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:antifaschistische Nr. 3 nachrichten www.antifaschistische-nachrichten.de g 3336 10.2.2005 21. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤ Inhalt: Deutsche Partei kopflos . . . . . . . . . . . 3 „Netzwerk gegen Vertreibungen“ gegründet . . . . . . . . . 7 FN-Anhänger prügeln Studeten . . . . 10 Rückzug von Marine Le Pen? . . . . . . 10 Aktionen der Friedensbwegung im Februar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Die anhaltende Debatte über ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD ist überwiegend von Skepsis geprägt. „Wenn ein erneuter Antrag scheitern würde, wäre dies ein Desaster“, erklärte der Sprecher des Bundesinnen- ministeriums, Rainer Lingenthal. Diesen Triumph wolle man der NPD nicht gön- nen. Ähnlich äußerten sich zahlreiche Politiker aller Bundestagsfraktionen wie Wolfgang Bosbach (CDU), Günther Beckstein (CSU), Cornelie Sonntag-Wol- gast (SPD), Volker Beck (Grüne) oder Wolfgang Gerhardt (FDP). Der Präsident des Bundesverfassungs- gerichts, Hans Jürgen Papier, und sein Stellvertreter Winfried Hassemer hatten zuvor darauf hingewiesen, dass es weiter die Chance auf ein NPD-Verbot gebe, da der erste Prozess nur aus formalen Grün- den eingestellt worden sei. Darin sah der innenpolitische Sprecher der SPD- Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, einen „Wink mit dem Zaunpfahl“. Die Vorsitzende des Bundestagsinnenaus- schusses, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), plädierte für die politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung. „Hände weg von einer Neuauflage des NPD-Verbotsantrags, so gern wir alle diese Partei auch in den Orkus schicken würden“, mahnte sie. Die Aussicht auf eine Einleitung des Verfahrens in Karls- ruhe wäre gering. In Wahrheit würde ein neues Verbots- verfahren voraussetzen, dass der Verfas- sungsschutz seine Leute bei der NPD ab- schaltet. Schily, Beckstein und andere Innenminister haben jedoch wiederholt erklärt, dass sie dazu keinesfalls bereit sind. Solange der Verfassungsschutz so tief in der rechtsextremen Partei drinsteckt wie bisher, kann man sich den Gang nach Karlsruhe sparen. Diese Verstrickung von Inlandsgeheimdienst und Neonazis war ja der Hauptgrund für das Scheitern des Verbotsantrags. Zudem braucht man für ein Verbot im zuständigen Senat des Bundesverfassungsgerichts eine Zwei- Drittel-Mehrheit, also mindestens 6:2 Stimmen. Schon eine Minderheit von drei Richtern kann den Erfolg eines Ver- fahrens blockieren. Dieses Risiko ist also bei Parteiverbotsverfahren höher als bei anderen Verfassungsklagen. Ulla Jelpke, junge welt 1.2.2005 Keiner will die V-Leute abschalten Allgemeine Skepsis gegenüber neuem NPD-Verbotsverfahren Erneuter Prozess Bad Oeynhausen/Vlotho. Die Zeitschrift „Stimme des Gewis- sens“ des „Collegium Humanum e.V.“ in Vlotho mobilisiert erneut ihre Anhänger zu einem Gerichtstermin beim Amtsgericht in Bad Qeynhausen. Nach- dem Schriftleiter Ernst Otto Cohrs und Ursula Haverbeck erst vor kurzem wegen „Volksverhetzung“ verurteilt wur- den, steht nun am 22. März um 12 Uhr ein weiterer Prozess wegen „Volksver- hetzung“ auf Grund eines Artikels in der Hauszeitschrift des Vereins an. Organi- siert sind Cohrs und Haverbeck im „Ver- ein zur Rehabilitierung der wegen Be- streitens des Holocaust Verfolgten“ (VRBHV). Unterdessen hat der selbsternannte „Nationalanarchist“ Peter Töpfer aus Berlin ein Komitee „Freiheit für Horst Mahler“ gegründet. Der war im Januar ebenfalls wegen „Volksverhetzung“ ver- urteilt worden und soll nun für neun Mo- nate ins Gefängnis. Das „Komitee“ sam- melt jetzt Spenden, um Mahler einen Ju- risten zu finanzieren, der ihn in einem Revisionsverfahren vertreten soll. hma Helau junge Preußen! Düren. Der „Bund Junges Ost- preußen“, der verbandsanerkannte Nachwuchs der Landsmannschaft Ostpreußen, mit Sitz in der Hamburger Parkallee 84-86, berichtet in einer Pres- semitteilung, dass das Präsidium des Festkomitees Dürener Karneval den BJO offiziell von der Teilnahme am Karne- valsumzug ausgeladen hat. Das Festko- mitee sah sich zu diesem Schritt gezwun- gen, nachdem Antifa-Gruppen mit „Kon- sequenzen“ gedroht hatten, falls sich die als Elche kostümierten BJOler an dem karnevalistischen Sonntagsumzug betei- ligen sollten. In Viersen hingegen waren die „Elche“ ausdrücklich eingeladen worden. kun Protest gegen Naziaufmärsche in Kiel und Leverkusen am 29.1. – Berichte Seite 4 und 5

:antifaschistische Nr.3 nachrichten · nalistischen Front, Meinolf Schönborn, anwesend und spielte eine aktive Rolle. Ge-meinsam mit einem „Kamera-den“ vertrieb er bei der Veran-

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:antifaschistische Nr.3nachrichten www.antifaschistische-nachrichten.de

g 3336 10.2.2005 21. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤

Inhalt:Deutsche Partei kopflos . . . . . . . . . . . 3„Netzwerk gegen Vertreibungen“ gegründet . . . . . . . . . 7FN-Anhänger prügeln Studeten . . . . 10Rückzug von Marine Le Pen? . . . . . . 10Aktionen der Friedensbwegung im Februar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

Die anhaltende Debatte über einneues Verbotsverfahren gegen dieNPD ist überwiegend von Skepsis

geprägt. „Wenn ein erneuter Antragscheitern würde, wäre dies ein Desaster“,erklärte der Sprecher des Bundesinnen-ministeriums, Rainer Lingenthal. DiesenTriumph wolle man der NPD nicht gön-nen. Ähnlich äußerten sich zahlreichePolitiker aller Bundestagsfraktionen wieWolfgang Bosbach (CDU), GüntherBeckstein (CSU), Cornelie Sonntag-Wol-gast (SPD), Volker Beck (Grüne) oderWolfgang Gerhardt (FDP).

Der Präsident des Bundesverfassungs-gerichts, Hans Jürgen Papier, und seinStellvertreter Winfried Hassemer hattenzuvor darauf hingewiesen, dass es weiterdie Chance auf ein NPD-Verbot gebe, dader erste Prozess nur aus formalen Grün-den eingestellt worden sei. Darin sah derinnenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz,einen „Wink mit dem Zaunpfahl“. DieVorsitzende des Bundestagsinnenaus-schusses, Cornelie Sonntag-Wolgast(SPD), plädierte für die politische undgesellschaftliche Auseinandersetzung.„Hände weg von einer Neuauflage des

NPD-Verbotsantrags, so gern wir allediese Partei auch in den Orkus schickenwürden“, mahnte sie. Die Aussicht aufeine Einleitung des Verfahrens in Karls-ruhe wäre gering.

In Wahrheit würde ein neues Verbots-verfahren voraussetzen, dass der Verfas-sungsschutz seine Leute bei der NPD ab-schaltet. Schily, Beckstein und andereInnenminister haben jedoch wiederholterklärt, dass sie dazu keinesfalls bereitsind.

Solange der Verfassungsschutz so tiefin der rechtsextremen Partei drinstecktwie bisher, kann man sich den Gang nachKarlsruhe sparen. Diese Verstrickung vonInlandsgeheimdienst und Neonazis warja der Hauptgrund für das Scheitern desVerbotsantrags. Zudem braucht man fürein Verbot im zuständigen Senat desBundesverfassungsgerichts eine Zwei-Drittel-Mehrheit, also mindestens 6:2Stimmen. Schon eine Minderheit vondrei Richtern kann den Erfolg eines Ver-fahrens blockieren. Dieses Risiko ist alsobei Parteiverbotsverfahren höher als beianderen Verfassungsklagen.

Ulla Jelpke,junge welt 1.2.2005 ■

Keiner will die V-LeuteabschaltenAllgemeine Skepsis gegenüber neuem NPD-Verbotsverfahren

Erneuter ProzessBad Oeynhausen/Vlotho. DieZeitschrift „Stimme des Gewis-sens“ des „Collegium Humanum

e.V.“ in Vlotho mobilisiert erneut ihreAnhänger zu einem Gerichtstermin beimAmtsgericht in Bad Qeynhausen. Nach-dem Schriftleiter Ernst Otto Cohrs undUrsula Haverbeck erst vor kurzemwegen „Volksverhetzung“ verurteilt wur-den, steht nun am 22. März um 12 Uhrein weiterer Prozess wegen „Volksver-hetzung“ auf Grund eines Artikels in derHauszeitschrift des Vereins an. Organi-siert sind Cohrs und Haverbeck im „Ver-ein zur Rehabilitierung der wegen Be-streitens des Holocaust Verfolgten“(VRBHV).

Unterdessen hat der selbsternannte„Nationalanarchist“ Peter Töpfer ausBerlin ein Komitee „Freiheit für HorstMahler“ gegründet. Der war im Januarebenfalls wegen „Volksverhetzung“ ver-urteilt worden und soll nun für neun Mo-nate ins Gefängnis. Das „Komitee“ sam-melt jetzt Spenden, um Mahler einen Ju-risten zu finanzieren, der ihn in einemRevisionsverfahren vertreten soll.

hma ■

Helau junge Preußen!Düren. Der „Bund Junges Ost-preußen“, der verbandsanerkannteNachwuchs der Landsmannschaft

Ostpreußen, mit Sitz in der HamburgerParkallee 84-86, berichtet in einer Pres-semitteilung, dass das Präsidium desFestkomitees Dürener Karneval den BJOoffiziell von der Teilnahme am Karne-valsumzug ausgeladen hat. Das Festko-mitee sah sich zu diesem Schritt gezwun-gen, nachdem Antifa-Gruppen mit „Kon-sequenzen“ gedroht hatten, falls sich dieals Elche kostümierten BJOler an demkarnevalistischen Sonntagsumzug betei-ligen sollten.

In Viersen hingegen waren die „Elche“ausdrücklich eingeladen worden.

kun ■

Protest gegen Naziaufmärsche in Kiel und Leverkusen am 29.1. – Berichte Seite 4 und 5

:antifaschistische nachrichten 3-20052

:meldungen, aktionen

Keine Ehrung für Volksver-hetzerDüsseldorf. Nach massiven Protestensagte Düsseldorfs Oberbürgermeister Jo-achim Erwin (CDU) eine Veranstaltungab, auf der der Stadtrat der Düsseldorfer„Republikaner“, Jürgen Krüger, als„sichtbarer Ausdruck des Dankes für dielangjährige Mitarbeit in zwei Bezirks-vertretungen“ eine Ehrennadel ausge-händigt werden sollte. Der bei den Stadt-werken beschäftigte Krüger war wenigeTage zuvor wegen „Volksverhetzung“ zueiner Geldstrafe über 2000 Euro verur-teilt worden. Krüger hatte in der Bezirks-vertretung Stadtmitte geäußert: „Wenndas so weiter geht, haben wir irgend-wann mehr Mahn- und Gedenkstätten inDeutschland als ermordete Juden“. Gehtes nach CDU und FDP soll die Vergabestädtischer Ehrenauszeichnungen künftigvom „Verfassungsschutz“ abhängen.

Die wollen in einem Antragsentwurfkünftig keine Ehrenauszeichnungenmehr an Personen vergeben, „die einervom Verfassungsschutz beobachtetenPartei / Gruppierung“ angehören. Damithätte man missliebige Linke gleich mitin den Sack gepackt. Dabei wäre es einleichtes, jemandem eine Auszeichnungmit einer Stadtratsmehrheit von 75%wieder abzuerkennen, wenn dieser sichunwürdig verhalten hat. Denn dieseMöglichkeit lässt die derzeitige „Satzungüber Ehrenauszeichnungen“ durchauszu. hma ■

Seminar des „Collegium Humanum“Vlotho. Rund vierzig Perso-nen haben am Wochenende 28.-30. Januar an einem Seminarzur „Entstehung und Bedeu-tung des Christentums inMitteleuropa“ teilgenommen.Neben Horst Mahler (mit demoriginellen Titel: „Hat dasChristentum Macht über dieGermanen errungen, weil dieseso dumm sind, oder liegt imChristentum eine Wahrheit, dieerst die Germanen begriffen ha-ben?“) und dem ehemaligenSchweizer Waldorf-LehrerBernhard Schaub („Das Chris-tentum ist dadurch geadelt, dassdie Deutschen es erfasst ha-ben“) war wiederum auch derfrühere Vorsitzende der Natio-nalistischen Front, MeinolfSchönborn, anwesend undspielte eine aktive Rolle. Ge-meinsam mit einem „Kamera-den“ vertrieb er bei der Veran-staltung Produkte seines „Z-Versandes“. Erwähnungswert

weiterhin ein anthroposophischer Arzt,Thomas Meister, der früher in Köln lebteund jetzt in Kassel praktiziert sowie deraus der Gegend um Oldenburg in Nieder-sachsen kommende Verschwörungstheo-retiker Werner Altnickel. Altnickel wur-de 1997 der Deutsche Solarpreis verlie-hen. Nach Eigenangaben ist er seit 20Jahren bei Greenpeace. Jean Crement ■

Ludendorffer in Dorfmark

Fallingbostel. Die Anhänger des„Bund für Gotterkenntnis“ (Ludendorffe.V.) (BfG) führen aus Anlass des 140.Geburtstages des Generals Erich Luden-dorff vom 25. bis 28. März eine „Osterta-gung“ in Fallingbostel-Dorfmark durch.Geplant sind neben Vorträgen u.a. zumThema „Multikulturelle Gesellschaft –Bereicherung oder Gefährdung?“ auchzwei „Volkstumsabende“, die im Hotel„Deutsches Haus“ und in der „Post“stattfinden sollen. Anmeldungen zu die-ser Tagung nimmt ein Wolfgang Ratz ausWalsrode entgegen, der in der Vergan-genheit schon BfG-Jugendtreffen organi-siert hatte.

Erich Ludendorff (1865-1937) nahm1923 am gescheiterten Hitler-Putsch inMünchen teil. 1925 kandidierte er für dieNSDAP für das Amt des Reichspräsiden-ten. Ab 1930 leitete er die deutschgläubi-ge Religionsgemeinschaft „Deutsch-volk“, die später in „Bund für deutscheGotterkenntnis (L)“ umbenannt wurdeund von Hitler als Religionsgemein-schaft anerkannt wurde. LudendorffsFrau Mathilde veröffentlichte zahlreiche

Bücher, in denen es von antisemitischenVerschwörungstheorien nur so wimmelt.Nach der Befreiung vom Faschismus re-organisierten sich die Ludendorff-An-hänger wieder und traten ab 1951 wiederöffentlich auf. 1961 wurde der BfG als„verfassungsfeindlich“ verboten. Einbayerisches Gericht hob 1977 das Verbotwegen „Verfahrensfehlern“ wieder auf.Der BfG führt Veranstaltungen und Ta-gungen durch, organisiert Jugendtreffenund Sonnenwendfeiern und gibt die Zeit-schrift „Mensch und Maß“ heraus.

hma ■

Kampf „ums Überleben“

Bonn. Der „Verband deutscher Solda-ten“ (VdS) kämpft „ums Überleben“, soder VdS-Ehrenvorsitzende Dr. JürgenSchreiber, Generalmajor a.D., in einemAufruf in der Dezember-Ausgabe derVerbandszeitschrift „Soldat im Volk“.Nun komme „es darauf an, den unsfeindlich Gesonnenen die Stirn zu bie-ten“. „Nichts wäre falscher als die Mei-nung, durch Abspaltungen und Ver-bands-separatismus etwas retten zu kön-nen“, so Schreiber, dessen Bücher u.a.von den extrem rechten Verlagen „Druf-fel“ und „Vowinckel“ herausgegebenwurden. In der Tat scheint es im VdSnach dem ausgesprochenen Kontaktver-bot des Bundesverteidigungsministeri-ums wegen eines abgedruckten Artikelseines Neonazis aus den USA im Ver-bandsorgan heftig zu kriseln. Der Lan-desverband Bremen hat sich aufgelöstund der Landesvorstand in Nordrhein-Westfalen hat beschlossen, „den Bezugvon „Soldat im Volk“ ab 1. Januar 2005für seinen Bereich einzustellen“. Nunbieten die Bundesgeschäftsstelle desVdS und der Bundesvorsitzende MaxKlaar, zugleich Stiftungsrat der „Tradi-tionsgemein-schaft Potsdamer Glocken-spiel“, allen bisherigen Beziehern inNRW an, die Zeitschrift separat zu abon-nieren, damit der VdS nicht „noch mehrSchaden durch die momentane zeitgeisti-ge Strömung hinnehmen muß“. Insge-heim scheint man in der VdS-Spitzenoch Hoffnung auf ein Ende der Eiszeitzu haben. So sei es dem VdS-Bundesvor-sitzenden gelungen, „auf dem Wege der„leisen Diplomatie“ wenigstens „einenkleinen Hoffnungsschimmer in Richtungder Aufhebung des Kontaktverbotes zuerreichen“, verlautete es von einerBundesvorstandssitzung im Novembervergangenen Jahres. Autoren der Dezem-ber-Ausgabe des „Soldat im Volk“ sindu.a. Generalmajor a.D. Gerd Schultze-Rhonhof, Referent u.a. bei diversen Bur-schenschaften und der „Deutschen Par-tei“ und Götz Eberbach, auch Autor inder neofaschistischen Zeitschrift „Nationund Europa“. Abgedruckt werden auchwieder einige Texte aus der „JungenFreiheit“. hma ■

NPD – braunes Sammelbecken für zerstrittene Rechte?Nazis sehen Chance sich zu etablieren– Was ist zu tun!

