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Postanschrift Berlin: Bundesministerium der Finanzen, 11016 Berlin POSTANSCHRIFT Bundesministerium der Finanzen, 11016 Berlin Nur per E-Mail HAUSANSCHRIFT Wilhelmstraße 97, 10117 Berlin Oberste Finanzbehörden der Länder TEL +49 (0) 30 18 682- DATUM 31. Januar 2014 BETREFF Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO); Neubekanntmachung des AEAO BEZUG TOP 20 der Sitzung AO IV/2013; TOP 15 der Sitzung KSt III/2013 ANLAGEN 1 GZ IV A 3 - S 0062/14/10002 DOK 2014/0108334 (bei Antwort bitte GZ und DOK angeben) In der Anlage übersende ich die Neufassung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung (AEAO) vom 31. Januar 2014. Der neugefasste AEAO ist mit sofortiger Wirkung in allen offenen Fällen anzuwenden. In der Neufassung des AEAO wurden die Zitierweise von Urteilen an die Zitierweise anderer BMF-Handbücher angepasst und Abkürzungen vereinheitlicht. Eingearbeitet wurden auch die Änderungen aufgrund des Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamtes vom 21. März 2013, BGBl. I S. 556. Inhaltliche Änderungen gegenüber der letztgültigen Fassung des AEAO (Letzte Änderung durch BMF-Schreiben vom 1. Oktober 2013, BStBl I S. 1259) sind durch graue Unterlegungen kenntlich gemacht worden. Durch die Neufassung des AEAO werden die BMF-Schreiben vom 2. Januar 2008 - IV A 4 - S 0062/07/0001 - BStBl I S. 26, 21. April 2008 - IV C 4 - S 0171/07/0038 - BStBl I S. 582, 17. Juli 2008 - IV A 3 - S 0062/08/10006 - BStBl I S. 694, 2. Januar 2009 - IV A 3 - S 0062/08/10007 BStBl I S. 8, 30. Juli 2009 - IV A 3 - S 0062/08/10007-06 - BStBl I S. 807, www.bundesfinanzministerium.de

Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO

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Postanschrift Berlin Bundesministerium der Finanzen 11016 Berlin

POSTANSCHRIFT Bundesministerium der Finanzen 11016 Berlin

Nur per E-Mail HAUSANSCHRIFT Wilhelmstraszlige 97 10117 Berlin

Oberste Finanzbehoumlrden der Laumlnder

TEL +49 (0) 30 18 682-

DATUM 31 Januar 2014

BETREFF Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) Neubekanntmachung des AEAO

BEZUG TOP 20 der Sitzung AO IV2013 TOP 15 der Sitzung KSt III2013

ANLAGEN 1

GZ IV A 3 - S 00621410002 DOK 20140108334

(bei Antwort bitte GZ und DOK angeben)

In der Anlage uumlbersende ich die Neufassung des Anwendungserlasses zur Abgabenordnung

(AEAO) vom 31 Januar 2014 Der neugefasste AEAO ist mit sofortiger Wirkung in allen

offenen Faumlllen anzuwenden

In der Neufassung des AEAO wurden die Zitierweise von Urteilen an die Zitierweise anderer

BMF-Handbuumlcher angepasst und Abkuumlrzungen vereinheitlicht Eingearbeitet wurden auch die

Aumlnderungen aufgrund des Gesetzes zur Staumlrkung des Ehrenamtes vom 21 Maumlrz 2013 BGBl

I S 556 Inhaltliche Aumlnderungen gegenuumlber der letztguumlltigen Fassung des AEAO (Letzte

Aumlnderung durch BMF-Schreiben vom 1 Oktober 2013 BStBl I S 1259) sind durch graue

Unterlegungen kenntlich gemacht worden

Durch die Neufassung des AEAO werden die BMF-Schreiben vom

2 Januar 2008 - IV A 4 - S 0062070001 - BStBl I S 26

21 April 2008 - IV C 4 - S 0171070038 - BStBl I S 582

17 Juli 2008 - IV A 3 - S 00620810006 - BStBl I S 694

2 Januar 2009 - IV A 3 - S 00620810007 BStBl I S 8

30 Juli 2009 - IV A 3 - S 00620810007-06 - BStBl I S 807

wwwbundesfinanzministeriumde

Seite 2 22 Dezember 2009 - IV A 3 - S 00620810007-07 - BStBl 2010 I S 9

28 Juli 2010 - IV A 3 - S 00620810007-08 - BStBl I S 630

21 Dezember 2010 - IV A 3 - S 00620810007-09 - BStBl 2011 I S 2

17 Maumlrz 2011

11 Juli 2011

- IV A 3 - S 00620810007-10 shy

- IV A 3 - S 00620810007-11 -

BStBl I S 241

BStBl I S 706

17 Januar 2012 - IV A 3 - S 00620810007-12 - BStBl I S 83

- IV C 4 - S 0171070038-007 shy

30 Januar 2012

15 August 2012

- IV A 3 - S 00620810007-13 shy

- IV A 3 - S 00620810007-14 -

BStBl I S 147

BStBl I S 850

31 Januar 2013 - IV A 3 - S 00620810007-15 - BStBl I S 118

23 Juli 2013 - IV A 3 - S 00620810007-16 - BStBl I S 933 und

1 Oktober 2013 - IV A 3 - S 00620810007-17 - BStBl I S 1251

mit sofortiger Wirkung aufgehoben Dieses Schreiben und die Neufassung des AEAO werden

im Bundessteuerblatt Teil I veroumlffentlicht Sie stehen ab sofort fuumlr eine Uumlbergangszeit auf den

Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen wwwbundesfinanzministeriumde unter

der Rubrik SteuernWeitere SteuerthemenAbgabenordnungAO Anwendungserlass AEAO

zum Download bereit

Im Auftrag

Dieses Dokument wurde elektronisch versandt und ist nur im Entwurf gezeichnet

Anwendungserlass zur Abgabenordnung

(AEAO)

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Eroumlrterungen mit den obersten Finanzbehoumlrden der Laumlnder gilt fuumlr die Anwendung der Abgabenordnung Folgendes

AEAO zu sect 1 - Anwendungsbereich

1 Der Anwendungsbereich beschraumlnkt sich auf die Steuern einschlieszliglich der Steuerverguumltungen Die AO gilt auch fuumlr Steuererstattungen diese sind als Umkehr der Steuerentrichtung bereits durch den Begriff der Steuer in den Anwendungsbereich mit einbezogen (sect 37 Abs 1 AO)

2 Fuumlr die von den Finanzbehoumlrden verwalteten durch Bundesrecht geregelten uumlbrigen oumlffentlichshyrechtlichen Abgaben Praumlmien und Zulagen wird die Geltung der AO durch die jeweiligen Rechtsvorschriften bestimmt Dies gilt insbesondere fuumlr die Wohnungsbaupraumlmien Eigenheimzulagen Arbeitnehmer-Sparzulagen und die Investitionszulagen

3 Die Vorschriften der AO sind grundsaumltzlich sinngemaumlszlig auch auf die steuerlichen Nebenleistungen (sect 3 Abs 4 AO) anzuwenden Ausgenommen sind die Bestimmungen uumlber die Festsetzung Auszligenpruumlfung Steuerfahndung und Steueraufsicht in besonderen Faumlllen (sectsect 155 bis 217 AO) soweit sie nicht ausdruumlcklich fuumlr anwendbar erklaumlrt worden sind (sect 155 Abs 3 Satz 2 sect 156 Abs 2 AO)

4 Die AO ist auch fuumlr die Angelegenheiten anzuwenden die nicht unmittelbar der Besteuerung dienen aber aufgrund der Verwaltungskompetenz fuumlr diese Steuern in den Zustaumlndigkeitsbereich der Finanzbehoumlrden fallen (zB Erteilung von Bescheinigungen in Steuersachen Ausstellung von Einkommensbescheinigungen fuumlr nichtsteuerliche Zwecke)

5 Wegen der Anwendung der AO bei der Leistung von Rechts- oder Amtshilfe wird auf die sectsect 111 ff AO hingewiesen

AEAO zu sect 3 - Steuern steuerliche Nebenleistungen

Steuerliche Nebenleistungen sind keine Steuern Sie sind in sect 3 Abs 4 AO abschlieszligend aufgezaumlhlt Wegen der Anwendung der AO auf steuerliche Nebenleistungen wird auf sect 1 AO hingewiesen

AEAO zu sect 4 - Gesetz

Bei der Auslegung von Steuergesetzen gelten die allgemeinen Auslegungsregeln und damit auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise so wie sie ihren Niederschlag in der Rechtsprechung gefunden hat (vgl BVerfG vom 2411962 1 BvR 23260 BStBl I S 506)

AEAO zu sect 5 - Ermessen

1 Bei der Ausuumlbung des Ermessens sind nicht nur die in einzelnen gesetzlichen Bestimmungen vorgeschriebenen Voraussetzungen sondern auch die Grundsaumltze der Gleichmaumlszligigkeit der Besteuerung der Verhaumlltnismaumlszligigkeit der Mittel der Erforderlichkeit der Zumutbarkeit der Billigkeit und von Treu und Glauben sowie das Willkuumlrverbot und das Uumlbermaszligverbot zu beachten Verwaltungsvorschriften die die Ausuumlbung des Ermessens regeln sind fuumlr die Finanzbehoumlrden bindend

2 Wegen der Begruumlndung von Ermessensentscheidungen wird auf sect 121 AO wegen der Ruumlcknahme und des Widerrufs auf sectsect 130 und 131 AO hingewiesen

AEAO zu sect 7 - Amtstraumlger

1 Der Begriff des Amtstraumlgers ist ua im Zusammenhang mit dem Steuergeheimnis (sect 30 AO) der Haftungsbeschraumlnkung (sect 32 AO) der Ausschlieszligung und Ablehnung von Personen in einem Verwaltungsverfahren (sectsect 82 ff AO) und bei der Selbstanzeige (sect 371 Abs 2 AO) von Bedeutung Die Bestimmung entspricht sect 11 Abs 1 Nrn 2 und 3 StGB

2 Die in sect 7 Nrn 1 und 2 AO genannten Personen sind ohne Ruumlcksicht auf Art und Inhalt der ausgeuumlbten Taumltigkeit Amtstraumlger

3 Die in sect 7 Nr 3 AO aufgefuumlhrten Personen sind nur Amtstraumlger soweit sie Aufgaben der oumlffentlichen Verwaltung wahrnehmen Das sind Aufgaben bei deren Erledigung Angelegenheiten der Gemeinwesen und ihrer Mitglieder unmittelbar gebietend verbietend entscheidend oder sonst wie handelnd innerhalb der gesetzlichen Grenzen wahrgenommen werden Unter sect 7 Nr 3 AO fallen insbesondere Verwaltungsangestellte (zB Angestellte im Auszligenpruumlfungsdienst) soweit sie nicht lediglich als Hilfskraumlfte bei oumlffentlichen Aufgaben mitwirken (zB Registratur- und Schreibkraumlfte)

1

AEAO vor sectsect 8 9 - Wohnsitz gewoumlhnlicher Aufenthalt

1 Die Begriffe des Wohnsitzes (sect 8 AO) bzw des gewoumlhnlichen Aufenthaltes (sect 9 AO) haben insbesondere Bedeutung fuumlr die persoumlnliche Steuerpflicht natuumlrlicher Personen (vgl zu sect 1 EStG sect 2 ErbStG) oder fuumlr familienbezogene Entlastungen (zB Realsplitting nach sect 10 Abs 1 Nr 1 EStG) Sie stellen allein auf die tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse ab (BFH-Urteil vom 10111978 VI R 12776 BStBl 1979 II S 335)

Zwischenstaatliche Vereinbarungen enthalten dagegen zT Fiktionen die den sectsect 8 und 9 AO vorgehen (zB Art 14 des Protokolls uumlber die Vorrechte und Befreiungen der Europaumlischen Union vom 841965 Artikel X des NATO-Truppenstatuts iVm sect 68 Abs 4 AO sect 73 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut) Andere Abkommen enthalten persoumlnliche Steuerbefreiungen (zB Wiener Uumlbereinkommen vom 1841961 uumlber diplomatische Beziehungen und vom 2441963 uumlber konsularische Beziehungen) Fuumlr Auslandsbedienstete gelten traditionell Sonderregelungen zur Steuerpflicht (sect 1 Abs 2 EStG) Teilweise ist auch die Houmlhe der Einkuumlnfte Anknuumlpfungskriterium fuumlr den Umfang der Steuerpflicht (sect 1 Abs 3 EStG)

Der Begriff der Ansaumlssigkeit iSd DBA ist allein auf deren Anwendung (insbesondere hinsichtlich der Abkommensberechtigung und der Zuteilung der Besteuerungsrechte) beschraumlnkt und hat keine Auswirkung auf die persoumlnliche Steuerpflicht Die deutsche unbeschraumlnkte Steuerpflicht besteht daher auch dann wenn der Steuerpflichtige je eine Wohnung bzw einen gewoumlhnlichen Aufenthalt im Inland und im Ausland hat und nach dem anzuwendenden DBA im auslaumlndischen Vertragsstaat ansaumlssig ist (vgl BFH-Urteil vom 461975 I R 25073 BStBl II S 708)

2 Auch wenn ein Steuerpflichtiger im Inland keinen Wohnsitz (sect 8 AO) mehr hat kann er hier noch seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt (sect 9 AO) haben

AEAO zu sect 8 - Wohnsitz

1 Die Frage des Wohnsitzes ist bei EhegattenLebenspartnern und sonstigen Familienangehoumlrigen fuumlr jede Person gesondert zu pruumlfen Personen koumlnnen aber uumlber einen Familienangehoumlrigen einen Wohnsitz beibehalten Ein EhegatteLebenspartner der nicht dauernd getrennt lebt hat seinen Wohnsitz grundsaumltzlich dort wo seine Familie lebt (BFH-Urteil vom 621985 I R 2382 BStBl II S 331) Ein auslaumlndisches Kind das im Heimatland bei Verwandten untergebracht ist und dort die Schule besucht hat grundsaumltzlich keinen Wohnsitz im Inland Dies gilt auch dann wenn es sich in den Schulferien bei seinen Eltern im Inland aufhaumllt (BFH-Urteil vom 2241994 III R 2292 BStBl II S 887)

2 Die bloszlige Absicht einen Wohnsitz zu begruumlnden oder aufzugeben bzw die An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehoumlrde entfalten allein keine unmittelbare steuerliche Wirkung (BFH-Urteil vom 14111969 III R 9568 BStBl 1970 II S 153) IdR stimmen der buumlrgerlich-rechtliche aufgrund einer Willenserklaumlrung des Steuerpflichtigen von ihm selbst bestimmte Wohnsitz und der steuerlich maszliggebende Wohnsitz uumlberein Deshalb koumlnnen die An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehoumlrde im Allgemeinen als Indizien dafuumlr angesehen werden dass der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz unter der von ihm angegebenen Anschrift begruumlndet bzw aufgegeben hat

3 Mit Wohnung sind die objektiv zum Wohnen geeigneten Wohnraumlume gemeint Es genuumlgt eine bescheidene Bleibe Nicht erforderlich ist eine abgeschlossene Wohnung mit Kuumlche und separater Waschgelegenheit iSd Bewertungsrechts

4 Der Steuerpflichtige muss die Wohnung innehaben dh er muss tatsaumlchlich uumlber sie verfuumlgen koumlnnen und sie als Bleibe nicht nur voruumlbergehend benutzen (BFH-Urteile vom 2441964 VI 23662 U BStBl III S 462 und vom 631968 I 3865 BStBl II S 439) Es genuumlgt dass die Wohnung zB uumlber Jahre hinweg jaumlhrlich regelmaumlszligig zweimal zu bestimmten Zeiten uumlber einige Wochen benutzt wird (BFH-Urteil vom 23111988 II R 13987 BStBl 1989 II S 182) Anhaltspunkte dafuumlr koumlnnen die Ausstattung und Einrichtung sein nicht erforderlich ist dass sich der Steuerpflichtige waumlhrend einer Mindestanzahl von Tagen oder Wochen im Jahr in der Wohnung aufhaumllt (BFH-Urteil vom 1931997 I R 6996 BStBl II S 447) Wer eine Wohnung von vornherein in der Absicht nimmt sie nur voruumlbergehend (weniger als sechs Monate) beizubehalten und zu benutzen begruumlndet dort keinen Wohnsitz (BFH-Urteilvom 3081989 I R 21585 BStBl II S 956) Auch gelegentliches Uumlbernachten auf einem inlaumlndischenBetriebsgelaumlnde in einem Buumlro uAuml (sog Schlafstelle) kann dort keinen Wohnsitz begruumlnden (BFH-Urteil vom 621985 I R 2382 BStBl II S 331) Wer sich - auch in regelmaumlszligigen Abstaumlnden - in der Wohnung eines Angehoumlrigen oder eines Bekannten aufhaumllt begruumlndet dort ebenfalls keinen Wohnsitz (BFH-Urteil vom 24101969 IV 29064 BStBl 1970 II S 109) sofern es nicht wie im Fall einer Familienwohnung oder der Wohnung einer Wohngemeinschaft gleichzeitig die eigene Wohnung ist

5 Wer einen Wohnsitz im Ausland begruumlndet und seine Wohnung im Inland beibehaumllt hat auch im Inland einen Wohnsitz iSv sect 8 AO (BFH-Urteil vom 461975 I R 25073 BStBl II S 708) Bei einem ins Ausland versetzten Arbeitnehmer ist ein inlaumlndischer Wohnsitz widerlegbar zu vermuten wenn er seine Wohnung im Inland beibehaumllt deren Benutzung ihm moumlglich ist und die nach ihrer Ausstattung jederzeit als Bleibe dienen kann (BFH-Urteil vom 1751995 I R 894 BStBl 1996 II S 2) Das Innehaben der inlaumlndischen Wohnung kann nach den Umstaumlnden des Einzelfalles auch dann anzunehmen sein wenn der Steuerpflichtige sie waumlhrend eines Auslandsaufenthalts kurzfristig (bis zu sechs Monaten) vermietet

2

oder untervermietet um sie alsbald nach Ruumlckkehr im Inland wieder zu benutzen Zur Zustaumlndigkeit in diesen Faumlllen siehe sect 19 Abs 1 Satz 2 AO

6 Ein Wohnsitz iSv sect 8 AO besteht nicht mehr wenn die inlaumlndische Wohnung die inlaumlndischen Wohnungen aufgegeben wirdwerden Das ist zB der Fall bei Kuumlndigung und Aufloumlsung einer Mietwohnung bei nicht nur kurzfristiger Vermietung der Wohnung im eigenen Haus bzw der Eigentumswohnung Wird die inlaumlndische Wohnung zur bloszligen Vermoumlgensverwaltung zuruumlckgelassen endet der Wohnsitz mit dem Wegzug Bloszlige Vermoumlgensverwaltung liegt zB vor wenn ein ins Ausland versetzter Steuerpflichtiger bzw ein im Ausland lebender Steuerpflichtiger seine Wohnung sein Haus verkaufen oder langfristig vermieten will und dies in absehbarer Zeit auch tatsaumlchlich verwirklicht Eine zwischenzeitliche kurze Ruumlckkehr (zur Beaufsichtigung und Verwaltung der zuruumlckgelassenen Wohnung) fuumlhrt nicht dazu dass die zuruumlckgelassene Wohnung dadurch zum inlaumlndischen Wohnsitz wird

AEAO zu sect 9 - Gewoumlhnlicher Aufenthalt

1 Sofern nicht die besonderen Voraussetzungen des sect 9 Satz 3 AO vorliegen wird an den inlaumlndischen Aufenthalt waumlhrend eines zusammenhaumlngenden Zeitraums von mehr als sechs Monaten die unwiderlegbare Vermutung fuumlr das Vorhandensein eines gewoumlhnlichen Aufenthalts geknuumlpft Der Begriff bdquogewoumlhnlichldquo ist gleichbedeutend mit bdquodauerndldquo bdquoDauerndldquo erfordert keine ununterbrochene Anwesenheit sondern ist im Sinne von bdquonicht nur voruumlbergehendldquo zu verstehen (BFH-Urteil vom 3081989 I R 21585 BStBl II S 956) Bei Unterbrechungen der Anwesenheit kommt es darauf an ob noch ein einheitlicher Aufenthalt oder mehrere getrennte Aufenthalte anzunehmen sind Ein einheitlicher Aufenthalt ist gegeben wenn der Aufenthalt nach den Verhaumlltnissen fortgesetzt werden sollte und die Unterbrechung nur kurzfristig ist Als kurzfristige Unterbrechung kommen in Betracht Familienheimfahrten Jahresurlaub laumlngerer Heimaturlaub Kur und Erholung aber auch geschaumlftliche Reisen Der Tatbestand des gewoumlhnlichen Aufenthalts kann bei einem weniger als sechs Monate dauernden Aufenthalt verwirklicht werden wenn Inlandsaufenthalte nacheinander folgen die sachlich miteinander verbunden sind und der Steuerpflichtige von vornherein beabsichtigt nicht nur voruumlbergehend im Inland zu verweilen (BFH-Urteile vom 2771962 VI 15659 U BStBl III S 429 und vom 381977 I R 21075 BStBl 1978 II S 118)

2 Der gewoumlhnliche Aufenthalt im Inland ist zu verneinen wenn der Steuerpflichtige unter Benutzung einer im Ausland gelegenen Wohnung lediglich seine Taumltigkeit im Inland ausuumlbt (BFH-Urteil vom 2551988 I R 22582 BStBl II S 944) Grenzgaumlnger haben ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt grundsaumltzlich im Wohnsitzstaat (BFH-Urteile vom 1051989 I R 5085 BStBl II S 755 und vom 1071996 I R 496 BStBl 1997 II S 15) Dasselbe gilt fuumlr UnternehmerFreiberufler die regelmaumlszligig jeweils nach Geschaumlftsschluss zu ihrer Familienwohnung im Ausland zuruumlckkehren (BFH-Urteil vom 621985 I R 2382 BStBl II S 331) Wer allerdings regelmaumlszligig an Arbeitstagen am Arbeits-Geschaumlftsort im Inland uumlbernachtet und sich nur am Wochenende bzw an Feiertagen und im Urlaub zu seiner Wohnung im Ausland begibt hat an dem inlaumlndischen Arbeits-Geschaumlftsort jedenfalls seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt

3 Der gewoumlhnliche Aufenthalt kann nicht gleichzeitig an mehreren Orten bestehen Bei fortdauerndem Schwerpunktaufenthalt im Ausland begruumlnden kurzfristige Aufenthalte im Inland zB Geschaumlfts- Dienstreisen Schulungen keinen gewoumlhnlichen Aufenthalt im Inland Umgekehrt fuumlhren kurzfristige Auslandsaufenthalte bei fortdauerndem Schwerpunktaufenthalt im Inland nicht zur Aufgabe eines gewoumlhnlichen Aufenthalts im Inland

4 Der gewoumlhnliche Aufenthalt im Inland ist aufgegeben wenn der Steuerpflichtige zusammenhaumlngend mehr als sechs Monate im Ausland lebt es sei denn dass besondere Umstaumlnde darauf schlieszligen lassen dass die Beziehungen zum Inland bestehen bleiben Entscheidend ist dabei ob der Steuerpflichtige den persoumlnlichen und geschaumlftlichen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegt hat und ob er seinen Willen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zuruumlckzukehren endguumlltig aufgegeben hat (BFH-Urteil vom 2771962 VI 15659 U BStBl III S 429) Als Kriterien dafuumlr koumlnnen die familiaumlren beruflichen und gesellschaftlichen Bindungen herangezogen werden (zB Wohnung der Familienangehoumlrigen im Inland Sitz des Gewerbebetriebs im Inland) Haumllt sich der Steuerpflichtige zusammenhaumlngend laumlnger als ein Jahr im Ausland auf ist grundsaumltzlich eine Aufgabe des gewoumlhnlichen Aufenthalts im Inland anzunehmen

AEAO zu sect 12 - Betriebstaumltte

1 Die Begriffsbestimmung gilt auch fuumlr die freiberufliche Taumltigkeit und Steuerpflichtige mit Einkuumlnften aus Land- und Forstwirtschaft

2 Auch nicht sichtbare unterirdisch verlaufende Rohrleitungen (Pipelines) sind feste Geschaumlftseinrichtungen iSd sect 12 Satz 1 AO und damit Betriebstaumltten (BFH-Urteil vom 30101996 II R 1292 BStBl 1997 II S 12) Zu den Betriebstaumltten zaumlhlen auch bewegliche Geschaumlftseinrichtungen mit voruumlbergehend festem Standort (zB fahrbare Verkaufsstaumltten mit wechselndem Standplatz)

3 Staumltten der Erkundung von Bodenschaumltzen (zB Versuchsbohrungen) sind als Betriebstaumltten anzusehen wenn die Voraussetzungen des sect 12 Nr 8 AO erfuumlllt sind

3

4 sect 12 AO ist nicht anzuwenden soweit andere Rechtsvorschriften (zB DBA OECD-Musterabkommen EStG) abweichende Regelungen zum Begriff bdquoBetriebstaumltteldquo enthalten

AEAO zu sect 15 - Angehoumlrige

1 Dem Angehoumlrigenbegriff kommt uumlberwiegend verfahrensrechtliche Bedeutung zu Fuumlr das materielle Recht koumlnnen die Einzelsteuergesetze abweichende Regelungen treffen

2 sect 15 Abs 1 Nr 1 AO (Verlobte) setzt ein wirksames Eheversprechen voraus

3 Zu den Geschwistern iSd sect 15 Abs 1 Nr 4 AO gehoumlren auch die Halbgeschwister Das sind die Geschwister die einen Elternteil gemeinsam haben darunter fallen jedoch nicht die mit in eine Ehe gebrachten Kinder die keinen Elternteil gemeinsam haben

4 Das Angehoumlrigenverhaumlltnis iSd sect 15 Abs 1 Nr 5 AO besteht lediglich zu den Kindern der Geschwister (Neffen oder Nichten) nicht jedoch zwischen den Kindern der Geschwister untereinander (zB Vettern)

5 Die Ehegatten mehrerer Geschwister sind im Verhaumlltnis zueinander keine Angehoumlrigen iSd sect 15 Abs 1 Nr 6 AO Dasselbe gilt fuumlr Geschwister der Ehegatten

6 Fuumlr die Annahme eines Pflegeverhaumlltnisses gem sect 15 Abs 1 Nr 8 AO ist nicht erforderlich dass das Kind auszligerhalb der Pflege und Obhut seiner leiblichen Eltern steht Ein Pflegeverhaumlltnis kann zB auch zwischen einem Mann und einem Kind begruumlndet werden wenn der Mann mit der leiblichen Mutter des Kindes und diesem in haumluslicher Gemeinschaft lebt Die Unterhaltsgewaumlhrung ist nicht Merkmal dieses Pflegekinderbegriffes Soweit Bestimmungen in Einzelsteuergesetzen auch daran anknuumlpfen muumlssen dort besondere Regelungen getroffen sein

7 Durch die Annahme als Kind erhaumllt ein Kind die volle rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des oder der Annehmenden Damit wird auch die Angehoumlrigeneigenschaft zwischen dem Kind und den Angehoumlrigen des oder der Annehmenden nach Maszliggabe des sect 15 Abs 1 AO begruumlndet Dieser Grundsatz gilt entsprechend bei aumlhnlichen familienrechtlichen Rechtsbeziehungen auslaumlndischen Rechts (Adoption)

8 Fuumlr die in sect 15 Abs 2 AO genannten Personen bleibt die Angehoumlrigeneigenschaft auch dann bestehen wenn die Beziehung die urspruumlnglich die Angehoumlrigeneigenschaft begruumlndete nicht mehr besteht lediglich bei Verlobten erlischt die Angehoumlrigeneigenschaft mit Aufhebung des Verloumlbnisses

AEAO zu sect 16 - Sachliche Zustaumlndigkeit

1 Die sachliche Zustaumlndigkeit betrifft den einer Behoumlrde dem Gegenstand und der Art nach durch Gesetz zugewiesenem Aufgabenbereich Neben dem Aufgabenkreis der durch das FVG bestimmt wird ergeben sich fuumlr die Finanzbehoumlrden auch Aufgabenzuweisungen aus der AO (zB sectsect 208 249 386 AO) und anderen Gesetzen (zB StBerG InvZulG EigZulG)

2 Im Rahmen des foumlderativen Aufbaus der Bundesrepublik ist die verbandsmaumlszligige Zustaumlndigkeit als besondere Art der sachlichen Zustaumlndigkeit zu beachten Nach der Rechtsprechung des BFH ist jedoch bei den nicht gebietsgebundenen Steuern (zB Einkommensteuer) die Verwaltungskompetenz nicht auf die Finanzaumlmter des verbandsmaumlszligig zustaumlndigen Bundeslandes beschraumlnkt Das Wohnsitzfinanzamt ist fuumlr die Besteuerung nach dem Einkommen auch fuumlr Besteuerungszeitraumlume zustaumlndig in denen der Steuerpflichtige in einem anderen Bundesland wohnte (BFH-Urteile vom 29101970 IV R 24769 BStBl 1971 II S 151 und vom 23111972 VIII R 4267 BStBl 1973 II S 198)

3 Wegen der Ruumlcknahme eines Verwaltungsakts einer sachlich unzustaumlndigen Behoumlrde wird auf sect 130 Abs 2 Nr 1 AO hingewiesen

AEAO zu sect 17 - Oumlrtliche Zustaumlndigkeit

1 Neben den Vorschriften im Dritten Abschnitt bestehen Sonderregelungen uumlber die oumlrtliche Zustaumlndigkeit zB in den sectsect 195 367 388 AO sowie in Einzelsteuergesetzen

2 Wegen der Folgen der Verletzung von Vorschriften uumlber die oumlrtliche Zustaumlndigkeit Hinweis auf sect 125 Abs 3 Nr 1 und sect 127 AO Zur mehrfachen oumlrtlichen Zustaumlndigkeit Hinweis auf sectsect 25 und 28 AO

AEAO zu sect 18 - Gesonderte Feststellung

1 Die Zustaumlndigkeitsvorschriften des sect 18 Abs 1 Nrn 1 bis 3 AO gelten fuumlr die Feststellung von Einheitswerten und Einkuumlnften aus Land- und Forstwirtschaft aus Gewerbebetrieb oder aus selbstaumlndiger Arbeit Bei den Einkuumlnften gilt dies sowohl in den Faumlllen der Beteiligung mehrerer Personen (sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe a AO) wie auch in den Faumlllen in denen der Betriebsort Ort der Geschaumlftsleitung bzw Ort der Taumltigkeit und der Wohnsitz auseinander fallen (sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO) Wegen der gesonderten Feststellung bei Zustaumlndigkeit mehrerer Finanzaumlmter in einer Gemeinde vgl AEAO zu sect 19 Nr 3

4

2 Die Regelung nach sect 18 Abs 1 Nr 4 AO bestimmt eine abweichende Zustaumlndigkeit fuumlr die gesonderte Feststellung der Einkuumlnfte aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermoumlgen idR ist nicht das Lagefinanzamt sondern das Finanzamt zustaumlndig von dessen Bezirk die Verwaltung ausgeht Entsprechendes regelt sect 18 Abs 1 Nr 4 AO fuumlr die Feststellung von sonstigem Vermoumlgen von Schulden und sonstigen Abzuumlgen (sect 180 Abs 1 Nr 3 AO) und fuumlr die Durchfuumlhrung von Feststellungen bei Bauherrengemeinschaften usw (V zu sect 180 Abs 2 AO)

3 Aus Vereinfachungsgruumlnden kann das Finanzamt bei der gesonderten Feststellung der Einkuumlnfte aus Vermietung und Verpachtung aus nur einem Grundstuumlck davon ausgehen dass die Verwaltung dieser Einkuumlnfte von dem Ort ausgeht in dem das Grundstuumlck liegt es sei denn die Steuerpflichtigen legen etwas anderes dar

4 Wird von der gesonderten Feststellung nach sect 180 Abs 3 AO abgesehen (zB Faumllle geringer Bedeutung) verbleibt es bei der fuumlr die Einzelsteuern getroffenen Zustaumlndigkeitsregelung

5 Die Regelung in sect 18 Abs 2 AO hat insbesondere Bedeutung fuumlr die gesonderte Feststellung von auslaumlndischen Einkuumlnften an denen mehrere im Inland steuerpflichtige Personen beteiligt sind Auf sect 25 AO wird hingewiesen

AEAO zu sect 19 - Steuern vom Einkommen und Vermoumlgen natuumlrlicher Personen

1 Bei verheirateten nicht dauernd getrennt lebenden Steuerpflichtigen ist bei mehrfachem Wohnsitz im Inland das Finanzamt des Aufenthalts der Familie fuumlr die Besteuerung nach dem Einkommen und Vermoumlgen zustaumlndig Insoweit sind fuumlr die Bestimmung der oumlrtlichen Zustaumlndigkeit die Kinder in die Betrachtung einzubeziehen

2 Nach sect 19 Abs 3 AO ist das Lage- Betriebs- oder Taumltigkeitsfinanzamt auch fuumlr die persoumlnlichen Steuern vom Einkommen und Vermoumlgen zustaumlndig wenn ein Steuerpflichtiger in einer Gemeinde (Stadt) mit mehreren Finanzaumlmtern einen land- und forstwirtschaftlichen oder gewerblichen Betrieb unterhaumllt bzw eine freiberufliche Taumltigkeit ausuumlbt In diesen Faumlllen ist keine gesonderte Feststellung durchzufuumlhren (sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO)

3 Wenn der Steuerpflichtige auszligerhalb des Bezirks seines Wohnsitzfinanzamtes aber in den Bezirken mehrerer Finanzaumlmter derselben Wohnsitzgemeinde Einkuumlnfte aus Land- und Forstwirtschaft Gewerbebetrieb oder freiberuflicher Taumltigkeit erzielt so koumlnnen nach sect 19 Abs 3 AO mehrere Finanzaumlmter zustaumlndig sein In diesen Faumlllen ist nach sect 25 AO zu verfahren Gesonderte Feststellungen sind nur von den Finanzaumlmtern vorzunehmen die den Steuerpflichtigen nicht zur Einkommensteuer und Vermoumlgensteuer veranlagen (sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO)

4 Zustaumlndigkeitsregelungen enthalten auch sect 20a AO iVm der ArbZustBauV sowie die Einzelsteuergesetze und das FVG

5 Das Vermoumlgen iSd sect 19 Abs 2 Satz 1 AO bestimmt sich nach sect 121 BewG aber abweichend von sect 121 Nr 4 BewG unabhaumlngig von der Houmlhe der prozentualen Beteiligung an der inlaumlndischen Kapitalgesellschaft Im Fall der Beteiligung an einer Grundbesitz verwaltenden Personengesellschaft ist fuumlr die Bestimmung der oumlrtlichen Zustaumlndigkeit die Belegenheit des Grundstuumlcks maszliggebend

AEAO zu sect 20 - Steuern vom Einkommen und Vermoumlgen der Koumlrperschaften Personenvereinigungen Vermoumlgensmassen

In den Faumlllen des sect 20 Abs 3 AO gilt Nr 5 des AEAO zu sect 19 entsprechend

AEAO zu sect 20a - Steuern vom Einkommen bei Bauleistungen

1 Liegen die Voraussetzungen des sect 20a Abs 1 Satz 1 AO vor beschraumlnkt sich die Zustaumlndigkeit nicht auf den Steuerabzug nach sectsect 48 ff EStG und auf Umsaumltze aus Bauleistungen sie erfasst die gesamte Besteuerung des Einkommens des Unternehmers (Einkommensteuer Koumlrperschaftsteuer) Das nach sect 20a Abs1 Satz 1 AO zustaumlndige Finanzamt ist auch fuumlr die Umsatzsteuer (sect 21 Abs 1 Satz 2 AO) und die Realsteuern (sect 22 Abs 1 Satz 2 AO) zustaumlndig Siehe auch Rz 100 des BMF-Schreiben vom 27122002 BStBl I S 1399

2 Zur Vermeidung eines erschwerten Verwaltungsvollzugs ist im Regelfall eine von der zentralen Zustaumlndigkeit nach sect 20a Abs 1 und 2 sect 21 Abs 1 Satz 2 und sect 22 Abs 1 Satz 2 AO abweichende Zustaumlndigkeitsvereinbarung nach sect 27 AO mit dem ortsnahen Finanzamt herbeizufuumlhren wenn

- das Unternehmen nur gelegentlich Bauleistungen iSv sect 48 Abs 1 Satz 3 EStG erbringt

- das Unternehmen Bauleistungen iSv sect 48 Abs 1 Satz 3 EStG erbringt die im Verhaumlltnis zum Gesamtumsatz nur von untergeordneter Bedeutung sind oder

- eine zentrale Zustaumlndigkeit weder fuumlr den Steuerpflichtigen noch fuumlr die Finanzbehoumlrden zweckmaumlszligig ist

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AEAO zu sect 21 ndash Umsatzsteuer

Die zentrale Zustaumlndigkeit nach sect 21 Abs 1 Satz 2 AO gilt bereits dann wenn auch nur ein Anknuumlpfungspunkt der gesetzlichen Kriterien Wohnsitz Sitz oder Geschaumlftsleitung im Ausland gegeben ist sect 21 Abs 1 Satz 2 AO hat daher Vorrang vor sect 21 Abs 1 Satz 1 AO

Die zentrale Zustaumlndigkeit nach sect 21 Abs 1 Satz 2 AO iVm der UStZustV ist insbesondere in den Faumlllen von Bedeutung in denen ein Unternehmen vom Ausland aus betrieben wird und der Unternehmer im Inland nicht einkommen- oder koumlrperschaftsteuerpflichtig ist Sie ist aber auch zu beachten wenn der Unternehmer im Inland auch zur Einkommen- oder Koumlrperschaftsteuer zu veranlagen ist

Ein Auseinanderfallen der oumlrtlichen Zustaumlndigkeiten fuumlr die Ertrags- und Umsatzbesteuerung kann allerdings zu einem erschwerten Verwaltungsvollzug fuumlhren zB bei Kapitalgesellschaften mit statutarischem Sitz im Ausland und Geschaumlftsleitung im Inland Betroffen sind beispielsweise Faumllle in denen ein bisher im Inland ansaumlssiges Unternehmen in eine britische bdquoprivate company limited by sharesldquo (Limited) umgewandelt wird oder eine Limited neu gegruumlndet wird die lediglich ihren statutarischen Sitz in Groszligbritannien hat aber allein oder uumlberwiegend im Inland unternehmerisch taumltig und unbeschraumlnkt koumlrperschaftsteuerpflichtig ist In diesen Faumlllen ist im Regelfall eine Zustaumlndigkeitsvereinbarung nach sect 27 AO herbeizufuumlhren nach der das fuumlr die Ertragsbesteuerung zustaumlndige ortsnahe Finanzamt auch fuumlr die Umsatzsteuer zustaumlndig wird (vgl auch AEAO zu sect 27 Nr 3)

AEAO zu sect 24 - Ersatzzustaumlndigkeit

1 Fuumlr den Fall dass sich die Zustaumlndigkeit nicht aus den anderen Vorschriften ableiten laumlsst ist die Finanzbehoumlrde zustaumlndig in deren Bezirk objektiv ein Anlass fuumlr eine Amtshandlung besteht Abgesehen von der Zustaumlndigkeit fuumlr Maszlignahmen zur Aufdeckung unbekannter Steuerfaumllle (sect 208 Abs 1 Nr 3 AO) ist hiernach auch die Zustaumlndigkeit fuumlr den Erlass von Haftungsbescheiden (sectsect 191 192 AO) zu bestimmen Wegen des Sachzusammenhangs ist mithin idR das Finanzamt des Steuerpflichtigen gleichzeitig fuumlr die Heranziehung des Haftenden oumlrtlich zustaumlndig

2 Kann die oumlrtliche Zustaumlndigkeit nicht sofort einwandfrei geklaumlrt werden ist bei unaufschiebbaren Maszlignahmen die Zustaumlndigkeit auf sect 29 AO zu stuumltzen

AEAO zu sect 25 - Mehrfache oumlrtliche Zustaumlndigkeit

Einigen sich bei mehrfacher oumlrtlicher Zustaumlndigkeit die Finanzbehoumlrden auf eine der oumlrtlich zustaumlndigen Finanzbehoumlrden so handelt es sich hierbei nicht um eine Zustaumlndigkeitsvereinbarung iSd sect 27 AO Der Zustimmung des Betroffenen bedarf es nicht

AEAO zu sect 26 - Zustaumlndigkeitswechsel

1 Der Steuerpflichtige kann sich auf den Zustaumlndigkeitswechsel nicht berufen solange keine der beiden beteiligten Finanzbehoumlrden von den die Zustaumlndigkeit veraumlndernden Tatsachen Kenntnis erlangt hat Wegen der Bedeutung der Zustaumlndigkeit fuumlr die Steuerberechtigung ist die Kenntnis uumlber die Umstaumlnde die die Zustaumlndigkeit aumlndern mit Angabe des Datums aktenkundig zu machen und unverzuumlglich der anderen Finanzbehoumlrde mitzuteilen

2 Die Fortfuumlhrung eines bereits begonnenen Verwaltungsverfahrens durch das bisher zustaumlndige Finanzamt ist zulaumlssig wenn das Finanzamt dessen Zustaumlndigkeit durch die veraumlnderten Umstaumlnde begruumlndet wird zustimmt Der Steuerpflichtige soll gehoumlrt werden er ist von der Fortfuumlhrung des Verwaltungsverfahrens zu benachrichtigen

3 Bei Verlegung des Wohnsitzes in den Bezirk eines anderen Finanzamtes unter gleichzeitiger Betriebsaufgabe sind von dem bisher fuumlr Personensteuern und Betriebssteuern zustaumlndigen Finanzamt nur die Personensteuerakten abzugeben Das bisher zustaumlndige Finanzamt ermittelt im Wege der Amtshilfe den Gewinn aus der Zeit bis zur Betriebsaufgabe und teilt ihn dem neuen Wohnsitzfinanzamt mit

Fuumlr die Betriebsteuern bleibt grundsaumltzlich das Betriebsfinanzamt zustaumlndig auch hinsichtlich der Erhebung und etwaigen Vollstreckung Ruumlckstaumlnde sind erforderlichenfalls im Wege der Amtshilfe beizutreiben Ausnahmsweise kommt eine Zustaumlndigkeitsvereinbarung nach sect 27 AO in Betracht wenn sich dies als zweckmaumlszligig erweist

4 Zu den Auswirkungen eines Zustaumlndigkeitswechsels auf das Rechtsbehelfsverfahren vgl AEAO zu sect 367 Nr 1 und BMF-Schreiben vom 10101995 BStBl I S 664

AEAO zu sect 27 - Zustaumlndigkeitsvereinbarung

1 Durch Vereinbarung zwischen den Finanzbehoumlrden kann auch auszliger in den Faumlllen des sect 26 Satz 2 AO die Zustaumlndigkeit einer an sich nicht zustaumlndigen Finanzbehoumlrde begruumlndet werden Voraussetzung fuumlr diese Zustaumlndigkeitsbegruumlndung ist die Zustimmung des Betroffenen Das Zustimmungserfordernis ist eingefuumlgt um der Verfassungsbestimmung des Art 101 Abs 1 Satz 2 GG zu genuumlgen weil an die Zustaumlndigkeit der Finanzbehoumlrde die Zustaumlndigkeit des Finanzgerichts anknuumlpft

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2 Eine bestimmte Form ist fuumlr die Zustimmung des Betroffenen nicht vorgeschrieben Die Zustimmung ist bedingungsfeindlich und kann nur mit Wirkung fuumlr die Zukunft widerrufen werden

3 Eine Zustaumlndigkeitsvereinbarung ist insbesondere in den Faumlllen herbeizufuumlhren in denen eine zentrale Zustaumlndigkeit nach sect 21 Abs 1 Satz 2 AO iVm der UStZustV weder fuumlr den Steuerpflichtigen noch fuumlr die Finanzbehoumlrden zweckmaumlszligig ist

Eine Zustaumlndigkeitsvereinbarung nach der das fuumlr die Ertragsbesteuerung zustaumlndige Finanzamt auch fuumlr die Umsatzsteuer zustaumlndig wird ist hiernach regelmaumlszligig herbeizufuumlhren zB

a) bei Steuerpflichtigen die ihr Unternehmen als Einzelunternehmer aus schlieszliglich oder uumlberwiegend im Inland betreiben und sowohl im Inland als auch im Ausland einen Wohnsitz haben

b) bei Kapitalgesellschaften mit statutarischem Sitz im Ausland und Geschaumlftsleitung im Inland die allein oder uumlberwiegend im Inland unternehmerisch taumltig sind (vgl AEAO zu sect 21)

4 Zur Zustaumlndigkeitsvereinbarung bei Unternehmen die Bauleistungen iSv sect 48 Abs 1 Satz 3 EStG erbringen vgl AEAO zu sect 20a Nr 2

AEAO zu sect 30 - Steuergeheimnis

Inhaltsuumlbersicht

1 Gegenstand des Steuergeheimnisses

2 Verpflichteter Personenkreis

3 Befugnis zur Offenbarung

4 Offenbarung zur Durchfuumlhrung eines steuerlichen Verfahrens (sect 30 Abs 4 Nr 1 AO)

5 Gesetzlich zugelassene Offenbarung (sect 30 Abs 4 Nr 2 AO)

6 Offenbarung mit Zustimmung des Betroffenen (sect 30 Abs 4 Nr 3 AO)

7 Offenbarung zur Durchfuumlhrung eines auszligersteuerlichen Strafverfahrens (sect 30 Abs 4 Nr 4 AO)

8 Offenbarung aus zwingendem oumlffentlichen Interesse (sect 30 Abs 4 Nr 5 AO)

9 Offenbarung vorsaumltzlich falscher Angaben (sect 30 Abs 5 AO)

10 Auskunft uumlber Anzeigeerstatter

1 Gegenstand des Steuergeheimnisses

11 Durch das Steuergeheimnis wird alles geschuumltzt was dem Amtstraumlger oder einer ihm gleichgestellten Person in einem der in sect 30 Abs 2 Nr 1 Buchstabe a bis c AO genannten Verfahren uumlber den Steuerpflichtigen oder andere Personen bekannt geworden ist Dabei macht es keinen Unterschied ob diese Tatsachen fuumlr die Besteuerung relevant sind oder nicht

12 Das Steuergeheimnis erstreckt sich auf die gesamten persoumlnlichen wirtschaftlichen rechtlichen oumlffentlichen und privaten Verhaumlltnisse einer natuumlrlichen oder juristischen Person Zu den Verhaumlltnissen zaumlhlen auch das Verwaltungsverfahren selbst die Art der Beteiligung am Verwaltungsverfahren und die Maszlignahmen die vom Beteiligten getroffen wurden So unterliegt zB auch dem Steuergeheimnis ob und bei welcher Finanzbehoumlrde ein Beteiligter steuerlich gefuumlhrt wird ob ein Steuerfahndungsverfahren oder eine Auszligenpruumlfung stattgefunden hat wer fuumlr einen Beteiligten im Verfahren aufgetreten ist und welche Antraumlge gestellt worden sind

13 Zum geschuumltzten Personenkreis gehoumlren nicht nur die Steuerpflichtigen sondern auch andere Personen deren Verhaumlltnisse einem Amtstraumlger in einem steuerlichen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren bekannt geworden sind Ob diese Personen in einem derartigen Verfahren auskunftspflichtig sind oder ihre Angaben ohne rechtliche Verpflichtung abgegeben haben ist fuumlr die Zuordnung zum geschuumltzten Personenkreis unerheblich (BFH-Urteil vom 821994 VII R 8892 BStBl II S 552) Zur Information des Steuerpflichtigen uumlber ein Auskunftsersuchen gegenuumlber Dritten vgl AEAO zu sect 93 Nr 126 Gesetzliche Pflichten des Dritten zur Unterrichtung des Steuerpflichtigen uumlber eine ihn betreffende Mitteilung an die Finanzbehoumlrden bleiben unberuumlhrt

14 Dem Steuergeheimnis unterliegt auch die Identitaumlt eines Anzeigeerstatters (vgl BFH-Beschluss vom 7122006 V B 16305 BStBl II 2007 S 275 mwN) Nach sect 30 Abs 4 Nr 4 Buchstabe b und Abs 5 AO kann allerdings eine Durchbrechung des Steuergeheimnisses zulaumlssig und in besonders gelagerten Einzelfaumlllen sogar geboten sein (vgl AEAO zu sect 30 Nr 10)

2 Verpflichteter Personenkreis

21 Das Steuergeheimnis haben Amtstraumlger und die in sect 30 Abs 3 AO genannten Personen zu wahren

22 Amtstraumlger sind die in sect 7 AO abschlieszligend aufgefuumlhrten Personen

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23 Den Amtstraumlgern sind nach sect 30 Abs 3 AO gleichgestellt ua die fuumlr den oumlffentlichen Dienst besonders Verpflichteten Nach sect 11 Abs 1 Nr 4 StGB ist dies wer ohne Amtstraumlger zu sein bei einer Behoumlrde oder bei einer sonstigen Stelle die Aufgaben der oumlffentlichen Verwaltung wahrnimmt oder bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluss Betrieb oder Unternehmen die fuumlr eine Behoumlrde oder fuumlr eine sonstige Stelle Aufgaben der oumlffentlichen Verwaltung ausfuumlhren beschaumlftigt oder fuumlr sie taumltig und auf die gewissenhafte Erfuumlllung seiner Obliegenheiten aufgrund eines Gesetzes foumlrmlich verpflichtet ist Rechtsgrundlage fuumlr die Verpflichtung ist das VerpflG Fuumlr eine Verpflichtung kommen zB Schreib- und Registraturkraumlfte ferner Mitarbeiter in Rechenzentren sowie Unternehmer und deren Mitarbeiter die Hilfstaumltigkeiten fuumlr die oumlffentliche Verwaltung erbringen (zB Datenerfassung Versendung von Erklaumlrungsvordrucken) in Betracht

24 Sachverstaumlndige stehen Amtstraumlgern nur dann gleich wenn sie von einer Behoumlrde oder einem Gericht hinzugezogen werden

3 Befugnis zur Offenbarung

Die Absaumltze 4 und 5 des sect 30 AO erlauben die Offenbarung der in sect 30 Abs 2 AO geschuumltzten Verhaumlltnisse Betriebs- und Geschaumlftsgeheimnisse nicht aber die Verwertung von Betriebs- und Geschaumlftsgeheimnissen Offenbarung ist jedes ausdruumlckliche oder konkludente Verhalten auf Grund dessen Verhaumlltnisse eines anderen bekannt werden koumlnnen Eine Offenbarung kann sich aus muumlndlichen schriftlichen oder elektronischen Erklaumlrungen aber auch aus anderen Handlungen (zB Gewaumlhrung von Akteneinsicht Kopfnicken usw) oder Unterlassungen ergeben Die Finanzbehoumlrde ist sofern eine der in sect 30 Abs 4 und 5 AO genannten Voraussetzungen vorliegt zur Offenbarung befugt jedoch nicht verpflichtet Es gelten die Grundsaumltze des sect 5 AO Bei der Entscheidung ob dem Steuergeheimnis unterliegende Verhaumlltnisse offenbart werden sollen ist zu beruumlcksichtigen dass das Steuergeheimnis auch dazu dient die Beteiligten am Besteuerungsverfahren zu wahrheitsgemaumlszligen Angaben zu veranlassen Ist die Befugnis zur Offenbarung nach sect 30 AO gegeben und besteht gleichzeitig ein Auskunftsanspruch der fuumlr sich allein das Steuergeheimnis nicht durchbricht zB sect 161 StPO so ist die Finanzbehoumlrde zur Auskunftserteilung verpflichtet

4 Offenbarung zur Durchfuumlhrung eines steuerlichen Verfahrens (sect 30 Abs 4 Nr 1 AO)

41 sect 30 Abs 4 Nr 1 AO laumlsst eine Offenbarung zur Durchfuumlhrung eines steuerlichen Verfahrens oder eines Steuerstraf- oder Buszliggeldverfahrens zu Es genuumlgt dass das Offenbaren fuumlr die Einleitung oder den Fortgang dieses Verfahrens nuumltzlich sein koumlnnte Die Zulaumlssigkeit ist nicht auf die Mitteilung von Tatsachen zwischen Finanzbehoumlrden beschraumlnkt (zB Mitteilungen zwischen Zollbehoumlrden und Steuerbehoumlrden zwischen Finanzaumlmtern und uumlbergeordneten Finanzbehoumlrden) Zulaumlssig ist auch die Mitteilung an andere Behoumlrden soweit sie unmittelbar der Durchfuumlhrung eines der oben genannten Verfahren dient zB Mitteilungen an die Denkmalschutzbehoumlrden im Bescheinigungsverfahren nach sect 7i EStG

Sofern Verwaltungsgerichte Verfahren in Steuersachen (insbesondere Realsteuersachen Kirchensteuersachen) zu entscheiden haben besteht eine Offenbarungsbefugnis wie gegenuumlber Finanzgerichten Bei verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten in anderen als steuerlichen Verfahren duumlrfen die Finanzbehoumlrden den Gerichten Auskuumlnfte nur dann erteilen wenn die Offenbarung nach sect 30 Abs 4 Nr 2 bis 5 AO zugelassen ist

42 Auskuumlnfte daruumlber ob eine Koumlrperschaft wegen Verfolgung gemeinnuumltziger mildtaumltiger oder kirchlicher Zwecke steuerbeguumlnstigt ist oder nicht sind dem Spender nur dann zu erteilen wenn

- er im Besteuerungsverfahren die Beruumlcksichtigung der geleisteten Spende beantragt (sect 30 Abs 4 Nr 1 iVm Abs 2 Nr 1 Buchstabe a AO)

- die Koumlrperschaft ihm den Tatsachen entsprechend mitgeteilt hat dass sie zur Entgegennahme steuerlich abzugsfaumlhiger Spenden berechtigt ist

- die Koumlrperschaft wahrheitswidrig behauptet sie sei zur Entgegennahme steuerlich abzugsfaumlhiger Spenden berechtigt (sect 30 Abs 4 Nr 1 iVm Abs 2 Nr 1 Buchstabe a AO vgl AEAO zu sect 85 AO) die Richtigstellung kann oumlffentlich erfolgen wenn die Koumlrperschaft ihre wahrheitswidrige Behauptung oumlffentlich verbreitet

Ansonsten ist der Spender bei Anfragen stets an die Koumlrperschaft zu verweisen sofern keine Zustimmung der Koumlrperschaft zur Auskunftserteilung vorliegt

43 Wird eine beantragte Steuerermaumlszligigung die von Einkommens- oder Vermoumlgensverhaumlltnissen Dritter abhaumlngt (zB nach sectsect 32 33a EStG) abgelehnt weil die Einkuumlnfte und Bezuumlge bzw das Vermoumlgen gesetzliche Betragsgrenzen uumlbersteigen ist dies dem Steuerpflichtigen ohne Angabe des genauen Betrags mitzuteilen Wird ein derartiger Ermaumlszligigungsantrag im Hinblick auf die eigenen Einkuumlnfte und Bezuumlge oder das Vermoumlgen des Dritten teilweise abgelehnt so darf dem Steuerpflichtigen die Houmlhe dieser Betraumlge mitgeteilt werden

44 Der Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger in die rechtliche Stellung des Erblassers ein (sect 1922 BGB sect 45 Abs 1 Satz 1 AO) Die Auskuumlnfte die dem Erblasser aus den Steuerakten erteilt werden durften duumlrfen auch dem Erben erteilt werden Sind mehrere Erben vorhanden so ist jeder einzelne

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Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers Zur Auskunftserteilung bedarf es nicht der Zustimmung der uumlbrigen Miterben Der auskunftssuchende Erbe hat sich erforderlichenfalls durch Erbschein auszuweisen Vermaumlchtnisnehmer Pflichtteilsberechtigte sowie Erbersatzanspruchsberechtigte sind keine Gesamtrechtsnachfolger Ihnen darf daher keine Auskunft erteilt werden

45 Bei der Schaumltzung von Besteuerungsgrundlagen sind ggf die fuumlr Vergleichsbetriebe gefuumlhrten Steuerakten dem Finanzgericht vorzulegen damit das Finanzgericht uumlberpruumlfen kann ob gegen die Zahlen der Vergleichsbetriebe Bedenken bestehen Da der Steuerpflichtige jedoch gem sect 78 FGO das Recht hat die dem Finanzgericht vorgelegten Akten einzusehen hat die Vorlage an das Finanzgericht stets in anonymisierter Form zu erfolgen (vgl BFH-Urteil vom 18121984 VIII R 19582 BStBl 1986 II S 226) Das Finanzgericht darf die Verwertung der vom Finanzamt eingebrachten anonymisierten Daten uumlber Vergleichsbetriebe nicht schon im Grundsatz ablehnen (vgl BFH-Urteil vom 17102001 I R 10300 BStBl 2004 II S 171)

46 Zur Auskunftserteilung bei Betriebsuumlbernahme im Hinblick auf die Haftung vgl AEAO zu sect 75 Nr 6

47 Antraumlge auf Erteilung von Auskuumlnften uumlber die Besteuerung Dritter bei der Anwendung drittschuumltzender Normen (ua sectsect 64 bis 68 AO und sect 2 Abs 3 UStG) sind zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage grundsaumltzlich zulaumlssig (vgl BFH-Urteil vom 5102006 VII R 2403 BStBl 2007 II S 243) Ein solcher Auskunftsanspruch setzt allerdings voraus dass der Steuerpflichtige substantiiert und glaubhaft darlegt durch die unzutreffende Besteuerung des Konkurrenten konkret feststellbare und spuumlrbare Wettbewerbsnachteile zu erleiden und deshalb gegen die Steuerbehoumlrde mit Aussicht auf Erfolg ein subjektives oumlffentliches Recht auf steuerlichen Drittschutz geltend machen zu koumlnnen Die Auskuumlnfte sind auf das fuumlr die Rechtsverfolgung notwendige Maszlig zu beschraumlnken In der Auskunft duumlrfen deshalb nur Angaben uumlber die Art und Weise der Besteuerung der fuumlr die Konkurrenzsituation relevanten Umsaumltze der fraglichen oumlffentlichen Einrichtung gemacht werden nicht aber uumlber die Houmlhe dieser Umsaumltze und der hierauf festgesetzten Steuer Der betroffene Dritte soll gehoumlrt werden

48 Gerichtliche Verfahren im Vollstreckungsverfahren

481 Im Rahmen einer Drittwiderspruchsklage (sect 262 AO) darf die Vollstreckungsbehoumlrde (sect 249 Abs 1 Satz 3 AO) im Prozess Verhaumlltnisse des Vollstreckungsschuldners und anderer Personen nach sect 30 Abs 4 Nr 1 AO offenbaren soweit dies der Durchsetzung der Steueranspruumlche gegen den Vollstreckungsschuldner dient

482 Der Drittschuldner (vgl sect 309 AO) ist befugt Einwendungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung wozu auch die Geltendmachung der Unpfaumlndbarkeit von Forderungen (vgl sect 319 AO) gehoumlrt mit der Anfechtungsklage nach sect 40 Abs 1 FGO geltend zu machen Im finanzgerichtlichen Verfahren darf die Vollstreckungsbehoumlrde die Verhaumlltnisse des Vollstreckungsschuldners und anderer Personen nach sect 30 Abs 4 Nr 1 AO offenbaren soweit dies der Durchfuumlhrung des finanzgerichtlichen Verfahrens dient

483 Leistet der Drittschuldner (vgl sect 309 AO) nicht kann die Vollstreckungsbehoumlrde zivilgerichtlich gegen ihn vorgehen Dabei ist dem Vollstreckungsschuldner der Streit zu verkuumlnden (sect 316 Abs 3 AO iVm sect 841 ZPO) Die Klage gegen den Drittschuldner dient der Durchsetzung der Steueranspruumlche gegen den Vollstreckungsschuldner Die Vollstreckungsbehoumlrde darf daher im Prozess Verhaumlltnisse des Vollstreckungsschuldners des Drittschuldners und anderer Personen nach sect 30 Abs 4 Nr 1 AO offenbaren soweit dies der Durchsetzung der Steueranspruumlche dient

5 Gesetzlich zugelassene Offenbarung (sect 30 Abs 4 Nr 2 AO)

Auf sect 30 Abs 4 Nr 2 AO kann eine Offenbarung nur gestuumltzt werden wenn die Befugnis zum Offenbaren in einem Gesetz ausdruumlcklich enthalten ist Eine Bestimmung uumlber die allgemeine Pflicht zur Amtshilfe genuumlgt nicht Die Befugnis kann in der AO selbst (zB sect 31 AO) in anderen Steuergesetzen oder in auszligersteuerlichen Vorschriften enthalten sein

Zu den auszligersteuerlichen Vorschriften gehoumlren insbesondere

- sect 5 Abs 3 des Gesetzes uumlber den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen

- sect 236 Abs 1 und sect 379 Abs 2 des Gesetzes uumlber Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

- sect 88 Abs 3 des Aufenthaltsgesetzes

- sect 197 Abs 2 Satz 2 des Baugesetzbuches

- sect 49 des Beamtenstatusgesetzes und sect 115 des Bundesbeamtengesetzes

- sect 24 Abs 2 und 6 des Bundesdatenschutzgesetzes

- sect 39 des Erdoumllbevorratungsgesetzes

- sect 17 Satz 2 des Gesetzes uumlber das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen

- sect 14 Abs 4 und sect 153a Abs 1 Satz 2 der Gewerbeordnung

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- sect 3 Abs 5 des Guumlterkraftverkehrsgesetzes

- sect 8 Abs 2 des Gesetzes uumlber das Kreditwesen

- sect 4a Abs3 Satz 4 des Melderechtsrahmengesetzes

- sect 25 Abs 3 des Personenbefoumlrderungsgesetzes

- sect 7 Abs 2 des Gesetzes uumlber die Preisstatistik

- sect 27 Abs 1 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung offener Vermoumlgensfragen

- sect 21 Abs 4 SGB X

- sect 5 Abs 2 sect 10 Steuerberatungsgesetz

- sect 9 des Gesetzes uumlber Steuerstatistiken

- sect 492 Abs 3 der StPO iVm sectsect 385 399 AO

- sect 20 Abs 4 des Unterhaltssicherungsgesetzes

- sect 3a der Verfahrensordnung fuumlr Houmlfesachen

- sectsect 32 Abs 4 und sect 35 Abs 4 des Wohnraumfoumlrderungsgesetzes und sect 2 des Wohnungsbindungsgesetzes

- sect 2 des Verwaltungsdatenverwendungsgesetzes

- sect 36 Abs 2 Bundesrechtsanwaltsordnung

- sect 10 Abs 3 des Gesetzes uumlber die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung

- sect 18 Abs 2 Nr 2 des Wohnungseigentumsgesetzes

- sect 18 Abs 3a Bundesverfassungsschutzgesetz (vgl auch sect 51 Abs 3 Satz 3 AO)

- sect 2 Abs 4 und sect 8 Bundesarchivgesetz

- sect 36a Abs 3 Wirtschaftspruumlfungsordnung

- sect 64a Abs 2 Bundesnotarordnung

- sect 34 Abs 2 Patentanwaltsordnung

- sect 54 Abs 1 Satz 4 Gerichtskostengesetz

- sect 19 Abs 2 Satz 2 und Abs 4 Kostenordnung ggf iVm sect 141 oder sect 159 Kostenordnung und

- sect 6 Abs 5 Unterhaltsvorschussgesetz

6 Offenbarung bei Zustimmung des Betroffenen (sect 30 Abs 4 Nr 3 AO)

Nach sect 30 Abs 4 Nr 3 AO ist die Offenbarung zulaumlssig soweit der Betroffene zustimmt Betroffener ist nicht nur der Verfahrensbeteiligte selbst sondern auch jeder Andere dessen Verhaumlltnisse durch sect 30 AO geschuumltzt werden (zB Geschaumlftsfuumlhrer Geschaumlftspartner Arbeitnehmer Empfaumlnger von Zahlungen und anderen Vorteilen) Sind mehrere Personen betroffen so muumlssen alle ihre Zustimmung zur Offenbarung eines Sachverhalts erteilen Stimmen einzelne Personen nicht zu so duumlrfen die geschuumltzten Verhaumlltnisse derjenigen die ihre Zustimmung nicht erteilt haben nicht offenbart werden

7 Offenbarung zur Durchfuumlhrung eines auszligersteuerlichen Strafverfahrens (sect 30 Abs 4 Nr 4 AO)

71 Gem sect 30 Abs 4 Nr 4 Buchstabe a AO duumlrfen im Steuerstrafverfahren oder Steuerordnungswidrigkeitsverfahren gewonnene Erkenntnisse uumlber auszligersteuerliche Straftaten an Gerichte und Strafverfolgungsbehoumlrden fuumlr Zwecke der Strafverfolgung weitergeleitet werden Die Finanzbehoumlrden koumlnnen daher zB die Staatsanwaltschaft auch uumlber sog Zufallsfunde unterrichten Voraussetzung ist jedoch stets dass die Erkenntnisse im Steuerstraf- oder Buszliggeldverfahren selbst gewonnen wurden Kenntnisse die bereits vorher in einem anderen Verfahren (zB Veranlagungs- Auszligenpruumlfungs- oder Vollstreckungsverfahren) erlangt wurden duumlrfen den Strafverfolgungsbehoumlrden gegenuumlber nicht offenbart werden Sind die Tatsachen von dem Steuerpflichtigen (sect 33 AO) selbst oder der fuumlr ihn handelnden Person (sect 200 Abs 1 AO) der Finanzbehoumlrde mitgeteilt worden ist die Weitergabe zur Strafverfolgung wegen nichtsteuerlicher Straftaten nur zulaumlssig wenn der Steuerpflichtige zum Zeitpunkt der Abgabe der Mitteilung an die Finanzbehoumlrde die Einleitung des steuerlichen Straf- oder Buszliggeldverfahrens gekannt hat es sei denn einer der in sect 30 Abs 4 Nr 5 oder Abs 5 AO geregelten Faumllle laumlge vor

72 Gem sect 30 Abs 4 Nr 4 Buchstabe b AO ist eine Offenbarung von Kenntnissen zur Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens wegen einer nichtsteuerlichen Straftat uneingeschraumlnkt zulaumlssig wenn die Tatsachen der Finanzbehoumlrde ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung oder unter Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht bekannt geworden sind Tatsachen sind der Finanzbehoumlrde ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung bekannt geworden wenn die Auskunftsperson nicht zuvor

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durch die Finanzbehoumlrde zur Erteilung einer Auskunft aufgefordert worden ist Ein Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht (siehe sectsect 101 ff AO) kann nur angenommen werden wenn dem Berechtigten sein Auskunftsverweigerungsrecht bekannt war dies setzt in den Faumlllen des sect 101 AO eine Belehrung voraus

8 Offenbarung aus zwingendem oumlffentlichen Interesse (sect 30 Abs 4 Nr 5 AO)

Eine Offenbarung ist gem sect 30 Abs 4 Nr 5 AO zulaumlssig soweit fuumlr sie ein zwingendes oumlffentliches Interesse besteht sect 30 Abs 4 Nr 5 AO enthaumllt eine beispielhafte Aufzaumlhlung von Faumlllen in denen ein zwingendes oumlffentliches Interesse zu bejahen ist Bei anderen Sachverhalten ist ein zwingendes oumlffentliches Interesse nur gegeben wenn sie in ihrer Bedeutung einem der in sect 30 Abs 4 Nr 5 AO erwaumlhnten Faumllle vergleichbar sind Liegt ein zwingendes oumlffentliches Interesse vor macht es fuumlr die Zulaumlssigkeit der Offenbarung keinen Unterschied ob die Finanzbehoumlrde aufgrund eigener Erkenntnisse von Amts wegen die zustaumlndige Behoumlrde informiert oder ob die zustaumlndige Behoumlrde unter Schilderung der Umstaumlnde die das Vorliegen eines zwingenden oumlffentlichen Interesses begruumlnden die Finanzbehoumlrde um Auskunft ersucht

81 Die Gewerbebehoumlrden koumlnnen bei Vorliegen eines zwingenden oumlffentlichen Interesses fuumlr Zwecke eines Gewerbeuntersagungsverfahrens uumlber die Verletzung steuerlicher Pflichten unterrichtet werden die mit der Ausuumlbung des Gewerbes das untersagt werden soll im Zusammenhang stehen (vgl im Einzelnen BMF-Schreiben vom 19122013 BStBl 2014 I S 19)

Zur Wahrung des Steuergeheimnisses gegenuumlber Parlamenten bzw einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages vgl BMF-Schreiben vom 13051987

82 Verbrechen iSd sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstabe a AO sind alle Straftaten die im Mindestmaszlig mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder daruumlber bedroht sind (sect 12 Abs 1 StGB) Als vorsaumltzliche schwere Vergehen gegen Leib und Leben oder gegen den Staat und seine Einrichtungen kommen nur solche Vergehen in Betracht die eine schwerwiegende Rechtsverletzung darstellen und dementsprechend mit Freiheitsstrafe bedroht sind

83 Unter den Begriff der Wirtschaftsstraftat iSd sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstabe b AO fallen Straftaten nicht schon deswegen weil sie nach sect 74c des GVG zur Zustaumlndigkeit des Landgerichts gehoumlren Es ist vielmehr in jedem Einzelfall unter Abwaumlgung der Interessen zu pruumlfen ob die besonderen Voraussetzungen des sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstabe b AO gegeben sind

84 sect 6 des SubvG wonach Behoumlrden von Bund und Laumlndern Tatsachen die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht eines Subventionsbetrugs (sect 264 StGB) begruumlnden den Strafverfolgungsbehoumlrden mitzuteilen haben stellt keine Ermaumlchtigungsvorschrift iSd sect 30 Abs 4 Nr 2 AO dar Anzeigen an Strafverfolgungsbehoumlrden wegen des Verdachts eines Subventionsbetrugs sind daher nur zulaumlssig wenn ein zwingendes oumlffentliches Interesse an der Offenbarung besteht (sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstabe b AO) oder die Voraussetzungen des sect 30 Abs 5 AO vorliegen (vgl AEAO zu sect 30 Nr 9) Betrifft der Subventionsbetrug allerdings Investitionszulagen so sind entsprechende Tatsachen wie bei Steuerstraftaten den Buszliggeld- und Strafsachenstellen zu melden (vgl sect 14 InvZulG 2010 iVm sect 30 Abs 4 Nr 1 AO) Nach sect 31a AO besteht daneben eine Offenbarungsbefugnis gegenuumlber den fuumlr die Bewilligung Gewaumlhrung Ruumlckforderung Erstattung Weitergewaumlhrung oder fuumlr das Belassen einer Subvention zustaumlndigen Behoumlrden und Gerichten vgl im Einzelnen AEAO zu sect 31a Nr 43

85 Die Weitergabe von Informationen uumlber Verstoumlszlige gegen die Umweltschutzbestimmungen kommt insbesondere in Betracht wenn daran ein zwingendes oumlffentliches Interesse nach sect 30 Abs 4 Nr 5 AO besteht Dies ist nicht nur zur Verfolgung der in sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstaben a und b AO genannten Straftaten gegeben sondern auch zur Verfolgung anderer Straftaten die wegen ihrer Schwere und ihrer Auswirkungen auf die Allgemeinheit den genannten Regeltatbestaumlnden entsprechen Bei Verdacht eines besonders schweren Falles einer Umweltstraftat iSd sect 330 StGB oder einer schweren Gefaumlhrdung durch Freisetzung von Giften iSd sect 330a StGB ist ein zwingendes oumlffentliches Interesse fuumlr eine Offenbarung zu bejahen Keine Offenbarungsbefugnis besteht wenn lediglich der abstrakte Gefaumlhrdungstatbestand einer Umweltstraftat wie etwa sect 325 StGB (Luftverunreinigung) sect 325a StGB (Verursachen von Laumlrm Erschuumltterungen und nichtionisierenden Strahlen) bzw sect 326 StGB (umweltgefaumlhrdende Abfallbeseitigung) erfuumlllt ist Kann die Finanzbehoumlrde nicht beurteilen ob die vorgenannten Voraussetzungen fuumlr eine Weitergabe erfuumlllt sind hat sie zunaumlchst unter Anonymisierung des Sachverhalts eine sachkundige Stelle zur Klaumlrung einzuschalten Soweit Verstoumlszlige gegen Umweltschutzbestimmungen steuerliche Auswirkungen haben zB fuumlr die Anerkennung einer Teilwertabschreibung ergibt sich die Befugnis zur Weitergabe aus sect 30 Abs 4 Nr 1 AO sofern die Weitergabe zur Durchfuumlhrung des Besteuerungsverfahrens erforderlich ist Sieht die Finanzbehoumlrde die Notwendigkeit Angaben des Steuerpflichtigen zB uumlber schadstoffbelastete Wirtschaftsguumlter zu uumlberpruumlfen kann sie den Sachverhalt einer zustaumlndigen Fachbehoumlrde offenbaren Die Finanzbehoumlrde hat dabei zu pruumlfen ob es ausreicht den Sachverhalt der Fachbehoumlrde in anonymisierter Form vorzutragen Ist die Offenbarung der Identitaumlt des Steuerpflichtigen erforderlich soll sie die Fachbehoumlrde darauf hinweisen dass die Angaben des Steuerpflichtigen nach sect 30 Abs 2 Nr 1 Buchstabe c AO weiterhin dem Steuergeheimnis unterliegen Die Weitergabe von Erkenntnissen uumlber Verstoumlszlige gegen Umweltschutzbestimmungen kann gleichzeitig auf mehrere Offenbarungsgruumlnde gestuumltzt werden Eine Weitergabe von Erkenntnissen unter dem Gesichtspunkt des zwingenden oumlffentlichen Interesses ist

