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Anomaler Zeeman-Effekt Im allgemeinen wird bei einem ¨ außeren Magnetfeld ein Aufspaltungsbild be- obachtet das sich vom normalen Zeeman-Effekt unterscheidet. Diese Aufspal- tung wird als anomaler Zeeman-Effekt bezeichnet. Der normale Zeeman-Effekt wurde ohne Ber ¨ ucksichtigung des Elektronen-Spins hergeleitet. Ohne Spin gilt μ ges = μ l = - ( μ B ¯ h ) · l . Da jedoch ein magnetische Moment durch den Spin μ s = g s · ( μ B ¯ h ) · s hinzu kommt, gilt allgemein μ ges = μ j = μ l + μ s = μ B ¯ h ( l + g s s). Hieraus folgt, daß der normale Zeeman-Effekt Systeme beschreibt, f ¨ ur deren Gesamtspin S = i s i =0 gilt. Solche Syteme haben eine gerade Anzahl von Elektronen deren Spins jeweils Paarweise antiparallel orientiert sind. Da Wasserstoff ein Einelektronensystem ist muss μ s ber ¨ ucksichtigt werden. Ohne ein

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Anomaler Zeeman-Effekt

Im allgemeinen wird bei einem außeren Magnetfeld ein Aufspaltungsbild be-obachtet das sich vom normalen Zeeman-Effekt unterscheidet. Diese Aufspal-tung wird als anomaler Zeeman-Effekt bezeichnet. Der normale Zeeman-Effektwurde ohne Berucksichtigung des Elektronen-Spins hergeleitet. Ohne Spin gilt~µges = ~µl = −

(µBh

)

· ~l. Da jedoch ein magnetische Moment durch den Spin~µs = gs ·

(µBh

)

· ~s hinzu kommt, gilt allgemein

~µges = ~µj = ~µl + ~µs =µB

h(~l + gs~s).

Hieraus folgt, daß der normale Zeeman-Effekt Systeme beschreibt, fur derenGesamtspin S =

i si = 0 gilt. Solche Syteme haben eine gerade Anzahlvon Elektronen deren Spins jeweils Paarweise antiparallel orientiert sind. DaWasserstoff ein Einelektronensystem ist muss ~µs berucksichtigt werden. Ohne ein

außeres Magnetfeld ist ~j = ~l + ~s im Coulombpotential zeitlich konstant. Da ~sjedoch um das durch die Bahnbewegung erzeugte atomare Magnetfeld prazediert,muss ~µj um die Richtung von ~j prazedieren.

Der zeitliche Mittelwert von µj ist somit die Projektion von ~µj auf ~j :

< µj >= ~µj

~j

|~j|=µB

h

(

~l ·~j|~j|

+ gs ·~s ·~j|~j|

)

.

Mit ~j = ~l + ~s folgt

< µj >= gj · µB · |~j|h,

wobei der Lande-Faktor gj definiert ist durch

gj = 1 +j(j + 1) + s(s+ 1) − l(l + 1)

2j(j + 1).

Liegt ein außeres Magnetfeld ~B = {0, 0, Bz} an kann der Gesamtdrehimpuls ~jdie Projektionen jz = mjh mit −j ≤ mj ≤ +j haben. Die z-Komponente von< µj > wird somit zu

< µj >z= −mj · gj · µB

Die zusatzliche Potenzielle Energie im Magnetfeld Emj= − < µj >z ·B fuhrt

dazu daß sich die Energieaufspaltung zweier benachbarter Zeeman-Komponentenmj und mj − 1 schreiben lasst als

∆Emj,mj−1 = gj · µB ·B.

Liegt reiner Bahnmagnetismus vor (s = 0,~j = ~l), so ist gj = 1 und man erhalt fur∆Emj,mj−1l

das Ergebnis des normalen Zeeman-Effektes. Fur reinen Spinmagne-

tismus (l = 0,~j = ~s) erhalt man ∆Emj,mj−1s= 2 · ∆Emj,mj−1l

. Im allgemeinen

Fall ist gj von j, l, (s), also dem Zustand des Systems, abhangig und kann Werte

zwischen 0 und 2 annehmen. Die Zeeman-Aufspaltung der Zustande hangt somitvom Zustand selber ab und ist nicht mehr fur alle Zustande aquidistant. Dasallgemeine Bild der Zeeman-Aufspaltung besteht daher meist aus mehr als dreiKomponenten. Im folgenden wird gj fur die Niveaus S1/2,P1/2und P3/2 berechnet :

gj(2S1/2) = 2

gj(2P1/2) = 2/3

gj(2P3/2) = 4/3.

