuljahr

anfertigen sollen, wichtig ist, sollen die Akteure der Podiumsdiskussion ihre Rolle und die

Diskussion reflektieren, wobei die Journalisten einen Artikel zu einer ihr gewählten

Fragestellung schreiben sollen.

Nachdem die Unterrichtseinheit sowie die Unterrichtstunde, die Lernziele dieser und die

Schülerlösungen vorgestellt wurden, soll im Folgenden die Stunde didaktisch-methodisch

analysiert werden.

5. Didaktisch-methodische Analyse

Im folgenden Kapitel soll es um die didaktisch-methodische Analyse gehen. Sie bildet den

Kern der Unterrichtsvorbereitung. Gemeint ist damit, die Frage nach dem allgemeinen

Bildungsgehalt des jeweiligen Bildungsinhaltes (vgl. RINSCHEDE 2009, S. 421). Insbesondere

geht es um eine „begründete Auswahl von Unterrichtsinhalten und deren Anordnung

(Strukturierung) im Hinblick auf das Unterrichtsziel“ (ebd., S. 422). Zu berücksichtigen sind

dabei

die Vorgaben der Bildungspläne (was wird verlangt?)

die Intention, d.h. die Ziele, die damit verfolgt werden (wozu?)

die Unterrichtsinhalte und ihre Strukturierung (was?)

ihre Begründung (warum?)

die Adressatenfrage (für wen?) und

die Frage nach Methoden und Medien (wie? womit?) (vgl. HAUBRICH 2006, S. 266).

Aus diesem Grund wird im Folgenden auf die Methode (wie?), die Kompetenzbereiche, die

die Lernziele beinhalten (was und wozu?), die Lerntheorie, die sich hinter der

Unterrichtsstunde verbirgt und die Bedeutung für die Schüler (für wen und warum?)

eingegangen. Zum Abschluss soll noch analysiert werden, welche Raumkonzepte in der

Unterrichtsstunde berücksichtigt werden.

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5.1 Methode: Podiumsdiskussion

Wie im vierten Kapitel bereits erwähnt wurde, haben wir für die zweite Unterrichtseinheit die

Methode „Podiumsdiskussion“ ausgewählt.

Grundlage dafür ist ein realer oder fiktiver Konflikt. In unserem Fall handelt es sich um den

realen Raumnutzungskonflikt, der durch den Bau von Ikea in Hamburg-Altona entsteht. Des

Weiteren benötigt man Material, wie Texte, Bilder oder Karten, damit die SuS genügend

Informationen sammeln können, aus denen sie ihren Akteur „erschaffen“. Natürlich besteht

auch die Möglichkeit, die Schüler selbst recherchieren zu lassen. Ferner sollte auf ausreichend

Platz für getrennte Arbeitsbereiche der Gruppen geachtet werden. Die Klasse wird dann in so

viele Gruppen eingeteilt, wie Akteure vorhanden sind. Innerhalb der Gruppen wird das

Material verteilt und die wichtigsten Informationen notiert, um aus der Sicht des jeweiligen

Akteurs handeln zu können. Die Gruppe muss dann entscheiden, wer die Rolle übernimmt

(vgl. BUNDESZENTRALE FÜR POLITISCHE BILDUNG). Dieser Schüler erhält anschließend Zeit,

um sich näher mit der Rolle zu befassen und diese einzuüben. Die anderen Gruppenmitglieder

überlegen sich in Zweier-Teams Fragen, die sie den Akteuren während der Diskussion stellen

könnten, sie sollen nämlich Journalisten sein. Anschließend finden sich die Akteure in einem

Halbkreis ein.

Der Moderator startet die Diskussionsrunde, in unserem Fall übernimmt die Lehrperson diese

Rolle. Wir haben uns für diese Variante entschieden, um das Gespräch lenken zu können, falls

es dazu kommt, dass die Diskussion stockt oder manche Akteure nicht einbezogen werden.

Hier kann die Lehrkraft hilfreiche Impulse setzen und die Diskussion zum Ende hin schließen.

Es besteht ferner die Möglichkeit, dass ein Schüler die Moderation übernimmt, wenn die

Klasse die Methode sehr gut beherrscht.

Der Moderator eröffnet die Sitzung und begrüßt die Teilnehmer sowie das Publikum.

Anschließend nennt er das Thema der Diskussionsrunde, umreißt dieses kurz und stellt die

Akteure mit ihren fiktiven Namen vor. Im Anschluss sind die Akteure an der Reihe. Sie

stellen sich selbst kurz in ein bis zwei Sätzen vor und erläutern ihren Standpunkt. Dann

wendet sich der Moderator mit einer Frage an alle Akteure oder eine einzelne Person und die

Diskussion kann beginnen. Zwischendurch können auch Fragen durch die Journalisten gestellt

werden.

Nach der Gesprächszeit läutet der Moderator das Ende ein und lässt jeden Akteur noch ein

letztes Statement abgeben. Darüber hinaus fasst er am Ende die wichtigsten Punkte zusammen

und äußert sich zum aktuellen Stand bzw. dem Ergebnis, zu dem die Teilnehmer gekommen

sind (vgl. METHODENKOMPENDIUM).