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deshalb auch dann zulaumlssig wenn der gleiche Sachverhalt bereits nach sect 30 Abs 4 Nr 1 AO offenbart worden ist Die Weitergabe von Informationen uumlber Verstoumlszlige gegen die Umweltschutzbestimmungen kann nicht auf das UIG gestuumltzt werden

86 Zu Mitteilungen an Disziplinarstellen zur Durchfuumlhrung dienstrechtlicher Maszlignahmen bei Beamten und Richtern vgl BMF-Schreiben vom 1232010 BStBl I S 222 geaumlndert durch BMF-Schreiben vom 2062011 BStBl I S 574 Die Regelungen dieses BMF-Schreibens sind bei vergleichbaren Verfehlungen sonstiger Angehoumlriger der Finanzverwaltung (Arbeitnehmer die weder Beamte noch Richter sind) entsprechend anzuwenden soweit dies zur Ergreifung vergleichbarer arbeitsrechtlicher Maszlignahmen (zB Abmahnung Kuumlndigung) fuumlhren kann Eine Steuerhinterziehung in erheblicher Houmlhe ist bei einem hoheitlich taumltigen Angestellten oder Tarifbeschaumlftigen einer Finanzbehoumlrde als wichtiger Grund zur fristlosen Kuumlndigung an sich auch dann geeignet wenn der Angestellte bzw Tarifbeschaumlftigte die Hinterziehung gem sect 371 AO selbst angezeigt hat (vgl BAG Urteile vom 2162001 2 AZR 32500 HFR 2003 S 183 und vom 1092009 2 AZR 25708 juris)

87 Die Finanzbehoumlrden sind verpflichtet den fuumlr die Bekaumlmpfung terroristischer Aktivitaumlten zustaumlndigen Stellen die nach sect 30 AO geschuumltzten Verhaumlltnisse auf deren Ersuchen mitzuteilen Fuumlr die Mitteilungen an die genannten Stellen besteht in diesen Faumlllen ein zwingendes oumlffentliches Interesse iSd sect 30 Abs 4 Nr 5 AO Die ersuchenden Stellen haben in ihrem Ersuchen zu versichern dass die erbetenen Daten fuumlr Ermittlungen und Aufklaumlrungsarbeiten im Zusammenhang mit der Bekaumlmpfung des Terrorismus erforderlich sind Eine bestimmte Form fuumlr die Auskunftsersuchen und die Erteilung der Auskuumlnfte ist nicht erforderlich Bei Zweifeln an der Identitaumlt des Auskunftsersuchenden haben sich die Finanzbehoumlrden vor Auskunftserteilung uumlber die Identitaumlt des Auskunftsersuchenden auf geeignete Weise zu vergewissern Zur Mitteilungspflicht zur Bekaumlmpfung der Geldwaumlsche und der Terrorismusfinanzierung vgl sect 31b AO

88 sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstabe c AO gestattet die Offenbarung zur Richtigstellung unwahrer Tatsachen die geeignet sind das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschuumlttern Diese Offenbarungsbefugnis begruumlndet ein Abwehrrecht der Verwaltung und dient damit nicht dem Aufklaumlrungsinteresse der Oumlffentlichkeit Die Verwaltung selbst hat zu entscheiden ob und in welchem Umfang sie richtig stellen will Sie hat dabei den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlszligigkeit zu wahren und sich auf die zur Richtigstellungerforderliche Offenbarung zu beschraumlnken Eine Offenbarung zur Richtigstellung in der Oumlffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen gem sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstabe c AO kommt nur im Ausnahmefall in Betracht

89 Werden strafrechtlich geschuumltzte Individualrechtsguumlter eines Amtstraumlgers oder einer gleichgestellten Person iSd sect 30 Abs 3 AO verletzt ist die Durchbrechung des Steuergeheimnisses gem sect 30 Abs 4 Nr 5 AO zulaumlssig soweit dies fuumlr die Verfolgung des Deliktes erforderlich ist In Betracht kommen hierbei insbesondere

- falsche Verdaumlchtigung (sect 164 StGB)

- Beleidigung (sect 185 StGB)

- uumlble Nachrede (sect 186 StGB)

- Verleumdung (sect 187 StGB)

- Koumlrperverletzung (sectsect 223 224 229 StGB)

- Freiheitsberaubung (sect 239 StGB)

- Noumltigung (sect 240 StGB)

- Bedrohung (sect 241 StGB)

810 sect 30 Abs 4 Nr 5 AO gestattet die Offenbarung der Verhaumlltnisse eines anderen zur Verfolgung von

- Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (sect 113 Abs 1 StGB)

- Verstrickungsbruumlchen (sect 136 Abs 1 StGB)

- Siegelbruumlchen (sect 136 Abs 2 StGB) oder

- Vereitelung der Vollstreckung (sect 288 StGB)

im Besteuerungsverfahren durch die Finanzbehoumlrden gegenuumlber Gerichten oder Strafverfolgungsbehoumlrden Das zwingende oumlffentliche Interesse an der Offenbarung folgt daraus dass sich die strafrechtlich relevanten Handlungen gegen die Gesetzmaumlszligigkeit des Steuerverfahrens als Ganzes - Steuererhebung und Steuerverstrickung - richten

811 Liegen den Finanzbehoumlrden Erkenntnisse zu Insolvenzstraftaten iSd sectsect 283 bis 283c StGB oder zu Insolvenzverschleppungsstraftaten (sect 15a InsO) vor die sie im Besteuerungsverfahren erlangt haben so ist eine Offenbarung dieser Erkenntnisse an die Strafverfolgungsbehoumlrden nach sect 30 Abs 4 Nr 5 AO zulaumlssig

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812 Liegen den Finanzbehoumlrden Anhaltspunkte zu Misshandlungen von Kindern iSd sect 223 StGB und Misshandlungen von Schutzbefohlenen iSd sect 225 StGB vor die sie im Besteuerungs- bzw Steuerstrafverfahren erlangt haben ist eine Offenbarung dieser Kenntnisse an die Sozialbehoumlrden bzw Strafverfolgungsbehoumlrden nach sect 30 Abs 4 Nr 5 AO zulaumlssig

813 Soweit den Finanzbehoumlrden im Besteuerungsverfahren Erkenntnisse uumlber Verstoumlszlige gegen europaumlische Embargo-Verordnungen bekannt werden haben sie diese den fuumlr die Verfolgung derartiger Verstoumlszlige zustaumlndigen Behoumlrden mitzuteilen Die Offenbarung ist nach sect 30 Abs 4 Nr 5 AO zulaumlssig Der Stand der bestehenden Embargos sowie eine Liste der jeweils zustaumlndigen Ermittlungsbehoumlrde sind zu finden unter httpwwwbmwideBMWiNavigationAussenwirtschaftaussenwirtschaftsrechtdid=193616html

9 Offenbarung vorsaumltzlich falscher Angaben (sect 30 Abs 5 AO)

Die Unterrichtung der Strafverfolgungsbehoumlrden uumlber vorsaumltzlich falsche Angaben des Betroffenen gem sect 30 Abs 5 AO darf nur erfolgen wenn nach Auffassung der Finanzbehoumlrde durch die falschen Angaben ein Straftatbestand verwirklicht worden ist die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens wegen dieser Tat ist nicht Voraussetzung fuumlr die Zulaumlssigkeit der Offenbarung Der Finanzbehoumlrde obliegt die Pruumlfung ob der Betroffene sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht einen Straftatbestand verwirklicht hat (BFH-Urteil vom 821994 VII R 8892 BStBl II S 552) sect 30 Abs 5 AO laumlsst eine Offenbarung nur gegenuumlber den Strafverfolgungsbehoumlrden zu

10 Auskunft uumlber Anzeigeerstatter

101 Durch das Steuergeheimnis wird auch der Name eines Anzeigeerstatters geschuumltzt wenn die Anzeige eines der in sect 30 Abs 2 Nr 1 Buchstabe a und b AO genannten Verfahrens ausloumlst oder innerhalb eines solchen Verfahrens erstattet oder ausgewertet wird Was fuumlr die Offenbarung des Namens des Anzeigeerstatters gilt muss in entsprechender Weise auch fuumlr die wortgetreue Offenbarung des Inhalts der Anzeige gelten Haumlufig wird man naumlmlich aus dem Inhalt einer Anzeige sei es aus einer bestimmten Wortwahl oder aus dem Gebrauch einzelner Formulierungen sei es aus stilistischen oder grammatikalischen Eigenheiten aus der Schrift oder aus der Strukturierung des gesamten Textes mit einiger Wahrscheinlichkeit Ruumlckschluumlsse auf den Verfasser der Anzeige ziehen koumlnnen (vgl BFH-Beschluss vom 28122006 VII B 4403 BFHNV 2007 S 853)

102 Hat der Anzeigeerstatter allerdings vorsaumltzlich falsche Angaben gemacht kann die Finanzbehoumlrde dies gem sect 30 Abs 5 AO den Strafverfolgungsbehoumlrden mitteilen Das Gleiche gilt gem sect 30 Abs 4 Nr 4 Buchstabe b AO wenn die Anzeige ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung erstattet worden ist und die Unterrichtung der Strafverfolgungsbehoumlrden der Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens wegen einer Tat dient die keine Steuerstraftat ist (vgl AEAO zu sect 30 Nr 72)

103 Grundsaumltzlich besteht nur eine Befugnis aber keine Verpflichtung der Finanzbehoumlrde zu einer Unterrichtung der Strafverfolgungsbehoumlrden Im Hinblick auf den Persoumlnlichkeitsschutz des Verdaumlchtigten kann sich die Offenbarungsbefugnis im Einzelfall in eine Verpflichtung zur Unterrichtung der Strafverfolgungsbehoumlrden verdichten wenn der Anzeigeerstatter nach Auffassung der Finanzbehoumlrde durch vorsaumltzlich falsche Angaben Straftatbestaumlnde wie zB des sect 164 StGB (falsche Verdaumlchtigung) verwirklicht hat (vgl ua BFH-Urteil vom 821994 VII R 8892 BStBl II S 552)

104 Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht auch wenn die Voraussetzungen fuumlr eine Offenbarung nach sect 30 Abs 5 oder sect 30 Abs 4 Nr 4 Buchstabe b AO gegeben sind und die Strafverfolgungsbehoumlrde um Namensnennung aufgrund einer Strafanzeige des Steuerpflichtigen gegen Unbekannt im Ermittlungsverfahren nach sect 161 StPO ersucht Dem betroffenen Steuerpflichtigen selbst ist in diesen Faumlllen keine Auskunft uumlber die Identitaumlt des Anzeigeerstatters zu erteilen insbesondere sect 30 Abs 5 AO laumlsst eine Offenbarung nur gegenuumlber den Strafverfolgungsbehoumlrden zu

105 Auch im Fall eines Auskunftsersuchens der Strafverfolgungsbehoumlrde nach sect 161 StPO ist die Finanzbehoumlrde in den Faumlllen des sect 30 Abs 5 AO nur zur Auskunftserteilung berechtigt wenn sie nacheigener Uumlberpruumlfung der Auffassung ist dass der Anzeigeerstatter vorsaumltzlich falsche Angaben gemacht hat In diesem Fall ist die Finanzbehoumlrde zur Auskunftserteilung an die Strafverfolgungsbehoumlrde verpflichtet

106 Beantragt der betroffene Steuerpflichtige selbst bei der Finanzbehoumlrde Auskunft uumlber die Identitaumlt eines Anzeigeerstatters und liegen die Voraussetzungen des sect 30 Abs 4 Nr 4 Buchstabe b AO vor sind im Rahmen der Ermessensentscheidung das allgemeine Persoumlnlichkeitsrecht des Steuerpflichtigen gegen das allgemeine Persoumlnlichkeitsrecht des Anzeigeerstatters und den Zweck des Steuergeheimnisses - die moumlglichst vollstaumlndige Erschlieszligung der Steuerquellen - abzuwaumlgen Dem Informantenschutz und dem Zweck des Steuergeheimnisses kommt dabei ein houmlheres Gewicht als dem Persoumlnlichkeitsrecht des Steuerpflichtigen zu wenn sich die vertraulich mitgeteilten Informationen im Wesentlichen als zutreffend erwiesen und zu Steuernachforderungen fuumlhren (vgl BFH-Beschluss vom 7122006 V B 16305 BStBl 2007 II S 275 mwN) oder wenn sich bei einer Vielzahl von Angaben zumindest einige als steuerrechtlich bedeutsam erweisen wobei diese im Verhaumlltnis zu den anderen nicht voumlllig unmaszliggeblich sein duumlrfen (vgl BFH-Urteil vom 821994 VII R 8892 BStBl II S 552)

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AEAO zu sect 30a - Schutz von Bankkunden

1 sect 30a Abs 3 Satz 2 AO verbietet nicht generell und ausnahmslos die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen anlaumlsslich einer Bankenpruumlfung

sect 30a Abs 3 AO gilt nur fuumlr Guthabenkonten oder Depots bei deren Errichtung eine Identitaumltspruumlfung nach sect 154 Abs 2 AO vorgenommen worden ist Guthabenkonten oder Depots bei deren Errichtung keine Identitaumltspruumlfung nach sect 154 Abs 2 AO vorgenommen worden ist duumlrfen anlaumlsslich der Auszligenpruumlfung bei einem Kreditinstitut zwecks Nachpruumlfung der ordnungsgemaumlszligen Versteuerung festgestellt oder abgeschrieben werden Fuumlr die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen gilt in diesen Faumlllen sect 194 Abs 3 AO

Zufallserkenntnisse die den Verdacht einer Steuerverkuumlrzung im Einzelfall begruumlnden koumlnnen auch hinsichtlich solcher Guthabenkonten oder Depots bei deren Errichtung eine Identitaumltspruumlfung vorgenommen worden ist dem zustaumlndigen Finanzamt mitgeteilt werden (BFH-Beschluss vom 282001 VII B 29099 BStBl II S 665) sect 30a Abs 3 AO entfaltet aber auch im Rahmen nicht strafrechtlich veranlasster typisch steuerrechtlicher Ermittlungen zur Gewinnung von Pruumlfmaterial fuumlr die Veranlagung keine bdquoSperrwirkungldquo wenn ein hinreichender Anlass fuumlr die Kontrollmitteilung besteht (BFH-Urteil vom 9122008 VII R 4707 BStBl 2009 II S 509) Eine Kontrollmitteilung ist dann bdquohinreichend veranlasstldquo wenn das zu pruumlfende Bankgeschaumlft Auffaumllligkeiten aufweist die es aus dem Kreis der alltaumlglichen und bankuumlblichen Geschaumlfte hervorheben oder eine fuumlr Steuerhinterziehung besonders anfaumlllige Art der Geschaumlftsabwicklung erkennen lassen wenn also eine erhoumlhte Wahrscheinlichkeit der Entdeckung unbekannter Steuerfaumllle besteht Der hinreichende Anlass fuumlr die Nachpruumlfung der steuerlichen Verhaumlltnisse muss sich anhand der konkreten Ermittlungen im Einzelfall und der in vergleichbaren Pruumlfsituationen gewonnenen verallgemeinerungsfaumlhigen Erkenntnisse nachvollziehbar ergeben

sect 194 Abs 3 AO bleibt hinsichtlich der Kreditkonten der Eigenkonten und der Konten pro Diverse durch sect 30a Abs 3 AO ebenfalls unberuumlhrt Erkenntnisse aus der Uumlberpruumlfung derartiger Konten fallen allerdings auch unter den Schutz des sect 30a Abs 3 AO soweit die entsprechenden Belege notwendigerweise auch zu einem legitimationsgepruumlften Guthabenkonto oder Depot gehoumlren (BFH-Urteil vom 9122008 VII R 4707 aaO)

Im Uumlbrigen steht sect 30a Abs 3 AO einer Auszligenpruumlfung nach sect 50b EStG bei den Kreditinstituten nicht entgegen

2 Fuumlr Auskunftsersuchen an Kreditinstitute gelten sectsect 93 und 208 AO Ermittlungen bdquoins Blaue hineinldquo sind unzulaumlssig (vgl BFH-Urteil vom 23101990 VIII R 186 BStBl 1991 II S 277 [278]) Auskuumlnfte koumlnnen bei hinreichendem Anlass verlangt werden (BFH-Urteile vom 29101986 VII R 8285 BStBl 1988 II S 359 und vom 2431987 VII R 3086 BStBl II S 484) Unter dieser Voraussetzung sind auch Auskunftsersuchen die sich auf eine Vielzahl von Einzelfaumlllen beziehen (Sammelauskunftsersuchen) zulaumlssig (vgl BFH-Urteil vom 24101989 VII R 187 BStBl 1990 II S 198)

Hingegen sind Sammelauskunftsersuchen uumlber Bestaumlnde von Konten einschlieszliglich Depotkonten sowie uumlber Gutschriften von Kapitalertraumlgen nach sect 30a Abs 2 AO unzulaumlssig

3 Die Anzeigepflicht der Kreditinstitute nach sect 33 ErbStG und die Auswertung der Anzeigen auch fuumlr Einkommensteuerzwecke bleiben durch sect 30a Abs 2 AO unberuumlhrt (BFH-Beschluss vom 241992 VIII B 12991 BStBl II S 616)

4 Bei Ermittlungen im Steuerstrafverfahren und im Buszliggeldverfahren wegen Steuerordnungswidrigkeiten findet sect 30a AO keine Anwendung

AEAO zu sect 31 - Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen

1 Die Finanzbehoumlrden sind nach sect 31 Abs 2 AO zur Offenbarung gegenuumlber der Bundesagentur fuumlr Arbeit der Kuumlnstlersozialkasse und den Traumlgern der gesetzlichen Sozialversicherung nur verpflichtet soweit die Angaben fuumlr die Feststellung der Versicherungspflicht oder die Festsetzung von Beitraumlgen benoumltigt werden Die Traumlger der Sozialversicherung die Bundesagentur fuumlr Arbeit und die Kuumlnstlersozialkasse haben dies bei Anfragen zu versichern

2 Sozialleistungstraumlger iSd sect 31 Abs 2 AO sind gem sect 12 SGB I die in sectsect 18 bis 29 SGB I genannten Koumlrperschaften Anstalten und Behoumlrden die entsprechende Dienst- Sach- und Geldleistungen gewaumlhren Hierzu gehoumlren zB neben den Agenturen fuumlr Arbeit und den sonstigen Dienststellen der Bundesagentur fuumlr Arbeit die gesetzlichen Krankenkassen (Orts- Betriebs- und Innungskrankenkassen landwirtschaftliche Krankenkassen die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und die Ersatzkassen) sowie hinsichtlich der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung die Regionaltraumlger der deutschen Rentenversicherung die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See hinsichtlich der knappschaftlichen Rentenversicherung die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und hinsichtlich der Alterssicherung der Landwirte die landwirtschaftlichen Alterskassen

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Nicht zu den Sozialleistungstraumlgern iSd sect 31 Abs 2 AO gehoumlren private Krankenversicherungen unddie Traumlger der berufstaumlndischen Versorgungsleistungen (zB Aumlrzte- Rechtsanwalts- und Architekten-Versorgungswerke)

Eine staumlndig aktualisierte Liste der auskunftsberechtigten Krankenkassen kann unter httpwwwgkvshyspitzenverbandde eingesehen werden

3 Auskuumlnfte gegenuumlber Krankenkassen bei freiwillig Versicherten

31 Die Finanzbehoumlrden sind gegenuumlber den gesetzlichen Krankenkassen hinsichtlich freiwillig Versicherter die hauptberuflich selbstaumlndig erwerbstaumltig sind grundsaumltzlich nicht nach sect 31 Abs 2 AO auskunftspflichtig Da bei diesem Personenkreis die Beitragsbemessungsgrenze als beitragspflichtige Einnahme gilt ist die Krankenkasse grundsaumltzlich nicht verpflichtet die sozialversicherungsrelevanten Verhaumlltnisse zu ermitteln

Der freiwillig Versicherte kann allerdings eine Beitragsreduzierung erreichen wenn er geringere Einnahmen nachweist (sect 240 Abs 4 Satz 2 SGB V) Die aus dem zuletzt vorgelegten Einkommensteuerbescheid abgeleitete Beitragsbemessung bleibt dann bis zur Erteilung des naumlchsten Einkommensteuerbescheids maszliggebend Erklaumlrt ein freiwillig Versicherter seiner Krankenkasse in derartigen Faumlllen auf Nachfrage ihm sei seit mehr als 18 Monaten kein Steuerbescheid zugegangen ist der Krankenkasse auf Ersuchen mitzuteilen ob innerhalb dieses Zeitraums ein Steuerbescheid erteilt wurde (unabhaumlngig davon welchen Veranlagungszeitraum er betrifft) bejahendenfalls ist auch dessen Datum und das jeweilige Veranlagungsjahr mitzuteilen

32 Bei anderen freiwillig Versicherten ist die Krankenkasse verpflichtet die sozialversicherungsrelevanten Verhaumlltnisse zu ermitteln Kommt der Versicherte seiner Mitwirkungspflicht nicht nach kann die Krankenkasse die Finanzbehoumlrden in diesen Faumlllen um Auskunft ersuchen Die nach sect 31 Abs 2 AO zulaumlssige Auskunft ist auf die zur Beitragsfestsetzung unbedingt notwendigen Angaben zu beschraumlnken (insbesondere Houmlhe einzelner Einkuumlnfte oder Summe der Einkuumlnfte)

33 Die Krankenkassen haben in ihren Ersuchen darzulegen welches Versicherungsverhaumlltnis besteht (vgl AEAO zu sect 31 Nrn 31 oder 32)

4 Bei Anfragen der Rentenversicherungstraumlger an die Finanzaumlmter auf Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen nach sect 31 Abs 2 Satz 1 AO in Faumlllen der einkommensgerechten Beitragszahlung von versicherungspflichtigen Selbstaumlndigen (sect 165 SGB VI) ist von der Erforderlichkeit der Auskunft auszugehen wenn der Rentenversicherungstraumlger im Vordruck fuumlr Auskunftsersuchen an die Finanzaumlmter (Vordruck V001) versichert dass eigene Ermittlungsversuche im Umfang der gestellten Anfrage beim Versicherten (ua Aufforderung zur Vorlage des letzten Einkommensteuerbescheids und Erinnerung hieran) erfolglos geblieben sind

AEAO zu sect 31a - Mitteilungen zur Bekaumlmpfung der illegalen Beschaumlftigung und des Leistungsmissbrauchs

1 Allgemeines

Die Offenbarung erfolgt aufgrund einer Anfrage der fuumlr die in sect 31a AO genannten Verfahren zustaumlndigen Stellen Die zustaumlndigen Stellen haben in der Anfrage zu versichern dass die Offenbarung der Verhaumlltnisse fuumlr ein Verfahren iSd sect 31a Abs 1 AO erforderlich ist

Die Offenbarung erfolgt von Amts wegen wenn die Finanzbehoumlrden uumlber konkrete Informationen verfuumlgen die fuumlr die zustaumlndigen Stellen fuumlr ein Verfahren nach sect 31a Abs 1 AO erforderlich sind Es genuumlgt die Moumlglichkeit dass die konkreten Tatsachen fuumlr die Durchfuumlhrung eines Verfahrens nach sect 31a Abs 1 AO erforderlich sind ein konkreter Tatverdacht im strafprozessualen Sinne ist nicht notwendig Vorsorgliche Mitteilungen sind nicht vorzunehmen

Die Mitteilungspflicht der Finanzbehoumlrden bezieht sich nur auf die konkret vorhandenen Anhaltspunkte sie sind nicht zu zusaumltzlichen Ermittlungen verpflichtet Die Mitteilungspflicht des sect 31a AO gilt nur gegenuumlber den jeweils zustaumlndigen Stellen und schlieszligt nicht die Befugnis zur Gewaumlhrung vonAkteneinsicht oder die Uumlbersendung von Akten ein

Eine Mitteilungspflicht besteht nicht soweit deren Erfuumlllung mit einem unverhaumlltnismaumlszligigen Aufwand verbunden waumlre (sect 31a Abs 2 Satz 3 AO) Ein unverhaumlltnismaumlszligiger Aufwand liegt idR dann vor wenn der zur Erfuumlllung der Mitteilungspflicht erforderliche sachliche personelle oder zeitliche Aufwand erkennbar auszliger Verhaumlltnis zum angestrebten Erfolg der Mitteilung steht

2 Bekaumlmpfung von illegaler Beschaumlftigung oder Schwarzarbeit (sect 31 Abs 1 Nr 1 Buchstabe a AO)

21 Illegale Beschaumlftigung

Nach sect 16 Abs 2 SchwarzArbG liegt illegale Beschaumlftigung ua dann vor wenn Auslaumlnder ohne eine erforderliche Genehmigung arbeiten oder beschaumlftigt werden (illegale Arbeitnehmerbeschaumlftigung) oder Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber an einen Dritten gewerbsmaumlszligig zur Arbeitsleistung uumlberlassen werden obwohl eine erforderliche Erlaubnis nach dem Arbeitnehmeruumlberlassungsgesetz nicht vorliegt oder die Uumlberlassung gesetzlich nicht gestattet ist (unerlaubte Arbeitnehmeruumlberlassung)

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22 Schwarzarbeit

Nach sect 1 Abs 2 SchwarzArbG leistet Schwarzarbeit wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausfuumlhren laumlsst und dabei

1 als Arbeitgeber Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbststaumlndiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde- Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfuumlllt

2 als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfuumlllt

3 als Empfaumlnger von Sozialleistungen seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Mitteilungspflichten gegenuumlber dem Sozialleistungstraumlger nicht erfuumlllt

4 als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen seiner sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Anzeige vom Beginn des selbststaumlndigen Betriebes eines stehenden Gewerbes (sect 14 der Gewerbeordnung) nicht nachgekommen ist oder die erforderliche Reisegewerbekarte (sect 55 der Gewerbeordnung) nicht erworben hat

5 als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbststaumlndig betreibt ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (sect 1 der Handwerksordnung)

23 Zustaumlndige Stellen

Zustaumlndig fuumlr die Pruumlfung und Bekaumlmpfung von illegaler Beschaumlftigung nach Nr 21 des AEAO zu sect 31a und Schwarzarbeit nach Nr 22 lfd Nr 1 und 2 des AEAO zu sect 31a sind die Behoumlrden der Zollverwaltung Arbeitsbereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) Die FKS pruumlft auch ob Verstoumlszlige gegen Mitteilungspflichten nach Nr 22 lfd Nr 3 des AEAO zu sect 31a vorliegen sofern diese Mitteilungspflichten Sozialleistungen nach dem SGB II dem SGB III oder Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz betreffen fuumlr Sozialleistungen nach dem SGB I sind die jeweiligen Leistungs- bzw Subventionsgeber zustaumlndig (vgl AEAO zu sect 31a Nr 42) Fuumlr die Verfolgung und Ahndung von Verstoumlszligen gegen die in Nr 22 lfd Nr 4 und 5 des AEAO zu sect 31a aufgefuumlhrten Pflichten sind die nach Landesrecht zustaumlndigen Behoumlrden zustaumlndig (sect 2 Abs 1a SchwarzArbG) Die Pruumlfung der Erfuumlllung steuerlicher Pflichten obliegt gem sect 2 Abs 1 Satz 2 SchwarzArbG weiterhin den Landesfinanzbehoumlrden Die FKS ist gem sect 2 Abs 1 Satz 3 SchwarzArbG zur Mitwirkung an diesen Pruumlfungen berechtigt Unabhaumlngig davon pruumlft die FKS gem sect 2 Abs 1 Satz 4 SchwarzArbG zur Erfuumlllung ihrer Mitteilungspflichten nach sect 6 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 3 Nr 4 SchwarzArbG ob Anhaltspunkte dafuumlr bestehen dass steuerlichen Pflichten aus Dienst- und Werkleistungen nicht nachgekommen wurde Ergeben sich bei der Pruumlfung der FKS Anhaltspunkte fuumlr Verstoumlszlige gegen die Steuergesetze so unterrichtet die FKS hieruumlber die zustaumlndigen Finanzbehoumlrden (sect 6 Abs 3 Nr 4 SchwarzArbG) Zur Durchfuumlhrung des SchwarzArbG fuumlhrt die FKS eine zentrale Pruumlfungs- und Ermittlungsdatenbank (sect 16 SchwarzArbG) Den Landesfinanzbehoumlrden wird auf Ersuchen Auskunft aus der zentralen Datenbank erteilt zur Durchfuumlhrung eines Steuerstraf- oder Steuerordnungswidrigkeitenverfahrens und fuumlr die Besteuerung soweit sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen steht (sect 17 Abs 1 Nr 4 SchwarzArbG) Soweit durch eine Auskunft die Gefaumlhrdung des Untersuchungszwecks eines Ermittlungsverfahrens zu besorgen ist kann die fuumlr dieses Verfahren zustaumlndige Behoumlrde der Zollverwaltung oder die zustaumlndige Staatsanwaltschaft anordnen dass hierzu keine Auskunft erteilt werden darf (sect 17 Abs 1 Satz 2 SchwarzArbG) sect 478 Abs 1 Satz 1 und 2 StPO findet Anwendung wenn die Daten Verfahren betreffen die zu einem Strafverfahren gefuumlhrt haben (sect 17 Abs 1 Satz 3 SchwarzArbG)

24 Mitteilungen

Verfuumlgt die Finanzbehoumlrde uumlber Informationen die die FKS oder die nach Landesrecht zustaumlndigen Behoumlrden fuumlr die Erfuumlllung Ihrer Aufgaben zur Bekaumlmpfung illegaler Beschaumlftigung und Schwarzarbeit benoumltigt hat sie diese mitzuteilen Anhaltspunkte fuumlr einen moumlglichen Verstoszlig reichen fuumlr eine Mitteilung aus Ein unverhaumlltnismaumlszligiger Aufwand iSd sect 31a Abs 2 Satz 3 AO liegt bei den Mitteilungen an die FKS im Regelfall nicht vor

25 Verfahren FKS

Sowohl die Hauptzollaumlmter als auch die Landesfinanzbehoumlrden haben so genannte bdquoPartnerstellenldquo fuumlr die Zusammenarbeit der FKS mit den Finanzbehoumlrden eingerichtet Mitteilungen sind daher nicht direkt an die FKS zu richten sondern der jeweils oumlrtlichen bdquoPartnerstelle Steuerldquo zu uumlbermitteln Diese leitet die Mitteilungen dann an die jeweils oumlrtliche bdquoPartnerstelle FKSldquo weiter In begruumlndeten Einzelfaumlllen sind ausnahmsweise auch direkte Kontakte zwischen den Stellen der FKS und den Finanzaumlmtern moumlglich Hieruumlber sind die oumlrtlichen Partnerstellen zeitnah zu unterrichten

3 Entscheidung uumlber Arbeitnehmeruumlberlassung (sect 31a Abs 1 Nr 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa AO)

31 Arbeitnehmeruumlberlassung 16

Nach sect 1 Abs 1 AUumlG ist eine Erlaubnis erforderlich wenn ein Arbeitgeber (Verleiher) einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) gewerbsmaumlszligig zur Arbeitsleistung uumlberlassen will ohnedass damit eine Arbeitsvermittlung nach sect 1 Abs 2 AUumlG und iSd sectsect 35 ff SGB III betrieben wird Die gewerbsmaumlszligige Arbeitnehmeruumlberlassung in Betrieben des Baugewerbes fuumlr Arbeiten die uumlblicherweise von Arbeitern verrichtet werden ist zwischen Betrieben des Baugewerbes gestattet wenn diese Betriebe von denselben Rahmen- und Sozialkassentarifvertraumlgen oder von deren Allgemeinverbindlichkeiten erfasst werden ansonsten ist sie unzulaumlssig (sect 1b AUumlG)

Die Erlaubnis zur Arbeitnehmeruumlberlassung haumlngt nach den Vorschriften des AUumlG ua von der Zuverlaumlssigkeit des Verleihers ab Diese Erlaubnis kann aus den in sectsect 3 4 und 5 AUumlG aufgefuumlhrten Gruumlnden versagt zuruumlckgenommen oder widerrufen werden Die Zuverlaumlssigkeitspruumlfung durch die Arbeitsbehoumlrde hat sich dabei auch auf das steuerliche Verhalten - insbesondere die Einhaltung der Vorschriften uumlber die Einbehaltung und Abfuumlhrung der Lohnsteuer - zu erstrecken (sect 3 Abs 1 Nr 1AUumlG)

32 Zustaumlndige Stellen

Zustaumlndig fuumlr die Durchfuumlhrung des AUumlG ist die Bundesagentur fuumlr Arbeit (sect 17 AUumlG)

33 Mitteilungen

Die Finanzbehoumlrden unterrichten die zustaumlndigen Dienststellen der Bundesagentur fuumlr Arbeit von Amts wegen uumlber jede Verletzung steuerlicher Pflichten eines Arbeitnehmerverleihers die mit der Ausuumlbung seiner gewerblichen Taumltigkeit im Zusammenhang steht es sei denn es handelt sich um Pflichtverletzungen die nach ihrem betragsmaumlszligigen Umfang und ihrer Bedeutung als geringfuumlgig anzusehen sind

Solche Pflichtverletzungen die nach ihrem betragsmaumlszligigen Umfang und ihrer Bedeutung als geringfuumlgig anzusehen sind sind jedoch auf Anfrage den Dienststellen der Bundesagentur fuumlr Arbeit mitzuteilen wenn in der Anfrage von ihnen bescheinigt wird dass die Informationen fuumlr ein nach sect 31a Abs 1 Nr 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa AO genanntes Verfahren erforderlich sind

Zu den mitzuteilenden Tatsachen gehoumlren zB

- die Nichtanmeldung von Lohnsteuer

- die verspaumltete Abgabe von Lohnsteuer-Anmeldungen

- die verspaumltete Abfuumlhrung oder Nichtabfuumlhrung der einbehaltenen Steuerabzugsbetraumlge

- bestehende Steuerruumlckstaumlnde soweit diese durch die gewerbliche Taumltigkeit ausgeloumlst wurden

- erhebliche Nachforderungen aus Lohnsteuer-Auszligenpruumlfungen

- wirtschaftliche Leistungsunfaumlhigkeit

34 Verfahren

Damit die Finanzbehoumlrden zwischen unerlaubter Arbeitnehmeruumlberlassung (vgl AEAO zu sect 31a Nr 21) und genehmigter Arbeitnehmeruumlberlassung unterscheiden und uumlberpruumlfen koumlnnen ob ein Verleiher seinen steuerlichen Pflichten nachkommt unterrichten die Dienststellen der Bundesagentur fuumlr Arbeit die Finanzbehoumlrden von Amts wegen uumlber die Erteilung Versagung Verlaumlngerung Ruumlcknahme und den Widerruf sowie das Erloumlschen der Erlaubnis zur gewerbsmaumlszligigen Arbeitnehmeruumlberlassung Die Dienststellen der Bundesagentur fuumlr Arbeit unterrichten die Finanzbehoumlrden ferner uumlber jeden Antrageines Unternehmers mit Sitz im Ausland auf Erteilung einer Erlaubnis nach dem AUumlG uumlber Anfragen von Unternehmen mit Sitz im Ausland ob ihre im Inland beabsichtigte Taumltigkeit erlaubnispflichtig sei und uumlber Anfragen inlaumlndischer Unternehmer ob einem bestimmten auslaumlndischen Unternehmen eine Erlaubnis nach dem AUumlG erteilt wurde

4 Entscheidung uumlber Leistungen aus oumlffentlichen Mitteln (sect 31a Abs 1 Nr 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb AO)

41 Leistungen aus oumlffentlichen Mitteln

Unter dem Begriff bdquoLeistungen aus oumlffentlichen Mittelnldquo sind alle Leistungen der oumlffentlichen Hand zu verstehen Insbesondere fallen darunter Sozialleistungen und Subventionen

411 Sozialleistungen

Sozialleistungen sind gem sect 11 SGB I die im SGB I vorgesehenen Dienst- Sach- und Geldleistungen Hierzu zaumlhlen die in sectsect 18 bis 29 SGB I und die in sect 68 SGB I aufgezaumlhlten Leistungen Sozialleistungen sind danach zB die Leistungen der Agenturen fuumlr Arbeit der gesetzlichen Krankenkassen der gesetzlichen Rentenversicherungstraumlger der Sozialaumlmter und der Unterhaltsvorschussbehoumlrden

412 Subventionen

Subventionen sind gem sect 1 Abs 1 SubvG iVm sect 264 Abs 7 StGB Leistungen die aus oumlffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht oder nach dem Recht der Europaumlischen Union an Betriebe oder

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Unternehmen wenigstens zum Teil ohne marktuumlbliche Gegenleistung gewaumlhrt werden und der Foumlrderung der Wirtschaft dienen sollen

Leistungsgrundlage fuumlr die Gewaumlhrung von Subventionen sind das Recht von Bund Laumlndern (zugleich auch Gemeinden) oder der Europaumlischen Union wobei es sich nicht um ein Gesetz handeln muss sondern auch auf Gesetz beruhende Haushaltsansaumltze genuumlgen Anhaltspunkte dafuumlr dass es sich bei der Zuwendung (Foumlrderung) um eine Subvention handelt ergeben sich regelmaumlszligig aus den Antragsunterlagen oder aus dem Bewilligungsbescheid

42 Zustaumlndige Stellen

Mitteilungen sind an die jeweilig zustaumlndigen Leistungs- bzw Subventionsgeber zu richten die fuumlr die Entscheidung uumlber die Bewilligung Gewaumlhrung Ruumlckforderung Erstattung Weitergewaumlhrung oder das Belassen der Leistung aus oumlffentlichen Mitteln zustaumlndig sind

43 Mitteilungen

Liegt eine Anfrage der Bewilligungsbehoumlrde nicht vor muumlssen sich konkrete Anhaltspunkte aus der Buchfuumlhrung den Aufzeichnungen oder den Unterlagen des Steuerpflichtigen ergeben (zB ein entsprechender Bewilligungsbescheid bei einer Auszligenpruumlfung) Vorsorgliche Mitteilungen aufgrund bloszliger Vermutungen sind nicht vorzunehmen

Von Amts wegen hat eine Offenbarung insbesondere zu erfolgen wenn konkrete Anhaltspunkte es moumlglich erscheinen lassen dass

- aufgrund eines Verwaltungsakts Sozialleistungen zu Unrecht in Anspruch genommen werden oder genommen wurden oder

- Sozialleistungen zu erstatten sind oder

- Tatsachen subventionserheblich iSd sect 264 Abs 8 StGB sind Subventionserheblich sind auch Tatsachen die sich auf die Foumlrderung nach der Gemeinschaftsaufgabe bdquoVerbesserung der regionalen Wirtschaftstrukturldquo (GA Foumlrderung) beziehen

Es genuumlgt die Moumlglichkeit dass die gewaumlhrten Subventionen oder Sozialleistungen zuruumlckgefordert werden koumlnnen Ein konkreter Tatverdacht im strafprozessualen Sinne (zB Subventionsbetrug) ist nicht erforderlich Es ist nicht Aufgabe des Finanzamts zur Feststellung von Leistungsmissbraumluchen uumlber dieUumlberpruumlfung steuerlicher Sachverhalte hinausgehende oder zusaumltzliche Ermittlungen vorzunehmen

Die Entscheidung ob tatsaumlchlich ein Leistungsmissbrauch vorliegt trifft die informierte Stelle

5 Ruumlckgewaumlhr einer Leistung aus oumlffentlichen Mitteln (sect 31a Abs 1 Nr 2 AO)

Die Offenbarung ist zulaumlssig wenn sie fuumlr die Geltendmachung eines Anspruchs auf Ruumlckgewaumlhr einer Forderung aus oumlffentlichen Mitteln erforderlich ist Hierunter ist sowohl die Durchsetzung insbesondere die Vollstreckung von nach sect 31a Abs 1 Nr 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb AO bereits festgesetzten Ruumlckforderungen von Leistungen aus oumlffentlichen Mitteln zB durch die fuumlr die Vollstreckung zustaumlndigen Hauptzollaumlmter als auch die privatrechtliche Ruumlckabwicklung von Leistungen oder Subventionen aus oumlffentlichen Mitteln durch die zustaumlndigen Stellen zu verstehen Eine Offenbarung ist insbesondere auch zulaumlssig fuumlr die Ruumlckforderung von Zahlungen der gesetzlichenKrankenkassen und Ersatzkassen gegenuumlber Aumlrzten Zahnaumlrzten Apothekern und Krankenhaumlusern auf Grund von Abrechnungsbetruumlgereien Die Mitteilungen erfolgen im Regelfall nur aufgrund einer Anfrage der zustaumlndigen Stelle bzw auf Anfrage des Betroffenen Die Mitteilungen sind an die fuumlr die Vollstreckung zustaumlndigen Stellen bzw an die fuumlr die Ruumlckgewaumlhrung der Leistung aus oumlffentlichen Mitteln zustaumlndigen Stellen (zB Sozialleistungstraumlger Gewaumlhrer von Foumlrdermitteln oder Subventionsgeber) zu richten

AEAO zu sect 31b - Mitteilungen zur Bekaumlmpfung der Geldwaumlsche und der Terrorismusfinanzierung

1 Sind der Finanzbehoumlrde Tatsachen bekannt geworden die darauf hindeuten dass es sich bei Vermoumlgenswerten die mit einer Transaktion oder Geschaumlftsbeziehung im Zusammenhang stehen um den Gegenstand einer Straftat nach sect 261 StGB (Geldwaumlsche) handelt oder dass die Vermoumlgenswerte im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen hat sie diese nach sect 31b Satz 2 AO unverzuumlglich der zustaumlndigen Strafverfolgungsbehoumlrde (zB Staatsanwaltschaft Polizei) und gleichzeitig der beim Bundeskriminalamt eingerichteten Zentralstelle fuumlr Verdachtsmeldungen (Financial Intelligence Unit - FIU -) mitzuteilen Die maszliggeblichen Fakten sollen grundsaumltzlich in der Verdachtsmeldung selbst wiedergegeben werden

Die Verdachtsmeldung ist zu richten an

Bundeskriminalamt

Zentralstelle fuumlr Verdachtsmeldungen

- Referat SO 32 -

18

65173 Wiesbaden

Tel 061155-18615

Fax 061155-45300

E-Mail FIUbkabundde

Die Meldung soll grundsaumltzlich per Fax erfolgen Von der Beifuumlgung umfangreicher Anlagen ist regelmaumlszligig abzusehen

2 Den Finanzbehoumlrden obliegt die Pruumlfung im Einzelfall ob ein meldepflichtiger Verdachtsfall gem sect 31b AO vorliegt (Beurteilungsspielraum) Fuumlr das Vorliegen eines meldepflichtigen Verdachts ist es ausreichend dass objektiv erkennbare Anhaltspunkte fuumlr das Vorliegen von Tatsachen die auf eine Geldwaumlsche-Straftat schlieszligen lassen sprechen und ein krimineller Hintergrund iSd sect 261 StGB nicht ausgeschlossen werden kann Die zur Verdachtsmeldung verpflichtete Finanzbehoumlrde muss nicht das Vorliegen saumlmtlicher Tatbestandsmerkmale des sect 261 StGB einschlieszliglich der der Geldwaumlsche zugrunde liegenden Vortat pruumlfen Vielmehr ist der Sachverhalt nach allgemeinen Erfahrungen und beruflichem Erfahrungswissen unter dem Blickwinkel seiner Ungewoumlhnlichkeit und Auffaumllligkeit im jeweiligen geschaumlftlichen Kontext zu wuumlrdigen Wenn eine Geldwaumlsche aufgrund dieser Erfahrungen nahe liegt oder ein Sachverhalt darauf schlieszligen laumlsst besteht demnach eine solche Meldepflicht Hinsichtlich des Vortatenkatalogs reicht der Verdacht auf die illegale Herkunft der Gelder schlechthin aus Die Finanzbehoumlrde muss vor einer Meldung nach sect 31b AO nicht pruumlfen ob eine strafrechtliche Verurteilung in Betracht kommt

Diese Grundsaumltze gelten bei Erkenntnissen uumlber eine Terrorismusfinanzierung entsprechend

3 Tatsachen die auf eine Ordnungswidrigkeit iSd sect 17 GwG schlieszligen lassen (vgl sect 31b Satz 3 AO) sind nur mitzuteilen wenn die Ordnungswidrigkeit nicht bereits offensichtlich verjaumlhrt ist Die Ordnungswidrigkeiten nach sect 17 GwG verjaumlhren nach sect 31 Abs 2 Nummer 1 OWiG regelmaumlszligig nach drei Jahren

4 Die Finanzbehoumlrden haben bei Vorermittlungen der Strafverfolgungsbehoumlrden (einschlieszliglich der Zollfahndung) wegen Geldwaumlscheverdachts oder Verdachts der Terrorismusfinanzierung auf deren Anfrage nach sect 31b Satz 1 AO die erforderlichen Auskuumlnfte zu erteilen

5 Der Betroffene ist uumlber eine beabsichtigte oder erstattete Meldung oder ein daraufhin eingeleitetes Ermittlungsverfahren nicht zu informieren da ansonsten dessen Zweck gefaumlhrdet wuumlrde (analog sect 12 GwG)

AEAO zu sect 32 - Haftungsbeschraumlnkung fuumlr Amtstraumlger

Die Vorschrift enthaumllt keine selbstaumlndige Haftungsgrundlage sie schraumlnkt vielmehr die sich aus anderen Bestimmungen ergebende Haftung fuumlr Amtstraumlger ein Disziplinarmaszlignahmen sind keine Strafen iSd Vorschrift

AEAO zu sect 33 - Steuerpflichtiger

1 Zu den Pflichten die nach sect 33 Abs 1 AO den Steuerpflichtigen auferlegt werden gehoumlren Eine Steuer als Steuerschuldner Haftender oder fuumlr Rechnung eines anderen (sect 43 AO) zu entrichten die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklaumlrung (sect 149 AO) zur Mitwirkung und Auskunft in eigener Steuersache (sectsect 90 93 200 AO) zur Fuumlhrung von Buumlchern und Aufzeichnungen (sectsect 140 ff AO) zur ordnungsgemaumlszligen Kontenfuumlhrung (sect 154 AO) oder zur Sicherheitsleistung (sect 241 AO)

2 Nicht unter den Begriff des Steuerpflichtigen faumlllt (sect 33 Abs 2 AO) wer in einer fuumlr ihn fremden Steuersache taumltig wird oder werden soll Das sind neben Bevollmaumlchtigten und Beistaumlnden (sectsect 80 123 183 AO) diejenigen die Auskunft zu erteilen (sect 93 AO) Urkunden (sect 97 AO) oder Wertsachen (sect 100 AO) vorzulegen Sachverstaumlndigengutachten zu erstatten (sect 96 AO) oder das Betreten von Grundstuumlcken oder Raumlumen zu gestatten (sect 99 AO) oder Steuern aufgrund vertraglicher Verpflichtung zu entrichten haben (sect 192 AO)

3 Unter Steuergesetzen sind alle Gesetze zu verstehen die steuerrechtliche Vorschriften enthalten auch wenn diese nur einen Teil des Gesetzes umfassen

AEAO zu sect 34 - Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermoumlgensverwalter

1 Die gesetzlichen Vertreter natuumlrlicher und juristischer Personen die Geschaumlftsfuumlhrer nichtrechtsfaumlhiger Personenvereinigungen oder Vermoumlgensmassen (sect 34 Abs 1 AO) sowie die Vermoumlgensverwalter im Rahmen ihrer Verwaltungsbefugnis (sect 34 Abs 3 AO) treten in ein unmittelbares Pflichtenverhaumlltnis zur Finanzbehoumlrde Sie haben alle Pflichten zu erfuumlllen die den von ihnen Vertretenen auferlegt sind Dazu gehoumlren zB die Buchfuumlhrungs- Erklaumlrungs- Mitwirkungs- oder Auskunftspflichten (sectsect 140 ff 90 93 AO) die Verpflichtung Steuern zu zahlen und die Vollstreckung in dieses Vermoumlgen zu dulden (sect 77 AO)

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2 Hat eine nichtrechtsfaumlhige Personenvereinigung oder Vermoumlgensmasse keinen Geschaumlftsfuumlhrer so kann sich die Finanzbehoumlrde unmittelbar an jedes Mitglied oder an jeden Gesellschafter halten ohne dass vorher in jedem Fall eine Aufforderung zur Bestellung von Bevollmaumlchtigten ergehen muss Die Finanzbehoumlrde kann auch mehrere Mitglieder (Gesellschafter) zugleich zur Pflichterfuumlllung auffordern

3 Hat eine GmbH keinen Geschaumlftsfuumlhrer (fuumlhrungslose GmbH) und befindet sie sich nicht in Liquidation oder im Insolvenzverfahren wird die Gesellschaft fuumlr den Fall dass ihr gegenuumlber Willenserklaumlrungen abgegeben oder Schriftstuumlcke zugestellt werden nach sect 35 Abs 1 GmbHG durch die Gesellschafter vertreten Hat eine AG keinen Vorstand (fuumlhrungslose AG) und befindet sie sich nicht in Liquidation oder im Insolvenzverfahren wird die Gesellschaft fuumlr den Fall dass ihr gegenuumlber Willenserklaumlrungen abgegeben oder Schriftstuumlcke zugestellt werden nach sect 78 Abs 1 AktG durch den Aufsichtsrat vertreten Diese Vertretung gilt auch fuumlr die Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 281)

Die besonderen Vertreter einer fuumlhrungslosen GmbH oder AG sind allerdings nur Passivvertreter und duumlrfen grundsaumltzlich keine aktiven Handlungen vornehmen Daher liegt keine umfassende gesetzliche Vertretung der Gesellschaft iSd sect 34 Abs 1 AO vor Sobald aktive Handlungen der Gesellschaft - wie zB die Begleichung einer Steuerschuld - erforderlich sind muumlssen die besonderen Vertreter einen Geschaumlftsfuumlhrer bzw Vorstand bestellen Gegebenenfalls kann die Finanzbehoumlrde beim Registergericht auch die Bestellung eines Notgeschaumlftsfuumlhrers beantragen Von dieser Moumlglichkeit sollte aber nur Gebrauch gemacht werden wenn kein Verfuumlgungsberechtigter iSd sect 35 AO vorhanden ist (vgl AEAO zu sect 35 Nr 1) die Gesellschaft nicht vermoumlgenslos ist und auch kuumlnftig Steuerverwaltungsaktegegenuumlber der Gesellschaft zu vollziehen sind Das Amt des Notgeschaumlftsfuumlhrers endet mit der Bestellung des ordentlichen Geschaumlftsfuumlhrers der Erledigung der dem Notgeschaumlftsfuumlhrer zugewiesenen Aufgabe oder mit der Abberufung durch das bestellende Gericht Zur Inanspruchnahme des bisherigen Geschaumlftsfuumlhrers als Haftungsschuldner vgl AEAO zu sect 69

4 Wegen der steuerlichen Pflichten des Insolvenzverwalters und des bdquostarkenldquo vorlaumlufigen Insolvenzverwalters wenn dem Schuldner ein allgemeines Verfuumlgungsverbot auferlegt worden ist (sect 22 Abs 1 InsO) vgl AEAO zu sect 34 Nr 1 Wegen der verfahrensrechtlichen Stellung des Insolvenzverwalters vgl im Uumlbrigen AEAO zu sect 251 Nr 42

AEAO zu sect 35 - Pflichten des Verfuumlgungsberechtigten

1 Tatsaumlchlich verfuumlgungsberechtigt ist derjenige der wirtschaftlich uumlber Mittel die einem anderen gehoumlren verfuumlgen kann Dies kann auch der Alleingesellschafter einer GmbH ohne Geschaumlftsfuumlhrer sein (BFH-Urteil vom 27111990 VII R 2089 BStBl 1991 II S 284 vgl AEAO zu sect 34 Nr 3)

2 Rechtlich ist zur Erfuumlllung von Pflichten in der Lage wer im Auszligenverhaumlltnis rechtswirksam handeln kann Auf etwaige Beschraumlnkungen im Innenverhaumlltnis (Auftrag Vollmacht) kommt es nicht an Bevollmaumlchtigte werden von dieser Bestimmung nur betroffen wenn sie tatsaumlchlich und rechtlich verfuumlgungsberechtigt sind

3 Der Sicherungsnehmer einer Sicherungsuumlbereignung oder Sicherungsabtretung ist grundsaumltzlich kein Verfuumlgungsberechtigter iSd Vorschrift da er im Regelfall zur Verwertung des Sicherungsgutes lediglich zum Zweck seiner Befriedigung befugt und insoweit einem Pfandrechtsglaumlubiger vergleichbar ist Im Einzelfall kann jedoch die Rechtsstellung des Sicherungsnehmers weitergehen wenn er sich zB eigene Mitsprache- oder Verfuumlgungsrechte im Betrieb des Sicherungsgebers vorbehalten hat so dass er auch wirtschaftlich uumlber die Mittel des Sicherungsgebers verfuumlgen kann Das kann dann der Fall sein wenn sich ein Glaumlubiger zur Sicherstellung seiner Anspruumlche die gesamten Kundenforderungen mit dem Recht zur Einziehung abtreten laumlsst und aus diesen Forderungen nur diejenigen Mittel frei gibt die er zur Unternehmensfortfuumlhrung des Sicherungsgebers fuumlr erforderlich haumllt

AEAO zu sect 36 - Erloumlschen der Vertretungsmacht

Auch nach dem Erloumlschen der Vertretungs- oder Verfuumlgungsmacht gleichguumlltig worauf dies beruht hat der gesetzliche Vertreter Vermoumlgensverwalter oder Verfuumlgungsberechtigte die nach sectsect 34 und 35 AO bestehenden Pflichten zu erfuumlllen soweit sie vor dem Erloumlschen entstanden sind und er zur Erfuumlllung noch in der Lage ist Daraus ergibt sich ua dass sich der zur Auskunft fuumlr einen Beteiligten Verpflichtete nach dem Erloumlschen der Vertretungs- oder Verfuumlgungsmacht nicht auf ein evtl Auskunftsverweigerungsrecht (sectsect 101 103 104 AO) berufen kann Auch entsteht kein Entschaumldigungsanspruch (sect 107 AO)

AEAO zu sect 37 - Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis

Inhaltsuumlbersicht

1 Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (sect 37 Abs 1 AO) 2 Erstattungsanspruch nach sect 37 Abs 2 AO 21 Ruumlckforderungsanspruch des Finanzamts 22 Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen 221 Allgemeines

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222 Erstattungsanspruch bei Gesamtschuldnern 23 Erstattungsanspruch bei der Einkommensteuer

1 Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (sect 37 Abs 1 AO)

sect 37 Abs 1 AO enthaumllt eine abschlieszligende Aufzaumlhlung der Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis Die Anspruumlche aus Strafen und Geldbuszligen gehoumlren nicht zu den Anspruumlchen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis

2 Erstattungsanspruch nach sect 37 Abs 2 AO

sect 37 Abs 2 AO enthaumllt eine allgemeine Umschreibung des oumlffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs der einem Steuerpflichtigen oder Steuerglaumlubiger dadurch erwaumlchst dass eine Leistung aus dem Steuerschuldverhaumlltnis ohne rechtlichen Grund erfolgt ist oder der Grund hierfuumlr spaumlter wegfaumlllt Eine Zahlung ist ohne rechtlichen Grund geleistet wenn sie den materiell-rechtlichen Anspruch uumlbersteigt (BFH-Urteile vom 621996 VII R 5095 BStBl 1997 II S 112 und vom 15101997 II R 5694 BStBl II S 796) sect 37 Abs 2 Satz 1 AO gilt sowohl fuumlr den Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen gegen das Finanzamt als auch fuumlr den umgekehrten Fall der Ruumlckforderung einer an den Steuerpflichtigen oder einen Dritten rechtsgrundlos geleisteten Steuererstattung durch das Finanzamt (vgl BFH-Urteil vom 2232011 VII R 4210 BStBl II S 607)

Ein nach materiellem Recht bestehender Erstattungsanspruch kann allerdings nur durchgesetzt werden wenn ein entgegenstehender Verwaltungsakt iSd sect 218 Abs 1 AO aufgehoben oder geaumlndert worden ist maszliggebend istbei mehrfacher Aumlnderung der letzte Verwaltungsakt (BFH-Urteil vom 621996 VII R 5095 aaO) Im Uumlbrigen vgl AEAO zu sect 218

21 Ruumlckforderungsanspruch des Finanzamts

Schuldner eines abgabenrechtlichen Ruumlckforderungsanspruchs (Erstattungsverpflichteter) ist derjenige zu dessen Gunsten erkennbar die Zahlung geleistet wurde (Leistungsempfaumlnger) die zuruumlckverlangt wird In der Regel ist dies derjenige demgegenuumlber die Finanzbehoumlrde ihre - vermeintliche oder tatsaumlchlich bestehende - abgabenrechtliche Verpflichtung erfuumlllen will

Der Empfaumlnger der Steuererstattung oder Steuerverguumltung (Zahlungsempfaumlnger) ist aber nicht in allen Faumlllen auch der Leistungsempfaumlnger

War ein Dritter tatsaumlchlicher Empfaumlnger einer Zahlung ist er dann nicht Leistungsempfaumlnger wenn er lediglich als Zahlstelle unmittelbarer Vertreter oder Bote fuumlr den Erstattungsberechtigten (vgl AEAO zu sect 37 Nr 22) aufgetreten bzw von diesem benannt worden ist oder das Finanzamt an ihn aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungsberechtigten eine Steuererstattung ausgezahlt hat (BFH-Urteil vom 6121988 VII R 20683 BStBl 1989 II S 223) Denn in einem solchen Fall will das Finanzamt erkennbar nicht mit befreiender Wirkung zu dessen Gunsten leisten sondern es erbringt seine Leistung mit dem Willen eine Forderung des steuerlichen Rechtsinhabers zu erfuumlllen (vgl BFH-Urteil vom 2281980 VI R 10277 BStBl 1981 II S 44) Mithin ist nicht der Zahlungsempfaumlnger sondern der nach materiellem Steuerrecht Erstattungsberechtigte als Leistungsempfaumlnger iSd sect 37 Abs 2 AO anzusehen (BFH-Beschluss vom 841986 VII B 12885 BStBl II S 511)

Ungeachtet des Willens des Finanzamts an den Rechtsinhaber der Erstattungsforderung eine Leistung zu erbringen ist aber der tatsaumlchliche Empfaumlnger der Zahlung des Finanzamts in folgenden Faumlllen Leistungsempfaumlnger und Schuldner des Ruumlckforderungsanspruchs weil insoweit keine Leistung mit befreiender Wirkung gegenuumlber dem Erstattungsberechtigten erfolgt ist

- Ein vermeintlicher Bote Vertreter oder Bevollmaumlchtigter nimmt Erstattungszahlungen des Finanzamts entgegen obwohl keine Weisung oder Vollmacht des Erstattungsberechtigten besteht (vgl BFH-Beschluss vom 2741998 VII B 29697 BStBl II S 499)

- Das Finanzamt nimmt an einen am Steuerschuldverhaumlltnis nicht beteiligten Dritten eine Zahlung in der irrigen Annahme vor er sei von dem Erstattungsberechtigten ermaumlchtigt fuumlr diesen Zahlungen entgegenzunehmen in Wahrheit besteht jedoch eine diesbezuumlgliche Rechtsbeziehung zwischen dem Zahlungsempfaumlnger und dem Erstattungsberechtigten nicht

- Das Finanzamt leistet ohne rechtlichen Grund an einen Dritten weil es sich beispielsweise uumlber die Person des Erstattungsberechtigten irrt oder den Erstattungsbetrag auf ein Bankkonto uumlberweist dessen Inhaber nicht der Erstattungsberechtigte sondern der Dritte ist

Hat das Finanzamt eine Uumlberweisung an das vom Steuerpflichtigen benannte Konto bei dem von ihm genannten Kreditinstitut gerichtet ist der Steuerpflichtige Leistungsempfaumlnger und damit im Fall einer Ruumlckforderung Ruumlckgewaumlhrschuldner Dabei ist unbeachtlich wie das Kreditinstitut mit dem in Empfang genommenen Betrag verfahren ist (vgl BFH-Urteil vom 1892012 VII R 5311 BStBl 2013 II S 270)

Ein Kreditinstitut ist naumlmlich auch dann nur Zahlstelle und nicht Leistungsempfaumlnger iSd sect 37 Abs 2 AO wenn es den vom Finanzamt an den Steuerpflichtigen uumlberwiesenen Betrag auf ein bereits gekuumlndigtes aber noch nicht abgerechnetes Girokonto des Steuerpflichtigen oder ein internes Zwischenkonto verbucht und nach Rechnungsabschluss an den fruumlheren Kontoinhaber bzw dessen Insolvenzverwalter ausgezahlt oder den Uumlberweisungsbetrag mit einem fortbestehenden Schuldensaldo auf dem betreffenden Konto verrechnet hat

Das Kreditinstitut ist auch dann nicht zur Ruumlckzahlung des vom Finanzamt uumlberwiesenen Betrages verpflichtet wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt fuumlr die Uumlberweisung ein anderes Konto benannt hatte (vgl BFH-Urteile vom 10112009 VII R 609 BStBl 2010 II S 255 und vom 22112011 VII R 2711 BStBl 2012 II S 167) Die

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Zahlung auf das unzutreffende Konto hat gegenuumlber dem Steuerpflichtigen zwar - anders als wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt eine Kontoaumlnderung nicht mitgeteilt hat (BFH-Urteil vom 10111987 VII R 17184 BStBl 1988 II S 41) - unmittelbar keine Erfuumlllungswirkung Das Finanzamt kann aber mit seinem Ruumlckforderungsanspruch nach sect 37 Abs 2 Satz 1 AO (gegen den Steuerpflichtigen als Leistungsempfaumlnger) gegen den Anspruch auf erneute Zahlung aufrechnen und letzteren somit zum Erloumlschen bringen

22 Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen

221 Allgemeines

Erstattungsberechtigter ist derjenige auf dessen Rechnung die Zahlung geleistet worden ist auch wenn tatsaumlchlich ein Dritter die Zahlung geleistet hat Es kommt nicht darauf an von wem oder mit wessen Mitteln gezahlt worden ist Maszliggeblich ist vielmehr wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt erkennbar hervorgetreten ist getilgt werden sollte (BFH-Urteil vom 3092008 VII R 1808 BStBl 2009 II S 38 mwN) Den Finanzbehoumlrden wird damit nicht zugemutet im Einzelfall die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen dem Steuerschuldner und einem zahlenden Dritten daraufhin zu uumlberpruumlfen wer von ihnen - im Innenverhaumlltnis - auf die zu erstattenden Betraumlge materiell-rechtlich einen Anspruch hat (BFH-Urteil vom 2571989 VII R 11887 BStBl 1990 II S 41)

222 Erstattungsanspruch bei Gesamtschuldnern

Personen die gem sect 44 AO Gesamtschuldner sind sind nicht Gesamtglaumlubiger eines Erstattungsanspruchs nach sect 37 Abs 2 AO (BFH-Urteil vom 19101982 VII R 5580 BStBl 1983 II S 162) Erstattungsberechtigter ist der Gesamtschuldner auf dessen Rechnung die Zahlung erfolgt ist

Laumlsst sich aus den dem Finanzamt bei Zahlung erkennbaren Umstaumlnden nicht entnehmen wessen Steuerschuld der zahlende Gesamtschuldner begleichen wollte ist grundsaumltzlich davon auszugehen dass der Gesamtschuldner nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte (vgl BFH-Urteil vom 1821997 VII R 11795 BFHNV S 482 mwN) Ist eine Zahlung aber erkennbar fuumlr gemeinsame Rechnung der Gesamtschuldner geleistet worden so sind diese grundsaumltzlich nach Koumlpfen erstattungsberechtigt

23 Erstattungsanspruch bei der Einkommensteuer

Zu Besonderheiten bei Bestimmung des Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs - insbesondere bei Ehegatten oder Lebenspartnern - vgl BMF-Schreiben vom 3112013 BStBl I S 70

AEAO zu sect 38 - Entstehung der Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis

1 Der Steueranspruch entsteht in dem Zeitpunkt in dem der Tatbestand verwirklicht wird an den das Gesetz eine bestimmte Leistungspflicht knuumlpft soweit nicht im Gesetz eine abweichende Regelung getroffen worden ist (zB sect 36 Abs 1 EStG sect 30 KStG sect 13 Abs 1 UStG sect 18 GewStG sect 9 Abs 2 GrStG sect 9 ErbStG) Das gilt nicht nur fuumlr den Steueranspruch sondern auch fuumlr den Steuerverguumltungsanspruch und den Steuererstattungsanspruch (zB zur Lohnsteuer vgl AEAO zu sect 46 Nr 1) Der auf einem Verlustruumlcktrag nach sect 10d Abs 1 EStG beruhende Erstattungsanspruch entsteht erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums in dem der Verlust entstanden ist (BFH-Urteil vom 662000 VII R 10498 BStBl II S 491) Der Erstattungsanspruch nach sect 37 Abs 2 AO entsteht in dem Zeitpunkt in dem die den materiell-rechtlichen Anspruch aus dem Steuerschuldverhaumlltnis uumlbersteigende Leistung erbracht wurde oder der rechtliche Grund fuumlr die Leistung entfallen ist

2 Von der Entstehung der Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis zu unterscheiden sind

- die Festsetzung durch Steuerbescheid (sectsect 155 ff AO)

- die Faumllligkeit (sect 220 AO) sowie

- die Verwirklichung im Erhebungsverfahren (sectsect 218 ff AO)

AEAO zu sect 39 - Zurechnung

1 sect 39 Abs 2 Nr 1 Satz 1 AO definiert den Begriff des wirtschaftlichen Eigentums iSd Rechtsprechung des BFH (zB BFH-Urteile vom 1291991 III R 23390 BStBl 1992 II S 182 und vom 1161997 XI R 7796 BStBl II S 774) insbesondere zur ertragsteuerlichen Behandlung von Leasing-Vertraumlgen Beispiele fuumlr die Anwendung des Grundsatzes des sect 39 Abs 2 Nr 1 Satz 1 AO enthaumllt Satz 2 Der landwirtschaftliche Paumlchter ist grundsaumltzlich nicht als wirtschaftlicher Eigentuumlmer zu behandeln

2 Fuumlr die anteilige Zurechnung von Wirtschaftsguumltern die mehreren zur gesamten Hand zustehen sind die jeweiligen Steuergesetze sowie die allgemeinen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen maszliggebend Eine Ermittlung der Anteile erfolgt nur soweit eine getrennte Zurechnung fuumlr die Besteuerung erforderlich ist

AEAO zu sect 41 - Unwirksame Rechtsgeschaumlfte

1 Ein unwirksames oder anfechtbares Rechtsgeschaumlft ist fuumlr Zwecke der Besteuerung als guumlltig zu behandeln soweit die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis bestehen lassen Soweit ausnahmsweise die ruumlckwirkende Aufhebung eines vollzogenen Vertrages steuerlich zu beruumlcksichtigen ist wird auf die

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in Einzelsteuergesetzen geregelten Besonderheiten (zB sect 17 UStG) hingewiesen zur verfahrensmaumlszligigen Abwicklung Hinweis auf sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO

2 Nach sect 41 Abs 2 AO sind zB Scheinarbeitsverhaumlltnisse zwischen EhegattenLebenspartnern oder die Begruumlndung eines Scheinwohnsitzes fuumlr die Besteuerung ohne Bedeutung

3 Beteiligter ist nicht der Beteiligte iSd sect 78 AO sondern der am Vertrag Beteiligte

AEAO zu sect 42 - Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmoumlglichkeiten

1 Bei Anwendung des sect 42 Abs 1 Satz 2 AO ist zunaumlchst zu pruumlfen ob das im Einzelfall anzuwendende Einzelsteuergesetz fuumlr den vorliegenden Sachverhalt eine Regelung enthaumllt die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient Ob eine Regelung in einem Einzelsteuergesetz der Verhinderung der Steuerumgehung dient ist nach dem Wortlaut der Regelung und dem Sinnzusammenhang nach der systematischen Stellung im Gesetz sowie nach der Entstehungsgeschichte der Regelung zu beurteilen

Liegt danach eine Regelung vor die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient gilt Folgendes

- Ist der Tatbestand der Regelung erfuumlllt bestimmen sich die Rechtsfolgen allein nach dieser Vorschrift nicht nach sect 42 Abs 1 Satz 3 iVm Abs 2 AO In diesem Fall ist unerheblich ob auch die Voraussetzungen des sect 42 Abs 2 AO vorliegen

- Ist der Tatbestand der Regelung dagegen nicht erfuumlllt ist in einem weiteren Schritt zu pruumlfen ob ein Missbrauch iSd sect 42 Abs 2 AO vorliegt Allein das Vorliegen einer einzelgesetzlichen Regelung die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient schlieszligt die Anwendbarkeit des sect 42 Abs 1 Satz 3 iVm Abs 2 AO damit nicht aus

2 Sofern ein Missbrauch iSd sect 42 Abs 2 AO vorliegt entsteht der Steueranspruch bei allen vom Sachverhalt Betroffenen so wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgaumlngen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (sect 42 Abs 1 Satz 3 AO)

21 Ein Missbrauch iSd sect 42 Abs 2 AO liegt vor wenn

- eine rechtliche Gestaltung gewaumlhlt wird die den wirtschaftlichen Vorgaumlngen nicht angemessen ist

- die gewaumlhlte Gestaltung beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem Steuervorteil fuumlhrt

- dieser Steuervorteil gesetzlich nicht vorgesehen ist und

- der Steuerpflichtige fuumlr die von ihm gewaumlhlte Gestaltung keine auszligersteuerlichen Gruumlnde nachweist die nach dem Gesamtbild der Verhaumlltnisse beachtlich sind

22 Ob eine rechtliche Gestaltung unangemessen ist ist fuumlr jede Steuerart gesondert nach den Wertungen des Gesetzgebers die den jeweiligen maszliggeblichen steuerrechtlichen Vorschriften zugrunde liegen zu beurteilen Das Bestreben Steuern zu sparen macht fuumlr sich allein eine Gestaltung noch nicht unangemessen Eine Gestaltung ist aber insbesondere dann auf ihre Angemessenheit zu pruumlfen wenn sie ohne Beruumlcksichtigung der beabsichtigten steuerlichen Effekte unwirtschaftlich umstaumlndlich kompliziert schwerfaumlllig gekuumlnstelt uumlberfluumlssig ineffektiv oder widersinnig erscheint Die Ungewoumlhnlichkeit einer Gestaltung begruumlndet allein noch keine Unangemessenheit

Indizien fuumlr die Unangemessenheit einer Gestaltung sind zum Beispiel

- die Gestaltung waumlre von einem verstaumlndigen Dritten in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung ohne den Steuervorteil nicht gewaumlhlt worden

- die Vor- oder Zwischenschaltung von Angehoumlrigen oder anderen nahe stehenden Personen oder Gesellschaften war rein steuerlich motiviert

- die Verlagerung oder Uumlbertragung von Einkuumlnften oder Wirtschaftsguumltern auf andere Rechtstraumlger war rein steuerlich motiviert

Bei einer grenzuumlberschreitenden Gestaltung ist nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl zB Urteil vom 1292006 Rs C-19604 EuGHE I S 7995) Unangemessenheit insbesondere dann anzunehmen wenn die gewaumlhlte Gestaltung rein kuumlnstlich ist und nur dazu dient die Steuerentstehung im Inland zu umgehen

23 Bei der Pruumlfung ob die gewaumlhlte Gestaltung zu Steuervorteilen fuumlhrt sind die steuerlichen Auswirkungen der gewaumlhlten Gestaltung mit der hypothetischen steuerlichen Auswirkung einer angemessenen Gestaltung zu vergleichen Dabei sind auch solche Steuervorteile zu beruumlcksichtigen die nicht beim handelnden Steuerpflichtigen selbst sondern bei Dritten eintreten Dritte iSd sect 42 Abs 2 Satz 1 AO sind nur solche Personen die in einer gewissen Naumlhe zum Steuerpflichtigen stehen Dies ist insbesondere dann anzunehmen wenn die Beteiligten Angehoumlrige des Steuerpflichtigen iSd sect 15 AO oder persoumlnlich oder wirtschaftlich mit ihm verbunden sind (zB nahe stehende Personen iSv H 36 KStH 2006 oder sect 1 Abs 2 AStG)

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24 Der in sect 42 Abs 2 AO verwendete Begriff des bdquogesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteilsldquo ist nicht deckungsgleich mit dem bdquonicht gerechtfertigten Steuervorteilldquo iSd sect 370 Abs 1 AO Steuervorteile iSd sect 42 Abs 2 AO sind daher nicht nur Steuerverguumltungen oder Steuererstattungen sondern auch geringere Steueranspruumlche

25 Der durch die gewaumlhlte Gestaltung begruumlndete Steuervorteil ist insbesondere dann gesetzlich vorgesehen wenn der Tatbestand einer Norm erfuumlllt ist mit der der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten durch steuerliche Anreize foumlrdern wollte