Es ergeben sich folgende Termschemata fur die Ubergange 2P1/2 →2 S1/2 und2P3/2 →2 S1/2 :

a: 2P1/2 →2 S1/2 ; b: 2P3/2 →2 S1/2

Hyperfeinstruktur

Betrachtet man das Spektrum des Wasserstoffes mithilfe hochauflosen-der,dopplerfreier Spektroskopie, so zeigt sich, daß die Energieniveaus der Fe-instruktur nocheinmal in jeweils zwei Niveaus aufspalten. Diese Aufspaltungnennt man Hyperfeinstruktur. Unser bisheriges Modell kann diese nicht er-klaren, da in der bisherigen Herleitung der Atomkern als Punktformig mit einereinzigen Eigenschaft seiner Ladung (Z·)e und dem dazugehorigen Coulombpo-tential ψ(r) = − Ze

4πε0r angesehen wurde. Tatsachlich besitzt der Kern jedocheine Ausdehnung und kann somit einen mechanischen Drehimpuls besitzen. Volliganalog zum Elektronenspin fuhren wir diesen Drehimpuls ~I als weitere Eigenschaftdes Kernes ein und nennen ihn Kernspin. Fur seinen Betrag muss gelten

|~I| =√

I(I + 1) · h

I wird als Kernspinquantenzahl eingefuhrt. Die z-Komponente kann die Werte

Iz = mI · h

annehmen, wobei die Bedingung

−I ≤ mI ≤ +I

dazu fuhrt, daß genau (2I + 1) Werte angenommen werden konnen. Mit demKernspin ist ein magnetische Moment ~µI des Kernes verbunden. Als Einheitfuhren wir analog zum Bohrschen Magneton µB das Kernmagneton

µK =e

2mp· h = 5, 05 · 10−27JT−1

ein. Das magnetische Kernmoment lasst sich in dieser Einheit als

~µI = gI ·µK

h· ~I

schreiben. Der dimensionlose Faktor gI = γK·hµK

heißtKern-g-Faktor. Analog zur Feinstruktur betrachtenwir nun das, durch das “umlaufende” Elektron mitdem Gesamtdrehimpuls ~j, am Ort des Kernes erzeug-te Magnetfeld ~Bj. Die zusatzliche Energie durch dasKernmoment betragt

∆EHFSI,j= −~µI · ~Bj.

Fuhrt man den Gesamtdrehimpuls ~F = ~j + ~I ein, so erhalt man mit µI

∆EHFSI,j=A

2· [F (F + 1) − j(j + 1) − I(I + 1)]

wobei die Hyperfeinstrukturkonstante

A =gI · µK ·Bj√

j(j + 1),

vom Drehimpuls ~j des Elektrons abhangt. Die Ener-gieniveaus En,l,j spalten also in die Hyperfeinstruktur-komponenten

En,l,j,F = En,l,j +A

2[F (F + 1) − j(j + 1) − I(I + 1)]

auf. Das Magnetfeld Bj(0) hangt außer vom Drehimpuls ~j von der raumlichenAufenthaltswahrscheinlichkeit des Elektrons ab, die durch die Wellenfunktion

|ψn,l|2 bestimmt wird. Eine Berechnung ergibt fur S-Zustande

A =2

3µ0geµBgIµK|ψn(r = 0)|2.