Diskussion mit:

Prof. Wolfgang DreßenLeiter der Arbeitsstelle Neonazismus an der Fachhochschule Düsseldorf

Dr. Volker KülowMitglied des Sächsischen Landtages und Kulturpolitischer Sprecher der PDS-Fraktion

Samstag 19. Februar 2005 um 14.00 UhrKöln, Bürgerzentrum Alte FeuerwacheMelchiorstr. 3, Kleines ForumVeranstalter: Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichtenin Zusammenarbeit mit dem FördervereinInfos: Tel. 0221-21 16 58

:antifaschistische nachrichten 3-2005 3

Wolfgang Venohr ist totBerlin. Wolfgang Venohr ist im Altervon 79 Jahren am 26. Januar nach länge-rer Krankheit gestorben. Zuletzt war ernoch als Autor und Förderer der extremrechten „Jungen Freiheit“ in Erschei-nung getreten. Im gleichen Zeitraum,also Anfang der 90er Jahre, war VenohrMitglied der „Unabhängigen ÖkologenDeutschlands“. Davor publizierte Venohrin verschiedenen rechts-neutralistischenZeitschriften, so Anfang der 60er Jahrein „Neue Politik“ und in den 70er Jahrenin „wir selbst“. Ein weiterer Schwer-punkt lag im Auffinden und Berufen aufdie preußischen Traditionen Deutsch-lands. Seine wichtigste Wirkungszeit lagin den 80er Jahren, wo er mit mehrerenEigenveröffentlichungen und Sammel-bänden entscheidend zur sogenannten„Deutschlanddiskussion“ im national-konservativen und nationalrevolutionä-ren Lager beitrug. kun ■

Holocaust-Leugnung sollstraffrei werdenSlowakei. Die Jüdische Gemeinde inder Slowakischen Republik hat einen of-fiziellen Protest an die Regierung gerich-tet wegen Plänen des Justizministeriums,die Strafbarkeit der Leugnung des Holo-caust aufzuheben. Dieser Plan soll imFebruar im Rahmen einer umfassendenReform des Strafrechts umgesetzt wer-den. Der Sprecher des Justizministeri-ums verlautbarte, das geltende Verbotstehe im Widerspruch zur Meinungsfrei-heit. Der Sprecher der Jüdischen Ge-meinde dazu: „Wenn man den Leuten ineinem Land, in dem die meisten Men-schen noch nicht einmal wissen, was derHolocaust ist, gestattet, die Ideen derHolocaust-Leugner zu verbreiten, be-schwört man Ärger herauf.“ Widerstandgegen das Vorhaben gibt es nicht nur beiden Nachfolgern der KommunistischenPartei, sondern auch innerhalb der Re-gierungskoalition. jc ■

„Helden“kult

Spanien. Am 16. Januar fand im spani-schen Majadahonda die traditionelle Ge-denkfeier spanischer Faschisten für dierumänischen Funktionäre der histori-schen Eisernen Garde, Ion Mota und Va-sile Marin, statt. Beide waren als Frei-willige auf franquistischer Seite währenddes Bürgerkrieges gefallen und werdenseither von den spanischen Faschisten alsMärtyrer verehrt. Der Führer der heuti-gen, wieder belebten rumänischen Eiser-nen Garde, Nicolás Rosca, verwies er-wartungsgemäß auf die „christlichen undpatriotischen Ideale“ der beiden Freiwil-ligen für den Faschismus. Außerdem wa-ren aus Rumänien Vertreter der NouaDreapta („Neue Rechte“) angereist, die

Dem eigenen Anspruch nach soll-te das Brucker Neujahrstreffen das„nationale und freiheitliche“ La-

ger in München zusammenführen. Fak-tisch verkam die parteiübergreifendeSaalveranstaltung am vergangenenSonntag vor dreihundert Besuchern undeinem ZDF-Kamerateam zu einer Beer-digungsfeier für den parteiförmigen Na-tionalliberalismus. Mit dieser Selbstbe-zeichnung kennzeichnen sich jeneGrenzgänger am rechten Rand, die füreinen autoritären, restriktiven Ordnungs-staat sowie eine von jeglicher Beschrän-kung freie Marktwirtschaft eintreten.

„Heiner Kappel wird imWege der sofortigen Ord-nungsmaßnahme seiner Äm-ter enthoben“. Mit die-ser Erklärung demon-tierte die neue Führungder Deutschen Partei(DP) ihren einstigen Vor-sitzenden. Damit nichtgenug, der einstige FDP-Abgeordnete wurdenicht nur abgewählt,sondern per einstimmi-gem Beschluss desBundesvorstandes „allerÄmter enthoben“. DemBeschluss haben sichlaut Informationen ei-nes Insiders auch dieanwesenden Landesvorsitzenden aus 5Bundesländern angeschlossen. Gegenden EX-Chef wurde außerdem ein Par-teiausschlussverfahren eingeleitet. Biszum nächsten Parteitag führen die dreiehemaligen Stellvertreterinnen ClaudiaWiechmann, Ulrich Pätzold und Eber-hard Lehmann die Parteigeschäfte.

Nach dem Affront soll Kappel dasHandtuch geworfen haben. Unbestätig-ten Meldungen zufolge wolle er sich ausder Politik verabschieden und auf seinLandgut in Frankreich zurückziehen.

Dem Beschluss vorausgegangen wa-ren monatelange Querelen über die poli-tische Orientierung der Kleinstparteizwischen dem Vorsitzenden Kappel undder Mehrheit des Bundesvorstandes. Da-bei stand Kappel zusammen mit demREP-Vorsitzenden, Rolf Schlierer gegeneine Mehrheit innerhalb seiner eigenenPartei, die eine rechte Einheitsliste befür-wortet und eine engere Anlehnung an dieNPD wünscht.

Die Deutsche Partei geht zurück aufdie 1866 gegründete regionalistisch-kon-servative Deutsch-Hannoversche Partei(DHP). Deren Blütezeit lag in den Jahrendes Kalten Krieges, wo sie zwischen1949 bis 1960 an der Adenauerregierung

beteiligt war. Nachdem neun Abgeordne-te zur CDU wechselten, konnte die DPtrotz der Fusion mit der Partei der Hei-matvertriebenen und Entrechteten(GB/BHE) keine Sitze im Bundestagmehr erringen und verkam zur Regional-erscheinung. 1993 reaktivierte der späteraus der FDP ausgetretene nationallibera-le Heiner Kappel die brachliegende Par-teistruktur. 2003 erfolgte der Zusammen-schluss mit der DVU-Abspaltung „Frei-heitliche Deutsche Volkspartei“ (FDVP)und eine Umbenennung in „DeutschePartei – die Freiheitlichen“. Dennochblieb der parlamentarische Achtungser-

folg aus – lediglich drei Kommunal-politiker: Helga Kaleveld (Land-kreis Harburg), Herr Dr. Walter Elßund Frau Martina Wiener im Land-kreis Anhalt-Zerbst) sitzen für die

DP in den Kommunalparlamen-ten.

Doch nicht nur die Deut-sche Partei, das ganze so ge-nannte rechtskonservativeLager befindet sich gegen-über den Nationalen Sozia-listen in der politischen De-fensive. So hob die DeutschSoziale Union (DSU) An-fang Dezember ihren Unver-

einbarkeitsbeschluss gegen-über der NPD auf. Es folgte An-

fang des Jahres der ehemaligeHamburger Landesvorsitzende der REP,Thomas Nissen, der gleich den ganzenLandesverband unter der Bezeichnung„Unabhängige Republikaner“ zur NPDüberführte.

So wird das politische Feld am rechtenRande der Union zunehmend übersicht-lich und nach Informationen des „NeuenDeutschland“ droht nun selbst der ge-schrumpften Schillpartei ein Konkurs-verfahren. Die andere Nachfolgeparteides gefallenen Richters Gnadenlos ver-fügt zwar über ausreichende Geldmittel,ist aber dabei mit der Kür ihres Spitzen-kandidaten für die Landtagswahl inSchleswig-Holstein, Folker Küster (Va-ter von Dieter Bohlens Freundin Estefa-nia) drauf und dran, ihren Kredit in derrechten Szene zu verspielen. In diesemUmfeld skurriler Einheitsfrontkämpfersieht Wolfgang Bukow vom DP-Landes-vorstand Bayern auch die „Deutsche Par-tei jetzt wieder voll im Rennen“. Wieaber der Akt der Selbstbehauptung imZeitalter der Irrungen und Wirrungenohne eine bekannte Führungspersönlich-keit und im Kielwasser der NPD gelin-gen soll, verschweigen er und die Deut-sche Partei in ihren Verlautbarungen.

kun ■

Deutsche Partei kopflosPalastrevolution bei der Deutschen Partei, Kappel abgesetzt, will auswandern

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:antifaschistische nachrichten 3-20054

sich ebenfalls auf die Ideologie der EisernenGarde und ihres Führers Corneliu Codreanuberuft. Spanischer Partner ist wie in vergan-genen Tagen die Falange, für die ihr General-sekretär Felipe Pérez sprach. jc ■

Maßnahmen gegen Neonazisund Geschichtsrevisionisten Frankreich. Der französische Innenministerwill bestimmte rechtsextreme Gruppierungenverbieten, wie er am 1. Februar vor der Natio-nalversammlung erklärte. Bis Ende Februar,so Dominique de Villepin, sollen die dazu er-forderlichen Beweise zusammengetragenwerden. Die zukünftige Verbotsmaßnahmebetrifft kleinere, gewalttätige bzw. gewaltbe-reite Gruppen oder Zusammenschlüsse. In ei-nem jüngst veröffentlichten Bericht der Ren-seignements Généraux (die ungefähr dendeutschen Verfassungsschutzämtern entspre-chen), über den „Le Monde“ am 24. Januarausführlich berichtete, wird dieses Milieu auf2.500 bis 3.000 Mitglieder und Sympathisan-ten landesweit geschätzt. Dabei ist die Redevon mehreren Strömungen oder Milieus:Skinheads (die in Frankreich seit den späten80ern kaum eine politische Rolle spielen);„identitäre“ Gruppen (wie der Bloc identitai-re, die Nachfolgeorganisation der 2002 ver-botenen Neonazigruppe Unité radicale);„Ultranationalisten“ (etwa die antisemitischeSplitterpartei Oeuvre française) und offeneNeonazis (etwa die Reste der früheren Stie-felnazipartei PNFE) und Hooligans, die vorallem zu Sportereignissen mobilisieren.

Der Front National als rechtsextremeGroßpartei ist von diesem Vorstoß des Minis-ters nicht betroffen. Villepin dazu vor demParlament: „Hinsichtlich extremer Äußerun-gen ist die Justiz zuständig. Lassen wir dieRichter über den jüngsten Fall der Äußerun-gen von Jean-Marie Le Pen urteilen. Aber dasist nicht dasselbe wie die Neonazi-Bewegun-gen.“ Der Bloc identitaire drohte in Gestaltseines Wortführers Fabrice Robert bereits öf-fentlich damit, im Falle einer gesetzlichenAuflösung werde er „innerhalb weniger Wo-che unter anderer Form“ wieder entstehen.

Der sozialdemokratische Politiker Domini-que Strauss-Kahn, „DSK“ (Finanzministervon 1997 und 99 und möglicher künftigerPräsidentschaftskandidat, sowie prominentesMitglied der jüdischen Gemeinde) regte vori-ge Woche an, solchen Politikern das passiveWahlrecht zu entziehen, die wegen der Leug-nung von Verbrechen gegen die Menschheitverurteilt worden sind. Diese Reaktion aufdie jüngsten Auslassungen von Jean-MarieLe Pen, und davor Bruno Gollnisch, würdeden FN-Chef auf jeden Fall betreffen. DennLe Pens Äußerungen über die (angeblich of-fene) Frage der Existenz der Gaskammern als„Nebenumstand der Geschichte“ von 1987und 1997 wurden jeweils gerichtlich sanktio-niert. Der Initiative von DSK widersprach so-gleich der ehemalige konservative Premier-minister Edouard Balladur, der das bestehen-de Gesetzesinstrumentarium für ausreichenderklärte. BhS, Paris ■

Rund 400 Menschen demon-strierten am Samstag, 29. Ja-nuar, auf der Kundgebung

des Aktionsbündnisses gegen denAufmarsch der Neonazis und füreine bunte Welt ohne Faschismusund Rassismus. Das LeverkusenerAktionsbündnis gegen den Naziauf-marsch schreibt dazu:

Sowohl in kulturellen als auch in Rede-beiträgen wurde auf neonazistischeStrukturen in Leverkusen und der BRDaufmerksam gemacht. Wir empfindenes als Armutszeugnis, dass die politi-schen MandatsträgerInnen aus Lever-kusen sich nicht an dem Protest betei-ligten. An einer zeitgleich stattfinden-

den Demonstration gegen einen Nazi-aufmarsch in Kiel beteiligten sich rund7.000 GegendemonstrantInnen, ange-führt von allen städtischen VertreterIn-nen und der Ministerpräsidentin HeideSimonis. Warum gab es in Leverkusennicht eine vergleichbare Beteiligungder Politik?

Das offene und parteiunabhängige„Leverkusener Aktionsbündnis gegenden Naziaufmarsch“ hatte in den letz-ten Wochen immer wieder zur aktivenTeilnahme aufgefordert und wurde mitDesinteresse bis hin zu Verharmlosungvon Rechtsextremismus konfrontiert.

Knapp 120 Neonazis zogen, ange-führt von dem Bergheimer NeonaziAxel Reitz und dem bundesweit agie-renden Neonazi Christian Worch durchdie Leverkusener Innenstadt, geschütztvon rund 1.000 PolizistInnen.

Die Neonazis liefen nicht durch ver-lassene Straßen ins Leere, wie es imVorfeld durch den PolizeipräsidentenErhorn postuliert worden war. Die Poli-

zeiführung stellte den Neona-zis eine Demonstrationsroutezur Verfügung, die mitten inder Wiesdorfer Innenstadt lag.Sie wurden erneut durch einWohngebiet gelotst, welcheshauptsächlich von MigrantIn-nen bewohnt wird. Diesegroßzügigen Zugeständnisseder Leverkusener Polizei andie Neonazis und der Verzichtauf zumindest den Versuch ei-nes Verbots dieser Demon-stration im Vorfeld verurteilenwir hiermit erneut auf Schärf-ste.

Trotz allem gelang es denantifaschistischen Gegende-

monstrantInnen immer wieder, den Ab-lauf des Naziaufmarschs friedlich aberentschlossen zu verzögern oder zu stö-ren. An fast jeder Ecke, die die Neona-zis passierten, konnten Gegendemon-strantInnen Transparente gegen Nazisentrollen und den Rechtsradikalen mitSprechchören zu verstehen geben, dasssie nicht erwünscht sind.