26 sect 42 Abs 2 Satz 2 AO eroumlffnet dem Steuerpflichtigen die Moumlglichkeit die bei Vorliegen des Tatbestands des sect 42 Abs 2 Satz 1 AO begruumlndete Annahme eines Missbrauchs durch Nachweis auszligersteuerlicher Gruumlnde zu entkraumlften Die vom Steuerpflichtigen nachgewiesenen auszligersteuerlichen Gruumlnde muumlssen allerdings nach dem Gesamtbild der Verhaumlltnisse beachtlich sein Sind die nachgewiesenen auszligersteuerlichen Gruumlnde nach dem Gesamtbild der Verhaumlltnisse im Vergleich zum Ausmaszlig der Unangemessenheit der Gestaltung und den vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Steuervorteilen nicht wesentlich oder sogar nur von untergeordneter Bedeutung sind sie nicht beachtlich In diesem Fall bleibt es bei der Annahme eines Missbrauchs nach sect 42 Abs 2 Satz 1 AO

3 Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmoumlglichkeiten nach sect 42 AO ist als solcher nicht strafbar Eine leichtfertige Steuerverkuumlrzung oder eine Steuerhinterziehung kann aber vorliegen wenn der Steuerpflichtige pflichtwidrig unrichtige oder unvollstaumlndige Angaben macht um das Vorliegen einer Steuerumgehung zu verschleiern

4 sect 42 AO in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2008 ist ab dem 112008 fuumlr Kalenderjahre die nach dem 31122007 beginnen anzuwenden Fuumlr Kalenderjahre die vor dem 112008 liegen ist sect 42 AO in der am 28122007 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden

AEAO zu sect 44 - Gesamtschuldner

Zur Steuerfestsetzung bei Gesamtschuldnern wird auf sect 122 Abs 6 und 7 AO sect 155 Abs 3 AO hingewiesen zur Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners auf sect 219 AO wegen der Vollstreckung gegen Gesamtschuldner auf sect 342 Abs 2 AO wegen einer Beschraumlnkung der Vollstreckung in den Faumlllen der Zusammenveranlagung auf sectsect 268 bis 280 AO wegen der Erstattung an Gesamtschuldner vgl AEAO zu sect 37 Nr 222 und 23

AEAO zu sect 45 - Gesamtrechtsnachfolge

1 Ob eine Gesamtrechtsnachfolge (der gesetzlich angeordnete Uumlbergang des Vermoumlgens) iSd sect 45 Abs 1 AO vorliegt ist grundsaumltzlich nach dem Zivilrecht zu beurteilen Eine Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 liegt daher beispielsweise vor in Faumlllen der Erbfolge (sect 1922 Abs 1 BGB) der Anwachsung des Anteils am Gesellschaftsvermoumlgen bei Ausscheiden eines Gesellschafters (sect 738 Abs 1 Satz 1 BGB BFH-Urteile vom 2841965 II 962 U BStBl III S 422 und vom 1891980 V R 17574 BStBl 1981 II S 293) der Verschmelzung von Gesellschaften (sect 1 Abs 1 Nr 1 sectsect 2 ff UmwG) und der Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Volluumlbertragung (sect 1 Abs 1 Nr 3 sect 174 Abs 1 sectsect 175 176 178 180 ff UmwG) Abweichend von der zivilrechtlichen Betrachtung gilt aber in den vorgenannten Faumlllen der Anwachsung der Verschmelzung und der Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Volluumlbertragung sect 45 Abs 1 AO nicht in Bezug auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zur Pflicht eine Auszligenpruumlfung als Gesamtrechtsnachfolger zu dulden vgl aber AEAO zu sect 197 Nr 573

2 Ungeachtet der Anwendung der sectsect 15 16 und 20 ff UmwStG liegt eine Gesamtrechtsnachfolge i S d sect 45 Abs 1 AO nicht vor in Faumlllen einer Abspaltung oder Ausgliederung (sect 1 Abs 1 Nr 2 sectsect 123 ff UmwG BFH-Urteile vom 782002 I R 9900 BStBl 2003 II S 835 und vom 5112009 IV R 2908 HFR 2010 S 233) sowie einer Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Teiluumlbertragung (sect 1 Abs 1 Nr 3 sect 174 Abs 2 sectsect 175 177 179 184 ff 189 UmwG) In den Faumlllen einer Aufspaltung (sect 1 Abs 1 Nr 2 sect 123 Abs 1 UmwG) ist jedoch sect 45 Abs 1 AO sinngemaumlszlig anzuwenden dies gilt nicht in Bezug auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

Eine formwechselnde Umwandlung (sect 1 Abs 1 Nr 4 sectsect 190 ff UmwG) fuumlhrt grundsaumltzlich nicht zu einer Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO da lediglich ein Wechsel der Rechtsform einesRechtstraumlgers unter Wahrung seiner rechtlichen Identitaumlt vorliegt (sect 202 Abs 1 Nr 1 UmwG) Aumlndert sich aber durch den Formwechsel das Steuersubjekt (zB in Faumlllen der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft oder der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft) ist sect 45 Abs 1 AO sinngemaumlszlig anzuwenden

4 Zur Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten in Faumlllen einer Gesamtrechtsnachfolge sowie bei Abspaltung Ausgliederung oder Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Teiluumlbertragung vgl AEAO zu sect 122 Nrn 212 215 und 216 sowie AEAO zu sect 197 Nrn 8 und 9 Zu den ertragsteuerlichen Auswirkungen einer Umwandlung oder Einbringung vgl BMF-Schreiben vom 11112011 BStBl I S 1314

AEAO zu sect 46 - Abtretung Verpfaumlndung Pfaumlndung

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1 Der Glaumlubiger kann die Abtretung oder Verpfaumlndung der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde wirksam nur nach Entstehung des Anspruchs anzeigen Die Anzeige wirkt nicht auf den Zeitpunkt des Abtretungs- oder Verpfaumlndungsvertrages zuruumlck Vor Entstehung des Steueranspruchs sind Pfaumlndungen wirkungslos sie werden auch nicht mit Entstehung des Anspruchs wirksam Da zB der Einkommensteuererstattungsanspruch aus uumlberzahlter Lohnsteuer grundsaumltzlich mit Ablauf des fuumlr die Steuerfestsetzung maszliggebenden Erhebungszeitraums entsteht (sect 38 AO iVm sect 36 Abs 1 EStG) sind waumlhrend des betreffenden Erhebungszeitraums (bis 3112) angezeigte Lohnsteuer-Abtretungen bzw Verpfaumlndungen oder ausgebrachte Pfaumlndungen wirkungslos Ein auf einem Verlustruumlcktrag nach sect 10d Abs 1 EStG beruhender Erstattungsanspruch ist nur dann wirksam abgetreten gepfaumlndet oder verpfaumlndet wenn die Abtretung Verpfaumlndung oder Pfaumlndung erst nach Ablauf des Verlustentstehungsjahres angezeigt bzw ausgebracht worden ist (vgl AEAO zu sect 38 Nr 1 Satz 3) Der Anspruch auf Erstattungszinsen nach sect 233a AO entsteht erst wenn eine Steuerfestsetzung zu einer Steuererstattung fuumlhrt und die uumlbrigen Voraussetzungen des sect 233a AO in diesem Zeitpunkt erfuumlllt sind Eine vor der Steuerfestsetzung angezeigte Abtretung des Anspruchs auf Erstattungszinsen ist unwirksam (BFH-Urteil vom 1452002 VII R 601 BStBl II S 677)

2 Der geschaumlftsmaumlszligige Erwerb und die geschaumlftsmaumlszligige Einziehung von Erstattungs- oder Verguumltungsanspruumlchen ist nach sect 46 Abs 4 AO nur bei Sicherungsabtretungen und dabei auch nur Bankunternehmen gestattet (BFH-Urteil vom 23101985 VII R 19682 BStBl 1986 II S 124)

21 Geschaumlftsmaumlszligig iSv sect 46 Abs 4 AO handelt wer die Taumltigkeit - Erwerb von Erstattungs- oder Verguumltungsanspruumlchen - selbstaumlndig und in Wiederholungsabsicht ausuumlbt Dafuumlr getroffene organisatorische Vorkehrungen indizieren die Wiederholungsabsicht sie sind indes fuumlr deren Annahme keine notwendige Voraussetzung (vgl BFH-Urteil vom 13101994 VII R 394 BFHNV 1995 S 473) Eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Geschaumlftsmaumlszligigkeit kann die Zahl der Erwerbsfaumllle und der Zeitraum ihres Vorkommens spielen

Allgemeine Festlegungen oder Beurteilungsmaszligstaumlbe lassen sich hierzu aber nicht aufstellen insoweit kommt es immer auf die Verhaumlltnisse des Einzelfalls an (vgl ua BFH-Urteile vom 13101994 VII R 394 aaO und vom 422005 VII R 5404 BStBl II 2006 S 348 jeweils mwN) Fuumlr die Annahme der Geschaumlftsmaumlszligigkeit reicht es indes nicht aus dass die - vereinzelte - Abtretung im Rahmen eines Handelsgeschaumlfts vorgenommen wurde

22 Die Abtretung eines Erstattungs- oder Verguumltungsanspruchs erfolgt nur dann zur bloszligen Sicherung wenn fuumlr beide Beteiligten der Sicherungszweck im Vordergrund steht Eine Sicherungsabtretung ist daher grundsaumltzlich dadurch gekennzeichnet dass der Abtretungsempfaumlnger die Forderung nicht behalten darf Er soll sie nur voruumlbergehend fuumlr den Abtretenden als Sicherheit fuumlr einen Anspruch gegen den Abtretenden innehaben

Deshalb kann eine Sicherungsabtretung regelmaumlszligig nur dann vorliegen wenn der Inhaber des Pfandrechts bei Faumllligkeit seines Anspruchs zunaumlchst versuchen muss Befriedigung aus seinem Anspruch selbst zu suchen Erst wenn dies nicht gelingt darf er auf die Sicherheit zuruumlckgreifen Eine Abtretung zur Sicherung ist dagegen nicht gegeben wenn der Abtretende seine Einwirkungsmoumlglichkeiten auf die abgetretene Forderung weitgehend aufgibt (vgl BFH-Urteil vom 321984 VII R 7282 BStBl II S 411)

Haben Abtretender und Abtretungsempfaumlnger eine direkte Begleichung der Forderung des Abtretungsempfaumlngers durch die Finanzbehoumlrde vereinbart liegt eine Sicherungsabtretung nur vor wenn der Sicherungszweck in einem solchen Maszlig uumlberwiegt dass andere Beweggruumlnde fuumlr die gewaumlhlte rechtliche Gestaltung ausscheiden Die gesamten Umstaumlnde des Einzelfalles unter denen die Geschaumlftsbeziehung begruumlndet worden ist sind fuumlr die Beurteilung heranzuziehen (vgl BFH-Urteil vom 2121989 VII R 786 BFHNV S 555 mwN)

23 Eine Sicherungsabtretung liegt nicht vor wenn der Abtretende den Abtretungsempfaumlnger ermaumlchtigt hat einen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein mit der Einlegung von Rechtsbehelfen zu beauftragen und den Anspruch gegen den Steuerberater bzw Lohnsteuerhilfeverein auf Herausgabe der Steuerunterlagen an den Abtretungsempfaumlnger ebenfalls abgetreten hat (vgl BFH-Urteil vom 2121989 VII R 786 aaO) Gegen eine Sicherungsabtretung kann zB auch sprechen dass der Abtretende im Zeitpunkt der Abtretung arbeitslos ist und der Abtretungsempfaumlnger nicht mit einer Zahlung des Abtretenden aus anderen Mitteln rechnen kann

Eine Sicherungsabtretung liegt auch dann nicht vor wenn die der Abtretung zugrunde liegende Geschaumlftsbeziehung zwischen einem Steuerpflichtigen und einem Kreditinstitut nur zum Zweck der Kreditgewaumlhrung begruumlndet wurde und das Kreditinstitut die Erstattungsbetraumlge aufgrund des Darlehensvertrages nach Eingang der Betraumlge ohne Einwirkungsmoumlglichkeit des Steuerpflichtigen verrechnen und auf diese Weise das Darlehen tilgen darf In diesen Faumlllen liegt eine Abtretung bzw Verpfaumlndung erfuumlllungshalber vor

24 Auskuumlnfte daruumlber inwieweit einem Unternehmen das Betreiben von Bankgeschaumlften nach sect 32 Abs 1 KWG erlaubt worden ist koumlnnen bei der Bundesanstalt fuumlr Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) oder auch bei der Deutschen Bundesbank und ihren Hauptverwaltungen eingeholt werden

25 Verstoumlszlige gegen sect 46 Abs 4 AO koumlnnen als Steuerordnungswidrigkeit geahndet werden (sect 383 AO)

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3 Auch bei einem Verstoszlig gegen sect 46 Abs 4 Satz 1 AO oder bei sonstiger Unwirksamkeit des der Abtretung oder Verpfaumlndung zugrunde liegenden Rechtsgeschaumlfts kann die Finanzbehoumlrde nach erfolgter Anzeige mit befreiender Wirkung an den Abtretungsempfaumlnger zahlen soweit nicht Rechte anderer Glaumlubiger entgegenstehen

4 Mit der wirksam angezeigten Abtretung oder Verpfaumlndung (bzw ausgebrachten Pfaumlndung) geht nicht die gesamte Rechtsstellung des Steuerpflichtigen uumlber (BFH-Urteile vom 2131975 VI R 23871 BStBl II S 669 vom 1551975 V R 8470 BStBl 1976 II S 41 vom 2541978 VII R 275 BStBl II S 465 undvom 2711993 II S 1092 BFHNV S 350) Uumlbertragen wird nur der Zahlungsanspruch Auch nach einer Abtretung Pfaumlndung oder Verpfaumlndung ist der Steuerbescheid nur dem Steuerpflichtigen bekannt zu geben Der neue Glaumlubiger des Erstattungsanspruchs kann nicht den Steuerbescheid anfechten Dem neuen Glaumlubiger des Erstattungsanspruchs muss nur mitgeteilt werden ob und ggf in welcher Houmlhe sich aus der Veranlagung ein Erstattungsanspruch ergeben hat und ob und ggf in welcher Houmlheaufgrund der Abtretung Pfaumlndung oder Verpfaumlndung an ihn zu leisten ist Uumlber Streitigkeiten hieruumlber ist durch Verwaltungsakt nach sect 218 Abs 2 AO zu entscheiden Der neue Glaumlubiger des Erstattungsanspruchs ist nicht befugt einen Antrag auf Einkommensteuerveranlagung gem sect 46 Abs 2 Nr 8 EStG zu stellen (vgl BFH-Urteil vom 1881998 VII R 11497 BStBl 1999 II S 84) Dievorstehenden Saumltze gelten entsprechend fuumlr Faumllle einer Uumlberleitung von Steuererstattungsanspruumlchen gem sect 93 SGB XII Fuumlr die Uumlberleitung von Steuererstattungsanspruumlchen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist sect 93 SGB XII entsprechend anzuwenden (sect 7 Abs 3 AsylbLG) Fuumlr Faumllle des Uumlbergangs von Steuererstattungsanspruumlchen im Wege des gesetzlichen Forderungsuumlbergangs im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung fuumlr Arbeitsuchende nach sect 33 SGB II gelten die vorstehenden Saumltze entsprechend Dieser Antrag ist ein von den Rechtswirkungen des sect 46 AO nicht erfasstes houmlchstpersoumlnliches steuerliches Gestaltungsrecht Die vorstehenden Saumltze gelten entsprechend fuumlr Faumllle einer Uumlberleitung von Steuererstattungsanspruumlchen gem sect 90 BSHG

5 Fehlt in der Abtretungsanzeige nach der die Erstattungsanspruumlche aus der Zusammenveranlagung abgetreten worden sind die Unterschrift eines Ehegatten oder Lebenspartners so wird dadurch die Wirksamkeit der Abtretung des Anspruchs soweit er auf den Ehegatten bzw Lebenspartner entfaumlllt der die Anzeige unterschrieben hat nicht beruumlhrt (BFH-Urteil vom 1331997 VII R 3996 BStBl II S 522) Zum Erstattungsanspruch bei zusammenveranlagten Ehegatten oder Lebenspartnern vgl AEAO zu sect 37 Nr 2

6 Fuumlr die Anzeige der Abtretung oder Verpfaumlndung eines Erstattungs- oder Verguumltungsanspruches wird der in der Anlage abgedruckte Vordruck bestimmt Die mit BMF-Schreiben vom 2372013 BStBl I S 933 veroumlffentlichte Fassung des Vordrucks kann weiterhin verwendet werden

7 Die auf einem vollstaumlndig ausgefuumlllten amtlichen Vordruck erklaumlrte vom Abtretenden und vom Abtretungsempfaumlnger jeweils eigenhaumlndig unterschriebene Abtretungsanzeige kann der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde auch per Telefax uumlbermittelt werden (vgl BFH-Urteil vom 862010 VII R 3909 BStBl II S 839) Dies gilt entsprechend wenn eine Abtretungsanzeige iSd Satzes 1 eingescannt per E Mail uumlbermittelt wird Die Anzeige der Abtretung wird wirksam sobald die Kenntnisnahme durch die Finanzbehoumlrde moumlglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist (sect 130 Abs 1 Satz 1 BGB) Dies bedeutet Eintritt der Wirksamkeit bei Uumlbermittlung

- waumlhrend der uumlblichen Dienststunden der Finanzbehoumlrde im Zeitpunkt der vollstaumlndigen Uumlbermittlung

- auszligerhalb der uumlblichen Dienststunden der Finanzbehoumlrde zum Zeitpunkt des Dienstbeginns am naumlchsten Arbeitstag

AEAO zu sect 47 - Erloumlschen

Auszliger in den aufgezaumlhlten Faumlllen koumlnnen entstandene Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis auch auf andere Weise erloumlschen zB bei Zwangsgeldern durch Erbfolge (sect 45 Abs 1 AO) oder durch Verzicht auf Erstattung (sect 37 Abs 2 AO)

AEAO zu sect 48 - Leistung durch Dritte Haftung Dritter

Die Vorschrift eroumlffnet die Moumlglichkeit dass alle Leistungen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (sect 37 AO) gegenuumlber der Finanzbehoumlrde auch durch Dritte bewirkt werden oder sich Dritte hierzu vertraglich verpflichten koumlnnen Der Steuerpflichtige wird in diesen Faumlllen von seiner eigenen Leistungspflicht nicht befreit Derartige rechtsgeschaumlftliche Verpflichtungsgeschaumlfte (zB Buumlrgschaft Schuldversprechen oder kumulative Schulduumlbernahme) koumlnnen auf einem Vertrag zwischen Steuerglaumlubiger und Schulduumlbernehmer oder auf einemVertrag zwischen Steuerschuldner und Uumlbernehmer zugunsten des Steuerglaumlubigers beruhen In beiden Faumlllen sind die sich hieraus ergebenden Anspruumlche der Finanzbehoumlrde privatrechtlicher nicht oumlffentlich-rechtlicher Natur und koumlnnen gem sect 192 AO nur nach den Vorschriften des buumlrgerlichen Rechts durchgesetzt werden Diese Vorschriften gelten auch fuumlr steuerliche Nebenleistungen (sect 3 Abs 4 AO)

AEAO zu sect 51 - Allgemeines

Zu sect 51 Abs 1 AO

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1 Unter Koumlrperschaften iSd sect 51 AO fuumlr die eine Steuerverguumlnstigung in Betracht kommen kann sind Koumlrperschaften Personenvereinigungen und Vermoumlgensmassen iSd KStG zu verstehen Dazu gehoumlren auch die juristischen Personen des oumlffentlichen Rechts mit ihren Betrieben gewerblicher Art (sect 1 Abs 1 Nr 6 sect 4 KStG) nicht aber die juristischen Personen des oumlffentlichen Rechts als solche

2 Regionale Untergliederungen (Landes- Bezirks- Ortsverbaumlnde) von Groszligvereinen sind als nichtrechtsfaumlhige Vereine (sect 1 Abs 1 Nr 5 KStG) selbstaumlndige Steuersubjekte iSd Koumlrperschaftsteuerrechts wenn sie

a) uumlber eigene satzungsmaumlszligige Organe (Vorstand Mitgliederversammlung) verfuumlgen und uumlber diese auf Dauer nach auszligen im eigenen Namen auftreten und

b) eine eigene Kassenfuumlhrung haben

Die selbstaumlndigen regionalen Untergliederungen koumlnnen nur dann als gemeinnuumltzig behandelt werden wenn sie eine eigene Satzung haben die den gemeinnuumltzigkeitsrechtlichen Anforderungen entspricht Zweck Aufgaben und Organisation der Untergliederungen koumlnnen sich auch aus der Satzung des Hauptvereins ergeben

3 Uumlber die Befreiung von der Koumlrperschaftsteuer nach sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG wegen Foumlrderung steuerbeguumlnstigter Zwecke ist stets fuumlr einen bestimmten Veranlagungszeitraum zu entscheiden (Grundsatz der Abschnittsbesteuerung) Eine Koumlrperschaft kann nur dann nach dieser Vorschrift von der Koumlrperschaftsteuer befreit werden wenn sie in dem zu beurteilenden Veranlagungszeitraum alle Voraussetzungen fuumlr die Steuerbeguumlnstigung erfuumlllt Die spaumltere Erfuumlllung einer der Voraussetzungen fuumlr die Steuerbeguumlnstigung kann nicht auf fruumlhere abgelaufene Veranlagungszeitraumlume zuruumlckwirken

4 Wird eine bisher steuerpflichtige Koumlrperschaft nach sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG von der Koumlrperschaftsteuer befreit ist eine Schlussbesteuerung nach sect 13 KStG durchzufuumlhren

5 Fuumlr die Steuerbeguumlnstigung einer Koumlrperschaft reichen Betaumltigungen aus mit denen die Verwirklichung der steuerbeguumlnstigten Satzungszwecke nur vorbereitet wird Die Taumltigkeiten muumlssen ernsthaft auf die Erfuumlllung eines steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecks gerichtet sein Die bloszlige Absicht zu einem ungewissen Zeitpunkt einen der Satzungszwecke zu verwirklichen genuumlgt nicht (BFH-Urteil vom 2372003 I R 2902 BStBl II S 930)

6 Die Koumlrperschaftsteuerbefreiung einer Koumlrperschaft die nach ihrer Satzung steuerbeguumlnstigte Zwecke verfolgt endet wenn die eigentliche steuerbeguumlnstigte Taumltigkeit eingestellt und uumlber das Vermoumlgen der Koumlrperschaft das Konkurs- oder Insolvenzverfahren eroumlffnet wird (BFH-Urteil vom 1652007 I R 1406 BStBl II S 808)

Zu sect 51 Abs 2 AO

7 Verwirklicht die Koumlrperschaft ihre foumlrderungswuumlrdigen Zwecke nur auszligerhalb von Deutschland setzt die Steuerbeguumlnstigung - neben den sonstigen Voraussetzungen der sectsect 51 ff AO - zusaumltzlich den so genannten Inlandsbezug nach sect 51 Abs 2 AO idF des JStG 2009 vom 19122008 (BGBl I S 2794) voraus Dieser liegt zum einen vor wenn natuumlrliche Personen die ihren Wohnsitz oder ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt im Inland haben gefoumlrdert werden Auf die Staatsangehoumlrigkeit der natuumlrlichen Personen kommt es dabei nicht an

Falls durch die Taumltigkeit im Ausland keine im Inland lebenden Personen gefoumlrdert werden ist ein Inlandsbezug gegeben wenn die Taumltigkeit der Koumlrperschaft neben der Verwirklichung der steuerbeguumlnstigten Zwecke auch zur Verbesserung des Ansehens Deutschlands im Ausland beitragen kann Dabei bedarf es keiner spuumlrbaren oder messbaren Auswirkung auf das Ansehen Deutschlands im Ausland Bei im Inland ansaumlssigen Koumlrperschaften ist der moumlgliche Beitrag zum Ansehen Deutschlands im Ausland - ohne besonderen Nachweis - bereits dadurch erfuumlllt dass sie sich personell finanziell planend schoumlpferisch oder anderweitig an der Foumlrderung gemeinnuumltziger und mildtaumltiger Zwecke im Ausland beteiligen (Indizwirkung) Der Feststellung der positiven Kenntnis aller im Ausland Beguumlnstigten oder aller Mitwirkenden von der Beteiligung deutscher Organisationen bedarf es dabei nicht

Auslaumlndische Koumlrperschaften koumlnnen den Inlandsbezug ebenfalls erfuumlllen beispielsweise indem sie ihre steuerbeguumlnstigten Zwecke zum Teil auch in Deutschland verwirklichen oder - soweit sie nur im Ausland taumltig sind - auch im Inland lebende natuumlrliche Personen foumlrdern selbst wenn die Personen sich zu diesem Zweck im Ausland aufhalten Bei der Tatbestandsalternative des moumlglichen Ansehensbeitrags zugunsten Deutschlands entfaumlllt zwar bei auslaumlndischen Koumlrperschaften die Indizwirkung die Erfuumlllung dieser Tatbestandsalternative durch auslaumlndische Einrichtungen ist aber nicht grundsaumltzlich ausgeschlossen

Der nach sect 51 Abs 2 AO bei Auslandsaktivitaumlten zusaumltzlich geforderte Inlandsbezug wirkt sich nicht auf die Auslegung der weiteren fuumlr die Anerkennung der Gemeinnuumltzigkeit notwendigen Voraussetzungen aus Deren Vorliegen ist weiterhin unabhaumlngig von der Frage ob die Taumltigkeit im In- oder Ausland ausgeuumlbt wird zu pruumlfen Der Inlandsbezug hat somit insbesondere keine Auswirkung auf Inhalt und Umfang der in den sectsect 52 bis 53 AO beschriebenen foumlrderungswuumlrdigen Zwecke Daher koumlnnen beispielsweise kirchliche Zwecke weiterhin nur zugunsten inlaumlndischer Religionsgemeinschaften die Koumlrperschaften des oumlffentlichen Rechts sind verfolgt werden andererseits kann die Foumlrderung der

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Religion nach sect 52 Abs 2 Satz 1 Nr 2 AO wie bisher auch im Ausland erfolgen auch kann wie bisher zB eine hilflose Person im Ausland unterstuumltzt werden (sect 53 Nr 1 AO)

Mit der Pruumlfung des Inlandsbezugs selbst ist keine zusaumltzliche inhaltliche Pruumlfung der Taumltigkeit der Koumlrperschaft verbunden Das heiszligt es ist weder ein weiteres Mal zu ermitteln ob die Koumlrperschaft gemeinnuumltzige oder mildtaumltige Zwecke iSd sectsect 52 und 53 AO foumlrdert noch kommt es darauf an ob die Taumltigkeit mit den im Ausland geltenden Wertvorstellungen uumlbereinstimmt und somit nach auslaumlndischen Maszligstaumlben ein Beitrag zum Ansehen Deutschlands geleistet werden kann Falls die Verfolgung der in den sectsect 52 und 53 AO genannten foumlrderungswuumlrdigen Zwecke zu bejahen ist ist daher davon auszugehen dass eine solche Taumltigkeit dem Ansehen Deutschlands im Ausland nicht entgegensteht Der Inlandsbezug wird fuumlr die Anerkennung der Gemeinnuumltzigkeit ab Veranlagungszeitraum 2009 vorausgesetzt

Zu sect 51 Abs 3 AO

8 Der Ausschluss so genannter extremistischer Koumlrperschaften von der Steuerbeguumlnstigung ist nunmehr in sect 51 Abs 3 AO gesetzlich geregelt

9 Die Ergaumlnzung des sect 51 AO soll klarstellen dass eine Koumlrperschaft nur dann als steuerbeguumlnstigt behandelt werden kann wenn sie weder nach ihrer Satzung und ihrer tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung Bestrebungen iSd sect 4 des BVerfSchG verfolgt noch dem Gedanken der Voumllkerverstaumlndigung zuwiderhandelt sect 4 BVerfSchG ist im Zusammenhang mit sect 3 BVerfSchG zu lesen der die Aufgaben der Verfassungsschutzbehoumlrden des Bundes und der Laumlnder und die Voraussetzungen fuumlr ein Taumltigwerden des Verfassungsschutzes festlegt Die Aufgabe besteht in der Sammlung und Auswertung von Informationen uumlber die in sect 3 Abs 1 BVerfSchG erwaumlhnten verfassungsfeindlichen Bestrebungen die sect 4 BVerfSchG zum Teil definiert So beinhaltet sect 4 BVerfSchG im ersten Absatz eine Legaldefinition von Bestrebungen

a) gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes

b) gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes

c) gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung

Im zweiten Absatz des sect 4 BVerfSchG werden die grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aufgefuumlhrt

Gem sect 51 Abs 3 Satz 1 AO ist eine Steuerverguumlnstigung auch ausgeschlossen wenn die Koumlrperschaft dem Gedanken der Voumllkerverstaumlndigung zuwiderhandelt Diese Regelung nimmt Bezug auf sect 3 Abs 1 Nr 4 BVerfSchG der wiederum auf Artikel 9 Abs 2 GG (gegen den Gedanken der Voumllkerverstaumlndigung gerichtete Bestrebungen) sowie Artikel 26 Abs 1 GG (Stoumlrung des friedlichen Zusammenlebens der Voumllker) verweist

10 Die Regelung des sect 51 Abs 3 Satz 2 AO gilt in allen offenen Faumlllen Der Tatbestand des sect 51 Abs 3 Satz 2 AO ist nur bei solchen Organisationen erfuumlllt die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes fuumlr den zu beurteilenden Veranlagungszeitraum ausdruumlcklich als extremistisch eingestuft werden (BFH-Urteil vom 1142012 I R 1111 BStBl 2013 II S 146) Hat das Finanzamt die Koumlrperschaft bisher als steuerbeguumlnstigt behandelt und wird spaumlter ein Verfassungsschutzbericht veroumlffentlicht in dem die Koumlrperschaft als extremistisch aufgefuumlhrt wird kommt ggf eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO in Betracht

11 Bei Organisationen die nicht unter sect 51 Abs 3 Satz 2 AO fallen ist eine Pruumlfung nach sect 51 Abs 3 Satz 1 AO vorzunehmen (vgl Nr 9 des AEAO zu sect 51) Insbesondere eine Erwaumlhnung als bdquoVerdachtsfallldquo oder eine nur beilaumlufige Erwaumlhnung im Verfassungsschutzbericht aber auch sonstige Erkenntnisse bieten im Einzelfall Anlass zu weitergehenden Ermittlungen der Finanzbehoumlrde zB auch durch Nachfragen bei den Verfassungsschutzbehoumlrden

12 Die Finanzbehoumlrden sind befugt und verpflichtet den Verfassungsschutzbehoumlrden Tatsachen iSd sect 51 Abs 3 Satz 3 AO unabhaumlngig davon mitzuteilen welchen Besteuerungszeitraum diese Tatsachen betreffen

AEAO zu sect 52 - Gemeinnuumltzige Zwecke

1 Die Gemeinnuumltzigkeit einer Koumlrperschaft setzt voraus dass ihre Taumltigkeit der Allgemeinheit zugute kommt (sect 52 Abs 1 Satz 1 AO) Dies ist nicht gegeben wenn der Kreis der gefoumlrderten Personen infolge seiner Abgrenzung insbesondere nach raumlumlichen oder beruflichen Merkmalen dauernd nur klein sein kann (sect 52 Abs 1 Satz 2 AO) Hierzu gilt Folgendes

11 Allgemeines

Ein Verein dessen Taumltigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugute kommt (insbesondere Sportvereine und Vereine die in sect 52 Abs 2 Nr 23 AO genannte Freizeitbetaumltigungen foumlrdern) foumlrdert nicht die Allgemeinheit wenn er den Kreis der Mitglieder durch hohe Aufnahmegebuumlhren oder Mitgliedsbeitraumlge (einschlieszliglich Mitgliedsumlagen) klein haumllt

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Bei einem Verein dessen Taumltigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugute kommt ist eine Foumlrderung der Allgemeinheit iSd sect 52 Abs 1 AO anzunehmen wenn

a) die Mitgliedsbeitraumlge und Mitgliedsumlagen zusammen im Durchschnitt 1023 euro je Mitglied und Jahr und

b) die Aufnahmegebuumlhren fuumlr die im Jahr aufgenommenen Mitglieder im Durchschnitt 1534 euro nicht uumlbersteigen

12 Investitionsumlage

Es ist unschaumldlich fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit eines Vereins dessen Taumltigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugute kommt wenn der Verein neben den oa Aufnahmegebuumlhren und Mitgliedsbeitraumlgen (einschlieszliglich sonstiger Mitgliedsumlagen) zusaumltzlich eine Investitionsumlage nach folgender Maszliggabe erhebt

Die Investitionsumlage darf houmlchstens 5113 euro innerhalb von 10 Jahren je Mitglied betragen Die Mitglieder muumlssen die Moumlglichkeit haben die Zahlung der Umlage auf bis zu 10 Jahresraten zu verteilen Die Umlage darf nur fuumlr die Finanzierung konkreter Investitionsvorhaben verlangt werden Unschaumldlich ist neben der zeitnahen Verwendung der Mittel fuumlr Investitionen auch die Ansparung fuumlr kuumlnftige Investitionsvorhaben im Rahmen von nach sect 62 Abs 1 Nr 1 AO zulaumlssigen Ruumlcklagen und die Verwendung fuumlr die Tilgung von Darlehen die fuumlr die Finanzierung von Investitionen aufgenommen worden sind Die Erhebung von Investitionsumlagen kann auf neu eintretende Mitglieder (und ggf nachzahlende Jugendliche vgl Nr 1312 des AEAO zu sect 52) beschraumlnkt werden

Investitionsumlagen sind keine steuerlich abziehbaren Spenden

13 Durchschnittsberechnung

Der durchschnittliche Mitgliedsbeitrag und die durchschnittliche Aufnahmegebuumlhr sind aus dem Verhaumlltnis der zu beruumlcksichtigenden Leistungen der Mitglieder zu der Zahl der zu beruumlcksichtigenden Mitglieder zu errechnen

131 Zu beruumlcksichtigende Leistungen der Mitglieder

1311 Grundsatz

Zu den maszliggeblichen Aufnahmegebuumlhren bzw Mitgliedsbeitraumlgen gehoumlren alle Geld- und geldwerten Leistungen die ein Buumlrger aufwenden muss um in den Verein aufgenommen zu werden bzw in ihm verbleiben zu koumlnnen Umlagen die von den Mitgliedern erhoben werden sind mit Ausnahme zulaumlssiger Investitionsumlagen (vgl Nr 12 des AEAO zu sect 52) bei der Berechnung der durchschnittlichen Aufnahmegebuumlhren oder Mitgliedsbeitraumlge zu beruumlcksichtigen

1312 Sonderentgelte und Nachzahlungen

So genannte Spielgeldvorauszahlungen die im Zusammenhang mit der Aufnahme in den Verein zu entrichten sind gehoumlren zu den maszliggeblichen Aufnahmegebuumlhren Sonderumlagen und Zusatzentgelte die Mitglieder zB unter der Bezeichnung Jahresplatzbenutzungsgebuumlhren zahlen muumlssen sind bei der Durchschnittsberechnung als zusaumltzliche Mitgliedsbeitraumlge zu beruumlcksichtigen

Wenn jugendliche Mitglieder die zunaumlchst zu guumlnstigeren Konditionen in den Verein aufgenommen worden sind bei Erreichen einer Altersgrenze Aufnahmegebuumlhren nach zu entrichten haben sind diese im Jahr der Zahlung bei der Berechnung der durchschnittlichen Aufnahmegebuumlhr zu erfassen

1313 Auswaumlrtige Mitglieder

Mitgliedsbeitraumlge und Aufnahmegebuumlhren die auswaumlrtige Mitglieder an andere gleichartige Vereine entrichten sind nicht in die Durchschnittsberechnungen einzubeziehen Dies gilt auch dann wenn die Mitgliedschaft in dem anderen Verein Voraussetzung fuumlr die Aufnahme als auswaumlrtiges Mitglied oder die Spielberechtigung in der vereinseigenen Sportanlage ist

1314 Juristische Personen und Unternehmen in anderer Rechtsform

Leistungen die juristische Personen und Unternehmen in anderer Rechtsform fuumlr die Erlangung und den Erhalt der eigenen Mitgliedschaft in einem Verein aufwenden (so genannte Firmenmitgliedschaften) sind bei den Durchschnittsberechnungen nicht zu beruumlcksichtigen (vgl Nr 132 des AEAO zu sect 52)

1315 Darlehen

Darlehen die Mitglieder dem Verein im Zusammenhang mit ihrer Aufnahme in den Verein gewaumlhren sind nicht als zusaumltzliche Aufnahmegebuumlhren zu erfassen Wird das Darlehen zinslos oder zu einem guumlnstigeren Zinssatz als er auf dem Kapitalmarkt uumlblich ist gewaumlhrt ist der jaumlhrliche Zinsverzicht als zusaumltzlicher Mitgliedsbeitrag zu beruumlcksichtigen Dabei kann typisierend ein uumlblicher Zinssatz von 55 angenommen werden (BFH-Urteil vom 13111996 I R 15293 BStBl 1998 II S 711) Als zusaumltzlicher Mitgliedsbeitrag sind demnach pro Jahr bei einem zinslosen Darlehen 55 des Darlehensbetrags und bei einem zinsguumlnstigen Darlehen der Betrag den der Verein weniger als bei einer Verzinsung mit 55 zu zahlen hat anzusetzen

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Diese Grundsaumltze gelten auch wenn Mitgliedsbeitraumlge oder Mitgliedsumlagen (einschlieszliglich Investitionsumlagen) als Darlehen geleistet werden

1316 Beteiligung an Gesellschaften

Kosten fuumlr den zur Erlangung der Spielberechtigung notwendigen Erwerb von Geschaumlftsanteilen an einer Gesellschaft die neben dem Verein besteht und die die Sportanlagen errichtet oder betreibt sind mit Ausnahme des Agios nicht als zusaumltzliche Aufnahmegebuumlhren zu erfassen

Ein Sportverein kann aber mangels Unmittelbarkeit dann nicht als gemeinnuumltzig behandelt werden wenn die Mitglieder die Sportanlagen des Vereins nur bei Erwerb einer Nutzungsberechtigung von einer neben dem Verein bestehenden Gesellschaft nutzen duumlrfen

1317 Spenden

Wenn Buumlrger im Zusammenhang mit der Aufnahme in einen Sportverein als Spenden bezeichnete Zahlungen an den Verein leisten ist zu pruumlfen ob es sich dabei um freiwillige unentgeltliche Zuwendungen dh um Spenden oder um Sonderzahlungen handelt zu deren Leistung die neu eintretenden Mitglieder verpflichtet sind

Sonderzahlungen sind in die Berechnung der durchschnittlichen Aufnahmegebuumlhr einzubeziehen Dies gilt auch wenn kein durch die Satzung oder durch Beschluss der Mitgliederversammlung festgelegter Rechtsanspruch des Vereins besteht die Aufnahme in den Verein aber faktisch von der Leistung einer Sonderzahlung abhaumlngt

Eine faktische Verpflichtung ist regelmaumlszligig anzunehmen wenn mehr als 75 der neu eingetretenen Mitglieder neben der Aufnahmegebuumlhr eine gleich oder aumlhnlich hohe Sonderzahlung leisten Dabei bleiben passive oder foumlrdernde jugendliche und auswaumlrtige Mitglieder sowie Firmenmitgliedschaften auszliger Betracht Fuumlr die Beurteilung der Frage ob die Sonderzahlungen der neu aufgenommenen Mitglieder gleich oder aumlhnlich hoch sind sind die von dem Mitglied innerhalb von drei Jahren nach seinem Aufnahmeantrag oder wenn zwischen dem Aufnahmeantrag und der Aufnahme in den Verein ein ungewoumlhnlich langer Zeitraum liegt nach seiner Aufnahme geleisteten Sonderzahlungen soweit es sich dabei nicht um von allen Mitgliedern erhobene Umlagen handelt zusammenzurechnen

Die 75-Grenze ist eine widerlegbare Vermutung fuumlr das Vorliegen von Pflichtzahlungen Maszliggeblich sind die tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse des Einzelfalls Sonderzahlungen sind deshalb auch dann als zusaumltzliche Aufnahmegebuumlhren zu behandeln wenn sie zwar von weniger als 75 der neu eingetretenen Mitglieder geleistet werden diese Mitglieder aber nach den Umstaumlnden des Einzelfalls zu den Zahlungen nachweisbar verpflichtet sind

Die vorstehenden Grundsaumltze einschlieszliglich der 75-Grenze gelten fuumlr die Abgrenzung zwischen echten Spenden und Mitgliedsumlagen entsprechend Pflichtzahlungen sind in diesem Fall in die Berechnung des durchschnittlichen Mitgliedsbeitrags einzubeziehen

Nicht bei der Durchschnittsberechnung der Aufnahmegebuumlhren und Mitgliedsbeitraumlge zu beruumlcksichtigen sind Pflichteinzahlungen in eine zulaumlssige Investitionsumlage (vgl Nr 12 des AEAO zu sect 52)

Fuumlr Leistungen bei denen es sich um Pflichtzahlungen (zB Aufnahmegebuumlhren Mitgliedsbeitraumlge Abloumlsezahlungen fuumlr Arbeitsleistungen und Umlagen einschlieszliglich Investitionsumlagen) handelt duumlrfen keine Zuwendungsbestaumltigungen iSd sect 50 EStDV ausgestellt werden Die Grundsaumltze des BFH-Urteils vom 13121978 I R 3978 BStBl 1979 II S 482 sind nicht anzuwenden soweit sie mit den vorgenannten Grundsaumltzen nicht uumlbereinstimmen

132 Zu beruumlcksichtigende Mitglieder

Bei der Berechnung des durchschnittlichen Mitgliedsbeitrags ist als Divisor die Zahl der Personen anzusetzen die im Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) Mitglieder des Vereins waren Dabei sind auch die Mitglieder zu beruumlcksichtigen die im Laufe des Jahres aus dem Verein ausgetreten oder in ihn aufgenommen worden sind Voraussetzung ist dass eine Dauermitgliedschaft bestanden hat bzw die Mitgliedschaft auf Dauer angelegt ist

Divisor bei der Berechnung der durchschnittlichen Aufnahmegebuumlhr ist die Zahl der Personen die in dem Veranlagungszeitraum auf Dauer neu in den Verein aufgenommen worden sind Bei den Berechnungen sind grundsaumltzlich auch die foumlrdernden oder passiven jugendlichen und auswaumlrtigen Mitglieder zu beruumlcksichtigen Unter auswaumlrtigen Mitgliedern sind regelmaumlszligig Mitglieder zu verstehen die ihren Wohnsitz auszligerhalb des Einzugsgebiets des Vereins haben undoder bereits ordentliches Mitglied in einem gleichartigen anderen Sportverein sind und die deshalb keine oder geringere Mitgliedsbeitraumlge oder Aufnahmegebuumlhren zu zahlen haben Nicht zu erfassen sind juristische Personen oder Firmen in anderer Rechtsform sowie die natuumlrlichen Personen die infolge der Mitgliedschaft dieser Organisationen Zugang zu dem Verein haben

Die nicht aktiven Mitglieder sind nicht zu beruumlcksichtigen wenn der Verein ihre Einbeziehung in die Durchschnittsberechnung missbraumluchlich ausnutzt Dies ist zB anzunehmen wenn die Zahl der nicht aktiven Mitglieder ungewoumlhnlich hoch ist oder festgestellt wird dass im Hinblick auf die

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Durchschnittsberechnung gezielt nicht aktive Mitglieder beitragsfrei oder gegen geringe Beitraumlge aufgenommen worden sind Entsprechendes gilt fuumlr die Einbeziehung auswaumlrtiger Mitglieder in die Durchschnittsberechnung

2 Bei sect 52 Abs 2 AO handelt es sich grundsaumltzlich um eine abschlieszligende Aufzaumlhlung gemeinnuumltziger Zwecke Die Allgemeinheit kann allerdings auch durch die Verfolgung von Zwecken die hinsichtlich der Merkmale die ihre steuerrechtliche Foumlrderung rechtfertigen mit den in sect 52 Abs 2 AO aufgefuumlhrten Zwecken identisch sind gefoumlrdert werden

21 Jugendliche iSd sect 52 Abs 2 Nr 4 AO bzw des sect 68 Nr 1 Buchstabe b AO sind alle Personen vor Vollendung des 27 Lebensjahres

22 Die Foumlrderung von Kunst und Kultur umfasst die Bereiche der Musik der Literatur der darstellenden und bildenden Kunst und schlieszligt die Foumlrderung von kulturellen Einrichtungen wie Theater und Museen sowie von kulturellen Veranstaltungen wie Konzerte und Kunstausstellungen ein Zur Foumlrderung von Kunst und Kultur gehoumlrt auch die Foumlrderung der Pflege und Erhaltung von Kulturwerten Kulturwerte sind Gegenstaumlnde von kuumlnstlerischer und sonstiger kultureller Bedeutung Kunstsammlungen und kuumlnstlerische Nachlaumlsse Bibliotheken Archive sowie andere vergleichbare Einrichtungen

23 Die Foumlrderung der Denkmalpflege bezieht sich auf die Erhaltung und Wiederherstellung von Bau- und Bodendenkmaumllern die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften anerkannt sind Die Anerkennung ist durch eine Bescheinigung der zustaumlndigen Stelle nachzuweisen

24 Zur Foumlrderung des Andenkens an Verfolgte Kriegs- und Katastrophenopfer gehoumlrt auch die Errichtung von Ehrenmalen und Gedenkstaumltten

Zur Foumlrderung der Tier- bzw Pflanzenzucht gehoumlrt auch die Foumlrderung der Erhaltung vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen und Nutzpflanzen

Die Foumlrderung des Einsatzes fuumlr nationale Minderheiten im Sinne des durch Deutschland ratifizierten Rahmenabkommens zum Schutz nationaler Minderheiten und die Foumlrderung des Einsatzes fuumlr die gem der von Deutschland ratifizierten Charta der Regional- und Minderheitensprachen geschuumltzten Sprachen sind - je nach Betaumltigung im Einzelnen - Foumlrderung von Kunst und Kultur Foumlrderung der Heimatpflege und Heimatkunde oder Foumlrderung des traditionellen Brauchtums Bei den nach der Charta geschuumltzten Sprachen handelt es sich um die Regionalsprache Niederdeutsch sowie die Minderheitensprachen Daumlnisch Friesisch Sorbisch und das Romanes der deutschen Sinti und Roma

25 Unter dem Begriff bdquobuumlrgerschaftliches Engagementldquo versteht man eine freiwillige nicht auf das Erzielen eines persoumlnlichen materiellen Gewinns gerichtete auf die Foumlrderung der Allgemeinheit hin orientierte kooperative Taumltigkeit Die Anerkennung der Foumlrderung des buumlrgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnuumltziger mildtaumltiger und kirchlicher Zwecke dient der Hervorhebung der Bedeutung die ehrenamtlicher Einsatz fuumlr unsere Gesellschaft hat Eine Erweiterung der gemeinnuumltzigen Zwecke ist damit nicht verbunden

26 Durch sect 52 Abs 2 Satz 2 AO wird die Moumlglichkeit eroumlffnet Zwecke auch dann als gemeinnuumltzig anzuerkennen wenn diese nicht unter den Katalog des sect 52 Abs 2 Satz 1 AO fallen Die Anerkennung der Gemeinnuumltzigkeit solcher gesellschaftlicher Zwecke wird bundeseinheitlich abgestimmt

3 Internetvereine koumlnnen wegen Foumlrderung der Volksbildung als gemeinnuumltzig anerkannt werden sofern ihr Zweck nicht der Foumlrderung der (privat betriebenen) Datenkommunikation durch Zurverfuumlgungstellung von Zugaumlngen zu Kommunikationsnetzwerken sowie durch den Aufbau die Foumlrderung und den Unterhalt entsprechender Netze zur privaten und geschaumlftlichen Nutzung durch die Mitglieder oder andere Personen dient Freiwilligenagenturen koumlnnen regelmaumlszligig wegen der Foumlrderung der Bildung (sect 52 Abs 2 Nr 7 AO) als gemeinnuumltzig behandelt werden weil das Schwergewicht ihrer Taumltigkeit in der Aus- und Weiterbildung der Freiwilligen liegt (BMF-Schreiben vom 1592003 BStBl I S 446)

4 Bei Koumlrperschaften die Privatschulen betreiben oder unterstuumltzen ist zwischen Ersatzschulen und Ergaumlnzungsschulen zu unterscheiden Die Foumlrderung der Allgemeinheit ist bei Ersatzschulen stets anzunehmen weil die zustaumlndigen Landesbehoumlrden die Errichtung und den Betrieb einer Ersatzschule nur dann genehmigen duumlrfen wenn eine Sonderung der Schuumller nach den Besitzverhaumlltnissen der Eltern nicht gefoumlrdert wird (Art 7 Abs 4 Satz 3 GG und die Privatschulgesetze der Laumlnder) Bei Ergaumlnzungsschulen kann eine Foumlrderung der Allgemeinheit dann angenommen werden wenn in der Satzung der Koumlrperschaft festgelegt ist dass bei mindestens 25 der Schuumller keine Sonderung nach den Besitzverhaumlltnissen der Eltern iSd Art 7 Abs 4 Satz 3 GG und der Privatschulgesetze der Laumlnder vorgenommen werden darf

5 Nachbarschaftshilfevereine Tauschringe und aumlhnliche Koumlrperschaften deren Mitglieder kleinere Dienstleistungen verschiedenster Art gegenuumlber anderen Vereinsmitgliedern erbringen (zB kleinere Reparaturen Hausputz Kochen Kinderbetreuung Nachhilfeunterricht haumlusliche Pflege) sind grundsaumltzlich nicht gemeinnuumltzig weil regelmaumlszligig durch die gegenseitige Unterstuumltzung in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder gefoumlrdert werden und damit gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit (sect 55 Abs 1 AO) verstoszligen wird Solche Koumlrperschaften koumlnnen jedoch gemeinnuumltzig sein wenn sich ihre Taumltigkeit darauf beschraumlnkt alte und hilfebeduumlrftige Menschen in Verrichtungen des taumlglichen Lebens zu unterstuumltzen und damit die Altenhilfe gefoumlrdert bzw mildtaumltige Zwecke (sect 53 AO)

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verfolgt werden Soweit sich der Zweck der Koumlrperschaften zusaumltzlich auf die Erteilung von Nachhilfeunterricht und Kinderbetreuung erstreckt koumlnnen sie auch wegen Foumlrderung der Jugendhilfe anerkannt werden Voraussetzung fuumlr die Anerkennung der Gemeinnuumltzigkeit solcher Koumlrperschaften ist dass die aktiven Mitglieder ihre Dienstleistungen als Hilfspersonen der Koumlrperschaft (sect 57 Abs 1 Satz 2 AO) ausuumlben

Vereine deren Zweck die Foumlrderung esoterischer Heilslehren ist z B Reiki-Vereine koumlnnen nicht wegen Foumlrderung des oumlffentlichen Gesundheitswesens oder der oumlffentlichen Gesundheitspflege als gemeinnuumltzig anerkannt werden

6 Ein wesentliches Element des Sports (sect 52 Abs 2 Nr 21 AO) ist die koumlrperliche Ertuumlchtigung Motorsport faumlllt unter den Begriff des Sports (BFH-Urteil vom 29101997 I R 1397 BStBl 1998 II S 9) ebenso Ballonfahren Dagegen sind Skat (BFH-Urteil vom 1722000 I R 108 10998 BFHNV S 1071) Bridge Gospiel Gotcha Paintball IPSC-Schieszligen und Tipp-Kick kein Sport iSd Gemeinnuumltzigkeitsrechts Dies gilt auch fuumlr Amateurfunk Modellflug und Hundesport die jedoch eigenstaumlndige gemeinnuumltzige Zwecke sind (sect 52 Abs 2 Nr 23 AO) Schuumltzenvereine koumlnnen auch dann als gemeinnuumltzig anerkannt werden wenn sie nach ihrer Satzung neben dem Schieszligsport (als Hauptzweck) auch das Schuumltzenbrauchtum (vgl Nr 11 des AEAO zu sect 52) foumlrdern Die Durchfuumlhrung von volksfestartigen Schuumltzenfesten ist kein gemeinnuumltziger Zweck

7 Die Foumlrderung des bezahlten Sports ist kein gemeinnuumltziger Zweck weil dadurch eigenwirtschaftliche Zwecke der bezahlten Sportler gefoumlrdert werden Sie ist aber unter bestimmten Voraussetzungen unschaumldlich fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit eines Sportvereins (s sectsect 58 Nr 8 und sect 67a AO)

8 Eine steuerbeguumlnstigte allgemeine Foumlrderung des demokratischen Staatswesens ist nur dann gegeben wenn sich die Koumlrperschaft umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien befasst und diese objektiv und neutral wuumlrdigt Ist hingegen Zweck der Koumlrperschaft die politische Bildung der es auf der Grundlage der Normen und Vorstellungen einer rechtsstaatlichen Demokratie um die Schaffung und Foumlrderung politischer Wahrnehmungsfaumlhigkeit und politischen Verantwortungsbewusstseins geht liegt Volksbildung vor Diese muss nicht nur in theoretischer Unterweisung bestehen sie kann auch durch den Aufruf zu konkreter Handlung ergaumlnzt werden Keine politische Bildung ist demgegenuumlber die einseitige Agitation die unkritische Indoktrination oder die parteipolitisch motivierte Einflussnahme (BFH-Urteil vom 2391999 XI R 6398 BStBl 2000 II S 200)

9 Die Foumlrderung von Freizeitaktivitaumlten auszligerhalb des Bereichs des Sports ist nur dann als Foumlrderung der Allgemeinheit anzuerkennen wenn die Freizeitaktivitaumlten hinsichtlich der Merkmale die ihre steuerrechtliche Foumlrderung rechtfertigen mit den im Katalog des sect 52 Abs 2 Nr 23 AO genannten Freizeitgestaltungen identisch sind Es reicht nicht aus dass die Freizeitgestaltung sinnvoll und einer der in sect 52 Abs 2 Nr 23 AO genannten aumlhnlich ist (BFH-Urteil vom 1491994 I R 15393 BStBl 1995 II S 499) Die Foumlrderung des Baus und Betriebs von Schiffs- Auto- Eisenbahn- und Drachenflugmodellen ist identisch im vorstehenden Sinne mit der Foumlrderung des Modellflugs die Foumlrderung des CB-Funkens mit der Foumlrderung des Amateurfunkens Diese Zwecke sind deshalb als gemeinnuumltzig anzuerkennen Nicht identisch im vorstehenden Sinne mit den in sect 52 Abs 2 Nr 23 AO genannten Freizeitaktivitaumlten und deshalb nicht als eigenstaumlndige gemeinnuumltzige Zwecke anzuerkennen sind zB die Foumlrderung des Amateurfilmens und -fotografierens des Kochens von Brett- und Kartenspielen und des Sammelns von Gegenstaumlnden wie Briefmarken Muumlnzen und Autogrammkarten sowie die Taumltigkeit von Reise- und Touristik- Sauna- Geselligkeits- Kosmetik- und Oldtimer-Vereinen Bei Vereinen die das Amateurfilmen und -fotografieren foumlrdern und bei Oldtimer-Vereinen kann aber eine Steuerbeguumlnstigung wegen der Foumlrderung von Kunst oder (technischer) Kultur in Betracht kommen

10 Obst- und Gartenbauvereine foumlrdern idR die Pflanzenzucht iSd sect 52 Abs 2 Nr 23 AO Die Foumlrderung der Bonsaikunst ist Pflanzenzucht die Foumlrderung der Aquarien- und Terrarienkunde ist Tierzucht iSd Vorschrift

11 Historische Schuumltzenbruderschaften koumlnnen wegen der Foumlrderung der Brauchtumspflege (vgl Nr 6 des AEAO zu sect 52) Freizeitwinzervereine wegen der Foumlrderung der Heimatpflege die Teil der Brauchtumspflege ist als gemeinnuumltzig behandelt werden Dies gilt auch fuumlr Junggesellen- und Burschenvereine die das traditionelle Brauchtum einer bestimmten Region foumlrdern zB durch das Setzen von Maibaumlumen (Maiclubs) Die besondere Nennung des traditionellen Brauchtums als gemeinnuumltziger Zweck in sect 52 Abs 2 Nr 23 AO bedeutet jedoch keine allgemeine Ausweitung des Brauchtumsbegriffs iSd Gemeinnuumltzigkeitsrechts Studentische Verbindungen zB Burschenschaften aumlhnliche Vereinigungen zB Landjugendvereine Country- und Westernvereine und Vereine deren Hauptzweck die Veranstaltung von oumlrtlichen Volksfesten (zB Kirmes Kaumlrwa Schuumltzenfest) ist sind deshalb idR nicht gemeinnuumltzig

12 Bei Tier- und Pflanzenzuchtvereinen Freizeitwinzervereinen sowie Junggesellen- oder Burschenvereinen ist besonders auf die Selbstlosigkeit (sect 55 AO) und die Ausschlieszliglichkeit (sect 56 AO) zu achten Eine Koumlrperschaft ist zB nicht selbstlos taumltig wenn sie in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke ihrer Mitglieder foumlrdert Sie verstoumlszligt zB gegen das Gebot der Ausschlieszliglichkeit wenn die Durchfuumlhrung von Festveranstaltungen (zB Winzerfest Maiball) Satzungszweck ist Bei der Pruumlfung der tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung von Freizeitwinzer Junggesellen- und Burschenvereinen ist auszligerdem

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besonders darauf zu achten dass die Foumlrderung der Geselligkeit nicht im Vordergrund der Vereinstaumltigkeit steht

13 Soldaten- und Reservistenvereine verfolgen idR gemeinnuumltzige Zwecke iSd sect 52 Abs 2 Nr 23 AO wenn sie aktive und ehemalige Wehrdienstleistende Zeit- und Berufssoldaten betreuen zB uumlber mit dem Soldatsein zusammenhaumlngende Fragen beraten Moumlglichkeiten zu sinnvoller Freizeitgestaltungbieten oder beim Uumlbergang in das Zivilleben helfen Die Pflege der Tradition durch Soldaten- und Reservistenvereine ist weder steuerbeguumlnstigte Brauchtumspflege noch Betreuung von Soldaten und Reservisten iSd sect 52 Abs 2 Nr 23 AO Die Foumlrderung der Kameradschaft kann neben einem steuerbeguumlnstigten Zweck als Vereinszweck genannt werden wenn sich aus der Satzung ergibt dass damit lediglich eine Verbundenheit der Vereinsmitglieder angestrebt wird die aus der gemeinnuumltzigen Vereinstaumltigkeit folgt (BFH-Urteil vom 1131999 V R 57 5896 BStBl II S 331)

14 Einrichtungen die mit ihrer Taumltigkeit auf die Erholung arbeitender Menschen ausgerichtet sind (zB der Betrieb von Freizeiteinrichtungen wie Campingplaumltze oder Bootsverleihe) koumlnnen nicht als gemeinnuumltzig anerkannt werden es sei denn dass das Gewaumlhren von Erholung einem besonders schutzwuumlrdigen Personenkreis (zB Kranken oder der Jugend) zugute kommt oder in einer bestimmten Art und Weise (zB auf sportlicher Grundlage) vorgenommen wird (BFH-Urteile vom 22111972 I R 2171 BStBl 1973 II S 251 und vom 3091981 III R 280 BStBl 1982 II S 148) Wegen Erholungsheimen wird auf sect 68 Nr 1 Buchstabe a AO hingewiesen

15 Politische Zwecke (Beeinflussung der politischen Meinungsbildung Foumlrderung politischer Parteien u dgl) zaumlhlen grundsaumltzlich nicht zu den gemeinnuumltzigen Zwecken iSd sect 52 AO

Eine gewisse Beeinflussung der politischen Meinungsbildung schlieszligt jedoch die Gemeinnuumltzigkeit nicht aus (BFH-Urteil vom 2981984 I R 20381 BStBl II S 844) Eine politische Taumltigkeit ist danach unschaumldlich fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit wenn eine gemeinnuumltzige Taumltigkeit nach den Verhaumlltnissen im Einzelfall zwangslaumlufig mit einer politischen Zielsetzung verbunden ist und die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenuumlber der Foumlrderung des gemeinnuumltzigen Zwecks weit in den Hintergrund tritt Eine Koumlrperschaft foumlrdert deshalb auch dann ausschlieszliglich ihren steuerbeguumlnstigten Zweck wenn sie gelegentlich zu tagespolitischen Themen im Rahmen ihres Satzungszwecks Stellung nimmt Entscheidend ist dass die Tagespolitik nicht Mittelpunkt der Taumltigkeit der Koumlrperschaft ist oder wird sondern der Vermittlung der steuerbeguumlnstigten Ziele der Koumlrperschaft dient (BFH-Urteil vom 23111988 I R 1188 BStBl 1989 II S 391)

Dagegen ist die Gemeinnuumltzigkeit zu versagen wenn ein politischer Zweck als alleiniger oder uumlberwiegender Zweck in der Satzung einer Koumlrperschaft festgelegt ist oder die Koumlrperschaft tatsaumlchlich ausschlieszliglich oder uumlberwiegend einen politischen Zweck verfolgt

AEAO zu sect 53 - Mildtaumltige Zwecke

1 Der Begriff mildtaumltige Zwecke umfasst auch die Unterstuumltzung von Personen die wegen ihres seelischen Zustands hilfebeduumlrftig sind Das hat beispielsweise fuumlr die Telefonseelsorge Bedeutung

2 Voumlllige Unentgeltlichkeit der mildtaumltigen Zuwendung wird nicht verlangt Die mildtaumltige Zuwendung darf nur nicht des Entgelts wegen erfolgen

3 Eine Koumlrperschaft zu deren Satzungszwecken die Unterstuumltzung von hilfebeduumlrftigen Verwandten der Mitglieder Gesellschafter Genossen oder Stifter gehoumlrt kann nicht als steuerbeguumlnstigt anerkannt werden Bei einer derartigen Koumlrperschaft steht nicht die Foumlrderung mildtaumltiger Zwecke sondern die Foumlrderung der Verwandtschaft im Vordergrund Ihre Taumltigkeit ist deshalb nicht wie es sect 53 AO verlangt auf die selbstlose Unterstuumltzung hilfebeduumlrftiger Personen gerichtet Dem steht bei Stiftungen sect 58 Nr 6 AO nicht entgegen Diese Vorschrift ist lediglich eine Ausnahme von dem Gebot der Selbstlosigkeit (sect 55 AO) begruumlndet aber keinen eigenstaumlndigen gemeinnuumltzigen Zweck Bei der tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung ist die Unterstuumltzung von hilfebeduumlrftigen Angehoumlrigen grundsaumltzlich nicht schaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung Die Verwandtschaft darf jedoch kein Kriterium fuumlr die Foumlrderleistungen der Koumlrperschaft sein

4 Hilfen nach sect 53 Nr 1 AO (Unterstuumltzung von Personen die infolge ihres koumlrperlichen geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind) duumlrfen ohne Ruumlcksicht auf die wirtschaftliche Unterstuumltzungsbeduumlrftigkeit gewaumlhrt werden Bei der Beurteilung der Beduumlrftigkeit iSd sect 53 Nr 1 AO kommt es nicht darauf an dass die Hilfebeduumlrftigkeit dauernd oder fuumlr laumlngere Zeit besteht Hilfeleistungen wie beispielsweise Essen auf Raumldern koumlnnen daher steuerbeguumlnstigt durchgefuumlhrt werden Bei Personen die das 75 Lebensjahr vollendet haben kann koumlrperliche Hilfebeduumlrftigkeit ohne weitere Nachpruumlfung angenommen werden

5 sect 53 Nr 2 AO legt die Grenzen der wirtschaftlichen Hilfebeduumlrftigkeit fest Danach koumlnnen ohne Verlust der Steuerbeguumlnstigung Personen unterstuumltzt werden deren Bezuumlge das Vierfache beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden das Fuumlnffache des Regelsatzes der Sozialhilfe iSd sect 28 SGB XII (jeweilige Regelbedarfsstufe) nicht uumlbersteigen Etwaige Mehrbedarfszuschlaumlge zum Regelsatz sind nicht zu beruumlcksichtigen Leistungen fuumlr die Unterkunft werden nicht gesondert beruumlcksichtigt Fuumlr die Begriffe Einkuumlnfte und Bezuumlge sind die Ausfuumlhrungen R 33a1 EStR maszliggeblich

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6 Zu den Bezuumlgen iSd sect 53 Nr 2 AO zaumlhlen neben den Einkuumlnften iSd sect 2 Abs 1 EStG auch alle anderen fuumlr die Bestreitung des Unterhalts bestimmten oder geeigneten Bezuumlge aller Haushaltsangehoumlrigen Hierunter fallen auch solche Einnahmen die im Rahmen der steuerlichen Einkunftsermittlung nicht erfasst werden also sowohl nicht steuerbare als auch fuumlr steuerfrei erklaumlrte Einnahmen (BFH-Urteil vom 281974 VI R 14871 BStBl 1975 II S 139) Gezahlte und empfangene Unterhaltsleistungen sind bei der Einkommensberechnung zu beruumlcksichtigen

Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Hilfebeduumlrftigkeit von unverheirateten minderjaumlhrigen Schwangeren und minderjaumlhrigen Muumlttern die ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines 6 Lebensjahres betreuen und die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehoumlren sind die Bezuumlge und das Vermoumlgen der Eltern oder des Elternteils nicht zu beruumlcksichtigen

7 Bei Renten zaumlhlt der uumlber den von sect 53 Nr 2 Buchstabe a AO erfassten Anteil hinausgehende Teil der Rente zu den Bezuumlgen iSd sect 53 Nr 2 Buchstabe b AO

8 Bei der Feststellung der Bezuumlge iSd sect 53 Nr 2 Buchstabe b AO sind aus Vereinfachungsgruumlnden insgesamt 180 euro im Kalenderjahr abzuziehen wenn nicht houmlhere Aufwendungen die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den entsprechenden Einnahmen stehen nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden

9 Als Vermoumlgen das zur nachhaltigen Verbesserung des Unterhalts ausreicht und dessen Verwendung fuumlr den Unterhalt zugemutet werden kann (sect 53 Nr 2 Satz 2 AO) ist in der Regel ein Vermoumlgen mit einem gemeinen Wert (Verkehrswert) von mehr als 15500 euro anzusehen Dabei bleiben auszliger Ansatz

- Vermoumlgensgegenstaumlnde deren Veraumluszligerung offensichtlich eine Verschleuderung bedeuten wuumlrde oder die einen besonderen Wert zB Erinnerungswert fuumlr die unterstuumltzte Person haben oder zu seinem Hausrat gehoumlren

- ein angemessenes Hausgrundstuumlck iSd sect 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII das die unterstuumltzte Person allein oder zusammen mit Angehoumlrigen denen es nach dem Tod der unterstuumltzten Person weiter als Wohnraum dienen soll bewohnt

Die Grenze bezieht sich auch bei einem Mehrpersonenhaushalt auf jede unterstuumltzte Person H 33a1 (Geringes Vermoumlgen - bdquoSchonvermoumlgenldquo) EStH gilt entsprechend

10 Erbringt eine Koumlrperschaft ihre Leistungen an wirtschaftlich hilfebeduumlrftige Personen muss sie anhand ihrer Unterlagen nachweisen koumlnnen dass die Houmlhe der Einkuumlnfte und Bezuumlge sowie das Vermoumlgen der unterstuumltzten Personen die Grenzen des sect 53 Nr 2 AO nicht uumlbersteigen Eine Erklaumlrung in der von der unterstuumltzten Person nur das Unterschreiten der Grenzen des sect 53 Nr 2 AO mitgeteilt wird reicht allein nicht aus Eine Berechnung der maszliggeblichen Einkuumlnfte und Bezuumlge sowie eine Berechnung des Vermoumlgens sind stets beizufuumlgen

11 Auf diesen Nachweis ist zu verzichten wenn die Leistungsempfaumlnger Leistungen nach dem SGB II SGB XII WoGG sect 27a BVG oder nach sect 6a BKKG beziehen Bei Beantragung dieser Sozialleistungen pruumlft die zustaumlndige Sozialbehoumlrde sowohl die Vermoumlgens- als auch die Einkommensverhaumlltnisse der antragstellenden Personen Verfuumlgen sie uumlber ausreichend finanzielle Mittel (Einkommen oder einzusetzendes Vermoumlgen) dann werden die beantragten Leistungen nicht bewilligt

Es ist also ausreichend wenn Empfaumlnger der in sect 53 Nr 2 Satz 6 AO benannten Leistungen ihren fuumlr den Empfangszeitraum maszliggeblichen Leistungsbescheid oder eine Bescheinigung des Sozialleistungstraumlgers uumlber den Leistungsbezug bei der Koumlrperschaft einreichen Die Koumlrperschaft hat eine Ablichtung des Bescheids oder der Bestaumltigung aufzubewahren

Es ist also ausreichend wenn Empfaumlnger von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII ihren fuumlr den Empfangszeitraum maszliggeblichen Leistungsbescheid oder eine Bescheinigung des Sozialleistungstraumlgers uumlber den Leistungsbezug bei der Koumlrperschaft einreichen Die Koumlrperschaft hat eine Ablichtung des Bescheids oder der Bestaumltigung aufzubewahren

12 Beantragt eine Koumlrperschaft die Befreiung von der Nachweispflicht nach sect 53 Nr 2 Satz 8 AO muss sie nachweisen dass aufgrund ihrer besonderen Art der gewaumlhrten Unterstuumltzungsleistung sichergestellt ist dass nur wirtschaftlich hilfebeduumlrftige Personen unterstuumltzt werden

Auf die Nachweisfuumlhrung kann verzichtet werden wenn aufgrund der Art der Unterstuumltzungsleistungen typischerweise davon auszugehen ist dass nur beduumlrftige Menschen unterstuumltzt werden Hierbei sind die besonderen Gegebenheiten vor Ort sowie Inhalte und Bewerbungen des konkreten Leistungsangebotes zu beruumlcksichtigen Im Regelfall muumlssen Kleiderkammern Suppenkuumlchen Obdachlosenasyle und die sogenannten Tafeln keine Nachweise erbringen

Dagegen reicht die pauschale Behauptung dass die Leistungen sowieso nur von Hilfebeduumlrftigen in Anspruch genommen werden nicht aus Werden zB bei einem Sozialkaufhaus Leistungen an jeden erbracht der sie in Anspruch nehmen moumlchte dann kommt eine Befreiung nicht in Betracht

Der Bescheid uumlber den Nachweisverzicht kann befristet ergehen oder mit anderen Nebenbestimmungen (sect 120 AO) versehen werden Treten Aumlnderungen im rechtlichen oder tatsaumlchlichen Bereich ein dann

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gelten die Absaumltze 3 bis 5 des sect 60a AO entsprechend Dies gilt auch bei materiell-rechtlich fehlerhaften Bescheiden (vgl Nrn 6 bis 8 des AEAO zu sect 60a)

AEAO zu sect 54 - Kirchliche Zwecke

Ein kirchlicher Zweck liegt nur vor wenn die Taumltigkeit darauf gerichtet ist eine Religionsgemeinschaft des oumlffentlichen Rechts zu foumlrdern Bei Religionsgemeinschaften die nicht Koumlrperschaften des oumlffentlichen Rechts sind kann wegen Foumlrderung der Religion eine Anerkennung als gemeinnuumltzige Koumlrperschaft in Betracht kommen

AEAO zu sect 55 - Selbstlosigkeit

Zu sect 55 Abs 1 Nr 1 AO

1 Eine Koumlrperschaft handelt selbstlos wenn sie weder selbst noch zugunsten ihrer Mitglieder eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt Ist die Taumltigkeit einer Koumlrperschaft in erster Linie auf Mehrung ihres eigenen Vermoumlgens gerichtet so handelt sie nicht selbstlos Eine Koumlrperschaft verfolgt zB in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke wenn sie ausschlieszliglich durch Darlehen ihrer Gruumlndungsmitglieder finanziert ist und dieses Fremdkapital satzungsgemaumlszlig tilgen und verzinsen muss (BFH-Urteile vom 13121978 I R 3978 BStBl 1979 II S 482 vom 2641989 I R 20985 BStBl II S 670 und vom 2861989 I R 8685 BStBl 1990 II S 550)

2 Nach sect 55 Abs 1 AO duumlrfen saumlmtliche Mittel der Koumlrperschaft nur fuumlr die satzungsmaumlszligigen Zwecke verwendet werden (Ausnahmen siehe sect 58 AO) Auch der Gewinn aus dem Zweckbetrieb und aus demsteuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb (sect 64 Abs 2 AO) sowie der Uumlberschuss aus der Vermoumlgensverwaltung duumlrfen nur fuumlr die satzungsmaumlszligigen Zwecke verwendet werden Dies schlieszligt die Bildung von Ruumlcklagen im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb und im Bereich der Vermoumlgensverwaltung nicht aus

3 Es ist grundsaumltzlich nicht zulaumlssig Mittel des ideellen Bereichs (insbesondere Mitgliedsbeitraumlge Spenden Zuschuumlsse Ruumlcklagen) Gewinne aus Zweckbetrieben Ertraumlge aus der Vermoumlgensverwaltung und das entsprechende Vermoumlgen fuumlr einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb zu verwenden zB zum Ausgleich eines Verlustes Fuumlr das Vorliegen eines Verlustes ist das Ergebnis des einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs (sect 64 Abs 2 AO) maszliggeblich Eine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs fuumlr den Ausgleich des Verlustes eines einzelnen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs liegt deshalb nicht vor soweit der Verlust bereits im Entstehungsjahr mit Gewinnen anderer steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetriebe verrechnet werden kann Verbleibt danach ein Verlust ist keine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs fuumlr dessen Ausgleich anzunehmen wenn dem ideellen Bereich in den sechs vorangegangenen Jahren Gewinne des einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs in mindestens gleicher Houmlhe zugefuumlhrt worden sind Insoweit ist der Verlustausgleich im Entstehungsjahr als Ruumlckgabe fruumlherer durch das Gemeinnuumltzigkeitsrecht vorgeschriebener Gewinnabfuumlhrungen anzusehen

