4
8 FLENSBURG Bahá‘í Weitere Informationen unter: Tel.: 0461 - 900 19 959 www.flensburg.bahai.de www.abdulbaha-in-deutschland.de ‘Abdu‘l–Bahá in Esslingen beim Kinderfest, 1913 Foto Titel: ‘Abdu‘l-Bahá in Stuttgart im Park der Villa Wagenburg, 1913 „Das Wesen der Religion ist die Liebe.“ Andacht in Gedenken an ‘Abdu‘l-Bahás Besuch in Deutschland vor 100 Jahren Montag, 8. April 2013 Bahá‘í-Gemeinde Flensburg

Andacht in Gedenken an ‘Abdu‘l-Bahás Besuch in Deutschland ... · 6 Kummer und Sorge überkommen uns nicht zufällig, sie werden uns vielmehr durch die göttliche Gnade zu unserer

  • Upload
    others

  • View
    5

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

8

FLENSBURG Bahá‘í Weitere Informationen unter:

Tel.: 0461 - 900 19 959

www.flensburg.bahai.de

www.abdulbaha-in-deutschland.de

‘Abdu‘l–Bahá in Esslingen beim Kinderfest, 1913

Foto Titel: ‘Abdu‘l-Bahá in Stuttgart im Park der Villa Wagenburg, 1913

„Das Wesen der Religion

ist die Liebe.“

Andacht in Gedenken an

‘Abdu‘l-Bahás Besuch in Deutschland

vor 100 Jahren

Montag, 8. April 2013

Bahá‘í-Gemeinde Flensburg

2

Aus fernen Landen komme ich zu euch. Zwanzigtausend Meilen bin ich gereist, bis ich zu euch nach Stuttgart kam. Vierzig Jahre war ich eingekerkert. Ich war noch ein junger Mann, als man mich gefangen setzte, und meine Haare waren weiß, als sich die Gefängnistüren für mich öffneten. Nach diesen langen Leidensjahren der Gefangenschaft nahm ich willig alle Mühsal einer langen Reise auf mich. Jetzt bin ich hier, um mit euch vereint zu sein, um euch zu begegnen.

Es ist mein inniger Wunsch, dass ihr die Menschheit erleuchtet, dass alle Menschen sich in vollkommener Liebe und Freundschaft vereinen, dass religiöse und nationale Vorurteile sowie Unterscheidungen zwischen den Rassen völlig beseitigt werden. Die Religionen bestehen heute aus dogmatischen Lehren. Weil diese Dogmen voneinander abweichen, sind Uneinigkeit, ja Hass entstanden. Die Religion muss die Grundlage von Gemeinschaftsgefühl und Solidarität sein. Betrachtet die Wirren auf dem Balkan. Wie viel Blut wird dort vergossen! Wie viele tausend Mütter haben ihre Söhne verloren, wie viele Kinder sind Waisen geworden! Wie viele Häuser, Dörfer und Städte wurden zerstört! Die Balkanstaaten sind zum Vulkan geworden. All dies Verderben hat seinen Ursprung in den Vorurteilen dogmatischer Lehren, die aus Aberglauben und Rassendünkel entstanden sind.

Das Wesen der Religion Gottes ist die Liebe, und die heiligen Bücher legen davon Zeugnis ab, denn das Wesen der Religion Gottes ist das Licht für die Welt der Menschheit. Aber die Menschen haben heute vergessen, was wahre Religion ist. Jede Nation, jede Gemeinschaft hält sich heute an bestimmte Lehrsätze. Diese Traditionen, diese Dogmen sind wie die Schalen um den Kern. Wir müssen das Innere, den Kern, von der Schale lösen. Die Menschheit tappt im Dunkeln. Unser Ziel ist, die Menschheit zu erleuchten. Es ist unsere Hoffnung, dass dieses Dunkel zerstreut wird und die Strahlen der Sonne der Wirklichkeit wieder leuchten…

Dies ist das Jahrhundert des Lichtes. Dies ist die Zeit der Wissenschaft. Dies ist der Zyklus der Wirklichkeit. Dies ist das Zeitalter des Fortschritts und der Gedan-kenfreiheit. Dies ist der größte Tag des Herrn. Dies ist das Zeitalter, welches alles zu neuem Leben erweckt.