Zusammen mit den fur Wasser-stoff(Protonen) experimentell bestimmtenWerten I = 1

2, gI = +5, 58 ergibt sich

fur den 1S1/2 Zustand des H-Atoms eineAufspaltung von ∆E = 5.9 · 10−6eV zwi-schen F = 1 und F = 0. Die Wellenlangedieses magnetischen Dipoluberganguber-ganges betragt λ = 21cm. Diese Liniespielt in der Radioastronomie eine wichti-ge Rolle.Zusatzlich zu dem Beitrag durch

die Wechselwirkung des magnetischen Kernmoments mit dem am Kernort von

dem Elektron erzeugten Magnetfeld gibt es einen weiteren Beitrag zu den Energi-en. Dieser lasst sich als Dipol-Dipol Wechselwirkung zwischen den magnetischenDipolmomenten von Kern und Elektron beschreiben. Fur die s-Zustande ist dieserBeitrag aufgrund der kugelsymetrischen Ladungsverteilung Null. Mit steigendeml ≥ 1 wird dieser Beitrag immer wichtiger und der erste Beitrag nimmt ab, da dermittlere “Elektronenabstand” großer wird. Bei großeren Atomen treten weitereBeitrage zur Hyperfeinstruktur auf, die durch elektrische Quadrupolmomente derKerne entstehen. Beim Wasserstoff ist das Quadrupolmoment und somit auchsein Beitrag Null.

.

Paschen-Back-Effekt

Unter dem Einfluß der inneren, durchElektron und Kern erzeugten, Magnetfel-der entstehen die Feinstruktur und dieHyperfeinstruktur der atomaren Energie-niveaus. Durch den Einfluß außerer Ma-gnetfelder splitten diese Niveaus in mehre-re Zeeman-Komponenten auf. Die Anzahlder Komponenten sowie deren Abstandehangen vom Zustand selber ab. Wird dieAufspaltung durch das außere Magnetfeldgroßer als die Hyperfeinstruktur- bzw. Feinstrukturaufspaltung, so entkoppel ~jund ~I bzw. ~l und ~s. Die Entkopplung bezeichnet man als Paschen-Back-Effekt.

Sie fuhrt dazu, daß das Aufspaltungsbild des anomalen Zeeman-Effektes zumAufspaltungsbild des normalen Zeeman-Effektes wird.

linearer Stark-Effekt

Besitzen Atome (oder Molekule) ein per-manentes elektrisches Dipolmoment ~pel sospalten sich analog zum Zeeman-Effektdie Niveaus mit dem Gesamtdrehimpuls ~Jin einem elektrischen Feld ~E in (2J + 1)Komponenten auf. Ohne außeres Feld ist~J konstant, so daß ~pel um ~J prazediert.Fur die gemittelte Komponente < pel >ergibt sich durch Projektion auf ~J

< ~pel >= |~pel| · cosβ

wobei β der Winkel zwischen ~pel und ~J ist. Mit der Projektion Kh von ~J auf die

Richtung von ~pel folgt

< ~pel >= |~pel|K

J(J + 1).

In einem elektrischen Feld ~E prazediert ~pel und mit ihm zusammen ~J um ~E. IstM · h die Projektion von ~J auf ~E ergibt sich fur die Energieverschiebung derNiveaus

∆E = − < ~pel > · ~E = −|~pel| ·K ·MJ(J + 1)

· | ~E|

Die Verschiebung ist der elektrischen Feldstarke proportional und wird daher alslinearer Stark-Effekt bezeichnet.

quadratischer Stark-Effekt

Atome die normalerweise kein elektrisches Dipolmoment besitzen erhalten durchein außeres elektrisches Feld ein induziertes elektrische Dipolmoment

~pindel = α · ~E.

Die Polarisierbarkeit α ist ein Tensor, er beschreibt die im atomfesten Systemrichtungsabhangige Polarisierbarkeit. Im allgemeinen zeigt pind

el daher nicht in die

Richtung von ~E. Die Verschiebung der Energie im elektrischen Feld ist somit

∆E = −~pindel · ~E = (α · ~E) · ~E = −|~pind

el | ·E2 · cosβ,

mit dem Winkel β zwischen ~E und ~pindel . Da diese Verschiebung proportional zu

E2 ist, nennt man sie quadratischer Stark-Effekt.