Die Polizei nahm im Verlauf der Pro-teste ohne erkennbaren Anlass zehnGegendemonstrantInnen fest, die amNachmittag wieder freigelassen wur-den. Über etwaige Ermittlungsverfah-ren können wir zur Zeit keine genauenAngaben machen. Sollte die PolizeiVerfahren einleiten, fordern wir die so-fortige Einstellung.

Wir fordern vom Leverkusener Stadtrat die Ausarbeitung eines Kon-zepts, wie Naziaufmärschen in Lever-kusen zukünftig begegnet werden soll.

PM Leverkusener Aktionsbündnisgegen den Naziaufmarsch, 30.1.2005

Fotos: arbeiterfotografie ■

1000 Polizisten schützen120 NeonazisLeverkusener Stadtrat hält sich raus

:antifaschistische nachrichten 3-2005 5

Trotz des enormen politischenDrucks, dem sich die Organisato-rInnen der vom Runden Tisch ge-

gen Rassismus und Faschismus initiier-ten antifaschistischen Demonstrationausgesetzt sahen, trotz der von einfluss-reichen PolitikerInnen und der Polizeibetriebenen Spaltungs- und Einschüchte-rungsversuche – die von verschiedenenMedien kritik- und verantwortungslosweitergetragen wurden – haben am 29.1.Tausende Menschen deutlich gemacht:

Dies ist unsere Stadt! Hier ist für Fa-schisten kein Platz! Wer ihnen den öf-fentlichen Raum zur Verfügung stellt,wird auf Widerstand stoßen.

Zwei Tage nach dem 60. Jahrestag derBefreiung des von den Hitlerfaschistenbetriebenen Konzentrations- und Ver-nichtungslagers Auschwitz wurde beken-nenden Nationalsozialisten erlaubt, inunserer Stadt zu demonstrieren.

Ohne Not – und ohne auch nur denVersuch zu machen, dies mit entspre-chenden Auflagen zu verhindern – habenihnen die Ordnungsbehörden nahezu diegesamte Innenstadt zur Verfügung ge-stellt. Den AntifaschistInnen, auch ehe-maligen Widerstandskämpfern, sollte da-gegen – unter Androhung massiver Poli-zeigewalt – der Zugang zur Innenstadtverwehrt werden, wenn sie dort auch ih-ren Protest zum Ausdruck bringen woll-ten. Der Öffentlichkeit wurden zugun-sten der Nazis zahlreiche Einschränkun-gen zugemutet.

Die Oberbürgermeisterin setzte dieantifaschistische Demonstration mit demNazi-Aufmarsch gleich. Sie rief öffent-lich dazu auf, den „linken und rechtenExtremisten“ keine Beachtung zu schen-ken und „beiden Demonstrationen“ fern-zubleiben. Mit diesem Abgesang auf diefrüher vielfach beschworene Zivilcoura-ge hat Frau Volquartz dem Ansehen un-serer Stadt Schaden zugefügt.

Das Gegen-Angebot einer „garantiertfriedlichen“ Demonstration vom Landes-haus zur Nikolaikirche, an der die Spit-zenpolitikerInnen aller Landtagsparteienteilnehmen würden (und nach derenEnde um 11 Uhr alle nach Hause gehensollten), sollte den Runden Tisch inMisskredit bringen und die Beteiligungan der um 11.30 Uhr auf dem Wilhelm-platz beginnenden Demonstration geringhalten.

Es hat alles nicht genutzt. Mit einemhohen Maß an Eigeninitiative haben Bür-gerinnen und Bürger unserer Stadt die-sen Zumutungen die richtige Antwort ge-geben: An die 10.000 Menschen nahmenan der Demonstration des Runden Ti-sches teil. Sie brachten damit auch denVeranstalterInnen, die seit vielen Jahrenin Kiel kontinuierlich gegen faschisti-sche und rassistische Umtriebe und Ten-denzen arbeiten, das Vertrauen entgegen.Gerade SchülerInnen, denen Frau Vol-quartz besonders nahegelegt hatte, diese

Demonstration zu meiden, haben sichbeteiligt. Wichtige Organisationen derMigrantInnen waren vertreten. Zahlrei-che GewerkschafterInnen haben es nichtdabei belassen, am frühen Morgen vomLandeshaus zur Nikolaikirche zu gehen.Sie sind anschließend zum Wilhelmplatzgekommen. IG Metall und ver.di hattenzu beiden Aktionen aufgerufen; Wolf-gang Mädel, der Erste Bevollmächtigteder Kieler IG Metall, sprach auf derKundgebung des Runden Tisches. Be-sonders beeindruckend war hier die An-sprache von Peter Gingold,der im französischen und ita-lienischen Widerstand gegenden deutschen Faschismus ge-kämpft hat. Sein Aufruf, imKampf gegen den wiederauf-lebenden Faschismus nichtnachzulassen, wird uns Ver-

pflichtung bleiben. Nach Beendigungder Demonstration haben sich die meis-ten TeilnehmerInnen in die Innenstadtbegeben und auch dort ihrem Protest ge-gen den Nazi-Aufmarsch Ausdruck ver-liehen. Hier entstanden noch spontaneDemonstrationszüge.

Die Faschisten hatten etwa 300 An-hängerInnen ihrer mörderischen Ideolo-gie zur Fahrt nach Kiel bewegen können.Nach einigen Stunden des Abwartensversuchte die Polizei mit Gewalt, unterEinsatz von Wasserwerfern, den Naziseinen Weg durch die Straßen Kiels zubahnen. Das gelang nur auf der kurzenStrecke vom Hauptbahnhof über dieHummelwiese und die Hopfenstraße biszur Herzog-Friedrich-Straße, dann muss-ten die Faschisten zum Bahnhof zurückgeleitet werden, wo ihnen noch eine

volksverhetzerischeKundgebung ermög-licht wurde.

Die antifaschisti-schen Demonstrationenwaren ein großer Erfolgund eine Ermutigungfür die demokratischenKräfte. Am 29.1. wurde

eine gute Grundlage für weitere Aktio-nen im Wahlkampf – „Keine Stimme denFaschisten!“ – und darüber hinaus ge-schaffen. Für den Runden Tisch:

Bettina Jürgensen, Alexander Hoff-mann, Dietrich Lohse, Heino Schomaker

Weitere Infos: http://nonazis.de.ki ■

Dies ist unsere Stadt!Pressemitteilung des Runden Tisches Kiel vom 29.1.2005

„Antifaschistischer Ratschlag“ bringt Netzwerk gegen Rechts auf den Weg Freiberg. Um den künftigen Umgang mit Rechtsextremisten zu diskutieren und die antifaschis-tische Arbeit vor Ort zu koordinieren, luden der Landesverband der PDS, zahlreiche Bündnis-partner sowie Antifaschisten aus Sachsen am Sonnabend zum ersten sachsenweiten „Antifa-schistischen Ratschlag“ in die Alte Mensa ein. Etwa 100 Gäste nahmen das Angebot an. Zieldes „Antifaschistischen Ratschlags“ ist es, ein Netzwerk zwischen all den Gruppen zu schaf-fen, die sich gegen rechtsorientierte Vereinigungen und Parteien wie die NPD zur Wehr set-zen wollen, erklärte die Sprecherin für antifaschistische Politik im sächsischen Landtag, KerstinKöditz aus Grimma. Dafür müsse auch die Öffentlichkeit sensibilisiert werden. In verschiede-nen Arbeitsgruppen wurde am Sonnabend beispielsweise über die Verzichtbarkeit von Nazi-läden oder die antifaschistische Arbeit vor Ort diskutiert. „Es ist vor allem wichtig, eine nochbessere Öffentlichkeitsarbeit zu leisten“, unterstrich Mitorganisatorin und PDS-Landtagsabge-ordnete Elke Altmann. Man müsse dem rechten Gedankengut durch Informationen entgegen-treten. „Geben die Rechten eine Zeitung heraus, dann müssen wir mit unseren Informationenan die Öffentlichkeit treten“, bekräftigte Volkmar Wölk aus Grimma. Die Vertreter der mehrals 20 teilnehmenden Gruppierungen, darunter der Verein Brennpunkt Brand-Erbisdorf, dieDGB Jugend Sachsen und die DKP Sachsen, waren mit den Ergebnissen des Tages zufrieden.Im nächsten Jahr soll der 2. „Antifaschistische Ratschlag“ stattfinden.

Infotelefon Sachsenweit: 03437/999758; Regional: 037322/50623, Freie Presse, 30.1.05 ■

:antifaschistische nachrichten 3-20056

Vor diesem ideologischen Hintergrundorientierte sich die Germania Anfang der70er Jahre an der NPD und es gab perso-nelle Überschneidungen zu dem damali-gen Hoffnungsträger der extremen Rech-ten. Mit dem Scheitern der NPD aufBundesebene wurde erst wieder Ende der80er Jahre mit den Republikanern einePartei attraktiv für Verbindungsstudenten.1989 waren 25 Studenten bei den Ham-burger Republikanern organisiert, Germa-nen waren natürlich auch dabei. NachEnttäuschungen über die ausbleibende In-tellektualisierung der REPs, wandte sichdie Burschenschaft Germania in den 90erJahren stärker der sog. Neuen Rechten zu.Der Hamburger Leserkreis der rechtsex-tremistischen Jungen Freiheit, der so ge-nannte „Hamburger Kreis“ traf sich regel-mäßig im Germanenhaus und lud namhaf-te Referenten der extremen Rechten zuSchulungen ein.

Anfang der 90er Jahre lud AndréGoertz, Landesvorsitzender der inzwi-schen verbotenen Freiheitlichen Deut-schen Arbeiterpartei (FAP), mit „HeilEuch Kameraden“ zu Treffen in das Ger-manenhaus ein und Mitglieder der Bur-

schenschaft Germania nahmen über das„Komitee für Freiwillige Reservistenar-beit Nord“ (KON) an Wehrsportübungenteil. Ebenfalls in dieser Zeit war Rolf Lep-pert Bursche in der Sierichstraße 23 undzeitgleich Mitarbeiter des berüchtigtenNazianwalts Jürgen Rieger. Inzwischenlenkt er als Jurist und Alter Herr die Ver-einsgeschäfte seiner Burschenschaft.

Inzwischen gibt es Anzeichen dafür,dass sich die Burschenschaft Germania,bestärkt durch die Wahlerfolge der NPD,wieder dieser ältesten und offen neofa-

schistischen Partei zuwendet. Im Jahr2000 empfahl die NPD „national gesinn-ten Studenten“ die Mitgliedschaft in derGermania und diese wiederum sandte po-tenziellen NPD-Mitgliedern Informa-tionsmaterial zu. Bis April 2004 wohnteder Betreiber des offen neonazistischenNordic-Hammer-Versandes bei den Ger-manen, er unterstützt das „Projekt Schul-hof“ aus dem Kreis der militanten FreienKameradschaften. Mittels dieses Projek-tes sollten kostenlos CDs mit neofaschis-tischer Musik vor Schulen verteilt wer-den, bisher wurde dies von den Behördenallerdings verhindert.

Auch ein Vortragsabend der Germanenim vergangenen Jahr im Dezember richte-te sich explizit an Interessierte aus NPDund Freien Kameradschaften: „60 JahreKesselschlacht in Halbe“ war das Thema.An genau diesem Ort der letzten Schlachtdes 2. Weltkrieges hatten militante Neo-nazis gerade einen Monat zuvor ein pathe-tisch-militantes Heldengedenken abgehal-ten.

Fanden die Burschenschaften in den90er Jahren noch Erwähnung im jähr-lichen Hamburger Verfassungsschutzbe-

richt, in NRW werden sie noch beobach-tet, so kehrte sich dieses unter Schwarz-Schill ins Gegenteil: Der Germane Chris-tian Brandes wurde gar hochschulpoliti-scher Sprecher der Schill-Partei und nutz-te die Hamburger Bürgerschaft als Tribü-ne für seine anti-egalitäre und reaktionärePropaganda.

Auch die Unileitung schweigt seit Jah-ren zu den rechten Umtrieben auf demCampus, viele Korporationen sind sogaroffiziell in die Matrikel eingetragen undgenießen damit Vorteile. erk, kun ■

Kundgebung gegen neofaschisti-sche Burschenschaft Germania

Am Samstag, den 22. Januar pro-testierten etwa 150 HamburgerAntifaschistinnen und Antifa-

schisten gegen die „Reichsgründungs-feier“ der neofaschistischen Burschen-schaft Germania. Mit lautstarken Parolenund in mehreren Redebeiträgen wurde aufdie braunen Verstrickungen des Referen-ten Prof. Höbelt hingewiesen. Ein Vertre-ter des AStA der Universität beleuchtetedie Rolle des, im Referat gewürdigten,Georg von Schönerer: Er hatte als glühen-der Antisemit und großdeutscher Nationa-list wesentlich Einfluss auf das rassisti-sche politische Klima im Österreich derWK I Vorkriegszeit. Die Polizei hatte denZugang zum „Germanenhaus“ weiträu-mig abgesperrt. Mehrere Personen erhiel-ten Platzverweise, als sie versuchten zurVeranstaltung im Burschenhaus zu gelan-gen. In ihrer Pressemitteilung erklärtendie Organisatoren, auch in Zukunft offen-siv gegen Burschenschaften und Salonfa-schisten vorgehen zu wollen.

Fellow Traveller der Auschwitzleugner

Prof. Lothar Höbelt, welcher bei den Ger-manen zum Vortrag geladen war, ist seitJahren in der extrem rechten Szene Öster-reichs und der BRD aktiv. Er gilt als „Vor-denker der FPÖ“ und bekennender Hai-der-Fan und schreibt für die „Junge Frei-heit“ und ihr österreichisches Pendant„Zur Zeit“. Doch auch Kontakte nachweiter rechts scheut der Wiener a.o. Pro-fessor für Politik- und Verfassungsge-schichte nicht: 1998 verfasste er einenBeitrag für das Buch „1848 - Erbe undVerantwortung“ herausgegeben von OttoScrinzi und Jürgen Schwab. Erster ist ehe-maliger SA-Sturmführer und FPÖ-Abge-ordneter, der Zweite ist Burschenschafter,NPD-Mitglied und seit 1999 Redakteurder NPD-Partei-Zeitung „Deutsche Stim-me“. Selbst in einer Festschrift für denAuschwitzleugner David Irving von 1999findet sich ein Beitrag von Lothar Höbelt.In einem Aufsatz nennt er das „KZ Bu-chenwald“ eine „Sommerfrische“ und ineinem weiteren bezeichnet er den Raubjüdischen Eigentums nach 1938 euphe-mistisch als „Vermögenstransfer“.

Wer ist die Burschenschaft Germania?

Die Gastgeber vertreten selbst im bundes-weiten, reaktionären Dachverband, dervölkischen Deutschen Burschenschaft(DB), eine rechts-außen Position. Das vonden Germanen zusammen mit anderenBurschenschaften gebildete innerver-bandliche Rechts-Kartell verfolgt im We-sentlichen zwei Ziele: erstens die Bewah-rung und die Förderung des „volkstums-bezogenen Vaterlandsbegriffs“ sowie eineexplizite Feinderklärung nach Innen (ge-gen alles „undeutsche“). Zudem redetman der großdeutschen Expansion dasWort. Umstritten ist dabei lediglich, obdas Deutsche Reich in den Grenzen von1937 oder gar 1939 zu fordern sei.

Bereits am 26. Oktober 2004 protestierten 250 Antifaschisten gegen eine Vortragsveranstal-tung der „Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft“ auf dem Hause der „Germanen zu Königsberg“. Die „Burschenschaft Germania“ in der Sierichstraße ist ebenfalls eine pflichtschla-gende und farbentragende Verbindung, ist aber vom Namensvetter zu unterscheiden.

:antifaschistische nachrichten 3-2005 7

Regierungsvertreterinnen und -vertreter aus vier europäischenStaaten haben am 2. Februar in

Warszawa ein „Europäisches Netz-werk ,Erinnerung und Solidarität‘“ ge-gründet.

Das „Netzwerk“ geht zurück auf Pläne desBundes der Vertriebenen (BdV), ein „Zen-trum gegen Vertreibungen“ zu errichten.Die Bundesregierung hat das BdV-Vorha-ben – nach anfänglicher Unterstützung –mehreren Modifikationen unterworfen, eserst als „Europäisches Zentrum gegen Ver-treibungen“, dann als „Europäisches Netz-werk gegen Vertreibungen“ und schließ-lich über den Europarat als „EuropäischesZentrum zur Erinnerung an die Opfer vonZwangsumsiedlungen in Europa“ zu ver-wirklichen versucht. Das jetzt gegründete„Netzwerk“ wird getragen von Deutsch-land, Polen, Ungarn und der Slowakei. DieVerbände der deutschen Umgesiedeltensollen in ihm mitarbeiten.