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Die Podiumsdiskussion eignet sich gut, um ein Thema mit seinen unterschiedlichen Facetten

kennenzulernen, sowie die unterschiedlichen Perspektiven der Menschen, die damit in

Verbindung stehen. Die Schüler lernen, sich in verschiedene Rollen hineinzuversetzen, was

besonders dann eine Herausforderung darstellt, wenn die Einstellung der Rolle überhaupt

nicht mit der eigenen Position übereinstimmt. Hier müssen die Schüler versuchen die eigene

Meinung in den Hintergrund zu rücken und nur aus der Perspektive der Rolle zu agieren bzw.

zu berichten. Hierzu gehört auch, das Interesse der Rolle zu vertreten und mit den nötigen

Argumenten zu untermauern. Des Weiteren lernen sie, sich in Konflikte hineinzuversetzen

und diese in ihrer Komplexität zu begreifen. Grundlegend ist auch das Diskutieren: Die

Schüler lernen, Thesen durch eigene Argumente zu bestätigen oder zu widerlegen. Sie lernen

auch sich verständlich und logisch zu artikulieren, was einen Beitrag zu rhetorischen

Kompetenzen leistet. Außerdem werden soziale Fähigkeiten gestärkt, zum einen durch die

„Kooperation, d.h. [durch] gemeinsame Erschließung von Lerngegenständen und

partnerschaftliche Bearbeitung von Problemsituationen“ (HEMMER 2010, S. 278) innerhalb

der Gruppe, zum anderen durch die gemeinsame Diskussion: Hier geht es u.a. darum, andere

ausreden zu lassen und auf Beiträge anderer einzugehen.

Abbildung 1: Podiumsdiskussion2

5.2 Kompetenzbereiche (Analysespinne)

Das Fach Geographie umfasst sechs Kompetenzbereiche. Sie sollen dabei helfen eine

geographische Gesamtkompetenz zu entwickeln (vgl. DGFG 2007, S. 9). Sie werden nicht

einzeln betrachtet, sondern wirken zusammen. Deshalb bleibt es auch nicht aus, dass sich

Bereiche überschneiden. Grundlegend sind jedoch die Bereiche Fachwissen und räumliche

Orientierung, um Grundlagenwissen zu vermitteln (vgl. HOFFMANN, S. 2)

2 Eigene Darstellung

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Fachwissen:

In der Geographie wird die Erde als Mensch-Umwelt-System begriffen (vgl. DGFG 2007, S.

10). Das bedeutet, die Schüler sollen die Fähigkeit erwerben, Räume als physische und

anthropogene Systeme wahrzunehmen und, damit verbunden, die Wechselbeziehungen

zwischen Mensch und Umwelt zu analysieren (ebd., S. 9).

Das Fachwissen spielt für unsere Unterrichtsstunde insgesamt eine nicht allzu große Rolle, da

wir auch davon ausgehen, dass die Schüler ein gewisses Vorwissen mitbringen, schließlich

gehen sie im Raum Altona zur Schule. Dennoch erhalten sie die Gelegenheit Neues zu lernen,

durch das Material zu den Akteuren, aber auch durch die eigene Recherche direkt vor Ort.

Räumliche Orientierung:

Hiermit ist gemeint, eine räumliche Orientierung aufzubauen: topographisch, kartographisch,

im realen Raum, aber auch durch die Reflexion von Raumwahrnehmungen anderer (ebd.).

Die räumliche Orientierung haben wir als relativ präsente Kompetenz eingestuft, da es auch

um Raumwahrnehmungen geht und diese bilden den Kern unserer Unterrichtseinheit. Darüber

hinaus erhalten die Schüler auch Gelegenheit den „Realraum“ Altona und die große

Bergstraße zu erkunden.

Erkenntnisgewinnung/Methode:

Zentral ist hier, relevante Informationen für die Geographie aus Texten, dem Realraum oder

anderen Medien zu gewinnen und entsprechend der Aufgabenstellung weiterzuverarbeiten.

Ferner sollen die Schüler lernen, Schritte, die zur Erkenntnisgewinnung notwendig sind, zu

beschreiben (ebd.).

Auch diese Kompetenz ist in der zweiten Stunde stark vertreten, da die Lernenden wichtige

Informationen sammeln sollen, um ihre Rolle zu kreieren. Dazu müssen sie sich an die

Aufgabenstellung halten und Wichtiges von Unwichtigem trennen.

Kommunikation:

In diesem Kompetenzbereich geht es darum, sich mit anderen über geographische Themen

auszutauschen. Darüber hinaus lernen die Schüler geographische Informationen zu verstehen,

zu versprachlichen und anschließend zu präsentieren (ebd.)

Die Kommunikation wird in der zweiten Stunde am stärksten gefördert: Es findet ein

Austausch innerhalb der Gruppen statt sowie bei der anschließenden Diskussion zwischen den

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Akteuren, dem Moderator, aber auch den Journalisten. Sie klären Unklarheiten in der Gruppe

und machen sich Gedanken über eine überzeugende Präsentation der Argumente.

Beurteilung/Bewertung:

Die Schüler werden mit raumbezogenen Problemen konfrontiert, die sie anhand von Kriterien

und bestehenden Werten beurteilen sollen (ebd.).