Bei wasserstoffahnlichen Atomen wurde man normalerweise kein permanenteselektrisches Dipolmoment erwarten. Die n-Entartung der Schrodinger Theoriefuhrt zu einem Mischen der Wellenfunktionen gleicher Hauptquantenzahl n aberunterschiedlicher Bahndrehimpulsquantenzahl l, so daß ein permanentes Dipol-moment entsteht. Man beobachtet also bei wasserstoffahnlichen Atomen denlinearen und nicht den erwarteten quadratischen Stark-Effekt.

Lamb-Verschiebung

Um ein Atom das elektromagnetischeStrahlung absorbieren und emittierenkann korrekt zu beschreiben muss zusatz-lich zu allen bisher vorgestellten Wech-selwirkungen seine Wechselwirkung mitdem Strahlungsfeld berucksichtigt wer-den. Diese Wechselwirkung wird durchdie Quantenelektrodynamik (QED) be-schrieben. Sie besteht darin, daß das Elek-tron im Coulombfeld des Kernes, wahrendeiner Zeit ∆t ≤ h

∆E = 1

ω, ein sogenanntesvirtuelles Photon der Energie hω absor-

bieren und wieder emittieren kann, ohne daß im Rahmen der Unscharferelationder Energiesatz verletzt wird. Der Ruckstoß dieser virtuellen Emissionen und Ab-sorptionen fuhrt in unserem bisherigen Bild vom Wasserstoffatom dazu, daß dasElektron auf seiner Bahn um den Kern eine Zitterbewegung ausfuhrt. Obwohl furden Erwartungswert der Verschiebung δr gilt

< δr >= 0,

ist der Erwartungswert von 1

r+δr

1

r + δr

6=⟨

1

r

Die Mittlere potentielle Energie Epotδrunter der Berucksichtigung von δr ist

somit von der ungestorten potentiellen Energie Epot verschieden, es gilt

< Epotδr>= −Ze2

4πε0·⟨

1

r + δr

6= −Ze2

4πε0

1

r

=< Epot > .

Die Verschiebung∆E = Epotδr

− Epot be-zeichnet man als Lamb-Verschiebung. Sie hangtvon der Aufenthaltswahr-scheinlichkeit des Elektronsim Coulombfeld des Kernesab und ist somit von n, labhangig.

Lamb-Retherford-Experiment

Der experimentelle Nachweis, des Lamb-Shifts im 22S1/2 Zustand des Was-serstoffes, gelang 1947 Willis Lamb und Robert Retherford. Die verwendeteVersuchsanordnung war folgendermaßen:In einem geheizten Wolframofen wurde Wasserstoff thermisch dissoziert. Die aus-tretenden H-Atome wurden durch eine Blende zu einem Atomstrahl kollimiert.Durch Elektronenstoße wurde in den H-Atomen des Strahls der 22S1/2 Zustand,mit einer Lebensdauer von mehr als 1s, angeregt. Nach einer kurzen Flugstrecketreffen die angeregten Atome auf ein Wolframblech, wobei sie ihre anregungsener-gie abgeben und dabei ein Elektron auslosen. Der Strom durch die ausgelostenElektronen wird gemessen. Auf der Flugstrecke durchlaufen die Atome ein Hoch-frequenzfeld, dessen Frequenz so abgestimmt wird, daß moglichst viele angeregteH-Atome durch induzierte Emission in den 22P1/2 Zustand ubergehen. Da der

22P1/2 Zustand eine Lebensdauer von τ = 2 · 10−9s hat geht er noch auf derFlugstrecke unter Emission eines Lα-Photons in den 12S1/2 Zustand uber undkann auf dem Wolframblech keine Elektronen mehr auslosen. Trifft man also mitder Frequenz des Hochfrquenzfeldes moglichst genau die Energie des Uberganges22S1/2 → 22P1/2 so wird der registrierte Strom minimal.Der von Lamb und Retherford gefundene Wert fur den Lamb-Shift des 22S1/2

Niveaus betragt ∆E = 4, 37 · 10−6eV . Er stimmt ziemlich genau mit dem ausder QED errechneten Wert von ∆Eth = 4, 3695 · 10−6eV uberein.