Deshalb ist es mein Wunsch, dass alle Menschen in Harmonie geeinigt werden. Bemühet euch, wirkt dafür, dass das Banner der Einigkeit unter den Menschen aufgerichtet werde, dass das Licht des Weltfriedens scheine, dass Ost und West sich umarmen und dass so die stoffliche Welt ein Spiegel des Reiches Gottes werde, auf dass ewiges Licht erstrahle, und jener Tag komme, auf den keine Nacht mehr folgt… ’Abdu’l-Bahá am 3. April 1913 im Bürgermuseum Stuttgart,

Balyuzi 1984, S. 510

7

Seit den Tagen Adams haben sich die göttlichen Manifestationen bemüht, die Menschen zu einen, auf das alle wie eine Seele angesehen werden. Aufgabe und Absicht eines Hirten ist, seine Herde zu sammeln, und nicht, sie zu zerstreuen. Die Propheten Gottes waren göttliche Hirten der Menschheit. Sie haben ein Band der Liebe und Einheit unter den Menschen gewirkt, zerstreute Völker zu einer Nation und wandernde Stämme zu einem mächtigen Königreich gemacht. Sie haben die Grundlage göttlicher Einheit gelegt und alle zum Weltfrieden gerufen. All diese heiligen, göttlichen Manifestationen sind eine Einheit. Sie haben einem Gott gedient, dieselbe Wahrheit verkündet, dieselben Institutionen begründet und dasselbe Licht widergestrahlt. Sie kamen nacheinander und sie bezogen sich aufeinander. Jeder hat Den, der nach Ihm kommen sollte, ange-kündigt und verherrlicht, und sie alle begründeten die Wirklichkeit. Sie riefen die Menschen zur Liebe und machten die Menschenwelt zu einem Spiegel des Wortes Gottes. Daher haben die göttlichen Religionen, die sie begründeten, dieselbe Grundlage. Ihre Lehren, Darlegungen und Beweise sind eins. Nach Name und Form unterscheiden sie sich, aber in Wirklichkeit stimmen sie überein und sind ein und dasselbe. Diese heiligen Manifesta-tionen waren wie das Kommen des Frühlings in der Welt. Der Frühling dieses Jahres wird zwar - entsprechend dem Kalenderjahr - mit einem anderen Namen bezeichnet, aber er ist in Bezug auf das Leben und die Erneuerung, die er bringt, derselbe wie der Frühling des letzten Jahres. Denn jeder Frühling ist die Zeit einer neuen Schöpfung, und die Wirkungen, Segnungen, Vollkommenheiten und lebensspendenden Kräfte sind immer die gleichen wie die früherer Frühlingszeiten, wenn auch ihre Namen zahlreich und verschieden sind. Dies ist der Frühling 1912, im letzten Jahr hatten wir 1911 usw., aber in Wirklichkeit gibt es keinen Unterschied. Es gibt nur eine Sonne, aber ihre Aufgangsorte sind zahlreich und wechseln. Der Ozean ist eine einzige Wassermasse, aber seine Teile haben eigene Bezeichnungen: Atlantik, Pazifik, Mittelmeer, Antarktisches Meer usw. Wenn wir auf die Namen achten, blicken wir auf das Unterscheidende, aber das Wasser, der Ozean selbst, ist eine Wirklichkeit. Gleicherweise sind die göttlichen Religionen der heiligen Manifestationen Gottes in Wirklichkeit eine, obwohl sie sich nach dem Namen und Bezeichnungen unterscheiden. Der Mensch muss das Licht lieben, an welchem Horizont es auch hervorbricht. Er muss die Rose lieben, in welchem Boden sie auch wachse. Zuneigung zur Lampe bedeutet nicht Liebe zum Licht. ’Abdu’l-Bahá, Balyuzi 1983, S. 283