Diese Kompetenz wird in der zweiten Stunde kaum gefördert. Die Schüler werden zwar mit

einem Raumkonflikt konfrontiert, doch es gibt keine Kriterien anhand derer, sie diesen

beurteilen sollen.

Handlung:

Hier geht es darum, bei den Schülern eine Bereitschaft zu wecken, um natur- und

sozialraumgerecht zu agieren. Diese Kompetenz stellt eher einen übergeordneten Bereich dar,

mit dem Ziel, die raumbezogene Handlungskompetenz zu fördern (vgl. HOFFMANN, S. 2).

Insgesamt handelt sich um eine Kompetenz, auf die man als Lehrperson nur eingeschränkt

Einfluss nehmen kann. Natürlich kann man versuchen, die Bereitschaft der Schüler

anzustoßen, indem man ihnen Problemfelder aufzeigt und schildert, wo Handlungsbedarf

besteht. Ob aber wirklich etwa angestoßen wird, ist sehr subjektiv und abhängig davon, ob die

Jugendlichen die Problematik als persönlich bedeutsam empfinden.

In unsere Stunde könnte Handlungskompetenz gefördert werden, indem man politisches

Bewusstsein fördert und den Schülern aufzeigt, dass Wahlen und eine persönliche Beteiligung

wichtig sind, wenn man an der Entwicklung seines Stadtteils partizipieren möchte.

Abbildung 2: Analysespinne3

3 Eigene Darstellung

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5.3. Lerntheorie

Der Unterrichtsentwurf stützt sich im Großen und Ganzen auf die Lerntheorie des

Konstruktivismus. Zentrale Annahme des Konstruktivismus ist, dass ‚Wirklichkeit‘ nicht

objektiv vorhanden und verhandelbar, sondern stets durch Beschreibungen und

Wahrnehmung individuell erzeugt ist (vgl. RUSTEMEYER 2013, S.125).

Dies beinhaltet lehrtechnisch ein Paradoxon, dass nämlich Wissen im Grunde nicht von der

Lehrperson vermittelt, sondern lediglich vom Lernenden ermittelt werden kann (vgl. ebd.,

S.134f). Darauf aufbauend sollen die Schüler in unserer Lerneinheit das nötige Wissen über

den Sachverhalt im Allgemeinen und eine der beteiligten Akteursgruppen (vgl. Kapitel 4) im

Speziellen selbstständig erarbeiten und auf diese Weise etwas lernen.

Auch wenn Material vom Lehrer bereitgestellt wird, ist der Eigenanteil an der

Jugendlichenleistung so enorm hoch.

Des Weiteren setzen wir das Konzept des Konstruktivismus auch insofern um, als dass wir

eben diese Konstruktionsprozesse von Wissen und der oft als gegeben hingenommenen

‚Wirklichkeit‘ selbst zum Gegenstand des Unterrichts machen. Dies dient der kritischen

Reflektion der eigenen Lernprozesse und schafft ein Bewusstsein über eigenes, subjektives

Wissen.

Allgemein bietet die Unterrichtsstunde eine signifikante Bedeutung für die Schüler auf

mehreren Ebenen. Darauf soll im nächsten Abschnitt genauer eingegangen werden.

5.4. Bedeutung der Lerninhalte für die Schüler

Zunächst ist festzustellen, dass die Bedeutung der Lerninhalte für die Lernenden enorm hoch

ist. Auf Grund des lokalen Bezugs und der Lebensweltnähe betrifft das Thema die

Jugendlichen direkt und sorgt so einerseits für erhöhtes Interesse und für eine außerschulische

Bedeutsamkeit. Das behandelte Thema ist für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft relevant

und vor allem mit dem Handeln der Schüler eng verknüpft. Zwar ist der Bau des IKEA-

Möbelhauses bereits beschlossen und auch begonnen, aber besonders der Hamburgische

Volksentscheid, bei dem die Bürger darüber abstimmen konnten, kann deutlich machen, dass

eine umfangreiche Beschäftigung mit dem Thema im Vorfeld wichtig ist.

Vor dem Hintergrund der Herabsetzung des Wahlalters in Hamburg auf 16 Jahre, die Anfang

des Jahres beschlossen wurde (vgl. NDR), erhält dieses Beispiel für die Schüler der 12.

Klasse, die noch nicht alle 18 Jahre alt sind, noch eine besondere Bedeutung.

So dient die Unterrichtseinheit durchaus dem Ziel, die Lernenden zur aktiven Teilhabe an der

Gesellschaft als mündige Staatsbürger zu befähigen.

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Abgesehen von dem speziell für die Klasse gültigen Lokalbezug beinhaltet das Thema der

Unterrichtseinheit aber auch konzeptionelle Überlegungen im Sinne des Konstruktivismus

(vgl. 5.3.), die den Lernenden vermittelt werden sollen. Die Erkenntnis, dass Wirklichkeit,

Wissen, Raum oder Kultur nicht per se existent sind, sondern lediglich materielle

Komponenten besitzen, ist letzten Endes hilfreich für das gesellschaftliche Miteinander auf

allen Ebenen. Besonders die Akzeptanz unterschiedlicher Ansichten und Meinungen als

gleichwertig ist hierbei wichtig. Der dafür nötige und in unserer Unterrichtseinheit im

Vordergrund stehende Perspektivenwechsel dient dabei als wichtiges Prinzip (BUDKE 2008,

S.15).