4 Ein nach ertragsteuerlichen Grundsaumltzen ermittelter Verlust eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs ist unschaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung der Koumlrperschaft wenn er ausschlieszliglich durch die Beruumlcksichtigung von anteiligen Abschreibungen auf gemischt genutzte Wirtschaftsguumlter entstanden ist und wenn die folgenden Voraussetzungen erfuumlllt sind

- Das Wirtschaftsgut wurde fuumlr den ideellen Bereich angeschafft oder hergestellt und wird nur zur besseren Kapazitaumltsauslastung und Mittelbeschaffung teil- oder zeitweise fuumlr den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb genutzt Die Koumlrperschaft darf nicht schon im Hinblick auf eine zeit- oder teilweise Nutzung fuumlr den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb ein groumlszligeres Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt haben als es fuumlr die ideelle Taumltigkeit notwendig war

- Die Koumlrperschaft verlangt fuumlr die Leistungen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs marktuumlbliche Preise

- Der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetrieb bildet keinen eigenstaumlndigen Sektor eines Gebaumludes (zB Gaststaumlttenbetrieb in einer Sporthalle)

Diese Grundsaumltze gelten entsprechend fuumlr die Beruumlcksichtigung anderer gemischter Aufwendungen (zB zeitweiser Einsatz von Personal des ideellen Bereichs in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb) bei der gemeinnuumltzigkeitsrechtlichen Beurteilung von Verlusten

5 Der Ausgleich des Verlustes eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs mit Mitteln des ideellen Bereichs ist auszligerdem unschaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung wenn

- der Verlust auf einer Fehlkalkulation beruht

- die Koumlrperschaft innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Wirtschaftsjahres in dem der Verlust entstanden ist dem ideellen Taumltigkeitsbereich wieder Mittel in entsprechender Houmlhe zufuumlhrt und

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- die zugefuumlhrten Mittel nicht aus Zweckbetrieben aus dem Bereich der steuerbeguumlnstigten Vermoumlgensverwaltung aus Beitraumlgen oder aus anderen Zuwendungen die zur Foumlrderung der steuerbeguumlnstigten Zwecke der Koumlrperschaft bestimmt sind stammen (BFH-Urteil vom 13111996 I R 15293 BStBl 1998 II S 711)

Die Zufuumlhrungen zu dem ideellen Bereich koumlnnen demnach aus dem Gewinn des (einheitlichen) steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs der in dem Wirtschaftsjahr nach der Entstehung des Verlustes erzielt wird geleistet werden Auszligerdem duumlrfen fuumlr den Ausgleich des Verlustes Umlagen und Zuschuumlsse die dafuumlr bestimmt sind verwendet werden Derartige Zuwendungen sind jedoch keine steuerbeguumlnstigten Spenden

6 Eine fuumlr die Steuerbeguumlnstigung schaumldliche Verwendung von Mitteln fuumlr den Ausgleich von Verlusten des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs liegt auch dann nicht vor wenn dem Betrieb die erforderlichen Mittel durch die Aufnahme eines betrieblichen Darlehens zugefuumlhrt werden oder bereits in dem Betrieb verwendete ideelle Mittel mittels eines Darlehens das dem Betrieb zugeordnet wird innerhalb der Frist von 12 Monaten nach dem Ende des Verlustentstehungsjahres an den ideellen Bereich der Koumlrperschaft zuruumlckgegeben werden Voraussetzung fuumlr die Unschaumldlichkeit ist dass Tilgung und Zinsen fuumlr das Darlehen ausschlieszliglich aus Mitteln des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs geleistet werden

Die Belastung von Vermoumlgen des ideellen Bereichs mit einer Sicherheit fuumlr ein betriebliches Darlehen (zB Grundschuld auf einer Sporthalle) fuumlhrt grundsaumltzlich zu keiner anderen Beurteilung Die Eintragung einer Grundschuld bedeutet noch keine Verwendung des belasteten Vermoumlgens fuumlr den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb

7 Steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften unterhalten steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe regelmaumlszligig nur um dadurch zusaumltzliche Mittel fuumlr die Verwirklichung der steuerbeguumlnstigten Zwecke zu beschaffen Es kann deshalb unterstellt werden dass etwaige Verluste bei Betrieben die schon laumlngere Zeit bestehen auf einer Fehlkalkulation beruhen Bei dem Aufbau eines neuen Betriebs ist eine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs fuumlr den Ausgleich von Verlusten auch dann unschaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung wenn mit Anlaufverlusten zu rechnen war Auch in diesem Fall muss die Koumlrperschaft aber idR innerhalb von drei Jahren nach dem Ende des Entstehungsjahres des Verlustes dem ideellen Bereich wieder Mittel die gemeinnuumltzigkeitsunschaumldlich dafuumlr verwendet werden duumlrfen zufuumlhren

8 Die Regelungen in Nrn 3 bis 7 des AEAO zu sect 55 gelten entsprechend fuumlr die Vermoumlgensverwaltung

9 Mitglieder duumlrfen keine Zuwendungen aus Mitteln der Koumlrperschaft erhalten Dies gilt nicht soweit es sich um Annehmlichkeiten handelt wie sie im Rahmen der Betreuung von Mitgliedern allgemein uumlblich und nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind

10 Keine Zuwendung iSd sect 55 Abs 1 Nr 1 AO liegt vor wenn der Leistung der Koumlrperschaft eine Gegenleistung des Empfaumlngers gegenuumlbersteht (zB bei Kauf- Dienst- und Werkvertraumlgen) und die Werte von Leistung und Gegenleistung nach wirtschaftlichen Grundsaumltzen gegeneinander abgewogen sind

11 Ist einer Koumlrperschaft zugewendetes Vermoumlgen mit vor der Uumlbertragung wirksam begruumlndeten Anspruumlchen (zB Nieszligbrauch Grund- oder Rentenschulden Vermaumlchtnisse aufgrund testamentarischer Bestimmungen des Zuwendenden) belastet deren Erfuumlllung durch die Koumlrperschaft keine nach wirtschaftlichen Grundsaumltzen abgewogene Gegenleistung fuumlr die Uumlbertragung des Vermoumlgens darstellt mindern die Anspruumlche das uumlbertragene Vermoumlgen bereits im Zeitpunkt des Uumlbergangs Wirtschaftlich betrachtet wird der Koumlrperschaft nur das nach der Erfuumlllung der Anspruumlche verbleibende Vermoumlgen zugewendet Die Erfuumlllung der Anspruumlche aus dem zugewendeten Vermoumlgen ist deshalb keine Zuwendung iSd sect 55 Abs 1 Nr 1 AO Dies gilt auch wenn die Koumlrperschaft die Anspruumlche aus ihrem anderen zulaumlssigen Vermoumlgen einschlieszliglich der Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO erfuumlllt

12 Soweit die vorhandenen fluumlssigen Vermoumlgensmittel nicht fuumlr die Erfuumlllung der Anspruumlche ausreichen darf die Koumlrperschaft dafuumlr auch Ertraumlge verwenden Ihr muumlssen jedoch ausreichende Mittel fuumlr die Verwirklichung ihrer steuerbeguumlnstigten Zwecke verbleiben Diese Voraussetzung ist als erfuumlllt anzusehen wenn fuumlr die Erfuumlllung der Verbindlichkeiten houmlchstens ein Drittel des Einkommens der Koumlrperschaft verwendet wird Die Ein-Drittel-Grenze umfasst bei Rentenverpflichtungen nicht nur die uumlber den Barwert hinausgehenden sondern die gesamten Zahlungen Sie bezieht sich auf den Veranlagungszeitraum

13 sect 58 Nr 6 AO enthaumllt eine Ausnahmeregelung zu sect 55 Abs 1 Nr 1 AO fuumlr Stiftungen Diese ist nur anzuwenden wenn eine Stiftung Leistungen erbringt die dem Grunde nach gegen sect 55 Abs 1 Nr 1 AO verstoszligen also zB freiwillige Zuwendungen an den in sect 58 Nr 6 AO genannten Personenkreis leistetoder fuumlr die Erfuumlllung von Anspruumlchen dieses Personenkreises aus der Uumlbertragung von Vermoumlgen nicht das belastete oder anderes zulaumlssiges Vermoumlgen sondern Ertraumlge einsetzt Im Unterschied zu anderen Koumlrperschaften kann eine Stiftung unter den Voraussetzungen des sect 58 Nr 6 AO auch dann einen Teil ihres Einkommens fuumlr die Erfuumlllung solcher Anspruumlche verwenden wenn ihr dafuumlr ausreichende fluumlssige Vermoumlgensmittel zur Verfuumlgung stehen Der Grundsatz dass der wesentliche Teil des Einkommens fuumlr die Verwirklichung der steuerbeguumlnstigten Zwecke verbleiben muss gilt aber auch fuumlr Stiftungen

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Daraus folgt dass eine Stiftung insgesamt houmlchstens ein Drittel ihres Einkommens fuumlr unter sect 58 Nr 6 AO fallende Leistungen und fuumlr die Erfuumlllung von anderen durch die Uumlbertragung von belastetem Vermoumlgen begruumlndeten Anspruumlchen verwenden darf

14 Die Vergabe von Darlehen aus Mitteln die zeitnah fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke zu verwenden sind ist unschaumldlich fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit wenn die Koumlrperschaft damit selbst unmittelbar ihre steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecke verwirklicht Dies kann zB der Fall sein wenn die Koumlrperschaft im Rahmen ihrer jeweiligen steuerbeguumlnstigten Zwecke Darlehen im Zusammenhang mit einer Schuldnerberatung zur Abloumlsung von Bankschulden Darlehen an Nachwuchskuumlnstler fuumlr die Anschaffung von Instrumenten oder Stipendien fuumlr eine wissenschaftliche Ausbildung teilweise als Darlehen vergibt Voraussetzung ist dass sich die Darlehensvergabe von einer gewerbsmaumlszligigen Kreditvergabe dadurch unterscheidet dass sie zu guumlnstigeren Bedingungen erfolgt als zu den allgemeinen Bedingungen am Kapitalmarkt (zB Zinslosigkeit Zinsverbilligung)

Die Vergabe von Darlehen aus zeitnah fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke zu verwendenden Mitteln an andere steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften ist im Rahmen des sect 58 Nrn 1 und 2 AO zulaumlssig (mittelbare Zweckverwirklichung) wenn die andere Koumlrperschaft die darlehensweise erhaltenen Mittel unmittelbar fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke innerhalb der fuumlr eine zeitnahe Mittelverwendung vorgeschriebenen Frist verwendet

Darlehen die zur unmittelbaren Verwirklichung der steuerbeguumlnstigten Zwecke vergeben werden sind im Rechnungswesen entsprechend kenntlich zu machen Es muss sichergestellt und fuumlr die Finanzbehoumlrde nachpruumlfbar sein dass die Ruumlckfluumlsse dh Tilgung und Zinsen wieder zeitnah fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke verwendet werden

15 Aus Mitteln die nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen (Vermoumlgen einschlieszliglich der zulaumlssigen Zufuumlhrungen und der zulaumlssig gebildeten Ruumlcklagen) darf die Koumlrperschaft Darlehen nach folgender Maszliggabe vergeben

Die Zinsen muumlssen sich in dem auf dem Kapitalmarkt uumlblichen Rahmen halten es sei denn der Verzicht auf die uumlblichen Zinsen ist eine nach den Vorschriften des Gemeinnuumltzigkeitsrechts und der Satzung der Koumlrperschaft zulaumlssige Zuwendung (zB Darlehen an eine ebenfalls steuerbeguumlnstigte Mitgliedsorganisation oder eine hilfebeduumlrftige Person) Bei Darlehen an Arbeitnehmer aus dem Vermoumlgen kann der (teilweise) Verzicht auf eine uumlbliche Verzinsung als Bestandteil des Arbeitslohns angesehen werden wenn dieser insgesamt also einschlieszliglich des Zinsvorteils angemessen ist und der Zinsverzicht auch von der Koumlrperschaft als Arbeitslohn behandelt wird (zB Abfuumlhrung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeitraumlgen)

Maszlignahmen fuumlr die eine Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 1 AO gebildet worden ist duumlrfen sich durch die Gewaumlhrung von Darlehen nicht verzoumlgern

16 Die Vergabe von Darlehen ist als solche kein steuerbeguumlnstigter Zweck Sie darf deshalb nicht Satzungszweck einer steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft sein Es ist jedoch unschaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung wenn die Vergabe von zinsguumlnstigen oder zinslosen Darlehen nicht als Zweck sondern als Mittel zur Verwirklichung des steuerbeguumlnstigten Zwecks in der Satzung der Koumlrperschaft aufgefuumlhrt ist

17 Eine Koumlrperschaft kann nicht als steuerbeguumlnstigt behandelt werden wenn ihre Ausgaben fuumlr die allgemeine Verwaltung einschlieszliglich der Werbung um Spenden einen angemessenen Rahmen uumlbersteigen (sect 55 Abs 1 Nrn 1 und 3 AO) Dieser Rahmen ist in jedem Fall uumlberschritten wenn eine Koumlrperschaft die sich weitgehend durch Geldspenden finanziert diese - nach einer Aufbauphase - uumlberwiegend zur Bestreitung von Ausgaben fuumlr Verwaltung und Spendenwerbung statt fuumlr die Verwirklichung der steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecke verwendet (BFH-Beschluss vom 2391998 I B 8298 BStBl 2000 II S 320) Die Verwaltungsausgaben einschlieszliglich Spendenwerbung sind bei der Ermittlung der Anteile ins Verhaumlltnis zu den gesamten vereinnahmten Mitteln (Spenden Mitgliedsbeitraumlge Zuschuumlsse Gewinne aus wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben usw) zu setzen

Fuumlr die Frage der Angemessenheit der Verwaltungsausgaben kommt es entscheidend auf die Umstaumlnde des jeweiligen Einzelfalls an Eine fuumlr die Steuerbeguumlnstigung schaumldliche Mittelverwendung kann deshalb auch schon dann vorliegen wenn der prozentuale Anteil der Verwaltungsausgaben einschlieszliglich der Spendenwerbung deutlich geringer als 50 ist

18 Waumlhrend der Gruumlndungs- oder Aufbauphase einer Koumlrperschaft kann auch eine uumlberwiegende Verwendung der Mittel fuumlr Verwaltungsausgaben und Spendenwerbung unschaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung sein Die Dauer der Gruumlndungs- oder Aufbauphase waumlhrend der dies moumlglich ist haumlngt von den Verhaumlltnissen des Einzelfalls ab

Der in dem BFH-Beschluss vom 2391998 I B 8298 BStBl 2000 II S 320 zugestandene Zeitraum von vier Jahren fuumlr die Aufbauphase in der houmlhere anteilige Ausgaben fuumlr Verwaltung und Spendenwerbung zulaumlssig sind ist durch die Besonderheiten des entschiedenen Falles begruumlndet (insbesondere zweite Aufbauphase nach Aberkennung der Steuerbeguumlnstigung) Er ist deshalb als Obergrenze zu verstehen IdR ist von einer kuumlrzeren Aufbauphase auszugehen

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19 Die Steuerbeguumlnstigung ist auch dann zu versagen wenn das Verhaumlltnis der Verwaltungsausgaben zu den Ausgaben fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke zwar insgesamt nicht zu beanstanden eine einzelne Verwaltungsausgabe (zB das Gehalt des Geschaumlftsfuumlhrers oder der Aufwand fuumlr die Mitglieder- und Spendenwerbung) aber nicht angemessen ist (sect 55 Abs 1 Nr 3 AO)

20 Bei den Kosten fuumlr die Beschaumlftigung eines Geschaumlftsfuumlhrers handelt es sich grundsaumltzlich um Verwaltungsausgaben Eine Zuordnung dieser Kosten zu der steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit ist nur insoweit moumlglich als der Geschaumlftsfuumlhrer unmittelbar bei steuerbeguumlnstigten Projekten mitarbeitet Entsprechendes gilt fuumlr die Zuordnung von Reisekosten

21 Eine Unternehmergesellschaft iSd sect 5a Abs 1 GmbHG idF des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekaumlmpfung von Missbraumluchen (MoMiG) vom 23102008 (BGBl I S 2026) ist nach sect 5a Abs 3 GmbHG idF des MoMiG gesetzlich verpflichtet von ihrem um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresuumlberschuss bis zum Erreichen des Stammkapitals von 25000 euro mindestens 25 in eine gesetzliche Ruumlcklage einzustellen Mit der Bildung dieser Ruumlcklage verstoumlszligt die Unternehmergesellschaft grundsaumltzlich nicht gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung

Zu sect 55 Abs 1 Nrn 2 und 4 AO

22 Die in sect 55 Abs 1 Nrn 2 und 4 AO genannten Sacheinlagen sind Einlagen iSd Handelsrechts fuumlr die dem Mitglied Gesellschaftsrechte eingeraumlumt worden sind Insoweit sind also nur Kapitalgesellschaften nicht aber Vereine angesprochen Unentgeltlich zur Verfuumlgung gestellte Vermoumlgensgegenstaumlnde fuumlr die keine Gesellschaftsrechte eingeraumlumt sind (Leihgaben Sachspenden) fallen nicht unter sect 55 Abs 1 Nrn 2 und 4 AO Soweit Kapitalanteile und Sacheinlagen von der Vermoumlgensbindung ausgenommen werden kann von dem Gesellschafter nicht die Spendenbeguumlnstigung des sect 10b EStG (sect 9 Abs 1 Nr 2 KStG) in Anspruch genommen werden Eingezahlte Kapitalanteile iSd sect 55 Abs 1 Nr 2 und 4 AO liegen nicht vor soweit fuumlr die Kapitalerhoumlhung Gesellschaftsmittel verwendet wurden (zB nach sect 57c GmbHG)

Zu sect 55 Abs 1 Nr 3 AO

23 Bei Vorstandsmitgliedern von Vereinen sind Taumltigkeitsverguumltungen gemeinnuumltzigkeitsrechtlich nur zulaumlssig wenn eine entsprechende Satzungsregelung besteht Zu Einzelheiten bei Zahlungen an den Vorstand steuerbeguumlnstigter Vereine siehe BMF-Schreiben vom 14102009 BStBl I S 1318

Diese Regelung gilt fuumlr Stiftungen entsprechend

Zu sect 55 Abs 1 Nr 4 AO

24 Eine wesentliche Voraussetzung fuumlr die Annahme der Selbstlosigkeit bildet der Grundsatz der Vermoumlgensbindung fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke im Falle der Beendigung des Bestehens der Koumlrperschaft oder des Wegfalles des bisherigen Zwecks (sect 55 Abs 1 Nr 4 AO)

Hiermit soll verhindert werden dass gemeinnuumltzigkeitsrechtlich gebundenes Vermoumlgen spaumlter zu nicht beguumlnstigten Zwecken verwendet wird Die satzungsmaumlszligigen Anforderungen an die Vermoumlgensbindung sind in sect 61 AO geregelt

25 Eine Koumlrperschaft ist nur dann steuerbeguumlnstigt iSd sect 55 Abs 1 Nr 4 Satz 2 AO wenn sie nach sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG von der Koumlrperschaftsteuer befreit ist Als Empfaumlnger des Vermoumlgens der Koumlrperschaft kommen neben inlaumlndischen Koumlrperschaften auch die in sect 5 Abs 2 Nr 2 KStG aufgefuumlhrten Koumlrperschaften in Betracht

Zu sect 55 Abs 1 Nr 5 AO

26 Die Koumlrperschaft muss ihre Mittel grundsaumltzlich zeitnah fuumlr ihre steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecke verwenden Verwendung in diesem Sinne ist auch die Verwendung der Mittel fuumlr die Anschaffung oder Herstellung von Vermoumlgensgegenstaumlnden die satzungsmaumlszligigen Zwecken dienen (zB Bau eines Altenheims Kauf von Sportgeraumlten oder medizinischen Geraumlten)

Die Bildung von Ruumlcklagen ist nur unter den Voraussetzungen des sect 62 AO zulaumlssig Davon unberuumlhrt bleiben Ruumlcklagen in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb und Ruumlcklagen im Bereich der Vermoumlgensverwaltung (vgl Nr 2 des AEAO zu sect 55)

27 Eine zeitnahe Mittelverwendung ist gegeben wenn die Mittel spaumltestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren fuumlr die steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecke verwendet werden Am Ende des Kalender- oder Wirtschaftsjahres noch vorhandene Mittel muumlssen in der Bilanz oder Vermoumlgensaufstellung der Koumlrperschaft zulaumlssigerweise dem Vermoumlgen oder einer zulaumlssigen Ruumlcklage zugeordnet oder als im zuruumlckliegenden Jahr zugeflossene Mittel die in den folgenden zwei Jahren fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke zu verwenden sind ausgewiesen sein Soweit Mittel nicht schon im Jahr des Zuflusses fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke verwendet oder zulaumlssigerweise dem Vermoumlgen zugefuumlhrt werden ist ihre zeitnahe Verwendung nachzuweisen zweckmaumlszligigerweise durch eine Nebenrechnung (Mittelverwendungsrechnung)

28 Nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegt das Vermoumlgen der Koumlrperschaften auch soweit es durch Umschichtungen innerhalb des Bereichs der Vermoumlgensverwaltung entstanden ist (zB

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Verkauf eines zum Vermoumlgen gehoumlrenden Grundstuumlcks einschlieszliglich des den Buchwert uumlbersteigenden Teils des Preises) Auszligerdem kann eine Koumlrperschaft die in sect 62 Abs 3 und 4 AO bezeichneten Mittel ohne fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit schaumldliche Folgen ihrem Vermoumlgen zufuumlhren

Werden Vermoumlgensgegenstaumlnde veraumluszligert die satzungsmaumlszligigen Zwecken dienen und aus zeitnah zu verwendenden Mitteln angeschafft worden sind sind die Veraumluszligerungserloumlse zeitnah iSd sect 55 Abs 1 Nr 5 AO zu verwenden Werden derartige Vermoumlgensgegenstaumlnde in den Bereich der Vermoumlgensverwaltung oder in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb uumlberfuumlhrt lebt die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung in Houmlhe des Verkehrswerts dieser Vermoumlgensgegenstaumlnde wieder auf

29 Die Verlaumlngerung der Mittelverwendungsfrist um ein weiteres Jahr durch das Gesetz zur Staumlrkung des Ehrenamtes vom 2132013 (BGBl I S 556) gilt fuumlr alle Mittel der Koumlrperschaft die nach dem 31122011 vereinnahmt wurden

Zu sect 55 Abs 2 AO

30 Wertsteigerungen bleiben fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke gebunden Bei der Ruumlckgabe des Wirtschaftsguts selbst hat der Empfaumlnger die Differenz in Geld auszugleichen

Zu sect 55 Abs 3 AO

31 Die Regelung nach der sich die Vermoumlgensbindung nicht auf die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen erstreckt gilt bei Stiftungen fuumlr die Stifter und ihre Erben sinngemaumlszlig (sect 55 Abs 3 erster Halbsatz AO) Es ist also zulaumlssig das Stiftungskapital und die Zustiftungen von der Vermoumlgensbindung auszunehmen und im Falle des Erloumlschens der Stiftung an den Stifter oder seine Erben zuruumlckfallen zu lassen Fuumlr solche Stiftungen und Zustiftungen kann aber vom Stifter nicht die Spendenverguumlnstigung nach sect 10b EStG (sect 9 Abs 1 Nr 2 KStG) in Anspruch genommen werden

32 Die Vorschrift des sect 55 Abs 3 zweiter Halbsatz AO die sich nur auf Stiftungen und Koumlrperschaften des oumlffentlichen Rechts bezieht beruumlcksichtigt die Regelung im EStG wonach die Entnahme eines Wirtschaftsgutes mit dem Buchwert angesetzt werden kann wenn das Wirtschaftsgut den in sect 6 Abs 1 Nr 4 Satz 4 EStG genannten Koumlrperschaften unentgeltlich uumlberlassen wird Dies hat zur Folge dass der Zuwendende bei der Aufhebung der Stiftung nicht den gemeinen Wert der Zuwendung sondern nur den dem urspruumlnglichen Buchwert entsprechenden Betrag zuruumlckerhaumllt Stille Reserven und Wertsteigerungen bleiben hiernach fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke gebunden Bei Ruumlckgabe des Wirtschaftsgutes selbst hat der Empfaumlnger die Differenz in Geld auszugleichen

AEAO zu sect 56 - Ausschlieszliglichkeit

1 Das Ausschlieszliglichkeitsgebot des sect 56 AO besagt dass eine Koumlrperschaft nicht steuerbeguumlnstigt ist wenn sie neben ihrer steuerbeguumlnstigten Zielsetzung weitere Zwecke verfolgt und diese Zwecke nicht steuerbeguumlnstigt sind Im Zusammenhang mit der Vermoumlgensverwaltung und wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben die Nicht-Zweckbetriebe sind folgt daraus dass deren Unterhaltung der Steuerbeguumlnstigung einer Koumlrperschaft entgegensteht wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und in diesem Sinne neben die Verfolgung des steuerbeguumlnstigten Zwecks der Koumlrperschaft tritt Die Vermoumlgensverwaltung sowie die Unterhaltung eines Nicht-Zweckbetriebs sind aus der Sicht des Gemeinnuumltzigkeitsrechts nur dann unschaumldlich wenn sie um des steuerbeguumlnstigten Zwecks willen erfolgen indem sie zB der Beschaffung von Mitteln zur Erfuumlllung der steuerbeguumlnstigten Aufgabe dienen Ist die Vermoumlgensverwaltung bzw der wirtschaftliche Geschaumlftsbetrieb dagegen nicht dem steuerbeguumlnstigten Zweck untergeordnet sondern ein davon losgeloumlster Zweck oder gar Hauptzweck der Betaumltigung der Koumlrperschaft so scheitert deren Steuerbeguumlnstigung an sect 56 AO In einem solchen Fall kann die Betaumltigung der Koumlrperschaft nicht in einen steuerfreien und in einen steuerpflichtigen Teil aufgeteilt werden vielmehr ist dann die Koumlrperschaft insgesamt als steuerpflichtig zu behandeln Bei steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaften insbesondere Mittelbeschaffungskoumlrperschaften die sich im Rahmen ihrer tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung an die in ihrer Satzung enthaltene Pflicht zur Verwendung saumlmtlicher Mittel fuumlr die satzungsmaumlszligigen Zwecke halten ist das Ausschlieszliglichkeitsgebot selbst dann als erfuumlllt anzusehen wenn sie sich vollstaumlndig aus Mitteln eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs oder aus der Vermoumlgensverwaltung finanzieren Auf das BFH-Urteil vom 442007 I R 7605 BStBl II S 631 wird hingewiesen

2 Eine Koumlrperschaft darf mehrere steuerbeguumlnstigte Zwecke nebeneinander verfolgen ohne dass dadurch die Ausschlieszliglichkeit verletzt wird Die verwirklichten steuerbeguumlnstigten Zwecke muumlssen jedoch saumlmtlich satzungsmaumlszligige Zwecke sein Will demnach eine Koumlrperschaft steuerbeguumlnstigte Zwecke die nicht in die Satzung aufgenommen sind foumlrdern so ist eine Satzungsaumlnderung erforderlich die den Erfordernissen des sect 60 AO entsprechen muss

AEAO zu sect 57 - Unmittelbarkeit

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1 Die Vorschrift stellt in Absatz 1 klar dass die Koumlrperschaft die steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecke selbst verwirklichen muss damit Unmittelbarkeit gegeben ist (wegen der Ausnahmen Hinweis auf sect 58 AO)

2 Das Gebot der Unmittelbarkeit ist gem sect 57 Abs 1 Satz 2 AO auch dann erfuumlllt wenn sich die steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft einer Hilfsperson bedient Hierfuumlr ist es erforderlich dass nach den Umstaumlnden des Falles insbesondere nach den rechtlichen und tatsaumlchlichen Beziehungen die zwischen der Koumlrperschaft und der Hilfsperson bestehen das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken der Koumlrperschaft anzusehen ist dh die Hilfsperson nach den Weisungen der Koumlrperschaft einen konkreten Auftrag ausfuumlhrt Hilfsperson kann eine natuumlrliche Person Personenvereinigung oder juristische Person sein Die Koumlrperschaft hat durch Vorlage entsprechender Vereinbarungen nachzuweisen dass sie den Inhalt und den Umfang der Taumltigkeit der Hilfsperson im Innenverhaumlltnis bestimmen kann Die Taumltigkeit der Hilfsperson muss den Satzungsbestimmungen der Koumlrperschaft entsprechen Diese hat nachzuweisen dass sie die Hilfsperson uumlberwacht Die weisungsgemaumlszlige Verwendung der Mittel ist von ihr sicherzustellen

Die Steuerbeguumlnstigung einer Koumlrperschaft die nur uumlber eine Hilfsperson das Merkmal der Unmittelbarkeit erfuumlllt (sect 57 Abs 1 Satz 2 AO) ist unabhaumlngig davon zu gewaumlhren wie die Hilfsperson gemeinnuumltzigkeitsrechtlich behandelt wird

Die Steuerbeguumlnstigung einer Hilfsperson ist nicht ausgeschlossen wenn die Koumlrperschaft mit ihrer Hilfspersonentaumltigkeit nicht nur die steuerbeguumlnstigte Taumltigkeit einer anderen Koumlrperschaft unterstuumltzt sondern zugleich eigene steuerbeguumlnstigte Satzungszwecke verfolgt

Keine Hilfspersonentaumltigkeit sondern eine eigene unmittelbare Taumltigkeit liegt auch dann vor wenn der auftraggebenden Person dadurch nicht nach sect 57 Abs 1 Satz 2 AO die Gemeinnuumltzigkeit vermittelt wird zB Taumltigkeiten im Auftrag von juristischen Personen des oumlffentlichen Rechts (Hoheitsbereich) voll steuerpflichtigen Koumlrperschaften oder natuumlrlichen Personen

3 Ein Zusammenschluss iSd sect 57 Abs 2 AO ist gegeben wenn die Einrichtung ausschlieszliglich allgemeine aus der Taumltigkeit und Aufgabenstellung der Mitgliederkoumlrperschaften erwachsene Interessen wahrnimmt Nach sect 57 Abs 2 AO wird eine Koumlrperschaft in der steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften zusammengefasst sind einer Koumlrperschaft gleichgestellt die unmittelbar steuerbeguumlnstigte Zwecke verfolgt Voraussetzung ist dass jede der zusammengefassten Koumlrperschaften saumlmtliche Voraussetzungen fuumlr die Steuerbeguumlnstigung erfuumlllt Verfolgt eine solche Koumlrperschaft selbst unmittelbar steuerbeguumlnstigte Zwecke ist die bloszlige Mitgliedschaft einer nicht steuerbeguumlnstigten Organisation fuumlr die Steuerbeguumlnstigung unschaumldlich Die Koumlrperschaft darf die nicht steuerbeguumlnstigte Organisation aber nicht mit Rat und Tat foumlrdern (z B Zuweisung von Mitteln Rechtsberatung)

AEAO zu sect 58 - Steuerlich unschaumldliche Betaumltigungen

Zu sect 58 Nr 1 AO

1 Diese Ausnahmeregelung ermoumlglicht es Koumlrperschaften als steuerbeguumlnstigt anzuerkennen die andere Koumlrperschaften foumlrdern und dafuumlr Spenden sammeln oder auf andere Art Mittel beschaffen (Mittelbeschaffungskoumlrperschaften) Die Beschaffung von Mitteln muss als Satzungszweck festgelegt sein Ein steuerbeguumlnstigter Zweck fuumlr den Mittel beschafft werden sollen muss in der Satzung angegeben sein Es ist nicht erforderlich die Koumlrperschaften fuumlr die Mittel beschafft werden sollen in der Satzung aufzufuumlhren Die Koumlrperschaft fuumlr die Mittel beschafft werden muss nur dann selbst steuerbeguumlnstigt sein wenn sie eine unbeschraumlnkt steuerpflichtige Koumlrperschaft des privaten Rechts ist Werden Mittel fuumlr nicht unbeschraumlnkt steuerpflichtige Koumlrperschaften beschafft muss die Verwendung der Mittel fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke ausreichend nachgewiesen werden

Zu sect 58 Nr 2 AO

2 Die teilweise (nicht uumlberwiegende) Weitergabe eigener Mittel (auch Sachmittel) ist unschaumldlich Fuumlr die Ermittlung der maximal zulaumlssigen Houmlhe der Mittelweitergabe ist das Nettovermoumlgen (Vermoumlgenswerte abzuumlglich Verbindlichkeiten) der Koumlrperschaft im jeweiligen Veranlagungszeitraum maszliggebend Auf die im jeweiligen Veranlagungszeitraum zeitnah zu verwendenden Mittel kommt es nicht an

Als Mittelempfaumlnger kommen in Betracht

- inlaumlndische steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften

- die in sect 5 Abs 2 Nr 2 KStG aufgefuumlhrten Koumlrperschaften

- juristische Personen des oumlffentlichen Rechts

Ausschuumlttungen und sonstige Zuwendungen einer steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft sind unschaumldlich wenn die Gesellschafter oder Mitglieder als Beguumlnstigte ausschlieszliglich steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften sind Entsprechendes gilt fuumlr Ausschuumlttungen und sonstige Zuwendungen an juristische Personen des oumlffentlichen Rechts die die Mittel fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke verwenden

Die Verwendung der zugewendeten Mittel hat iSd sect 55 Abs 1 Nr 5 AO zu erfolgen Wird dagegen verstoszligen liegt eine Mittelfehlverwendung bei der Empfaumlngerkoumlrperschaft vor

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Nicht zeitnah zu verwendende Mittel der Geberkoumlrperschaft (z B freie Ruumlcklage) unterliegen jedoch auch bei der Empfaumlngerkoumlrperschaft nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung

Zu sect 58 Nr 3 AO

3 Die Weitergabe der Gewinne aus wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben (einschlieszliglich Zweckbetriebe) der Uumlberschuumlsse aus der Vermoumlgensverwaltung sowie houmlchstens 15 der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel zur Vermoumlgensausstattung einer anderen Koumlrperschaft ist unschaumldlich Maszliggebend fuumlr die Ermittlung dieser Grenzen sind die Verhaumlltnisse des vorangegangenen Kalender- oder Wirtschaftsjahres

Folgende Voraussetzungen muumlssen erfuumlllt sein

- Bei der Empfaumlngerkoumlrperschaft handelt es sich um eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft oder eine juristische Person des oumlffentlichen Rechts

- Die aus den Vermoumlgensertraumlgen zu verwirklichenden steuerbeguumlnstigten Zwecke der Empfaumlngerkoumlrperschaft muumlssen uumlbereinstimmen mit den steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecken der gebenden Koumlrperschaft Der mit den weitergegebenen Mitteln verfolgte Zweck muss sowohl von der Geber- als auch von der Empfaumlngerkoumlrperschaft gefoumlrdert werden Beide Koumlrperschaften koumlnnen daneben aber auch noch weitere Zwecke foumlrdern

- Die zugewandten Mittel und deren Ertraumlge duumlrfen nicht fuumlr weitere Mittelweitergaben nach sect 58 Nr 3 AO zur Vermoumlgensausstattung verwendet werden

- Die zugewandten Mittel und Ertraumlge unterliegen bei der Empfaumlngerkoumlrperschaft der steuerbeguumlnstigten Mittelverwendungspflicht Erfolgt eine Verwendung fuumlr andere Zwecke liegt eine Mittelfehlverwendung bei der Empfaumlngerkoumlrperschaft vor

In diesem Sinne ist auch die Vermoumlgensausstattung einer steuerbeguumlnstigten Kapitalgesellschaft (zB gGmbH) die denselben steuerbeguumlnstigten Zweck verfolgt durch die Hingabe von Kapital bei Neugruumlndung oder im Rahmen einer Kapitalerhoumlhung erlaubt nicht aber der Erwerb von Anteilen an einer bereits bestehenden Koumlrperschaft

Zu sect 58 Nr 4 AO

4 Eine steuerlich unschaumldliche Betaumltigung liegt auch dann vor wenn nicht nur Arbeitskraumlfte sondern zugleich Arbeitsmittel (zB Krankenwagen) zur Verfuumlgung gestellt werden

Zu sect 58 Nr 5 AO

5 Zu den bdquoRaumlumenldquo iSd sect 58 Nr 5 AO gehoumlren beispielsweise auch Sportstaumltten Sportanlagen und Freibaumlder

Zu sect 58 Nr 6 AO

6 Eine Stiftung darf einen Teil ihres Einkommens - houmlchstens ein Drittel - dazu verwenden die Graumlber des Stifters und seiner naumlchsten Angehoumlrigen zu pflegen und deren Andenken zu ehren In diesem Rahmen ist auch gestattet dem Stifter und seinen naumlchsten Angehoumlrigen Unterhalt zu gewaumlhren

Unter Einkommen ist die Summe der Einkuumlnfte aus den einzelnen Einkunftsarten des sect 2 Abs 1 EStG zu verstehen unabhaumlngig davon ob die Einkuumlnfte steuerpflichtig sind oder nicht Positive und negative Einkuumlnfte sind zu saldieren Die Verlustverrechnungsbeschraumlnkungen des EStG sind dabei mit Ausnahme der des sect 15a EStG unbeachtlich

Bei der Ermittlung der Einkuumlnfte sind von den Einnahmen die damit zusammenhaumlngenden Aufwendungen einschlieszliglich der Abschreibungsbetraumlge abzuziehen

Zur steuerrechtlichen Beurteilung von Ausgaben fuumlr die Erfuumlllung von Verbindlichkeiten die durch dieUumlbertragung von belastetem Vermoumlgen begruumlndet worden sind wird auf die Nrn 12 bis 14 des AEAO zu sect 55 hingewiesen

7 Der Begriff des naumlchsten Angehoumlrigen ist enger als der Begriff des Angehoumlrigen nach sect 15 AO Er umfasst

- Ehegatten

- Eltern Groszligeltern Kinder Enkel (auch falls durch Adoption verbunden)

- Geschwister

- Pflegeeltern Pflegekinder

8 Unterhalt Grabpflege und Ehrung des Andenkens muumlssen sich in angemessenem Rahmen halten Damit ist neben der relativen Grenze von einem Drittel des Einkommens eine gewisse absolute Grenze festgelegt Maszligstab fuumlr die Angemessenheit des Unterhalts ist der Lebensstandard des Zuwendungsempfaumlngers Leistungen mit Ausschuumlttungscharakter zB in Houmlhe eines Prozentsatzes der Ertraumlge sind unzulaumlssig

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9 sect 58 Nr 6 AO enthaumllt lediglich eine Ausnahmeregelung zu sect 55 Abs 1 Nr 1 AO fuumlr Stiftungen (vgl Nr 14 des AEAO zu sect 55) begruumlndet jedoch keinen eigenstaumlndigen steuerbeguumlnstigten Zweck Eine Stiftung zu deren Satzungszwecken die Unterstuumltzung von hilfebeduumlrftigen Verwandten des Stifters gehoumlrt kann daher nicht unter Hinweis auf sect 58 Nr 6 AO als steuerbeguumlnstigt behandelt werden

Zu sect 58 Nr 7 AO

10 Gesellige Zusammenkuumlnfte die im Vergleich zur steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit nicht von untergeordneter Bedeutung sind schlieszligen die Steuerverguumlnstigung aus

Zu sect 58 Nr 9 AO

11 Diese Ausnahmeregelung ermoumlglicht es den ausschlieszliglich von einer oder mehreren Gebietskoumlrperschaften errichteten rechtsfaumlhigen und nichtrechtsfaumlhigen Stiftungen die Erfuumlllung ihrer steuerbeguumlnstigten Zwecke mittelbar durch Zuschuumlsse an Wirtschaftsunternehmen zu verwirklichen Diese mittelbare Zweckverwirklichung muss in der Satzung festgelegt sein Die Verwendung der Zuschuumlsse fuumlr steuerbeguumlnstigte Satzungszwecke muss nachgewiesen werden

Zu sect 58 Nr 10 AO

12 Die Verwendung von Mitteln zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften schlieszligt die Steuerverguumlnstigungen nicht aus (sect 58 Nr 10 AO) Die Herkunft der Mittel ist dabei ohne Bedeutung sect 58 Nr 10 AO ist nicht auf den erstmaligen Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften anzuwenden Hierfuumlr koumlnnen ua freie Ruumlcklagen nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO eingesetzt werden

Die Houmlchstgrenze fuumlr die Zufuumlhrung zu der freien Ruumlcklage vermindert sich um den Betrag den die Koumlrperschaft zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung anKapitalgesellschaften ausgibt oder bereitstellt Uumlbersteigt der fuumlr die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendete oder bereitgestellte Betrag die Houmlchstgrenze ist auch in den Folgejahren eine Zufuumlhrung zu der freien Ruumlcklage erst wieder moumlglich wenn die fuumlr eine freie Ruumlcklage verwendbaren Mittel insgesamt die fuumlr die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendeten oder bereitgestellten Mittel uumlbersteigen

Beispiel

Die Koumlrperschaft erzielt im Jahr 01 folgende Uumlberschuumlsse bzw vereinnahmt folgende Mittel iSdm sect 55 Abs 1 Nr 5 AO

Uumlberschuss Vermoumlgensverwaltung 21000 euro

Mittel iSd sect 55 Abs 1 Nr 5 AO 30000 euro

Im Jahr 01 werden 2500 euro fuumlr den Erwerb von Anteilen zum Erhalt der prozentualen Beteiligung eingesetzt

Ermittlung der freien Ruumlcklage im Jahr 01 unter Beachtung des sect 62 Abs 1 Nr 3 AO

Freie Ruumlcklage Uumlberschuss Vermoumlgensverwaltung 21000 euro 7000 euro Mittel iSd sect 55 Abs 1 Nr 5 AO 30000 euro 3000 euro Gesamt 10000 euro

Der Houmlchstbetrag fuumlr die freie Ruumlcklage im Jahr 01 iHv 10000 euro ist um die Mittel zu kuumlrzen die fuumlr den Erwerb der Anteile zum Erhalt der prozentualen Beteiligung eingesetzt wurden

Im Jahr 01 kann eine freie Ruumlcklage demnach nur in Houmlhe von 7500 euro gebildet werden

Zu sect 58 Nr 2 bis 10 AO

13 Die in sect 58 Nrn 2 bis 8 AO genannten Ausnahmetatbestaumlnde koumlnnen auch ohne entsprechende Satzungsbestimmung verwirklicht werden Entgeltliche Taumltigkeiten nach sect 58 Nrn 4 5 oder 7 AO begruumlnden einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb oder Vermoumlgensverwaltung (zB Raumuumlberlassung) Bei den Regelungen des sect 58 Nrn 6 und 9 AO kommt es jeweils nicht auf die Bezeichnung der Koumlrperschaft als Stiftung sondern auf die tatsaumlchliche Rechtsform an Dabei ist es unmaszliggeblich ob es sich um eine rechtsfaumlhige oder nichtrechtsfaumlhige Stiftung handelt

AEAO zu sect 59 - Voraussetzung der Steuerverguumlnstigung

1 Die Vorschrift bestimmt ua dass die Steuerverguumlnstigung nur gewaumlhrt wird wenn ein steuerbeguumlnstigter Zweck (sectsect 52 bis 54 AO) die Selbstlosigkeit (sect 55 AO) und die ausschlieszligliche und unmittelbare Zweckverfolgung (sectsect 56 57 AO) durch die Koumlrperschaft aus der Satzung direkt hervorgehen Eine weitere satzungsmaumlszligige Voraussetzung in diesem Sinn ist die in sect 61 AO geforderte Vermoumlgensbindung Das Unterhalten wirtschaftlicher Geschaumlftsbetriebe (sect 14 Saumltze 1 und 2 und sect 64 AO) die keine Zweckbetriebe (sectsect 65 bis 68 AO) sind und die Vermoumlgensverwaltung (sect 14 Satz 3 AO)

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duumlrfen nicht Satzungszweck sein Die Erlaubnis zur Unterhaltung eines Nichtzweckbetriebs und die Vermoumlgensverwaltung in der Satzung koumlnnen zulaumlssig sein (BFH-Urteil vom 18122002 I R 1502 BStBl 2003 II S 384) Bei Koumlrperschaften die ausschlieszliglich Mittel fuumlr andere Koumlrperschaften oder juristische Personen des oumlffentlichen Rechts beschaffen (sect 58 Nr 1 AO) kann in der Satzung auf das Gebot der Unmittelbarkeit verzichtet werden

2 Bei mehreren Betrieben gewerblicher Art einer juristischen Person des oumlffentlichen Rechts ist fuumlr jeden Betrieb gewerblicher Art eine eigene Satzung erforderlich

3 Ein besonderes Anerkennungsverfahren ist im steuerlichen Gemeinnuumltzigkeitsrecht nicht vorgesehen Ob eine Koumlrperschaft steuerbeguumlnstigt ist entscheidet das Finanzamt im Veranlagungsverfahren durch Steuerbescheid (ggf Freistellungsbescheid) Dabei hat es von Amts wegen die tatsaumlchlichen und rechtlichen Verhaumlltnisse zu ermitteln die fuumlr die Steuerpflicht und fuumlr die Bemessung der Steuer wesentlich sind Eine Koumlrperschaft bei der nach dem Ergebnis dieser Pruumlfung die gesetzlichen Voraussetzungen fuumlr die steuerliche Behandlung als steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft vorliegen muss deshalb auch als solche behandelt werden und zwar ohne Ruumlcksicht darauf ob ein entsprechender Antrag gestellt worden ist oder nicht Ein Verzicht auf die Behandlung als steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft ist somit fuumlr das Steuerrecht unbeachtlich

4 Wird bei einer Koumlrperschaft die bereits nach sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG steuerbefreit war oder eine vorlaumlufige Bescheinigung erhalten hat im Rahmen der Veranlagung festgestellt dass die Satzung nicht den Anforderungen des Gemeinnuumltzigkeitsrechts genuumlgt duumlrfen aus Vertrauensschutzgruumlnden hieraus keine nachteiligen Folgerungen fuumlr die Vergangenheit gezogen werden Die Koumlrperschaft ist trotz der fehlerhaften Satzung fuumlr abgelaufene Veranlagungszeitraumlume und fuumlr das Kalenderjahr in dem die Satzung beanstandet wird als steuerbeguumlnstigt zu behandeln Dies gilt nicht wenn bei der tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung gegen Vorschriften des Gemeinnuumltzigkeitsrechts verstoszligen wurde

Die Vertreter der Koumlrperschaft sind aufzufordern die zu beanstandenden Teile der Satzung so zu aumlndern dass die Koumlrperschaft die satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen fuumlr die Steuerverguumlnstigung erfuumlllt Hierfuumlr ist eine angemessene Frist zu setzen Vereinen soll dabei in der Regel eine Beschlussfassung in der naumlchsten ordentlichen Mitgliederversammlung ermoumlglicht werden Wird die Satzung innerhalb der gesetzten Frist entsprechend den Vorgaben des Finanzamts geaumlndert ist die Steuerverguumlnstigung fuumlr das der Beanstandung der Satzung folgende Kalenderjahr auch dann anzuerkennen wenn zu Beginn des Kalenderjahres noch keine ausreichende Satzung vorgelegen hat

Die vorstehenden Grundsaumltze gelten nicht wenn die Koumlrperschaft die Satzung geaumlndert hat und eine geaumlnderte Satzungsvorschrift zu beanstanden ist In diesen Faumlllen fehlt es an einer Grundlage fuumlr die Gewaumlhrung von Vertrauensschutz

AEAO zu sect 60 - Anforderungen an die Satzung

1 Die Satzung muss so praumlzise gefasst sein dass aus ihr unmittelbar entnommen werden kann ob dieVoraussetzungen der Steuerbeguumlnstigung vorliegen (formelle Satzungsmaumlszligigkeit) Die bloszlige Bezugnahme auf Satzungen oder andere Regelungen Dritter genuumlgt nicht (BFH-Urteil vom 1941989I R 388 BStBl II S 595)

2 Die Satzung muss die in der Mustersatzung bezeichneten Festlegungen enthalten soweit sie fuumlr diejeweilige Koumlrperschaft im Einzelfall einschlaumlgig sind

Unter anderem sind in folgenden Faumlllen Abweichungen vom Wortlaut der Mustersatzung moumlglich

a) Bei Mittelbeschaffungskoumlrperschaften (sect 58 Nr 1 AO) kann entgegen sect 1 der Mustersatzung auf das Gebot der Unmittelbarkeit verzichtet werden (vgl Nr 1 des AEAO zu sect 59)

b) Insbesondere bei Stiftungen ist der in sect 3 der Mustersatzung verwendete Begriff bdquoMitgliederldquo durch eine andere geeignete Formulierung zu ersetzen (vgl sect 55 Abs 3 AO)

c) Koumlrperschaften deren Gesellschafter oder Mitglieder steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften sind undoder juristische Personen des oumlffentlichen Rechts die die Mittel fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke verwenden koumlnnen auf die Regelung in sect 3 Satz 2 der Mustersatzung verzichten

d) sect 5 der Mustersatzung kann in Satzungen von Vereinen ohne die Formulierung bdquoAufhebungldquo verwendet werden

Derselbe Aufbau und dieselbe Reihenfolge der Bestimmungen wie in der Mustersatzung werden nicht verlangt

3 Die Bestimmung dass die Satzung die in der Mustersatzung bezeichneten Festlegungen enthalten muss(sect 60 Abs 1 Satz 2 AO) gilt fuumlr Koumlrperschaften die nach dem 31122008 gegruumlndet werden oder die ihre Satzung mit Wirkung nach diesem Zeitpunkt aumlndern Die Satzung einer Koumlrperschaft die bereits vor dem 112009 bestanden hat braucht nicht allein zur Anpassung an die Festlegungen in der Mustersatzung geaumlndert zu werden

4 Eine Satzung braucht nicht allein deswegen geaumlndert zu werden weil in ihr auf Vorschriften des StAnpGoder der GemV verwiesen oder das Wort bdquoselbstlosldquo nicht verwandt wird

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5 Ordensgemeinschaften haben eine den Ordensstatuten entsprechende zusaumltzliche Erklaumlrung nach demMuster der Anlage zu Nr 5 des AEAO zu sect 60 abzugeben die die zustaumlndigen Organe der Orden bindet

6 Die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung (vgl sect 63 AO) muss mit der Satzung uumlbereinstimmen

7 Die satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen fuumlr die Anerkennung der Steuerbeguumlnstigung muumlssen

- bei der Koumlrperschaftsteuer vom Beginn bis zum Ende des Veranlagungszeitraums

- bei der Gewerbesteuer vom Beginn bis zum Ende des Erhebungszeitraums

- bei der Grundsteuer zum Beginn des Kalenderjahres fuumlr das uumlber die Steuerpflicht zu entscheiden ist (sect 9 Abs 2 GrStG)

- bei der Umsatzsteuer zu den sich aus sect 13 Abs 1 UStG ergebenden Zeitpunkten

- bei der Erbschaftsteuer zu den sich aus sect 9 ErbStG ergebenden Zeitpunkten

erfuumlllt sein

8 Wird bei Neugruumlndungsfaumlllen die Feststellung nach sect 60a AO abgelehnt und wird im gleichen Veranlagungszeitraum eine Satzung vorgelegt die den gemeinnuumltzigkeitsrechtlichen Bestimmungen genuumlgt kann die Steuerbeguumlnstigung erst ab dem darauffolgenden Veranlagungszeitraum gewaumlhrt werden Dies gilt nicht wenn die Koumlrperschaft in der Zwischenzeit keine nach auszligen gerichteten Taumltigkeiten entfaltet und keine Mittelverwendung stattgefunden hat

Bei Koumlrperschaften die bereits vor Beginn des laufenden Veranlagungszeitraums existierten und erstmaligdie Steuerbeguumlnstigung oder die Feststellung nach sect 60a AO beantragen kann die Steuerbeguumlnstigung erst ab dem darauffolgenden Veranlagungszeitraum gewaumlhrt werden

AEAO zu sect 60a - Feststellung der satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen

1 Das Verfahren nach sect 60a AO loumlst die sogenannte vorlaumlufige Bescheinigung ab Die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (sectsect 179 ff AO) hat nicht unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung (sect 164 AO) zu erfolgen

Zu sect 60a Abs 1 AO

2 Haumllt die Satzung einer Koumlrperschaft die satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen nach den sectsect 51 59 60 und61 AO ein wird dies durch einen Bescheid gesondert festgestellt Diese Feststellung der Satzungsmaumlszligigkeit ist fuumlr die Besteuerung der Koumlrperschaft und der Steuerpflichtigen die Zuwendungenin Form von Spenden und Mitgliedsbeitraumlgen an die Koumlrperschaft erbringen bindend

Die Voraussetzungen fuumlr die Feststellungen nach sect 60a AO liegen auch dann vor wenn die Koumlrperschaft bereits vor dem 112009 bestand und daher eine Anpassung an die Mustersatzung (Anlage 1 zu sect 60 AO) bisher nicht vornehmen musste (Art 97 sect 1 f EGAO siehe auch Nr 3 des AEAO zu sect 60) Liegen imZeitpunkt der Entscheidung uumlber die gesonderte Feststellung bereits Erkenntnisse vor dass dietatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung der Koumlrperschaft den Anforderungen des sect 51 AO nicht entsprechen wird ist die Feststellung nach sect 60a Abs 1 AO abzulehnen

3 Das Verfahren nach sect 60a AO ist ein Annexverfahren zur Koumlrperschaftsteuerveranlagung EineFeststellung nach sect 60a AO ist fuumlr Koumlrperschaften ausgeschlossen die weder unbeschraumlnkt iSd sect 1KStG noch beschraumlnkt iSd sect 2 KStG steuerpflichtig sind

4 Die Feststellung der satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen kann bereits vor einer Registereintragung odereiner AnerkennungGenehmigung der Koumlrperschaft erfolgen sofern zu diesem Zeitpunkt bereits eineKoumlrperschaftsteuerpflicht besteht

Eine Feststellung darf erst nach einem wirksamen Organbeschluss beispielsweise uumlber die Satzungerfolgen

Zu sect 60a Abs 2 AO

5 Die Feststellung erfolgt auf Antrag der Koumlrperschaft oder von Amts wegen bei der Veranlagung zur Koumlrperschaftsteuer wenn bisher noch keine Feststellung erfolgt ist

Zu sect 60a Abs 3 AO

6 Werden die Vorschriften auf denen die Feststellung beruht aufgehoben oder geaumlndert dann entfaumlllt die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids ab diesem Zeitpunkt

Zu sect 60a Abs 4 AO

7 Treten bei den Verhaumlltnissen die fuumlr die Feststellung erheblich waren Aumlnderungen ein so ist dieseFeststellung ab dem Zeitpunkt der Aumlnderung der Verhaumlltnisse aufzuheben Fuumlr die Feststellung erheblichsind alle Bestimmungen die fuumlr das Vorliegen der formellen Voraussetzungen gem sectsect 51 59 60 und 61AO von Bedeutung sind (gemeinnuumltzigkeitsrechtliche Bestimmungen) Dies sind beispielsweise

- Aumlnderungen der Zwecke

- Anpassung an die Mustersatzung

- Aumlnderung der Vermoumlgensbindung

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Aumlndert eine Koumlrperschaft gemeinnuumltzigkeitsrechtlich relevante Bestimmungen ihrer Satzung so ist diebisherige Feststellung mit Datum des Inkrafttretens der Satzungsaumlnderung aufzuheben ZivilrechtlicheAumlnderungen ohne steuerliche Relevanz sind unerheblich Wird auf Antrag der Koumlrperschaft bei steuerlichnicht relevanten Satzungsaumlnderungen eine Feststellung vorgenommen scheidet eine Aufhebung dervorherigen Feststellung aus

Zu sect 60a Abs 5 AO

8 Beruht die Feststellung der satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen auf einem materiellen Fehler kann sie mit Wirkung fuumlr die Zukunft aufgehoben werden Die Feststellung wird dann ab dem Jahr aufgehobendas auf die Bekanntgabe der Aufhebungsentscheidung folgt Stellt sich also beispielsweise im Mai des Jahres 01 heraus dass der Feststellung der satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen ein materieller Fehlerzu Grunde liegt und ergeht der Bescheid zur Aufhebung der Feststellung nach sect 60a AO im August 01 tritt die Aufhebung zum 1 Januar 02 in Kraft Die Regelung des sect 176 AO ist dabei entsprechend anzuwenden Dies gilt allerdings nicht fuumlr die Kalenderjahre die nach der Verkuumlndung der maszliggeblichenEntscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes beginnen

AEAO zu sect 61 - Satzungsmaumlszligige Vermoumlgensbindung

1 Die Vorschrift stellt klar dass die zu den Voraussetzungen der Selbstlosigkeit zaumlhlende Bindung des Vermoumlgens fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke vor allem im Falle der Aufloumlsung der Koumlrperschaft aus der Satzung genau hervorgehen muss (Mustersatzung sect 5) Als Empfaumlnger des Vermoumlgens kommen in Betracht

- inlaumlndische steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften

- die in sect 5 Abs 2 Nr 2 KStG aufgefuumlhrten Koumlrperschaften

- juristische Personen des oumlffentlichen Rechts

2 Wird die satzungsmaumlszligige Vermoumlgensbindung aufgehoben gilt sie von Anfang an als steuerlich nicht ausreichend Die Regelung greift auch ein wenn die Bestimmung uumlber die Vermoumlgensbindung erst zu einem Zeitpunkt geaumlndert wird in dem die Koumlrperschaft nicht mehr als steuerbeguumlnstigt anerkannt ist Die entsprechenden steuerlichen Folgerungen sind durch Steuerfestsetzung ruumlckwirkend zu ziehen

3 Bei Verstoumlszligen gegen den Grundsatz der Vermoumlgensbindung bildet die Festsetzungsverjaumlhrung (sectsect 169 ff AO) keine Grenze Vielmehr koumlnnen nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO auch Steuerbescheide noch geaumlndert werden die Steuern betreffen die innerhalb von zehn Jahren vor der erstmaligen Verletzung der Vermoumlgensbindungsregelung entstanden sind Es kann demnach auch dann noch zugegriffen werden wenn zwischen dem steuerfreien Bezug der Ertraumlge und dem Wegfall der Steuerbeguumlnstigung ein Zeitraum von mehr als fuumlnf Jahren liegt selbst wenn in der Zwischenzeit keine Ertraumlge mehr zugeflossen sind

Beispiel

Eine gemeinnuumltzige Koumlrperschaft hat in den Jahren 01 bis 11 steuerfreie Einnahmen aus einem Zweckbetrieb bezogen und diese teils fuumlr gemeinnuumltzige Zwecke ausgegeben und zum Teil in eine Ruumlcklage eingestellt Eine in 11 vollzogene Satzungsaumlnderung sieht jetzt vor dass bei Aufloumlsung des Vereins das Vermoumlgen an die Mitglieder ausgekehrt wird In diesem Fall muss das Finanzamt fuumlr die Veranlagungszeitraumlume 01 ff Steuerbescheide erlassen welche die Nachversteuerung aller genannten Einnahmen vorsehen wobei es unerheblich ist ob die Einnahmen noch im Vereinsvermoumlgen vorhanden sind

4 Verstoumlszlige gegen sect 55 Abs 1 bis 3 AO begruumlnden die Moumlglichkeit einer Nachversteuerung im Rahmen der Festsetzungsfrist

5 Die Nachversteuerung gem sect 61 Abs 3 AO greift nicht nur bei gemeinnuumltzigkeitsschaumldlichenAumlnderungen satzungsrechtlicher Bestimmungen uumlber die Vermoumlgensbindung ein sondern erfasst auch die Faumllle in denen die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung gegen die von sect 61 AO geforderte Vermoumlgensbindung verstoumlszligt (sect 63 Abs 2 AO)

Beispiel

Eine gemeinnuumltzige Koumlrperschaft verwendet bei ihrer Aufloumlsung oder bei Aufgabe ihres beguumlnstigten Satzungszweckes ihr Vermoumlgen entgegen der Vermoumlgensbindungsbestimmung in der Satzung nicht fuumlr beguumlnstigte Zwecke

6 Verstoumlszlige der tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung gegen sect 55 Abs 1 Nrn 1 bis 3 AO koumlnnen so schwerwiegend sein dass sie einer Verwendung des gesamten Vermoumlgens fuumlr satzungsfremde Zwecke gleichkommen Auch in diesen Faumlllen ist eine Nachversteuerung nach sect 61 Abs 3 AO moumlglich (vgl auch BFH-Urteil vom 12102010 I R 5909 BStBl II 2012 S 226)

7 Bei der nachtraumlglichen Besteuerung ist so zu verfahren als ob die Koumlrperschaft von Anfang an uneingeschraumlnkt steuerpflichtig gewesen waumlre sect 13 Abs 3 KStG ist nicht anwendbar

AEAO zu sect 62 - Ruumlcklagen und Vermoumlgensbildung

45

1 Im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb koumlnnen Ruumlcklagen durch Zufuumlhrung des Gewinns gebildet werden Die Ruumlcklagen muumlssen bei vernuumlnftiger kaufmaumlnnischer Beurteilung wirtschaftlich begruumlndet sein (entsprechend sect 14 Abs 1 Nr 4 KStG) Es muss ein konkreter Anlass gegeben sein der auch aus objektiver unternehmerischer Sicht die Bildung der Ruumlcklage im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb rechtfertigt (zB eine geplante Betriebsverlegung Werkserneuerung oder Kapazitaumltsausweitung) Eine fast vollstaumlndige Zufuumlhrung des Gewinns zu einer Ruumlcklage im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb ist nur dann unschaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung wenn die Koumlrperschaft nachweist dass die betriebliche Mittelverwendung zur Sicherung ihrer Existenz geboten war (BFH-Urteil vom 1571998 I R 15694 BStBl 2002 II S 162)

Im Bereich der Vermoumlgensverwaltung koumlnnen Ruumlcklagen durch Zufuumlhrung der Uumlberschuumlsse aus der Vermoumlgensverwaltung nur fuumlr die Durchfuumlhrung konkreter Reparatur- oder Erhaltungsmaszlignahmen an Vermoumlgensgegenstaumlnden iSd sect 21 EStG gebildet werden Die Maszlignahmen fuumlr deren Durchfuumlhrung die Ruumlcklage gebildet wird muumlssen notwendig sein um den ordnungsgemaumlszligen Zustand des Vermoumlgensgegenstandes zu erhalten oder wiederherzustellen und in einem angemessenen Zeitraum durchgefuumlhrt werden koumlnnen (zB geplante Erneuerung eines undichten Daches)

Zu sect 62 Abs 1 AO

2 Die Bildung einer Ruumlcklage kann nicht damit begruumlndet werden dass die Uumlberlegungen zur Verwendung der Mittel noch nicht abgeschlossen sind

Zu sect 62 Abs 1 Nr 1 AO

3 Bei der Bildung der Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 1 und 2 AO kommt es nicht auf die Herkunft der Mittel an Der Ruumlcklage duumlrfen also auch zeitnah zu verwendende Mittel wie zB Spenden zugefuumlhrt werden

4 Voraussetzung fuumlr die Bildung einer Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 1 AO ist in jedem Fall dass diese erforderlich ist um die steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecke der Koumlrperschaft nachhaltig erfuumlllen zu koumlnnen Das Bestreben ganz allgemein die Leistungsfaumlhigkeit der Koumlrperschaft zu erhalten reicht fuumlr eine steuerlich unschaumldliche Ruumlcklagenbildung nach dieser Vorschrift nicht aus (hierfuumlr koumlnnen nur freie Ruumlcklagen nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO gebildet werden vgl Nrn 13 bis 17 des AEAO zu sect 62) Vielmehr muumlssen die Mittel fuumlr bestimmte - die steuerbeguumlnstigten Satzungszwecke verwirklichende -Vorhaben angesammelt werden fuumlr deren Durchfuumlhrung bereits konkrete Zeitvorstellungen bestehen Besteht noch keine konkrete Zeitvorstellung ist eine Ruumlcklagenbildung dann zulaumlssig wenn die Durchfuumlhrung des Vorhabens glaubhaft und bei den finanziellen Verhaumlltnissen der steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft in einem angemessenen Zeitraum moumlglich ist Die Bildung von Ruumlcklagen fuumlr periodisch wiederkehrende Ausgaben (zB Loumlhne Gehaumllter Mieten) in Houmlhe des Mittelbedarfs fuumlr eine angemessene Zeitperiode zur Sicherstellung der Liquiditaumlt ist zulaumlssig (so genannte Betriebsmittelruumlcklage) Ebenfalls unschaumldlich ist die vorsorgliche Bildung einer Ruumlcklage zur Bezahlung von Steuern auszligerhalb eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs solange Unklarheit daruumlber besteht ob die Koumlrperschaft insoweit in Anspruch genommen wird Eine beabsichtigte Vermoumlgensausstattung nach sect 58 Nr 3 AO rechtfertigt keine Ruumlcklagenbildung nach sect 62 Abs 1 Nr 1 AO

5 Die Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 1 AO kann unabhaumlngig von dem Vorhandensein und der Houmlhe einer Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO (freie Ruumlcklage) gebildet werden

Zu sect 62 Abs 1 Nr 2 AO

6 Eine Wiederbeschaffungsruumlcklage fuumlr Fahrzeuge und andere Wirtschaftsguumlter fuumlr deren Anschaffung die laufenden Einnahmen nicht ausreichen ist nach sect 62 Abs 1 Nr 2 AO zulaumlssig Eine Wiederbeschaffungsabsicht liegt nur vor wenn tatsaumlchlich eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsguts geplant und in einem angemessenen Zeitraum moumlglich ist Im Regelfall ist als Nachweis fuumlr die Wiederbeschaffungsabsicht ausreichend dass die Ruumlcklage gebildet wurde Diese Nachweiserleichterung gilt nicht fuumlr Immobilien Reicht die Zufuumlhrung von Mitteln in Houmlhe der Abschreibungen fuumlr eine beabsichtigte Wiederbeschaffung nicht aus dann koumlnnen auch houmlhere Mittel der Ruumlcklage zugefuumlhrt werden Der Nachweis daruumlber ist durch die Koumlrperschaft zu erbringen

7 Die Regelungen in den vorstehenden Textziffern zu sect 62 Abs 1 Nr 1 und 2 AO gelten auch fuumlr Mittelbeschaffungskoumlrperschaften iSd sect 58 Nr 1 AO (BFH-Urteil vom 1391989 I R 1985 BStBl 1990 II S 28) Voraussetzung ist jedoch dass die Ruumlcklagenbildung dem Zweck der Beschaffung von Mitteln fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke einer anderen Koumlrperschaft entspricht Diese Voraussetzung ist zB erfuumlllt wenn die Mittelbeschaffungskoumlrperschaft wegen zeitlicher Verzoumlgerung der von ihr zu finanzierenden steuerbeguumlnstigten Maszlignahmen angehalten ist die beschafften Mittel zunaumlchst zu thesaurieren

8 Unterhaumllt eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb so koumlnnen dessen Ertraumlge der Ruumlcklage erst nach Versteuerung zugefuumlhrt werden

Zu sect 62 Abs 1 Nr 3 AO

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9 Der freien Ruumlcklage (sect 62 Abs 1 Nr 3 AO) darf jaumlhrlich houmlchstens ein Drittel des Uumlberschusses der Einnahmen uumlber die Ausgaben aus der Vermoumlgensverwaltung zugefuumlhrt werden Unter Ausgaben sind Aufwendungen zu verstehen die dem Grunde nach Werbungskosten sind

10 Daruumlber hinaus kann die Koumlrperschaft houmlchstens 10 ihrer sonstigen nach sect 55 Abs 1 Nr 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel einer freien Ruumlcklage zufuumlhren Mittel iSd Vorschrift sind die Uumlberschuumlsse bzw Gewinne aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben und Zweckbetrieben sowie die Bruttoeinnahmen aus dem ideellen Bereich Bei Anwendung der Regelungen des sect 64 Abs 5 und 6 AO koumlnnen in die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der Ruumlcklage statt der geschaumltzten bzw pauschal ermittelten Gewinne die tatsaumlchlichen Gewinne einbezogen werden

Verluste aus Zweckbetrieben sind mit entsprechenden Uumlberschuumlssen zu verrechnen daruumlber hinaus gehende Verluste mindern die Bemessungsgrundlage nicht Das gilt entsprechend fuumlr Verluste aus dem einheitlichen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb Ein Uumlberschuss aus der Vermoumlgensverwaltung ist shyunabhaumlngig davon inwieweit er in eine Ruumlcklage eingestellt wurde - nicht in die Bemessungsgrundlage fuumlr die Zufuumlhrung aus den sonstigen zeitnah zu verwendenden Mitteln einzubeziehen Ein Verlust aus der Vermoumlgensverwaltung mindert die Bemessungsgrundlage nicht

11 Wird der jaumlhrliche Houmlchstbetrag der Mittel die in die freie Ruumlcklage haumltten eingestellt werden koumlnnen in einem Jahr nicht ausgeschoumlpft koumlnnen Mittel in Houmlhe des nicht ausgeschoumlpften Betrages zusaumltzlich in den beiden Folgejahren in die freie Ruumlcklage eingestellt werden

Eine Koumlrperschaft haumltte im Jahr 01 beispielsweise 30000 euro in die freie Ruumlcklage einstellen koumlnnen Tatsaumlchlich stellte sie aber nur 25000 euro ein In den naumlchsten beiden Jahren kann die Koumlrperschaft zusaumltzlich zu dem fuumlr das jeweilige Jahr zulaumlssigen Betrag nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO noch weitere 5000 euro in die freie Ruumlcklage des jeweiligen Jahres einstellen Die Koumlrperschaft kann diesen Betrag auf beide Jahre aufteilen (02 3000 euro 03 2000 euro) oder den ganzen Betrag (entweder 02 oder 03) in die Ruumlcklage einstellen

Die steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft muss die freie Ruumlcklage waumlhrend der Dauer ihres Bestehens nicht aufloumlsen Die in die Ruumlcklage eingestellten Mittel koumlnnen auch dem Vermoumlgen zugefuumlhrt werden

Zu sect 62 Abs 1 Nr 4 AO

12 Die Ansammlung von Mitteln zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften ist zulaumlssig (sect 62 Abs 1 Nr 4 AO) Die Herkunft der Mittel ist dabei ohne Bedeutung sect 62 Abs 1 Nr 4 AO ist nicht auf den erstmaligen Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften anzuwenden Hierfuumlr koumlnnen ua freie Ruumlcklagen nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO eingesetzt werden

13 Die Houmlchstgrenze fuumlr die Zufuumlhrung zu der freien Ruumlcklage mindert sich um den Betrag den die Koumlrperschaft zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften ausgibt oder in die Ruumlcklage einstellt Uumlbersteigt der fuumlr die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendete oder in eine Ruumlcklage eingestellte Betrag die Houmlchstgrenze ist auch in den Folgejahren eine Zufuumlhrung zu der freien Ruumlcklage erst wieder moumlglich wenn die fuumlr eine freie Ruumlcklage verwendbaren Mittel insgesamt die fuumlr die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendeten oder in die Ruumlcklage eingestellten Mittel uumlbersteigen Die Zufuumlhrung von Mitteln zu Ruumlcklagen nach sect 62 Abs 1 Nrn 1 und 2 AO beruumlhrt die Houmlchstgrenze fuumlr die Bildung freier Ruumlcklagen dagegen nicht

Beispiel

Beispiel fuumlr eine Ruumlcklagenbildung nach sect 62 Abs 1 Nrn 3 und 4 AO

VZ 01

Spenden 10000 euro

Einnahmen aus Vermoumlgensverwaltung 12000 euro

Ausgaben in der Vermoumlgensverwaltung 9000 euro

Gewinne aus

‐ Zweckbetrieben 2500 euro ‐ steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben 3000 euro

10 von (10000 euro + 2500 euro + 3000 euro) = 1550 euro

≙ Potenzial zur Ruumlcklagenbildung nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO 2550 euro

Tatsaumlchliche Ruumlcklagenbildung im VZ 01

13 von (12000 euro - 9000 euro) = 1000 euro

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nach sect 62 Abs 1 Nr 4 AO 3000 euro

nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO

Uumlberhang nach sect 62 Abs 1 Nr 4 im Verhaumlltnis zu Nr 3 AO 450 euro

0 euro

VZ 02

Spenden 20000 euro

Einnahmen aus Vermoumlgensverwaltung 16000 euro

Ausgaben in der Vermoumlgensverwaltung 10000 euro

Gewinne aus

- Zweckbetrieben 1000 euro

- steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben 5000 euro

10 von (20000 euro + 1000 euro + 5000 euro) = 2600 euro

13 von (16000 euro - 10000 euro) = 2000 euro

abzgl Uumlberhang nach sect 62 Abs 1 Nr 4 im Verhaumlltnis zu Nr 3 AO 450 euro

≙ Potenzial zur Ruumlcklagenbildung nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO 4150 euro