6

Kummer und Sorge überkommen uns nicht zufällig, sie werden uns vielmehr durch die göttliche Gnade zu unserer eigenen Vervollkommnung gesandt. Solange ein Mensch glücklich ist, mag er wohl Gott vergessen, doch wenn ihn Kummer ankommt und Sorge überwältigt, wird er sich des Vaters, der im Himmel ist und ihn aus seiner Erniedrigung zu befreien vermag, erinnern. Menschen, die nicht leiden, erfahren keine Vervollkommnung. Die vom Gärtner am stärksten beschnittene Pflanze wird, wenn der Sommer kommt, die schönsten Blüten und die üppigsten Früchte bringen. Der Landmann furcht die Erde mit dem Pflug, und aus einem solchen Boden erwächst die reiche und volle Ernte. Je mehr ein Mensch geläutert wird, desto größer ist die Ernte der geistigen Tugenden, die aus ihm hervorgehen. ’Abdu’l-Bahá, Göttliche Lebenskunst 1985, S. 127

Beten heißt nicht, die Psalmen lesen. Beten heißt, auf Gott vertrauen und sich in allem Ihm unterwerfen. Beuge dich Gott, dann werden sich die Dinge für dich ändern. Lege deine Familie in Gottes Hände. Liebe den Willen Gottes. Starke Schiffe gehen im Meer nicht unter; sie schwimmen auf den Wogen! Nun sei ein starkes Schiff und kein angeschlagenes! ’Abdu’l-Bahá, Balyuzi 1983, S. 300

3

Das wirkliche Leben zu leben heißt: Nie die Ursache des Kummers für irgendjemand werden. Gütig sein gegen alle Menschen und sie mit reinem Geiste lieben. Widerstände und Beleidigungen geduldig zu ertragen und so freundlich wie möglich sein. Auch über Trübsale, selbst wenn sie im höchsten Maße über uns kommen, sich zu freuen, weil sie Gnade und Gunst Gottes sind. Über die Fehler anderer schweigen, für sie beten und ihnen aufs freundlichste behilflich sein, ihre Fehler abzulegen. Immer auf das Gute sehen und nicht auf die Fehler. Wenn ein Mensch zehn gute und eine schlechte Eigenschaft hat, so blicke nur auf die zehn guten und nicht auf die eine schlechte; hat er aber zehn schlechte und eine gute Eigenschaft, so sieh nur auf die eine gute, nicht auf die zehn schlechten. Sich nie erlauben, ein unfreundliches Wort über einen anderen zu sprechen, selbst wenn er unser Feind wäre. Alles, was wir tun, in Freundlichkeit vollbringen. Unsere Herzen von uns selbst und von der Welt lösen. Demütig sein, den anderen dienen und uns stets geringer achten als irgendeinen anderen Menschen. Zu sein wie EINE Seele in vielen Körpern, denn je mehr wir einander lieben, desto näher sind wir Gott. Daher ist zu bedenken, dass unsere Liebe, unsere Einigkeit und unser Gehorsam nicht in Worten allein, sondern in der Wirklichkeit bestehen müssen. Mit Vorsicht und Weisheit handeln, wahrhaftig sein, gastfreundlich sein, ehrerbietig sein. Ein Arzt sein für die Kranken, ein Tröster für die Betrübten, ein erquickendes Wasser für die Durstigen, ein himmlisches Mahl für die Hungrigen, ein Führer für die Irrenden, ein Stern für jeden Horizont, ein Licht für jede Lampe, ein Herold für alle, die auf das Königreich Gottes warten. ’Abdu’l-Bahá, Star of the West