Dabei kommt es automatisch auch zur kritischen Hinterfragung des eigenen Welt- und

Wirklichkeitsbildes und bestimmter Machtstrukturen. Die Frage „Wie ist etwas?“ wird

ergänzt um die Fragen „Wie könnte es noch sein?“ und „Wieso ist es so und nicht anders?“.

Im folgenden Abschnitt beschreiben wir die für die Geographiedidaktik wichtigen

Raumkonzepte und analysieren die Unterrichtseinheit auf deren Umsetzung.

5.5 Raumkonzepte

Das Curriculum 2000+ stellt Grundsätze und Empfehlungen für das Fach Geographie

zusammen und führte in diesem Zusammenhang vier verschiedene Raumbegriffe ein. Man

geht nicht mehr, wie es früher üblich war, von einem Raumbegriff aus, sondern von vier

unterschiedlichen. Darüber hinaus „stellt es die oben genannten vier Perspektiven auf Raum

als verbindlich für den zukünftigen Geographieunterricht heraus“ (DICKEL 2006, S.10f.).

Raum als Container: Raum wird aus dieser Perspektive als ein Behälter aufgefasst, in dem

bestimmte „Sachverhalte der physisch-materiellen Welt“ vorhanden sind (WARDENGA 2002,

S. 8). Hier finden sich vor allem Parallelen zur traditionellen Länderkunde wieder (vgl.

NEHRDICH 2010, S. 147f.). Aus dieser Perspektive werden Räume „als Entitäten gesehen, d.h.,

es wird ohne weitere Reflexion davon ausgegangen, dass sie in der Wirklichkeit“ präsent sind

(WARDENGA 2002, S. 8). Man betrachtet sie als etwas „Gemachtes“, das durch physische und

anthropogene Prozesse entstanden ist. Individuelle Wahrnehmung oder konstruktivistische

Perspektiven entfallen bei dieser Auffassung von Raum.

In der zweiten Unterrichtsstunde wird Raum weniger als Container betrachtet. Lediglich aus

den Hintergrundinformationen, Karten und weiteren Materialien können die Schüler

Fachwissen erwerben, das den Raum als Container beschreibt. In der ersten Stunde wird die

Perspektive teilweise eingenommen, wenn es darum geht, zu klären, was Raumkonflikte

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überhaupt sind. Diese Raumperspektive steht in der Unterrichtskonzeption eher im

Hintergrund.

Raum als System von Lagebeziehungen: Einen besonderen Fokus setzt man hier auf

Standorte, Lagerelationen und Distanzen und ihre Beziehungen zueinander (vgl. NEHRDICH

2010, S. 148). Ferner versucht man herauszufinden, „was diese Sachverhalte für die

vergangene und gegenwärtige Gesellschaft bedeuten, wobei davon ausgegangen wird, dass es

die allgemeinbegrifflich zu fassende gesellschaftliche Wirklichkeit gibt“ (WARDENGA 2002,

S. 9).

Die zweite Perspektive wird in der zweiten Stunde stärker eingenommen. Befasst man sich

mit der Thematik dieses Raumkonflikts, so werden viele Probleme deutlich. Eines davon ist

beispielsweise der Verkehr: Es soll ein stärkeres Verkehrsaufkommen entstehen, Einwohner

haben Angst vor Lärmbelästigung und Parkplatzengpässen sowie vor Verdrängungsprozessen

und voranschreitender Gentrifizierung in ihrem Stadtteil. All diese Probleme und ihre

Beziehungen zueinander, lassen sich mithilfe der zweiten Raumperspektive betrachten.

Raum als Kategorie der Sinneswahrnehmung: Aus dieser Perspektive spielt die Individualität

eine stärkere Rolle als zuvor. Im Zentrum steht, auch andere Perspektiven einzunehmen, wie

z.B. persönliche Einstellungen zu einem Thema (vgl. NEHRDICH 2010, S. 149). Man fragt

sich, „wie scheinbar real vorkommende Räume von Individuen, Gruppen oder Institutionen,

ihre Wahrnehmungen in räumliche Begriffe einordnen und so Welt räumlich differenzieren“

(WARDENGA 2002, S. 10). Hier soll deutlich werden, dass Raum, Gesellschaft und die

Wirklichkeit abhängig von der individuellen, subjektiven Wahrnehmung sind (vgl. EBD.).

Im Fokus der Unterrichtsstunde steht diese Perspektive. Die Schüler sollen unterschiedliche

Rollen erschaffen, sich in diese hineinversetzen, ihre Position einnehmen und entsprechend

agieren. Sie erfahren, dass es nicht nur die eine Sicht auf die Welt gibt, sondern verschiedene

Wahrnehmungen, die sie nachzuvollziehen lernen.