Tatsaumlchliche Ruumlcklagenbildung im VZ 02

nach sect 62 Abs 1 Nr 4 AO 1000 euro

nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO 3150 euro

Zu sect 62 Abs 2 AO

14 Ruumlcklagen sind in der Frist des sect 55 Abs 1 Nr 5 Satz 3 AO zu bilden Nur tatsaumlchlich vorhandene Mittel koumlnnen in eine Ruumlcklage eingestellt werden Ob die Voraussetzungen fuumlr die Bildung einer Ruumlcklage vorliegen hat die steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft dem zustaumlndigen Finanzamt im Einzelnen darzulegen Weiterhin muss sie die Ruumlcklagen nach sect 62 Abs 1 AO in ihrer Rechnungslegung - ggf in einer Nebenrechnung - gesondert ausweisen damit eine Kontrolle jederzeit und ohne besonderen Aufwand moumlglich ist (BFH-Urteil vom 20121978 I R 2176 BStBl 1979 II S 496)

Entfaumlllt der Grund fuumlr die Bildung einer Ruumlcklage nach sect 62 Absatz 1 Nrn 1 2 und 4 AO so ist diese unverzuumlglich aufzuloumlsen Die dadurch freigewordenen Mittel sind innerhalb der Frist des sect 55 Abs 1 Nr 5 Satz 3 AO zu verwenden

Die freigewordenen Mittel koumlnnen auch in die Ruumlcklagen nach sect 62 Abs 1 Nrn 1 2 und 4 AO eingestellt werden Bei diesen Mitteln handelt es sich nicht um sonstige nach sect 55 Abs 1 Nr 5 AO zeitnah zu verwendende Mittel (sectsect 58 Nr 3 62 Abs 1 Nr 3 AO)

15 Vorstehende Grundsaumltze gelten fuumlr Ruumlcklagen im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb und fuumlr Ruumlcklagen im Bereich der Vermoumlgensverwaltung entsprechend

Zu sect 62 Abs 3 AO

16 Die in sect 62 Abs 3 AO genannten Zuwendungen koumlnnen dem Vermoumlgen zugefuumlhrt werden Die Aufzaumlhlung ist abschlieszligend Unter Sachzuwendungen die ihrer Natur nach zum Vermoumlgen gehoumlren sind Wirtschaftsguumlter zu verstehen die ihrer Art nach von der Koumlrperschaft im ideellen Bereich im Rahmen der Vermoumlgensverwaltung oder im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb genutzt werden koumlnnen

Werden Mittel nach dieser Vorschrift dem Vermoumlgen zugefuumlhrt sind sie aus der Bemessungsgrundlage fuumlr Zufuumlhrungen von sonstigen zeitnah zu verwendenden Mitteln nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO herauszurechnen

Zu sect 62 Abs 4 AO

17 Stiftungen duumlrfen im Jahr ihrer Errichtung und in den drei folgenden Kalenderjahren Uumlberschuumlsse und Gewinne aus der Vermoumlgensverwaltung aus Zweckbetrieb und aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben ganz oder teilweise ihrem Vermoumlgen zufuumlhren Fuumlr sonstige Mittel zB Zuwendungen und Zuschuumlsse gilt diese Regelung dagegen nicht

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Liegen in einem Kalenderjahr positive und negative Ergebnisse aus der Vermoumlgensverwaltung aus den Zweckbetrieben und dem einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb vor ist eine Zufuumlhrung zum Vermoumlgen auf den positiven Betrag begrenzt der nach der Verrechnung der Ergebnisse verbleibt

AEAO zu sect 63 - Anforderungen an die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung

1 Den Nachweis dass die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung den notwendigen Erfordernissen entspricht hat die Koumlrperschaft durch ordnungsmaumlszligige Aufzeichnungen (insbesondere Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben Taumltigkeitsbericht Vermoumlgensuumlbersicht mit Nachweisen uumlber die Bildung und Entwicklung der Ruumlcklagen) zu fuumlhren Die Vorschriften der AO uumlber die Fuumlhrung von Buumlchern und Aufzeichnungen (sectsect 140 ff AO) sind zu beachten Die Vorschriften des Handelsrechts einschlieszliglich der entsprechenden Buchfuumlhrungsvorschriften gelten nur sofern sich dies aus der Rechtsform der Koumlrperschaft oder aus ihrer wirtschaftlichen Taumltigkeit ergibt Bei der Verwirklichung steuerbeguumlnstigter Zwecke im Ausland besteht eine erhoumlhte Nachweispflicht (sect 90 Abs 2 AO)

2 Hat das Finanzamt eine Frist nach sect 63 Abs 4 AO gesetzt gilt die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung als ordnungsgemaumlszlig wenn die Koumlrperschaft die Mittel innerhalb der gesetzten Frist fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke verwendet

3 Die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung umfasst auch die Ausstellung steuerlicher Zuwendungsbestaumltigungen Zuwendungsbestaumltigungen duumlrfen nur dann ausgestellt werden wenn die Voraussetzungen des sect 63 Abs 5 AO vorliegen Die Erlaubnis wird an die Erteilung eines Feststellungsbescheids nach sect 60a Abs 1 AO eines Freistellungsbescheids oder eine Anlage zum Koumlrperschaftsteuerbescheid geknuumlpft Ist der Bescheid nach sect 60a AO aumllter als drei Jahre oder ist der Freistellungsbescheid - beziehungsweise sind die Anlagen zum Koumlrperschaftsteuerbescheid - aumllter als fuumlnf Jahre darf die Koumlrperschaft keine Zuwendungsbestaumltigungen mehr ausstellen

Bei Missbraumluchen auf diesem Gebiet zB durch die Ausstellung von Gefaumllligkeitsbestaumltigungen ist die Steuerbeguumlnstigung zu versagen

4 Liegen neuere Erkenntnisse nach Bekanntgabe einer Feststellung nach sect 60a AO eines Freistellungsbescheids oder einer Anlage zum Koumlrperschaftsteuerbescheid vor dass auf Grund der tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung der Koumlrperschaft die Steuerbeguumlnstigung voraussichtlich nicht gewaumlhrt werden kann kann eine Steuerfestsetzung (ggf mit 0 euro) erfolgen

Dies kann durch einen Vorauszahlungsbescheid oder einen Koumlrperschaftsteuerbescheid geschehen in dem jeweils von der vollen Steuerpflicht ausgegangen wird Dies hat zur Folge dass die Koumlrperschaft nicht mehr berechtigt ist Zuwendungsbestaumltigungen auszustellen

Die Koumlrperschaft ist auf eine moumlgliche Haftungsinanspruchnahme nach sect 10b Abs 4 EStG hinzuweisen

5 Die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung muss sich im Rahmen der verfassungsmaumlszligigen Ordnung halten da die Rechtsordnung als selbstverstaumlndlich das gesetzestreue Verhalten aller Rechtsunterworfenen voraussetzt Als Verstoszlig gegen die Rechtsordnung der die Steuerbeguumlnstigung ausschlieszligt kommt auch eine Steuerverkuumlrzung in Betracht (BFH-Urteil vom 2792001 V R 1799 BStBl 2002 II S 169) Die verfassungsmaumlszligige Ordnung wird schon durch die Nichtbefolgung von polizeilichen Anordnungen durchbrochen (BFH-Urteil vom 2981984 I R 21581 BStBl 1985 II S 106) Gewaltfreier Widerstand zB Sitzblockaden gegen geplante Maszlignahmen des Staates verstoumlszligt grundsaumltzlich nicht gegen die verfassungsmaumlszligige Ordnung (vgl BVerfG-Beschluss vom 1011995 1 BvR 71889 1 BvR 71989 1 BvR 72289 1 BvR 72389 BVerfGE 92 S 1 bis 25)

AEAO zu sect 64 - Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe

Zu sect 64 Abs 1 AO

1 Als Gesetz das die Steuerverguumlnstigung teilweise naumlmlich fuumlr den wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb (sect 14 Saumltze 1 und 2 AO) ausschlieszligt ist das jeweilige Steuergesetz zu verstehen also sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG sect 3 Nr 6 GewStG sect 12 Abs 2 Nr 8 Satz 2 UStG sect 3 Abs 1 Nr 3b GrStG iVm A 12 Abs 4 GrStR

2 Wegen des Begriffs bdquoWirtschaftlicher Geschaumlftsbetriebldquo wird auf sect 14 AO hingewiesen Zum Begriff der bdquoNachhaltigkeitldquo bei wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben siehe BFH-Urteil vom 2181985 I R 6080 BStBl 1986 II S 88 Danach ist eine Taumltigkeit grundsaumltzlich nachhaltig wenn sie auf Wiederholung angelegt ist Es genuumlgt wenn bei der Taumltigkeit der allgemeine Wille besteht gleichartige oder aumlhnliche Handlungen bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen Wiederholte Taumltigkeiten liegen auch vor wenn der Grund zum Taumltigwerden auf einem einmaligen Entschluss beruht die Erledigung aber mehrere (Einzel-)Taumltigkeiten erfordert Die Einnahmen aus der Verpachtung eines vorher selbst betriebenen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs unterliegen solange der Koumlrperschaft- und Gewerbesteuer bis die Koumlrperschaft die Betriebsaufgabe erklaumlrt (BFH-Urteil vom 442007 I R 5506 BStBl II S 725)

3 Ob eine an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft beteiligte steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft gewerbliche Einkuumlnfte bezieht wird im gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid der

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Personengesellschaft bindend festgestellt (BFH-Urteil vom 2771988 I R 11384 BStBl 1989 II S 134) Ob ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb oder ein Zweckbetrieb (sectsect 65 bis 68 AO) vorliegt ist dagegen bei der Koumlrperschaftsteuerveranlagung der steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft zu entscheiden Die Beteiligung einer gemeinnuumltzigen Koumlrperschaft an einer gewerblich gepraumlgten vermoumlgensverwaltenden Personengesellschaft stellt keinen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb dar (BFH-Urteil vom 2552011 I R 6010 BStBl 2012 II S858) Die Beteiligung einer steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft an einer Kapitalgesellschaft ist grundsaumltzlich Vermoumlgensverwaltung (sect 14 Satz 3 AO) Sie stellt jedoch einen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb dar wenn mit ihr tatsaumlchlich ein entscheidender Einfluss auf die laufende Geschaumlftsfuumlhrung der Kapitalgesellschaft ausgeuumlbt wird oder ein Fall der Betriebsaufspaltung vorliegt (vgl BFH-Urteil vom 3061971 I R 5770 BStBl II S 753 H 157 (4) bis H 157 (6) EStH 2011) Besteht die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft die selbst ausschlieszliglich der Vermoumlgensverwaltung dient so liegt auch bei Einflussnahme auf die Geschaumlftsfuumlhrung kein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb vor (vgl R 16 Abs 5 KStR) Dies gilt auch bei Beteiligung an einer steuerbeguumlnstigten Kapitalgesellschaft Die Grundsaumltze der Betriebsaufspaltung sind nicht anzuwenden wenn sowohl das Betriebs- als auch das Besitzunternehmen steuerbeguumlnstigt sind Dies gilt aber nur insoweit als die uumlberlassenen wesentlichen Betriebsgrundlagen bei dem Betriebsunternehmen nicht in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb eingesetzt werden

4 Bei der Ermittlung des Gewinns aus dem wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb sind die Betriebsausgaben zu beruumlcksichtigen die durch den Betrieb veranlasst sind Dazu gehoumlren Ausgaben die dem Betrieb unmittelbar zuzuordnen sind weil sie ohne den Betrieb nicht oder zumindest nicht in dieser Houmlhe angefallen waumlren

5 Bei so genannten gemischt veranlassten Kosten die sowohl durch die steuerfreie als auch durch die steuerpflichtige Taumltigkeit veranlasst sind scheidet eine Beruumlcksichtigung als Betriebsausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs grundsaumltzlich aus wenn sie ihren primaumlren Anlass im steuerfreien Bereich haben Werden zB Werbemaszlignahmen bei sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen durchgefuumlhrt sind die Veranstaltungskosten soweit sie auch ohne die Werbung entstanden waumlren keine Betriebsausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs bdquoWerbungldquo (BFH-Urteil vom 2731991 I R 3189 BStBl 1992 II S 103 zur pauschalen Gewinnermittlung bei Werbung im Zusammenhang mit der steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit einschlieszliglich Zweckbetrieben vgl Nrn 28 ff des AEAO zu sect 64)

6 Unabhaumlngig von ihrer primaumlren Veranlassung ist eine anteilige Beruumlcksichtigung von gemischt veranlassten Aufwendungen (einschlieszliglich Absetzung fuumlr Abnutzung) als Betriebsausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs dann zulaumlssig wenn ein objektiver Maszligstab fuumlr die Aufteilung der Aufwendungen (zB nach zeitlichen Gesichtspunkten) auf den ideellen Bereich einschlieszliglich der Zweckbetriebe und den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb besteht

Danach ist zB bei der Gewinnermittlung fuumlr den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb bdquoGreenfeeldquo von steuerbeguumlnstigten Golfvereinen - abweichend von den Grundsaumltzen des BFH-Urteils vom 2731991 I R 3189 BStBl 1992 II S 103 - wegen der Abgrenzbarkeit nach objektiven Maszligstaumlben (zB im Verhaumlltnis der Nutzung der Golfanlage durch vereinsfremde Spieler zu den Golf spielenden Vereinsmitgliedern im Kalenderjahr) trotz primaumlrer Veranlassung durch den ideellen Bereich des Golfvereins ein anteiliger Betriebsausgabenabzug der Aufwendungen (zB fuumlr Golfplatz- und Personalkosten) zulaumlssig Bei gemeinnuumltzigen Musikvereinen sind Aufwendungen die zu einem Teil mit Auftritten ihrer Musikgruppen bei eigenen steuerpflichtigen Festveranstaltungen zusammenhaumlngen anteilig als Betriebsausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs abzuziehen Derartige Aufwendungen sind zB Kosten fuumlr Notenmaterial Uniformen und Verstaumlrkeranlagen die sowohl bei Auftritten die unentgeltlich erfolgen oder Zweckbetriebe sind als auch bei Auftritten im Rahmen eines eigenen steuerpflichtigen Betriebs eingesetzt werden Als Maszligstab fuumlr die Aufteilung kommt die Zahl der Stunden die einschlieszliglich der Proben auf die jeweiligen Bereiche entfallen in Betracht

Auch die Personal- und Sachkosten fuumlr die allgemeine Verwaltung koumlnnen grundsaumltzlich im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb abgezogen werden soweit sie bei einer Aufteilung nach objektiven Maszligstaumlben teilweise darauf entfallen Bei Kosten fuumlr die Errichtung und Unterhaltung von Vereinsheimen gibt es idR keinen objektiven Aufteilungsmaszligstab

7 Unter Sponsoring wird uumlblicherweise die Gewaumlhrung von Geld oder geldwerten Vorteilen durch Unternehmen zur Foumlrderung von Personen Gruppen undoder Organisationen in sportlichen kulturellen kirchlichen wissenschaftlichen sozialen oumlkologischen oder aumlhnlich bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereichen verstanden mit der regelmaumlszligig auch eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Oumlffentlichkeitsarbeit verfolgt werden Leistungen eines Sponsors beruhen haumlufig auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Sponsor und dem Empfaumlnger der Leistungen (Sponsoring-Vertrag) in dem Art und Umfang der Leistungen des Sponsors und des Empfaumlngers geregelt sind

8 Die im Zusammenhang mit dem Sponsoring erhaltenen Leistungen koumlnnen bei einer steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft steuerfreie Einnahmen im ideellen Bereich steuerfreie Einnahmen aus der Vermoumlgensverwaltung oder Einnahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs sein

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Die steuerliche Behandlung der Leistungen beim Empfaumlnger haumlngt grundsaumltzlich nicht davon ab wie die entsprechenden Aufwendungen beim leistenden Unternehmen behandelt werden Fuumlr die Abgrenzung gelten die allgemeinen Grundsaumltze

9 Danach liegt kein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb vor wenn die steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft dem Sponsor nur die Nutzung ihres Namens zu Werbezwecken in der Weise gestattet dass der Sponsor selbst zu Werbezwecken oder zur Imagepflege auf seine Leistungen an die Koumlrperschaft hinweist

Ein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb liegt auch dann nicht vor wenn der Empfaumlnger der Leistungen zB auf Plakaten Veranstaltungshinweisen in Ausstellungskatalogen oder in anderer Weise auf die Unterstuumltzung durch einen Sponsor lediglich hinweist Dieser Hinweis kann unter Verwendung des Namens Emblems oder Logos des Sponsors jedoch ohne besondere Hervorhebung erfolgen Entsprechende Sponsoringeinnahmen sind nicht als Einnahmen aus der Vermoumlgensverwaltung anzusehen Eine Zufuumlhrung zur freien Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO ist daher lediglich iHv 10 der Einnahmen nicht aber iHv einem Drittel des daraus erzielten Uumlberschusses moumlglich

10 Ein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb liegt dagegen vor wenn die Koumlrperschaft an den Werbemaszlignahmen mitwirkt Dies ist zB der Fall wenn die Koumlrperschaft dem Sponsor das Recht einraumlumt in einem von ihr herausgegebenen Publikationsorgan Werbeanzeigen zu schalten einschlaumlgige sponsorbezogene Themen darzustellen und bei Veranstaltungen der Koumlrperschaft deren Mitglieder uumlber diese Themen zu informieren und dafuumlr zu werben (vgl BFH-Urteil vom 7112007 I R 4206 BStBl 2008 II S 949) Der wirtschaftliche Geschaumlftsbetrieb kann kein Zweckbetrieb (sectsect 65 bis 68 AO) sein Soweit Sponsoringeinnahmen unmittelbar in einem aus anderen Gruumlnden steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb anfallen sind sie diesem zuzurechnen

Zu sect 64 Abs 2 AO

11 Die Regelung dass bei steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaften mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe als ein Betrieb zu behandeln sind gilt auch fuumlr die Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens der Koumlrperschaft und fuumlr die Beurteilung der Buchfuumlhrungspflicht nach sect 141 Abs 1 AO Fuumlr die Frage ob die Grenzen fuumlr die Buchfuumlhrungspflicht uumlberschritten sind kommt es also auf dieWerte (Einnahmen Uumlberschuss) des Gesamtbetriebs an

12 sect 55 Abs 1 Nr 1 Satz 2 und Nr 3 AO gilt auch fuumlr den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb Das bedeutet ua dass Verluste und Gewinnminderungen in den einzelnen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben nicht durch Zuwendungen an Mitglieder oder durch unverhaumlltnismaumlszligig hohe Verguumltungen entstanden sein duumlrfen

13 Bei einer Koumlrperschaft die mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe unterhaumllt ist fuumlr die Frage ob gemeinnuumltzigkeitsschaumldliche Verluste vorliegen nicht auf das Ergebnis des einzelnen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs sondern auf das zusammengefasste Ergebnis aller steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebe abzustellen Danach ist die Gemeinnuumltzigkeit einer Koumlrperschaft gefaumlhrdet wenn die steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebe insgesamt Verluste erwirtschaften (vgl Nrn 4 ff des AEAO zu sect 55)

In den Faumlllen des sect 64 Abs 5 und 6 AO ist nicht der geschaumltzte bzw pauschal ermittelte Gewinn sondern das Ergebnis zu beruumlcksichtigen das sich bei einer Ermittlung nach den allgemeinen Regelungen ergeben wuumlrde (vgl Nrn 4 bis 6 des AEAO zu sect 64)

Zu sect 64 Abs 3 AO

14 Die Houmlhe der Einnahmen aus den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben bestimmt sich nach den Grundsaumltzen der steuerlichen Gewinnermittlung Bei steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaften die den Gewinn nach sect 4 Abs 1 oder sect 5 EStG ermitteln kommt es deshalb nicht auf den Zufluss iSd sect 11 EStG an so dass auch Forderungszugaumlnge als Einnahmen zu erfassen sind Bei anderen steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaften sind die im Kalenderjahr zugeflossenen Einnahmen (sect 11 EStG) maszliggeblich Ob die Einnahmen die Besteuerungsgrenze uumlbersteigen ist fuumlr jedes Jahr gesondert zu pruumlfen Nicht leistungsbezogene Einnahmen sind nicht den fuumlr die Besteuerungsgrenze maszliggeblichen Einnahmen zuzurechnen (vgl Nr 16 des AEAO zu sect 64)

15 Zu den Einnahmen iSd sect 64 Abs 3 AO gehoumlren leistungsbezogene Einnahmen einschlieszliglich Umsatzsteuer aus dem laufenden Geschaumlft wie Einnahmen aus dem Verkauf von Speisen und Getraumlnken Dazu zaumlhlen auch erhaltene Anzahlungen

16 Zu den leistungsbezogenen Einnahmen iSd Nr 15 des AEAO zu sect 64 gehoumlren zB nicht

a) der Erloumls aus der Veraumluszligerung von Wirtschaftsguumltern des Anlagevermoumlgens des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs

b) Betriebskostenzuschuumlsse sowie Zuschuumlsse fuumlr die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsguumltern des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs

c) Investitionszulagen

d) der Zufluss von Darlehen

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e) Entnahmen iSd sect 4 Abs 1 EStG

f) die Aufloumlsung von Ruumlcklagen

g) erstattete Betriebsausgaben zB Umsatzsteuer

h) Versicherungsleistungen mit Ausnahme des Ersatzes von leistungsbezogenen Einnahmen

17 Ist eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft beteiligt sind fuumlr die Beurteilung ob die Besteuerungsgrenze uumlberschritten wird die anteiligen (Brutto-)Einnahmen aus der Beteiligung - nicht aber der Gewinnanteil - maszliggeblich Bei Beteiligung einer steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft an einer Kapitalgesellschaft sind die Bezuumlge iSd sect 8b Abs 1 KStG und die Erloumlse aus der Veraumluszligerung von Anteilen iSd sect 8b Abs 2 KStG als Einnahmen iSd sect 64 Abs 3 AO zu erfassen wenn die Beteiligung einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb darstellt (vgl Nr 3 des AEAO zu sect 64) oder in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb gehalten wird

18 In den Faumlllen des sect 64 Abs 5 und 6 AO sind fuumlr die Pruumlfung ob die Besteuerungsgrenze iSd sect 64 Abs 3 AO uumlberschritten wird die tatsaumlchlichen Einnahmen anzusetzen

19 Einnahmen aus sportlichen Veranstaltungen die nach sect 67a Abs 1 Satz 1 AO oder - bei einer Option -Abs 3 kein Zweckbetrieb sind gehoumlren zu den Einnahmen iSd sect 64 Abs 3 AO

Beispiel

Ein Sportverein der auf die Anwendung des sect 67a Abs 1 Satz 1 AO (Zweckbetriebsgrenze) verzichtet hat erzielt im Jahr 01 folgende Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben

Sportliche Veranstaltungen an denen kein bezahlter Sportler teilgenommen hat 40000 euro

Sportliche Veranstaltungen an denen bezahlte Sportler des Vereins teilgenommen haben 20000 euro

Verkauf von Speisen und Getraumlnken 5000 euro

Die Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben die keine Zweckbetriebe sind betragen 25000 euro (20000 euro + 5000 euro) Die Besteuerungsgrenze von 35000 euro wird nicht uumlberschritten

20 Eine wirtschaftliche Betaumltigung verliert durch das Unterschreiten der Besteuerungsgrenze nicht den Charakter des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs Das bedeutet dass kein Beginn einer teilweisen Steuerbefreiung iSd sect 13 Abs 5 KStG vorliegt und dementsprechend keine Schlussbesteuerung durchzufuumlhren ist wenn Koumlrperschaft- und Gewerbesteuer wegen sect 64 Abs 3 AO nicht mehr erhoben werden

21 Bei Koumlrperschaften mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr sind fuumlr die Frage ob die Besteuerungsgrenze uumlberschritten wird die in dem Wirtschaftsjahr erzielten Einnahmen maszliggeblich

22 Der allgemeine Grundsatz des Gemeinnuumltzigkeitsrechts dass fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke gebundene Mittel nicht fuumlr den Ausgleich von Verlusten aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben verwendet werden duumlrfen wird durch sect 64 Abs 3 AO nicht aufgehoben Unter diesem Gesichtspunkt braucht jedoch bei Unterschreiten der Besteuerungsgrenze der Frage der Mittelverwendung nicht nachgegangen zu werden wenn bei uumlberschlaumlgiger Pruumlfung der Aufzeichnungen erkennbar ist dass in dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb (sect 64 Abs 2 AO) keine Verluste entstanden sind

23 Verluste und Gewinne aus Jahren in denen die maszliggeblichen Einnahmen die Besteuerungsgrenze nicht uumlbersteigen bleiben bei dem Verlustabzug (sect 10d EStG) auszliger Ansatz Ein ruumlck- und vortragbarer Verlust kann danach nur in Jahren entstehen in denen die Einnahmen die Besteuerungsgrenze uumlbersteigen Dieser Verlust wird nicht fuumlr Jahre verbraucht in denen die Einnahmen die Besteuerungsgrenze von 35000 euro nicht uumlbersteigen

Zu sect 64 Abs 4 AO

24 sect 64 Abs 4 AO gilt nicht fuumlr regionale Untergliederungen (Landes- Bezirks- Ortsverbaumlnde) steuerbeguumlnstigter Koumlrperschaften

Zu sect 64 Abs 5 AO

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25 sect 64 Abs 5 AO gilt nur fuumlr Altmaterialsammlungen (Sammlung und Verwertung von Lumpen Altpapier Schrott) Die Regelung gilt nicht fuumlr den Einzelverkauf gebrauchter Sachen (Gebrauchtwarenhandel) Basare und aumlhnliche Einrichtungen sind deshalb nicht beguumlnstigt (vgl BFH-Urteil vom 1122009 I R 7308 BStBl II S 516)

26 sect 64 Abs 5 AO ist nur anzuwenden wenn die Koumlrperschaft dies beantragt (Wahlrecht)

27 Der branchenuumlbliche Reingewinn ist bei der Verwertung von Altpapier mit 5 und bei der Verwertung von ua Altmaterial mit 20 der Einnahmen anzusetzen

Zu sect 64 Abs 6 AO

28 Bei den genannten steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben ist der Besteuerung auf Antrag der Koumlrperschaft ein Gewinn von 15 der Einnahmen zugrunde zu legen Der Antrag gilt jeweils fuumlr alle gleichartigen Taumltigkeiten in dem betreffenden Veranlagungszeitraum Er entfaltet keine Bindungswirkung fuumlr folgende Veranlagungszeitraumlume

29 Nach sect 64 Abs 6 Nr 1 AO kann der Gewinn aus Werbemaszlignahmen pauschal ermittelt werden wenn sie im Zusammenhang mit der steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit einschlieszliglich Zweckbetrieben stattfinden Beispiele fuumlr derartige Werbemaszlignahmen sind die Trikot- oder Bandenwerbung bei Sportveranstaltungen die ein Zweckbetrieb sind oder die aktive Werbung in Programmheften oder auf Plakaten bei kulturellen Veranstaltungen Dies gilt auch fuumlr Sponsoring iSd Nr 10 des AEAO zu sect 64

30 Soweit Werbeeinnahmen nicht im Zusammenhang mit der ideellen steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit oder einem Zweckbetrieb erzielt werden zB Werbemaszlignahmen bei einem Vereinsfest oder bei sportlichenVeranstaltungen die wegen Uumlberschreitens der Zweckbetriebsgrenze des sect 67a Abs 1 AO oder wegen des Einsatzes bezahlter Sportler ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb sind ist sect 64 Abs 6 AO nicht anzuwenden

31 Nach sect 64 Abs 6 Nr 2 AO kann auch der Gewinn aus dem Totalisatorbetrieb der Pferderennvereine mit 15 der Einnahmen angesetzt werden Die maszliggeblichen Einnahmen ermitteln sich wie folgt

Wetteinnahmen

abzgl Rennwettsteuer (Totalisatorsteuer)

abzgl Auszahlungen an die Wetter

Zu sect 64 Abs 5 und 6 AO

32 Wird in den Faumlllen des sect 64 Abs 5 oder 6 AO kein Antrag auf Schaumltzung des Uumlberschusses oder auf pauschale Gewinnermittlung gestellt ist der Gewinn nach den allgemeinen Regeln durch Gegenuumlberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben zu ermitteln (vgl Nrn 4 bis 6 des AEAO zu sect 64)

33 Wird der Uumlberschuss nach sect 64 Abs 5 AO geschaumltzt oder nach sect 64 Abs 6 AO pauschal ermittelt sind dadurch auch die damit zusammenhaumlngenden tatsaumlchlichen Aufwendungen der Koumlrperschaft abgegolten sie koumlnnen nicht zusaumltzlich abgezogen werden

34 Wird der Uumlberschuss nach sect 64 Abs 5 AO geschaumltzt oder nach sect 64 Abs 6 AO pauschal ermittelt muss die Koumlrperschaft die mit diesen Einnahmen im Zusammenhang stehenden Einnahmen und Ausgaben gesondert aufzeichnen Die genaue Houmlhe der Einnahmen wird zur Ermittlung des Gewinns nach sect 64 Abs 5 bzw 6 AO benoumltigt Die mit diesen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben zusammenhaumlngenden Ausgaben duumlrfen das Ergebnis der anderen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebe nicht mindern

35 Die in den Bruttoeinnahmen ggf enthaltene Umsatzsteuer gehoumlrt nicht zu den maszliggeblichen Einnahmen iSd sect 64 Abs 5 und 6 AO

AEAO zu sect 65 - Zweckbetrieb

1 Der Zweckbetrieb ist ein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb iSv sect 14 AO Jedoch wird ein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich dem beguumlnstigten Bereich der Koumlrperschaft zugerechnet

2 Ein Zweckbetrieb muss tatsaumlchlich und unmittelbar satzungsmaumlszligige Zwecke der Koumlrperschaft verwirklichen die ihn betreibt Es genuumlgt nicht wenn er beguumlnstigte Zwecke verfolgt die nicht satzungsmaumlszligige Zwecke der ihn tragenden Koumlrperschaft sind Ebenso wenig genuumlgt es wenn er der Verwirklichung beguumlnstigter Zwecke nur mittelbar dient zB durch Abfuumlhrung seiner Ertraumlge (BFH-Urteil vom 2181985 I R 6080 BStBl 1986 II S 88) Ein Zweckbetrieb muss deshalb in seiner Gesamtrichtung mit den ihn begruumlndenden Taumltigkeiten und nicht nur mit den durch ihn erzielten Einnahmen den steuerbeguumlnstigten Zwecken dienen (BFH-Urteil vom 2641995 I R 3593 BStBl II S 767)

3 Weitere Voraussetzung eines Zweckbetriebes ist dass die Zwecke der Koumlrperschaft nur durch ihn erreicht werden koumlnnen Die Koumlrperschaft muss den Zweckbetrieb zur Verwirklichung ihrer

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satzungsmaumlszligigen Zwecke unbedingt und unmittelbar benoumltigen Dies ist zB nicht der Fall beim Betrieb einer Beschaffungsstelle (zentraler Ein- und Verkauf von Ausruumlstungsgegenstaumlnden Auftragsbeschaffung etc) da dieser weder unentbehrlich noch das einzige Mittel zur Erreichung des steuerbeguumlnstigten Zwecks ist

4 Der Wettbewerb eines Zweckbetriebes zu nicht beguumlnstigten Betrieben derselben oder aumlhnlicher Art muss auf das zur Erfuumlllung der steuerbeguumlnstigten Zwecke unvermeidbare Maszlig begrenzt sein Wettbewerb iSd sect 65 Nr 3 AO setzt nicht voraus dass die Koumlrperschaft auf einem Gebiet taumltig ist in der sie tatsaumlchlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder aumlhnlicher Art tritt Der Sinn und Zweck des sect 65 Nr 3 AO liegt in einem umfaumlnglichen Schutz des Wettbewerbs der auch den potentiellen Wettbewerb umfasst (vgl BFH-Urteile vom 27101993 I R 6091 BStBl 1994 II S 573 und vom 2912009 V R 4606 BStBl II S 560) Ein Zweckbetrieb ist daher - entgegen dem BFH-Urteil vom 3032000 V R 3099 BStBl II S 705 - bereits dann nicht gegeben wenn ein Wettbewerb mit steuerpflichtigen Unternehmen lediglich moumlglich waumlre ohne dass es auf die tatsaumlchliche Wettbewerbssituation vor Ort ankommt Unschaumldlich ist dagegen der uneingeschraumlnkte Wettbewerb zwischen Zweckbetrieben die demselben steuerbeguumlnstigten Zweck dienen und ihn in der gleichen oder in aumlhnlicher Form verwirklichen

AEAO zu sect 66 - Wohlfahrtspflege

1 Die Bestimmung enthaumllt eine Sonderregelung fuumlr wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe die sich mit der Wohlfahrtspflege befassen

2 Die Wohlfahrtspflege darf nicht des Erwerbs wegen ausgefuumlhrt werden Damit ist keine Einschraumlnkung gegenuumlber den Voraussetzungen der Selbstlosigkeit gegeben wie sie in sect 55 AO bestimmt sind

3 Die Taumltigkeit muss auf die Sorge fuumlr notleidende oder gefaumlhrdete Menschen gerichtet sein Notleidend bzw gefaumlhrdet sind Menschen die eine oder beide der in sect 53 Nrn 1 und 2 AO genannten Voraussetzungen erfuumlllen Es ist nicht erforderlich dass die gesamte Taumltigkeit auf die Foumlrderung notleidender bzw gefaumlhrdeter Menschen gerichtet ist Es genuumlgt wenn zwei Drittel der Leistungen einer Einrichtung notleidenden bzw gefaumlhrdeten Menschen zugute kommen Auf das Zahlenverhaumlltnis von gefaumlhrdeten bzw notleidenden und uumlbrigen gefoumlrderten Menschen kommt es nicht an

4 Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege liegt regelmaumlszligig vor bei haumluslichen Pflegeleistungen durch eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft im Rahmen des Siebten oder Elften Buches Sozialgesetzbuch des Bundessozialhilfegesetzes oder des Bundesversorgungsgesetzes

5 Die Belieferung von Studentinnen und Studenten mit Speisen und Getraumlnken in Mensa- und Cafeteria-Betrieben von Studentenwerken ist als Zweckbetrieb zu beurteilen Der Verkauf von alkoholischen Getraumlnken Tabakwaren und sonstigen Handelswaren darf jedoch nicht mehr als 5 des Gesamtumsatzes ausmachen Auch bei anderen steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaften kann entsprechend der Beurteilung bei den Studentenwerken der Betrieb einer Cafeteria fuumlr Studierende auf dem Campus ein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege sein Entsprechendes gilt fuumlr die Grundversorgung von Schuumllerinnen und Schuumllern mit Speisen und Getraumlnken an Schulen

6 Der Krankentransport von Personen fuumlr die waumlhrend der Fahrt eine fachliche Betreuung bzw der Einsatz besonderer Einrichtungen eines Krankentransport- oder Rettungswagens erforderlich ist oder moumlglicherweise notwendig wird ist als Zweckbetrieb zu beurteilen Die steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaften uumlben ihren Rettungsdienst und Krankentransport entgegen der Annahme des BFH in seinem Beschluss vom 1892007 I R 3006 BStBl 2009 II S 126 regelmaumlszligig nicht des Erwerbs wegen und zur Beschaffung zusaumltzlicher Mittel aus sondern verfolgen damit ihren satzungsmaumlszligigen steuerbeguumlnstigten Zweck der Sorge fuumlr Not leidende oder gefaumlhrdete Menschen Sind die uumlbrigen Voraussetzungen erfuumlllt koumlnnen deshalb auch Leistungen wie der Krankentransport und der Rettungsdienst die Wohlfahrtsverbaumlnde zu denselben Bedingungen wie private gewerbliche Unternehmen anbieten beguumlnstigte Einrichtungen der Wohlfahrtspflege sein Dagegen erfuumlllt die bloszlige Befoumlrderung von Personen fuumlr die der Arzt eine Krankenfahrt (Befoumlrderung in Pkwlsquos Taxen oder Mietwagen) verordnet hat nicht die Kriterien nach sect 66 Abs 2 AO

7 Werden die Leistungen unter gleichen Bedingungen sowohl gegenuumlber hilfebeduumlrftigen als auch nicht hilfebeduumlrftigen Personen erbracht ist ein einheitlicher wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb bdquoEinrichtung der Wohlfahrtspflegeldquo anzunehmen Dieser ist als Zweckbetrieb zu behandeln wenn die 23-Grenze des sect 66 AO erfuumlllt wird Die Einhaltung dieser Tatbestandsvoraussetzung ist nachzuweisen Bei Kleiderkammern Suppenkuumlchen Obdachlosenasylen und den sogenannten Tafeln kann auf den Nachweis der 23-Grenze verzichtet werden wenn ein Bescheid nach sect 53 Nr 2 Satz 8 AO vorliegt

8 Gesellige Veranstaltungen sind als steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe zu behandeln Veranstaltungen bei denen zwar auch die Geselligkeit gepflegt wird die aber in erster Linie zur Betreuung behinderter Personen durchgefuumlhrt werden koumlnnen unter den Voraussetzungen der sectsect 65 66 AO Zweckbetrieb sein

AEAO zu sect 67a - Sportliche Veranstaltungen

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Allgemeines

1 Sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins sind grundsaumltzlich ein Zweckbetrieb wenn die Einnahmen einschlieszliglich der Umsatzsteuer aus allen sportlichen Veranstaltungen des Vereins die Zweckbetriebsgrenze von 45000 euro im Jahr nicht uumlbersteigen (sect 67a Abs 1 Satz 1 AO) Uumlbersteigen die Einnahmen die Zweckbetriebsgrenze von 45000 euro liegt grundsaumltzlich ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb vor

Der Verein kann auf die Anwendung der Zweckbetriebsgrenze verzichten (sect 67a Abs 2 AO) Die steuerliche Behandlung seiner sportlichen Veranstaltungen richtet sich dann nach sect 67a Abs 3 AO

2 Unter Sportvereinen iSd Vorschrift sind alle gemeinnuumltzigen Koumlrperschaften zu verstehen bei denen die Foumlrderung des Sports (sect 52 Abs 2 Nr 21 AO) Satzungszweck ist die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung muss diesem Satzungszweck entsprechen (sect 59 AO) sect 67a AO gilt also zB auch fuumlr Sportverbaumlnde Sie gilt auch fuumlr Sportvereine die Fuszligballveranstaltungen unter Einsatz ihrer Lizenzspieler nach der bdquoLizenzordnung Spielerldquo der Organisation Die Liga-Fuszligballverband eV - Ligaverband durchfuumlhren

3 Als sportliche Veranstaltung ist die organisatorische Maszlignahme eines Sportvereins anzusehen die es aktiven Sportlern (die nicht Mitglieder des Vereins zu sein brauchen) ermoumlglicht Sport zu treiben (BFH-Urteil vom 2571996 V R 795 BStBl 1997 II S 154) Eine sportliche Veranstaltung liegt auch dann vor wenn ein Sportverein in Erfuumlllung seiner Satzungszwecke im Rahmen einer Veranstaltung einer anderen Person oder Koumlrperschaft eine sportliche Darbietung erbringt Die Veranstaltung bei der die sportliche Darbietung praumlsentiert wird braucht keine steuerbeguumlnstigte Veranstaltung zu sein (BFH-Urteil vom 451994 XI R 10990 BStBl II S 886)

4 Sportreisen sind als sportliche Veranstaltungen anzusehen wenn die sportliche Betaumltigung wesentlicher und notwendiger Bestandteil der Reise ist (zB Reise zum Wettkampfort) Reisen bei denen die Erholung der Teilnehmer im Vordergrund steht (Touristikreisen) zaumlhlen dagegen nicht zu den sportlichen Veranstaltungen selbst wenn anlaumlsslich der Reise auch Sport getrieben wird

5 Die Ausbildung und Fortbildung in sportlichen Fertigkeiten gehoumlrt zu den typischen und wesentlichen Taumltigkeiten eines Sportvereins Sportkurse und Sportlehrgaumlnge fuumlr Mitglieder und Nichtmitglieder von Sportvereinen (Sportunterricht) sind daher als bdquosportliche Veranstaltungenldquo zu beurteilen Es ist unschaumldlich fuumlr die Zweckbetriebseigenschaft dass der Verein mit dem Sportunterricht in Konkurrenz zu gewerblichen Sportlehrern (zB Reitlehrer Skilehrer Tennislehrer Schwimmlehrer) tritt weil sect 67a AO als die speziellere Vorschrift dem sect 65 AO vorgeht Die Beurteilung des Sportunterrichts als sportliche Veranstaltung haumlngt nicht davon ab ob der Unterricht durch Beitraumlge Sonderbeitraumlge oder Sonderentgelte abgegolten wird

6 Der Verkauf von Speisen und Getraumlnken - auch an Wettkampfteilnehmer Schiedsrichter Kampfrichter Sanitaumlter usw - und die Werbung gehoumlren nicht zu den sportlichen Veranstaltungen Diese Taumltigkeiten sind gesonderte steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe Nach sect 64 Abs 2 AO ist es jedoch moumlglich Uumlberschuumlsse aus diesen Betrieben mit Verlusten aus sportlichen Veranstaltungen die steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe sind zu verrechnen

7 Wird fuumlr den Besuch einer sportlichen Veranstaltung die Zweckbetrieb ist mit Bewirtung ein einheitlicher Eintrittspreis bezahlt so ist dieser - ggf im Wege der Schaumltzung - in einen Entgeltsanteil fuumlr den Besuch der sportlichen Veranstaltung und in einen Entgeltsanteil fuumlr die Bewirtungsleistungen aufzuteilen

8 Zur Zulaumlssigkeit einer pauschalen Gewinnermittlung beim steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb bdquoWerbungldquo wird auf Nrn 28 bis 35 des AEAO zu sect 64 hingewiesen

9 Die entgeltliche Uumlbertragung des Rechts zur Nutzung von Werbeflaumlchen in vereinseigenen oder gemieteten Sportstaumltten (zB an der Bande) sowie von Lautsprecheranlagen an Werbeunternehmer ist als steuerfreie Vermoumlgensverwaltung (sect 14 Satz 3 AO) zu beurteilen Voraussetzung ist jedoch dass dem Paumlchter (Werbeunternehmer) ein angemessener Gewinn verbleibt Es ist ohne Bedeutung ob die sportlichen Veranstaltungen bei denen der Werbeunternehmer das erworbene Recht nutzt Zweckbetrieb oder wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb sind

Die entgeltliche Uumlbertragung des Rechts zur Nutzung von Werbeflaumlchen auf der Sportkleidung (zB auf Trikots Sportschuhen Helmen) und auf Sportgeraumlten ist stets als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb zu behandeln

10 Die Unterhaltung von Club-Haumlusern Kantinen Vereinsheimen oder Vereinsgaststaumltten ist keine bdquosportliche Veranstaltungldquo auch wenn diese Einrichtungen ihr Angebot nur an Mitglieder richten

11 Bei Vermietung von Sportstaumltten einschlieszliglich der Betriebsvorrichtungen fuumlr sportliche Zwecke ist zwischen der Vermietung auf laumlngere Dauer und der Vermietung auf kurze Dauer (zB stundenweise Vermietung auch wenn die Stunden fuumlr einen laumlngeren Zeitraum im Voraus festgelegt werden) zu unterscheiden Zur Vermietung oumlffentlicher Schwimmbaumlder an Schwimmvereine und zur Nutzung durch Schulen fuumlr den Schwimmunterricht siehe Nr 13 des AEAO zu sect 67a

12 Die Vermietung auf laumlngere Dauer ist dem Bereich der steuerfreien Vermoumlgensverwaltung zuzuordnen so dass sich die Frage der Behandlung als sportliche Veranstaltung iSd sect 67a AO dort nicht stellt

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Die Vermietung von Sportstaumltten und Betriebsvorrichtungen auf kurze Dauer schafft lediglich die Voraussetzungen fuumlr sportliche Veranstaltungen Sie ist jedoch selbst keine sportliche Veranstaltung sondern ein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb eigener Art Dieser ist als Zweckbetrieb iSd sect 65 AO anzusehen wenn es sich bei den Mietern um Mitglieder des Vereins handelt Bei der Vermietung auf kurze Dauer an Nichtmitglieder tritt der Verein dagegen in groumlszligerem Umfang in Wettbewerb zu nicht beguumlnstigten Vermietern als es bei Erfuumlllung seiner steuerbeguumlnstigten Zwecke unvermeidbar ist (sect 65 Nr 3 AO) Diese Art der Vermietung ist deshalb als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb zu behandeln

13 Durch den Betrieb eines oumlffentlichen Schwimmbads werden gemeinnuumltzige Zwecke (oumlffentliche Gesundheitspflege und Sport) unabhaumlngig davon gefoumlrdert ob das Schwimmbad von einem Verein oder von einer juristischen Person des oumlffentlichen Rechts als Betrieb gewerblicher Art unterhalten wird

Die verschiedenen Taumltigkeiten eines gemeinnuumltzigen Schwimmvereins sind wie folgt zu beurteilen

a) Schulschwimmen

Die Vermietung des Schwimmbads auf laumlngere Dauer an die Traumlger der Schulen ist als Vermoumlgensverwaltung anzusehen Eine Vermietung auf laumlngere Dauer ist in Anlehnung an Abschnitt 4123 Absatz 2 UStAE bei stundenweiser Nutzungsmoumlglichkeit des Schwimmbads durch die Schulen anzunehmen wenn die Nutzung mehr als ein Schulhalbjahr (mindestens sechs Monate) erfolgt Unselbstaumlndige Nebenleistungen des Vereins wie Reinigung des Schwimmbads gehoumlren mit zur Vermoumlgensverwaltung

b) Vereinsschwimmen

Das Vereinsschwimmen und die Durchfuumlhrung von Schwimmkursen sind nach Maszliggabe des sect 67a AO Zweckbetriebe (sportliche Veranstaltungen) Dabei ist es ohne Bedeutung ob die Teilnehmer an den Schwimmkursen Mitglieder des Vereins oder Vereinsfremde sind

c) Jedermannschwimmen

Das Jedermannschwimmen ist insgesamt als Zweckbetrieb iSd sect 65 AO anzusehen wenn die nicht unmittelbar dem Schwimmen dienenden Angebote (zB Sauna Solarium) von untergeordneter Bedeutung sind Schwimmbaumlder die danach als Zweckbetriebe beguumlnstigt sind stehen in keinem schaumldlichen Wettbewerb zu steuerpflichtigen Schwimmbaumldern (sect 65 Nr 3 AO) weil sie idR anders strukturiert sind (so genannte Spaszligbaumlder) und sich ihre Angebote erheblich von dem im Wesentlichen auf das Schwimmen begrenzten Angebot der Vereinsschwimmbaumlder unterscheiden

14 Werden im Zusammenhang mit der Vermietung von Sportstaumltten und Betriebsvorrichtungen auch bewegliche Gegenstaumlnde zB Tennisschlaumlger oder Golfschlaumlger uumlberlassen stellt die entgeltlicheUumlberlassung dieser Gegenstaumlnde ein Hilfsgeschaumlft dar das das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt (BFH-Urteil vom 3032000 V R 3099 BStBl II S 705) Bei der alleinigen Uumlberlassung von Sportgeraumlten zB eines Flugzeugs bestimmt sich die Zweckbetriebseigenschaft danach ob die Sportgeraumlte Mitgliedern oder Nichtmitgliedern des Vereins uumlberlassen werden

15 sect 3 Nr 26 EStG gilt nicht fuumlr Einnahmen die ein nebenberuflicher Uumlbungsleiter etc fuumlr eine Taumltigkeit in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb bdquosportliche Veranstaltungenldquo erhaumllt

16 Werden sportliche Veranstaltungen die im vorangegangenen Veranlagungszeitraum Zweckbetrieb waren zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb oder umgekehrt ist grundsaumltzlich sect 13 Abs 5 KStG anzuwenden

Zu sect 67a Abs 1 AO

17 Bei der Anwendung der Zweckbetriebsgrenze von 45000 euro sind alle Einnahmen der Veranstaltungen zusammenzurechnen die in dem maszliggeblichen Jahr nach den Regelungen der Nrn 1 bis 15 des AEAO zu sect 67a als sportliche Veranstaltungen anzusehen sind Zu diesen Einnahmen gehoumlren insbesondereEintrittsgelder Startgelder Zahlungen fuumlr die Uumlbertragung sportlicher Veranstaltungen in Rundfunk und Fernsehen Lehrgangsgebuumlhren und Abloumlsezahlungen Zum allgemeinen Einnahmebegriff wird auf die Nrn 15 und 16 des AEAO zu sect 64 hingewiesen

18 Die Bezahlung von Sportlern in einem Zweckbetrieb iSd sect 67a Abs 1 Satz 1 AO ist zulaumlssig (sect 58 Nr 8 AO) Dabei ist die Herkunft der Mittel mit denen die Sportler bezahlt werden ohne Bedeutung

19 Die Zahlung von Abloumlsesummen ist in einem Zweckbetrieb iSd sect 67a Abs 1 Satz 1 AO uneingeschraumlnkt zulaumlssig

20 Bei Spielgemeinschaften von Sportvereinen ist - unabhaumlngig von der Qualifizierung der Einkuumlnfte im Feststellungsbescheid fuumlr die Gemeinschaft - bei der Koumlrperschaftsteuerveranlagung der beteiligten Sportvereine zu entscheiden ob ein Zweckbetrieb oder ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb gegeben ist Dabei ist fuumlr die Beurteilung der Frage ob die Zweckbetriebsgrenze des sect 67a Abs 1 Satz 1 AO uumlberschritten wird die Houmlhe der anteiligen Einnahmen (nicht des anteiligen Gewinns) maszliggeblich

Zu sect 67a Abs 2 AO

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21 Ein Verzicht auf die Anwendung des sect 67a Abs 1 Satz 1 AO ist auch dann moumlglich wenn die Einnahmen aus den sportlichen Veranstaltungen die Zweckbetriebsgrenze von 45000 euro nicht uumlbersteigen

22 Die Option nach sect 67a Abs 2 AO kann bis zur Unanfechtbarkeit des Koumlrperschaftsteuerbescheids widerrufen werden Die Regelungen in Abschnitt 192 Abs 2 und 6 UStAE sind entsprechend anzuwenden Der Widerruf ist - auch nach Ablauf der Bindungsfrist - nur mit Wirkung ab dem Beginn eines Kalender- oder Wirtschaftsjahres zulaumlssig

Zu sect 67a Abs 3 AO

23 Verzichtet ein Sportverein gem sect 67a Abs 2 AO auf die Anwendung der Zweckbetriebsgrenze (sect 67a Abs 1 Satz 1 AO) sind sportliche Veranstaltungen ein Zweckbetrieb wenn an ihnen kein bezahlter Sportler des Vereins teilnimmt und der Verein keinen vereinsfremden Sportler selbst oder im Zusammenwirken mit einem Dritten bezahlt Auf die Houmlhe der Einnahmen oder Uumlberschuumlsse dieser sportlichen Veranstaltungen kommt es bei Anwendung des sect 67a Abs 3 AO nicht an Sportliche Veranstaltungen an denen ein oder mehrere Sportler teilnehmen die nach sect 67a Abs 3 Satz 1 Nr 1 oder 2 AO als bezahlte Sportler anzusehen sind sind steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe Es kommt nach dem Gesetz nicht darauf an ob ein Verein eine Veranstaltung von vornherein als steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb angesehen oder ob er - aus welchen Gruumlnden auch immer - zunaumlchst irrtuumlmlich einen Zweckbetrieb angenommen hat

24 Unter Veranstaltungen iSd sect 67a Abs 3 AO sind bei allen Sportarten grundsaumltzlich die einzelnen Wettbewerbe zu verstehen die in engem zeitlichen und oumlrtlichen Zusammenhang durchgefuumlhrt werden Bei einer Mannschaftssportart ist also nicht die gesamte Meisterschaftsrunde sondern jedes einzelne Meisterschaftsspiel die zu beurteilende sportliche Veranstaltung Bei einem Turnier haumlngt es von der Gestaltung im Einzelfall ab ob das gesamte Turnier oder jedes einzelne Spiel als eine sportliche Veranstaltung anzusehen ist Dabei ist von wesentlicher Bedeutung ob fuumlr jedes Spiel gesondert Eintritt erhoben wird und ob die Einnahmen und Ausgaben fuumlr jedes Spiel gesondert ermittelt werden

25 Sportkurse und Sportlehrgaumlnge fuumlr Mitglieder und Nichtmitglieder von Sportvereinen sind bei Anwendung des sect 67a Abs 3 AO als Zweckbetrieb zu behandeln wenn kein Sportler als Auszubildender teilnimmt der wegen seiner Betaumltigung in dieser Sportart als bezahlter Sportler iSd sect 67a Abs 3 AO anzusehen ist Die Bezahlung von Ausbildern beruumlhrt die Zweckbetriebseigenschaft nicht

26 Ist ein Sportler in einem Kalenderjahr als bezahlter Sportler anzusehen sind alle in dem Kalenderjahr durchgefuumlhrten sportlichen Veranstaltungen des Vereins an denen der Sportler teilnimmt ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ist das abweichende Wirtschaftsjahr zugrunde zu legen Es kommt nicht darauf an ob der Sportler die Merkmale des bezahlten Sportlers erst nach Beendigung der sportlichen Veranstaltung erfuumlllt Die Teilnahme unbezahlter Sportler an einer Veranstaltung an der auch bezahlte Sportler teilnehmen hat keinen Einfluss auf die Behandlung der Veranstaltung als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb

27 Die Verguumltungen oder anderen Vorteile muumlssen in vollem Umfang aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben oder von Dritten geleistet werden (sect 67a Abs 3 Satz 3 AO) Eine Aufteilung der Verguumltungen ist nicht zulaumlssig Es ist also zB steuerlich nicht zulaumlssig Verguumltungen an bezahlte Sportler bis zu 400 euro im Monat als Ausgaben des steuerbeguumlnstigten Bereichs und nur die 400 euro uumlbersteigenden Verguumltungen als Ausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs bdquosportliche Veranstaltungenldquo zu behandeln

28 Auch die anderen Kosten muumlssen aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb bdquosportliche Veranstaltungenldquo anderen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben oder von Dritten geleistet werden Dies gilt auch dann wenn an der Veranstaltung neben bezahlten Sportlern auch unbezahlte Sportler teilnehmen Die Kosten eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs bdquosportliche Veranstaltungenldquo sind also nicht danach aufzuteilen ob sie auf bezahlte oder auf unbezahlte Sportler entfallen Etwaiger Aufwandsersatz an unbezahlte Sportler fuumlr die Teilnahme an einer Veranstaltung mit bezahlten Sportlern ist als eine Ausgabe dieser Veranstaltung zu behandeln Aus Vereinfachungsgruumlnden ist es aber nicht zu beanstanden wenn die Aufwandspauschale (vgl Nr 32 des AEAO zu sect 67a) an unbezahlte Sportler nicht als Betriebsausgabe des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs behandelt sondern aus Mitteln des ideellen Bereichs abgedeckt wird

29 Trainingskosten (zB Verguumltungen an Trainer) die sowohl unbezahlte als auch bezahlte Sportler betreffen sind nach den im Einzelfall gegebenen Abgrenzungsmoumlglichkeiten aufzuteilen Als solche kommen beispielsweise in Betracht der jeweilige Zeitaufwand oder - bei gleichzeitigem Training unbezahlter und bezahlter Sportler - die Zahl der trainierten Sportler oder Mannschaften Soweit eine Abgrenzung anders nicht moumlglich ist sind die auf das Training unbezahlter und bezahlter Sportler entfallenden Kosten im Wege der Schaumltzung zu ermitteln

30 Werden bezahlte und unbezahlte Sportler einer Mannschaft gleichzeitig fuumlr eine Veranstaltung trainiert die als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb zu beurteilen ist sind die gesamten Trainingskosten dafuumlr Ausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs Die Vereinfachungsregelung in Nr 28 letzter Satz des AEAO zu sect 67a gilt entsprechend

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31 Sportler des Vereins iSd sect 67a Abs 3 Satz 1 Nr 1 AO sind nicht nur die (aktiven) Mitglieder des Vereins sondern alle Sportler die fuumlr den Verein auftreten zB in einer Mannschaft des Vereins mitwirken Fuumlr Verbaumlnde gilt Nr 38 des AEAO zu sect 67a

32 Zahlungen an einen Sportler des Vereins bis zu insgesamt 400 euro je Monat im Jahresdurchschnitt sind fuumlr die Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft der sportlichen Veranstaltungen - nicht aber bei der Besteuerung des Sportlers - ohne Einzelnachweis als Aufwandsentschaumldigung anzusehen Werden houmlhere Aufwendungen erstattet sind die gesamten Aufwendungen im Einzelnen nachzuweisen Dabei muss es sich um Aufwendungen persoumlnlicher oder sachlicher Art handeln die dem Grunde nach Werbungskosten oder Betriebsausgaben sein koumlnnen

Die Regelung gilt fuumlr alle Sportarten

33 Die Regelung uumlber die Unschaumldlichkeit pauschaler Aufwandsentschaumldigungen bis zu 400 euro je Monat im Jahresdurchschnitt gilt nur fuumlr Sportler des Vereins nicht aber fuumlr Zahlungen an andere Sportler Einem anderen Sportler der in einem Jahr nur an einer Veranstaltung des Vereins teilnimmt kann also nicht ein Betrag bis zu 4800 euro als pauschaler Aufwandsersatz dafuumlr gezahlt werden Vielmehr fuumlhrt in den Faumlllen des sect 67a Abs 3 Satz 1 Nr 2 AO jede Zahlung an einen Sportler die uumlber eine Erstattung des tatsaumlchlichen Aufwands hinausgeht zum Verlust der Zweckbetriebseigenschaft der Veranstaltung

34 Zuwendungen der Stiftung Deutsche Sporthilfe Frankfurt und vergleichbarer Einrichtungen der Sporthilfe an Spitzensportler sind idR als Ersatz von besonderen Aufwendungen der Spitzensportler fuumlr ihren Sport anzusehen Sie sind deshalb nicht auf die zulaumlssige Aufwandspauschale von 400 euro je Monat im Jahresdurchschnitt anzurechnen Weisen Sportler die tatsaumlchlichen Aufwendungen nach so muss sich der Nachweis auch auf die Aufwendungen erstrecken die den Zuwendungen der Stiftung Deutsche Sporthilfe und vergleichbarer Einrichtungen gegenuumlber stehen

35 Bei der Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft einer Sportveranstaltung nach sect 67a Abs 3 AO ist nicht zu unterscheiden ob Verguumltungen oder andere Vorteile an einen Sportler fuumlr die Teilnahme an sich oder fuumlr die erfolgreiche Teilnahme gewaumlhrt werden Entscheidend ist dass der Sportler aufgrund seiner Teilnahme Vorteile hat die er ohne seine Teilnahme nicht erhalten haumltte Auch die Zahlung eines Preisgeldes das uumlber eine Aufwandsentschaumldigung hinausgeht begruumlndet demnach einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb

36 Bei einem so genannten Spielertrainer ist zu unterscheiden ob er fuumlr die Trainertaumltigkeit oder fuumlr die Ausuumlbung des Sports Verguumltungen erhaumllt Wird er nur fuumlr die Trainertaumltigkeit bezahlt oder erhaumllt er fuumlr die Taumltigkeit als Spieler nicht mehr als den Ersatz seiner Aufwendungen (vgl Nr 32 des AEAO zu sect 67a) ist seine Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen unschaumldlich fuumlr die Zweckbetriebseigenschaft

37 Unbezahlte Sportler werden wegen der Teilnahme an Veranstaltungen mit bezahlten Sportlern nicht selbst zu bezahlten Sportlern Die Ausbildung dieser Sportler gehoumlrt nach wie vor zu der steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit eines Sportvereins es sei denn sie werden zusammen mit bezahlten Sportlern fuumlr eine Veranstaltung trainiert die ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb ist (vgl Nr 30 des AEAO zu sect 67a)

38 Sportler die einem bestimmten Sportverein angehoumlren und die nicht selbst unmittelbar Mitglieder eines Sportverbandes sind werden bei der Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft von Veranstaltungen des Verbandes als andere Sportler iSd sect 67a Abs 3 Satz 1 Nr 2 AO angesehen Zahlungen der Vereine an Sportler im Zusammenhang mit sportlichen Veranstaltungen der Verbaumlnde (zB Laumlnderwettkaumlmpfe) sind in diesen Faumlllen als bdquoZahlungen von Dritten im Zusammenwirken mit dem Vereinldquo (hier Verband) zu behandeln

39 Abloumlsezahlungen die einem steuerbeguumlnstigten Sportverein fuumlr die Freigabe von Sportlern zuflieszligen beeintraumlchtigen seine Gemeinnuumltzigkeit nicht Die erhaltenen Betraumlge zaumlhlen zu den Einnahmen aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb bdquosportliche Veranstaltungenldquo wenn der den Verein wechselnde Sportler in den letzten zwoumllf Monaten vor seiner Freigabe bezahlter Sportler iSd sect 67a Abs 3 Satz 1 Nr 1 AO war Ansonsten gehoumlren sie zu den Einnahmen aus dem Zweckbetrieb bdquosportliche Veranstaltungenldquo

40 Zahlungen eines steuerbeguumlnstigten Sportvereins an einen anderen (abgebenden) Verein fuumlr dieUumlbernahme eines Sportlers sind unschaumldlich fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit des zahlenden Vereins wenn sieaus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben fuumlr die Uumlbernahme eines Sportlers gezahlt werden der beim aufnehmenden Verein in den ersten zwoumllf Monaten nach dem Vereinswechsel als bezahlter Sportler iSd sect 67a Abs 3 Satz 1 Nr 1 AO anzusehen ist Zahlungen fuumlr einen Sportler der beim aufnehmenden Verein nicht als bezahlter Sportler anzusehen ist sind bei Anwendung des sect 67a Abs 3 AO nur dann unschaumldlich fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit des zahlenden Vereins wenn lediglich die Ausbildungskosten fuumlr den den Verein wechselnden Sportler erstattet werden Eine derartige Kostenerstattung kann bei Zahlungen bis zur Houmlhe von 2557 euro je Sportler ohne weiteres angenommen werden Bei houmlheren Kostenerstattungen sind saumlmtliche Ausbildungskosten im Einzelfall nachzuweisenDie Zahlungen mindern nicht den Uumlberschuss des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs bdquosportliche Veranstaltungenldquo

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Zur steuerlichen Behandlung von Abloumlsezahlungen bei Anwendung der Zweckbetriebsgrenze des sect 67a Abs 1 Satz 1 AO vgl Nrn 17 und 19 des AEAO zu sect 67a

AEAO zu sect 68 - Einzelne Zweckbetriebe

Allgemeines

1 sect 68 AO enthaumllt einen gesetzlichen Katalog einzelner Zweckbetriebe und geht als spezielle Norm der Regelung des sect 65 AO vor (BFH-Urteil vom 462003 I R 2502 BStBl 2004 II S 660) Die beispielhafte Aufzaumlhlung von Betrieben die ihrer Art nach Zweckbetriebe sein koumlnnen gibt wichtige Anhaltspunkte fuumlr die Auslegung der Begriffe Zweckbetrieb (sect 65 AO) im Allgemeinen und Einrichtungen der Wohlfahrtspflege (sect 66 AO) im Besonderen

Zu sect 68 Nr 1 AO

2 Wegen der Begriffe bdquoAlten- Altenwohn- und Pflegeheimeldquo Hinweis auf sect 1 des Heimgesetzes Eine fuumlr die Allgemeinheit zugaumlngliche Cafeteria ist ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb Soweit eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft Leistungen im Rahmen der haumluslichen Pflege erbringt liegt idR ein Zweckbetrieb nach sect 66 AO vor (vgl Nr 4 des AEAO zu sect 66)

3 Bei Kindergaumlrten Kinder- Jugend- und Studentenheimen sowie bei Schullandheimen und Jugendherbergen muumlssen die gefoumlrderten Personen die Voraussetzungen nach sect 53 AO nicht erfuumlllen Jugendherbergen verlieren ihre Zweckbetriebseigenschaft nicht wenn auszligerhalb ihres satzungsmaumlszligigen Zwecks der Umfang der Beherbergung alleinreisender Erwachsener 10 der Gesamtbeherbergungen nicht uumlbersteigt (BFH-Urteil vom 1811995 V R 139 14292 BStBl II S 446)

Zu sect 68 Nr 2 AO

4 Von sect 68 Nr 2 Buchstabe b AO werden nur solche Selbstversorgungseinrichtungen umfasst die den darin genannten Handwerksbetrieben vergleichbar sind Werden auch Leistungen gegenuumlber Auszligenstehenden erbracht sind nur solche Einrichtungen der steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft beguumlnstigt die nicht regelmaumlszligig ausgelastet sind und deshalb gelegentlich auch Leistungen an Auszligenstehende erbringen nicht aber solche die uumlber Jahre hinweg Leistungen an Auszligenstehende ausfuumlhren und hierfuumlr auch personell entsprechend ausgestattet sind (vgl BFH-Urteil vom 2912009 V R 4606 BStBl II S 560 und BMF-Schreiben vom 1242011 BStBl I S 538) Auszligenstehende im Sinne dieser Regelung sind auch Arbeitnehmer der Koumlrperschaft Bei Lieferungen und Leistungen an Auszligenstehende tritt die Koumlrperschaft mit Dritten in Leistungsbeziehung Solange der Umfang dieser Geschaumlfte an Dritte hierzu gehoumlren auch Leistungsempfaumlnger die selbst eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft iSd sect 68 Nr 2 AO sind (BFH-Urteil vom 18101990 V R 3585 BStBl 1991 II S 157) nicht mehr als 20 der gesamten Lieferungen und Leistungen der beguumlnstigten Koumlrperschaft ausmachen bleibt die Zweckbetriebseigenschaft erhalten

Zu sect 68 Nr 3 AO

5 Der Begriff bdquoWerkstatt fuumlr behinderte Menschenldquo bestimmt sich nach sect 136 SGB IX Werkstaumltten fuumlr behinderte Menschen beduumlrfen der foumlrmlichen Anerkennung Anerkennungsbehoumlrde ist die Bundesagentur fuumlr Arbeit die im Einvernehmen mit dem uumlberoumlrtlichen Traumlger der Sozialhilfe uumlber die Anerkennung einer Einrichtung als Werkstatt fuumlr behinderte Menschen durch Anerkennungsbescheid entscheidet (sect 142 SGB IX)

Laumlden oder Verkaufsstellen von Werkstaumltten fuumlr behinderte Menschen sind grundsaumltzlich als Zweckbetriebe zu behandeln wenn dort Produkte verkauft werden die von der - den Laden oder die Verkaufsstelle betreibenden - Werkstatt fuumlr behinderte Menschen oder einer anderen Werkstatt fuumlr behinderte Menschen iSd sect 68 Nr 3a AO hergestellt worden sind Werden von dem Laden oder der Verkaufsstelle der Werkstatt fuumlr behinderte Menschen auch zugekaufte Waren die nicht von ihr oder von anderen Werkstaumltten fuumlr behinderte Menschen hergestellt worden sind weiterverkauft liegt insoweit ein gesonderter steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb vor

Zu den Zweckbetrieben gehoumlren auch die von den Traumlgern der Werkstaumltten fuumlr behinderte Menschen betriebenen Kantinen weil die besondere Situation der behinderten Menschen auch waumlhrend der Mahlzeiten eine Betreuung erfordert

6 Integrationsprojekte iSd sect 132 SGB IX sind rechtlich und wirtschaftlich selbstaumlndige Unternehmen (Integrationsunternehmen) oder unternehmensinterne oder von oumlffentlichen Arbeitgebern iSd sect 73 Abs 3 SGB IX gefuumlhrte Betriebe (Integrationsbetriebe) oder Abteilungen (Integrationsabteilungen) zur Beschaumlftigung schwerbehinderter Menschen deren Teilhabe an einer sonstigen Beschaumlftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstaumlnde voraussichtlich auf besondere Schwierigkeiten stoumlszligt Waumlhrend Integrationsprojekte iSd sect 132 SGB IX mindestens 25 und houmlchstens 50 besonders betroffene schwerbehinderte Menschen beschaumlftigen sollen um sozialrechtlich als Integrationsprojekt anerkannt werden zu koumlnnen bedarf es fuumlr die steuerliche Eignung als Zweckbetrieb nach sect 68 Nr 3 Buchstabe c AO einer Beschaumlftigungsquote von mindestens 40 dieser Personengruppe Fuumlr Integrationsprojekte wird anders als bei Werkstaumltten

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fuumlr behinderte Menschen kein foumlrmliches Anerkennungsverfahren durchgefuumlhrt Als Nachweis fuumlr die Eigenschaft als Integrationsprojekt dient der Bescheid des zustaumlndigen Integrationsamtes uumlber erbrachte Leistungen nach sect 134 SGB IX (Leistungsbescheid) Zusaumltzlich ist fuumlr die steuerliche Beurteilung als Integrationsprojekt nach sect 68 Nr 3 Buchstabe c AO eine Beschaumlftigungsquote von mindestens 40 der o g Personengruppe nachzuweisen Die Beschaumlftigungsquote wird nach den Grundsaumltzen des sect 75 SGB IX berechnet Es werden also grundsaumltzlich nur die Beschaumlftigten des Integrationsprojektes beruumlcksichtigt die auf Arbeitsplaumltzen iSd sect 73 SGB IX beschaumlftigt sind (siehe sect 75 Abs 1 SGB IX) Teilzeitbeschaumlftigte die mit einer woumlchentlichen Arbeitszeit von weniger als 18 Stunden beschaumlftigt sind sind damit nicht beruumlcksichtigungsfaumlhig es sei denn die (geringere) Teilzeitbeschaumlftigung ist auf Grund der Art und Schwere der Behinderung notwendig (sect 75 Abs2 Satz 3 SGB IX) Ein uumlber diese Grenze hinausgehend Teilzeitbeschaumlftigter wird voll angerechnet Verfuumlgt ein Integrationsprojekt uumlber wenigstens 20 Arbeitsplaumltze und ist damit beschaumlftigungspflichtig (vgl sect 71 Abs 1 SGB IX) kann das Vorliegen der Voraussetzungen der 40-Quote uumlber die Anzeige nach sect 80 Abs 2 SGB IX gefuumlhrt werden

7 Zusaumltzliche Beschaumlftigungsmoumlglichkeiten fuumlr (schwer-)behinderte Menschen schaffen Handelsbetriebe die als wohnortnahe Einzelhandelsgeschaumlfte beispielsweise mit einem Lebensmittelvollsortiment und entsprechendem Einsatz von Fachpersonal betrieben werden Mit dieser Beschaumlftigungsform soll behinderten Menschen eine Moumlglichkeit zur Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch auszligerhalb von Werkstaumltten fuumlr behinderte Menschen geboten werden

Handelsbetriebe die keine Laumlden oder Verkaufsstellen von Werkstaumltten fuumlr behinderte Menschen iSd Nr 5 darstellen koumlnnen als Integrationsprojekt (vgl Nr 6 des AEAO zu sect 68) oder als zusaumltzlicher Arbeitsbereich zusaumltzlicher Betriebsteil oder zusaumltzliche Betriebsstaumltte einer (anerkannten) Werkstatt fuumlr behinderte Menschen gegruumlndet werden Im letzteren Fall muss die Werkstatt fuumlr behinderte Menschen bei den Anerkennungsbehoumlrden (sect 142 SGB IX) die Erweiterung der anerkannten Werkstatt um den zusaumltzlichen Arbeitsbereich den Betriebsteil oder die zusaumltzliche Betriebsstaumltte bdquoHandelsbetriebldquo anzeigen und um deren Einbeziehung in die Anerkennung nach sect 142 SGB IX ersuchen Die Anerkennungsbehoumlrden pruumlfen ob die anerkannte Werkstatt fuumlr behinderte Menschen auch mit einer solchen Erweiterung insgesamt noch die Anerkennungsvoraussetzungen als Werkstatt fuumlr behinderte Menschen nach sect 142 SGB IX erfuumlllt

Handelsbetriebe die von den Sozialbehoumlrden als Integrationsprojekte gefoumlrdert werden stellen grundsaumltzlich einen steuerbeguumlnstigten Zweckbetrieb nach sect 68 Nr 3 Buchstabe c AO dar wenn die Beschaumlftigungsquote von 40 der Personengruppe erreicht ist

Die von den Sozialbehoumlrden vorgenommene sozialrechtliche Einordnung dieser Handelsbetriebe als Teil einer Werkstatt fuumlr behinderte Menschen (sect 68 Nr 3 Buchstabe a AO) oder als Integrationsprojekt (sect 68 Nr 3 Buchstabe c AO) soll von der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde regelmaumlszligig uumlbernommen werden Dem zustaumlndigen Finanzamt obliegt aber die abschlieszligende rechtsverbindliche Entscheidung im Einzelfall Dabei kommt den Bescheiden der Sozialbehoumlrden (Anerkennungsbescheid nach sect 142 SGB IX bzw Bescheid uumlber erbrachte Leistungen nach sect 134 SGB IX) grundsaumltzlich Tatbestandswirkung zu Die Bescheide stellen aber keine Grundlagenbescheide iSv sect 171 Abs 10 AO dar