Versuchsaufbau Lamb-Retherford Experiment

Zusammenfassung Wasserstoffatom

Aus der einfachen Schrodingergleichung fur den Wasserstoff ergeben sich dieSpektrallinen des Bohrschen Atommodells. Das Experiment von Stern-Gerlachhat gezeigt, daß das Elektron eine Eigenschaft den Elektronenspin besitzt, diedurch die Schrodinger Theorie nicht erklart werden kann. Erweitert man dieSchrodingergleichung um einen Term der den Spin berucksichtigt so kann dieFeinstruktur welche ebenfalls experimentell gefunden wird berechnet werden. Ei-ne vollstandige Theorie die den Elektronenspin von Anfang an einschließt, wurde1928 von Paul A.M. Dirac entwickelt, anstelle der Schrodingergleichung stellteer die Dirac-Gleichung auf die außerdem relativistische Effekte berucksichtigt.Die relativistische Massenzunahme des Elektrons kann ebenfalls in der Schrodin-ger Theorie berucksichtigt werden, die n entartung wird hierduch aufgehoben.Hochauflosende dopplerfreie Spektroskopie zeigt jedoch, daß die Komponenten

der Feinstruktur jeweils aus zwei Komponenten bestehen. Diese sogenannte Hy-perfeinstruktur kann analog zur Feinstruktur durch eine Eigenschaft des Kernes,den sogenannten Kernspin, erklart werden.Berucksichtigt man nun noch den Lamb-Shift der durch die Wechselwirkung desAtoms mit seinem eigenen Strahlungsfeld erzeugt wird und durch die Quanten-elektrodynamik beschrieben wird, so konnen alle bis heute gefundenen Energie-niveaus im Spektrum des ungestorten H-Atoms erklart werden.Unter dem Einfluß außerer magnetischer und elektrischer Felder splitten die Ni-veaus des Wasserstoffs weiter auf. Der Einfluß durch magnetische Felder wirddurch den Zeeman-Effekt (normal und anomal), der Einfluß durch elektrischeFelder durch den Stark-Effekt (linear oder quadratisch) beschrieben, und ist imallgemeinen vom Systemzustand selbst abhangig.

Spektrum des H-Atoms

Korrespondenzprinzip

Um den Ubergang zwischen klassischer Physik und der Quantentheorie herzustel-len, formulierte Bohr das sogenannte Korrespondenzprinzip. Es besagt:

1. Die Aussagen der Quantentheorie uber ein atomares System mussen im Grenz-fall großer Quantenzahlen mit den Aussagen der klassischen Physik uberein-stimmen.

2. Auswahlregeln gelten fur den gesamten Bereich der Quantenzahlen, d.h. eineaus der klassischen Theorie erhaltene Auswahlregel (fur große Quantenzahlen)muss auch in der Quantentheorie fur den Grenzfall kleiner QuantenzahlenGultigkeit behalten

Beispiel fur das Korrespondenzprinzip

Nach der klassischen Elektrodynamik wurde ein Elektron auf seiner BohrschenBahn, Licht der Frequenz νkl welche seiner Umlauffrequenz entspricht emittieren.

νkl =v

2πr=

m · Z2e4

4ε20 · n3 · h3

Die Quantentheorie sagt h · νQM = ∆E, es folgt

νQM =m · Z2 · e4

8ε20h3

(

1

n2i

− 1

n2k

)

νQM =m · Z2 · e4

4ε20h3

· 1

2

(nk + ni) · (nk − ni)

n2i · n2

k

Fur große Quantenzahlen n und kleine Quantensprunge ∆n geht νQM uber in

νQM =m · Z2e4

4ε20 · n3 · h3· ∆n.

Fur ∆n = 1 erhalt man also die klassisch berechnete Frequenz. Vergleich mandie Abweichung zwischen klassischer und quantentheoretischer Rechnung beisteigendem n und ∆n = 1, so ergibt sich bei n = 5 eine Abweichung von 29%,bei n = 100 von 1, 5% und bei n = 10000 von 0, 015%.

Wie groß ist ein Elektron?

Uber die Eigenschaften des Elektrons wissen wir bisher folgendes:

1. me = 9, 1 · 10−31kg

2. e = −1, 6 · 10−19C

3. |~s| =√

3

2· h. ~s kann mathematisch wie ein Drehimpuls behandelt werden.