Raum als Konstruktion: Räume sind etwas „Gemachtes“ und damit „Artefakte

von gesellschaftlichen Konstruktionsprozessen“ (ebd.). Es geht darum, den Raum nicht als

per se existent anzusehen, sondern zu erforschen, wer, wie Räume konstruiert (vgl. NEHRDICH

2010, S. 150). Es geht auch darum zu fragen „wer unter welchen Bedingungen und aus

welchen Interessen, wie über bestimmte Räume kommuniziert“ (WARDENGA 2002, S. 10).

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Diese Raumperspektive wird in der dritten Stunde eingenommen: Hier sollen die Schüler vor

Ort tätig werden und recherchieren. Es soll deutlich werden, welche Interessen die einzelnen

Personen vertreten und warum sie den Raum auf diese Weise wahrnehmen. Es soll auch

hinterfragt werden, warum die Situation so ist, wie sie ist und ob es andere Möglichkeiten und

Wege gegeben hätte. Wichtig ist, dass sie aktuelle Situation nicht einfach hingenommen wird.

Die Schüler sollen die Gründe kennen, wie es dazu gekommen ist.

Da unser Unterricht für eine Hamburger Schule gestaltet wurde, soll im Folgenden der Bezug

zum Hamburger Rahmenplan für die gymnasiale Oberstufe etwas expliziter beschrieben

werden.

6. Bezug zum Hamburger Rahmenplan

Der Hamburger Rahmenplan für Geographie ist, leicht abweichend von den

Bildungsstandards der DGFG, in die Kompetenzbereiche Räumliche Orientierung,

Raumanalyse, Raumbewertung und Raumverantwortung unterteilt (vgl. RAHMENPLAN 2009,

S.10f). Dies sind jedoch nur teilweise andere Bezeichnungen und Einteilungen, somit wurde

der Bezug hinsichtlich der angesprochenen Kompetenzen bereits in 5.2 ausreichend

beschrieben.

Der Hamburger Rahmenplan erwähnt explizite didaktische Grundsätze, an denen der

Unterricht orientiert sein soll. Dazu zählt unter anderem der von uns hergestellte

Lebensweltbezug. Des Weiteren soll Geographieunterricht aktuell und nach dem

exemplarischen Prinzip gestaltet werden – beides wird mit dem Thema IKEA in Altona gut

umgesetzt. Ein weiterer Grundsatz ist die Steigerung der Fähigkeit im Umgang mit Medien.

Zwar ließe sich dieser Gedanke in unserem Unterricht durchaus noch stärker umsetzen, etwa

durch die explizite Aufforderung zur eigenständigen Recherche (vgl. 8), durch die

Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Materialien und der Aufgabe, daraus

Informationen zu filtern, setzen wir ihn jedoch ebenfalls um. Ein weiterer didaktischer

Basisgedanke des Rahmenplans ist das Ermöglichen von selbstreguliertem und forschendem

Lernen. Auch dieses wird in gewissem Maße durch das Unterrichtskonzept umgesetzt, da die

Gruppen eigenständig Informationen filtern, Schwerpunkte setzen und auch eigene Ideen

bzw. Recherchen mit einbringen können und sollen (vgl. RAHMENPLAN 2009., S.11f).

Im Detail ist die behandelte Thematik im siedlungsgeographischen Bereich

(Stadtentwicklung, vgl. ebd., S. 15) verankert. Dieser beinhaltet zum Beispiel das Ziel, dass

Schüler die Entwicklungsmöglichkeiten städtischer Teilräume auf verschiedenen Ebenen

aufzeigen und „Probleme und Konflikte bei der Durchführung von Sanierungs- oder

Stadtentwicklungsmaßnahmen“ erläutern können (ebd.).

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IKEA dient ebenfalls als ein Fallbeispiel, an dem „die Bedeutung des Menschen für eine

zukunftsfähige Stadtentwicklung“ verdeutlicht werden kann (ebd.).

Auch der Bezug zur nachhaltigen Entwicklung (vgl. 7) ist im Rahmenplan verankert und die

Unterrichtseinheit dient durchaus auch als reales Szenario, anhand dessen Handlungsansätze

beschrieben und unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit diskutiert werden können (vgl. ebd., S.

17).

7. Bezug zur nachhaltigen Entwicklung

Laut den allgemeinen Bildungsstandards (DGFG 2012) ist das Fach Geographie „der Bildung

für eine Nachhaltige Entwicklung […] besonders verpflichtet“ (S.7). Als eine nachhaltige

Entwicklung bezeichnet man nach dem sogenannten Brundtland-Bericht von 1987 eine

Entwicklung, die sowohl den Bedürfnissen der jetzigen Generationen gerecht wird, als auch

künftigen Generationen nicht in deren Bedürfnisbefriedigung und Wahl des eigenen

Lebensstils einschränkt (BAHR 2007, S.10).

Ursprünglich stammt das Nachhaltigkeitskonzept aus der Forstwirtschaft, wurde aber

mittlerweile in Form einer ganzheitlichen Betrachtung möglicher Entwicklungen der Erde

angepasst. So spricht man heute von ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit

(ebd., S.11), REUSCHENBACH und SCHOCKEMÖHLE (2011) sprechen auch noch von kultureller

Nachhaltigkeit (S.3).