Der Grundgedanke, den die Bundesre-gierung vom BdV übernommen und inden verschiedenen Planungsphasen stetsbeibehalten hat, ist einfach: Im Rahmendes „Netzwerks“ soll die Umsiedlung derDeutschen in Folge des Zweiten Welt-kriegs als ethnisch motivierte Handlungdargestellt und mit verschiedensten ver-brecherischen Untaten parallelisiert wer-den. Als Beispiele wurden immer wiedergenannt: Der Genozid an den Armenierin-nen und Armeniern im OsmanischenReich, die Verfolgung von Sinti und Romaim Kosovo, die NS-Massendeportationenvon Jüdinnen und Juden. Die Konsequenzeiner solchen Parallelisierung: Die Um-siedlung der Deutschen wird als „Un-recht“ qualifiziert. Damit stellt das „Netz-werk“ einen Angriff auf das PotsdamerAbkommen dar, in dem die Umsiedlungverbindlich beschlossen wurde.

Äußerungen maßgeblicher sozialdemo-kratischer Politiker belegen dies. Es seinotwendig, „alle Fälle von Umsiedlung,Flucht und Vertreibung neu zu bewerten“,hatten Bundespräsident Johannes Rau und– auf deutschen Druck hin – der polnischeStaatspräsident Alexander Kwasniewskiin ihrer „Danziger Erklärung“ vom Okt-ober 2003 gefordert. Eine Neubewertungsei auch das Ziel des jetzt gegründeten„Netzwerks“, erklärt das Presse- und In-formationsamt der Bundesregierung. DerSPD-Außenpolitiker Markus Meckel, ei-ner der maßgeblichen Vorkämpfer desProjekts, hat diese Zielsetzung im Novem-ber vor einem Ausschuss des Europaratsbekräftigt: „Zwar wurden Vertreibungenund Zwangsumsiedlungen von Diktatorenwie Hitler und Stalin und jüngst von Slo-bodan Milosevic angeordnet. Aber auchDemokraten, wie Churchill und Roose-velt, akzeptierten, dass durch ethnischeHomogenisierung politische Stabilität ge-schaffen werden sollte. Das lehnt die inter-nationale Gemeinschaft heute ab.“

Der von Berlin initiierte Versuch, das„Netzwerk“ unter der Bezeichnung „Euro-päisches Zentrum zur Erinnerung an dieOpfer von Zwangsumsiedlungen in Euro-pa“ vom Europarat gründen zu lassen, istam 27. Januar gescheitert. Die Weigerungder französischen Delegation, das deut-sche Revisionsvorhaben mitzutragen,führte dazu, dass am 60. Jahrestag der Be-freiung des Vernichtungslagers Auschwitzdie notwendige Zweidrittel-Mehrheit fürdas Projekt nicht zustande kam. Das „Zen-trum“ setze die Deportation in die NS-Ver-nichtungslager mit dem „in den Verträgennach 1945 verabredeten Bevölkerungsaus-tausch“ gleich, begründete der aus demAlsace stammende französische Delegier-te Bernard Schreiner seine Ablehnung.Gleichwohl zog er sich mit seiner klarenHaltung die Kritik einflussreicher prodeut-scher Kreise in der französischen Haupt-stadt zu.

Nur wenige Tage später, am 2. Februar,ist mit der Gründung des „EuropäischenNetzwerks ,Erinnerung und Solidarität‘“in Warszawa der Durchbruch gelungen.Deutschland, Polen, Ungarn und die Slo-wakei tragen nun gemeinsam das deutscheRevisionsprojekt. Die Tschechische Repu-blik, bis Anfang des Jahres an den Ver-handlungen beteiligt, war Ende Januar of-fiziell aus den Vorbereitungen ausgestie-gen. Irritiert hatte die Regierung in Prahavor allem, dass Berlin nicht bereit war,weitere Staaten in die Planungen für dasangeblich „europäische“ Netzwerk einzu-binden. Die europäischen Garantiemächtedes Potsdamer Abkommens blieben da-durch ausgeschlossen.

Die polnische Regierung scheint einedoppelte Motivation zu haben, das Revi-sionsprojekt nicht zu boykottieren, son-dern sich an ihm zu beteiligen. Das ersteMotiv liegt offenkundig in der Hoffnung,die deutschen Pläne durch hartnäckige De-tailarbeit aufweichen zu können. So heißtes etwa in der „Absichtserklärung über dieGründung“ der neuen Institution, die ihrenSitz in Warszawa haben und von einempolnischen Direktor geleitet werden wird:„Gegenstand des Netzwerks ist die Analy-se, Dokumentation und Verbreitung derGeschichte des 20. Jahrhunderts, einesJahrhunderts der Kriege, der totalitärenDiktaturen und der Leiden der Zivilbevöl-kerung – als Opfer von Kriegen, Unterdrü-ckung, Eroberung, Zwangsmigrationensowie als Opfer von nationalistischen, ras-sistischen und ideologisch motivierten Re-pressionen.“

Berlin wollte ursprünglich nur „Fluchtund Vertreibung“ thematisieren. „Aber daswar mit unseren Partnern nicht zu machen.Sie bestanden auf einem breiteren An-satz,“ erklärte Markus Meckel gegenüberder Berliner Zeitung.

Kaum etwas zeigt die Auseinanderset-zungen zwischen den beteiligten Regie-rungen so deutlich wie die Passage der„Absichtserklärung“, in der auf das Pots-

damer Abkommen Bezug genommenwird. Dort heißt es, man handle „auf derGrundlage der seit 1945 geschlossenenvölkerrechtlichen bi- und multilateralenVerträge, politischen Vereinbarungen undAbkommen, die als historische Tatsachenrespektiert werden“. Dass das PotsdamerAbkommen damit wenigstens implizit er-wähnt wird, dürfte der polnischen Regie-rung zu verdanken sein. Dass es nicht als„gültig“ klassifiziert, sondern nur „als his-torische Tatsache respektiert“ wird, ent-spricht hingegen der deutschen Rechtspo-sition, das Potsdamer Abkommen sei ein„abgeschlossenes historisches Kapitel“.

Für den Fall, dass es nicht gelingen soll-te, das „Netzwerk“ durch hartnäckigesAufweichen unschädlich zu machen, hatPolen eine zweite Option, und auch dafürist eine Beteiligung an dem Revisionspro-jekt nützlich. In der Zwischenkriegszeitgab es in Warszawa immer wieder Überle-gungen, dem deutschen Druck nachzuge-ben, gemeinsam mit Deutschland eine ag-gressive Ostpolitik zu betreiben und denEinflussverlust in den von Deutschlandbeanspruchten polnischen Gebieten durcheinen Einflussgewinn jenseits der polni-schen Ostgrenze auszugleichen. Ansätzefür eine im Einklang mit Deutschland be-triebene aggressive Ostpolitik finden sichderzeit in Warszawa immer deutlicher(insbesondere gegenüber Kiew). EineThematisierung der 1945 durchgeführtenUmsiedlung von Polinnen und Polen ausdem Gebiet der heutigen Ukraine, des heu-tigen Belarus und des heutigen Litauenbietet im Zweifelsfall eine zusätzlicheChance, den deutschen Druck nach Ostenweiterzugeben.

Der deutsche Druck dürfte jedenfallsmit dem „Europäischen Netzwerk ,Erinne-rung und Solidarität‘“ deutlich wachsen.Wie ein Sprecher der Kulturstaatsministe-rin Christina Weiss gegenüber dem Inter-netdienst german-foreign-policy.com be-stätigte, ist es „erwünscht“, die Verbändeder deutschen Umgesiedelten in das„Netzwerk“ zu integrieren. „Die Welt“ be-richtet, „fast alle Institutionen und Museenaus dem Umfeld der deutschen Vertriebe-nenverbände hätten ihre Bereitschaft zurZusammenarbeit signalisiert“. Auch derBdV ist mit dem Konzept einverstanden.„Ein Netzwerk braucht Knotenpunkte“,erklärte BdV-Präsidentin Erika Steinbachgegenüber der Berliner Zeitung: „Und ei-ner dieser Knotenpunkte soll unser Berli-ner Zentrum sein. Daran halten wir fest.“

Jörg Kronauer ■

„Netzwerk gegen

Vertreibungen“gegründet

:antifaschistische nachrichten 3-20058

Bundesweite Naziveran-staltung am 11. Juni in JenaJenaer Nationalisten haben für den 11.Juni auf dem Marktplatz Jena ein „Festder Völker“ angemeldet. Da die bisherangekündigten Bands auf eine über Thü-ringen, wenn nicht sogar über Deutsch-land hinaus reichende Teilnahme vonNazis schließen lassen, wollen das Ak-tionsbündnis gegen Rechts und das Anti-fa-Plenum Jena so bald als möglich undmit so vielen Menschen aus so vielenStädten wie möglich ein erstes Vorberei-tungstreffen für Gegenaktivitäten organi-sieren.

Auf der eingerichteten Seite des Nationalen Widerstandes Jena http://www.n-w-j.de/festdervoelker/ wird derVeranstaltungsbeginn für 10.00 Uhr an-gekündigt. Eindeutig rassistische, antise-mitische und nationalistische Aussagensind in der Erklärung zu dem „Fest“ fin-den.

Für das „Fest der Völker“ wurden bis-her 4 Bands geworben, die ihre Teilnah-me zugesagt haben und den mehr als ein-deutigen neofaschistischen Charakterdieser Veranstaltung belegen:

● Before the War (Slowakei): Fascho-Metal-Band, welche u.a. am 30. Oktober2004 gemeinsam mit „legion of thor“,„eugenik“ und „ra. riot“ nach der De-monstration von Freien Kameradschaf-ten in Potsdam spielte.

● Verszerödes (Ungarn): spielte be-reits auf mehreren Fascho-Festivals, u.a.mit Sturm und Drang, No Alibi, Act ofViolence.

● Nothung (Schweden): mehrfach beiWhite-Power-Konzerten aufgetreten(u.a. bei einem von der Nationalsozialis-tischen Front Schweden organisiertenKonzert am 3. Juli 2004 in Schweden)

● Block 11 (Italien): faschistischer Rock’n Roll (Selbstbeschreibung):„Block 11 - 88 R’n’R Band 14/88“, dieauf ihrer Website (http://www.block11.com) mit Hitlergruß, Haken-kreuz, verschiedensten Symbolen... fürsich werben.

Desweiteren sind bisher als RednerFrank Schwerdt (NPD Landesvorsitzen-der Thüringen) und Patrick Wieschke(„freier Nationalist“) angekündigt.

Es ist davon auszugehen, das die Na-zis den Marktplatz nicht bekommen wer-den – allerdings (so bisher Andeutungenseitens einiger Stadtabgeordneter) ist einVerbot wohl unwahrscheinlich. In dernächsten Stadtratssitzung wird es zu Ak-tivitäten der Stadt Jena gegen diese Ver-anstaltung eine Anfrage geben.

Ziel des Aktionsbündnisses gegenRechts und des Antifa-Plenums Jena istes, eine möglichst bundesweite Gegen-veranstaltung zu organisieren.

Leseladen JG-Stadtmitte,[email protected]

Streit ums „Elchmuseum“Stiftungsrat um Wilhelm vonGottberg kündigt Museumslei-ter – Kritik an Einflussnahme

der Landsmannschaft

Ende des Jahres kündigte der Stiftungs-vorsitzende Wilhelm von Gottberg demLeiter des Ostpreußischen Landesmu-seums in Lüneburg. Seitdem schlägt dasautokrate Gebaren des Berufsvertriebe-nen von Gottberg auf ihn selbst zurück,obwohl der Vorsitzende der Landsmann-schaft Ostpreußen einige Titel und Pos-ten in die Waagschale werfen kann: Bür-germeister von Schnega, Kreistagsabge-ordneter von Lüchow-Dannenberg undVorsitzender des Stiftungsrates der Ost-preußischen Kultur-stiftung...

Doch inzwischenlegt auch der gekün-digte MuseumsleiterRonny Kabus (sieheAN 1/2005) mit wei-teren Vorwürfen ge-gen die Einflussnah-me durch die reak-tionäre Landsmann-schaft und ihrenSprecher nach: Der„Sprecher derLandsmannschaft und Stiftungsratsvor-sitzender habe versucht, das Museum zurBühne seiner politischen Statements zumachen“ zitiert die Elbe-Jeetzel Zeitungden geschassten Museumsleiter. Er habe»einem Vorstand gegenübergestanden,der fast ausschließlich die Interessen sei-ner landsmannschaftlichen Klientel ver-tritt». Zu wichtigen Besprechungen wur-de der Direktor oft gar nicht mehr einge-laden. Während Dr. Kabus sich darumbemühte, die Einrichtung als „wissen-schaftliche Institution“ und als „Erleb-nismuseum“ für breite Bevölkerungs-schichten zu öffnen, wollten die Funktio-näre seiner Trägereinrichtung nach sei-ner Überzeugung lieber ein ostpreußi-sches „Heimatstübl“ sehen, in dem auchschon einmal Politik gemacht werdendurfte – allerdings nur im Sinne der re-vanchistischen Linie des Vorstandes.Die Geschehnisse sind im Internet aus-führlich dokumentiert unter www.zu-kunft-ostpreussenmuseum.de. Dort fin-den sich auch Briefe, geschrieben vonOstpreußen, die von der „stark rechtsge-richteten Einflussnahme“ der Lands-mannschaft Ostpreußen in anderen Be-reichen berichten.

Das Lüneburger Ostpreußenmuseumist eine besondere Konstruktion. Finan-ziert wird es ausschließlich von Bundund Land mit rund 900000 Euro im Jahr.Diese Alimentierung ist gesetzlich gere-gelt und zwar im Bundesvertriebenenge-

setz. Alleiniger Träger der Einrichtungist – ohne einen Cent dazuzubezahlen –seit 1994 die in Bayern ansässige Ost-preußische Kulturstiftung. Deren Grün-dungsstifter sind die LandsmannschaftOstpreußen sowie der Träger des ehema-ligen Ostpreußischen Jagdmuseums inLüneburg. Das war 1987 in das Ostpreu-ßische Landesmuseum übergegangen, abjenem Jahr gibt es auch die institutionel-le Finanzierung durch Bund und Land.Bund und Land haben, so sagt von Gott-berg, „ein intaktes Museum übernom-men“, dessen Ausstellungsstücke „Ei-gentum der Ostpreußen“ seien. Mit gera-de einmal etwa 70 Besuchern auf der„Haben-Seite“ und 27 hauptamtlichen

angestellten Beschäftigten auf der „Sold-Liste“ der Stiftung hält sich der öffentli-che Zuspruch in bescheidenen Grenzen.

Derweil eint die Regierungskoalitionvon CDU, Grünen und UnabhängigerWählerliste das politische Tagesgeschäft.Selbst Stadtdirektor Peter Koch sprichtvom „großem Einvernehmen“ undschließt alle, selbst die oppositionelleSPD/FDP-Fraktion, mit ein. Alle? Einzigder grüne Kreistagsabgeordnete, UlrichLöb, wirft der Wilhelm von Gottberg vor„Versöhnung als taktischen Begriff“ zumissbrauchen und mit Eigentumsforde-rungen Polen „über den Tisch“ ziehen zuwollen.

Der Debatte im Stadtrat vorausgegan-gen war eine Anfrage des Bundes, dieStadt möge Stellung dazu nehmen, ob sieeinen Sitz im Stiftungsrat des Museumsals Träger übernehmen wolle. In derKonsequenz und „Feinmotorik“ sinddann aber auch Stadtdirektor PeterKochs Zweifel aufzuspüren. So unter-stützt Koch die Position des Bundes,mehr Einfluss zu nehmen, und sprichtvon Kabus nicht in der Vergangenheits-form, denn: „Ich glaube, er hat guteChancen, das Arbeitsgerichtsverfahrenfür sich zu entscheiden, ohne dass ichden Richtern vorgreifen möchte.“ Fazit:Bund, Kreis und die Landsmannschaftmachen hier handfest Politik und dabeizählt nicht das Wort, sondern deren Ge-wicht. kun ■

HomepagedesMuseums

:antifaschistische nachrichten 3-2005 9

CIA deckt Nazi-Kriegsver-brecherDer US-Geheimdienst CIA hält eine gro-ße Zahl von Akten über Nazi-Kriegsver-brecher zurück, meldet die Österreichi-sche „Die Presse“ vom 31. Januar. DieAkten zeigten engere Verbindungen zwi-schen US-Regierung und Verbrechernals bisher angenommen, lautet der Tenordes Berichtes in der Wiener Tageszei-tung. Die „New York Times“ titelte amWochenende zuvor, dass die CIA seitdrei Jahren die Aufforderung einer Ar-beitsgruppe des US-Kongresses zurück-weist, „hunderttausende von Seiten ausgeheimen Nazi-Akten zugänglich zumachen“. Dabei weisen mehr als 1,2Millionen freigegebene Seiten des Penta-gon auf eine „engere Verbindung zwi-schen der US-Regierung und Nazi-Kriegsverbrechern“ hin.