8 Einrichtungen fuumlr Beschaumlftigungs- und Arbeitstherapie die der Eingliederung von behinderten Menschen dienen sind besondere Einrichtungen in denen eine Behandlung von behinderten Menschen aufgrund aumlrztlicher Indikationen erfolgt Waumlhrend eine Beschaumlftigungstherapie ganz allgemein das Ziel hat koumlrperliche oder psychische Grundfunktionen zum Zwecke der Wiedereingliederung in das Alltagsleben wiederherzustellen zielt die Arbeitstherapie darauf ab die besonderen Faumlhigkeiten und Fertigkeiten auszubilden zu foumlrdern und zu trainieren die fuumlr eine Teilnahme am Arbeitsleben erforderlich sind Beschaumlftigungs- und Arbeitstherapie sind vom medizinischen Behandlungszweck gepraumlgt und erfolgen regelmaumlszligig auszligerhalb eines Beschaumlftigungsverhaumlltnisses zum Traumlger der Therapieeinrichtung Ob eine entsprechende Einrichtung vorliegt ergibt sich aufgrund der Vereinbarungen uumlber Art und Umfang der Heilbehandlung und Rehabilitation zwischen dem Traumlger der Einrichtung und den Leistungstraumlgern

Zu sect 68 Nr 4 AO

9 Beguumlnstigte Einrichtungen sind insbesondere Werkstaumltten die zur Fuumlrsorge von blinden und koumlrperbehinderten Menschen unterhalten werden

Zu sect 68 Nr 6 AO

10 Lotterien und Ausspielungen sind ein Zweckbetrieb wenn sie von den zustaumlndigen Behoumlrden genehmigt sind oder nach den jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen wegen des geringen Umfangs der Ausspielung oder Lotterieveranstaltung per Verwaltungserlass pauschal als genehmigt gelten Die sachlichen Voraussetzungen und die Zustaumlndigkeit fuumlr die Genehmigung bestimmen sich nach den lotterierechtlichen Verordnungen der Laumlnder Der Gesetzeswortlaut laumlsst es offen in welchem Umfang solche Lotterien veranstaltet werden duumlrfen Da eine besondere Einschraumlnkung fehlt ist auch eine umfangreiche Taumltigkeit so lange unschaumldlich als die allgemein durch das Gesetz gezogenen Grenzen nicht uumlberschritten werden Die jaumlhrliche Organisation einer Tombola durch eine Mittelbeschaffungskoumlrperschaft ist im Rahmen der Gesamtbetrachtung selbst dann als

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steuerbeguumlnstigter Zweckbetrieb nach sect 68 Nr 6 AO zu beurteilen wenn die Koumlrperschaft die Mittel uumlberwiegend aus der Ausrichtung der Tombola erzielt

11 Zur Ermittlung des Reinertrags duumlrfen den Einnahmen aus der Lotterieveranstaltung oder Ausspielung nur die unmittelbar damit zusammenhaumlngenden Ausgaben gegenuumlbergestellt werden Fuumlhrt eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft eine Lotterieveranstaltung durch die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz nicht genehmigungsfaumlhig ist zB eine Ausspielung anlaumlsslich einer geselligen Veranstaltung handelt es sich insoweit nicht um einen Zweckbetrieb nach sect 68 Nr 6 AO

Zu sect 68 Nr 7 AO

12 Wegen der Breite des Spektrums die die Foumlrderung von Kunst und Kultur umfasst ist die im Gesetz enthaltene Aufzaumlhlung der kulturellen Einrichtungen nicht abschlieszligend

13 Kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen iSd sect 68 Nr 7 AO koumlnnen nur vorliegen wenn die Foumlrderung der Kultur Satzungszweck der Koumlrperschaft ist Sie sind stets als Zweckbetrieb zu behandeln Das BFH-Urteil vom 451994 XI R 10990 BStBl II S 886 zu sportlichen Darbietungen eines Sportvereins (vgl Nr 3 des AEAO zu sect67a) gilt fuumlr kulturelle Darbietungen entsprechend Demnach liegt auch dann eine kulturelle Veranstaltung der Koumlrperschaft vor wenn diese eine Darbietung kultureller Art im Rahmen einer Veranstaltung praumlsentiert die nicht von der Koumlrperschaft selbst organisiert wird und die ihrerseits keine kulturelle Veranstaltung iSd sect 68 Nr 7 AO darstellt Wenn zB ein steuerbeguumlnstigter Musikverein der der Foumlrderung der volkstuumlmlichen Musik dient gegen Entgelt im Festzelt einer Brauerei ein volkstuumlmliches Musikkonzert darbietet gehoumlrt der Auftritt des Musikvereins als kulturelle Veranstaltung zum Zweckbetrieb

14 Der Verkauf von Speisen und Getraumlnken und die Werbung bei kulturellen Veranstaltungen gehoumlren nicht zu dem Zweckbetrieb Diese Taumltigkeiten sind gesonderte wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe Wird fuumlr den Besuch einer kulturellen Veranstaltung mit Bewirtung ein einheitliches Entgelt entrichtet so ist dieses - ggf im Wege der Schaumltzung - in einen Entgeltsanteil fuumlr den Besuch der Veranstaltung (Zweckbetrieb) und fuumlr die Bewirtungsleistungen (wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb) aufzuteilen

Zu sect 68 Nr 9 AO

15 Auf das BMF-Schreiben vom 2291999 BStBl I S 944 wird verwiesen Abweichend von Tz I5 letzter Satz des genannten BMF-Schreibens kann bei einer Forschungseinrichtung auf die sect 68 Nr 9 AO anzuwenden ist deren Traumlger die Finanzierungsvoraussetzungen der Vorschrift jedoch nicht erfuumlllt nicht zwingend davon ausgegangen werden dass sie in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt Nach den Grundsaumltzen des BFH-Urteils vom 442007 I R 7605 BStBl II S 631 ist unter Beruumlcksichtigung der gesamten Umstaumlnde des Einzelfalls zu pruumlfen ob sich die Auftragsforschung von der steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit trennen laumlsst Ist in diesem Fall die Auftragsforschung von untergeordneter Bedeutung kann der Traumlger der Einrichtung nach sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG gleichwohl steuerbefreit sein und die Auftragsforschung lediglich einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb (sect 64 AO) darstellen Die Steuerbefreiung nach sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG geht nur dann verloren wenn die Auftragsforschung als eigenstaumlndiger Zweck neben die Eigenforschung (Grundlagenforschung) tritt und somit gegen das Gebot der Ausschlieszliglichkeit des sect 56 AO verstoszligen wird

AEAO zu sect 69 - Haftung der Vertreter

1 Bevollmaumlchtigte Beistaumlnde und Vertreter (sectsect 80 und 81 AO) haften nur wenn sie gleichzeitig Vertreter oder Verfuumlgungsberechtigte iSd sectsect 34 und 35 AO (zB Vermoumlgensverwalter Konkursverwalter Insolvenzverwalter Testamentsvollstrecker) sind

2 Die Haftung wird durch Erlass eines Haftungsbescheids gem sect 191 AO geltend gemacht Wegen der Einwendungen des Haftenden gegen den urspruumlnglichen Steuerbescheid Hinweis auf sect 166 AO wegen des Leistungsgebots vgl AEAO zu sect 219 wegen der Verpflichtung zur Anhoumlrung der zustaumlndigen Berufskammern vgl AEAO zu sect 191

AEAO zu sect 70 - Haftung des Vertretenen

Die Vorschrift hat vor allem Bedeutung auf dem Gebiet des Zoll- und Verbrauchsteuerrechts im Bereich der Besitz- und Verkehrsteuern kommt ihre Anwendung insbesondere bei Abzugsteuern in Betracht Fuumlr Handlungen eines Arbeitnehmers wird nur gehaftet wenn dieser zu dem in den sectsect 34 und 35 AO genannten Personenkreis gehoumlrt

AEAO zu sect 71 - Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers

Die fuumlr den Erlass des Haftungsbescheids zustaumlndige Stelle der Finanzbehoumlrde hat im Einvernehmen mit der fuumlr Straf- und Buszliggeldsachen zustaumlndigen Stelle zu pruumlfen ob der objektive und subjektive Tatbestand der einschlaumlgigen Strafvorschrift gegeben ist Eine vorherige strafgerichtliche Verurteilung ist nicht erforderlich Ebenso wenig sind Selbstanzeige (sect 371 AO) Eintritt der Strafverfolgungsverjaumlhrung oder sonstige

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Verfahrenshindernisse von Bedeutung An Entscheidungen im strafgerichtlichen Verfahren ist die Finanzbehoumlrde nicht gebunden (BFH-Urteil vom 10101972 VII R 11769 BStBl 1973 II S 68)

AEAO zu sect 73 - Haftung bei Organschaft

1 Die Haftung bezieht sich auf die Steuern fuumlr die die Organschaft gilt Besteht zB nur hinsichtlich der Umsatzsteuer Organschaft so erstreckt sich die Haftung der Tochtergesellschaft nicht auch auf die Koumlrperschaftsteuer oder Gewerbesteuer der Muttergesellschaft

2 Ob eine Organschaft vorliegt richtet sich nach dem jeweiligen Steuergesetz das fuumlr die einzelne Steuer von Bedeutung ist (zB sect 14 KStG sect 2 Abs 2 Nr 2 UStG sect 2 Abs 2 GewStG)

AEAO zu sect 74 - Haftung des Eigentuumlmers von Gegenstaumlnden

1 Der Eigentuumlmer der Gegenstaumlnde haftet persoumlnlich aber beschraumlnkt auf die dem Unternehmen zur Verfuumlgung gestellten Gegenstaumlnde Das Haftungsobjekt ist dabei nicht auf den (im Zeitpunkt der Haftungsinanspruchnahme noch) im Eigentum des Beteiligten stehenden Gegenstand beschraumlnkt sondern umfasst auch ein dafuumlr ggf erhaltenes Surrogat (Veraumluszligerungserloumls Schadenersatz Tauschgegenstand oAuml) wenn der Gegenstand im Zeitraum der Steuerschuldentstehung dem Unternehmen gedient hat (vgl BFH-Urteil vom 22112011 VII R 6310 BStBl 2012 II S 223) Gegenstand der Haftung koumlnnen auch immaterielle Wirtschaftsguumlter sein wenn in dieses Vermoumlgen vollstreckt werden kann (BFH-Urteil vom 2352012 VII R 2810 BStBl II S 763)

Zur Haftung wenn der Gegenstand nicht im Eigentum des Haftenden sondern im Eigentum einer Gesellschaft steht an der der Haftende beteiligt ist vgl BFH-Urteile vom 10111983 V R 1879 BStBl 1984 II S 127 (GbR) und vom 2352012 VII R 2810 BStBl 2012 II S 763 (KG)

2 Der Eigentuumlmer haftet fuumlr die Steuern und Anspruumlche auf Erstattung von Steuerverguumltungen bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gruumlndet und die waumlhrend des Bestehens der wesentlichen Beteiligung entstanden sind auf die Faumllligkeit kommt es nicht an Hierzu gehoumlren die Steuern bzw Anspruumlche fuumlr die der in den Einzelsteuergesetzen bezeichnete Tatbestand an den Betrieb eines Unternehmens geknuumlpft ist (zB Umsatzsteuer - auch bei Eigenverbrauch - Gewerbesteuer Verbrauchsteuer bei Herstellungsbetrieben Ruumlckforderung von Investitionszulage) nicht dagegen zB Personensteuern (zB Einkommen- Koumlrperschaft- und Erbschaftsteuer) Zoumllle Abschoumlpfungen oder Steuerabzugsbetraumlge (zB Lohnsteuer) Die Haftung erstreckt sich nicht auf die steuerlichen Nebenleistungen (sect 3 Abs 4 AO)

3 Eine wesentliche Beteiligung liegt auch dann vor wenn der betroffene Eigentuumlmer nur mittelbar zB uumlber eine Tochtergesellschaft oder einen Treuhaumlnder beteiligt ist

4 Einer wesentlichen Beteiligung steht es gleich wenn jemand ohne entsprechende Vermoumlgensbeteiligung auf das Unternehmen einen beherrschenden Einfluss tatsaumlchlich und in einer Weise ausuumlbt die dazu beitraumlgt dass faumlllige Betriebsteuern nicht entrichtet werden es genuumlgt nicht wenn eine Person nur die Moumlglichkeit hat beherrschenden Einfluss auszuuumlben

AEAO zu sect 75 - Haftung des Betriebsuumlbernehmers

Inhaltsuumlbersicht

1 Art der Haftung

2 Haftungsschuldner

3 Haftungstatbestand

31 Uumlbereignung eines Unternehmens oder gesondert gefuumlhrten Betriebes

32 Uumlbereignung der wesentlichen Betriebsgrundlagen

33 Lebendes Unternehmen

34 Haftungsausschluss fuumlr Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und im Vollstreckungsverfahren

4 Umfang der Haftung

41 Sachliche Beschraumlnkung

42 Zeitliche Beschraumlnkung

43 Gegenstaumlndliche Beschraumlnkung der Haftung

5 Verjaumlhrung

6 Auskunftserteilung bei Betriebsuumlbernahme

1 Art der Haftung

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sect 75 AO begruumlndet eine persoumlnliche keine dingliche Haftung die jedoch ihrem Gegenstand nach auf den Bestand des uumlbereigneten Unternehmens bzw Teilbetriebes beschraumlnkt ist

2 Haftungsschuldner

Haftungsschuldner ist der an der Geschaumlftsveraumluszligerung beteiligte Erwerber Als Erwerber kommt jeder in Betracht der Traumlger von Rechten und Pflichten sein kann

3 Haftungstatbestand

Haftungstatbestand ist die Uumlbereignung eines Unternehmens oder eines in der Gliederung eines Unternehmens gesondert gefuumlhrten Betriebes im Ganzen

31 Uumlbereignung eines Unternehmens oder gesondert gefuumlhrten Betriebes

Unternehmen ist jede wirtschaftliche Einheit oder organisatorische Zusammenfassung persoumlnlicher oder sachlicher Mittel zur Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke dh ein Unternehmen iSd sect 2 Abs 1 UStG (BFH-Urteile vom 1451970 V R 11766 BStBl II S 676 vom 28111973 I R 12971 BStBl 1974 II S 145 vom 27111979 VII R 1279 BStBl 1980 II S 258 vom 1151993 VII R 8692 BStBl II S 700 und vom 731996 VII B 24295 BFHNV S 726)

Ein gesondert gefuumlhrter Betrieb iSd sect 75 AO ist ein mit gewisser Selbstaumlndigkeit ausgestatteter organisch geschlossener Teil eines Gesamtbetriebes der fuumlr sich allein lebensfaumlhig ist Fehlt es hieran so kommt eine Haftung - ohne Ruumlcksicht auf den Umfang der uumlbernommenen Wirtschaftsguumlter - nicht in Betracht (BFH-Urteile vom 1531984 IV R 18981 BStBl II S 486 vom 3121985 VII R 18683 BFHNV 1986 S 315 und vom 2941993 IV R 8892 BFHNV 1994 S 694) Ob ein Betriebsteil die fuumlr die Annahme eines gesondert gefuumlhrten Betriebes erforderliche Selbstaumlndigkeit besitzt ist nach dem Gesamtbild der Verhaumlltnisse zu entscheiden Als Abgrenzungsmerkmale sind ua von Bedeutung Raumlumliche Trennung vom Hauptbetrieb gesonderte Buchfuumlhrung eigenes Personal eigene Verwaltung selbstaumlndige Organisation eigenes Anlagevermoumlgen ungleichartige betriebliche Taumltigkeit und eigener Kundenstamm Diese Merkmale die nicht saumlmtlich vorliegen muumlssen haben unterschiedliches Gewicht je nachdem ob es sich um einen Handels- Dienstleistungs- oder Fertigungsbetrieb handelt (vgl BFH-Urteile vom 23111988 X R 186 BStBl 1989 II S 376 und vom 2941993 IV R 8892 aaO) Bei Einzelhandelsfilialen reicht es fuumlr die Annahme eines gesondert gefuumlhrten Betriebes regelmaumlszligig nicht aus dass die Filiale vom Hauptbetrieb raumlumlich getrennt ist und uumlber eigenes Personal eine selbstaumlndige Kassenfuumlhrung und einen eigenen Kundenkreis verfuumlgt Es muss hinzukommen dass die Filiale uumlber selbstaumlndige Wareneinkaufsbeziehungen und eine selbstaumlndige Preisgestaltung verfuumlgt (BFH-Urteile vom 1291979 I R 14676 BStBl 1980 II S 51 vom 1221992 XI R 2190 BFHNV S 516 und vom 2941993 IV R 8892 aaO)

32 Uumlbereignung der wesentlichen Betriebsgrundlagen

Die Uumlbereignung des Unternehmens im Ganzen setzt voraus dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen von dem Veraumluszligerer auf den Erwerber dergestalt uumlbergehen dass dieser in der Lage ist wirtschaftlich wie ein Eigentuumlmer daruumlber zu verfuumlgen und so das Unternehmen fortzufuumlhren (BFH-Urteile vom 1831986 VII R 14681 BStBl II S 589 und vom 10121991 VII R 5789 BFHNV 1992 S 712) Welche Wirtschaftsguumlter wesentliche Betriebsgrundlage sind haumlngt letztendlich von der Art des Betriebes ab und ist nach den Umstaumlnden des Einzelfalls zu entscheiden in Betracht kommen zB Geschaumlftsgrundstuumlcke -raumlume und -einrichtung das Warenlager Maschinen Nutzungs- und Gebrauchsrechte oder der Kundenstamm Maszliggeblich ist das tatsaumlchliche Ergebnis der Uumlbertragung nicht etwa vertraglich getroffene Vereinbarungen (BFH-Urteil vom 23101985 VII R 14281 BFHNV 1986 S 381) Eine Haftung kommt nicht in Betracht sofern der fruumlhere Betriebsinhaber eine wesentliche Betriebsgrundlage zuruumlckbehaumllt und spaumlter uumlbereignet (BFH-Urteil vom 681985 VII R 18982 BStBl II S 651)

Eine Betriebsuumlbereignung iSd sect 75 AO setzt bei Grundstuumlcken die zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens gehoumlren und im Eigentum des Betriebsinhabers stehen voraus dass sie nach den Vorschriften des BGB an den Erwerber uumlbereignet werden Die Vermietung oder Verpachtung eines solchen Grundstuumlcks durch den fruumlheren Betriebsinhaber an den fortfuumlhrenden Unternehmer vermag die Haftung nicht zu begruumlnden (BFH-Urteile vom 1831986 VII R 14681 BStBl II S 589 und vom 29101985 VII R 19482 BFHNV 1987 S 358) Das Gleiche gilt wenn der fruumlhere Unternehmer den ihm gehoumlrenden Haumllfteanteil des Betriebsgrundstuumlcks als wesentliche Grundlage des Betriebes nicht an die als Haftungsschuldner in Betracht kommende GmbH sondern an deren Alleingesellschafter und alleinigen Geschaumlftsfuumlhrer uumlbereignet (BFH-Urteil vom 1631982 VII R 10579 BStBl II S 483)

Umfassen die wesentlichen Betriebsgrundlagen Wirtschaftsguumlter die nicht im buumlrgerlich-rechtlichen Sinne uumlbereignet werden koumlnnen (zB Erfahrungen Geheimnisse Beziehungen zu Kunden Lieferanten und Mitarbeitern) genuumlgt es wenn diese lediglich im wirtschaftlichen Sinne uumlbereignet werden so dass der Erwerber ein eigentuumlmeraumlhnliches Herrschaftsverhaumlltnis erlangt (BFH-Urteile vom 27111979 VII R 1279 BStBl 1980 II S 258 vom 1631982 VII R 10579 BStBl II S 483 und vom 351994 VII B 26593 BFHNV S 762)

Gehoumlren zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen auch Nutzungsrechte zB Miet- oder Pachtrechte die nicht nach buumlrgerlich-rechtlichen Grundsaumltzen uumlbereignet werden koumlnnen so reicht es fuumlr die

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Uumlbertragung solcher Rechte aus dass der Betriebsuumlbernehmer unter Mitwirkung des bisherigen Betriebsinhabers mit dem Vermieter oder Verpaumlchter einen entsprechenden Nutzungsvertrag abschlieszligt Fuumlr die Mitwirkung des bisherigen Betriebsinhabers ist es ausreichend wenn dieser in irgendeiner tatsaumlchlichen Art und Weise in den Abschluss des neuen Nutzungsvertrages eingeschaltet war sei es dass er den Eintritt des Betriebsuumlbernehmers in den alten Vertrag oder den Neuabschluss des Nutzungsvertrages initiierte vermittelte befuumlrwortete oder auch nur billigte (BFH-Urteil vom 2121989 VII R 16485 BFHNV S 617 und BFH-Beschluss vom 1951998 VII B 28197 BFHNV 1999 S 4)

Ein auf fremdem Grundstuumlck unterhaltener Betrieb ist erst dann uumlbereignet wenn der Pachtvertrag mit dem Grundstuumlckseigentuumlmer auf den Erwerber uumlbergeleitet ist Dies gilt auch dann wenn andere Betriebsgrundlagen bereits vorher auf den Erwerber uumlbergegangen sind (BFH-Urteil vom 1721988 VII R 9785 BFHNV S 755)

Fuumlr die Haftung des Betriebsuumlbernehmers kommt es nur darauf an dass das wirtschaftliche Eigentum an den wesentlichen Betriebsgrundlagen dh die Moumlglichkeit uumlber den Einsatz der Gegenstaumlnde allein entscheiden zu koumlnnen vom bisherigen Unternehmer auf den Erwerber uumlbergeht Die Haftung des Betriebsuumlbernehmers kommt daher auch dann in Betracht wenn der Erwerber das wirtschaftliche Herrschaftsverhaumlltnis uumlber im fremden Sicherungseigentum stehendes Betriebsvermoumlgen durch Vereinbarung mit dem bisherigen Unternehmer erlangt (BFH-Urteil vom 2291992 VII R 73-7491 BFHNV 1993 S 215) Eine Haftung des Betriebsuumlbernehmers scheidet dagegen aus wenn der Erwerber das (wirtschaftliche) Eigentum durch Erwerb vom Sicherungsnehmer erlangt ohne dass der fruumlhere Betreiber des Unternehmens an dem Geschaumlft in irgendeiner Weise beteiligt war (BFH-Urteil vom 1911988 VII R 7485 BFHNV S 479 und BFH-Beschluss vom 351994 VII B 26593 BFHNV S 762)

Eine Uumlbereignung in mehreren Teilakten ist eine Uumlbertragung im Ganzen wenn die einzelnen Teile im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen und der Wille auf Erwerb des Unternehmens gerichtet ist (BFH-Urteile vom 1631982 VII R 10579 BStBl II S 483 vom 1721988 VII R 9785 BFHNV S 755 und vom 351994 VII B 26593 BFHNV S 762)

33 Lebendes Unternehmen

Der Haftung des Betriebsuumlbernehmers stehen Uumlberschuldung Zahlungsunfaumlhigkeit bzw Insolvenzreife des bisherigen Unternehmens nicht entgegen Die Haftung des Erwerbers ist davon abhaumlngig dass er ein lebendes Unternehmen erwirbt Dazu ist erforderlich dass der Erwerber das Unternehmen ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen fortfuumlhren oder sofern der Betrieb des Unternehmens vor dem Erwerb bereits eingestellt war ohne groszligen Aufwand wieder in Gang setzen kann (BFH-Urteile vom 1831986 VII R 14681 BStBl II S 589 vom 1151993 VII R 8692 BStBl II S 700 und vom 10121991 VII R 5789 BFHNV 1992 S 712)

Die Haftung des Erwerbers wird nicht dadurch ausgeschlossen dass dieser den Betrieb nur dann in der bisherigen Weise fortfuumlhren kann wenn er an die Stelle des Veraumluszligerers in das Vertragsnetz eines anderen Unternehmens eintritt (BFH-Urteil vom 2751986 VII R 18383 BStBl II S 654)

Die Abweisung des Antrags des bisherigen Betriebsinhabers auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse kann ein Indiz dafuumlr sein dass ein lebendes Unternehmen nicht mehr vorhanden ist sie ist aber kein Kriterium das eine Haftung des Betriebsuumlbernehmers generell ausschlieszligt (vgl BFH-Urteile vom 2291992 VII R 73-7491 BFHNV 1993 S 215)

34 Haftungsausschluss fuumlr Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und im Vollstreckungsverfahren

Fuumlr Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und im Vollstreckungsverfahren scheidet eine Haftung des Betriebsuumlbernehmers aus (sect 75 Abs 2 AO) Aus einer Insolvenzmasse wird ein Unternehmen erworben wenn der Erwerb nach Eroumlffnung und vor Einstellung oder Aufhebung des Insolvenzverfahrens getaumltigt wird Ist die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden so greift der Haftungsausschluss nach sect 75 Abs 2 AO nicht ein (vgl BFH-Urteil vom 237 1998 VII R 14397 BStBl II S 765)

Ein Erwerb im Vollstreckungsverfahren liegt vor wenn dieser im Rahmen der Verwertung also der Zwangsversteigerung (sect 17 ZVG) der besonderen Verwertung (sect 65 ZVG) der Versteigerung (sect 814 ZPO) der anderweitigen Verwertung (sect 825 ZPO) oder der Verwertung nach den sectsect 296 305 AO erfolgt

Einen daruumlber hinausgehenden Haftungsausschluss durch private Vereinbarung etwa vergleichbar des sect 25 Abs 2 HGB laumlsst die oumlffentlich-rechtliche Natur der Haftung nach sect 75 AO nicht zu

4 Umfang der Haftung

41 Sachliche Beschraumlnkung

Der Uumlbernehmer eines Unternehmens oder gesondert gefuumlhrten Betriebes haftet nur

- fuumlr die im Betrieb begruumlndeten Steuern (zB Umsatzsteuer - ausschlieszliglich der Einfuhrumsatzsteuer gem sect 1 Abs 1 Nr 4 UStG und der Umsatzsteuer wegen unberechtigten Steuerausweises gem sect 14c Abs 2 UStG - pauschalierte Lohnsteuer Gewerbesteuer) er haftet

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dagegen insbesondere nicht fuumlr Einkommensteuer Koumlrperschaftsteuer Erbschaftsteuer Grundsteuer Grunderwerbsteuer und Kraftfahrzeugsteuer

- fuumlr Anspruumlche auf Erstattung von Steuerverguumltungen sowie Praumlmien und Zulagen auf die die Vorschriften fuumlr Steuerverguumltungen entsprechend anwendbar sind wobei der Erstattungsanspruch aus einer betriebsbedingten Steuerverguumltung bzw Praumlmie oder Zulage resultieren muss (insbesondere Ruumlckforderung der Investitionszulage)

- fuumlr Steuerabzugsbetraumlge insbesondere Lohnsteuer Kapitalertragsteuer Abzugsbetraumlge nach sectsect 48 50a EStG

Nach dem BFH-Urteil vom 2811982 V S 1381 BStBl II S 490 umfasst die Haftung auch die durch die Unternehmensveraumluszligerung entstandene Umsatzsteuerschuld Zwar unterliegt eine Unternehmensveraumluszligerung gem sect 1 Abs 1a UStG nicht mehr der Umsatzsteuer Die Haftung umfasst aber auch die in diesen Faumlllen unberechtigt ausgewiesene nach sect 14c Abs 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer

Steuerliche Nebenleistungen (sect 3 Abs 4 AO) sind von der Haftung ausgenommen

42 Zeitliche Beschraumlnkung

Voraussetzung fuumlr die Haftung ist dass die Steuern und Erstattungsanspruumlche seit dem Beginn des letzten vor der wirtschaftlichen Uumlbereignung liegenden Kalenderjahres entstanden (sect 38 AO) sind und innerhalb eines Jahres nach Anmeldung (sect 138 AO) des Betriebes bei der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet worden sind Die Jahresfrist beginnt fruumlhestens mit dem Zeitpunkt der Betriebsuumlbernahme Die Faumllligkeit der Anspruumlche ist unerheblich

Es reicht aus wenn die Steuern gegenuumlber dem Veraumluszligerer innerhalb der Jahresfrist festgesetzt worden sind der Haftungsbescheid kann spaumlter erlassen werden

43 Gegenstaumlndliche Beschraumlnkung der Haftung

Die Haftung beschraumlnkt sich auf das uumlbernommene Vermoumlgen (einschlieszliglich Surrogate) Darunter ist das uumlbernommene Aktivvermoumlgen zu verstehen Schulden sind nicht abzuziehen Der Haftungsschuldner haftet nicht in Houmlhe des Wertes des uumlbernommenen Vermoumlgens sondern mit diesem Vermoumlgen

Der Umfang der Haftung ist ausreichend bestimmt (sect 119 Abs 1 AO) wenn im Haftungsbescheid der Vermoumlgenswert angegeben wird auf den die Haftung beschraumlnkt ist (BFH-Urteil vom 2291992 VII R 73-7491 BFHNV 1993 S 215) Alternativ koumlnnen die einzelnen uumlbernommenen Gegenstaumlnde aufgefuumlhrt werden Handelt es sich um eine groumlszligere Anzahl von Gegenstaumlnden koumlnnen diese in einer besonderen Anlage zum Haftungsbescheid angegeben werden Es genuumlgt jedoch auch im Haftungsbescheid auf den Uumlbergabevertrag Bezug zu nehmen sofern sich aus diesem die uumlbernommenen Gegenstaumlnde in eindeutig abgrenzbarer Weise ergeben

5 Verjaumlhrung

Die Festsetzungsfrist betraumlgt 4 Jahre (sect 191 Abs 3 Satz 2 AO)

6 Auskunftserteilung bei Betriebsuumlbernahme

Ersucht ein Kaufinteressent das Finanzamt um Auskunft uumlber Ruumlckstaumlnde an Betriebssteuern und Steuerabzugsbetraumlgen fuumlr die eine Haftung in Frage kommt so kann diese Auskunft nur erteilt werden wenn der Betriebsinhaber zustimmt (sect 30 Abs 4 Nr 3 AO) Der anfragende Kaufinteressent ist ggf auf die erforderliche Zustimmung sowie darauf hinzuweisen dass der Erwerber auch dann nach sect 75 Abs 1 AO haftet wenn ihm bei der Uumlbereignung die Steuerschulden des Veraumluszligerers nicht bekannt sind

Der haftungsbegruumlndende Tatbestand ist mit der Eigentumsuumlbertragung verwirklicht Da Steuerschuldner und Haftender nach sect 44 Abs 1 AO Gesamtschuldner sind darf dem Erwerber nach erfolgter Eigentumsuumlbertragung eine Auskunft uumlber etwaige bekannte Steuerruumlckstaumlnde des Veraumluszligerers insoweit erteilt werden als eine Haftung nach sect 75 Abs 1 AO in Betracht kommt Es ist nicht erforderlich dass gegen den Erwerber bereits ein Haftungsbescheid ergangen ist

AEAO zu sect 77 - Duldungspflicht

1 Eine Duldungspflicht kommt vor allem bei den in den sectsect 34 und 35 AO genannten Personen in Betracht Als oumlffentliche Last ruht auf dem Grundbesitz die Grundsteuer (sect 12 GrStG)

2 Zum Erlass eines Duldungsbescheids wird auf sect 191 AO hingewiesen wegen weiterer Vorschriften uumlber die Duldung der Zwangsvollstreckung auf die sectsect 262 264 und 265 AO

AEAO zu sect 78 - Beteiligte

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Unter Beteiligten sind idR die Steuerpflichtigen (sect 33 Abs 1 AO) zu verstehen Der Beteiligtenbegriff des sect 78 AO gilt nicht im Zerlegungs- und Einspruchsverfahren (sectsect 186 359 AO vgl BFH-Beschluss vom 2831979 I B 7978 BStBl II S 538)

AEAO zu sect 80 - Bevollmaumlchtigte und Beistaumlnde

1 Die Finanzbehoumlrde soll den schriftlichen Nachweis einer Vollmacht nur verlangen wenn begruumlndete Zweifel an der Vertretungsmacht bestehen dieser Nachweis kann auch in elektronischer Form (sect 87a Abs 3 AO) erbracht werden Bei Angehoumlrigen der steuerberatenden Berufe die fuumlr den Steuerpflichtigen handeln wird eine ordnungsgemaumlszlige Bevollmaumlchtigung vermutet

2 Eine Vollmacht ermaumlchtigt zwar nicht zum Empfang von Erstattungen oder Verguumltungen Der Bevollmaumlchtigte kann jedoch in anderer Weise uumlber das Guthaben des Steuerpflichtigen verfuumlgen indem er zB namens des Steuerpflichtigen gegenuumlber der Finanzbehoumlrde aufrechnet (sect 226 AO) Erstattungen an Bevollmaumlchtigte oder andere Personen sind zulaumlssig wenn der Steuerpflichtige eine entsprechende Zahlungsanweisung erteilt die Finanzbehoumlrde ist jedoch nicht zur Zahlung an sie verpflichtet

3 Bei der Unterzeichnung von Steuererklaumlrungen ist wenn die Einzelsteuergesetze die eigenhaumlndige Unterschrift vorsehen eine Vertretung durch Bevollmaumlchtigte nur unter den Voraussetzungen des sect 150 Abs 3 AO zulaumlssig

4 Der Schriftwechsel und die Verhandlungen im Besteuerungsverfahren sind mit dem Bevollmaumlchtigten zu fuumlhren Nur bei Vorliegen besonderer Gruumlnde soll sich die Finanzbehoumlrde an den Beteiligten selbst wenden zB um ihn um Auskuumlnfte zu bitten die nur er selbst als Wissenstraumlger geben kann In diesem Fall ist der Bevollmaumlchtigte zu unterrichten Inwieweit Verwaltungsakte insbesondere Steuerbescheide gegenuumlber dem Bevollmaumlchtigten bekannt zu geben sind richtet sich nach sect 122 AO

5 Mit der Bestellung eines Bevollmaumlchtigten verliert der Steuerpflichtige nicht die Moumlglichkeit selbst rechtswirksame Erklaumlrungen gegenuumlber der Finanzbehoumlrde abzugeben Er kann zB auch einen von dem Bevollmaumlchtigten eingelegten Einspruch zuruumlcknehmen

6 Verfahrenshandlungen die ein Bevollmaumlchtigter oder Beistand vor seiner Zuruumlckweisung vorgenommen hat sind wirksam

AEAO zu sect 81 - Bestellung eines Vertreters von Amts wegen

Die Finanzbehoumlrden haben im Allgemeinen keinen Anlass die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen zu beantragen Wegen der Bekanntgabe von Verwaltungsakten an Beteiligte im Ausland vgl AEAO zu sect 122 Nr 184

AEAO zu sect 82 - Ausgeschlossene Personen

1 Wegen der Rechtsfolgen bei einem Verstoszlig gegen diese Vorschrift wird auf sectsect 125 und 127 AO hingewiesen

2 Hilfe in Steuersachen iSd sect 82 Abs 1 Nr 4 AO leisten nicht nur diejenigen die nach dem StBerG ausdruumlcklich dazu befugt sind sondern auch sonstige Personen die ohne gesetzliche Befugnis Hilfe in Steuersachen leisten Zur Hilfe in Steuersachen zaumlhlen auch die nicht dem Erlaubnisvorbehalt des sect 2 StBerG unterliegenden mechanischen Buchfuumlhrungsarbeiten und die Erstattung wissenschaftlicher Gutachten (sect 6 StBerG)

3 Zum Begriff des Amtstraumlgers Hinweis auf sect 7 AO

AEAO zu sect 83 - Besorgnis der Befangenheit

1 Das in sect 83 AO vorgeschriebene Verfahren ist nicht nur dann durchzufuumlhren wenn der Amtstraumlger tatsaumlchlich befangen ist oder sich fuumlr befangen haumllt sondern schon dann wenn ein vernuumlnftiger Grund vorliegt der den Beteiligten von seinem Standpunkt aus befuumlrchten lassen koumlnnte dass der Amtstraumlger nicht unparteiisch sachlich entscheiden werde

2 Die Entscheidung ob sich ein Amtstraumlger der Mitwirkung an einem Verwaltungsverfahren zu enthalten hat trifft der Behoumlrdenleiter bzw der von ihm Beauftragte oder die Aufsichtsbehoumlrde Uumlber die Zulaumlssigkeit der Mitwirkung des Amtstraumlgers im Verwaltungsverfahren ist ggf im Rechtsbehelfsverfahren uumlber den Verwaltungsakt zu entscheiden

AEAO zu sect 85 - Besteuerungsgrundsaumltze

1 Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen dem Steuerermittlungsverfahren das der Festsetzung der Steuer gegenuumlber einem bestimmten Steuerpflichtigen dient und dem Steueraufsichtsverfahren in dem die Finanzbehoumlrden gegenuumlber allen Steuerpflichtigen daruumlber wachen dass die Steuern nicht verkuumlrzt werden Die Finanzbehoumlrden koumlnnen sich sowohl bei Ermittlungen die sich gegen einen bestimmten Steuerpflichtigen richten als auch bei der Erforschung unbekannter Steuerfaumllle der Beweismittel des

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sect 92 AO bedienen Sie koumlnnen mit der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfaumllle auch die Steuerfahndung beauftragen (sect 208 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AO)

2 Die Finanzbehoumlrde hat die Grundlagen der Besteuerung bei jeder Veranlagung ohne Ruumlcksicht auf die Behandlung desselben Sachverhalts in Vorjahren selbststaumlndig festzustellen und die Rechtslage neu zu beurteilen Sie ist an die Sach- oder Rechtsbehandlung in fruumlheren Veranlagungszeitraumlumen nicht gebunden Etwas anderes gilt nur dann wenn dem Steuerpflichtigen wirksam eine bestimmte Behandlung zugesagt worden ist (vgl sect 89 Abs 2 AO und sectsect 204 ff AO) oder die Finanzbehoumlrde durch ihr fruumlheres Verhalten auszligerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (vgl BFH-Urteil vom 3091997 IX R 8094 BStBl 1998 II S 771 mwN) Fehlt es hieran gebieten es die Grundsaumltze der Gesetzmaumlszligigkeit der Verwaltung und der Gleichmaumlszligigkeit der Besteuerung dass die Finanzbehoumlrde eine als falsch erkannte Auffassung vom fruumlhestmoumlglichen Zeitpunkt an aufgibt auch wenn der Steuerpflichtige auf sie vertraut haben sollte Diese Verpflichtung besteht auch wenn die fehlerhafte Auffassung in einem Pruumlfungsbericht niedergelegt worden ist oder wenn die Finanzbehoumlrde uumlber eine laumlngere Zeitspanne eine rechtsirrige fuumlr den Steuerpflichtigen guumlnstige Auffassung vertreten hat Die Finanzbehoumlrde ist selbst dann nicht an eine bei einer fruumlheren Veranlagung zugrunde gelegte Auffassung gebunden wenn der Steuerpflichtige im Vertrauen darauf disponiert hat (vgl BFH-Urteil vom 21101992 X R 9988 BStBl 1993 II S 289 mwN)

3 Die Finanzbehoumlrde kann nach pflichtgemaumlszligem Ermessen bdquobetriebsnahe Veranlagungenldquo durchfuumlhren Die betriebsnahen Veranlagungen gehoumlren zum Steuerfestsetzungsverfahren wenn sie ohne Pruumlfungsanordnung mit Einverstaumlndnis des Steuerpflichtigen an Ort und Stelle durchgefuumlhrt werden es gelten die allgemeinen Verfahrensvorschriften uumlber Besteuerungsgrundsaumltze und Beweismittel (sectsect 85 88 und 90 ff AO) Eine betriebsnahe Veranlagung bewirkt keine Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 4 AO (BFH-Urteil vom 671999 VIII R 1797 BStBl 2000 II S 306)

4 Der gesetzliche Auftrag bdquosicherzustellenldquo dass Steuern nicht verkuumlrzt werden usw weist auf die Befugnis zu Maszlignahmen auszligerhalb eines konkreten Besteuerungsverfahrens hin So sind denFinanzbehoumlrden allgemeine Hinweise an die Oumlffentlichkeit oder aumlhnliche vorbeugende Maszlignahmen gegenuumlber Einzelnen zur Erfuumlllung des gesetzlichen Auftrags gestattet Auf der Grundlage des sect 85 AO koumlnnen auch im Wege der Amtshilfe andere Behoumlrden ersucht werden Auftraumlge nur zu erteilen wenn eine von der Finanzbehoumlrde erteilte Bescheinigung in Steuersachen die Bewertung ermoumlglicht dass der Bewerber seinen steuerlichen Pflichten im Wesentlichen nachkommt Wegen der allgemeinen Mitteilungspflicht von Behoumlrden und Rundfunkanstalten wird auf die Mitteilungsverordnung hingewiesen

AEAO zu sect 87 - Amtssprache

1 Bei Eingaben in fremder Sprache soll die Finanzbehoumlrde zunaumlchst pruumlfen ob eine zur Bearbeitungausreichende Uumlbersetzung durch eigene Bedienstete oder im Wege der Amtshilfe ohne Schwierigkeiten beschafft werden kann Uumlbersetzungen sind nur im Rahmen des Notwendigen nicht aus Prinzip anzufordern Die Finanzbehoumlrde kann auch Schriftstuumlcke in fremder Sprache entgegennehmen und in einer fremden Sprache verhandeln wenn der Amtstraumlger uumlber entsprechende Sprachkenntnisse verfuumlgt Antraumlge die ein Verwaltungsverfahren ausloumlsen und fristwahrende Eingaben sollen in ihren wesentlichen Teilen in deutscher Sprache aktenkundig gemacht werden Verwaltungsakte sind grundsaumltzlich in deutscher Sprache bekannt zu geben

2 Wegen der Fuumlhrung von Buumlchern in einer fremden Sprache Hinweis auf sect 146 Abs 3 AO

AEAO zu sect 87a - Elektronische Kommunikation

Inhaltsuumlbersicht

1 Zugangseroumlffnung

2 Zugang

3 Elektronisch signierte Dokumente

4 Beweis durch elektronische Dokumente

1 Zugangseroumlffnung

Die Uumlbermittlung elektronischer Dokumente an die Finanzbehoumlrden und an die Steuerpflichtigen ist zulaumlssig soweit der Empfaumlnger hierfuumlr einen Zugang eroumlffnet (sect 87a Abs 1 Satz 1 AO) Die Zugangseroumlffnung kann durch ausdruumlckliche Erklaumlrung oder konkludent sowie generell oder nur fuumlr bestimmte Faumllle erfolgen Vorbehaltlich einer ausdruumlcklichen gesetzlichen Anordnung besteht weder fuumlr die Steuerpflichtigen noch fuumlr die Finanzbehoumlrden ein Zwang zur Uumlbermittlung elektronischer Dokumente

Finanzbehoumlrden die eine E-Mail-Adresse angeben erklaumlren damit ihre Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Dokumente fuumlr die Uumlbermittlung elektronisch signierter Dokumente (vgl AEAO zu sect 87a Nr 3) muss der Zugang gesondert eroumlffnet werden Wegen der elektronischen Uumlbermittlung von Steuererklaumlrungsdaten Hinweis auf sect 150 Abs 1 Satz 2 AO und die Steuerdaten-Uumlbermittlungsverordnung

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Bei natuumlrlichen oder juristischen Personen die eine gewerbliche oder berufliche Taumltigkeit selbstaumlndig ausuumlben und die auf einem im Verkehr mit der Finanzbehoumlrde verwendeten Briefkopf in einer Steuererklaumlrung oder in einem Antrag an die Finanzbehoumlrde ihre E-Mail-Adresse angegeben oder sich per E-Mail an die Finanzbehoumlrde gewandt haben kann idR davon ausgegangen werden dass sie damit konkludent ihre Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Dokumente erklaumlrt haben Bei Steuerpflichtigen die keine gewerbliche oder berufliche Taumltigkeit selbstaumlndig ausuumlben (zB Arbeitnehmer) ist dagegen derzeit nur bei Vorliegen einer ausdruumlcklichen aber nicht formgebundenen Einverstaumlndniserklaumlrung von einer Zugangseroumlffnung iSd sect 87a Abs 1 Satz 1 AO auszugehen

2 Zugang

Ein elektronisches Dokument ist zugegangen sobald die fuumlr den Empfang bestimmte Einrichtung es in fuumlr den Empfaumlnger bearbeitbarer Weise aufgezeichnet hat (sect 87a Abs 1 Satz 2 AO) Ob und wann der Empfaumlnger das bearbeitbare Dokument tatsaumlchlich zur Kenntnis nimmt ist fuumlr den Zeitpunkt des Zugangs unbeachtlich Zur widerlegbaren Vermutung des Tags des Zugangs elektronischer Verwaltungsakte vgl sect 122 Abs 2a AO und sect 123 Saumltze 2 und 3 AO Ein fuumlr den Empfaumlnger nicht bearbeitbares Dokument ist nicht iSd sect 87a Abs 1 Satz 2 AO zugegangen und loumlst somit noch keine Rechtsfolgen (zB die Wahrung einer Antrags- oder Rechtsbehelfsfrist oder das Wirksamwerden eines Verwaltungsakts) aus Zum Verfahren nach Uumlbermittlung eines nicht bearbeitbaren elektronischen Dokuments vgl sect 87a Abs 2 AO

3 Elektronisch signierte Dokumente

Soweit durch Gesetz die Schriftform vorgeschrieben ist kann dieser Form grundsaumltzlich auch durch Uumlbermittlung in elektronischer Form entsprochen werden Hierbei muss das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur iSd sect 2 Nr 3 des Signaturgesetzes (BStBl 2001 I S 351) versehen sein (sect 87a Abs 3 und 4 AO)

sect 87a Abs 3 AO gilt auch wenn eine eigenhaumlndige Unterschrift gesetzlich vorgeschrieben ist In diesem Fall ist das Dokument von derjenigen Person elektronisch zu signieren die zur eigenhaumlndigen Unterschrift verpflichtet ist bzw in den Faumlllen des sect 150 Abs 3 AO von der bevollmaumlchtigten Person

Elektronische Dokumente die mit einem Wahlnamen signiert worden sind dem die Funktion des buumlrgerlichen Namens zukommt sind von den Finanzbehoumlrden nicht unter Berufung auf sect 87a Abs 3 Satz 3 AO zuruumlckzuweisen

4 Beweis durch elektronische Dokumente

Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand eines Beweises wird der Beweis durch Vorlegung oderUumlbermittlung der Datei angetreten Befindet sich das vorzulegende elektronische Dokument weder im Besitz des Steuerpflichtigen noch im Besitz der Finanzbehoumlrde gilt hinsichtlich der Vorlage- bzwUumlbermittlungspflicht Dritter sect 97 AO entsprechend (sect 87a Abs 5 Satz 1 AO) Die Finanzbehoumlrde hat bei ihrem Herausgabeverlangen anzugeben dass das elektronische Dokument fuumlr die Besteuerung einer anderen Person benoumltigt wird (sect 97 Abs 1 Satz 2 AO) Sie kann das elektronische Dokument an Amtsstelle oder bei dem Dritten einsehen wenn dieser damit einverstanden ist (sect 97 Abs 2 Satz 1 AO) Der Dritte hat ggf auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfuumlgung zu stellen die erforderlich sind um das Dokument lesbar zu machen (sect 97 Abs 2 Satz 2 i V m sect 147 Abs 5 AO)

Der Anschein der Echtheit eines mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz uumlbermittelten Dokuments der sich aufgrund der Pruumlfung nach dem Signaturgesetz ergibt kann nur durch Tatsachen erschuumlttert werden die ernstliche Zweifel daran begruumlnden dass das Dokument mit dem Willen des Signaturschluumlssel-Inhabers uumlbermittelt wurde (sect 87a Abs 5 Satz 2 AO) Fuumlr die Beurteilung der Frage wann bdquoernstliche Zweifelldquo vorliegen koumlnnen die Auslegungsgrundsaumltze zu sect 361 Abs 2 Satz 2 AO (vgl AEAO zu sect 361 Nr 25) herangezogen werden Fuumlr die Widerlegung der Echtheitsvermutung ist daher erforderlich dass die vorgetragenen Tatsachen ergeben dass die Wahrscheinlichkeit dass das Dokument nicht mit dem Willen des Signaturschluumlssel-Inhabers uumlbermittelt worden ist zumindest ebenso hoch ist wie die Wahrscheinlichkeit dass das uumlbermittelte Dokument dem Willen des Signaturschluumlssel-Inhabers entspricht

Die Vermutung des sect 87a Abs 5 Satz 2 AO gilt nicht wenn das uumlbermittelte elektronische Dokument mit einer bdquoeinfachenldquo elektronischen Signatur (sect 2 Nr 1 des Signaturgesetzes) mit einer bdquofortgeschrittenen elektronischen Signaturldquo (sect 2 Nr 2 des Signaturgesetzes) oder mit einer Signatur iSd sect 87a Abs 6 AO versehen worden ist

AEAO zu sect 88 - Untersuchungsgrundsatz

1 Die Finanzbehoumlrden haben alle notwendigen Maszlignahmen zu ergreifen um die entscheidungserheblichen Tatsachen aufzuklaumlren Sie bestimmen Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umstaumlnden des Einzelfalles Der Grundsatz der Verhaumlltnismaumlszligigkeit ist zu beachten Die Ermittlungshandlungen duumlrfen danach zu dem angestrebten Erfolg nicht erkennbar auszliger Verhaumlltnis stehen Sie sollen so gewaumlhlt werden dass damit unter Beruumlcksichtigung der Verhaumlltnisse des Einzelfalles ein moumlglichst geringer Eingriff in die Rechtssphaumlre des Beteiligten oder Dritter verbunden ist Der Gewaumlhrung rechtlichen Gehoumlrs kommt besondere Bedeutung zu

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Trotz des in sect 85 AO festgelegten Legalitaumltsprinzips koumlnnen bei den Entscheidungen der Finanzbehoumlrden Erwaumlgungen einbezogen werden die im Ergebnis Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen gleichzustellen sind (BVerfG-Beschluss vom 2061973 1 BvL 9-1071 BStBl II S 720) Fuumlr die Anforderungen die an die Aufklaumlrungspflicht der Finanzbehoumlrden zu stellen sind darf die Erwaumlgung eine Rolle spielen dass die Aufklaumlrung einen nicht mehr vertretbaren Zeitaufwand erfordert Dabei kann auf das Verhaumlltnis zwischen voraussichtlichem Arbeitsaufwand und steuerlichem Erfolg abgestellt werden Die Finanzaumlmter duumlrfen auch beruumlcksichtigen in welchem Maszlige sie durch ein zu erwartendes finanzgerichtliches Verfahren belastet werden sofern sie bei vorhandenen tatsaumlchlichen oder rechtlichen Zweifeln dem Begehren des Steuerpflichtigen nicht entsprechen und zu seinem Nachteil entscheiden In Faumlllen erschwerter Sachverhaltsermittlung dient es unter bestimmten Voraussetzungen der Effektivitaumlt der Besteuerung und allgemein dem Rechtsfrieden wenn sich die Beteiligten uumlber die Annahme eines bestimmten Sachverhalts und uumlber eine bestimmte Sachbehandlung einigen koumlnnen (BFH-Urteil vom 11121984 VIII R 13176 BStBl 1985 II S 354) Vgl hierzu BMF-Schreiben vom 3072008 BStBl I S 831

2 Die Aufklaumlrungspflicht der Finanzbehoumlrden wird durch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten (sect 90 AO) begrenzt Die Finanzbehoumlrden sind nicht verpflichtet den Sachverhalt auf alle moumlglichen Fallgestaltungen zu erforschen Fuumlr den Regelfall kann davon ausgegangen werden dass die Angaben des Steuerpflichtigen in der Steuererklaumlrung vollstaumlndig und richtig sind (BFH-Urteil vom 1741969 V R 2166 BStBl II S 474) Die Finanzbehoumlrde kann den Angaben eines Steuerpflichtigen Glauben schenken wenn nicht greifbare Umstaumlnde vorliegen die darauf hindeuten dass seine Angaben falsch oder unvollstaumlndig sind (BFH-Urteil vom 1171978 VIII R 12075 BStBl 1979 II S 57) Sie verletzt ihre Aufklaumlrungspflicht nur wenn sie Tatsachen oder Beweismittel auszliger Acht laumlsst und offenkundigen Zweifelsfragen nicht nachgeht die sich ihr den Umstaumlnden nach ohne weiteres aufdraumlngen mussten (BFH-Urteile vom 1611964 V 9461 U BStBl III S 149 und vom 13111985 II R 20882 BStBl 1986 II S 241)

3 Im Rahmen der Pruumlfung zugunsten des Steuerpflichtigen muss die Finanzbehoumlrde ihrer Pflicht zur Fuumlrsorge fuumlr den Steuerpflichtigen (sect 89 AO) gerecht werden So ist auch die Verjaumlhrung von Amts wegen zu beruumlcksichtigen

AEAO zu sect 89 - Beratung Auskunft

Inhaltsuumlbersicht

1 Beratung des Steuerpflichtigen

2 Auskuumlnfte nach sect 89 Abs 1 Satz 2 AO

3 Verbindliche Auskuumlnfte nach sect 89 Abs 2 AO

31 Allgemeines

32 Antragsteller

33 Zustaumlndigkeit fuumlr die Erteilung verbindlicher Auskuumlnfte

34 Form Inhalt und Voraussetzungen des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft

3 5 Erteilung einer verbindlichen Auskunft

36 Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft

37 Rechtsbehelfsmoumlglichkeiten

4 Gebuumlhren fuumlr die Bearbeitung von Antraumlgen auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft (sect 89 Abs 3 bis 7 AO)

41 Gebuumlhrenpflicht

42 Gegenstandswert

43 Zeitgebuumlhr

44 Gebuumlhrenfestsetzung

45 Ermaumlszligigung der Gebuumlhr

5 Anwendung der StAuskV

1 Beratung des Steuerpflichtigen

11 In sect 89 Abs 1 Satz 1 AO sind Erklaumlrungen und Antraumlge gemeint die sich bei dem gegebenen Sachverhalt aufdraumlngen Im Uumlbrigen ist es Sache des Steuerpflichtigen sich uumlber die Antragsmoumlglichkeiten zu unterrichten ggf durch Ruumlckfrage beim Finanzamt (sect 89 Abs 1 Satz 2 AO) Die Finanzaumlmter waumlren uumlberfordert wenn sie darauf zu achten haumltten ob der Steuerpflichtige jede sich ihm bietende Moumlglichkeit Steuern zu sparen ausgenutzt hat (BFH-Urteil vom 2211960 VI 17559 U BStBl III S 178)

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12 Kann bei einem eindeutigen Verstoszlig der Finanzbehoumlrden gegen die Fuumlrsorgepflicht nach sect 89 Abs 1 Satz 1 AO dem Steuerpflichtigen nicht durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (sect 110 AO) oderdurch Aumlnderung des bestandskraumlftigen Steuerbescheids nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO geholfen werden so kann es geboten sein die zu Unrecht festgesetzte Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit (sect 227 AO) zu erlassen

2 Auskuumlnfte nach sect 89 Abs 1 Satz 2 AO

In sect 89 Abs 1 Satz 2 AO sind Auskuumlnfte uumlber das Verfahren (zB Fristberechnung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Aussetzung der Vollziehung) gemeint Die Erteilung von Auskuumlnften materieller Art ist den Finanzbehoumlrden gestattet hierauf besteht jedoch kein Anspruch

3 Verbindliche Auskuumlnfte nach sect 89 Abs 2 AO

31 Allgemeines

Die Finanzaumlmter und das Bundeszentralamt fuumlr Steuern koumlnnen unter den Voraussetzungen des sect 89 Abs 2 Satz 1 AO und der StAuskV auf Antrag verbindliche Auskuumlnfte uumlber die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht

32 Antragsteller

321 Antragsteller einer verbindlichen Auskunft iSd sect 89 Abs 2 AO (und zugleich Gebuumlhrenschuldner iSd des sect 89 Abs 3 bis 5 AO) ist derjenige in dessen Namen der Antrag gestellt wird Zur Antragstellung durch Personenmehrheiten vgl sect 1 Abs 2 StAuskV Antragsteller und Steuerpflichtiger muumlssen nicht identisch sein

322 Antragsteller und Steuerpflichtiger sind in der Regel identisch wenn der Steuerpflichtige dessen kuumlnftige Besteuerung Gegenstand der verbindlichen Auskunft sein soll bei Antragstellung bereits existiert Eine dritte Person hat in diesen Faumlllen im Regelfall kein eigenes berechtigtes Interesse an einer Auskunftserteilung hinsichtlich der Besteuerung eines anderen bereits existierenden Steuerpflichtigen

323 Existiert der Steuerpflichtige bei Antragstellung noch nicht kann bei berechtigtem Interesse auch ein Dritter Antragsteller sein (sect 1 Abs 3 StAuskV) Berechtigter Antragsteller einer verbindlichen Auskunft uumlber die kuumlnftige Besteuerung einer noch nicht existierenden Kapitalgesellschaft kann die Person koumlnnen die Personen gemeinsam sein die diese Kapitalgesellschaft gruumlnden und dann (gemeinsam) zu mindestens 50 an der Gesellschaft beteiligt sein willwollen Entsprechendes gilt fuumlr Auskunftsantraumlge einer Vorgruumlndungsgesellschaft Die einem Dritten wegen seines berechtigten Interesses erteilte verbindliche Auskunft entfaltet gegenuumlber dem kuumlnftigen Steuerpflichtigen auch dann Bindungswirkung wenn die tatsaumlchlichen Beteiligungsverhaumlltnisse bei Verwirklichung des Sachverhalts von den bei Antragstellung geplanten Beteiligungsverhaumlltnissen abweichen soweit die Beteiligungsverhaumlltnisse fuumlr die steuerrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung sind

324 sect 1 Abs 3 StAuskV geht der Regelung in sect 1 Abs 2 StAuskV als lex specialis vor Deshalb muss ein Auskunftsantrag fuumlr eine noch zu gruumlndende Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft nicht von allen kuumlnftigen Gesellschaftern gemeinsam gestellt werden

33 Zustaumlndigkeit fuumlr die Erteilung verbindlicher Auskuumlnfte

Nach sect 89 Abs 2 Satz 2 AO ist das Finanzamt fuumlr die Erteilung einer verbindlichen Auskunft zustaumlndig das bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts fuumlr die Besteuerung oumlrtlich zustaumlndig sein wuumlrde Abweichend hiervon ist allerdings bei Antragstellern fuumlr die im Zeitpunkt der Antragstellung nach sectsect 18 bis 21 AO kein Finanzamt zustaumlndig ist auf dem Gebiet der Steuern die von den Landesfinanzbehoumlrden im Auftrag des Bundes verwaltet werden nach sect 89 Abs 2 Satz 3 AO das Bundeszentralamt fuumlr Steuern fuumlr die Auskunftserteilung zustaumlndig

331 Zustaumlndigkeit des Bundeszentralamts fuumlr Steuern nach sect 89 Abs 2 Satz 3 AO

3311 Die Sonderregelung des sect 89 Abs 2 Satz 3 AO geht der allgemeinen Regelung in sect 89 Abs 2 Satz 2 AO vor Sie gilt allerdings nur fuumlr Steuern die von den Landesfinanzbehoumlrden im Auftrag des Bundes verwaltet werden Fuumlr andere von den Finanzaumlmtern verwaltete Steuern sowie fuumlr die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung kann das Bundeszentralamt fuumlr Steuern auch dann keine verbindliche Auskunft erteilen wenn im Zeitpunkt der Antragstellung nach sectsect 18 bis 21 AO kein Finanzamt fuumlr die Besteuerung des Antragstellers zustaumlndig ist

3312 sect 89 Abs 2 Satz 3 AO stellt auf die aktuellen Verhaumlltnisse des Antragstellers im Zeitpunkt der Antragstellung ab waumlhrend sect 89 Abs 2 Satz 2 AO auf kuumlnftige (geplante) Verhaumlltnisse des Steuerpflichtigen (dh der Person deren kuumlnftige Besteuerung Gegenstand der verbindlichen Auskunft ist) abstellt

3313 sect 89 Abs 2 Satz 3 AO ist fuumlr jede Steuerart gesondert anzuwenden Bei einem Antragsteller fuumlr den im Zeitpunkt der Antragstellung ein Finanzamt fuumlr eine von den Landesfinanzbehoumlrden im Auftrag des Bundes verwaltete Steuer zustaumlndig ist ist das Bundeszentralamt fuumlr Steuern fuumlr die Auskunftserteilung nur hinsichtlich solcher von den Landesfinanzbehoumlrden im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern zustaumlndig fuumlr die im Zeitpunkt der Antragstellung noch kein Finanzamt zustaumlndig ist

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3314 Beispiel

Die im Ausland ansaumlssige natuumlrliche Person A unterliegt im Zeitpunkt der Antragstellung im Inland nur der Umsatzsteuer Fuumlr die Umsatzbesteuerung des A ist in diesem Zeitpunkt nach sect 21 Abs 1 Satz 2 AO iVm der UStZustV das Finanzamt U zustaumlndig A beantragt eine verbindliche Auskunft nach sect 89 Abs 2 Satz 1 AO uumlber Einkommen- und Umsatzsteuer

- Fuumlr die verbindliche Auskunft uumlber Einkommensteuer ist nach sect 89 Abs 2 Satz 3 AO das Bundeszentralamt fuumlr Steuern zustaumlndig

- Fuumlr die verbindliche Auskunft uumlber Umsatzsteuer ist nach sect 89 Abs 2 Satz 2 AO das Finanzamt zustaumlndig das bei Verwirklichung des vorgetragenen Sachverhalts nach sect 21 AO (ggf iVm der UStZustV) fuumlr die Umsatzbesteuerung des A oumlrtlich zustaumlndig sein wuumlrde

3315 Bei Anwendung des sect 89 Abs 2 Satz 3 AO kommt es nicht darauf an ob der Antragsteller im Inland bereits bei einem Finanzamt gefuumlhrt wird Entscheidend ist ob nach den Verhaumlltnissen zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Finanzamt oumlrtlich zustaumlndig ist dh ob vom Antragsteller bereits steuerrelevante Sachverhalte im Inland verwirklicht wurden Unerheblich ist ob das oumlrtlich zustaumlndige Finanzamt hiervon bereits Kenntnis hat bzw ob es bereits ein Besteuerungsverfahren durchgefuumlhrt hat

3316 Das Bundeszentralamt fuumlr Steuern kann unter den Voraussetzungen des sect 89 Abs 2 Satz 3 AO auch dann eine verbindliche Auskunft erteilen wenn der Ort an dem der vorgetragene Sachverhalt im Inland verwirklicht werden soll noch nicht feststeht

3317 Betrifft eine verbindliche Auskunft mehrere Steuerarten und sind hierfuumlr zum Teil das Bundeszentralamt fuumlr Steuern und im Uumlbrigen ein oder mehrere Finanzaumlmter zustaumlndig sollen sich die beteiligten Finanzbehoumlrden untereinander abstimmen um widerspruumlchliche verbindliche Auskuumlnfte zu vermeiden

332 Zustaumlndigkeit eines Finanzamts nach sect 89 Abs 2 Satz 2 AO

3321 Die Zustaumlndigkeitsregelung des sect 89 Abs 2 Satz 2 AO gilt bei den von den Landesfinanzbehoumlrden im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern nur soweit nicht das Bundeszentralamt fuumlr Steuern nach sect 89 Abs 2 Satz 3 AO zustaumlndig ist (vgl AEAO zu sect 89 Nr 331) Fuumlr andere von den Finanzaumlmtern verwaltete Steuern sowie fuumlr die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung richtet sich die Zustaumlndigkeit fuumlr die Erteilung einer verbindlichen Auskunft immer nach sect 89 Abs 2 Satz 2 AO

3322 Die Zustaumlndigkeit nach sect 89 Abs 2 Satz 2 AO knuumlpft an die kuumlnftigen steuerlichen Verhaumlltnisse des Steuerpflichtigen bei Verwirklichung des Sachverhaltes an Das hiernach fuumlr die Auskunftserteilung zustaumlndige Finanzamt muss nicht mit dem Finanzamt identisch sein das zum Zeitpunkt der Antragstellung fuumlr die Besteuerung des Steuerpflichtigen zustaumlndig ist Wird eine verbindliche Auskunft berechtigterweise durch einen Dritten beantragt (vgl AEAO zu sect 89 Nr 323) ist ebenso unerheblich welches Finanzamt fuumlr seine Besteuerung zustaumlndig ist

3323 Betrifft eine verbindliche Auskunft mehrere Steuerarten und sind hierfuumlr jeweils unterschiedliche Finanzaumlmter nach sect 89 Abs 2 Satz 2 AO zustaumlndig soll eine Zustaumlndigkeitsvereinbarung nach sect 27 AO herbeigefuumlhrt werden wenn die unterschiedliche Zustaumlndigkeit weder fuumlr den Steuerpflichtigen noch fuumlr die Finanzbehoumlrden zweckmaumlszligig ist Eine derartige Zustaumlndigkeitsvereinbarung kann auch schon vor Verwirklichung des geplanten Sachverhaltes getroffen werden Sofern keine Zustaumlndigkeitsvereinbarung herbeigefuumlhrt werden kann sollen sich die beteiligten Finanzaumlmter untereinander abstimmen um widerspruumlchliche verbindliche Auskuumlnfte zu vermeiden (vgl AEAO zu sect 89 Nr 3317)

34 Form Inhalt und Voraussetzungen des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft

341 Der Antrag muss schriftlich gestellt werden und die in sect 1 Abs 1 StAuskV bezeichneten Angaben enthalten Zusaumltzlich soll der Antragsteller nach sect 89 Abs 4 Satz 2 AO Angaben zum Gegenstandswert der Auskunft machen

342 Im Auskunftsantrag ist der ernsthaft geplante und zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichte Sachverhalt ausfuumlhrlich und vollstaumlndig darzulegen (sect 1 Abs 1 Nr 2 StAuskV) Es ist unschaumldlich wenn bereits mit vorbereitenden Maszlignahmen begonnen wurde solange der dem Auskunftsantrag zugrunde gelegte Sachverhalt im Wesentlichen noch nicht verwirklicht wurde und noch anderweitige Dispositionen moumlglich sind

343 Der Antragsteller muss sein eigenes steuerliches Interesse darlegen (sect 1 Abs 1 Nr 3 StAuskV) Auszliger in den Faumlllen des sect 1 Abs 3 StAuskV ist ein Auskunftsantrag mit Wirkung fuumlr Dritte nicht zulaumlssig Denn eine dritte Person hat kein eigenes berechtigtes Interesse an einer Auskunftserteilung hinsichtlich der Besteuerung eines anderen bereits existierenden Steuerpflichtigen

344 Im Auskunftsantrag sind konkrete Rechtsfragen darzulegen (sect 1 Abs 1 Nr 5 StAuskV) Es reicht nicht aus allgemeine Fragen zu den bei Verwirklichung des geplanten Sachverhalts eintretenden steuerlichen Rechtsfragen darzulegen

35 Erteilung einer verbindlichen Auskunft

351 Der Auskunft ist der vom Antragsteller vorgetragene Sachverhalt zugrunde zu legen Das Finanzamt ist nicht verpflichtet eigens fuumlr die zu erteilende Auskunft Ermittlungen durchzufuumlhren es soll aber dem

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Antragsteller Gelegenheit zum ergaumlnzenden Sachvortrag geben wenn dadurch eine Entscheidung in der Sache ermoumlglicht werden kann Die Erteilung einer verbindlichen Auskunft fuumlr alternative Gestaltungsvarianten ist nicht zulaumlssig

352 Die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist ausgeschlossen wenn der Sachverhalt im Wesentlichen bereits verwirklicht ist Uumlber Rechtsfragen die sich aus einem bereits abgeschlossenen Sachverhalt ergeben ist ausschlieszliglich im Rahmen des Veranlagungs- oder Feststellungsverfahrens zu entscheiden Das gilt auch wenn der Sachverhalt zwar erst nach Antragstellung aber vor der Entscheidung uumlber den Antrag verwirklicht wird

353 Eine Auskunft kann auch erteilt werden wenn der Antragsteller eine Auskunft fuumlr die ernsthaft geplante Umgestaltung eines bereits vorliegenden Sachverhalts begehrt Das gilt insbesondere bei Sachverhalten die wesentliche Auswirkungen in die Zukunft haben (zB Dauersachverhalte) Bei Dauersachverhalten richtet sich das zeitliche Ausmaszlig der Bindungswirkung nach dem Auskunftsantrag soweit die Finanzbehoumlrde nicht aus materiell-rechtlichen Gruumlnden von den zeitlichen Vorstellungen des Antragstellers abweicht (zB wegen Verlaumlngerung oder Verkuumlrzung des Abschreibungszeitraumes) und deshalb ihre Auskunft fuumlr einen anderen Zeitraum erteilt

354 Verbindliche Auskuumlnfte sollen nicht erteilt werden in Angelegenheiten bei denen die Erzielung eines Steuervorteils im Vordergrund steht (zB Pruumlfung von Steuersparmodellen Feststellung der Grenzpunkte fuumlr das Handeln eines ordentlichen Geschaumlftsleiters) Die Befugnis nach pflichtgemaumlszligem Ermessen auch in anderen Faumlllen die Erteilung verbindlicher Auskuumlnfte abzulehnen bleibt unberuumlhrt (zB wenn zu dem Rechtsproblem eine gesetzliche Regelung eine houmlchstrichterliche Entscheidung oder eine Verwaltungsanweisung in absehbarer Zeit zu erwarten ist)

355 Anders als die fruumlhere Auskunft mit Bindungswirkung nach Treu und Glauben ist die verbindliche Auskunft nach sect 89 Abs 2 AO ein Verwaltungsakt Die verbindliche Auskunft (auch wenn sie nicht der Rechtsauffassung des Antragstellers entspricht) und die Ablehnung der Erteilung einer verbindlichen Auskunft sind schriftlich zu erteilen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen Die Bekanntgabe richtet sich nach sect 122 AO und den Regelungen zu sect 122 AO In den Faumlllen des sect 1 Abs 2 StAuskV ist die Auskunft allen Beteiligten gegenuumlber einheitlich zu erteilen und dem von ihnen bestellten Empfangsbevollmaumlchtigten bekannt zu geben

356 Die verbindliche Auskunft hat zu enthalten

- den ihr zugrunde gelegten Sachverhalt dabei kann auf den im Antrag dargestellten Sachverhalt Bezug genommen werden

- die Entscheidung uumlber den Antrag die zugrunde gelegten Rechtsvorschriften und die dafuumlr maszliggebenden Gruumlnde dabei kann auf die im Antrag dargelegten Rechtsvorschriften und Gruumlnde Bezug genommen werden

- eine Angabe daruumlber fuumlr welche Steuern und fuumlr welchen Zeitraum die verbindliche Auskunft gilt

357 Die verbindliche Auskunft regelt dabei lediglich wie die Finanzbehoumlrde eine ihr zur Pruumlfung gestellte hypothetische Gestaltung gegenwaumlrtig beurteilt Es besteht kein Anspruch auf einen bestimmten rechtmaumlszligigen Inhalt einer verbindlichen Auskunft (vgl BFH-Urteil vom 2922012 IX R 1111 BStBl II S 651)

358 Ist vor einer Entscheidung uumlber die Erteilung einer verbindlichen Auskunft die Anhoumlrung eines Beteiligten oder die Mitwirkung einer anderen Behoumlrde oder eines Ausschusses vorgesehen so darf die verbindliche Auskunft erst nach Anhoumlrung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behoumlrde oder des Ausschusses erteilt werden

36 Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft

361 Die von der nach sect 89 Abs 2 Satz 2 und 3 AO zustaumlndigen Finanzbehoumlrde erteilte verbindliche Auskunft ist fuumlr die Besteuerung des Antragstellers nur dann bindend wenn der spaumlter verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht (sect 2 Abs 1 Satz 1 StAuskV) Die Bindungswirkung tritt daher nicht ein wenn der tatsaumlchlich verwirklichte Sachverhalt mit dem bei der Beantragung der verbindlichen Auskunft vorgetragenen Sachverhalt in wesentlichen Punkten nicht uumlbereinstimmt Eine vom Bundeszentralamt fuumlr Steuern nach sect 89 Abs 2 Satz 3 AO rechtmaumlszligig erteilte verbindliche Auskunft bindet auch das Finanzamt das bei Verwirklichung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts zustaumlndig ist

362 Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge geht die Bindungswirkung entsprechend sect 45 AO auf den Rechtsnachfolger uumlber Bei Einzelrechtsnachfolge erlischt die Bindungswirkung Die Bindungswirkung tritt daher nicht ein wenn der Sachverhalt nicht durch den Antragsteller sondern durch einen Dritten verwirklicht wurde der nicht Gesamtrechtsnachfolger des Antragstellers ist

363 Ist die verbindliche Auskunft zuungunsten des Steuerpflichtigen rechtswidrig tritt nach sect 2 Abs 1 Satz 2 StAuskV keine Bindungswirkung ein In diesem Fall ist die Steuer nach Maszliggabe der Gesetze und den in diesem Zeitpunkt geltenden Verwaltungsanweisungen zutreffend festzusetzen Die Frage ob sich die

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(rechtswidrige) verbindliche Auskunft zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt ist durch einen Vergleich zwischen zugesagter und rechtmaumlszligiger Behandlung zu beantworten und kann sich nur auf die konkret erteilte Auskunft beziehen