4

Bahá‘u‘lláh, die Sonne der Wahrheit, ist am Horizont des Ostens aufgegangen und hat alle Regionen mit unvergängli-chem Licht und Leben überflutet. Seine Lehren verkörpern den göttlichen Geist dieses Zeitalters und sind auf diese Reifezeit im Leben der Menschheit zugeschnitten. Seine Lehren fordern:

Die Einheit der Menschenwelt Schutz und Führung durch den Heiligen Geist Alle Religionen haben eine Grundlage Religion muss die Ursache der Einheit sein Religion muss mit Wissenschaft und Vernunft übereinstimmen Unabhängige Suche nach Wahrheit Gleichwertigkeit von Mann und Frau Alle Vorurteile unter den Menschen müssen abgebaut werden Weltfrieden Weltweite, umfassende Erziehung Eine Welthilfssprache Lösung des Wirtschaftsproblems Ein internationaler Schiedsgerichtshof

Jeder wahrhaft Suchende und gerecht Beurteilende wird zugeben, dass die Lehren der heutigen Zeit, die aus rein menschlichen Quellen und menschlicher Autorität entspringen, die Ursa-che der Schwierigkeiten und der Uneinigkeit unter den Menschen, ja die Zerstörer der Menschheit sind, während die Lehren Bahá'u'lláhs das eigentliche Heilmittel der kranken Welt, die Arznei für jedes Bedürfnis und jeden Zustand darstellen. In ihnen ruhen die Erfüllung allen Sehnens und Strebens, die Ursache des Glücks der Menschheit, die belebende Kraft und Erleuchtung ihrer geistigen Fähigkeiten, der Anstoß für Fortschritt und Höherentwicklung, die Grundlage der Einheit für alle Nationen, der Urquell, der Liebe unter den Menschen, der Mittelpunkt der Übereinstimmung, das Instrument für Frieden und Einklang, das eine Band, das Ost und West vereinen wird. ’Abdu’l-Bahá, Balyuzi 1983, S. 443

5

Die Grundlagen des gesamten Wirtschaftsgeschehens sind göttlicher Natur und gehören zur Welt des Herzens und des Geistes. Strebt deshalb danach, in den Herzen Liebe zu erzeugen, damit sie glühend und strahlend werden. Wenn diese Liebe leuchtet, wird sie auch andere Herzen durchdringen, so wie dieses elektrische Licht seine Umgebung erhellt. Wenn erst die Liebe Gottes ihren festen Platz hat, wird auch alles andere verwirklicht werden. Dies ist die wahre Grundlage aller Wirtschaft. Denkt darüber nach. Bemüht euch, die Seelen anzuziehen, nicht darum, das Denken in bestimmte Bahnen zu zwingen. ’Abdu’l-Bahá, Balyuzi 1983, S. 325

Im Bahá'í-Glauben werden Künste, Wissenschaften und alle Arbeit als Gottesdienst erachtet. Ein Mensch, der etwas, sei es auch nur ein Stück Notizpapier, nach seinem besten Können herstellt und dabei bewusst alle seine Kräfte darauf richtet, es zu vervollkommnen, preist damit Gott. Kurz, alle Bemühungen und Anstrengungen, die ein Mensch macht, sofern sie von ganzem Herzen kommen und er von den höchsten Beweggründen und dem Willen dazu getrieben wird, der Menschheit zu dienen, sind Gottesdienst. Gott dienen heißt der Menschheit dienen und den Nöten der Menschen abhelfen. Dienst ist Gebet. ’Abdu’l-Bahá, Göttliche Lebenskunst 1985, S. 80

Wahrhaftigkeit ist die Grundlage aller menschlichen Tugenden. Ohne Wahrhaftigkeit sind Fortschritt und Erfolg für eine Seele in allen Welten Gottes unmöglich. Wenn ein Mensch diese heilige Eigenschaft besitzt, wird er auch alle anderen göttlichen Eigenschaften erlangen. ’Abdu’l-Bahá, Göttliche Lebenskunst 1985, S. 97