Bei diversen, von der Kommission an-geforderten Akten hatte der US-Geheim-dienst alle Angaben über die Zeit nachdem 8. Mai 1945 verweigert. In anderenFällen hatte der Geheimdienst die Her-ausgabe von Informationen über Perso-nen und deren Verhalten im Krieg so lan-ge unterdrückt, bis die ArbeitsgruppeBeweise für deren Verstrickung inKriegsverbrechen vorlegen konnte.

Erwartungsgemäß dementierte derCIA-Sprecher die Vorwürfe und erklärte:Der Geheimdienst halte keinerlei Aktenzurück, die im Zusammenhang mit derArbeit der Kommission für Kriegsver-brechen stünden.

kun, nach diepresse.com, 31.1.2005 ■

Verherrlichung von Rudolf Heß soll unter Strafe gestellt werden

Berlin. Bundestagsabgeordnete vonSPD, Union und Grünen wollen die Ver-herrlichung hoher Repräsentanten desNS-Regimes unter Strafe stellen. ImInnenausschuss herrschte am MittwochEinigkeit, das Strafgesetzbuch müsseentsprechend ergänzt werden. Bislang istnur das Verwenden von Kennzeichenverfassungswidriger Organisationen,zum Beispiel SS-Runen, als Straftat defi-niert. Die Abgeordneten wollen errei-chen, dass rechtsextreme Aufmärschewie die zum „Gedenken“ an Rudolf Heßverboten werden können. In der fränki-schen Kleinstadt Wunsiedel, in der Heßbegraben ist, treffen sich jährlich Tausen-de Neonazis, um ihrem Idol zu huldigen.Für die Gesetzesänderung warb imInnenausschuss vor allem der Landratdes Wunsiedel-Kreises, Peter Seißer.

Der Tagesspiegel, 20.1.2005 ■

Geschichtsrevisionismusim Danubenhaus?

„60 Jahre nach Kriegsende – Leis-tungen und Irrtümer“, so kündigtdie Zeitschrift „Junge Freiheit“

die sogenannten „22. Bogenhausener Ge-spräche“ im Hause der BurschenschaftDanubia in der Münchner Möhlstraßevom 12. bis 13. Februar 2005 an. Als Re-ferenten werden u.a. angekündigt: Prof.Dr. Ernst Nolte, Dr. Walter Post und Univ.Doz. Heinz Magenheimer.

Referenten von Rechts

Die eingeladenen Referenten sprechenfür sich. „Die Vermutung über den Char-akter dieser Veranstaltung als weiteresForum zur Verbreitung geschichtsrevi-sionistischer Thesen und Behauptungenliegt daher sehr nahe“, so ein Sprechervon AIDA e.V. Prof. Dr. Ernst Nolte lösteMitte der 80er Jahre den sogenannten „1.Historikerstreit“ aus, als er die deutscheAlleinschuld am zweiten Weltkrieg inFrage stellte. Dr. Walter Post trat bereitsam 10. Ok-tober 2002 in München auf –bei einer Veranstaltung von DemokratieDirekt e.V. und Republikaner-StadtratJohann Pius Weinfurtner zum Thema„Kriegsverbrechen –Gestern und Heute“.Auch an dem ebenfalls von Weinfurtnerorganisierten „politischen Neujahrstref-fen“ mit Teilnehmern wie Holger Apfel(NPD) und Vertretern der Deutschen Par-

tei und dem Schutzbund für das deutscheVolk vor wenigen Tagen in München warder Historiker und Schriftsteller mit ei-ner Buchvorstellung („Ursachen desZweiten Weltkrieges“) vertreten.

Heinz Magenheimer, Universitätsdo-zent und Angehöriger der Landesverteidi-gungsakademie Österreich machte in ei-nem Interview mit der „Jungen Frei-heit“(Ausgabe 7/96, S.3) darauf aufmerk-sam, dass „es die Westmächte Englandund Frankreich sind, die am 3. September1939 Deutschland den Krieg erklären.“

Post und Magenheimer referiertenauch auf Tagungen der „Zeitgeschicht-lichen Forschungsstelle Ingolstadt e.V.(ZFI)“. Das Handbuch Deutscher Rechts-extremismus meint zum Stichwort ZFI:„Die ZFI widmet sich seit ihrer Grün-dung der Umdeutung der deutschen Ge-schichte im Sinne einer Relativierung dernationalsozialistischen Verbrechen undder Leugnung der deutschen Kriegs-schuld am Zweiten Weltkrieg“.

Burschenschaft Danubia: Scharnierorganisation ganz rechts

Die Burschenschaft Danubia bot undbietet extrem rechten und konservativenReferenten mit ihren Veranstaltungenimmer wieder ein Podium. So traten dortbei anderer Gelegenheit u.a. Alain DeBenoist (Chefideologe der „Neuen Rech-ten“), Horst Mahler oder Dr. ReinholdOberlercher auf.

Dass die Kontakte der Danubia auchin das Spektrum der Kameradschaftenund freien Nationalisten reichen, zeigteein anderer Vorfall: Im Januar 2001 ver-steckte die Danubia München ChristophSchulte, den Haupttäter eines neonazisti-schen Überfalls auf einen griechischenPassanten im Münchner Schlachthof-viertel, auf seiner Flucht in ihren Räu-men.

Im Herbst 2001 setzte das BayerischeInnenministerium die Aktivitas der Bur-schenschaft auf die Liste der verfas-sungsfeindlichen Organisationen undstellte sie somit unter Beobachtung desVerfassungsschutzes.

Pressemitteilung des A.I.D.A. e.V. 27.Januar 2005, Marcus Buschmüller ■

Quellen: Handbuch Dt. Rechtsextremismus,Hrsg. Jens Mecklenburg, Elefantenpress. Draht-zieher im braunen Netz, Autorenkollektiv, Kon-kret Literatur Verlag. Jenseits des Nationalismus,J. Cremet, F. Krebs, A. Speit, rat/Unrast Verlag.Handbuch Rechtsextremismus, Hg. Bernd Wag-ner, rororo aktuell. Verfassungschutzbericht Bay-ern 2001, 2002. SZ Artikel vom 7.9.2001

:antifaschistische nachrichten 3-200510

Marine Le Pen und Bruno Gollnisch im Wirbel um den jüngsten Le Pen-Skandal:

Rückzug der Hoffnungs-trägerin?

FN-Anhänger prügelnStudentenBruno Gollnisch erneut von Universität suspendiert,Backpfeifenmaschine‘ einzuschalten. EinStudent verlangt eine Schweigeminute fürdie Toten der Deportation (im ZweitenWeltkrieg). ,Niemals!‘ brüllt einer derRechtsextremen. Die (vor dem Hörsaalzwecks Protest auf dem Boden sitzenden)Studenten stehen auf und rufen: ,Faschis-ten raus aus der Uni!‘ und erinnern daran,dass Lyon-III offiziell auf den Namen desWiderstandskämpfers Jean Moulin ge-tauft ist“ (der in Lyon 1943 durch KlausBarbie zu Tode gefoltert wurde).

Weiter hinten in dem Artikel erfährtman: „Während die Protestierenden sichzerstreuen, kommen die Zivilpolizisten.Sie nehmen einen der Rechtsextremenfest. Camille, eine bei Hippocampe aktiveStudentin, sitzt in demselben Polizeiauto,da sie als Zeugin mitgenommen wird, dieüber die Gewalttätigkeiten gegen einenStudenten aussagen soll. ,Während derFahrt wurde er darüber verhört, warum eran die Universität gekommen sei. Er er-klärte, dass es Herr Gollnisch gewesensei, der von ihm verlangte zu kommen‘.“

Drei Studierende wurden aus dem An-lass des Gerangels mit den Rechtsextre-men verletzt, einer von ihnen am Kopf.Später am Tag wurden noch einige derRechtsextremen, die nach vollbrachter Tatund einiger Zeit des Wacheschiebens vorGollnischs Hörsaal, in einem nahen Bistromit Tränengas besprüht. Nach Angabender Rechtsextremen ging die Initiativedazu von Studenten jüdisch-nordafrikani-scher Herkunft aus.

Dieser Auftritt Gollnischs und seinerHandlanger kam bei den Hochschulbe-hörden nicht sehr gut an. Dieses Mal wares der französische Bildungsminister Fra-nçois Fillon persönlich, der Gollnisch vonParis aus vom Hochschuldienst suspen-dierte, nachdem er durch den Universi-

tätsdirektor Guy Lavorel alarmiert wor-den war. Das Lehrverbot ist für eineHöchstdauer von einem Jahr ausgespro-chen. Dieses Mal hat man auch dafür ge-sorgt, dass eine Vertretung für die Lehr-veranstaltungen vorhanden ist und Goll-nisch sich nicht darauf berufen kann, „sei-ne“ Studenten seien die Leidtragenden.

Am Donnerstag (3. Februar) leiteteGollnisch eine Pressekonferenz am Par-teisitz des FN im Pariser Vorort Saint-Cloud. Dabei stellte er sich erneut als „po-litisch Verfolgten“ hin, da er „ein wichti-ger Politiker einer Oppositionspartei“ seiund da er „den Justizminister DominiquePerben (2008) daran hindern könne,Oberbürgermeister von Lyon“ zu werden.Gollnisch will erneut den Conseil d’Etatbemühen und ferner Klage gegen denRektor der Lyoner Hochschulen, AlainMorvan, erheben. Bei einer Feier zum 60.Jahrestag der Befreiung der Überlebendenvon Auschwitz hatte Morvan Ende Januarverlangt, Gollnisch solle „aus dem öffent-lichen Dienst geworfen und mit Lehrver-bot belegt“ werden.

Unerwartete Unterstützung fand Goll-nisch bei einem Herrn der so genanntenfeinen Gesellschaft: bei Raymond Barre,der früher Oberbürgermeister von Lyonund (von 1976 bis 81) französischer Pre-mierminister war. Barre, der ebenfallsHochschullehrer ist, erklärte am 3. Febru-ar im Parlamentsfernsehen zwar zunächst,die extreme Rechte ziehe „Grundwerteins Lächerliche“. Doch er fügte hinzu:„Ich kenne Herrn Gollnisch gut, das istein Kollege. Er lässt sich manchmal voneiner exzessiven Sprache mitreißen, aberer ist eine anständige Person. Er machtÄußerungen... aber ich würde sagen, dasentwischt ihm. Im Grunde glaube ichnicht, dass er daran glaubt.“ BhS ■

Die Rückkehr der „NummerZwei“ des FN, Bruno Gollnisch,auf seinen Lehrstuhl für japani-

sches und internationales Recht an derUniversität Lyon-III dauerte am vorigenMittwoch nicht sehr lange. Nunmehr fin-det Gollnisch sich gleich für ein Jahr ausdem Dienst entfernt, und will erneut dieGerichte dagegen bemühen. Dieses Maldürfte er geringe Chancen haben, durch-zukommen.

Rückblende: Gollnisch hatte bei einerPressekonferenz am 11. Oktober 04 dieExistenz der Gaskammern und die Zahlder Toten des Holocaust (indirekt, aberdeutlich) in Frage gestellt. Daraufhin hat-te der Rektor der Lyoner Hochschulen,Alain Morvan, ihn Anfang November füreinen Monat vom Dienst suspendiert. Zu-gleich wurde der Disziplinarausschuss an-gerufen, der seine Entscheidung Ende Fe-bruar 05 bekannt geben wird.

Als die vorläufige Suspendierung An-fang Dezember zu Ende ging, kehrteGollnisch an die Hochschule zurück.Dort riefen mehrere studentische Vereini-gungen (die StudierendengewerkschaftUNEF, die Union jüdischer StudentenUEJF und die antifaschistische Vereini-gung Hippocampe) zu Demonstrationengegen seine Anwesenheit auf. Wegen desRisikos einer „Störung der öffentlichenOrdnung“ wurde Gollnisch erneut vomDienst suspendiert. Doch am 14. Januarhob der Conseil d’Etat, das oberste Ver-waltungsgericht, diese Maßnahme auf.Das Hauptargument dabei war, Gollnischbrauche sich nicht das Verhalten seinerGegnerInnen anrechnen zu lassen; dasdurch die Verwaltung geltend gemachteStörungsrisiko gehe von den Gollnischfeindlich gesonnenen Gegendemonstran-ten aus. Davon unberührt sei die nochausstehende Entscheidung des Diszipli-narausschusses gegen Gollnisch, der sei-nerseits Sanktionen aussprechen könne.

Doch dieses Mal kehrte Gollnisch nichtallein an die Universität zurück, wo ihn 50TeilnehmerInnen einer friedlichen Sitz-blockade vor dem Hörsaal erwartete.Gollnisch hatte ein halbes Dutzend kurz-geschorener junger Männer im Gefolge,die ihrerseits vor dem (bereits von Ord-nungskräften der Universität bewachten)Hörsaal Stellung bezogen. Mehrere vonihnen dürften eindeutig keine Studieren-den der Hochschule Lyon-III sein.

Auszüge aus einem Stimmungsberichtder Tageszeitung „Libération“ (vom 3.Februar): „Sie (die Kurzgeschorenen)kontrollieren die Eintritte an der Tür desHörsaals. Einer von ihnen erklärt: ,Wirsind da, um Bruno zu beschützen‘. Er sagt,Wir‘ und spricht dabei vom Front Natio-nal, aber er beeilt sich hinzuzusetzen, ersei ,vor allem als Student von Lyon-IIIhier‘. Ein anderer, älter und nervöser, läuftkrakeelend herum. Er ruft ,Frankreich denFranzosen‘ und ,Schwulenbande‘, dannhebt er die Hand und kündigt an, seine

Marine Le Pen ist nicht nur diejüngste Tochter des Front Natio-nal-Chefs, sie war auch die Zu-

kunftshoffnung des alternden Parteigrün-ders, der im kommenden Juni 77 wird.Seit dem Ausgang der Präsidentschafts-wahl vom Frühjahr 2002 hatte sie an derStrategie gearbeitet, dem Front Nationalein jüngeres und „moderneres“ Gesicht zugeben als die derzeit ansonsten tonange-benden Altfaschisten, ultrakatholischenFanatiker und Veteranen der Kolonialkrie-

ge. Das war einmal. Seit den jüngsten Er-klärungen höchster FN-Funktionäre siehtsie ihre Kommunikationsstrategie geschei-tert oder jedenfalls schwer gefährdet.

Im Oktober 04 hatte Bruno Gollnisch,„Nummer Zwei“ in der Parteihierarchie,die Existenz der Gaskammern öffentlichin Zweifel gezogen. Marine Le Pen er-klärte auf RTL ihre „ehrliche und eindeu-tige Missbilligung“, bevor sie kurz daraufim Politischen Büro der Partei – „unterDruck“, wie sie selbst erklärte – einer

:antifaschistische nachrichten 3-2005 11

sondern vielmehr „durch die Kommenta-re“ dazu. Denn „es ist in der Tat schwer,das Übermaß an Verteufelung zu ertragen,das auf die geringste Äußerung“ seinesParteichefs hin erfolge.

Damit hat Gollnisch nicht nur argu-mentativ die Kurve bekommen, sondernzugleich auch noch Marine Le Pen als„Weichei“ hinstellen können. Es sprichtein wohl gut platzierter Anwärter auf dieNachfolge des Jean-Marie Le Pen...

Jean-Marie Le Pen: „Entdiabolisie-rung“ gut oder nicht?