4. ~µs = γ · ~s = gs · µB · ~es

5. re =?

In einem vereinfachenden klassischen Modell nimmt man an, daß me und e sichgleichmaßig uber das Volumen einer Kugel mit dem Radius re verteilen. Unterder Annahme, daß die elektrostatische Energie der Ruheenergie des Elektronsentspricht ergibt sich:

re =e2

4πε0mec2= 2, 8 · 10−15m.

Nimmt man weiterhin an, daß die Kugel mit einer Winkelgeschwindigkeit ω rotiert,so kann man µs aus dem resultierenden Kreisstrom berechnen. Ein Vergleich mitdem experimentel bestatigten Wert µs = 2 · µB fuhrt zu einer aquatorialenUmlaufgeschwindigkeit

v = ω · re > 1011m/s� c,

ein offensichtlich sinnloses Ergebnis. Ahnlich verhalt es sich fur den Fall, daß

man ~s als mechanischen Eigendrehimpuls der isotropen Masse me interpretiert. ~skann mithilfe des Tragheitsmoments einer Kugel berechnet werden. Durch einen

Vergleich mit dem Wert |~s| =√

3

2· h folgt

v = ω · re > 1010m/s� c.

Wiederum ein offensichtlich falsches Ergebnis. Aus Elektron-Elektron-Streuexperimenten ergibt sich die Gultigkeit des Coulombgesetzes bis hinunterzu Abstanden r < 10−16m. Die gesamte Ladung des Elektrons muss also aufein Volumen mit r < 10−16m konzentriert sein. In unserem Modell wurde dieUmlaufgeschwindigkeit hierdurch noch weiter erhoht werden.Tatsachlich gibt es bislang kein uberzeugendes in sich konsistentes Modell desElektrons. Alles deutet darauf hin daß das Elektron als punktformiges Teilchenbehandelt werden kann dessen Ruheenergie seiner Feldenergie aquivalent ist. DerSpin kann als weitere Eigenschaft des Elektrons angesehen werden, die nur formal

den selben Rechenregeln wie ein Drehimpuls gehorcht.

Das Heliumatom

Nachdem wir die Spektren von Einelektronensystemen beschreiben konnen, wen-den wir uns dem einfachsten Mehrelektronensystem dem He-Atom zu. Es gilt:

1. mKHe≈ 4mKH

2. Z = 2

3. Helium besitzt zwei Elektronen

Wie beim Wasserstoff gehen wir zum Schwer-punktsystem uber. Der Zustand der Elektronen

wird durch die Wellenfunktion ψ(~r1, ~r2) beschrieben. Fur die potentielle Energiegilt

Epot = − e2

4πε0

(

Z

r1+Z

r2− 1

r12

)

.

Der Operator der kinetischen Energie wird zu

Ekin = − h

2µ(∆1~r1 + ∆2~r2)

mit der reduzierten Masse

µ =me ·mK

me +mK.

Da mK > 7300me setzen wir

µ = me = m

und erhalten so die Schrodingergleichung fur das Heliumatom

− h2

2m∆1ψ(~r1, ~r2) −

h2

2m∆2ψ(~r1, ~r2) +Epotψ(~r1, ~r2) = Eψ(~r1, ~r2).

Der Wechselwirkungsterm der beiden Elektronen in der Potentiellen Energiefuhrt dazu daß das Potential nicht mehr Kugelsymmetrisch ist, sondern vomWinkel α zwischen ~r1 und ~r2 abhangt. Anders als beim H-Atom kann man dieSchrodingergleichung nicht mehr analytisch Losen, da die Wellenfunktion nichtmehr in einen Radialanteil und einen Winkelanteil separiert werden kann.

Naherungsmodelle

In einer ersten Naherung vernachlassigen wir die Elektronen-Elektronen Wechsel-wirkung in der potentiellen Energie und machen einen Produktansatz

Ψ(~r1, ~r2) = ψ1(~r1) · ψ2(~r2).

Die Schrodingergleichung geht dann in zwei dem Wasserstoff identische Gleichun-gen fur die beiden voneinander unabhangigen Elektronen uber. Sie lassen sichschreiben als:

h2

2m∆iψi(~ri) −

e2

4πε0

Z

riψi(~ri) = Eiψi(~ri).