Das Thema unseres Unterrichtentwurfs betrifft dabei in erster Linie ökonomische und soziale

Nachhaltigkeit:

Bezüglich der ökonomischen Nachhaltigkeit steht die Frage nach der wirtschaftlichen Zukunft

des Quartiers im Vordergrund. Dabei werden Fragen nach der langfristigen

Arbeitsplatzsicherheit der IKEA-Mitarbeiter sowie des umliegenden Einzelhandels, aber auch

die Frage nach der Magnetwirkung auf weitere Kleinunternehmer beziehungsweise der

Verdrängung einzelner ansässiger Einzelhandelsunternehmen gestellt. Wichtig für die Debatte

um die wirtschaftliche Nachhaltigkeit des Projekts ist für die Schüler das Wissen um die

wirtschaftliche Vergangenheit des Frappant-Einkaufszentrums, das zu Beginn seiner Zeit als

innovative (wirtschaftliche) Rettungsmaßnahme für Altona gehandelt wurde, aber im

Nachhinein offenbar nicht nachhaltig wirkte.

Der zweite Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit wird im Zuge von Gentrifizierung mit den

Jugendlichen besprochen. Die Aufwertung des Quartiers durch IKEA und dadurch initiierte

Prozesse könnten, wie auch die Kritiker befürchten, eine Veränderung der Bewohnerstruktur

nach sich ziehen. Wird das Quartier aufgewertet, steigen auch die Mieten. So werden

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möglicherweise Anwohner dazu gezwungen, ihre Wohnung aufzugeben. Diese Prozesse

widersprechen dem Gedanken der sozialen Nachhaltigkeit, da auf diese Weise die Wahl des

Lebensstils einiger Menschen wegen der begrenzteren Wohnortauswahl als eingeschränkt

bezeichnet werden kann.

Auch aus dem Blickwinkel der Künstler, die den Frappant-Komplex vor seinem Abriss

nutzten und durchaus alternative Nutzungskonzepte erarbeitet hatten, kann von einer

Einschränkung des Lebensstils gesprochen werden. Es steht im Zusammenhang mit sozialer

Nachhaltigkeit also die Frage im Vordergrund, inwieweit der IKEA-Bau die soziale

Segregation voran treibt und ärmere Mieterschichten aus seinem Umfeld vertrieben werden.

Die Ökologische Nachhaltigkeit wird wie gesagt nicht explizit angesprochen, jedoch bietet

das Thema auch hier Potenzial: Die Frage nach dem Sinn/Unsinn eines Gebäude-Abrisses mit

anschließendem Neubau könnte durchaus auch behandelt und kontrovers diskutiert werden.

Allerdings ist hierfür umfangreiches und detailliertes Material nötig, so kann allenfalls

gemutmaßt bzw. mit Transferbeispielen argumentiert werden.

8. Reflexion

Nachdem in den vorangegangenen Kapiteln der Unterrichtsversuch didaktisch-methodisch

analysiert und in den Kontext der Bildung für nachhaltige Entwicklung gestellt wurde, soll er

in diesem Teil der Arbeit reflektiert werden. Die Reflexion stützt sich dabei auf die

Durchführung einzelner Teile des Unterrichts im Rahmen des Seminars, in dem die

Teilnehmer sowohl die Gruppenarbeitsphase als auch die Podiumsdiskussion durchführten.

Da die Anzahl der Seminarteilnehmer am Tag der Durchführung wesentlich höher war, als bei

unserer fiktiven Klasse angenommen, mussten die Gruppen folglich auch größer sein. Zudem

saßen die Teilnehmer bereits an Gruppentischen, was eine Einteilung in Gruppen überflüssig

machte. Aus diesem Grund konnten wir sofort zur Erarbeitungsphase übergehen, die, da es im

Rahmen eines Seminars stattfand, wesentlich kürzer ausfallen musste, als für eine Schulklasse

vorgesehen wäre. Jeder Gruppe wurde eine Rolle zugewiesen, wobei zu allen geplanten

Rollen Materialien zu finden waren. Es stellte sich jedoch heraus, dass die ursprüngliche

Planung von drei Pro- und drei Kontra-Rollen nicht realisierbar war, da die Materialen dieses

nicht hergaben. Für die Erarbeitungsphase konnte, durch die Durchführung im Rahmen der

Universität, festgestellt werden, dass 40 Minuten für eine Schulklasse als Zeit angemessen

sind. Die Studierenden benötigten 15 Minuten, wobei sich jeder aus der Gruppe einem

anderen Abschnitt widmete, wodurch sie schneller vorankamen. Doch fiel auf, dass auch sie

Fragen hatten, Hilfe benötigten und Schwierigkeiten bekamen, die Argumente in der kurzen

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Zeit präzise herauszuarbeiten. Aus diesem Grund erscheinen 40 Minuten, in denen die

Lehrperson den Gruppen behilflich sein kann, für Schüler als realisierbar und als Zeitrahmen

angemessen. Neben der zeitlichen Planung stellte sich heraus, dass es in Bezug auf das Thema

„Raumnutzungskonflikt IKEA – Gentrifizierung am Beispiel Hamburg Altona“ sinnvoll wäre,

auch einige Artikel zur Gentrifizierung bereitzustellen. So kann auch dieser Punkt in der

Diskussion berücksichtigt werden und Pro- oder Kontra-Akteuren dienen.