Letzterer Variante zur Erklärung von Ma-rine Le Pens Rückzug hat sich mittlerwei-le auch der Papa angeschlossen. In einemInterview mit der Tageszeitung „Le Pari-sien“ vom 2.2.05 äußerte Le Pen sich indiesem Sinne. Er fügte hinzu: „Ich verste-he sie: Ich, ich habe ein Leder wie einKrokodil und ich bin gepanzert. Die jun-gen Leute haben da eine sensiblere Haut.Marine leidetfür ihrenPapa. Dennbei uns be-steht Famili-enliebe.“

Neben die-sem Seifen-oper-Rühr-stück gingJean-MarieLe Pen auchkurz auf diestrategischenFragen für seine Partei ein. Im Interviewmit dem „Parisien“ bestreitet er, dass diewiederholten Skandale im Zusammen-hang mit Äußerungen über den ZweitenWeltkrieg und die NS-Taten zu „irgend ei-ner Strategie“ gehörten. Er habe „niemalsdie Dämonisierung (diabolisation) des FNgewollt oder gesucht“. Und fügt hinzu:„Die Strategie des FN bestimmt sich nichtim Hinblick auf den Zweiten Weltkrieg.60 Jahre danach wollen die jungen Leutevon diesen ollen Kamellen nichts mehrhören. Sie sagen: ,Geht das schon wiederlos? Genug!‘“

Im Übrigen, so Le Pen, „gibt es keineHardliner beim FN. Lediglich meinen Ei-nige, angesichts des intellektuellen Terro-rismus, der bezüglich bestimmter Themenherrscht, sei es besser, keine Risiken mitdiesen Themen einzugehen.“ Er selbst„sehe das (aber) anders“. Als Richtliniegab er die schwammige Direktive aus:„Die Vergangenheit darf die Gegenwartnicht erschlagen, aber darf auch nicht ver-steckt werden.“ Von einem Rückzug sei-ner Tochter wisse er im Übrigen nichts.

Innerparteilicher Unmut

Der Hintergrund für diese eiernden Aus-lassungen Jean-Marie Le Pens ist, dasses anscheinend tatsächlich einen wach-senden innerparteilichen Unmut seit densich häufenden, jüngsten Skandalen gibt.

Der Generalsekretär des FN, CarlLang, sieht sich veranlasst, in „Le Mon-de“ anzuerkennen: „Ein Zehntel der Ak-tivisten und Kader will von diesem The-ma (Anm.: der Relativierung der NS-Verbrechen) reden. Ein Zehntel ist derAuffassung, es sei eine Schande, die offi-zielle Geschichtsversion in Frage zu stel-len. Der Rest will von etwas Anderem re-den.“ (LM, 4. Februar) Unter den erstge-nannten 10 Prozent dürfte sich wohl einGutteil der Hardliner befinden, die sichals Aktivisten in direkter Kontinuität zuden historischen faschistischen Bewe-gungen begreifen. Das bedeutet nicht,dass jene Parteimitglieder, die vielleichteine weniger weite historische Perspekti-ve haben und sich weniger als ideolo-gisch gefestigte Kader begreifen (oder

aber eine „Modernisierung“ und Image-glättung anstreben), dadurch sympathi-schere und humanistischere Ansichtenvertreten würden.

„Le Monde“ berichtet in derselbenAusgabe, die Parteibasis des FN sei an-gesichts des Sturms der Empörung, derihnen in den letzten drei Monaten ausden Medien entgegen schlug, eher per-plex. „Viele denken an (die Präsidenten-wahl)) 2007 und reden von den Schwie-rigkeiten, die die Kader und Aktivistenhaben werden, um die 500 Unterschrif-ten von Bürgermeistern und Mandatsträ-gern aufzutreiben“, die notwendig sind,um eine Kandidatur zu den Präsident-schaftswahlen anmelden zu können.

Jacques Bompard, der monentan ein-zige FN-Bürgermeister einer Stadt(Orange), meldet sich ebenfalls in deroben zitierten Ausgabe von „Le Monde“zu Wort. Es müsse ein Parteikongresseinberufen werden, fordert er, auf demauch die mögliche Abwahl Jean-MarieLe Pens von der Parteispitze und dieAufstellung des nächsten Präsident-schaftskandidaten offen debattiert wer-den müssten.Die Partei müsse von Grundauf neu aufgebaut werden, wobei dieStrukturierung mit der Herausbildung lo-kaler Kader und der Gewinnung kommu-naler Mandate beginnen müsse.

Jean-Marie Le Pen reagierte auf diesesInterview, auf Nachfrage von Journalis-ten, mit den Worten: „Ich kenne diesePerson nicht.“

Bernhard Schmid, Paris ■

„Solidaritätserklärung“ für Gollnisch alsangebliches Opfer einer Hexenjagd zu-stimmte. Dann aber erklärte ihr eigenerVater im Januar die Periode der Besat-zung Frankreichs durch Nazideutschlandfür „nicht besonders inhuman“.

Wie erstmals durch einen Bericht derTageszeitung Le Parisien vom 26. Januar05 publik und – trotz offiziellem Dementidurch den FN – alsbald durch andere Be-richte bestätigt wurde, hat Marine Le Pensich nach mehrtägiger Denkpause aus denFührungsgremien der Partei zurückgezo-gen. Demnach lässt sie ihre Ämter im Bu-reau exécutif, dem obersten Führungsgre-mium der Partei, und wahrscheinlich auchim Bureau politique – dem zweithöchstenGremium – ruhen, ohne sie formal nieder-zulegen. Ihre eigene Vereinigung ,Généra-tions Le Pen‘, die vor allem die jüngerenParteikader im Alter bis 40 zusammen-bringen sollte, wird ihre Aktivitäten ein-stellen.

Hingegen wird sie ihre Mandate im Eu-ropa- und im Pariser Regionalparlament,im letzteren hat sie auch den Vorsitz derFN-Fraktion inne, weiterhin behalten. ImPariser Regionalrat sprach sie am vorigenDienstag (25.1.) auch zur Haushaltsvorla-ge; es war ihr erster öffentlicher Auftrittseit dem jüngsten Skandal. Bis dahin hat-te sie eine gute Woche mehr oder minderschmollend im Familienhaus Jean-MarieLe Pens im bretonischen Trinité-sur-Merverbracht, zusammen mit ihren drei Kin-dern, nachdem sie (so wird jedenfalls kol-portiert) diesem angeblich zuvor von An-gesicht zu Angesicht ihre Meinung ge-geigt habe.

Dagegen wird Marine Le Pen an derFN-Kampagne zur französischen Volks-abstimmung über den EU-Verfassungs-entwurf, die voraussichtlich im Juni statt-findet, aktiv teilnehmen. Aber sie will nurunter Ausschluss der Presse auftreten.Bisher hatte sie stets sehr auf Medienrprä-senz und die Anwesenheit von Kamerasbei all ihren Aktivitäten geachtet. Im kom-menden September dann will Marine LePen ein Buch herausbringen, in dem sieihre Strategie näher darleget

Ein (nicht namentlich genanntes) Mit-glied im Politischen Büro des FN wird in,Libération‘ vom 27. Januar mit den Wor-ten zitiert: „Bisher hat sie (Marine LePen) es immer leicht gehabt. Und jetzt,beim ersten Kanonenstoß, legt sie sichflach auf den Boden.“ Dass rechtsextremeFunktionäre die politische Auseinander-setzung mit Vokabeln aus dem Bereichvon Militär und Krieg beschreiben, ist alssolches nicht ungewöhnlich – aber dieTochter des Chefs so hämisch zu kritisie-ren, ist es schon.

Der „Generalbeauftragte“ des FN, Bru-no Gollnisch, erklärte bezüglich MarineLe Pen, ihr – vorläufiger? – Rückzug wer-de falsch interpretiert: Die Tochter desParteichefs sei nicht aufgrund der Äuße-rungen Jean-Marie Le Pens schockiert,

Dem Politbarometer des „FigaroMagazine“ vom 5/6. Februar zu-folge befindet sich der FN (im Rah-men des „Sympathiespiegels“ derverschiedenen Parteien) momentanbei nur 7 Prozent „positiven Mei-nungen“ und 84 Prozent „negati-ven Meinungen". Üblicherweise istdie Prozentzahl der positiven Ein-stellungen zum FN zumindest zwei-stellig.

:antifaschistische nachrichten 3-200512

: ausländer- und asylpolitik

Anklage wegen Online-Demo gegen Lufthansa-Abschiebegeschäft

Frankfurt. „Wenn Konzerne, die mitAbschiebungen Geld verdienen, ihregrößten Filialen im Netz aufbauen, dannmuss man auch genau dort demonstrie-ren.“ so hieß es in einem Aufruf zur On-line-Demo gegen die Lufthansa. Zur Er-innerung: Im März 2001 begannen die In-itiativen „Libertad!“ und „Kein Menschist illegal“ mit der Mobilisierung zu einerOnline-Demo im Zusammenhang mit derdeportation.class-Kampagne gegen dasLufthansa-Abschiebegeschäft. Unter-stützt und zur Aktion aufgerufen wurdevon rund 250 Gruppen und Einzelperso-nen aus den Bereichen der Menschen-rechtsarbeit, der Asylpolitik, von Ge-werkschaften und NGO’s. (u.a. JoséBové („Confédération paysanne“’, Fran-ce), Bundesarbeitsgemeinschaft Kriti-scher PolizistInnen (Hamburger Signal)e.V. und SAFERCITY.DE, Internationa-les Sekretariat der CNT und Syndicat deL’Industrie Informatique CNT-SII ausFrankreich, Antiapartheidsgruppe Kiel,Centro de Documentación en DerechosHumanos „Segundo Montes Mozo S.J.“,Quito, Ecuador).

Am 20. Juni 2001, am Tag der Haupt-versammlung der Lufthansa AG in Köln,war es soweit: Mehr als 10.000 Teilneh-mer/innen brachten mit ihren Zugriffenauf die Lufthansa-Webseite den digitalenKranich ins Wanken, die Seite war zeit-weise lahmgelegt.

„Nötigung“ und „Anstiftung zur Nöti-gung“ war das aus Sicht der FrankfurterStaatsanwaltschaft, die auf eine Anzeigeder Lufthansa AG hin am 17.10.2001eine Razzia bei Libertad! durchführenließ. Insgesamt zehn Computer und wei-tere Datenträger wurden beschlagnahmt,und befinden sich zum größten Teil bisheute im Besitz der Frankfurter Polizei.

Im Mai 2004 wurde Libertad! von Sei-ten der Staatsanwaltschaft die Möglich-keit eines Vergleichs zur Einstellung desVerfahrens signalisiert. Voraussetzungwar ein „Schuldeingeständnis“ und derVerzicht auf Rückgabe der beschlag-nahmten Gegenstände. Libertad! lehnteund lehnt dies ab, da sie Protest undWiderstand gegen das tödliche Geschäftmit den Abschiebungen nach wie vor fürabsolut legitim und notwendig halten.

Mit Datum 28.12.2004 hat nun dieStaatsanwaltschaft Frankfurt/Main An-klage beim Amtsgericht gegen den An-melder der Internet-Domains „www.li-bertad.de“ und „www.sooderso.de“ er-hoben, da er „durch Verbreiten vonSchriften zu einer rechtswidrigen Tat –Nötigung gemäß §240 StGB – aufgefor-

dert“ habe. Dazu Libertad: „Politisch undmoralisch souverän blicken wir einemProzess entgegen, der für die LufthansaAG nur mehr Peinlichkeiten an die Öf-fentlichkeit tragen wird, als dies vor undwährend der Online-Demo bereits derFall war. Im Übrigen entscheiden wirselbst, was wir richtig finden, gegen Ab-schiebungen zu tun! Das World WideWeb ist ein öffentlicher Raum. Wir wer-den auch in Zukunft zu den neuen Pro-test- und Widerstandsformen im Internetaufrufen und uns an ihrer Organisierungbeteiligen!“

Infos unter http:// go.to/online-demound www.libertad.de/

inhalt/projekte/depclass Presseerklärung der Kampagne

Libertad, 24.1.05 ■

Härtefallkommission unterKontrolle der Innenbehörde

Hamburg. Seit Inkrafttreten des „Zu-wanderungsgesetzes“ im Januar könnendie Bundesländer Härtefallkommissio-nen einrichten, die Menschen ohne dierechtlichen Voraussetzungen eine Auf-enthaltserlaubnis gewähren, wenn „drin-gende humanitäre und persönliche Grün-de die weitere Anwesenheit des Auslän-ders im Bundesgebiet rechtfertigen“ (§23 AufenthG).

Inzwischen hat auch der HamburgerSenat dem Namen nach eine solcheKommission eingerichtet – nützen wirdsie den Betroffenen nichts. Das Gre-mium soll als Unterausschuss des Einga-beausschusses aus drei Mitgliedern derBürgerschaftsfraktionen bestehen, wirdausschließlich auf Vorschlag eines derMitglieder tätig und darf nur bei Zustim-mung aller Kommissionsmitglieder le-diglich „Empfehlungen“ an die Innenbe-hörde abgeben. Ausgeschlossen sind alsoFlüchtlingsverbände, Menschenrechtsor-ganisationen, Wohlfahrtsverbände, Kir-chen etc. Die AG Kirchliche Flüchtlings-arbeit Hamburg der Nordelbischen Kir-che hat die Entscheidung des Senats, kei-ne unabhängige Härtefallkommissioneinzurichten, scharf kritisiert und ein ei-genes Konzept vorgelegt. Im Folgendenihre Presseerklärung vom 12.1.

bab ■

Kirchliche Flüchtlingsarbeit fordertechte Härtefallkommission. Vorschlag des Senats wird als ungenügend abgelehntDie Arbeitsgemeinschaft KirchlicheFlüchtlingsarbeit Hamburg lehnt das amDienstag von Innensenator Nagel ange-kündigte Modell einer Härtefallkommis-sion für Hamburg ab und legt ein eigenesKonzept vor.

Eine dem Eingabenausschuss unterge-ordnete Härtefallkommission würde we-der den rechtlichen Anforderungen desAufenthaltsgesetzes noch den Qualitäts-ansprüchen professioneller Beurteilungvon humanitären Einzelfällen entspre-chen.

Hamburg benötigt dringend eine fach-kompetent besetzte Härtefallkommis-sion. Täglich machen restriktive und hu-manitäre Belange ignorierende Verwal-tungsentscheidungen über die Abschie-bung von hier geborenen und/oder aufge-wachsenen Kindern, hier gut integriertenFamilien, kranken oder in ihrem Her-kunftsland aus anderen Gründen überle-bensgefährdeten Menschen Schlagzei-len. Die Spekulation Innensenator Na-gels, dass jährlich lediglich bis zu 20 hu-manitäre Härtefälle zu entscheiden wä-ren, geht vollkommen an der realen Be-darfslage vorbei.

Die vielfältigen Erfahrungen der Bera-tungsstellen lehrten auch, dass den Mit-gliedern einer potentiellen Härtefallkom-mission ein hohes Maß an interkulturel-ler, asyl- und ausländerrechtlicher undzielgruppenspezifischer Fachkompetenzund vor allem Zeit abverlangt werdenmüsse. Alles Kriterien, die bekannterma-ßen bei Bürgerschaftsabgeordneten nichtzur regelmäßigen Grundausstattung ge-hören.

Andere Bundesländer machen seitJahren gute Erfahrungen dabei, dem ho-hen Kompetenzbedarf durch Einbindungvon fachlich versierten VertreterInnender Kirchen, der Verbände und Migra-tionsfachstellen in ihre Härtefallkommis-sionen gerecht zu werden.

Diese Erfahrungen und die bestehen-den fachlichen Bedarfe berücksichti-gend, befürworten die kirchlichenFlüchtlingseinrichtungen für Hamburgdie Schaffung einer echten Härtefall-kommission als eigenständiges Gre-mium, die von je zwei VertreterInnen derInnenbehörde, der Religionsgemein-schaften, der Wohlfahrtsverbände undvon Migrationsfachstellen gebildet wird.Eine bei der Innenbehörde eingerichteteGeschäftsstelle müsste den Zugang derAnrufenden zur Härtefallkommission injedem Einzelfall gewährleisten. ■

Keine Auslieferung des kur-dischen Politikers Dr. RemziKartal an die Türkei!Der kurdische Politiker Dr. Remzi Kartalist auf Ersuchen der Türkei am 22. Janu-ar 2005 in Nürnberg von der deutschenPolizei festgenommen worden. Er wolltedort an einer Kulturveranstaltung teil-nehmen. Kartal droht jetzt die Ausliefe-rung an die Türkei, wo er wegen seinesgewaltfreien politischen Engagementsfür die Rechte der Kurden als „Terrorist“gesucht wird. Remzi Kartal war ehemali-ger Abgeordneter des türkischen Parla-

:antifaschistische nachrichten 3-2005 13

Denn bereits am 2. August 1944waren die letzten 3000 Angehöri-gen der Minderheit ins Gas ge-

führt worden. Ihr verzweifelter und muti-ger Aufstand gegen die drohende Ver-nichtung im Mai 1944 war niederge-schlagen worden.