Die Losungen der Gleichungen sind identisch mit denen des Wasserstoffatoms.

Fur die Energie des Heliums im Grundzustand n = 1 fur beide Elektronen folgt

EHe = −2Z2 · EH = −108, 8eV.

Die experimentell bestimmte Ionisationsenergie von He++ betragt jedoch nurEexp = 78, 93eV . Durch unsere Naherung haben wir also einen Fehler von ≈ 40%gemacht.

In einer zweiten Naherung berucksichtigen wir, daß sich die Elektronen in einemPotential bewegen das sich aus dem Coulombpotential des Kernes und dem deszeitlich gemittelten kugelsymmetrischen Potentials des zweiten Elektrons zusam-mensetzt. Das zweite Elektron schirmt das Coulombfeld des Kernes teilweise ab,so daß das effektive Potential durch eine effektive Kernladung von (Z − S) · eerzeugt wird. S wird als Abschirmungskonstante bezeichnet. Fur S = 1, waseiner vollstandigen Abschirmung durch ein Elektron entspricht, erhalten wir furdas eine Elektron eine Bindungsenergie von EHe1

= −EH. Fur das zweite unab-geschirmte Elektron ergibt sich EHe2

= −Z2EH was zu einer Ionisationsenergievon

EHe = −EH − Z2EH = −67, 5eV

fuhrt. Der Fehler betragt also nur noch ≈ 15%. Den experimentellen Wert EHe =78, 983eV erhalt man unter der Annahme daß nur ein Elektron abgeschirmt wirdbei S = 0, 656. Unter der Annahme daß sich beide Elektronen gleichermaßenabschirmen erhalten wir fur beide einen Wert von S = 0, 298. Es werden also

≈ 15% der Kernladung abgeschirmt.

Symmetrie der Wellenfunktion

Betrachtet man den Produktansatz

Ψ(~r1, ~r2) = ψ1(~r1) · ψ2(~r2),

so hangen die beiden beiden Separations-anteile ψ1 und ψ2 von den Quantenzahlena = (n1, l1,m1) und b = (n2, l2,m2) ab.W (a, b) = |Ψab|2 beschreibt die Wahrschein-lichkeit daß der Atomzustand (a,b) realisiertist. Da die Elektronen ununterscheidbar sindmuss gelten:

W (a, b) = W (b, a)

Mit

Ψab = ψ1a · ψ2b

und

Ψba = ψ2a · ψ1b

folgt somit

|Ψab|2 = |Ψba|2 ⇒ Ψab = eiϕΨba

Aus der Ununterscheidbarkeit der beiden Elektronen ergibt sich also, daß sichnach einer Vertauschung der beiden Teilchen die beiden Wellenfunktionen nurum eine Faktor eiϕ unterscheiden durfen. Da nach einer zweite Vertauschungdaß System wieder in den urspunglichen Zustand zuruckkehren muss, kann ϕentweder 0 oder π sein. Die Quantenmechanische Berechnung der Vertauschungzweier identischer Teilchen durch den Vertauschungsoperator Pik zeigt, daß unser

Produktansatz dieser Relation nicht genugt. Der symmetrische Ansatz

Ψs =1√2

[

ψ1a · ψ2b+ ψ2a · ψ1b

]

fur den gilt PabΨs = Ψs und der antisymmetrische Ansatz

Ψa =1√2

[

ψ1a · ψ2b− ψ2a · ψ1b

]

fur den gilt PabΨa = −Ψa, genugen der Vertauschungsrelation. Das Produkt

gleicher Zustande, z.B. Ψaa genugt ebenfalls der Vertauschungsrelation. Hiermitfolgt fur den Fall daß sich beide Elektronen im selben Zustand befinfen, daß

Ψa ≡ 0.

In diesem Fall beschreibt Ψs das System.