Neben der Gruppenarbeitsphase zeigte auch die Durchführung der Podiumsdiskussion einige

Erkenntnisse auf. So war ursprünglich geplant, dass von den sechs Rollen für die Diskussion

jeweils drei Pro (IKEA, Stadt und Bewohner) und drei Kontra (Ladenbesitzer, Künstler und

Bewohner) sein sollten. Es stellte sich nun bei der Sichtung des Materials sowie bei der

Diskussion selber heraus, dass ein Ungleichgewicht zwischen Pro- und Kontra-Rollen

herrschte. Die Ladenbesitzer waren in diesem Konflikt ebenfalls auf der Pro-Seite. Die

Diskussion wurde nun von den Pro-Argumenten dominiert, was dazu führte, dass sie stockte

und sich die Argumente wiederholten. Durch gute Leitung der Diskussion konnte dem

entgegengewirkt werden, doch es wurde deutlich, dass für eine Durchführung in einer Schule

sowohl die Rollen als auch die Argumente noch sorgfältiger ausgewählt und überdacht

werden müssen. Die Lenkung und Leitung durch die Lehrperson bzw. durch uns stellte sich

als Gewinn für die Diskussion heraus. Die Rollen der Journalisten können nicht reflektiert

werden, da sie im Rahmen des Seminars nicht angewendet wurden. Für den Ablauf der

Diskussion wurde im Seminar zusätzlich angemerkt, dass es von Vorteil wäre, die Schüler

zum Schluss einmal aus ihrer Rolle heraustreten zu lassen und ihre eigene Meinung über den

Konflikt darstellen zu lassen. So könnten sie, obwohl sie eine andere Meinung vertreten

mussten, sich selber und eigene Erfahrung noch einbringen.

Abgesehen von der Durchführung und der Diskussion soll an dieser Stelle noch kurz auf den

Einstieg eingegangen werden, der als Vortraggespräch gestaltet werden sollte. Neben dieser

Möglichkeit gab es noch die Idee, in der ersten Stunde, die sich mit Raumnutzungskonflikten

im Allgemeinen auseinandersetzt, den Schülern als Hausaufgabe zu geben, selber

Informationen zu IKEA in Altona zu sammeln und zu recherchieren. Somit würde der

Einstieg durch die Lehrperson wegfallen und die Lernenden könnten sich ihr Wissen und auch

die Argumente für eine Rolle in der Diskussion selbst erarbeiten.

Abschließend kann festgehalten werden, dass der geplante Unterricht gerade auf der Ebene

des Lebensweltbezuges der Jugendlichen viel Potenzial besitzt, da sich der Konflikt IKEA

Altona in ihrem direkten Umfeld befindet. Die Durchführung selber hat gezeigt, dass in

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Bezug auf die Rollen intensivere Vorbereitung im Hinblick auf Materialien und Argumenten

nötig ist, um eine gehaltvolle Diskussion zu bekommen. Auch der Bezug zur Bildung für

nachhaltige Entwicklung (vgl. Kapitel 6), wenn auch indirekt gegeben, sollte durch die

Hausaufgabe ergänzt werden. So war ursprünglich geplant, dass die Schüler der

Podiumsdiskussion ihre Rolle reflektieren, wohingegen die Journalisten unter einer frei

gewählten Fragestellung eine Zusammenfassung der Diskussion schreiben. Im Hinblick auf

die Bildung für nachhaltige Entwicklung erscheint es jedoch sinnvoller, die Schüler einen

Zeitungsartikel mit der Frage „Wie nachhaltig ist IKEA?“ schreiben zu lassen.

9. Fazit

Im Fachdidaktik-Seminar „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ wurde eine Geographie-

Unterrichtsstunde zum Thema Raumnutzungskonflikte am Beispiel des Bauvorhabens von

IKEA in Hamburg Altona geplant, die im Zuge dieser Arbeit vorgestellt, in eine

Unterrichtseinheit eingebettet und didaktisch-methodisch analysiert wurde. Zudem wurden

ein Bezug zur nachhaltigen Entwicklung hergestellt und Teile der Stunde, basierend auf einer

Durchführung im Seminar, reflektiert. Die Planung, Durchführung und Analyse sowie die

Reflexion der Unterrichtsstunde haben wichtige Erkenntnisse über den gesamten Prozess

geliefert. Dadurch, dass ein realer Raumnutzungskonflikt in direkter lebensweltlicher

Umgebung der Schüler thematisiert wird, bietet die Unterrichtsstunde viel Potenzial im Sinne

einer nachhaltigen Bildung. So werden gerade durch die Methode

„Podiumsdiskussion“ Kompetenzbereiche wie Kommunikation, Erkenntnisgewinnung und

räumliche Orientierung gefördert, aber auch indirekt der Bereich der Handlung berücksichtigt.

Diese Kompetenz ist der gesamten Einheit übergeordnet und soll die Jugendlichen anregen,

ein politisches Bewusstsein zu entwickeln, indem nicht jede Entscheidung als unumstößlich

und gegeben angesehen werden sollte. Da der Unterrichtsentwurf sich auf die Theorie des

Konstruktivismus stützt, bietet er die Möglichkeit, dass die Schüler eigene Erkenntnisse

gewinnen und, bezogen auf den Kompetenzbereich der Handlung, erfahren, dass die

Wirklichkeit immer konstruiert ist.