Jedes Jahr besuchen Tausende vonRoma das ehemalige KZ und gedenkenvor den Trümmern der gesprengten Gas-kammern ihrer Toten. Roma erleben esals furchtbar, dass sie für ihre ermordetenAngehörigen keine Grabstätte habenkönnen, wo sie die Zwiesprache mit denda liegenden Toten fortsetzen. WelcheBedeutung solche Gräber für Roma undSinti haben, kann man auf dem KölnerWestfriedhof erkennen, wo große Mar-morgräber von der Verehrung für ihreAhnen zeugen.

1000 Sinti und Roma waren am 16.Mai 1940 unter den Augen der KölnerBürger in die Lager verschleppt worden,unter tatkräftiger Beihilfe von Stadt-Köl-ner Beamten, von Kölner Polizisten undKölner Krankenschwestern, die für dieEntlausung in der Messe zuständig wa-ren.

Viele der unter uns lebenden Roma ha-ben bei uns vor den Balkankriegen Zu-flucht gesucht. In Belgrad verkündeteder deutsche Oberbefehlshaber schon1942 stolz „Serbien ist das einzige Land,in dem die Juden- und Zigeunerfrage ge-löst ist“. Die Nachkommen der wenigenÜberlebenden leben heute unter uns. Vie-le überlebten, weil sie noch rechtzeitigflüchten konnten oder von Partisanen ge-schützt wurden. Aber viele waren auch

zu Waisen geworden und mussten sichbettelnd durchschlagen. Weil die Nach-kriegszeit auf dem Balkan wie bei unsdiese überlebenden „Zigeuner“ weiterdiskriminierte, schafften es nur wenigesich zu integrieren.

Heute haben wir die Chance etwasgutzumachen, so wie es für jüdischeÜberlebende glücklicherweise längstselbstverständlich ist, von denen über100.000 Bleiberecht bekommen haben.Die Vorsitzende des Rom e.V. Frau Pfar-rerin Renate Graffmann fordert deshalb:

„Wir erwarten von den Kölner Behör-den, dass endlich für die seit teilweise 15Jahren in Köln „geduldeten“ Romafami-lien ein fester Aufenthalt möglich ge-macht wird. Denn die ständige Abschie-bedrohung vereitelt alle Integrationsan-strengungen. Wir fordern vor allem, dassdie Stadt auch endlich jene Kinder inRuhe lässt, die in den pädagogischenEinrichtungen betreut werden, die dasKölner Jugendamt für Romakinder initi-ierte. Dazu gehört auch das hoffnungs-volle Projekt „Amaro Kher“ des Rome.V.. Wie sollen die Kinder lernen undihr Verhalten ändern, wenn sie – wie inden letzten Wochen – nachts wach blei-ben und in Kleidern schlafen, weil siedamit rechnen am Morgen abgeholt zuwerden. Wer diesen Schutz vor Abschie-bedrohung nicht garantieren kann, willim Grunde keinen Erfolg der pädagogi-schen Projekte.“

Köln am Vorabend des 27.1.2005Synodalbeauftragte für Sinti und

Roma Renate Graffmann, Pfarrerin i.R.Vorsitzende des ROM e.V. ■

ments für die prokurdische Demokratie-partei DEP. Er lebt seit 1994 in Brüssel,weil in der Türkei durch das Verbot derDEP und der Verhaftung ihrer Abgeord-neten keine Basis für eine legale politi-sche Betätigung mehr vorhanden war.Seitdem setzt er in Europa seinen demo-kratischen Kampf in unterschiedlichenInstitutionen, wie dem Kurdistan Natio-nalkongress und zuletzt als stellvertre-tender Vorsitzender des VolkskongressKurdistan KONGRA-GEL fort. Diekürzlich nach zehnjähriger Haft freige-kommene ehemalige DEP-AbgeordneteLeyla Zana wurde wegen ihres Eintre-tens für eine demokratische Lösung derkurdischen Frage mit dem Friedenspreisdes Europaparlaments ausgezeichnet.Für das gleiche Engagement droht ihremKollegen Remzi Kartal jetzt die Auslie-ferung als angeblicher „Terrorist“ an dieTürkei.

Remzi Kartal ist in Belgien als Flücht-ling anerkannt. Wenn sich deutsche Be-hörden über diesen Flüchtlingsstatus ineinem Nachbarland hinwegsetzen, istdies ein eklatanter Bruch internationalenRechts. Gerade erst hat der Gerichtshofin Den Haag die Auslieferung der in Hol-land lebenden Nuriye Kesbir mit der Be-gründung abgelehnt, ihr würden als be-kannter kurdischer Politikerin in der Tür-kei Misshandlung und Folter drohen.Dasselbe gilt für Remzi Kartal, wenn eran die Türkei ausgeliefert werden sollte.

Mit dem jetzigen Vorgehen erschwertdie Bundesrepublik Deutschland eine de-mokratische Lösung der kurdischen Fra-ge. Gleichzeitig schadet sie den Demo-kratisierungsbestrebungen in der Türkeiund leistet der Folterpraxis, den Men-schenrechtsverletzungen, sowie der Assi-milations-, Verleugnungs- und Vernich-tungspolitik des türkischen Staatesgegenüber den Kurden Vorschub.

Wir fordern die Bundesregierung unddie Bayerische Landesregierung auf,eine Auslieferung Remzi Kartals an dieTürkei zu verhindern und ihn unverzüg-lich frei zu lassen.

Den Tag der Befreiung erlebte inAuschwitz kein einziger Roma...

Kurden protestieren gegenFestnahme von Remzi Kartal

Nürnberg. Rund 1000 Kurden demon-strierten am Sonnabend in Nürn-berg für die Freilassung des kur-dischen Politikers Remzi Katal.Die von einem großen Polizeiauf-gebot begleiteten Demonstrantenaus mehreren süddeutschen Städ-ten zogen vom Johanneskirch-platz im Stadtzentrum zum Jus-tizpalast.

Der dort inhaftierte stellvertre-tende Vorsitzende des KurdistanVolkskongresses Kongra-Gel warvor einer Woche in Nürnberg auf-grund eines türkischen Haftbe-fehls verhaftet worden.

Zusammen mit Leyla Zanawurde Remzi Kartal 1991 ins tür-kischen Parlament gewählt. Alsseine prokurdische Demokratie-partei DEP 1994 verboten wurde,

floh Kartal nach Europa, wo er in Bel-gien Asyl erhielt. Er setzte sich seitdemunter anderem im Kurdischen Exilparla-ment und dem Kurdischen Nationalkon-gress für eine friedliche und politischeLösung der kurdischen Frage ein. In derkommenden Woche soll ein Gericht überdie Auslieferung von Kartal entscheiden.Die Türkei wirft ihm als führendem Poli-tiker der PKK-NachfolgeorganisationKongra-Gel die Verantwortung für denBombenanschlag auf ein Hotel in Istan-bul im vergangenen Jahr vor. Menschen-rechtsorganisationen warnen vor Folterund Misshandlungen, wenn der kurdi-sche Politiker an die Türkei ausgeliefertwerden sollte. Mehr als 50 Persöhnlich-keiten aus dem In- und Ausland, darunterPolitiker von PDS und Grünen, Gewerk-schafter, Hochschullehrer, Journalistenund Schriftsteller haben inzwischen ei-nen Aufruf gegen die Auslieferung vonKartal unterzeichnet.

Nikolaus Brauns ■

:antifaschistische nachrichten 3-200514

Aktionen der Friedensbewegung am 12. Februar in München und am 23. Februarin Mainz:

Für Frieden und Gerechtigkeit weltweitDie jährlich stattfindende so ge-nannte Sicherheitskonferenz inMünchen ist ein Treffen von Re-gierungsvertretern aus den

NATO-Staaten, von Militärstrategen,Generälen und Rüstungsexperten. Die imNobelhotel Bayerischer Hof hinter ver-schlossenen Türen tagenden und von ei-ner gigantischen Polizeimacht geschütz-ten EU- und NATO-Repräsentanten be-haupten, bei der Konferenz gehe es umFrieden und internationale Sicherheit.Das Gegenteil ist der Fall: Hier werdenMilitärstrategien koordiniert, Pläne fürgemeinsame Kriegseinsätze abgespro-chen und Kriegskoalitionen für Angriffs-kriege geschmiedet. 1999 war es derNATO-Krieg gegen Jugoslawien, 2002der sogenannte „Krieg gegen den Ter-ror“, 2003 ging es um die Beteiligung amAngriffskrieg gegen den Irak und 2004stand die Besatzungsherrschaft im Irakauf dem Programm. Die wirtschaftlichund politisch Mächtigen der Welt, insbe-sondere der USA, Deutschlands und deranderen EU-Staaten, beanspruchen fürsich das Recht „auf ungehinderten Zu-gang zu Märkten und Rohstoffen in aller

Welt“. Sie wollen ihre wirtschaftlichenInteressen und ihre globalen Machtan-sprüche notfalls mit militärischer Gewaltgegen den Rest der Welt durchsetzen.Folgen einer solchen Gewaltpolitik sindglobale Verarmung, Zerstörung demo-kratischer und sozialer Rechte und dieVernichtung natürlicher Lebensgrundla-gen. Die Kriege der jüngsten Zeit habendies gezeigt. Wir wenden uns gegen einSystem, das sich ausschließlich am Profitorientiert und das sowohl in Friedens-wie in Kriegszeiten über Leichen geht.Dazu gehören die hermetische Abschot-tung der Außengrenzen der EU und derUSA gegenüber Flüchtlingen und Mi-grantInnen – und in Deutschland: rassis-tische AusländerInnengesetze, die Ab-schaffung des Asylrechts, Naziterror undMord. Seit Jahren ist der konsequenteAufbau eines militärischen Drohpotenti-als Bestandteil der EU-Politik. Dazu ge-hört unter anderem auch die in der vorge-sehenen EU-Verfassung festgeschriebe-ne Verpflichtung zur Aufrüstung: Sowerden in Deutschland für neue Rüs-tungsprogramme in den nächsten zehnJahren 150 Mrd. Euro veranschlagt. Be-

reits heute ist Deutschland drittgrößter„Truppensteller“ bei internationalen Mi-litäreinsätzen. Militarisierung nach au-ßen und Demontage des Sozialsystemsnach innen sind zwei Seiten einer Me-daille: Mit der Durchsetzung von „Agen-da 2010“ und „HartzIV“ betreibt die Al-lianz aus Unternehmern, Kapitaleignernund der großen parlamentarischen „Re-formkoalition“ (CDU/CSU, SPD, Grüne,FDP) mit dem Argument der globalenStandortkonkurrenz Sozialkahlschlag.Weltweiter Protest gegen diese men-schenfeindliche Politik der kapitalisti-schen Globalisierung hat sich entwickelt,wo immer sich die neoliberalen Kriegs-und Wirtschaftsstrategen trafen: in Seatt-le, Genua, Prag, Davos, Barcelona undMünchen, aber auch durch die seit PortoAlegre entstandene Sozialforumsbewe-gung..... Samstag, 12. Februar 12 Uhr, München,Marienplatz, Demonstration zum Tagungsortder Militärstrategen

Aktionsbündnis gegen die Nato-Sicherheitskonfe-renz, Infos: www.no-nato.de / www.muenchner-friedensbuendnis.de / www.attac-muenchen.org

www.muenchen-gegen-krieg.de

Pressekonferenz des Aktionsbündnisses gegen die NATO-Sicherheitskonferenz

„Friedenswatte“Während Horst Teltschik, derVeranstalter der sogenannten41. Münchner Sicherheitskon-

ferenz vom 11. bis 13. Februar, mit„höchster politischer Prominenz“ fürdas Treffen der Kriegsstrategen wirbt,bereitet die Antikriegsbewegung sichauf Proteste vor.

Erstmals werden Bundeskanzler GerhardSchröder, Bundespräsident Horst Köhlersowie der Generalsekretär der VereintenNationen Kofi Annan an der Tagung vonVerteidigungsministern, hochrangigenMilitärs und Rüstungslobbyisten teilneh-men, hatte Teltschik angekündigt. DieGegner der Konferenz können dagegenauf die stolze Zahl von über 60 Organisa-tionen von anarchistischen und kommu-nistischen Gruppen über die PDS bis zuPax Christi und dem Verdi-Bezirk Mün-chen verweisen, die sich im Aktionsbünd-nis gegen die NATO-Sicherheitskonfe-renz zusammengeschlossen haben.

Inzwischen bestimmten die Kritiker dieAgenda der Sicherheitskonferenz, mut-maßte der parteilose Abgeordnete der eu-ropäischen Linksfraktion Tobias Pflügerauf einer Pressekonferenz des Bündnissesam Montag 24. Januar in München. Telt-schik sei durch die Proteste der Friedens-bewegung in den vergangenen Jahren ge-zwungen worden, die Kriegskonferenz in„Friedenswatte“ zu verhüllen. So stehtdas Treffen unter dem Motto „Frieden

durch Dialog“ und UN-GeneralsekretärKofi Annan soll mit einer Friedensplaket-te ausgezeichnet werden. Trotz dieser ge-änderten Außendarstellung gehe es umdie Planung derzeitiger und zukünftigerKriege, so Pflüger, der in diesem Zu-sammenhang insbesondere an die jüng-sten Drohungen der US-Regierung gegenden Iran erinnerte.

Die Proteste des Aktionsbündnissesrichteten sich ausdrücklich nicht gegenUN-Generalsekretär Kofi Annan, erklärteDemo-Organisator Claus Schreer. Ver-schiedene Friedensorganisationen fordernAnnan allerdings dazu auf, seine Zusagefür die Teilnahme an der Konferenz zu-rückzuziehen. „Im Ergebnis würde IhreTeilnahme an dieser Konferenz, sowohlvon den Veranstaltern als auch in der Öf-fentlichkeit, als Billigung der militär- undmachtpolitischen Ziele der NATO inter-pretiert werden“, heißt es in einem offe-nen Brief des Bündnisses „München ge-gen Krieg“.

Nach dem Abklingen der Proteste ge-gen den Irak-Krieg käme man sich heuteals Kriegsgegner wieder wie ein „Außen-seiter“ vor, beklagte sich LiedermacherKonstantin Wecker, der bereits in den letz-ten Jahren gegen die Sicherheitskonferenzauf die Straße ging. Es gelte die Kriegsge-

fahr wieder ins Bewusstsein der Bürger zutragen und ein Diskussionsklima überWege zum Frieden zu schaffen, warb We-cker für eine von pazifistischen Gruppenorganisierte Friedenskonferenz am 11.Februar und die Großdemonstration amfolgenden Tag. Obwohl der MünchnerOberbürgermeister Christian Ude diestädtische Unterstützung für die Friedens-konferenz davon abhängig machte, dassdie DKP als Mitveranstalter sowie einSatz, der die Angriffskriege der Bundesre-gierung thematisierte, aus dem Aufruf ge-strichen wurde, sieht Wecker in Ude„durchaus einen Verbündeten“.

„Einmütig“ habe der Vorstand des Ver-di-Bezirks München die Teilnahme derGewerkschaft an den Protesten gegen dieSicherheitskonferenz beschlossen, berich-tete der stellvertretende Münchner Verdi-Vorsitzende Ernst Antoni. Hochrüstungund Kriege nach außen seien die andereSeite der Medaille von Sozialabbau im In-land, so Antoni. Schließlich habe Bundes-verteidigungsminister Struck selber er-klärt, die Agenda 2010 würde auch demVerteidigungshaushalt mehr Raum geben.