Berucksichtigung des Elektronenspins

Bisher haben wir den Elektronen Spin vernachlassigt. Beim Wasserstoffatom hatsich gezeigt, daß der Spin jedoch unbedingt berucksichtigt werden muss um dieZustande eine Systems korrekt zu beschreiben.Fur den Spin eines Elektrons gilt :

1. |~s| =√

s(s+ 1) · h

2. s = 1

2

3. < sz >= ms · h mit ms = ±1

2

Wir fuhren nun die Spinfunktionen χ+ und χ− ein, welche die beiden Spinein-stellungen ms = +1

2und ms = −1

2beschreiben ein. Die genaue mathematische

Form der Funktionen geht in unsere Uberlegungen nicht weiter ein. Die Zustandein denen der Spin beider Elektronen parallel ist konnen wir schreiben als

χI = χ+1 · χ+

2 ,

χII = χ−

1 · χ−

2 .

Die beiden Zustande (χ+1 , χ

2 ) und (χ+2 , χ

1 ) mit antiparallelen Spin konnen alsidentisch angesehen werden. Analog zur Wellenfunktion finden wir eine symme-trische Spinfunktion

χIII =1√2

[

χ+1 · χ−

2 + χ+2 · χ−

1

]

und eine antisymmetrische Spinfunktion

χIV =1√2

[

χ+1 · χ−

2 − χ+2 · χ−

1

]

.

Jetzt fuhren wir den Gesamtspin des Sy-stems als ~S = ~s1 + ~s2 mit |~S| =√

S(S + 1) · h und die Gesamtspinquan-

tenzahl S ein. Die Projektion von ~Swird durch MS = ms1

+ ms2beschrie-

ben.Fur die verschiedenen Spinfunktionen gilt:

χI : S = 1,MS = +1

χII : S = 1,MS = −1

χIII : S = 1,MS = 0

χIV : S = 0,Ms = 0

Da der Spin fur S = 1 genau drei mogliche Einstellungmoglichkeiten besitzt,nennen wir dies einen Triplett-Zustand. Entsprechend nennen wir den einenZustand mit S = 0 einen Singulett-Zustand.Unsere Gesamtwellenfunktion konnen wir nun schreiben als

Ψges = Ψab · χspin(S,MS).

Ein Zustand des Systems wird durch die Quantenzahlen (n1, l1,ml1, n2, l2,ml2, S,MS)eindeutig beschrieben.

Das Pauliprinzip

Fur das Produkt von zwei Funktionen gilt:

antisymmetrisch ∗ antisymmetrisch = symmetrisch

antisymmetrisch ∗ symmetrisch = antisymmetrisch

symmetrisch ∗ symmetrisch = symmetrisch

Unsere Gesamtwellenfunktion kann also prinzipiell symmetrische und antisymme-trische Zustande annehmen. Tatsachlich beobachtet man jedoch in den Spektrenaller Atome ausschließlich Atomzustande deren Gesamtwellenfunktionen antisym-metrisch gegen die Vertauschung von zwei Elektronen sind! Hieraus ergibt sichdaß vom Nobelpreistrager Wolfgang Pauli 1925 aufgestellte Postulat :

Die Gesamtwellenfunktion eines Systems mit mehreren Elektro-nen(Fermionen) ist immer antisymmetrisch gegen Vertauschung zweierElektronen(Fermionen).Dieses Postulat wird als Pauliprinzip bezeichnet. Bis zum heutigen Tag wurdekeine Ausnahme zu diesem Prinzip gefunden.Aus unserer Gesamtwellenfunktion ergibt sich durch das Pauliprinzip folgendes:Wenn sich beide Elektronen im gleichen Zustand a = b befinden, ist Ψab wie wirbereits gesehen haben symmetrisch. D.h. die Spinfunktion muss antisymmetrischsein. Nur χIV weist diese Eigenschaft auf. Es folgt daß der Gesamtspin desSystems Null sein muss. Verallgemeinert bedeutet dies, daß jeder Zustand mitden raumliche Quantenzahlen n, l,m von genau zwei Elektronen eingenommenwerden kann, deren Spins antiparallel sind und sich zu S = 0 addieren.Man kann daher das Pauliprinzip auch folgendermaßen formulieren:Ein durch die vier Quantenzahlen (n, l,ml,ms) vollstandig beschriebenerZustand eines Atoms kann hochsten von einem Elektron besetzt werden.