Der Bezug zur Bildung für nachhaltige Entwicklung und die Reflexion der Unterrichtsstunde

haben gezeigt, dass die Planung einer Unterrichtsstunde viel Zeit und Vorbereitung in

Anspruch nimmt. Für den Aspekt der Bildung für nachhaltige Entwicklung stellte sich heraus,

dass dieser nicht nur durch die Unterrichtsstunde indirekt intendiert, sondern explizit

formuliert werden sollte. Dies könnte durch das Abändern der Hausaufgabe oder durch

Berücksichtigung ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte erreicht werden. Auch

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die Reflexion zeigte auf, dass in Bezug auf das Material mehr Vorbereitung und eventuelle

Unterstützung der Schüler durch eigene Recherche sinnvoll wäre. Somit kann vermieden

werden, dass eine Gruppe (Pro oder Kontra) dominiert und die Diskussion ins Stocken kommt.

Im Kontext dieser Arbeit konnte jedoch nicht geklärt werden, inwiefern es letztendlich gelingt,

bei den Schülern ein Bewusstsein für nachhaltige Entwicklung und eine Handlungskompetenz

zu entwickeln. Unser Unterrichtsentwurf versucht, den Lernenden die Auswirkungen ihres

eigenen Handelns bewusst zu machen und dieses zu reflektieren. Dass der Unterricht in dieser

Hinsicht viel Potenzial bereithält, steht fest, ob er dieses auch dauerhaft umsetzen kann, bleibt

offen.

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10. Quellen

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11. Anhang

Unterrichtsentwurf in tabellarischer Darstellung

Zeit Was? Wer? Wie? Kompetenz-

bereiche

10 Minuten Begrüßung und

Einstieg ins Thema Lehrperson Vortagsgespräch

40 Minuten

Erarbeitung

verschiedener

Meinungen

SchülerInnen/

Lehrperson als

Hilfsperson

Gruppenarbeit/

Rolleneinteilung K;RO;M;

10 Minuten Rolleneinübung

SchülerInnen/

Lehrperson als

Hilfsperson

Paarbildung K

25 Minuten Podiumsdiskussion

SchülerInnen/

Lehrperson als

Moderator K;RO;M;

5 Minuten Abschluss und

Ausblick Lehrperson/

SchülerInnen

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Auf Grund der Materialfülle befinden sich im Anhang lediglich die Links zu den jeweiligen Materialien (letzter Zugriff jeweils 15.03.2013): Künstler:

http://www.ndr.de/regional/hamburg/keinikea101.html

http://www.ndr.de/regional/hamburg/frappant131.html

http://www.ndr.de/regional/hamburg/frappantev101.html

http://www.wirsindwoanders.de/files_ikea/uploads/Flugblatt_KIIA-AI_04_2010.pdf

http://frappant.blogsome.com/ueber-frappant/

http://www.hamburg-web.de/magazin/artikel/Ikea-Hamburg-Altona-Moebelhaus-101016.htm

Bewohner Contra:

http://www.ndr.de/regional/hamburg/keinikea101.html

http://wirsindwoanders.de/files_ikea/uploads/Offener_Brief1_Leske.pdf

http://www.hamburg-web.de/magazin/artikel/Ikea-Hamburg-Altona-Moebelhaus-101016.htm

Ladenbesitzer:

http://www.mopo.de/news/pro---kontra-ikea-spaltet-altona,5066732,5306908.html

http://www.altona.info/2009/09/04/altonaer-einzelhandel-zeigt-flagge-begehren-pro-ikea-

startet/

Stadt:

http://www.ndr.de/regional/hamburg/ikea168.html

http://www.ndr.de/regional/hamburg/ikea162.html

http://www.ndr.de/regional/hamburg/frappant131.html

http://www.welt.de/print/wams/vermischtes/article13815907/Alle-wollen-nach-Altona.html

http://www.steg-hamburg.de/aktuell/publikationen/meilenstein/meilenstein-20.pdf

Bewohner Pro:

http://www.altona.info/2010/01/21/ergebnis-burgerentscheid-77-ja-stimmen-pro-ikea-altona/

http://www.lass-schweden.com/allgemein/ikea-fensterputzer-und-glasfaserverlegung-am-

ikea-altona-bau/

http://www.altona.info/2009/09/04/altonaer-einzelhandel-zeigt-flagge-begehren-pro-ikea-

startet/

http://www.altona.info/2010/01/04/burgerforum-ikea-altona-thema-allgemeines/

http://www.hamburg-web.de/magazin/artikel/Ikea-Hamburg-Altona-Moebelhaus-101016.htm

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Ikea:

http://www.ikea.com/de/de/about_ikea/newsitem/hamburgaltona

http://www.ndr.de/regional/hamburg/ikeaaltona105.html

http://www.altona.info/2010/01/04/burgerforum-ikea-altona-thema-allgemeines/

http://www.ikea.com/ms/de_DE/about_ikea/newsroom/press_releases/IKEA_DE-

HH_Altona_Lieferkonzept.pdf

www.argus-hh.de/projekte_konzept.php?projektid=126