364 Die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft entfaumlllt nach sect 2 Abs 2 StAuskV ohne Zutun der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde ab dem Zeitpunkt in dem die Rechtsvorschriften auf denen die Auskunft beruht aufgehoben oder geaumlndert werden Wird die verbindliche Auskunft in diesem Fall zur Klarstellung aufgehoben hat dies nur deklaratorische Wirkung

365 Eine verbindliche Auskunft nach sect 89 Abs 2 AO kann unter den Voraussetzungen der sectsect 129 bis 131 AO berichtigt zuruumlckgenommen und widerrufen werden Die Korrektur einer verbindlichen Auskunft mit Wirkung fuumlr die Vergangenheit kommt danach insbesondere in Betracht wenn

- die Auskunft durch unlautere Mittel wie arglistige Taumluschung Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist oder

- die Rechtswidrigkeit der Auskunft dem Beguumlnstigten bekannt oder infolge grober Fahrlaumlssigkeit nicht bekannt war

Ist die verbindliche Auskunft von einer sachlich oder oumlrtlich unzustaumlndigen Behoumlrde erlassen worden entfaltet sie von vornherein keine Bindungswirkung

366 Uumlber die Faumllle der sectsect 129 bis 131 AO hinaus kann eine verbindliche Auskunft nach sect 2 Abs 3 StAuskV auch mit Wirkung fuumlr die Zukunft aufgehoben oder geaumlndert werden wenn sich herausstellt dass die erteilte Auskunft unrichtig war

Eine verbindliche Auskunft ist materiell rechtswidrig und damit rechtswidrig iSd sect 2 Abs 3 StAuskV wenn sie ohne Rechtsgrundlage oder unter Verstoszlig gegen materielle Rechtsnormen erlassen wurde oder ermessensfehlerhaft ist Fuumlr die Beurteilung der Rechtmaumlszligigkeit oder Rechtswidrigkeit kommt es auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens also der Bekanntgabe der verbindlichen Auskunft an

Eine Aumlnderung der Rechtsprechung stellt keine Aumlnderung der Rechtslage dar weil sie die bisherige Rechtsauffassung nur richtig stellt also die von Anfang an bestehende Rechtslage klarstellt Daher ist eine verbindliche Auskunft von vornherein unrichtig iSd sect 2 Abs 3 StAuskV wenn sie von einem nach ihrer Bekanntgabe ergangenen FG- oder BFH-Urteil oder einer spaumlter ergangenen Verwaltungsanweisung abweicht Sie ist nicht unrichtig geworden ihre Unrichtigkeit wurde lediglich erst nachtraumlglich erkannt

Die Aufhebung oder Aumlnderung nach sect 2 Abs 3 StAuskV steht im Ermessen der Finanzbehoumlrde EineAufhebung oder Aumlnderung mit Wirkung fuumlr die Zukunft ist zB sachgerecht wenn sich die steuerrechtliche Beurteilung des der verbindlichen Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalts durch die Rechtsprechung oder durch eine Verwaltungsanweisung zum Nachteil des Steuerpflichtigen geaumlndert hat

Dem Vertrauensschutz wird dadurch Rechnung getragen dass die Aufhebung oder Aumlnderung nur mit Wirkung fuumlr die Zukunft erfolgen darf War der Sachverhalt im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Aufhebung oder Aumlnderung bereits im Wesentlichen verwirklicht bleibt die Bindungswirkung bestehen wenn der spaumlter verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht

367 Der Steuerpflichtige ist vor einer Korrektur der verbindlichen Auskunft zu houmlren (sect 91 Abs 1 AO)

368 Im Einzelfall kann es aus Billigkeitsgruumlnden gerechtfertigt sein von einem Widerruf der verbindlichen Auskunft abzusehen oder die Wirkung des Widerrufs zu einem spaumlteren Zeitpunkt eintreten zu lassen Eine solche Billigkeitsmaszlignahme wird in der Regel jedoch nur dann geboten sein wenn sich der Steuerpflichtige nicht mehr ohne erheblichen Aufwand bzw unter betraumlchtlichen Schwierigkeiten von den im Vertrauen auf die Auskunft getroffenen Dispositionen oder eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen zu loumlsen vermag

369 Die Regelungen in Nrn 361 bis 368 des AEAO zu sect 89 gelten in den Faumlllen des sect 1 Abs 3 StAuskV fuumlr die Person Personenvereinigung oder Vermoumlgensmasse die den Sachverhalt verwirklicht hat entsprechend

37 Rechtsbehelfsmoumlglichkeiten

Gegen die erteilte verbindliche Auskunft wie auch gegen die Ablehnung der Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist der Einspruch gegeben (sect 347 AO) Im auszligergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren ist die Sache in vollem Umfang d h auch in materiell-rechtlicher Hinsicht zu pruumlfen (sect 367 Abs 2 AO) Weicht die Finanzbehoumlrde bei der Erteilung der verbindlichen Auskunft vom Rechtsstandpunkt des Antragstellers ab (sog Negativauskunft) ist der Inhalt der erteilten verbindlichen Auskunft im gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren nur auf seine sachliche Richtigkeit hin zu pruumlfen d h darauf ob die Finanzbehoumlrde den zur Pruumlfung gestellten Sachverhalt zutreffend erfasst hat und die gegenwaumlrtige rechtliche Einordnung des zur Pruumlfung gestellten Sachverhalts in sich schluumlssig und nicht evident rechtsfehlerhaft ist Eine materiell-rechtliche Uumlberpruumlfung der finanzbehoumlrdlichen Auffassung durch das

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Gericht bleibt mangels Bindungswirkung der Negativauskunft (vgl Nr 363 des AEAO zu sect 89) einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den spaumlteren SteuerbescheidFeststellungsbescheid vorbehalten (vgl BFH-Urteil vom 2922012 IX R 1111 BStBl II S 651)

4 Gebuumlhren fuumlr die Bearbeitung von Antraumlgen auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft (sect 89 Abs 3 bis 7 AO)

41 Gebuumlhrenpflicht

411 sect 89 Abs 3 bis 7 AO in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1112011 (BGBl I S 2131) ist erstmals auf Antraumlge anzuwenden die nach dem 4112011 bei der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde eingegangen sind (Art 97 sect 25 EGAO) Fuumlr Antraumlge die nach dem 18122006 und vor dem 5112011 bei der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde eingegangen sind richtet sich die Gebuumlhrenerhebung nach sect 89 Abs 3 bis 5 AO in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13122006 (BGBl I S 2878)

412 Gebuumlhren sind nicht nur zu erheben wenn die beantragte Auskunft erteilt wird sect 89 Abs 3 Satz 1 AO ordnet eine Gebuumlhrenpflicht fuumlr die Bearbeitung eines Auskunftsantrags an Gebuumlhren sind daher grundsaumltzlich auch dann zu entrichten wenn die Finanzbehoumlrde in ihrer verbindlichen Auskunft eine andere Rechtsauffassung als der Antragsteller vertritt wenn sie die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ablehnt oder wenn der Antrag zuruumlckgenommen wird Zur Moumlglichkeit einer Gebuumlhrenermaumlszligigung vgl AEAO zu sect 89 Nr 45

413 Die Gebuumlhr wird fuumlr jeden Antrag auf verbindliche Auskunft festgesetzt Es handelt sich jeweils um einen Antrag soweit sich die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts auf einen Steuerpflichtigen bezieht Dieser Sachverhalt kann sich auf mehrere Steuerarten auswirken In den Faumlllen des sect 1 Abs 2 StAuskV gelten die Gesellschafter und die Gesellschaft bei der Gebuumlhrenberechnung als ein Steuerpflichtiger In Umwandlungsfaumlllen ist jeder abgebende uumlbernehmende oder entstehende Rechtstraumlger eigenstaumlndig zu beurteilen

414 Die Gebuumlhrenpflicht gilt nicht fuumlr Antraumlge auf verbindliche Zusagen auf Grund einer Auszligenpruumlfung nach sectsect 204 ff AO oder fuumlr Lohnsteueranrufungsauskuumlnfte nach sect 42e EStG Sie gilt auch nicht fuumlr Anfragen die keine verbindliche Auskunft des Finanzamts iSd sect 89 Abs 2 AO zum Ziel haben

42 Gegenstandswert

421 Die Gebuumlhr richtet sich grundsaumltzlich nach dem Wert den die Auskunft fuumlr den Antragsteller hat (Gegenstandswert sect 89 Abs 4 Satz 1 AO)

422 Maszliggebend fuumlr die Bestimmung des Gegenstandswerts ist die steuerliche Auswirkung des vom Antragsteller dargelegten Sachverhalts Die steuerliche Auswirkung ist in der Weise zu ermitteln dass der Steuerbetrag der bei Anwendung der vom Antragsteller vorgetragenen Rechtsauffassung entstehen wuumlrde dem Steuerbetrag gegenuumlberzustellen ist der entstehen wuumlrde wenn die Finanzbehoumlrde eine entgegengesetzte Rechtsauffassung vertreten wuumlrde

423 Bei Dauersachverhalten ist auf die durchschnittliche steuerliche Auswirkung eines Jahres abzustellen (vgl auch AEAO zu sect 89 Nr 353)

424 Die Gebuumlhr wird nach sect 89 Abs 5 Satz 1 AO in entsprechender Anwendung des sect 34 GKG mit einem Gebuumlhrensatz von 10 erhoben sect 34 GKG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 2372013 (BGBl I S 2586) ist dabei in entsprechender Anwendung des sect 71 Abs 1 GKG erstmals auf Antraumlge anzuwenden die nach dem 3172013 bei der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde eingegangen sind Fuumlr Antraumlge die vor dem 182013 bei der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde eingegangen sind ist sect 34 GKG in der bis zum 3172013 geltenden Fassung weiterhin entsprechend anzuwenden

Der Gegenstandswert ist in entsprechender Anwendung des sect 39 Abs 2 GKG auf 30 Mio euro begrenzt (sect 89 Abs 5 Satz 2 AO) Die Gebuumlhr betraumlgt damit houmlchstens 91456 euro bei ab dem 182013 gestellten Antraumlgen houmlchstens 109736 euro Betraumlgt der Gegenstandswert weniger als 10000 euro wird keine Gebuumlhr erhoben (sect 89 Abs 5 Satz 3 AO)

425 Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die fuumlr seine Bestimmung maszliggeblichen Umstaumlnde bereits in seinem Auskunftsantrag darlegen (sect 89 Abs 4 Satz 2 AO) Diese Darlegung erfordert schluumlssige und nachvollziehbare Angaben fehlen derartige Angaben oder sind sie unzureichend ist der Antragsteller hierauf hinzuweisen und um entsprechende Ergaumlnzung seines Antrags oder um Erlaumluterung zu bitten warum er keine Angaben machen kann

426 Den Angaben des Antragstellers ist im Regelfall zu folgen Eine Ermittlung des Gegenstandswerts durch das Finanzamt ist nur dann geboten wenn der Antragsteller keine Angaben machen kann oder wenn seine Angaben zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis fuumlhren wuumlrden (sect 89 Abs 4 Satz 3 AO)

427 Will das Finanzamt von dem erklaumlrten Gegenstandswert abweichen oder konnte der Antragsteller keine Angaben zum Gegenstandswert machen ist dem Antragsteller vor Erlass des Gebuumlhrenbescheids rechtliches Gehoumlr (sect 91 AO) zu gewaumlhren Die Bearbeitung des Auskunftsantrags soll bis zum Eingang

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der Stellungnahme des Antragstellers houmlchstens aber bis zum Ablauf der (regelmaumlszligig einmonatigen) Frist zur Stellungnahme zuruumlckgestellt werden

43 Zeitgebuumlhr

431 Beziffert der Antragsteller den Gegenstandswert nicht und ist der Gegenstandswert auch nicht durch Schaumltzung bestimmbar ist eine Zeitgebuumlhr zu berechnen (sect 89 Abs 6 Satz 1 1 Halbsatz AO) Die Zeitgebuumlhr betraumlgt 50 euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit (sect 89 Abs 6 Satz 1 2 Halbsatz AO) Betraumlgt bei der Gebuumlhrenbemessung nach dem Zeitwert die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden wird keine Gebuumlhr erhoben (sect 89 Abs 6 Satz 2 AO)

432 Wird eine solche Zeitgebuumlhr erhoben ist der zeitliche Aufwand fuumlr die Bearbeitung des Antrags auf verbindliche Auskunft zu dokumentieren Zur Bearbeitungszeit rechnen nur die Zeiten in denen der vorgetragene Sachverhalt ermittelt und dessen rechtliche Wuumlrdigung gepruumlft wurde Waren vorgesetzte Finanzbehoumlrden wegen der besonderen Bedeutung des Einzelfalls oder der grundsaumltzlichen Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen hinzuzuziehen ist die dortige Bearbeitungszeit ebenfalls zu beruumlcksichtigen soweit sie dem konkreten Auskunftsantrag individuell zuzuordnen ist

44 Gebuumlhrenfestsetzung

441 Die Gebuumlhr ist durch schriftlichen Bescheid gegenuumlber dem Antragsteller festzusetzen Bekanntgabevollmachten sind zu beachten Der Antragsteller hat die Gebuumlhr innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Bescheids zu entrichten (sect 89 Abs 3 Satz 2 AO)

Auf die Gebuumlhr sind die Vorschriften der AO grundsaumltzlich sinngemaumlszlig anzuwenden (vgl im Einzelnen AEAO zu sect 1 Nr 3) Die Gebuumlhrenfestsetzung kann nach sectsect 129 bis 131 AO korrigiert werden Gegen die Gebuumlhrenfestsetzung ist der Einspruch gegeben (sect 347 AO)

442 Die Entscheidung uumlber den Antrag auf verbindliche Auskunft soll bis zur Zahlung der Gebuumlhr zuruumlckgestellt werden wenn der Zahlungseingang nicht gesichert erscheint In derartigen Faumlllen ist im Gebuumlhrenbescheid darauf hinzuweisen dass uumlber den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft erst nach Zahlungseingang entschieden wird

45 Ermaumlszligigung der Gebuumlhr

451 Die Gebuumlhr nach sect 89 Abs 3 bis 6 AO entsteht auch fuumlr die Bearbeitung eines Antrags auf verbindliche Auskunft der die formalen Voraussetzungen nicht erfuumlllt (Beispiel der Antrag beinhaltet keine ausfuumlhrliche Darlegung des Rechtsproblems oder keine eingehende Begruumlndung des Rechtsstandpunkts des Antragstellers) Vor einer Ablehnung eines Antrags aus formalen Gruumlnden hat die Finanzbehoumlrde den Antragsteller auf diese Maumlngel und auf die Moumlglichkeit der Ergaumlnzung oder Ruumlcknahme des Antrags hinzuweisen

452 Wird ein Antrag vor Bekanntgabe der Entscheidung uumlber den Antrag auf verbindliche Auskunft zuruumlckgenommen kann die Gebuumlhr ermaumlszligigt werden (sect 89 Abs 7 Satz 2 AO) Hierbei ist wie folgt zu verfahren

- Hat die Finanzbehoumlrde noch nicht mit der Bearbeitung des Antrags begonnen ist die Gebuumlhr auf Null zu ermaumlszligigen In diesem Fall kann aus Vereinfachungsgruumlnden bereits von der Erteilung eines Gebuumlhrenbescheids abgesehen werden

- Hat die Finanzbehoumlrde bereits mit der Bearbeitung des Antrags begonnen ist der bis zur Ruumlcknahme des Antrags angefallene Bearbeitungsaufwand angemessen zu beruumlcksichtigen und die Gebuumlhr anteilig zu ermaumlszligigen

5 Anwendung der StAuskV

Die StAuskV gilt fuumlr alle verbindlichen Auskuumlnfte die ab Inkrafttreten des sect 89 Abs 2 AO (1292006) erteilt worden sind Fuumlr Auskuumlnfte mit Bindungswirkung nach Treu und Glauben die bis zum 1192006 erteilt worden sind sind die Regelungen in Nrn 4 und 5 des BMF-Schreibens vom 29122003 BStBl I S 742 weiter anzuwenden

AEAO zu sect 90 - Mitwirkungspflichten der Beteiligten

1 Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Pflichten gem sect 90 Abs 2 AO und ist der Sachverhalt nicht anderweitig aufklaumlrbar so kann zu seinem Nachteil von einem Sachverhalt ausgegangen werden fuumlr den unter Beruumlcksichtigung der Beweisnaumlhe des Steuerpflichtigen und seiner Verantwortung fuumlr die Aufklaumlrung des Sachverhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht Insbesondere dann wenn die Mitwirkungspflicht sich auf Tatsachen und Beweismittel aus dem alleinigen Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen bezieht koumlnnen aus seiner Pflichtverletzung fuumlr ihn nachteilige Schlussfolgerungen gezogen werden (BFH-Beschluss vom 1731997 I B 12395 BFHNV S 730)

2 Zu den Folgen der Verletzung der Aufzeichnungs- und Vorlagepflicht nach sect 90 Abs 3 AO vgl sect 162 Abs 3 und 4 AO

3 Zu den Grundsaumltzen fuumlr die Pruumlfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahe stehenden Personen mit grenzuumlberschreitenden Geschaumlftsbeziehungen in Bezug auf Ermittlungs- und Mitwirkungspflichten

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Berichtigungen sowie auf Verstaumlndigungs- und EU-Schiedsverfahren (Verwaltungsgrundsaumltze-Verfahren) vgl BMF-Schreiben vom 1242005 BStBl I S 570

AEAO zu sect 91 - Anhoumlrung Beteiligter

1 Im Besteuerungsverfahren aumluszligert sich der Beteiligte zu den fuumlr die Entscheidung erheblichen Tatsachen regelmaumlszligig in der Steuererklaumlrung Will die Finanzbehoumlrde von dem erklaumlrten Sachverhalt zuungunsten des Beteiligten wesentlich abweichen so muss sie den Beteiligten hiervon vor Erlass des Steuerbescheids oder sonstigen Verwaltungsakts unterrichten Der persoumlnlichen (ggf fernmuumlndlichen) Kontaktaufnahme mit dem Steuerpflichtigen kommt hierbei besondere Bedeutung zu Sind die steuerlichen Auswirkungen der Abweichung nur gering so genuumlgt es die Abweichung im Steuerbescheid zu erlaumlutern

2 Eine versehentlich unterbliebene Anhoumlrung der Beteiligten kann nach Erlass des Steuerbescheids nachgeholt und die Fehlerhaftigkeit des Bescheids dadurch geheilt werden (sect 126 Abs 1 Nr 3 AO)

3 Ist die erforderliche Anhoumlrung eines Beteiligten unterblieben und dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versaumlumt worden so ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewaumlhren (sect 126 Abs 3 iVm sect 110 AO) Die unterlassene Anhoumlrung ist im Allgemeinen nur dann fuumlr die Versaumlumung der Einspruchsfrist ursaumlchlich wenn die notwendigen Erlaumluterungen auch im Verwaltungsakt selbst unterblieben sind (BFH-Urteil vom 13121984 VIII R 1981 BStBl 1985 II S 601)

4 Zur Erteilung von Auskuumlnften uumlber zu einer Person gespeicherten Daten einschlieszliglich der Akteneinsicht im Steuerfestsetzungsverfahren vgl BMF-Schreiben vom 17122008 BStBl 2009 I S 6

5 Wegen des zwingenden oumlffentlichen Interesses (sect 91 Abs 3 AO) Hinweis auf sect 30 Abs 4 Nr 5 und sect 106 AO deren Grundsaumltze entsprechend anzuwenden sind

AEAO zu sect 92 - Beweismittel

Die Finanzbehoumlrden sind verpflichtet die Steuern nach Maszliggabe der Gesetze gleichmaumlszligig festzusetzen und zu erheben (sect 85 AO) Sie muumlssen dazu den steuererheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufklaumlren (sect 88 AO) Hierbei sind sie auf die gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkung der Beteiligten (sect 90 AO) angewiesen

Es besteht dabei zwar keine Verpflichtung der Finanzbehoumlrden in jedem Fall alle Angaben des Beteiligten auf Vollstaumlndigkeit und Richtigkeit zu pruumlfen (vgl AEAO zu sect 88) soweit die Finanzbehoumlrde im Einzelfall jedoch Anlass dazu sieht hat sie die Angaben des Beteiligten zu uumlberpruumlfen Anderenfalls ergaumlbe sich eine Steuerbelastung die nahezu allein auf der Erklaumlrungsbereitschaft und der Ehrlichkeit des einzelnen Beteiligten beruhte (vgl BVerfG-Urteil vom 2761991 2 BvR 149389 BStBl II S 654)

Die Finanzbehoumlrde kann sich zur Ermittlung des steuerrelevanten Sachverhalts aller Beweismittel bedienen die sie nach pflichtgemaumlszligem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts fuumlr erforderlich haumllt (sect 92 AO) Die Erforderlichkeit der Beweiserhebung ist von der Finanzbehoumlrde nach den Umstaumlnden des jeweiligen Einzelfalles im Wege der Prognose zu beurteilen

AEAO zu sect 93 - Auskunftspflicht der Beteiligten und anderer Personen

1 Auskunftsersuchen nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO

Auskunftsersuchen nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO sind im gesamten Besteuerungsverfahren dh auch im Rechtsbehelfsverfahren oder im Vollstreckungsverfahren (sect 249 Abs 2 Satz 1 AO BFH-Urteil vom 2222000 VII R 7398 BStBl II S 366) moumlglich Im Rahmen der Auszligenpruumlfung und der Steuerfahndung sind die Regelungen in sectsect 200 208 210 und 211 AO zu beachten Im Steuerstraf- und shybuszliggeldverfahren gelten nach sect 385 Abs 1 und sect 410 Abs 1 AO die Vorschriften der StPO und des OWiG

11 Allgemeines Voraussetzungen

111 Voraussetzung fuumlr ein Auskunftsersuchen nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO ist dass die Heranziehung eines Auskunftspflichtigen im Einzelfall aufgrund hinreichender konkreter Umstaumlnde oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen geboten ist (vgl BFH-Urteile vom 29101986 VII R 8285 BStBl 1988 II S 359 und vom 1831987 II R 3586 BStBl II S 419) Unter dieser Voraussetzung sind grundsaumltzlich auch Sammelauskunftsersuchen zulaumlssig (vgl BFH-Urteil vom 24101989 VII R 187 BStBl 1990 II S 198) Unzulaumlssig sind Auskunftsersuchen bdquoins Blaue hineinldquo (vgl BFH-Urteil vom 23101990 VIII R 186 BStBl 1991 II S 277) Daruumlber hinaus muumlssen die Auskunft zur Sachverhaltsaufklaumlrung geeignet und notwendig die Pflichterfuumlllung fuumlr den Betroffenen moumlglich und dessen Inanspruchnahme geeignet erforderlich und zumutbar sein (vgl BFH-Urteile vom 29101986 VII R 8285 und vom 24101989 VII R 187 jeweils aaO) Die Erforderlichkeit eines Auskunftsersuchens ist von der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde nach den Umstaumlnden des Einzelfalles und unter Beruumlcksichtigung allgemeiner Erfahrungen im Wege der Prognose zu beurteilen Die Erforderlichkeit setzt keinen begruumlndeten Verdacht voraus dass steuerrechtliche Unregelmaumlszligigkeiten vorliegen es genuumlgt wenn aufgrund konkreter Momente oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen ein Auskunftsersuchen angezeigt ist (vgl BFH-Urteil vom 1731992 VII R 12291 BFHNV S 791)

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112 Die Finanzaumlmter koumlnnen Auskunftsersuchen an die Beteiligten (sect 78 AO) aber auch an andere Personen richten wenn das Ersuchen zur Feststellung eines fuumlr die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlich ist

113 Im Auskunftsersuchen ist anzugeben woruumlber Auskunft erteilt werden soll und fuumlr die Besteuerung welcher Person die Auskunft angefordert wird (sect 93 Abs 2 Satz 1 AO) Zur Begruumlndung des Ersuchens reicht im Allgemeinen die Angabe der Rechtsgrundlage sowie bei einem Auskunftsersuchen an einen Dritten der Hinweis aus dass die Sachverhaltsaufklaumlrung durch die Beteiligten nicht zum Ziele gefuumlhrt hat oder keinen Erfolg verspricht Eine Begruumlndung des Auskunftsersuchens hinsichtlich der Frage warum die Finanzbehoumlrde einen bestimmten Auskunftspflichtigen vor einem anderen Auskunftsverpflichteten in Anspruch nimmt ist nur erforderlich wenn gewichtige Anhaltspunkte dafuumlr bestehen dass der andere vorrangig in Anspruch zu nehmen sein koumlnnte (BFH-Urteil vom 2222000 VII R 7398 BStBl II S 366)

114 Auskunftsersuchen nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO sind Verwaltungsakte iSd sect 118 AO Fuumlr Auskunftsersuchen ist keine bestimmte Form vorgesehen (sect 119 Abs 2 AO) Regelmaumlszligig ist jedoch Schriftform angebracht (vgl sect 93 Abs 2 Satz 2 AO) Im Auskunftsersuchen ist eine angemessene Frist zur Auskunftserteilung zu bestimmen sowie anzugeben in welcher Form die Auskunft erteilt werden soll (vgl sect 93 Abs 4 AO)

12 Zulaumlssigkeit von Auskunftsersuchen an Dritte

121 Die Auskunftspflicht anderer Personen ist wie die prozessuale Zeugenpflicht eine allgemeine Staatsbuumlrgerpflicht und verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl BFH-Urteil vom 2222000 VII R 7398 BStBl II S 366 und Beschluss des BVerfG vom 15112000 1 BvR 121300 BStBl 2002 II S 142) Eine Auskunftspflicht besteht nicht soweit dem Dritten ein Auskunftsverweigerungsrecht zusteht (vgl sectsect 101 bis 103 AO) Zu Auskunftsersuchen gegenuumlber Telekommunikationdienstleistern vgl AEAO zu sect 93 Nr 127

122 An Dritte soll mit Auskunftsersuchen erst herangetreten werden wenn die Sachverhaltsaufklaumlrung durch die Beteiligten selbst nicht zum Ziel fuumlhrt oder keinen Erfolg verspricht (sect 93 Abs 1 Satz 3 AO) Unerheblich ist dabei worauf dies zuruumlckzufuumlhren ist Ob die Voraussetzungen des sect 93 Abs 1 Satz 3 AO vorliegen entscheidet die Finanzbehoumlrde im Einzelfall anhand einer Prognoseentscheidung nach pflichtgemaumlszligem Ermessen (vgl BFH-Urteil vom 2222000 VII R 7398 aaO)

Die Sachaufklaumlrung durch die Beteiligten hat nicht zum Ziel gefuumlhrt wenn sie zwar versucht worden ist aber letztlich nicht gelungen ist Unerheblich ist dabei insbesondere ob die Beteiligten den Sachverhalt nicht aufklaumlren konnten oder wollten

Die Sachaufklaumlrung durch die Beteiligten verspricht keinen Erfolg wenn sie nach den Umstaumlnden des Einzelfalles oder nach den bisherigen Erfahrungen der Finanzbehoumlrde mit den Beteiligten nicht zu erwarten ist

123 Auskunftsersuchen an Dritte koumlnnen insbesondere geboten sein wenn die Beteiligten keine eigenen Kenntnisse uumlber den relevanten Sachverhalt besitzen und eine Auskunft daher ohne Hinzuziehung Dritter nicht erteilt werden kann in diesem Fall ist das Auskunftsersuchen unmittelbar an denjenigen zu richten der uumlber die entsprechenden Kenntnisse verfuumlgt Ein Auskunftsersuchen an einen Dritten kann aber auch geboten sein wenn eine Auskunft des Beteiligten aufgrund konkreter Umstaumlnde von vorneherein als unwahr zu werten waumlre

124 Auskunftsbegehren duumlrfen auch dann an Dritte gerichtet werden wenn der Steuerpflichtige unbekannt ist und ein hinreichender Anlass aufgrund konkreter Umstaumlnde oder allgemeiner auch branchenspezifischer Erfahrungen besteht (BFH-Urteil vom 4102006 VIII R 5304 BStBl 2007 II S 227) sect 93 Abs 1 AO ist nicht auf die Faumllle beschraumlnkt in denen Anhaltspunkte vorliegen die die Annahme rechtfertigen dass moumlglicherweise eine Steuerschuld entstanden oder die Steuer verkuumlrzt worden ist Nur wenn klar und eindeutig jeglicher Anhaltspunkt fuumlr die Steuererheblichkeit fehlt ist ein Auskunftsverlangen unzulaumlssig (vgl BFH-Urteil vom 23101990 VIII R 186 BStBl 1991 II S 277)

125 Ein Dritter kann sich seinen Auskunftspflichten nicht mit dem Hinweis auf die Moumlglichkeit entziehen auch andere seien zur gewuumlnschten Auskunft in der Lage sect 93 Abs 1 Satz 3 AO sieht keine Rangfolge vor welche von mehreren - moumlglicherweise - als Auskunftspflichtige in Betracht kommenden Personen in Anspruch zu nehmen ist (vgl BFH-Urteil vom 2222000 VII R 7398 aaO)

Die Auswahl hat nach pflichtgemaumlszligem Ermessen zu erfolgen Dabei ist auch eine Interessenabwaumlgung zwischen den besonderen Belastungen denen ein Auskunftsverpflichteter ausgesetzt ist und dem Interesse der Allgemeinheit an der moumlglichst gleichmaumlszligigen Festsetzung und Erhebung der Steueranspruumlche vorzunehmen Die Beantwortung eines Auskunftsersuchens ist idR auch dann zumutbar wenn mit dessen Befolgung eine nicht unverhaumlltnismaumlszligige Beeintraumlchtigung eigenwirtschaftlicher Interessen verbunden ist (vgl BVerfG-Beschluss vom 15112000 1 BvR 121300 aaO)

126 Vor Befragung eines Dritten soll der Beteiligte falls der Ermittlungszweck nicht gefaumlhrdet wird uumlber die Moumlglichkeit eines Auskunftsersuchens gegenuumlber Dritten informiert werden um es gegebenenfalls abwenden zu koumlnnen und damit zu verhindern dass seine steuerlichen Verhaumlltnisse Dritten bekannt

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werden Falls der Ermittlungszweck nicht gefaumlhrdet wird ist der Beteiligte uumlber das Auskunftsersuchen zu informieren

127 Bestandsdaten gem sect 3 Nr 3 TKG wie Name Anschrift Bankverbindung und Rufnummer des Anschlussinhabers unterliegen - im Gegensatz zu Verbindungsdaten - nicht dem Fernmeldegeheimnis nach sect 88 TKG sect 88 Abs 3 Satz 3 TKG steht daher einer Auskunftserteilung aufgrund von Auskunftsersuchen der Finanzbehoumlrden nicht entgegen

Richten die Finanzbehoumlrden im Besteuerungsverfahren derartige Auskunftsersuchen an Unternehmen und Personen die geschaumlftsmaumlszligig Telekommunikationsdienste erbringen oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirken sind diese Unternehmen daher zur Auskunftserteilung verpflichtet Art und Umfang der Auskunftserteilung bestimmt sich dabei ausschlieszliglich nach sect 93 AO (ggf iVm sect 208 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und Satz 3 AO) Entgegenstehende Regelungen in Allgemeinen Geschaumlftsbedingungen der og Unternehmen und Personen treten demgegenuumlber zuruumlck

128 Koumlnnen Bank- und Depotverbindungen des Steuerpflichtigen sowohl durch einen Kontenabruf als auch durch ein Auskunftsersuchen an Dritte ermittelt werden ist bei der Auswahl des Ermittlungsinstruments auch zu beruumlcksichtigen dass ein Kontenabruf den Betroffenen im Einzelfall weniger beeintraumlchtigen kann als Auskunftsersuchen gegenuumlber Dritten Denn anders als bei Auskunftsersuchen nach sect 93 Abs 1 AO erfaumlhrt bei Kontenabrufen kein Dritter von den steuerlichen Verhaumlltnissen des Betroffenen insbesondere vom Vorliegen von Steuerruumlckstaumlnden Die Kreditinstitute duumlrfen von der Durchfuumlhrung eines Kontenabrufs keine Kenntnis erlangen (sect 93b Abs 4 AO iVm sect 24c Abs 1 Satz 6 KWG) Daher kann ein Kontenabruf auch nicht zu negativen Folgen fuumlr einen Bankkunden fuumlhren

129 sect 30a AO steht einem Auskunftsersuchen an Kreditinstitute nicht entgegen (sect 30a Abs 5 AO vgl AEAO zu sect 30a Nr 2 AO)

2 Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 AO in der ab dem 112009 geltenden Fassung

21 Die Finanzbehoumlrde kann unter den Voraussetzungen des sect 93 Abs 7 AO bei den Kreditinstituten uumlber das Bundeszentralamt fuumlr Steuern folgende Bestandsdaten zu Konten- und Depotverbindungen abrufen

- die Nummer eines Kontos das der Verpflichtung zur Legitimationspruumlfung iSd sect 154 Abs 2 Satz 1 AO unterliegt oder eines Depots

- der Tag der Errichtung und der Tag der Aufloumlsung des Kontos oder Depots

- der Name sowie bei natuumlrlichen Personen der Tag der Geburt des Inhabers und eines Verfuumlgungsberechtigten sowie

- der Name und die Anschrift eines abweichend wirtschaftlich Berechtigten (sect 1 Abs 6 GwG)

Kontenbewegungen und Kontenstaumlnde koumlnnen auf diesem Weg nicht ermittelt werden

Die Verpflichtung der Kreditinstitute Daten fuumlr einen Kontenabruf durch das Bundeszentralamt fuumlr Steuern bereitzuhalten ergibt sich unmittelbar aus sect 93b AO iVm sect 24c KWG und bedarf daher keines Verwaltungsakts

22 Ein Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 AO ist nur in den gesetzlich abschlieszligend aufgezaumlhlten Faumlllen moumlglich

221 Steuerpflichtige deren persoumlnlicher Steuersatz niedriger ist als der Abgeltungsteuersatz koumlnnen nach sect 32d Abs 6 EStG beantragen dass ihre Einkuumlnfte nach sect 20 EStG im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung ihrem individuellen niedrigeren Steuersatz unterworfen werden (Guumlnstigerpruumlfung) In diesem Fall muss der Steuerpflichtige saumlmtliche Kapitalertraumlge erklaumlren (sect 32d Abs 6 Satz 2 und 3 EStG) Die Finanzbehoumlrden muumlssen daher pruumlfen koumlnnen ob neben den erklaumlrten Einkuumlnften noch andere Einkuumlnfte nach sect 20 EStG vorliegen (vgl sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 1 AO)

222 In den Faumlllen des sect 2 Abs 5b Satz 2 EStG ist - letztmals fuumlr den Veranlagungszeitraum 2011 - die Kenntnis aller vom Steuerpflichtigen erzielten Kapitalertraumlge iSd sect 32d Abs 1 und sect 43 Abs 5 EStG erforderlich Die Finanzbehoumlrden muumlssen deshalb pruumlfen koumlnnen ob neben erklaumlrten Einnahmen bisher nicht erklaumlrte Kapitalertraumlge vorliegen (vgl sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 2 AO in der bis 31122011 geltenden Fassung) Die am 31122011 geltende Fassung des sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 2 AO ist nach Art 97 sect 26 EGAO fuumlr Veranlagungszeitraumlume vor 2012 weiterhin anzuwenden

223 sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 3 AO dient der Verifikation von Einkuumlnften nach sect 20 und sect 23 Abs 1 EStG fuumlr die Veranlagungszeitraumlume bis einschlieszliglich 2008

224 Nach sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 4 AO ist ein Kontenabruf zulaumlssig wenn er zur Erhebung (einschlieszliglich der Vollstreckung) von bundesgesetzlich geregelten Steuern mithin auch von Landessteuern die durch Bundesgesetz geregelt sind erforderlich ist (zur Erforderlichkeit vgl AEAO zu sect 93 Nr 23) Bei der Geltendmachung von Haftungsanspruumlchen ist ein Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 4 AO nur zur Erhebung (einschlieszliglich der Vollstreckung) von Haftungsanspruumlchen zulaumlssig nicht zur Vorbereitung der Festsetzung eines Haftungsanspruchs

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225 In den Faumlllen der Nrn 221 bis 223 des AEAO zu sect 93 ist ein Kontenabruf nur zulaumlssig wenn er im Einzelfall zur Festsetzung der Einkommensteuer erforderlich ist (vgl dazu AEAO zu sect 93 Nr 23) Des Weiteren darf in den Faumlllen der Nrn 221 bis 224 des AEAO zu sect 93 ein Abrufersuchen nur dann erfolgen wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel gefuumlhrt hat oder keinen Erfolg verspricht (sect 93 Abs 7 Satz 2 AO) Da im Vollstreckungsverfahren eine Gefaumlhrdung der Ermittlungszwecke zu befuumlrchten ist wenn der saumlumige Steuerschuldner vor einem Kontenabruf individuell informiert wuumlrde muss eine Information des Betroffenen vor Durchfuumlhrung eines Kontenabrufs nach sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 4 AO unterbleiben (vgl sect 93 Abs 9 Satz 3 Nr 1 AO) Es reicht aus dass saumlumige Steuerschuldner in der Zahlungserinnerung auf die Moumlglichkeiten der Zwangsvollstreckung (einschlieszliglich der Moumlglichkeit eines Kontenabrufs) hingewiesen werden (sect 93 Abs 9 Satz 1 zweiter Halbsatz AO)

226 Daruumlber hinaus ist ein Kontenabruf nur mit Zustimmung des Steuerpflichtigen zulaumlssig (sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 5 AO) Der Steuerpflichtige kann seine Zustimmung zu einem Kontenabruf auf Aufforderung der Finanzverwaltung oder unaufgefordert erteilen

Wenn die Finanzbehoumlrde eine Uumlberpruumlfung der Angaben des Steuerpflichtigen mittels eines Kontenabrufs fuumlr erforderlich haumllt weil sie Zweifel daran hat ob die Angaben des Steuerpflichtigen vollstaumlndig und richtig sind kann sie ihn nach sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 5 AO auffordern zur Aufklaumlrung des Sachverhalts einem Kontenabruf zuzustimmen

In Betracht kommen insbesondere Faumllle in denen aufgeklaumlrt werden soll ob der Steuerpflichtige betriebliche Erloumlse zutreffend in seiner Buchfuumlhrung erfasst hat oder ob steuerpflichtige Einnahmen auf bdquoprivaterdquo Konten geflossen sind Die Finanzbehoumlrden koumlnnen den Steuerpflichtigen auch dann zur Zustimmung zu einem Kontenabruf auffordern wenn noch kein strafrechtlicher Anfangsverdacht vorliegt

Erteilt der Steuerpflichtige trotz Aufforderung die Zustimmung zu einem Kontenabruf nicht und bestehen tatsaumlchliche Anhaltspunkte fuumlr die Unrichtigkeit oder Unvollstaumlndigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermoumlgensmehrungen sind die Besteuerungsgrundlagen nach sect 162 Abs 2 Satz 2 AO zu schaumltzen (vgl auch AEAO zu sect 162 Nr 6)

227 Fuumlr Besteuerungsverfahren auf die die AO nach sect 1 AO nicht unmittelbar anwendbar ist ist ein Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 AO nicht zulaumlssig Fuumlr strafrechtliche Zwecke kann ein Kontenabruf nur nach sect 24c KWG erfolgen Der Kontenabruf entspricht einer elektronischen Einnahme des Augenscheins und stellt einen Realakt dar

23 Ein Kontenabruf steht im Ermessen der Finanzbehoumlrde und kann nur anlassbezogen und zielgerichtet erfolgen und muss sich auf eine eindeutig bestimmte Person beziehen Bei der Ausuumlbung des Ermessens sind die Grundsaumltze der Gleichmaumlszligigkeit der Besteuerung der Verhaumlltnismaumlszligigkeit der Mittel der Erforderlichkeit der Zumutbarkeit der Billigkeit und von Treu und Glauben sowie dasWillkuumlrverbot und das Uumlbermaszligverbot zu beachten (vgl AEAO zu sect 5 Nr 1 AO)

Die Erforderlichkeit die von der Finanzbehoumlrde im Einzelfall im Wege einer Prognose zu beurteilen ist setzt keinen begruumlndeten Verdacht dafuumlr voraus dass steuerrechtliche Unregelmaumlszligigkeiten vorliegen Es genuumlgt vielmehr wenn aufgrund konkreter Momente oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen ein Kontenabruf angezeigt ist (vgl BVerfG-Beschluss vom 13620071 BvR 155003 1 BvR 235704 1 BvR 60305 BStBl II S 896)

24 Die Verantwortung fuumlr die Zulaumlssigkeit des Datenabrufs und der Datenuumlbermittlung traumlgt die ersuchende Finanzbehoumlrde (sect 93b Abs 3 AO) Das Bundeszentralamt fuumlr Steuern darf lediglich pruumlfen ob das Ersuchen plausibel ist

25 Ein Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 AO ist auch zulaumlssig um Konten oder Depots zu ermitteln hinsichtlich derer der Steuerpflichtige zwar nicht Verfuumlgungsberechtigter aber wirtschaftlich Berechtigter ist Dies gilt auch dann wenn der Verfuumlgungsberechtigte nach sect 102 AO die Auskunft verweigern koumlnnte (zB im Fall von Anderkonten von Anwaumllten) Denn ein Kontenabruf erfolgt bei dem Kreditinstitut und nicht bei dem Berufsgeheimnistraumlger Das Kreditinstitut hat aber kein Auskunftsverweigerungsrecht und muss daher auch nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO Auskunft geben daruumlber ob bei festgestellten Konten eines Berufsgeheimnistraumlgers eine andere Person wirtschaftlich Berechtigter ist Das Vertrauensverhaumlltnis zwischen dem Berufsgeheimnistraumlger und seinem Mandanten bleibt dadurch unberuumlhrt

Ein Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 AO ist auch im Besteuerungsverfahren eines Berufsgeheimnistraumlgers iSd sect 102 AO grundsaumltzlich zulaumlssig Bei der gebotenen Ermessensentscheidung (vgl AEAO zu sect 93 Nr 23) ist in diesem Fall zusaumltzlich eine Guumlterabwaumlgung zwischen der besonderen Bedeutung der Verschwiegenheitspflicht des Berufgeheimnistraumlgers und der Bedeutung der Gleichmaumlszligigkeit der Besteuerung unter Beruumlcksichtigung des Verhaumlltnismaumlszligigkeitsprinzips vorzunehmen (vgl BVerfG-Urteil vom 3032004 2 BvR 152001 2 BvR 152101 BVerfGE S 110 226 und BFH-Urteil vom 2622004 IVR 5001 BStBl II S 502) Uumlber Anderkonten eines Berufsgeheimnistraumlgers iSd sect 102 AO die durch einen Kontenabruf im Besteuerungsverfahren des Berufsgeheimnistraumlgers festgestellt werden sind keine Kontrollmitteilungen zu fertigen

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26 Ob die Sachaufklaumlrung durch den Beteiligten zum Ziel fuumlhrt oder Erfolg verspricht oder ob dies nicht zutrifft ist eine Frage der Beweiswuumlrdigung (vgl AEAO zu sect 93 Nr 14) Diese Beweiswuumlrdigung obliegt der Finanzbehoumlrde

Die Finanzbehoumlrde soll zunaumlchst dem Beteiligten Gelegenheit geben Auskunft uumlber seine Konten und Depots zu erteilen und ggf entsprechende Unterlagen (zB Konto- oder Depotauszuumlge) vorzulegen es sei denn der Ermittlungszweck wuumlrde dadurch gefaumlhrdet Hierbei soll auch bereits darauf hingewiesen werden dass die Finanzbehoumlrde unter den Voraussetzungen des sect 93 Abs 7 AO einen Kontenabruf durchfuumlhren lassen oder bei Verweigerung der Zustimmung zu einem Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 5 AO die Besteuerungsgrundlagen nach sect 162 Abs 2 Satz 2 AO schaumltzen kann wenn die Sachaufklaumlrung durch den Beteiligten nicht zum Ziel fuumlhrt

27 Hat sich durch einen Kontenabruf herausgestellt dass Konten oder Depots vorhanden sind die der Beteiligte auf Nachfrage (vgl AEAO zu sect 93 Nr 26) nicht angegeben hat ist er uumlber das Ergebnis des Kontenabrufs zu informieren (sect 93 Abs 9 Satz 2 AO) Hierbei ist der Beteiligte darauf hinzuweisen dass die Finanzbehoumlrde das betroffene Kreditinstitut nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO um Auskunft ersuchen kann wenn ihre Zweifel durch die Auskunft des Beteiligten nicht ausgeraumlumt werden

Wuumlrde durch eine vorhergehende Information des Beteiligten der Ermittlungszweck gefaumlhrdet (sect 93 Abs 9 Satz 3 Nr 1 AO) oder ergibt sich aus den Umstaumlnden des Einzelfalles dass eine Aufklaumlrung durch den Beteiligten selbst nicht zu erwarten ist kann sich die Finanzbehoumlrde nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO unmittelbar an die betreffenden Kreditinstitute wenden (vgl AEAO zu sect 93 Nrn 14 und 17) bzw andere erforderliche Maszlignahmen ergreifen In diesen Faumlllen ist der Beteiligte nachtraumlglich uumlber die Durchfuumlhrung des Kontenabrufs zu informieren

28 Wurden die Angaben des Beteiligten durch einen Kontenabruf bestaumltigt ist der Beteiligte gleichwohl uumlber die Durchfuumlhrung des Kontenabrufs zu informieren zB durch eine Erlaumluterung im Steuerbescheid bdquoEs wurde ein Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 AO durchgefuumlhrtldquo

29 Die Rechtmaumlszligigkeit eines Kontenabrufs nach sect 93 Abs 7 AO kann vom Finanzgericht im Rahmen der Uumlberpruumlfung des Steuerbescheids oder eines anderen Verwaltungsakts zu dessen Vorbereitung der Kontenabruf vorgenommen wurde oder isoliert im Wege der Leistungs- oder (Fortsetzungs-) Feststellungsklage uumlberpruumlft werden (vgl BVerfG-Beschluss vom 422005 2 BvR 30804 NJW 2005 S 1637 unter Absatz-Nr 19)

3 Kontenabruf nach sect 93 Abs 8 AO

Ab dem 1882007 duumlrfen die fuumlr die Verwaltung der in sect 93 Abs 8 Satz 1 AO abschlieszligend aufgezaumlhlten Gesetze zustaumlndigen Behoumlrden das Bundeszentralamt fuumlr Steuern ohne Zwischenschaltung der Finanzaumlmter ersuchen bei den Kreditinstituten die in sect 93b Abs 1 AO bezeichneten Daten abzurufen

AEAO zu sect 93a - Allgemeine Mitteilungspflichten

Wegen der allgemeinen Mitteilungspflichten (Kontrollmitteilungen) der Behoumlrden und der Rundfunkanstalten an die Finanzbehoumlrden Hinweis auf die Mitteilungsverordnung Die Verpflichtung der Behoumlrden und der Rundfunkanstalten zu Mitteilungen Auskuumlnften (insbesondere Einzelauskuumlnften nach sect 93 AO) Anzeigen (zB gem sect 116 AO) und zur Amtshilfe (sectsect 111 ff AO) aufgrund anderer Vorschriften bleibt unberuumlhrt Mitteilungspflichten die sich aus Vertraumlgen oder Auflagen in Verwaltungsakten ergeben (zB besondere Bedingungen in Zuwendungsbescheiden nach Maszliggabe des Haushaltsrechts) bleiben ebenfalls unberuumlhrt

Die Mitteilungspflichten fuumlr Zwecke der Feststellung von Einheitswerten des Grundbesitzes sowie fuumlr Zwecke der Grundsteuer sind in sect 29 Abs 3 BewG geregelt

AEAO zu sect 95 - Versicherung an Eides Statt

Aus der Weigerung eines Steuerpflichtigen eine Tatsachenbehauptung durch eidesstattliche Versicherung zubekraumlftigen koumlnnen fuumlr ihn nachteilige Folgerungen gezogen werden Im Uumlbrigen wird auf sect 162 AO hingewiesen

AEAO zu sect 99 - Betreten von Grundstuumlcken und Raumlumen

Es duumlrfen auch Grundstuumlcke Raumlume usw betreten werden die nicht dem Steuerpflichtigen gehoumlren sondern im Eigentum oder Besitz einer anderen Person stehen Von der Besichtigung bdquobetroffeneldquo Personen sind alle die an dem Grundstuumlck usw entweder Besitzrechte haben sie tatsaumlchlich nutzen oder eine sonstige tatsaumlchliche Verfuumlgungsbefugnis haben Wohnraumlume duumlrfen im Besteuerungsverfahren nicht gegen den Willen des Inhabers betreten werden (siehe aber sect 210 Abs 2 und sect 287 AO)

AEAO zu sect 101 - Auskunfts- und Eidesverweigerungsrecht der Angehoumlrigen

1 Der Beteiligte (Steuerpflichtige) selbst hat kein Auskunftsverweigerungsrecht sect 393 Abs 1 AO ist zu beachten

2 Ist nach sect 101 Abs 1 Satz 2 AO erforderliche Belehrung unterblieben duumlrfen die auf der Aussage des Angehoumlrigen beruhenden Kenntnisse nicht verwertet werden (BFH-Urteil vom 31101990 II R 18087

80

BStBl 1991 II S 204) es sei denn der Angehoumlrige stimmt nachtraumlglich zu oder wiederholt nach Belehrung seine Aussage (vgl auch BFH-Urteil vom 7111985 IV R 685 BStBl 1986 II S 435)

AEAO zu sect 104 - Verweigerung der Erstattung eines Gutachtens und der Vorlage von Urkunden

Trotz ihres Auskunftsverweigerungsrechts sind die Angehoumlrigen der steuerberatenden Berufe verpflichtet alle Urkunden und Wertsachen insbesondere Geschaumlftsbuumlcher und sonstige Aufzeichnungen die sie fuumlr den Steuerpflichtigen aufbewahren oder fuumlhren auf Verlangen der Finanzbehoumlrde unter den gleichen Voraussetzungen vorzulegen wie der Steuerpflichtige selbst

AEAO zu sect 107 - Entschaumldigung der Auskunftspflichtigen und Sachverstaumlndigen

1 Die Entschaumldigungspflicht wird nur ausgeloumlst wenn die Finanzbehoumlrde Auskunftspflichtige Vorlagepflichtige oder Sachverstaumlndige durch Verwaltungsakt zu Beweiszwecken herangezogen hat Freiwillig erteilte Auskuumlnfte oder vorgelegte Unterlagen und Sachverstaumlndigengutachten fuumlhren selbst dann nicht zu einer Entschaumldigung wenn die Finanzbehoumlrde sie verwertet

2 Fuumlr die Duldung der Einnahme des Augenscheins (sect 98 AO) besteht kein Anspruch auf eine Entschaumldigung nach sect 107 AO

3 Fuumlr die Vorlage von Urkunden (sect 97 AO) besteht in entsprechender Anwendung des sect 24 des Justizverguumltungs- und -entschaumldigungsgesetzes nur dann ein Anspruch auf Entschaumldigung nach sect 107 AO wenn das Vorlageersuchen ab dem 3062013 gestellt wurde

4 Bei Vorlageersuchen die vor dem 3062013 gestellt wurden gilt zur Entschaumldigung des Vorlagepflichtigen Folgendes

Bei einem kombinierten Auskunfts- und Vorlageersuchen hat der ersuchte Dritte nach sect 107 AO aF Anspruch auf Ersatz aller seiner mit dem Ersuchen zusammenhaumlngenden Aufwendungen dh auch jener die ihm im Zusammenhang mit der Vorlage von Urkunden entstanden sind (BFH-Urteil vom 2431987 VII R 11384 BStBl 1988 II S 163)

Ein (reines) Vorlageverlangen iSd sect 97 AO das nach sect 107 aF AO keinen Kostenerstattungsanspruch ausloumlst liegt vor wenn die Finanzbehoumlrde die vorzulegenden Unterlagen so konkret und eindeutig benennt dass sich die geforderte Taumltigkeit des Vorlageverpflichteten auf rein mechanische Hilfstaumltigkeiten wie das Heraussuchen und Lesbarmachen der angeforderten Unterlagen beschraumlnkt Das setzt bei der Anforderung von Bankunterlagen voraus dass die Finanzbehoumlrde die Konten- und Depotnummern benennt oder vergleichbar konkrete Angaben zu sonstigen Bankverbindungen macht (BFH-Urteil vom 882006 VII R 2905 BStBl 2007 II S 80)

AEAO zu sect 108 - Fristen und Termine

1 Fristen sind abgegrenzte bestimmte oder jedenfalls bestimmbare Zeitraumlume (BFH-Urteil vom 14102003 IX R 6898 BStBl II S 898) Termine sind bestimmte Zeitpunkte an denen etwas geschehen soll oder zu denen eine Wirkung eintritt bdquoFaumllligkeitstermineldquo geben das Ende einer Frist an

2 sect 108 Abs 3 AO gilt auch fuumlr die Dreitage-Regelungen (sect 122 Abs 2 Nr 1 Abs 2a sect 123 Satz 2 AO sect 4 Abs 2 VwZG) die Monats-Regelungen (sect 122 Abs 2 Nr 2 sect 123 Satz 2 AO) und die Zweiwochen-Regelung (sect 122 Abs 4 Satz 3 AO) zum Zeitpunkt der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts (BFH-Urteil vom 14102003 IX R 6898 BStBl II S 898)

AEAO zu sect 110 - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

1 sect 110 Abs 1 AO erfasst nur verfahrensrechtliche und materiell-rechtliche Fristen die bdquoeinzuhaltenldquo sind das sind Handlungs- und Erklaumlrungsfristen die Beteiligte (sect 78 AO) oder Dritte gegenuumlber der Finanzbehoumlrde zu wahren haben Nicht wiedereinsetzungsfaumlhig sind dagegen die gesetzlichen Fristen die von den Finanzbehoumlrden als Verwaltungstraumlger im Verwaltungsverfahren zu beachten sind So faumlllt unter sect 110 AO nicht der Ablauf von Festsetzungsfristen (BFH-Urteil vom 2412008 VII R 307 BStBl II S 462) Soweit das Gesetz eine Fristverlaumlngerung vorsieht (sect 109 Abs 1 AO) kommt nicht Wiedereinsetzung sondern ruumlckwirkende Fristverlaumlngerung in Betracht

2 Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach unterlassener Anhoumlrung eines Beteiligten bzw wegen fehlender Begruumlndung des Verwaltungsakts (sect 126 Abs 3 AO) vgl AEAO zu sect 91 Nr 3 und AEAO zu sect 121 Nr 3 Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Einspruchseinlegung bei einer unzustaumlndigen Behoumlrde vgl AEAO zu sect 357 Nr 2

3 Abweichend von sect 110 Abs 2 AO betraumlgt im finanzgerichtlichen Verfahren die Frist fuumlr den Antrag auf Wiedereinsetzung und die Nachholung der versaumlumten Rechtshandlung zwei Wochen (sect 56 Abs 2 FGO)

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AEAO zu sect 111 - Amtshilfepflicht

1 Die sectsect 111 ff AO sind auch dann anzuwenden wenn sich Finanzbehoumlrden untereinander Amtshilfe leisten

2 Fuumlr Verbaumlnde und berufsstaumlndische Vertretungen besteht soweit sie nicht Behoumlrden sind oder unterhalten keine Beistandspflicht Sie sind jedoch ebenso wie die in sect 111 Abs 3 AO erwaumlhnten Institutionen im Rahmen der sectsect 88 92 ff AO zur Auskunftserteilung und Vorlage von Urkunden verpflichtet

AEAO zu sect 112 - Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe

Andere Behoumlrden die von den Finanzbehoumlrden im Besteuerungsverfahren um Amtshilfe ersucht werden koumlnnen die Amtshilfe nur unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift ablehnen Die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des SGB X uumlber die Amtshilfe sind insoweit nicht anwendbar

AEAO zu sect 117 - Zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe in Steuersachen

1 Die Voraussetzungen unter denen die Finanzbehoumlrden fuumlr deutsche Besteuerungszwecke die Hilfe auslaumlndischer Behoumlrden in Anspruch nehmen duumlrfen richten sich nach deutschem Recht insbesondere den sectsect 85 ff AO

2 Gem sect 117 Abs 2 AO koumlnnen die Finanzbehoumlrden zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe leisten aufgrund

a) innerstaatlich anwendbarer voumllkerrechtlicher Vereinbarungen Derartige Vereinbarungen enthalten vor allem die Doppelbesteuerungsabkommen und die Abkommen im Zollbereich Uumlber den Stand der Doppelbesteuerungsabkommen veroumlffentlicht das BMF jaumlhrlich im BStBlTeil I eine Uumlbersicht

b) innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der Europaumlischen Union (im Zollbereich und im Bereich der indirekten Steuern) Als Rechtsgrundlagen kommen unmittelbar geltende Verordnungen in Betracht Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr 17982003 des Rates vom 7102003 uumlber die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehoumlrden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr 21892 (Amtsblatt Nr L 264 vom 15102003 S 1)

c) des EU-Amtshilfe-Gesetzes und des EU-Beitreibungsgesetzes

3 Wegen der Voraussetzungen und der Durchfuumlhrung der zwischenstaatlichen Amtshilfe wird auf folgende Merkblaumltter verwiesen

- Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen (BMF-Schreiben vom 2552012 BStBl I S 599)

- Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe bei der Steuererhebung (Beitreibung) (BMF-Schreiben vom 2312014 BStBl I S 188)

AEAO zu sect 118 - Begriff des Verwaltungsakts

Da auch die Steuerbescheide Verwaltungsakte sind gelten die sectsect 118 ff AO auch fuumlr die Steuerbescheide soweit in den sectsect 155 ff AO nichts anderes bestimmt ist Ausgenommen sind insbesondere die sectsect 130 und 131 AO die kraft ausdruumlcklicher Regelung (sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe d AO) als Rechtsgrundlage fuumlr die Aufhebung oder Aumlnderung von Steuerbescheiden ausgeschlossen sind

AEAO zu sect 120 - Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt

1 Nebenbestimmungen sind zulaumlssig bei Verwaltungsakten die auf einer Ermessensentscheidung der Finanzbehoumlrden beruhen (zB Fristverlaumlngerung Stundung Erlass Aussetzung der Vollziehung) Bei gebundenen Verwaltungsakten (zB Steuerbescheiden) sind gesetzlich ausdruumlcklich zugelassene Nebenbestimmungen der Vorbehalt der Nachpruumlfung (sect 164 AO) die Vorlaumlufigkeitserklaumlrung (sect 165 AO) und die Sicherheitsleistung (sect 165 Abs 1 Satz 4 AO)

2 Nebenbestimmungen muumlssen inhaltlich hinreichend bestimmt sein (sect 119 Abs 1 AO) Anderenfalls sind sie nichtig Wegen der Rechtsfolgen bei Nichtigkeit der Nebenbestimmung Hinweis auf sect 125 Abs 4 AO

3 Wegen der unterschiedlichen Folgen die sich aus der Nichterfuumlllung einer Nebenbestimmung ergeben koumlnnen ist die Nebenbestimmung im Verwaltungsakt genau zu bezeichnen (zB bdquounter der aufschiebenden Bedingungldquo bdquounter dem Vorbehalt des Widerrufsldquo)

4 Der Widerrufsvorbehalt ermoumlglicht den Widerruf rechtmaumlszligiger Verwaltungsakte nach sect 131 Abs 2 Nr 1 AO Er ist aber fuumlr sich allein kein hinreichender Grund zum Widerruf sondern laumlsst den Widerruf nur im Rahmen pflichtgemaumlszligen Ermessens zu

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AEAO zu sect 121 - Begruumlndung des Verwaltungsakts

1 Die Vorschrift gilt fuumlr alle Verwaltungsakte einschlieszliglich der Steuerbescheide

2 Besteht eine Pflicht den Verwaltungsakt zu begruumlnden so muss die Begruumlndung nur den Umfang haben der erforderlich ist damit der Adressat des Verwaltungsakts die Gruumlnde fuumlr die Entscheidung der Finanzbehoumlrde verstehen kann Die Begruumlndung von Ermessensentscheidungen soll erkennen lassen dass die Finanzbehoumlrde ihr Ermessen ausgeuumlbt hat und von welchen Gesichtspunkten sie bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist

3 Das Fehlen der vorgeschriebenen Begruumlndung macht den Verwaltungsakt fehlerhaft Dieser Mangel kann nach sect 126 Abs 1 und 2 AO geheilt werden oder gem sect 127 AO unbeachtlich sein Wurde wegen der fehlenden Begruumlndung die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versaumlumt so ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewaumlhren (sect 126 Abs 3 iVm sect 110 AO vgl auch AEAO zu sect 91 Nr 3)

AEAO zu sect 122 - Bekanntgabe des Verwaltungsakts

Inhaltsuumlbersicht

1 Allgemeines

11 Bekanntgabe von Verwaltungsakten

12 Steuerbescheide

13 Bezeichnung des Inhaltsadressaten

14 Bezeichnung des Bekanntgabeadressaten

15 Bezeichnung des Empfaumlngers

16 Anschriftenfeld

17 Uumlbermittlung an Bevollmaumlchtigte

18 Form der Bekanntgabe

2 Bekanntgabe von Bescheiden

21 Bekanntgabe von Bescheiden an Ehegatten

22 Bekanntgabe an gesetzliche Vertreter natuumlrlicher Personen

23 Bescheide an Ehegatten mit Kindern oder Alleinstehende mit Kindern

24 Personengesellschaften (Gemeinschaften)

25 Bescheide uumlber gesonderte und einheitliche Feststellungen

26 Grundsteuermessbescheide Grunderwerbsteuerbescheide

27 Personengesellschaften (Gemeinschaften) in Liquidation

28 Bekanntgabe an juristische Personen

29 Bekanntgabe in Insolvenzfaumlllen

210 Verbraucherinsolvenzverfahren

211 Zwangsverwaltung

212 Gesamtrechtsnachfolge (zB Erbfolge)

213 Testamentsvollstreckung Nachlassverwaltung Nachlasspflegschaft

214 Haftende

215 Spaltung

216 Formwechselnde Umwandlung

3 Besonderheiten des Zustellungsverfahrens

31 Zustellungsarten

32 Zustellung an mehrere Beteiligte

33 Zustellung an Bevollmaumlchtigte

34 Zustellung an Ehegatten

4 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern

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41 Unwirksamkeit des Verwaltungsakts wegen inhaltlicher Maumlngel

42 Wirksamkeit des Verwaltungsakts trotz inhaltlicher Maumlngel

43 Unwirksamkeit des Verwaltungsakts wegen eines Bekanntgabemangels

44 Wirksame Bekanntgabe

45 Fehler bei foumlrmlichen Zustellungen

46 Fehlerhafte Bekanntgabe von Grundlagenbescheiden

47 Bekanntgabe von gesonderten und einheitlichen Feststellungen an einzelne Beteiligte

1 Allgemeines

11 Bekanntgabe von Verwaltungsakten

Voraussetzung fuumlr die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts ist dass er inhaltlich hinreichend bestimmt ist (sect 119 Abs 1 AO) und dass er demjenigen fuumlr den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird bekannt gegeben wird (sect 124 Abs 1 AO) Deshalb ist beim Erlass eines Verwaltungsakts festzulegen

- an wen er sich richtet (AEAO zu sect 122 Nr 13 - Inhaltsadressat)

- wem er bekannt gegeben werden soll (AEAO zu sect 122 Nr 14 - Bekanntgabeadressat)

- welcher Person er zu uumlbermitteln ist (AEAO zu sect 122 Nr 15 - Empfaumlnger) und

- ob eine besondere Form der Bekanntgabe erforderlich oder zweckmaumlszligig ist (AEAO zu sect 122 Nr 18)

112 Verfahrensrechtlich ist zu unterscheiden zwischen dem Rechtsbegriff der Bekanntgabe als Wirksamkeitsvoraussetzung den Formen der Bekanntgabe (muumlndliche schriftliche elektronische oder oumlffentliche Bekanntgabe oder Bekanntgabe in anderer Weise) und den technischen Vorgaumlngen bei der Uumlbermittlung des Inhalts eines Verwaltungsakts Die Bekanntgabe setzt den Bekanntgabewillen des fuumlr den Erlass des Verwaltungsakts zustaumlndigen Bediensteten voraus (BFH-Urteile vom 2761986 VI R 2383 BStBl II S 832 und vom 24111988 V R 12383 BStBl 1989 II S 344) Zur Aufgabe des Bekanntgabewillens vgl AEAO zu sect 124 Nrn 5 und 6

113 Mit dem Rechtsbegriff bdquoBekanntgabeldquo nicht gleichbedeutend sind die Bezeichnungen fuumlr die technischen Vorgaumlnge bei der Uumlbermittlung eines verfuumlgten Verwaltungsakts (zB bdquoAufgabe zur Postldquo bdquoZusendungldquo bdquoZustellungldquo bdquoortsuumlbliche Bekanntmachungldquo bdquoZugangldquo) auch wenn diese Begriffe zugleich eine gewisse rechtliche Bedeutung haben Die technischen Vorgaumlnge beduumlrfen soweit das Gesetz daran Rechtsfolgen knuumlpft einer Dokumentation um nachweisen zu koumlnnen dass wann und wie die Bekanntgabe erfolgt ist

114 Die nachfolgenden Grundsaumltze uumlber die Bekanntgabe von Steuerbescheiden (vgl AEAO zu sect 122 Nr 12) gelten entsprechend fuumlr andere Verwaltungsakte (zB Haftungsbescheide Pruumlfungsanordnungen Androhungen und Festsetzungen von Zwangsgeldern vgl AEAO zu sect 122 Nr 181) Zur Adressierung und Bekanntgabe von Pruumlfungsanordnungen vgl AEAO zu sect 197 zur Adressierung und Bekanntgabe von Zwangsgeldandrohungen und Zwangsgeldfestsetzungen vgl BFH-Urteil vom 23111999 VII R 3899 BStBl 2001 II S 463

12 Steuerbescheide

Steuerfestsetzungen sind nur dann eine Grundlage fuumlr die Verwirklichung von Anspruumlchen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis wenn sie gem sect 122 Abs 1 Satz 1 AO als Steuerbescheid demjenigen Beteiligten bekannt gegeben worden sind fuumlr den sie bestimmt sind oder der von ihnen betroffen wird Die folgenden Grundsaumltze regeln wie der Steuerschuldner als Inhaltsadressat und ggf der Bekanntgabeadressat und der Empfaumlnger zu bezeichnen sind und wie der Bescheid zu uumlbermitteln ist

13 Bezeichnung des Inhaltsadressaten

131 Der Inhaltsadressat muss im Bescheid so eindeutig bezeichnet werden dass Zweifel uumlber seine Identitaumlt nicht bestehen Inhaltsadressat eines Steuerbescheids ist der Steuerschuldner

132 Im Allgemeinen wird eine natuumlrliche Person als Inhaltsadressat durch Vornamen und Familiennamen genuumlgend bezeichnet Nur bei Verwechslungsmoumlglichkeiten insbesondere bei haumlufiger vorkommenden Namen sind weitere Angaben erforderlich (zB Wohnungsanschrift Geburtsdatum Berufsbezeichnung Namenszusaumltze wie bdquoseniorldquo oder bdquojuniorldquo) Bei juristischen Personen und Handelsgesellschaften ergibt sich der zutreffende bdquoNameldquo aus Gesetz Satzung Register oder aumlhnlichen Quellen (bei Handelsgesellschaften Firma gem sect 17 HGB) wegen der Bezeichnung von Ehegatten vgl AEAO zu sect 122 Nr 212 wegen der Bezeichnung der nichtrechtsfaumlhigen Personenvereinigungen vgl AEAO zu sect 122 Nrn 24 2412

14 Bezeichnung des Bekanntgabeadressaten

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141 Die Person der ein Verwaltungsakt bekannt zu geben ist wird als Bekanntgabeadressat bezeichnet Bei Steuerfestsetzungen ist dies idR der Steuerschuldner als Inhaltsadressat weil der Steuerbescheid seinem Inhalt nach fuumlr ihn bestimmt ist oder er von ihm betroffen wird (sect 122 Abs 1 Satz 1 AO)

142 Als Bekanntgabeadressat kommen jedoch auch Dritte in Betracht wenn sie fuumlr den Inhaltsadressaten (Steuerschuldner) steuerliche Pflichten zu erfuumlllen haben Dabei handelt es sich in erster Linie um Faumllle in denen die Bekanntgabe an den Steuerschuldner nicht moumlglich oder nicht zulaumlssig ist (sect 79 AO)

Die Bekanntgabe ist insbesondere an folgende Dritte erforderlich

a) Eltern (sect 1629 BGB) Vormund (sect 1793 BGB) Pfleger (sectsect 1909 ff BGB) als gesetzliche Vertreter natuumlrlicher Personen (sect 34 Abs 1 AO)

b) Geschaumlftsfuumlhrer von nichtrechtsfaumlhigen Personenvereinigungen (zB Vorstaumlnde nichtsrechtsfaumlhiger Vereine sect 54 BGB)

c) Geschaumlftsfuumlhrer von Vermoumlgensmassen (zB nichtrechtsfaumlhige Stiftungen sectsect 86 26 BGB)

d) Vermoumlgensverwalter iSv sect 34 Abs 3 AO (zB Insolvenzverwalter Zwangsverwalter gerichtlich bestellte Liquidatoren Nachlassverwalter)

e) Verfuumlgungsberechtigte iSv sect 35 AO

f) fuumlr das Besteuerungsverfahren bestellte Vertreter iSv sect 81 AO

143 Ist der Bekanntgabeadressat nicht mit dem Inhaltsadressaten identisch (vgl AEAO zu sect 122 Nr 142) so ist er zusaumltzlich zum Inhaltsadressaten anzugeben Hinsichtlich der eindeutigen Bezeichnung gelten dieselben Grundsaumltze wie fuumlr die Bezeichnung des Inhaltsadressaten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 132) Das Vertretungsverhaumlltnis (vgl AEAO zu sect 122 Nr 142) ist im Bescheid anzugeben (vgl AEAO zu 122 Nr 16)

15 Bezeichnung des Empfaumlngers

151 Als Empfaumlnger wird derjenige bezeichnet dem der Verwaltungsakt tatsaumlchlich zugehen soll damit er durch Bekanntgabe wirksam wird IdR ist der Inhaltsadressat nicht nur Bekanntgabeadressat sondern auch bdquoEmpfaumlngerldquo des Verwaltungsakts

152 Es koumlnnen jedoch auch andere Personen Empfaumlnger sein wenn fuumlr sie eine Empfangsvollmacht des Bekanntgabeadressaten vorliegt oder wenn die Finanzbehoumlrde nach ihrem Ermessen den Verwaltungsakt einem Bevollmaumlchtigten uumlbermitteln will (vgl AEAO zu sect 122 Nr 17)

Beispiel

Die gesetzlichen Vertreter (Bekanntgabeadressaten) eines Minderjaumlhrigen (Steuerschuldner und damit Inhaltsadressat) haben einen Dritten (Empfaumlnger) bevollmaumlchtigt

Inhaltsadressat (Steuerschuldner)

Hans Huber

Bekanntgabeadressaten

Herrn Anton Huber Frau Maria Huber

als gesetzliche Vertreter des Hans Huber Moltkestraszlige 5 12203 Berlin

Empfaumlnger (Anschriftenfeld)

Herrn Steuerberater Anton Schulz Postfach 11 48 80335 Muumlnchen

Darstellung im Bescheid

(Die Angaben in Klammern werden im Bescheid nicht ausgedruckt Dies gilt auch fuumlr die uumlbrigen Beispiele)

Anschriftenfeld (Empfaumlnger)

Herrn Steuerberater Anton Schulz Postfach 11 48 80335 Muumlnchen

Bescheidkopf

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Fuumlr Herrn Anton Huber und Frau Maria Huber (Bekanntgabeadressaten) als gesetzliche Vertreter des Hans Huber (Steuerschuldner und Inhaltsadressat) Moltkestraszlige 5 2203 Berlin

153 Eine Empfangsvollmacht ist auch erforderlich wenn der Verwaltungsakt nur namentlich benannten Geschaumlftsfuumlhrern oder anderen Personen (zB dem Steuerabteilungsleiter) zugehen soll

Beispiel

Anschriftenfeld (Empfaumlnger)

Herrn Steuerabteilungsleiter Fritz Schulz iHs der Meyer GmbH Postfach 10 01 50859 Koumlln

Bescheidkopf

Fuumlr die Meyer GmbH (Inhalts- und Bekanntgabeadressat)

154 Zur Bekanntgabe nach sect 122 Abs 6 AO vgl AEAO zu sect 122 Nr 213 zur Bekanntgabe an einen gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten iSv sect 183 Abs 1 AO vgl AEAO zu sect 122 Nr 252

16 Anschriftenfeld

Der Empfaumlnger ist im Anschriftenfeld des Steuerbescheids mit seinem Namen und postalischer Anschrift zu bezeichnen Es reicht nicht aus den Empfaumlnger nur auf dem Briefumschlag und in den Steuerakten anzugeben weil sonst die ordnungsmaumlszligige Bekanntgabe nicht einwandfrei nachgewiesen werden kann Sind Inhaltsadressat (Steuerschuldner) Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger nicht dieselbe Person muss jeder im Steuerbescheid benannt werden Der Empfaumlnger ist im Anschriftenfeld anzugeben der Inhalts- und ggf der Bekanntgabeadressat sowie das Vertretungsverhaumlltnis muumlssen an anderer Stelle des Steuerbescheids aufgefuumlhrt werden (vgl zB bei Bekanntgabe an Minderjaumlhrige AEAO zu sect 122 Nr 222)