Als Erfolg der Antikriegsbewegung be-zeichnete Pflüger die Ankündigung Do-nald Rumsfelds, nicht wie in den Vorjah-ren an der Sicherheitskonferenz teilzu-

:antifaschistische nachrichten 3-2005 15

Der Herausgabekreis und die Redaktion sind zu erreichen über:GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln Tel. 0221 / 21 16 58, Fax 0221 / 21 53 73. email: [email protected], Internet: http://www.antifaschistische-nachrichten.de Erscheint bei GNN, Verlagsges. m.b.H., Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. V.i.S.d.P.: U. BachRedaktion: Für Schleswig-Holstein, Hamburg: W. Siede, erreichbar über GNN-Verlag, Neuer Kamp 25,20359 Hamburg, Tel. 040 / 43 18 88 20. Für NRW, Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland: U. Bach,GNN-Verlag Köln. Baden-Württemberg und Bayern über GNN-Süd, Stubaier Str. 2, 70327 Stuttgart,Tel. 0711 / 62 47 01. Für „Aus der faschistischen Presse“: J. Detjen c/o GNN Köln.Erscheinungsweise: 14-täglich. Bezugspreis: Einzelheft 1,30 Euro.Bestellungen sind zu richten an: GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. Sonderbestellungen sindmöglich, Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt.

Die antifaschistischen Nachrichten beruhen vor allen Dingen auf Mitteilungen von Initiativen. Soweit ein-zelne Artikel ausdrücklich in ihrer Herkunft gekennzeichnet sind, geben sie nicht unbedingt die Meinungder Redaktion wieder, die nicht alle bei ihr eingehenden Meldungen überprüfen kann.Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichten: Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AGR); AnnelieBuntenbach (Bündnis 90/Die Grünen); Rolf Burgard (VVN-BdA); Jörg Detjen (Forum kommunistischer Arbeitsgemein-schaften); Martin Dietzsch; Regina Girod (VVN - Bund der Antifaschisten); Dr. Christel Hartinger (Friedenszentrum e.V.,Leipzig); Hartmut-Meyer-Archiv bei der VVN - Bund der Antifaschisten NRW; Ulla Jelpke; Jochen Koeniger (Arbeitsgrup-pe gegen Militarismus und Repression); Marion Bentin, Edith Bergmann, Hannes Nuijen (Mitglieder des Vorstandes derArbeitsgemeinschaft gegen Reaktion, Faschismus und Krieg–Förderverein Antifaschistische Nachrichten); Kreisvereini-gung Aachen VVN-BdA; AG Antifaschismus/ Antirassismus in der PDS NRW; Angelo Lucifero (Landesleiter hbv in ver.diThüringen); Kai Metzner (minuskel screen partner); Bernhard Strasdeit; Volkmar Wölk.

Bush in Europa unerwünscht

nehmen. Offensichtlich ist der US-Vertei-digungsminister wegen einer gegen ihnlaufenden Strafanzeige beim Bundesge-neralanwalt wegen seiner mutmaßlichenKriegsverbrechen im Zusammenhang mitdem Irakkrieg verstimmt. Das Ermitt-lungsverfahren, dessen Stichhaltigkeitnoch von der Bundesanwaltschaft über-prüft wird, geht auf eine Strafanzeige der

Menschenrechtsorganisation „Center forConstitutional Rights“ in New York zu-rück. Die USA werden auf der MünchnerKonferenz durch die Nummer Drei desPentagon Douglas J. Feith vertreten sein.Der neokonservative Hardliner Feith giltals der zentrale Planer des Angriffs aufden Irak.

Nick Brauns ■

Anlässlich des Besuchs des US-Präsiden-ten George W. Bush in Deutschland wirdes nicht nur in Mainz, wo Bush Stationmacht, Massenproteste geben, sondernauch in vielen anderen Orten der Bundes-republik und in anderen europäischenLändern. „Not Welcome, Mr. Bush!“, istder Aufruf überschrieben, auf den sich dieFriedensbewegung geeinigt hat. Zu die-sem Ergebnis kam eine Aktionskonferenz,zu der der Bundesausschuss Friedensrat-schlag am Wochenende nach Kassel ein-geladen hatte. Während bei einem regio-nalen Treffen in Mainz zur selben Zeit diegroße Bush-Demo am 23. Februar vorbe-reitet wurde, berieten die Vertreter zahlrei-cher Friedensinitiativen und Organisatio-nen in Kassel, wie der Protest gegen dieUS-Kriegspolitik im ganzen Land verbrei-tet werden könne. Die Versammlung be-schloss, am 22. Februar, dem Tag, an demBush in Europa ankommt, landesweit zuAktionen aufzurufen. Am Tag darauf solldann die Großdemonstration in Mainzunterstützt werden.

Die Friedensaktivisten waren sich darineinig, dass die jüngsten militärischenDrohgebärden gegenüber dem Iran Ernstzu nehmen sind. Die US-Administrationhabe sowohl in ihrer Militärdoktrin vom„Präventivkrieg“ als auch in ihrer Praxis(Afghanistan, Irak) gezeigt, dass sie wederauf das Völkerrecht, noch auf die Verein-ten Nationen oder auf ihre NATO-Bünd-nispartner Rücksicht nimmt, wenn sie ihreeigenen ökonomischen und geostrategi-schen Interessen verfolgt. Gegen diese

rohe Machtpolitik der USA müssten dieRegierungen der Europäischen Unionklipp und klar Nein sagen. Die Bundesre-gierung wird aufgefordert, alle Maßnah-men, die die USA auf dem SchlachtfeldIrak entlasten, sofort einzustellen und demUS-Präsidenten die 2001 versicherte „un-eingeschränkte Solidarität“ im sog. Kampfgegen den Terrorismus aufzukündigen.Mit Genugtuung registrierte die Friedens-bewegung, dass US-VerteidigungsministerDonald Rumsfeld seinen Besuch bei derbevorstehenden Münchner Sicherheits-konferenz (12./13. Februar) abgesagt hat.Diese Absage ist offenbar darauf zurück-zuführen, dass beim Generalbundesanwalteine Klage gegen Rumsfeld wegen dessenVerantwortung für den Folterskandal imIrak eingereicht wurde. Rumsfeld werde,so ist aus Washington zu vernehmen,Deutschland nicht betreten, solange dieseKlage nicht zurückgewiesen wird. Zu hof-fen ist, dass eine entsprechende Klageauch gegen den obersten Repräsentantender USA eingereicht würde. Gründe dafürgibt es zuhauf. Sollte eine solche Klagedazu führen, dass auch Bush seinen Be-such in Deutschland absagt, dann wäre dieFriedensbewegung zwar um ein „event“ärmer, die USA aber um eine Erfahrungreicher: dass sich die Menschen in allerWelt gegen die fortgesetzte Gewaltpolitikder USA erfolgreich zur Wehr zu setzenbeginnen.

Bundesausschuss Friedensratschlag:Peter Strutynski ■

Infos zu Mainz: www.notwelcomebush.de

Treffen zu Karfreitag 2005in DortmundDas Internationale Rombergpark-komitee und VVN-BdA NRW rufenauf zur Begegnung der Hinterbliebe-nen des Nazi-Terrors von 1945

Kurz bevor die Befreiung von Krieg undFaschismus kam, wurden in beispiello-sem Terror im Frühjahr 1945 viele Tau-send Antifaschistinnen und Antifaschis-ten von den Nazis mit in den Unterganggerissen. Sie sollten von der Mitgestal-tung einer Nachkriegszeit ohne Nazisund Militaristen ausgeschlossen werden.Während im Reichskanzleibunker derFührer auf seine Weise abdankte, such-ten zahlreiche Naziführer und Vertreterder Militär- und Wirtschaftseliten dasWeite – nicht ohne zuvor die Vernich-tung unzähliger deutscher und ausländi-scher Antifaschisten zu organisieren.Nach dem 8. Mai 1945 nahmen sie dannweiterhin Einfluss auf die Entwicklungim Lande.

Im Januar 1945 hatten Gestapoleit-stellen auf Anweisung des Reichsfüh-rers SS Heinrich Himmler und des Ge-stapo-Chefs Heinrich Müller vom Berli-ner Reichssicherheitshauptamt die Ge-stapokommandos und SS-Führungenangewiesen, „umstürzlerischer“ Betäti-gung deutscher Linker und ausländi-scher Arbeiter vorzubeugen – per Mas-senerschießungen. „Die Betreffendensind zu vernichten“, hieß es in Befehlendazu. Rund 8000 deutsche Soldatenwurden als „Fahnenflüchtige“ in denletzten Kriegsmonaten 1945 standrecht-lich erschossen. Diese Massenmordewie auch die Massaker in den Konzen-trationslagern und auf den Todesmär-schen von den KZ nach Westen entspra-chen dem Nachkriegs- und Überlebens-konzept des deutschen Faschismus. Ge-stapo-Chef Heinrich Müller versicherteder Frau von Graf Moltke: „Wir werdennicht den gleichen Fehler machen, der1918 begangen wurde; wir werden un-sere innerdeutschen Feinde nicht am Le-ben lassen.“ Und der Reichsführer SSHeinrich Himmler drohte im März1945: „Sie werden mit uns verrecken!“

Das Internationale Rombergparkko-mitee, unterstützt von der VVN-BdA inNRW, plant für 2005 die Kontaktauf-nahme zu Gruppen aus möglichst vie-len Orten mit Kriegsendphasenopfern.Diese Kontakte sollen durch Vernet-zung, durch Korrespondenzen, aberauch durch ein Treffen von Hinterblie-benen und ihren Mitstreitern in Dort-mund hergestellt werden.

Interessenten melden sich bei GisaMarschefski, Generalsekretärin desInternationalen Rombergparkkomi-tees, 44309 Dortmund, Caesariusstr.3, Tel. 0231 - 25 85 45. e-Mail: [email protected].

mehr Infos: www.nrw.vvn-bda.de ■

:antifaschistische nachrichten 3-200516

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Erscheinungsweise:14-täglich

: aus der faschistischen presse

REP NRW kandidierenZum Neujahrsempfang der REP NRWkamen nach Eigenangaben ca. 160 Teil-nehmer nach „Schacht Bismarck“ inGelsenkirchen. In ihrem Rückblick aufdas Jahr 2004 verwies die Landesvorsit-zende Uschi Winkelsett auf die Erfolgebei der Kommunalwahl, die eine Verdrei-fachung der Mandate gebracht habe. DieAufstellung der 128 Direktkandidatenfür die Landtagswahlen in Mai sei be-reits so gut wie abgeschlossen, dieSammlung der benötigten 15.000 Unter-stützungsunterschriften laufe auf Hoch-touren.Winkelsett kündigte „einen furio-sen Wahlkampf“ an, dessen Höhepunkteine Großveranstaltung mit dem Bundes-vorsitzenden, Dr. Rolf Schlierer, sowieGastrednern von der flämischen Natio-nalpartei „Vlaams Belang“ bilden werde.

PM REP-NRW, 31.1.05 ■

NPD wirbt Republikaner ab– 5-Jahresvereinbarung mitder DVU

Junge Freiheit Nr. 4/05 vom 21. Jan. 2005Das Blatt berichtet, dass die Republika-ner in den Ländern Schleswig-Holstein,Hamburg, Niedersachsen und Sachsenkaum noch existent seien, der HamburgerLandesverband habe seine Auflösungvollzogen, die ehemalige Vorsitzende dessächsischen Landesverbandes sei inzwi-schen Angestellte der NPD-Landtags-fraktion. Nach dem Verlust der Landtags-mandate in Baden-Württemberg im Jahr2001 seien die Republikaner mancherortskaum noch präsent. Der Abgrenzungsbe-schluss gegen die NPD, gefasst auf demBundesparteitag im November, bewegtemanche ehemaligen oder Noch-Mitglie-der der Republikaner zu einem Aufruf,bei der Landtagswahl in Schleswig-Hol-stein „und darüber hinaus“ die NPD zuunterstützen. Das Blatt berichtet weiter:„Im kommenden Frühjahr wollen, so war

aus Republikanerkreisen zu erfahren,verschiedene Kleinparteien einen ge-meinsamen Kongress der demokratischenRechten abhalten, um ihr Vorgehen abzu-stimmen, Mitglieder zu motivieren undSpender zu gewinnen. NPD und DVU ha-ben derweil eine 5-Jahres-Vereinbarunggeschlossen, in der sie ein gemeinsamesVorgehen bei den nächsten Landtags-,Bundestags- und Europawahlen verein-bart haben. Zu den Bundestagswahlen2005 soll die NPD kandidieren, zur Euro-pawahl 2009 die DVU.“ Wie lange derPakt hält, wird erheblich von den Wahler-gebnissen der nächsten Landtagswahlenabhängen, das heißt auch davon, ob esden antifaschistischen Kräften gelingt,erfolgreich gegen die Wahl der Rechtsex-tremen zu mobilisieren.

JF kokettiert mit der NPD

Junge Freiheit Nr. 5/05 vom 28. Jan. 2005Unter der Überschrift „Falsche Antwor-ten – die NPD provoziert in Dresden undhat – teilweise – recht“ kommentiertChefredakteur Dieter Stein den Auftrittder NPD-Abgeordneten am 21. Januar inDresden: „Dass die NPD-Abgeordnetenden NS-Opfern die Ehrung verweigerten,ist unerhört. Mit dem im Landtag provo-zierten Eklat, zu dem die Reaktion derübrigen Fraktionen beigetragen hat, wur-de aber ein Schlaglicht darauf gerichtet,dass es in Deutschland noch immer ander Fähigkeit mangelt, aller Opfer – dasheißt auch aller eigenen Opfer zu geden-ken. Das Ausmaß der Irritation und derhysterischen Reaktion auf den DresdnerEklat rührt auch daher, dass die NPD of-fenkundig einen wunden Punkt berührthat ... Je lauter nun anstelle einer ernsteninhaltlichen Auseinandersetzung hyste-risch über Verbote und Diskriminierungs-maßnahmen im Zusammenhang mit derNPD diskutiert wird, desto größer wirdihre demokratische Existenzberechti-

gung. Die NPD ist das lebende schlechteGewissen der übrigen Parteien, die Exis-tenzfragen des Volkes vernachlässigen –in der Zuwanderungsfrage, bei den Fol-gen der Globalisierung, der Frage staat-licher Souveränität.“

Die immer unverhohlener an dieNSDAP-Vorgänger anknüpfende NPDals „schlechtes Gewissen“ der Demokra-tie zu bezeichnen zeugt davon, dass Steinsie als ernstzunehmenden Bündnispartnerunter den rechtsextremen Kräften be-trachtet – etwas, das das Blatt in den letz-ten Jahren vermieden hat.

JF dokumentiert Landtags-debatte Sachsen

Junge Freiheit Nr. 6/05 vom 4. Feb. 2005Das Blatt dokumentiert aus dem Proto-koll der 8. Sitzung des sächsischen Land-tags die Debatte über den Antrag derNPD-Fraktion „Verhalten der Sächsi-schen Staatsregierung und des Landtageszur Erinnerungs- und Gedenkveranstal-tung zum 60. Jahrestag der angloameri-kanischen Terrorangriffe auf die sächsi-sche Landeshauptstadt Dresden“. Abge-sehen davon, dass Dresden im Jahr 1945mitnichten sächsische Landeshauptstadtwar und die Flächenbombardements derAlliierten am Ende des 2. Weltkrieges dieAntwort auf das Mordbrennen der Wehr-macht in ganz Europa und Nordafrikawaren, zeigt sich in der Debatte, welcheGeschichtsfälschungen die NPD verbrei-ten will. Holger Apfel behauptet, dieUSA seien die wahren Mordbrenner derGeschichte: „Die gleichen, die damalskeine Skrupel hatten, Abertausende Zivi-listen kaltblütig umzubringen, kennenauch heute keine Skrupel. Von Dresdenüber Korea, Vietnam und Bagdad ziehtsich eine Spur durch das 20. Jahrhundert... Die gleichen Massenmörder, die am13. Februar Dresden ausgelöscht haben,sind heute drauf und dran, neue Kriegevom Felde zu ziehen.“ Und Jürgen Gan-sel, NPD: „Der Bomben-Holocaust vonDresden steht ursächlich weder im Zu-sammenhang mit dem 1. September 1939noch mit dem 30. Januar 1933. Die Plänezur Vernichtung des Deutschen Reichesexistierten nämlich schon lange, bevor inVersailles der erste Nationalsozialist ge-boren wurde.“ Holger Apfel gibt das Ver-sprechen ab, „dass wir Nationaldemokra-ten nicht eher ruhen werden, bis bei unsin Deutschland keine neuen Gedenkstät-ten zur Anklage gegen das deutsche Volkgebaut werden ... Wir werden nicht eherruhen, bis der 13. Februar in Deutschlandzum offiziellen Feiertag, zum offiziellenGedenktag für die Opfer von Krieg undVertreibung ernannt wurde.“ Die NPDknüpft damit an die Propaganda derNSDAP gegen die Versailler Verträge anund versucht eine ähnliche Kampagne zustarten, die an Antiamerikanismus undNationalismus anknüpft. uld ■