17 Uumlbermittlung an Bevollmaumlchtigte

171 Der einem Angehoumlrigen der steuerberatenden Berufe erteilte Auftrag zur Erstellung und Einreichung der Steuererklaumlrungen schlieszligt idR seine Bestellung als Empfangsbevollmaumlchtigter nicht ein (BFH-Urteil vom 3071980 I R 14879 BStBl 1981 II S 3) Aus der Mitwirkung eines Steuerberaters bei der Steuererklaumlrung folgt daher nicht dass die Finanzbehoumlrde einen Steuerbescheid dem Steuerberater zu uumlbermitteln hat Dasselbe gilt in Bezug auf die anderen zur Hilfe in Steuersachen befugten Personen und Vereinigungen (sectsect 3 4 StBerG)

172 Es liegt im Ermessen des Finanzamts ob es einen Steuerbescheid an den Steuerpflichtigen selbst oder an dessen Bevollmaumlchtigten bekannt gibt (sect 122 Abs 1 Satz 3 AO) Zur Ausuumlbung des Ermessens gilt Folgendes

Hat der Steuerpflichtige dem Finanzamt ausdruumlcklich mitgeteilt dass er seinen Vertreter auch zur Entgegennahme von Steuerbescheiden ermaumlchtigt sind diese grundsaumltzlich dem Bevollmaumlchtigten bekannt zu geben (BFH-Urteil vom 5102000 VII R 9699 BStBl 2001 II S 86) Dies gilt auch wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt eine Vollmacht vorgelegt hat nach der der Bevollmaumlchtigte berechtigt ist fuumlr den Steuerpflichtigen bdquorechtsverbindliche Erklaumlrungenldquo entgegenzunehmen (BFH-Urteil vom 23111999 VII R 3899 BStBl 2001 II S 463) Nur dann wenn im Einzelfall besondere Gruumlnde gegen die Bekanntgabe des Steuerbescheids an den Bevollmaumlchtigten sprechen kann der Steuerbescheid unmittelbar dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben werden Derartige besondere Gruumlnde koumlnnen auch technischer Natur sein

Fehlt es an einer ausdruumlcklichen Benennung eines Empfangsbevollmaumlchtigten hat das Finanzamt aber bisher Verwaltungsakte dem Vertreter des Steuerpflichtigen uumlbermittelt so darf es sich nicht in Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten setzen und sich bei gleichliegenden Verhaumlltnissen ohne ersichtlichen Grund an den Steuerpflichtigen selbst wenden (vgl BFH-Urteile vom 1181954 II 23953 U BStBl III S 327 und vom 1341965 I 3664 U I 3764 U BStBl III S 389) In diesen Faumlllen ist jedoch eine schriftliche Vollmacht nachzufordern der Vollmachtnachweis kann auch in elektronischer Form (sect 87a Abs 3 AO) erbracht werden

Die im Einkommensteuererklaumlrungsvordruck erteilte Empfangsvollmacht gilt nur fuumlr Bescheide des betreffenden Veranlagungszeitraums Dagegen entfaltet die im Erklaumlrungsvordruck zur gesonderten und einheitlichen Feststellung erteilte Empfangsvollmacht nicht lediglich Wirkung fuumlr das Verfahren des entsprechenden Feststellungszeitraums sondern ist solange zu beachten bis sie durch Widerruf entfaumlllt (vgl BFH-Urteil vom 1812007 IV R 5305 BStBl II S 369)

86

Ein waumlhrend eines Klageverfahrens ergehender Aumlnderungsbescheid ist idR dem Prozessbevollmaumlchtigten bekannt zu geben (BFH-Urteile vom 551994 VI R 9893 BStBl II S 806 und vom 29101997 X R 3795 BStBl 1998 II S 266)

173 Wird ein Verwaltungsakt dem betroffenen Steuerpflichtigen bekannt gegeben und hierdurch eine von ihm erteilte Bekanntgabevollmacht zugunsten seines Bevollmaumlchtigten ohne besondere Gruumlnde nicht beachtet wird der Bekanntgabemangel durch die Weiterleitung des Verwaltungsakts an den Bevollmaumlchtigten geheilt Die Frist fuumlr einen auszligergerichtlichen Rechtsbehelf beginnt in dem Zeitpunkt in dem der Bevollmaumlchtigte den Verwaltungsakt nachweislich erhalten hat (BFH-Urteil vom 8121988 IV R 2487 BStBl 1989 II S 346)

174 Wegen der Zustellung an Bevollmaumlchtigte vgl AEAO zu sect 122 Nr 33

175 Hat der Steuerpflichtige einen Bevollmaumlchtigten benannt bleibt die Vollmacht so lange wirksam bis der Finanzbehoumlrde ein Widerruf zugeht (sect 80 Abs 1 AO) Die Wirksamkeit einer Vollmacht ist nur dann auf einen Besteuerungszeitraum oder einen einzelnen Bearbeitungsvorgang begrenzt wenn dies ausdruumlcklich in der Vollmacht erwaumlhnt ist oder sich aus den aumluszligeren Umstaumlnden ergibt (zB bei Einzelsteuerfestsetzungen) vgl aber auch AEAO zu sect 122 Nr 172

176 Wendet sich die Finanzbehoumlrde aus besonderem Grund an den Beteiligten selbst (zB um ihn um Auskuumlnfte zu bitten die nur er selbst als Wissenstraumlger geben kann oder um die Vornahme von Handlungen zu erzwingen) so soll der Bevollmaumlchtigte unterrichtet werden (sect 80 Abs 3 Satz 3 AO)

18 Form der Bekanntgabe

Schriftliche Verwaltungsakte insbesondere Steuerbescheide sind grundsaumltzlich durch die Post zu uumlbermitteln (vgl AEAO zu sect 122 Nr 182) sofern der Empfaumlnger im Inland wohnt oder soweit der auslaumlndische Staat mit der Postuumlbermittlung einverstanden ist (vgl AEAO zu sect 122 Nr 184) Ein Verwaltungsakt kann ferner durch Telefax (vgl AEAO zu sect 122 Nr 182) wirksam bekannt gegeben werden auch wenn fuumlr ihn die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben ist (BFH-Urteil vom 871998 I R 1796 BStBl 1999 II S 48) Eine foumlrmliche Zustellung ist nur erforderlich wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder die Finanzbehoumlrde von sich aus die Zustellung anordnet (vgl AEAO zu sect 122 Nr 183) Die Zustellung erfolgt nach den Vorschriften des Verwaltungzustellungsgesetzes (vgl AEAO zu sect 122 Nr 31) Unter den Voraussetzungen des sect 87a AO koumlnnen Verwaltungsakte auch elektronisch uumlbermittelt werden

181 Schriftform

Grundsaumltzlich ist die schriftliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts nur erforderlich wenn das Gesetz sie ausdruumlcklich vorsieht (fuumlr Steuerbescheide sect 157 AO fuumlr die Aufhebung des Vorbehalts der Nachpruumlfung sect 164 Abs 3 AO fuumlr Haftungs- und Duldungsbescheide sect 191 Abs 1 AO fuumlr Pruumlfungsanordnungen sect 196 AO fuumlr verbindliche Zusagen sect 205 Abs 1 AO fuumlr Pfaumlndungsverfuumlgungen sect 309 Abs 2 AO fuumlr Androhung von Zwangsmitteln sect 332 Abs 1 AO fuumlr Einspruchsentscheidungen sect 366 AO) Im Uumlbrigen reicht die muumlndliche Bekanntgabe eines steuerlichen Verwaltungsakts aus (zB bei Fristverlaumlngerungen Billigkeitsmaszlignahmen Stundungen) Aus Gruumlnden der Rechtssicherheit sollen Verwaltungsakte aber im Allgemeinen schriftlich erteilt werden Ein muumlndlicher Verwaltungsakt ist ggf schriftlich zu bestaumltigen (sect 119 Abs 2 AO)

182 Uumlbermittlung durch die Post oder durch Telefax

Der in sect 122 Abs 2 AO verwendete Begriff der bdquoPostldquo ist nicht auf die Deutsche Post AG (als Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost) beschraumlnkt sondern umfasst alle Unternehmen soweit sie Postdienstleistungen erbringen Wird ein schriftlicher Verwaltungsakt durch die Post uumlbermittelt so haumlngt die Wirksamkeit der Bekanntgabe nicht davon ab dass der Tag der Aufgabe des Verwaltungsakts zur Post in den Akten vermerkt wird Um den Bekanntgabezeitpunkt berechnen zu koumlnnen und im Hinblick auf die Regelung in sect 169 Abs 1 Satz 3 Nr 1 AO ist jedoch der Tag der Aufgabe zur Post in geeigneter Weise festzuhalten

Ein durch Telefax (einschlieszliglich Computerfax) bekannt gegebener Verwaltungsakt (vgl AEAO zu sect 122 Nr 18) ist ein iSd sect 122 Abs 2a AO elektronisch uumlbermittelter Verwaltungsakt Er gilt somit grundsaumltzlich am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben Die fuumlr elektronische Verwaltungsakte geltenden Regelungen des sect 87a AO sind auf ihn aber nicht anwendbar

183 Foumlrmliche Bekanntgabe (Zustellung)

Zuzustellen sind

- die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (sect 284 Abs 6 AO)

- die Verfuumlgung uumlber die Pfaumlndung einer Geldforderung (sect 309 Abs 2 AO)

- die Arrestanordnung (sect 324 Abs 2 AO sect 326 Abs 4 AO)

Daruumlber hinaus kann die Finanzbehoumlrde die Zustellung anordnen (sect 122 Abs 5 Satz 1 AO) Diese Anordnung stellt keinen Verwaltungsakt dar (BFH-Urteil vom 1632000 III R 1999 BStBl II S 520)

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Wegen der Besonderheiten des Zustellungsverfahrens vgl Nr 3 wegen der Zustellung von Einspruchsentscheidungen vgl AEAO zu sect 366 Nr 2

184 Bekanntgabe an Empfaumlnger im Ausland

Mit Ausnahme der in Nr 3141 Satz 4 angefuumlhrten Staaten kann davon ausgegangen werden dass an Empfaumlnger (einschlieszliglich der Bevollmaumlchtigten BFH-Urteil vom 122000 VII R 4999 BStBl II S 334) im Ausland Steuerverwaltungsakte durch einfachen Brief durch Telefax oder - unter den Voraussetzungen des sect 87a AO - durch elektronische Uumlbermittlung bekannt gegeben werden koumlnnen

Ansonsten muss nach sect 123 AO sect 9 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nr 314) oder sect 10 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nr 315) verfahren werden wenn ein Verwaltungsakt an einen Empfaumlnger im Ausland bekannt zu geben ist

Welche der bestehenden Moumlglichkeiten einer Auslandsbekanntgabe gewaumlhlt wird liegt im pflichtgemaumlszligen Ermessen (sect 5 AO) der Finanzbehoumlrde Die Auswahl ist ua abhaumlngig von den gesetzlichen Erfordernissen (zB Zustellung vgl AEAO zu sect 122 Nr 183) und von dem Erfordernis im Einzelfall einen einwandfreien Nachweis des Zugangs des amtlichen Schreibens zu erhalten

2 Bekanntgabe von Bescheiden

21 Bekanntgabe von Bescheiden an Ehegatten

211 Allgemeines

Ehegatten sind im Fall der ESt- Zusammenveranlagung stets Gesamtschuldner (sect 44 AO) Gem sect 155 Abs 3 Satz 1 AO kann daher gegen sie ein zusammengefasster Steuerbescheid erlassen werden Dabei handelt es sich formal um die Zusammenfassung zweier Bescheide zu einer nur aumluszligerlich gemeinsamen Festsetzung Dies gilt auch fuumlr die Festsetzung von Verspaumltungszuschlaumlgen gegenuumlber zusammen veranlagten Ehegatten (BFH-Urteil vom 2881987 III R 23083 BStBl II S 836)

Bei anderen Steuerarten sind gegenuumlber Ehegatten zusammengefasste Steuerbescheide nur zulaumlssig wenn tatsaumlchlich Gesamtschuldnerschaft vorliegt Gesamtschuldnerschaft liegt nicht vor wenn es sich lediglich um gleichgeartete Steuervorgaumlnge handelt So liegen zB fuumlr die Grunderwerbsteuer zwei Steuerfaumllle vor wenn Ehegatten gemeinschaftlich ein Grundstuumlck erwerben An jeden Ehegatten ist fuumlr den auf ihn entfallenden Steuerbetrag ein gesonderter Steuerbescheid zu erteilen (BFH-Urteil vom 12101994 II R 6393 BStBl 1995 II S 174)

Leben Eheleute in einer konfessions- oder einer glaubensverschiedenen Ehe darf ein Kirchensteuerbescheid nur an den kirchensteuerpflichtigen Ehegatten gerichtet werden (BFH-Urteil vom 2961994 II R 6393 BStBl 1995 II S 510)

212 Bekanntgabe nach sect 122 Abs 7 AO

Bei Zusammenveranlagung von Ehegatten reicht es fuumlr die wirksame Bekanntgabe an beide Ehegatten aus wenn ihnen eine Ausfertigung des Steuerbescheids an die gemeinsame Anschrift uumlbermittelt wird Ebenso genuumlgt es wenn der Steuerbescheid in das Postfach eines Ehegatten eingelegt wird (BFH-Urteil vom 13101994 IV R 10093 BStBl 1995 II S 484)

Es handelt sich nicht um eine Bekanntgabe an einen der Ehegatten mit Wirkung fuumlr und gegen den anderen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 213) Beide Ehegatten sind Empfaumlnger des Steuerbescheids und daher im Anschriftenfeld aufzufuumlhren Diese vereinfachte Bekanntgabe ist auch dann moumlglich wenn eine gemeinsam abzugebende Erklaumlrung nicht eingereicht worden ist (zB bei Schaumltzung von Besteuerungsgrundlagen)

Beispiel fuumlr die Bekanntgabe eines Bescheies an Eheleute die eine gemeinsame Anschrift haben und zusammen zu veranlagen sind

Anschriftenfeld

Herrn Adam Meier oder Herrn und Frau Frau Eva Meier Adam u Eva Meier Hauptstraszlige 100 Hauptstraszlige 100 67433 Neustadt 67433 Neustadt

Die Angabe von besonderen Namensteilen eines der Eheleute (zB eines akademischen Grades oder eines Geburtsnamens) ist namensrechtlich geboten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 423)

Beispiel

Herrn Adam Meier Frau Dr Eva Schulze-Meier

213 Bekanntgabe nach sect 122 Abs 6 AO

Nach dieser Vorschrift ist die Uumlbermittlung des Steuerbescheids an einen der Ehegatten zugleich mit Wirkung fuumlr und gegen den anderen Ehegatten zulaumlssig soweit die Ehegatten einverstanden sind

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Eine Bekanntgabe nach dieser Vorschrift kommt insbesondere in den Faumlllen in Betracht in denen die Bekanntgabe nicht nach sect 122 Abs 7 AO erfolgen kann weil die Ehegatten keine gemeinsame Anschrift haben

Im Bescheidkopf ist darauf hinzuweisen dass der Verwaltungsakt an den einen Ehegatten zugleich mit Wirkung fuumlr und gegen den anderen Ehegatten ergeht

Beispiel fuumlr die Bekanntgabe an einen der Ehegatten mit Einverstaumlndnis beider

Anschriftenfeld

Herrn Adam Meier Hauptstraszlige 100 67433 Neustadt

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie zugleich mit Wirkung fuumlr und gegen Ihre Ehefrau Eva Meier

214 Einzelbekanntgabe

Einzelbekanntgabe ist insbesondere erforderlich wenn

- keine gemeinsame Anschrift besteht und kein Einverstaumlndnis zur Bekanntgabe nach sect 122 Abs 6 AO vorliegt

- bekannt ist dass zwischen den Ehegatten ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen (zB bei offenbarer Interessenkollision der Eheleute bei getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten)

- dies nach sect 122 Abs 7 Satz 2 AO beantragt worden ist

Bei Einzelbekanntgabe ist der Empfaumlnger in dem jeweiligen Anschriftenfeld mit seinem Vor- und Familiennamen genau zu bezeichnen Dies gilt auch bei foumlrmlichen Zustellungen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 32) Dabei ist darauf zu achten dass nicht versehentlich eine nur fuumlr einen Ehegatten geltende Postanschrift (zB Firma oder Praxis) verwandt wird sondern fuumlr jeden Ehegatten seine persoumlnliche Anschrift Auch die kassenmaumlszligige Abrechnung und ggf das Leistungsgebot sind doppelt zu erteilen

Beispiel fuumlr die Bekanntgabe an den Ehemann

Anschriftenfeld (Empfaumlnger und Bekanntgabeadressat)

Herrn Adam Meier Hauptstraszlige 100 67433 Neustadt

Bescheidkopf (Inhaltsadressaten)

Fuumlr Herrn Adam Meier und Frau Eva Meier

In jede Bescheidausfertigung ist als Erlaumluterung aufzunehmen

bdquoIhrem Ehegatten wurde ein Bescheid gleichen Inhalts erteiltldquo

215 Sonderfaumllle

Betreiben beide Ehegatten gemeinsam einen Gewerbebetrieb oder sind sie gemeinsam Unternehmer iSd Umsatzsteuergesetzes so gelten fuumlr Bescheide uumlber Betriebsteuern die Grundsaumltze zu Nrn 24 und 25 des AEAO zu sect 122 Sind Ehegatten zB Miteigentuumlmer eines Grundstuumlcks oder eines selbstaumlndigen Wirtschaftsguts fuumlr das ein Einheitswert festgestellt wird so ist nach Nr 254 des AEAO zu sect 122 zu verfahren

Betreibt nur ein Ehegatte ein Gewerbe (oder eine Praxis als Freiberufler usw) so ist nur dieser Inhaltsadressat fuumlr Verwaltungsakte die ausschlieszliglich den Geschaumlftsbetrieb betreffen

22 Bekanntgabe an gesetzliche Vertreter natuumlrlicher Personen

221 Ist ein Inhaltsadressat (Steuerschuldner) bei Bekanntgabe des Bescheids geschaumlftsunfaumlhig oder beschraumlnkt geschaumlftsfaumlhig so ist Bekanntgabeadressat der gesetzliche Vertreter (Ausnahme vgl AEAO zu sect 122 Nr 223) Das Vertretungsverhaumlltnis muss aus dem Bescheid hervorgehen (BFH-Beschluss vom 1451968 II B 4167 BStBl II S 503) Der Inhaltsadressat (Steuerschuldner) ist dabei idR durch Angabe seines Vor- und Familiennamens eindeutig genug bezeichnet (vgl AEAO zu sect 122 Nr 132) Das Vertretungsverhaumlltnis ist ausreichend gekennzeichnet wenn Name und Anschrift des Vertreters genannt werden und angegeben wird dass ihm der Bescheid bdquoals gesetzlicher Vertreterldquo fuumlr den Inhaltsadressaten (Steuerschuldner) bekannt gegeben wird Ist der gesetzliche Vertreter nicht

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gleichzeitig auch der Empfaumlnger so braucht er idR nur mit seinem Vor- und Familiennamen bezeichnet zu werden

222 Soweit nicht ausnahmsweise die gesetzliche Vertretung nur einem Elternteil zusteht sind die Eltern Bekanntgabeadressaten des Steuerbescheids fuumlr ihr minderjaumlhriges Kind Die Bekanntgabe an einen von beiden reicht jedoch aus um den Verwaltungsakt wirksam werden zu lassen Fuumlr die Zustellung von Verwaltungsakten ist es gem sect 6 Abs 3 VwZG ausreichend wenn der Verwaltungsakt einem von beiden Ehegatten zugestellt wird (BFH-Beschluss vom 1961974 VI B 2774 BStBl II S 640 und BFH-Urteil vom 22101976 VI R 13774 BStBl II S 762) Diese vom BFH fuumlr die foumlrmliche Zustellung von Verwaltungsakten aufgestellten Grundsaumltze sind auch bei der Bekanntgabe mit einfachem Brief anzuwenden

Wenn die Eltern bereits beide als Empfaumlnger des Steuerbescheids im Anschriftenfeld aufgefuumlhrt sind kann darauf verzichtet werden sie im Text des Bescheids noch einmal mit vollem Namen und in voller Anschrift als Bekanntgabeadressaten zu bezeichnen

Beispiel

Den Eltern Anton und Maria Huber steht gesetzlich gemeinsam die Vertretung fuumlr den minderjaumlhrigen Steuerschuldner Hans Huber zu Sie sind die Bekanntgabeadressaten fuumlr den Steuerbescheid an Hans Huber

Der Steuerbescheid ist zu uumlbermitteln an

Anschriftenfeld (Empfaumlnger)

Herrn Anton Huber Frau Maria Huber Moltkestraszlige 5 12203 Berlin

Bescheidkopf

Als gesetzliche Vertreter (Bekanntgabeadressaten) von Hans Huber (Steuerschuldner und Inhaltsadressat)

Bei Empfangsvollmacht vgl das Beispiel bei AEAO zu sect 122 Nr 152

223 Ermaumlchtigt der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts den Minderjaumlhrigen zum selbstaumlndigen Betrieb eines Erwerbsgeschaumlfts so ist der Minderjaumlhrige fuumlr diejenigen Rechtsgeschaumlfte unbeschraumlnkt geschaumlftsfaumlhig die der Geschaumlftsbetrieb mit sich bringt (sect 112 BGB) Steuerbescheide die ausschlieszliglich diesen Geschaumlftsbetrieb betreffen sind daher nur dem Minderjaumlhrigen bekannt zu geben (vgl AEAO zu sect 122 Nr 14 - Bekanntgabeadressat -) Das Gleiche gilt bei einer Veranlagung nach sect 46 EStG wenn das Einkommen ausschlieszliglich aus Einkuumlnften aus nichtselbstaumlndiger Arbeit besteht und der gesetzliche Vertreter den Minderjaumlhrigen zur Eingehung des Dienstverhaumlltnisses ermaumlchtigt hat (sect 113 BGB) Von der Ermaumlchtigung kann im Regelfall ausgegangen werden

Hat der Minderjaumlhrige noch weitere Einkuumlnfte oder Vermoumlgenswerte und werden diese in die Festsetzung einbezogen so kann der Steuerbescheid nicht durch Bekanntgabe gegenuumlber dem minderjaumlhrigen Steuerschuldner wirksam werden Bekanntgabeadressat des Bescheids ist der gesetzliche Vertreter

23 Bescheide an Ehegatten mit Kindern oder Alleinstehende mit Kindern

231 Allgemeines

Sofern Ehegatten mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern Gesamtschuldner sind gelten fuumlr die Bekanntgabe von Bescheiden an diese Personen die Nrn 21 und 22 des AEAO zu 122 entsprechend Insbesondere kann auch nach sect 122 Abs 7 AO (gleichzeitige Bekanntgabe vgl hierzu AEAO zu sect 122 Nr 212) und sect 122 Abs 6 AO (einverstaumlndliche Bekanntgabe an einen der Beteiligten vgl AEAO zu sect 122 Nr 213) bekannt gegeben werden Hierbei sind die nachfolgenden Besonderheiten zu beachten

232 Bekanntgabe nach sect 122 Abs 7 AO

Hat ein Familienmitglied Einzelbekanntgabe beantragt so ist fuumlr die uumlbrigen Familienmitglieder gleichwohl eine Bekanntgabe nach sect 122 Abs 7 AO moumlglich In diesem Fall ist eine Ausfertigung des zusammengefassten Bescheids an den Antragsteller und eine weitere Ausfertigung an die uumlbrigen Familienmitglieder bekannt zu geben Im Bescheidkopf sind alle Steuerschuldner Beteiligten als Inhaltsadressaten namentlich aufzufuumlhren

24 Personengesellschaften (Gemeinschaften)

Zu den Personengesellschaften (Gemeinschaften) i S dieser Regelung zaumlhlen die Handelsgesellschaften (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2411) und die sonstigen nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigungen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2412)

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Es ist zu unterscheiden zwischen Bescheiden die sich an die Gesellschaft richten und Bescheiden die sich an die Gesellschafter richten

241 Bescheide an die Gesellschaft (Gemeinschaft)

Steuerbescheide und Steuermessbescheide sind an die Gesellschaft zu richten wenn die Gesellschaft selbst Steuerschuldner ist Dies gilt zB fuumlr

a) die Umsatzsteuer (sect 13a UStG)

b) die Gewerbesteuer einschlieszliglich der Festsetzung des Messbetrags und der Zerlegung (sect 5 Abs 1 Satz 3 GewStG)

c) die Kraftfahrzeugsteuer wenn das Fahrzeug fuumlr die Gesellschaft zum Verkehr zugelassen ist (sect 7 KraftStG BFH-Urteil vom 2471963 II 862 HFR 1964 S 20)

d) die pauschale Lohnsteuer (sect 40 Abs 3 sect 40a Abs 5 und sect 40b Abs 5 EStG)

e) die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags wenn der Gesellschaft der Steuergegenstand zugerechnet worden ist (sect 10 Abs 1 GrStG)

f) die Grunderwerbsteuer soweit Gesamthandseigentum der Personengesellschaft besteht (insbesondere bei GbR OHG KG und ungeteilter Erbengemeinschaft BFH-Urteile vom 2841965 II 962 U BStBl III S 422 vom 27101970 II 7265 BStBl 1971 II S 278 vom 29111972 II R 2867 BStBl 1973 II S 370 vom 1121987 II R 10384 BStBl II S 325 und vom 12121996 II R 6193 BStBl 1997 II S 299)

g) die Koumlrperschaftsteuer bei koumlrperschaftsteuerpflichtigen nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigungen

und entsprechend fuumlr

h) Haftungsbescheide fuumlr Steuerabzugsbetraumlge

Da eine typisch oder atypisch stille Gesellschaft nicht selbst Steuerschuldnerin ist sind Steuerbescheide und Steuermessbescheide an den Inhaber des Handelsgeschaumlfts zu richten (BFH-Urteil vom 12111985 VIII R 36483 BStBl 1986 II S 311 R 51 Abs 2 GewStR 2009) Entsprechendes gilt bei einer verdeckten Mitunternehmerschaft (BFH-Urteil vom 16121997 VIII R 3290 BStBl 1998 II S 480)

Eine Europaumlische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) kann selbst Steuerschuldnerin sein Dies gilt jedoch nicht fuumlr die Gewerbesteuer Schuldner der Gewerbesteuer sind die Mitglieder der Vereinigung (sect 5 Abs 1 Satz 4 GewStG) bei einer Bruchteilsgemeinschaft die Gemeinschafter an diese sind Gewerbesteuermessbescheide und Gewerbesteuerbescheide zu richten

2411 Handelsgesellschaften

Bei Handelsgesellschaften (OHG KG EWIV) sind Steuerbescheide der Gesellschaft unter ihrer Firma bekannt zu geben wenn sie Steuerschuldner und damit Inhaltsadressat ist Die Handelsgesellschaft kann im Wirtschaftsleben mit ihrer Firma eindeutig bezeichnet werden bei Zweifeln uumlber die zutreffende Bezeichnung ist das Handelsregister maszliggebend Ist eine Handelsgesellschaft Steuerschuldner und damit Inhaltsadressat genuumlgt deshalb zur Bezeichnung des Inhaltsadressaten die Angabe der Firma im Steuerbescheid (BFH-Urteil vom 16121997 VIII R 3290 BStBl 1998 II S 480) Ein zusaumltzlicher Hinweis auf Vertretungsbefugnisse oder einzelne Gesellschafter (zB bdquozu Haumlnden des Geschaumlftsfuumlhrers Meierldquo) ist zur Kennzeichnung des Inhaltsadressaten nicht erforderlich wegen der Bekanntgabe an namentlich benannte Geschaumlftsfuumlhrer usw vgl AEAO zu sect 122 Nrn 152 und 153

Beispiel

Ein Umsatzsteuerbescheid fuumlr die Firma Schmitz amp Soumlhne KG muss folgende Angaben enthalten

Steuerschuldner und Inhaltsadressat (zugleich Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Firma Schmitz amp Soumlhne KG Postfach 11 47 50853 Koumlln

Zur Bekanntgabe von Feststellungsbescheiden vgl AEAO zu sect 122 Nr 25

2412 Sonstige nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigungen

Zu den sonstigen nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigungen gehoumlren insbesondere die nicht eingetragenen Vereine Gesellschaften buumlrgerlichen Rechts Partnerschaftsgesellschaften Arbeitsgemeinschaften Erbengemeinschaften (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2126) und

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Bruchteilsgemeinschaften Sie haben formal keinen eigenen Namen und keine gesetzliche Vertretung koumlnnen aber ggf durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begruumlnden (BGH-Urteil vom 2912001 II ZR 33100 DB S 423 BFH-Beschluss vom 1982004 II B 2203 BFHNV 2005 S 156) In diesen Faumlllen ist bei Steuerbescheiden die an Personenvereinigungen gerichtet werden die Identitaumlt des Inhaltsadressaten (Steuerschuldners) durch Angabe des geschaumlftsuumlblichen Namens unter dem sie am Rechtsverkehr teilnehmen ausreichend gekennzeichnet (BFH-Urteile vom 2151971 II R 10384 BStBl II S 540 und vom 1121987 V R 11767 BStBl II S 325) Ein solcher Bescheid reicht nach sect 267 AO zur Vollstreckung in das Vermoumlgen der Personenvereinigung aus

Beispiel

Ein Umsatzsteuerbescheid fuumlr die Brennstoffhandlung Josef Muumlller Erben GbR muss folgende Angaben enthalten

Steuerschuldner und Inhaltsadressat (zugleich Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Brennstoffhandlung Josef Muumlller Erben GbR Postfach 11 11 54290 Trier

Hat die nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung keine Geschaumlftsadresse ist als Empfaumlnger eine natuumlrliche Person anzugeben (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2413)

Ein Umsatzsteuerbescheid hat sich bei Arbeitsgemeinschaften (ARGE) an diese als eine umsatzsteuerlich rechtsfaumlhige Personenvereinigung (Unternehmer) zu richten Es ist ausreichend und zweckmaumlszligig wenn der Bescheid der geschaumlftsfuumlhrenden Firma als der Bevollmaumlchtigten uumlbermittelt wird (BFH-Urteil vom 2151971 V R 11767 BStBl II S 540)

Beispiel

Anschriftenfeld (Empfaumlnger)

Firma Rheinische Betonbau GmbH amp Co KG Postfach 90 11 50890 Koumlln

Bescheidkopf Fuumlr ARGE Rheinbruumlcke Bonn (Inhalts- und Bekanntgabeadressat)

2413 Soweit bei Steuerbescheiden an Personenvereinigungen kein geschaumlftsuumlblicher Name vorhanden ist sind die Bescheide an alle Mitglieder (Gemeinschafter Gesellschafter) zu richten (BFH-Urteil vom 1731970 II 6563 BStBl II S 598 zur Erbengemeinschaft BFH-Urteil vom 29111972 II R 4267 BStBl 1973 II S 372) Ist die Bezeichnung der Mitglieder der nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigung durch die Aufzaumlhlung aller Namen im Kopf des Bescheids aus technischen Gruumlnden nicht moumlglich kann so verfahren werden dass neben einer Kurzbezeichnung im Bescheidkopf (Beispiel bdquoErbengemeinschaft Max Meierldquo bdquoBruchteilsgemeinschaft Goethestraszlige 100ldquo bdquoGbR Peter Muumlller unter anderemldquo bdquoKegelclub Alle Neuneldquo) die einzelnen Mitglieder in den Bescheiderlaumluterungen oder in einer Anlage zum Bescheid aufgefuumlhrt werden

Die Bescheide werden durch Bekanntgabe an ein vertretungsberechtigtes Mitglied gegenuumlber der Personenvereinigung wirksam Bei mehreren vertretungsberechtigten Mitgliedern reicht die Bekanntgabe an eines von ihnen (BFH-Urteile vom 1121987 II R 10384 BStBl II S 325 vom 2741993 VIII R 2792 BStBl 1994 II S 3 und vom 8111995 V R 6494 BStBl 1996 II S 256) Es genuumlgt wenn dem Bekanntgabeadressaten eine Ausfertigung des Steuerbescheids zugeht Ausfertigungen fuumlr alle Mitglieder sind i d R nicht erforderlich

Als Bekanntgabeadressat kommen vor allem der von den Mitgliedern bestellte Geschaumlftsfuumlhrer (sect 34 Abs 1 AO) oder die als Verfuumlgungsberechtigter auftretende Person (sect 35 AO) in Betracht Hat eine nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung keinen Geschaumlftsfuumlhrer kann der Bescheid einem der Mitglieder nach Wahl des Finanzamts bekannt gegeben werden (sect 34 Abs 2 AO) In den Bescheid ist folgender Erlaumluterungstext aufzunehmen bdquoDer Bescheid ergeht an Sie als Mitglied der GemeinschaftGesellschaft mit Wirkung fuumlr und gegen die Gemeinschaft Gesellschaftldquo

Im Bescheid ist zum Ausdruck zu bringen dass er dieser Person als Vertreter der Personenvereinigung bzw ihrer Mitglieder zugeht (sectsect 34 35 AO) Der Bekanntgabeadressat muss sich dabei aus dem Bescheid selbst ergeben die Angabe auf dem Briefumschlag der Postsendung reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 821974 III R 2773 BStBl II S 367)

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Beispiel

Bekanntgabeadressat

a) Herrn Peter Meier als Geschaumlftsfuumlhrer der Erbengemeinschaft Max Meier

b) Herrn Emil Krause fuumlr die Bruchteilsgemeinschaft Goethestraszlige 100

c) Herrn Karl Huber fuumlr die Grundstuumlcksgemeinschaft Karl und Maria Huber

d) Herrn Hans Schmidt als Vorsitzender des Kegelclubs bdquoAlle Neuneldquo

Ist fuumlr die Mitglieder einer Personenvereinigung kein gemeinsamer Bekanntgabeadressat vorhanden oder wird von der Bestimmung eines Bekanntgabeadressaten abgesehen so ist jedem der Mitglieder eine Ausfertigung des Steuerbescheids bekannt zu geben Soll auch in das Vermoumlgen einzelner Mitglieder vollstreckt werden vgl Abschn 33 VollstrA

242 Bescheide an Gesellschafter (Mitglieder)

Steuerbescheide und Feststellungsbescheide sind an die Gesellschafter (Mitglieder Gemeinschafter) zu richten wenn die einzelnen Beteiligten unmittelbar aus dem Steuerschuldverhaumlltnis in Anspruch genommen werden sollen oder ihnen der Gegenstand der Feststellung zugerechnet wird (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 25 und 26)

25 Bescheide uumlber gesonderte und einheitliche Feststellungen

251 Bescheide uumlber gesonderte und einheitliche Feststellungen richten sich nicht an die Personengesellschaft als solche sondern an die einzelnen Gesellschafter (Mitglieder) die den Gegenstand der Feststellung (zB Vermoumlgenswerte als Einheitswert oder Einkuumlnfte) anteilig zu versteuern haben und denen er deshalb insbesondere bei Feststellungen nach sect 180 Abs 1 Nr 1 Nr 2 Buchstabe a und Abs 2 AO zuzurechnen ist (sect 179 Abs 2 AO)

Es genuumlgt idR wenn im Bescheidkopf die Personengesellschaft als solche bezeichnet wird (Sammelbezeichnung) und sich alle Gesellschafter eindeutig als Betroffene (Inhaltsadressaten) aus dem fuumlr die Verteilung der Besteuerungsgrundlagen vorgesehenen Teil des Bescheids ergeben (BFH-Urteil vom 741987 VIII R 25984 BStBl II S 766) Aus einem kombinierten positiv-negativen Feststellungsbescheid muss eindeutig hervorgehen welchen Beteiligten Besteuerungsgrundlagen zugerechnet werden und fuumlr welche Beteiligte eine Feststellung abgelehnt wird (BFH-Urteil vom 741987 VIII R 25984 aaO)

Der einheitliche Feststellungsbescheid erlangt volle Wirksamkeit wenn er allen Feststellungsbeteiligten bekannt gegeben wird Mit seiner Bekanntgabe an einzelne Feststellungsbeteiligte entfaltet er nur diesen gegenuumlber Wirksamkeit (BFH-Urteile vom 741987 VIII R 25984 aaO vom 25111987 II R 22784 BStBl 1988 II S 410 und vom 2361988 IV R 3386 BStBl II S 979) Eine unterlassene oder unwirksame Bekanntgabe gegenuumlber einzelnen Feststellungsbeteiligten kann noch im Klageverfahren nachgeholt werden (vgl BFH-Urteil vom 1951983 IV R 12582 BStBl 1984 II S 15) Der Bescheid ist diesen mit unveraumlndertem Inhalt bekannt zu geben (vgl AEAO zu sect 122 Nr 471)

252 Gemeinsame Empfangsbevollmaumlchtigte

Alle Feststellungsbeteiligten sollen einen gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten bestellen der ermaumlchtigt ist den an saumlmtliche Gesellschafter (Gemeinschafter) gerichteten Feststellungsbescheid sonstige Verwaltungsakte und das Feststellungsverfahren betreffende Mitteilungen in Empfang zu nehmen (sect 183 Abs 1 Satz 1 AO) Das Finanzamt kann aber im Einzelfall zulassen dass ein gemeinsamer Empfangsbevollmaumlchtigter nur durch einen Teil der Feststellungsbeteiligten bestellt wird In diesem Fall ist der Feststellungsbescheid den uumlbrigen Feststellungsbeteiligten einzeln bekannt zu geben

Die Empfangsvollmacht nach sect 183 Abs 1 Satz 1 AO gilt fort auch bei Ausscheiden des Beteiligten aus der Gesellschaft oder bei ernstlichen Meinungsverschiedenheiten bis sie gegenuumlber dem Finanzamt widerrufen wird (sect 183 Abs 3 AO)

Ist kein gemeinsamer Empfangsbevollmaumlchtigter bestellt so gilt ein zur Vertretung der Gesellschaft oder der Feststellungsbeteiligten oder ein zur Verwaltung des Gegenstandes der Feststellung Berechtigter zB der vertraglich zur Vertretung berufene Geschaumlftsfuumlhrer einer Personenhandelsgesellschaft als Empfangsbevollmaumlchtigter (sect 183 Abs 1 Satz 2 AO) Bei einer Gesellschaft des buumlrgerlichen Rechts ist nach sect 183 Abs 1 Satz 2 AO jeder Gesellschafter zur Vertretung der Feststellungsbeteiligten und damit

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zum Empfang von Feststellungsbescheiden berechtigt sofern sich aus einem dem Finanzamt vorliegenden Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt (BFH-Urteil vom 2361988 IV R 3386 BStBl II S 979) Die Sonderregelung des sect 183 Abs 3 AO gilt in diesen Faumlllen nicht

In der Liquidationsphase einer Personengesellschaft ist der Liquidator Empfangsbevollmaumlchtigter iSd sect 183 Abs 1 Satz 2 AO Nach Abschluss der gesellschaftsrechtlichen Liquidation (vgl AEAO zu sect 122 Nr 271) kann von dieser Bekanntgabemoumlglichkeit nicht mehr Gebrauch gemacht werden (BFH-Urteil vom 26101989 IV R 2389 BStBl 1990 II S 333)

Bei der Bekanntgabe an einen Empfangsbevollmaumlchtigten ist nach sect 183 Abs 1 Satz 5 AO in dem Feststellungsbescheid stets darauf hinzuweisen dass die Bekanntgabe mit Wirkung fuumlr und gegen alle Feststellungsbeteiligten erfolgt (BFH-Urteile vom 2681982 IV R 3182 BStBl 1983 II S 23 und vom 2371985 VIII R 31582 BStBl 1986 II S 123)

Zur Zustellung an einen Empfangsbevollmaumlchtigten vgl AEAO zu sect 122 Nr 333

253 Ist ein Empfangsbevollmaumlchtigter iSd AEAO zu sect 122 Nr 252 nicht vorhanden kann das Finanzamt die Beteiligten zur Benennung eines Empfangsbevollmaumlchtigten auffordern Die Aufforderung ist an jeden Beteiligten zu richten Mit der Aufforderung ist gleichzeitig ein Beteiligter als Empfangsbevollmaumlchtigter vorzuschlagen und darauf hinzuweisen dass diesem kuumlnftig Verwaltungsakte mit Wirkung fuumlr und gegen alle Beteiligten bekannt gegeben werden soweit nicht ein anderer Empfangsbevollmaumlchtigter benannt wird (sect 183 Abs 1 Satz 4 AO) Die Sonderregelung des sect 183 Abs 3 AO gilt in diesen Faumlllen nicht

Bei der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids ist sect 183 Abs 1 Satz 5 AO zu beachten (vgl Nr 252 vorletzter Absatz)

254 Einheitswertbescheide an Eheleute Eltern mit Kindern und Alleinstehende mit Kindern

Bei der Bekanntgabe eines Bescheids uumlber Einheitswerte des Grundbesitzes an Eheleute die gemeinsam Eigentuumlmer sind sind die Eheleute einzeln als Beteiligte anzugeben (vgl Nr 251) Haben die Eheleute eine gemeinsame Anschrift und haben sie keinen Empfangsbevollmaumlchtigten benannt kann der Einheitswertbescheid beiden in einer Ausfertigung bekannt gegeben werden (sect 183 Abs 4 iVm sect 122 Abs 7 AO)

Haben die Eheleute gem sect 183 Abs 1 Satz 1 AO einen Empfangsbevollmaumlchtigten benannt ist der Bescheid an diesen bekannt zu geben Im Bescheid ist darauf hinzuweisen dass die Bekanntgabe mit Wirkung fuumlr und gegen beide Ehegatten erfolgt

In den uumlbrigen Faumlllen ist der Bescheid an beide Ehegatten getrennt bekannt zu geben

Dies gilt fuumlr Eheleute mit Kindern und Alleinstehende mit Kindern entsprechend

255 Ausnahmen von der Bekanntgabe an Empfangsbevollmaumlchtigte

Die in sect 183 Abs 1 AO zugelassene Vereinfachung darf nicht so weit gehen dass der Steuerpflichtige in seinen Rechten eingeschraumlnkt wird Diese Art der Bekanntgabe ist daher gem sect 183 Abs 2 AO unzulaumlssig soweit

a) ein Gesellschafter (Gemeinschafter) im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids bereits ausgeschieden und dies dem fuumlr den Erlass des Feststellungsbescheids zustaumlndigen Finanzamt bekannt ist oder wegen einer entsprechenden Eintragung im Handelsregister als bekannt gelten muss (BFH-Urteil vom 14121978 IV R 22175 BStBl 1979 II S 503)

b) die Zusendung eines Feststellungsbescheids an einen Erben erforderlich wird der nicht in die Gesellschafterstellung des Rechtsvorgaumlngers eintritt (BFH-Urteil vom 2351973 I R 12171 BStBl II S 746) vgl AEAO zu sect 122 Nr 212

c) die Gesellschaft (Gemeinschaft) im Zeitpunkt der Zusendung des Bescheids nicht mehr besteht (BFH-Urteil vom 3031978 IV R 7274 BStBl II S 503)

d) uumlber das Vermoumlgen der Gesellschaft aber nicht ihrer Gesellschafter das Insolvenzverfahren eroumlffnet worden ist (vgl AEAO zu sect 251 Nr 44)

e) zwischen den Gesellschaftern (Gemeinschaftern) erkennbar ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen

f) durch einen Bescheid das Bestehen oder Nichtbestehen einer Gesellschaft (Gemeinschaft) erstmals mit steuerlicher Wirkung festgestellt wird und die Gesellschafter noch keinen Empfangsbevollmaumlchtigten iSd sect 183 Abs 1 AO benannt haben

In den Faumlllen a) und b) ist auch dem ausgeschiedenen Gesellschafter (Gemeinschafter) bzw dem Erben in den uumlbrigen Faumlllen jedem der Gesellschafter (Gemeinschafter) ein Bescheid bekannt zu geben

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In den Faumlllen a) c) d) und e) wirkt eine von den Beteiligten nach sect 183 Abs 1 Satz 1 AO erteilte Vollmacht bis zum Widerruf fort (sect 183 Abs 3 AO vgl BFH-Urteil vom 721995 IX R 393 BStBl II S 357) Der Widerruf wird dem Finanzamt gegenuumlber erst mit seinem Zugang wirksam

256 Soweit nach sect 183 Abs 2 Satz 1 AO Einzelbekanntgabe erforderlich wird ist grundsaumltzlich ein verkuumlrzter Feststellungsbescheid bekannt zu geben (sect 183 Abs 2 Satz 2 AO) Bei berechtigtem Interesse ist den Beteiligten allerdings der gesamte Inhalt des Feststellungsbescheids mitzuteilen (sect 183 Abs 2 Satz 3 AO)

26 Grundsteuermessbescheide Grunderwerbsteuerbescheide

261 Grundsteuermessbescheide sind in gleicher Weise bekannt zu geben wie Feststellungsbescheide uumlber Einheitswerte des Grundbesitzes (sect 184 Abs 1 AO) vgl AEAO zu sect 122 Nr 241 Buchstabe e

262 Zur Grunderwerbsteuer soweit Bruchteilseigentum besteht (zB geteilte Erbengemeinschaft) vgl AEAO zu sect 122 Nr 211 zur Grunderwerbsteuer soweit Gesamthandseigentum besteht vgl AEAO zu sect 122 Nr 241 Buchstabe f

27 Personengesellschaften (Gemeinschaften) in Liquidation

271 Bei der Liquidation einer Personengesellschaft ist zwischen der gesellschaftsrechtlichen und der steuerrechtlichen Liquidation zu unterscheiden Bei der gesellschaftsrechtlichen Liquidation ist die Personengesellschaft vollstaumlndig abgewickelt mit der Realisierung des Gesellschaftsvermoumlgens (= Verteilung an die Glaumlubiger und Ausschuumlttung des Restes an die Gesellschafter) Bei der steuerrechtlichen Liquidation ist die Personengesellschaft erst dann vollstaumlndig abgewickelt wenn alle gemeinsamen Rechtsbeziehungen also auch die Rechtsbeziehungen zwischen Personengesellschaft und Finanzamt unter den Gesellschaftern beseitigt sind (BFH-Urteil vom 1101992 IV R 6091 BStBl 1993 II S 82)

272 Befindet sich eine Handelsgesellschaft (OHG KG) in der gesellschaftsrechtlichen Liquidation so ist der Liquidator das einzige zur Geschaumlftsfuumlhrung und Vertretung befugte Organ der Abwicklungsgesellschaft Die Loumlschung im Handelsregister wirkt nur deklaratorisch (BFH-Urteil vom 2211985 VIII R 3784 BStBl II S 501) Verwaltungsakte sind dem Liquidator unter Angabe des Vertretungsverhaumlltnisses bekannt zu geben (vgl AEAO zu sect 122 Nr 14 BFH-Urteile vom 1661961 III 32958 U BStBl III S 349 und vom 2431987 X R 2880 BStBl 1988 II S 316) Bei mehreren Liquidatoren genuumlgt die Bekanntgabe an einen von ihnen (BFH-Urteil vom 8111995 V R 6494 BStBl 1996 II S 256 siehe auch sect 6 Abs 3 VwZG) Sind gegenuumlber einer GmbH amp Co KG nach Loumlschung im Handelsregister noch Verwaltungsakte zu erlassen ist die Bestellung eines Nachlassliquidators fuumlr die bereits im Handelsregister geloumlschte GmbH entbehrlich Die ehemaligen Kommanditisten vertreten hier als gesetzliche Liquidatoren die KG (sect 161 Abs 2 HGB iVm sect 146 Abs 1 Satz 1 HGB) Auch insoweit genuumlgt die Bekanntgabe an einen der Liquidatoren (sect 150 Abs 2 Satz 2 HGB iVm sect 125 Abs 2 Satz 3 HGB)

Bei einer Gesellschaft buumlrgerlichen Rechts steht mit der Aufloumlsung der Gesellschaft die Geschaumlftsfuumlhrung grundsaumltzlich allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu (sect 730 Abs 2 BGB)

273 Nach Beendigung der gesellschaftsrechtlichen Liquidation (vollstaumlndige Abwicklung) ist es idR unzweckmaumlszligig Verwaltungsakte noch gegenuumlber der Gesellschaft zu erlassen (zB Gewerbesteuermessbescheide) In diesen Faumlllen sind Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis gegenuumlber jedem einzelnen Gesellschafter (Gemeinschafter) durch Haftungsbescheid geltend zu machen

274 Wird eine Personengesellschaft ohne Liquidation durch Ausscheiden ihres vorletzten Gesellschafters und Anwachsung des Anteils am Gesamthandsvermoumlgen bei dem uumlbernehmenden Gesellschafter beendet gehen in der Gesellschaft entstandene Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (zB Umsatzsteuer Gewerbesteuer) auf den Gesamtrechtsnachfolger uumlber (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2122) In Bezug auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 25) tritt jedoch keine Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO ein (vgl AEAO zu sect 45 Nr 1)

28 Bekanntgabe an juristische Personen

2811 Der Steuerbescheid ist an die juristische Person zu richten und ihr unter ihrer Geschaumlftsanschrift bekannt zu geben Die Angabe des gesetzlichen Vertreters als Bekanntgabeadressat ist nicht erforderlich (BFH-Beschluss vom 781970 VI R 2467 BStBl II S 814)

Beispiel

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Muumlller GmbH Postfach 67 00 40210 Duumlsseldorf

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(Angaben wie bdquoz H des Geschaumlftsfuumlhrers Muumlllerldquo o Auml sind nicht erforderlich)

Zur Bekanntgabe an namentlich genannte Vertreter vgl AEAO zu sect 122 Nrn 152 und 153

2812 Eine fuumlhrungslose GmbH die sich nicht in Liquidation oder im Insolvenzverfahren befindet wird nach sect 35 Abs 1 GmbHG durch ihre Gesellschafter vertreten soweit ihr gegenuumlber ua Steuerverwaltungsakte bekannt gegeben oder zugestellt werden Eine fuumlhrungslose AG die sich nicht in Liquidation oder im Insolvenzverfahren befindet wird nach sect 78 Abs 1 AktG durch ihren Aufsichtsrat vertreten soweit ihr gegenuumlber u a Steuerverwaltungsakte bekannt gegeben oder zugestellt werden Vgl zu AEAO sect 34 Nr 3 Solange die fuumlhrungslose Gesellschaft uumlber eine Geschaumlftsadresse verfuumlgt koumlnnen ihr Steuerbescheide weiterhin unter dieser Anschrift bekannt gegeben werden Ein Hinweis auf die besondere gesetzliche Vertretung der Gesellschaft durch die Gesellschafter bzw den Vorstand ist nur erforderlich wenn keine Geschaumlftsanschrift mehr besteht und die Bekanntgabe an die Gesellschafter bzw die Aufsichtsratsmitglieder unter ihrer persoumlnlichen Anschrift erfolgen soll

282 Bekanntgabe an juristische Personen des oumlffentlichen Rechts

Die Grundsaumltze zu Nr 281 gelten auch fuumlr die Bekanntgabe von Steuerbescheiden an Koumlrperschaften des oumlffentlichen Rechts (BFH-Urteil vom 1881988 V R 19483 BStBl II S 932)

Juristische Personen des oumlffentlichen Rechts sind wegen jedes einzelnen von ihnen unterhaltenen Betriebs gewerblicher Art oder mehrerer zusammengefasster Betriebe gewerblicher Art Koumlrperschaftsteuersubjekt (BFH-Urteile vom 1331974 I R 771 BStBl II S 391 und vom 8111989 I R 18785 BStBl 1990 II S 242) Gegenstand der Gewerbesteuer ist gem sect 2 Abs 1 GewStG iVm sect 2 Abs 1 GewStDV der einzelne Betrieb gewerblicher Art sofern er einen Gewerbebetrieb iSd Einkommensteuergesetzes darstellt Steuerschuldner ist die juristische Person des oumlffentlichen Rechts (sect 5 Abs 1 Saumltze 1 und 2 GewStG) Im Gegensatz zur Umsatzsteuer sind daher fuumlr jeden Betrieb gewerblicher Art gesonderte Koumlrperschaftsteuer- und Gewerbesteuer(mess)bescheide erforderlich Damit eine entsprechende Zuordnung erleichtert wird ist es zweckmaumlszligig aber nicht erforderlich im Anschriftenfeld der Koumlrperschaftsteuer- und Gewerbesteuer(mess)bescheide einen Hinweis auf den jeweils betroffenen Betrieb gewerblicher Art anzubringen

Beispiel

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Gemeinde Mainwiesen - Friedhofsgaumlrtnerei - Postfach 12 34 61116 Mainwiesen

Der Hinweis auf den betroffenen Betrieb gewerblicher Art kann auch in den Erlaumluterungen zum Steuer(mess)bescheid angebracht werden

283 Juristische Personen in und nach Liquidation (Abwicklung)

2831 Bei einer in Liquidation (bei Aktiengesellschaften Abwicklung) befindlichen Gesellschaft ist der Steuerbescheid der Gesellschaft zH des Liquidators (Abwicklers) bekannt zu geben

Beispiel

Fuumlr die in Liquidation befindliche Muumlller GmbH (Inhaltsadressat) ist der Steuerberater Hans Schmidt als Liquidator (Bekanntgabeadressat) bestellt worden

Anschriftenfeld

Muumlller GmbH iL zH des Liquidators Herrn Steuerberater Hans Schmidt

2832 Steuerrechtlich wird auch eine im Handelsregister bereits geloumlschte juristische Person so lange als fortbestehend angesehen wie sie noch steuerrechtliche Pflichten zu erfuumlllen hat (BFH-Urteil vom 1101992 IV R 6091 BStBl 1993 II S 82) Zu ihrer steuerrechtlichen Vertretung bedarf es eines Liquidators der insoweit auch die steuerlichen Pflichten zu erfuumlllen hat (sect 34 Abs 3 AO) Ein Liquidator kann auch nur zum Zweck der Entgegennahme eines Steuerbescheids fuumlr die geloumlschte GmbH bestellt werden (BayObLG-Beschluss vom 221984 BReg 3 Z 19283 DB S 870) Das Finanzamt hat ggf die Neubestellung eines Liquidators beim Registergericht zu beantragen weil mit dem Erloumlschen der Firma auch das Amt des zunaumlchst bestellten Liquidators endet (BFH-Urteile vom 271969 I R 19067 BStBl II S 656 und vom 651977 III R 1975 BStBl II S 783) Die Neubestellung eines Liquidators ist nicht erforderlich wenn eine geloumlschte Kapitalgesellschaft durch einen Bevollmaumlchtigten vertreten wird der bereits vor Loumlschung bestellt wurde und dessen Bevollmaumlchtigung die Entgegennahme von Entscheidungen der Finanzbehoumlrde umfasst Eine vor Loumlschung erteilte Vollmacht wirkt insoweit fort (sect 80 Abs 2 AO vgl BFH-Urteil vom 2742000 I R 6598 BStBl II S 500 zu sect 86 ZPO) Wegen sect 80

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Abs 1 Satz 2 zweiter Halbsatz AO ist jedoch fuumlr etwaige Zahlungen an die im Handelsregister geloumlschte Gesellschaft die nachtraumlgliche Bestellung eines Liquidators erforderlich wenn nicht der Bevollmaumlchtigte bereits vor Loumlschung ausdruumlcklich zur Entgegennahme von Zahlungen fuumlr die Gesellschaft ermaumlchtigt worden ist (vgl AEAO zu sect 80 Nr 2)

29 Wegen der Bekanntgabe von Verwaltungsakten in Insolvenzfaumlllen vgl AEAO zu sect 251 Nrn 43 44 61 132 und 151

210 Wegen der Bekanntgabe von Verwaltungsakten im Verbraucherinsolvenzverfahren vgl AEAO zu sect 251 Nrn 122 und 123

211 Zwangsverwaltung

Mit Anordnung der Zwangsverwaltung verliert der Grundstuumlckseigentuumlmer (Schuldner) die Befugnis uumlber das beschlagnahmte Grundstuumlck zu verfuumlgen Bekanntgabeadressat von Verwaltungsakten die das beschlagnahmte Grundstuumlck betreffen (Grundsteuermessbescheid Grundsteuerbescheid Umsatzsteuerbescheid) ist daher der Zwangsverwalter Der dem Zwangsverwalter bekannt zu gebende Verwaltungsakt muss neben der Bezeichnung der der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstuumlcke auch die Person des Grundstuumlckseigentuumlmers (Inhaltsadressat) angeben (BFH-Urteil vom 2361988 V R 20383 BStBl II S 920)

Soweit die Wirkung von Steuerbescheiden uumlber die Zwangsverwaltung hinausgeht sind sie auch dem Grundstuumlckseigentuumlmer (Inhaltsadressat) bekannt zu geben Einheitswertbescheide uumlber zwangsverwaltete Grundstuumlcke sind sowohl dem Zwangsverwalter als auch dem Grundstuumlckseigentuumlmer (Inhaltsadressat) bekannt zu geben (RFH-Urteil vom 191939 RStBl S 1007)

Beispiel fuumlr die Bekanntgabe eines Einheitswertbescheids

Bekanntgabeadressaten

sind sowohl der Schuldner als auch der Zwangsverwalter

Anschriftenfeld (Empfaumlnger)

Herrn Herrn Rechtsanwalt

Josef Meier Helmut Muumlller Sophienstraszlige 20 Schellingstraszlige 40 80799 Muumlnchen 80799 Muumlnchen

Bescheidkopf

Als Zwangsverwalter des Grundstuumlcks Sophienstraszlige 20 (Grundstuumlckseigentuumlmer Josef Meier)

212 Gesamtrechtsnachfolge (zB Erbfolge)

2121 Zur Frage wann eine Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO vorliegt vgl AEAO zu sect 45 Bescheide die bereits vor Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge an den Rechtsvorgaumlnger gerichtet und ihm zugegangen waren wirken auch gegen den Gesamtrechtsnachfolger Er kann nur innerhalb der fuumlr den Rechtsvorgaumlnger maszliggeblichen Rechtsbehelfsfrist Einspruch einlegen sect 353 AO schreibt dies fuumlr Bescheide mit dinglicher Wirkung ausdruumlcklich auch vor soweit es sich um Einzelrechtsnachfolge handelt Die Regelung in sect 166 AO wonach unanfechtbare Steuerfestsetzungen auch gegenuumlber einem Gesamtrechtsnachfolger gelten bedeutet nicht dass gegenuumlber einem Gesamtrechtsnachfolger die Bekanntgabe zu wiederholen ist oder dass eine neue Rechtsbehelfsfrist laumluft Hat der Rechtsvorgaumlnger zwar den Steuertatbestand verwirklicht wurde ihm aber der Bescheid vor Eintritt der Rechtsnachfolge nicht mehr bekannt gegeben so ist der Bescheid an den Gesamtrechtsnachfolger zu richten (BFH-Urteil vom 1611974 I R 25470 BStBl II S 388)

2122 Bei einer Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO geht die Steuerschuld des Rechtsvorgaumlngers auf den Rechtsnachfolger uumlber In den Bescheidkopf ist der Hinweis aufzunehmen dass der Steuerschuldner als Gesamtrechtsnachfolger des Rechtsvorgaumlngers in Anspruch genommen wird Entsprechendes gilt wenn der Steuerschuldner zugleich aufgrund eines eigenen Steuerschuldverhaumlltnisses und als Gesamtrechtsnachfolger in Anspruch genommen wird

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Beispiel

Der Ehemann ist 08 verstorben Die Ehefrau ist Alleinerbin Fuumlr den Veranlagungszeitraum 07 soll ein zusammengefasster ESt-Bescheid bekannt gegeben werden

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Frau Eva Meier Hauptstraszlige 100 67433 Neustadt

Bescheidkopf

Dieser Steuerbescheid ergeht an Sie zugleich als Alleinerbin nach Ihrem Ehemann

Beispiel

Die Meier-OHG mit den Gesellschaftern Max und Emil Meier ist durch Austritt des Gesellschafters Emil Meier aus der OHG und gleichzeitige Uumlbernahme des Gesamthandsvermoumlgens durch Max Meier ohne Liquidation erloschen (vollbeendet) Nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters soll ein Umsatzsteuerbescheid fuumlr einen Zeitraum vor dem Ausscheiden fuumlr die erloschene OHG ergehen

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Herrn Max Meier Hauptstraszlige 101 67433 Neustadt

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie als Gesamtrechtsnachfolger der Meier-OHG

Beispiel

Die A-GmbH ist unter Aufloumlsung ohne Abwicklung auf die B-GmbH verschmolzen worden

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

B-GmbH Hauptstraszlige 101 67433 Neustadt

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie als Gesamtrechtsnachfolgerin der A-GmbH

2123 Das Finanzamt kann gegen Gesamtrechtsnachfolger (zB mehrere Erben) Einzelbescheide nach sect 155 Abs 1 AO oder einen nach sect 155 Abs 3 AO zusammengefassten Steuerbescheid erlassen (BFH-Urteile vom 24111967 III 263 BStBl 1968 II S 163 und vom 2831973 I R 10071 BStBl II S 544) Grundsaumltzlich ist ein zusammengefasster Bescheid zu erlassen der an die Gesamtrechtsnachfolger als Gesamtschuldner zu richten und jedem von ihnen bekannt zu geben ist soweit nicht nach sect 122 Abs 6 AO (vgl AEAO zu sect 122 Nr 213) verfahren werden kann (sect 122 Abs 1 AO und BFH-Urteil vom 2431970 I R 14169 BStBl II S 501) Der Steuerbescheid ist nur wirksam wenn die Gesamtrechtsnachfolger an die sich der Bescheid richtet namentlich als Inhaltsadressaten aufgefuumlhrt sind

Im Einzelfall koumlnnen sich die Gesamtrechtsnachfolger gegen die sich der Bescheid als Inhaltsadressaten richtet auch durch Auslegung des Bescheids ergeben zB durch die Bezugnahme auf einen den Betroffenen bekannten Betriebspruumlfungsbericht (BFH-Urteil vom 17112005 III R 803 BStBl 2006 II S 287) Die Ermittlung des Inhaltsadressaten durch Auslegung kann jedoch einen Mangel der fehlenden Bestimmtheit des Steuerschuldners nicht heilen Fuumlr eine Auslegung an wen der Steuerbescheid sich richtet ist zB dann kein Raum wenn in einem Einkommensteuerbescheid ohne namentliche Anfuumlhrung der Beteiligten eine Erbengemeinschaft als Inhaltsadressat benannt (zB bdquoErbengemeinschaft nach Herrn Adam Meierldquo) und zugleich der Hinweis auf die Gesamtrechtsnachfolge unterblieben ist (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2122) Die Angabe wer die Steuer schuldet (sect 157 Abs 1 Satz 2 AO) fehlt hier denn eine Erbengemeinschaft kann nicht Schuldnerin der Einkommensteuer sein

Aus Gruumlnden der Rechtsklarheit sind die Inhaltsadressaten grundsaumltzlich namentlich aufzufuumlhren (vgl die Beispiele zum AEAO zu sect 122 Nr 2124) von dem Verweis auf fuumlr die Betroffenen bekannte Umstaumlnde ist nur ausnahmsweise Gebrauch zu machen

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Es ist unschaumldlich nur einen oder mehrere aus einer groumlszligeren Zahl von Gesamtrechtsnachfolgern auszuwaumlhlen weil es nicht zwingend erforderlich ist einen Steuerbescheid an alle Gesamtrechtsnachfolger zu richten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 445) Betrifft der zusammengefasste Bescheid Eheleute Eheleute mit Kindern oder Alleinstehende mit Kindern kann auch von der Sonderregelung des sect 122 Abs 7 AO (vgl AEAO zu sect 122 Nr 212) Gebrauch gemacht werden

2124 Beispiele

11 Der Steuerschuldner Adam Meier ist im Jahr 08 verstorben

Erben sind seine Kinder Konrad Ludwig und Martha Meier zu gleichen Teilen Die Steuerbescheide fuumlr das Jahr 07 (ESt USt GewSt) koumlnnen erst im Jahr 09 dh nach dem Tode des Adam Meier ergehen

Die Erben Konrad Ludwig und Martha Meier sind durch Gesamtrechtsnachfolge Steuerschuldner (Inhaltsadressaten) geworden (sect 45 Abs 1 AO) sie haben jeder fuumlr sich fuumlr die gesamte Steuerschuld einzustehen (sect 45 Abs 2 AO sect 44 Abs 1 AO)

Gegen die Miterben koumlnnen zusammengefasste Bescheide nach sect 155 Abs 3 AO ergehen Jedem Erben ist eine Ausfertigung des zusammengefassten Bescheids an die Wohnanschrift zu uumlbermitteln Die Bekanntgabe an einen Erben mit Wirkung fuumlr und gegen alle anderen Erben ist in diesem Fall nur unter den Voraussetzungen des sect 122 Abs 6 AO (vgl Beispiel 12) moumlglich Der Bescheid wird gegenuumlber dem Erben dem er bekannt gegeben wurde auch wirksam wenn er dem oder den anderen Miterben nicht bekannt gegeben wurde Um eine Zwangsvollstreckung in den ungeteilten Nachlass zu ermoumlglichen ist aber die Bekanntgabe des Bescheids an jeden einzelnen Miterben notwendig (sect 265 AO iVm sect 747 ZPO)

Anschriftenfeld (jeweils in gesonderten Ausfertigungen)

Herrn Konrad Meier Sternstraszlige 15 53111 Bonn

Herrn Ludwig Meier Koumlnigstraszlige 200 40212 Duumlsseldorf

Frau Martha Meier Sophienstraszlige 3 80333 Muumlnchen

Bescheidkopf

Fuumlr Konrad Ludwig und Martha Meier als Miterben nach Adam Meier Den anderen Miterben wurde ein Bescheid gleichen Inhalts erteilt Die Erben sind Gesamtschuldner (sect 44 AO)

12 Wie Beispiel 11 jedoch ist Konrad Meier mit Einverstaumlndnis von Ludwig und Martha Meier Empfaumlnger des Steuerbescheids (einverstaumlndliche Bekanntgabe nach sect 122 Abs 6 AO)

Anschriftenfeld

Herrn Konrad Meier Sternstraszlige 15 53111 Bonn

Bescheidkopf

Der Steuerbescheid ergeht an Sie als Miterben nach Adam Meier zugleich mit Wirkung fuumlr und gegen die Miterben Ludwig und Martha Meier Die Erben sind Gesamtschuldner (sect 44 AO)

13 Wie Beispiel 11 jedoch sind die Erben Eheleute oder nahe Familienangehoumlrige unter gemeinschaftlicher Anschrift iSd sect 122 Abs 7 AO Es genuumlgt die Bekanntgabe einer Ausfertigung des Steuerbescheids an die gemeinsame Anschrift

Anschriftenfeld

Konrad Meier Ludwig Meier Martha Meier Sternstraszlige 15 53111 Bonn

Bescheidkopf

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Der Steuerbescheid ergeht an Sie als Miterben nach Adam Meier Die Erben sind Gesamtschuldner (sect 44 AO)

21 Der Steuerschuldner Herbert Muumlller ist im Jahr 08 verstorben Erben sind seine Ehefrau Anna Muumlller und die gemeinsamen Kinder Eva Muumlller und Thomas Muumlller Der ESt-Bescheid fuumlr das Jahr 07 kann erst nach dem Tod des Herbert Muumlller ergehen Herbert und Anna Muumlller sind zusammen zu veranlagen

Anna Muumlller ist Gesamtschuldner zunaumlchst als zusammenveranlagter Ehegatte (sect 26b EStG iVm sect 44 AO) sowie gemeinsam mit den Kindern Eva und Thomas Muumlller als Erben des verstorbenen Herbert Muumlller (sect 45 Abs 1 AO) Sie haben jeder fuumlr sich fuumlr die gesamte Steuerschuld einzustehen (sect 45 Abs 2 AO sect 44 Abs 1 AO)

Gegen die Beteiligten Anna Muumlller Eva Muumlller und Thomas Muumlller koumlnnen zusammengefasste Bescheide nach sect 155 Abs 3 AO ergehen Jedem Beteiligten ist eine Ausfertigung des zusammengefassten Bescheids an seine Wohnanschrift zu uumlbermitteln Der Bescheid wird gegen einen Beteiligten dem er bekannt gegeben wurde auch wirksam wenn er einem oder mehreren anderen Beteiligten nicht bekannt gegeben wurde (siehe aber sect 265 AO iVm sect 747 ZPO vgl Beispiel 11)

Anschriftenfeld (jeweils in gesonderten Ausfertigungen)

Frau Anna Muumlller Hohe Straszlige 27 50667 Koumlln

Frau Eva Muumlller Wilhelmstraszlige 19 53111 Bonn

Herrn Thomas Muumlller Sophienstraszlige 35 80333 Muumlnchen

Bescheidkopf

Fuumlr Anna Muumlller und die Erben nach Herbert Muumlller Anna Muumlller Eva Muumlller und Thomas Muumlller Alle Beteiligten sind Gesamtschuldner (sect 44 AO)

22 Wie Beispiel 21 jedoch ist Anna Muumlller mit Einverstaumlndnis von Eva und Thomas Muumlller Empfaumlnger des Bescheids (sect 122 Abs 6 AO)

Anschriftenfeld

Frau Anna Muumlller Hohe Straszlige 27 50667 Koumlln

Bescheidkopf

Fuumlr Anna Muumlller und die Erben nach Herbert Muumlller Anna Muumlller Eva Muumlller und Thomas Muumlller Der Bescheid ergeht an Sie zugleich mit Wirkung fuumlr und gegen die Miterben Alle Beteiligten sind Gesamtschuldner (sect 44 AO)

23 Wie Beispiel 21 jedoch leben alle Beteiligten unter gemeinsamer Anschrift iSv sect 122 Abs 7 AO (in Koumlln Hohe Straszlige 27) Es genuumlgt die Bekanntgabe einer Ausfertigung des Steuerbescheids an die gemeinsame Anschrift

Anschriftenfeld

Anna Muumlller Eva Muumlller Thomas Muumlller Hohe Straszlige 27 50667 Koumlln

Bescheidkopf

Fuumlr Anna Muumlller und die Erben nach Herbert Muumlller Anna Muumlller Eva Muumlller und Thomas Muumlller Alle Beteiligten sind Gesamtschuldner (sect 44 AO)

2125 Zur Bekanntgabe von Bescheiden bei unbekannten Erben vgl AEAO zu sect 122 Nr 21313

100

2126 Ist eine Erbengemeinschaft Unternehmer oder selbstaumlndiger Rechtstraumlger so ist ein Steuerbescheid (zB uumlber Umsatzsteuer oder Grunderwerbsteuer) an sie als Erbengemeinschaft zu richten (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 24 und 2412) Hat die Erbengemeinschaft keinen Namen und keinen gesetzlichen Vertreter muss sie zur zweifelsfreien Identifizierung der Gemeinschaft und ihrer Gemeinschafter grundsaumltzlich durch den Namen des Erblassers und der einzelnen Miterben charakterisiert werden (BFH-Urteil vom 29111972 II R 4267 BStBl 1973 II S 372) Zur Ermittlung der Inhaltsadressaten durch Auslegung gelten die Ausfuumlhrungen in Nr 2123 des AEAO zu sect 122 entsprechend

2127 Vollstreckung in den Nachlass

Ist ein Steuerbescheid bereits zu Lebzeiten des Erblassers wirksam geworden und will die Finanzbehoumlrde wegen der Steuerschuld vollstrecken muss sie vor Beginn der Vollstreckung ein Leistungsgebot erlassen (vgl im Einzelnen Abschn 29 ff VollstrA)

2128 Umwandlung von Gesellschaften

Zum Erlass von Steuerverwaltungsakten in Spaltungsfaumlllen und in Faumlllen eines Formwechsels vgl AEAO zu sect 122 Nrn 215 und 216 sowie AEAO zu sect 45 Nrn 2 und 3

213 Testamentsvollstreckung Nachlassverwaltung Nachlasspflegschaft

2131 Der Testamentsvollstrecker ist nicht Vertreter der Erben sondern Traumlger eines durch letztwillige Verfuumlgung des Erblassers begruumlndeten Amts dessen Inhalt durch die letztwillige Verfuumlgung bestimmt wird (sectsect 2202 2197 ff BGB) Soweit die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers reicht ist dem Erben die Verfuumlgungsbefugnis entzogen (sect 2211 BGB) Der Testamentsvollstrecker kann den Erben nicht persoumlnlich verpflichten und hat auch nicht dessen persoumlnliche Pflichten gegenuumlber den Finanzbehoumlrden zu erfuumlllen (BFH-Urteil vom 1641980 VII R 8179 BStBl II S 605)

21311 Hat der Erblasser selbst noch den Steuertatbestand verwirklicht ist aber gegen ihn kein Steuerbescheid mehr ergangen so ist der Steuerbescheid an den Erben als Inhaltsadressaten zu richten und diesem bekannt zu geben (vgl Beispiele AEAO zu sect 122 Nr 2124 BFH-Urteile vom 1521978 I R 3677 BStBl II S 491 und vom 831979 IV R 7576 BStBl II S 501) es sei denn der Testamentsvollstrecker ist zugleich Empfangsbevollmaumlchtigter des Erben Ist der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner Verwaltung des gesamten Nachlassvermoumlgens nach sect 2213 Abs 1 BGB zur Erfuumlllung von Nachlassverbindlichkeiten verpflichtet und soll er zur Erfuumlllung der Steuerschuld aus dem von ihm verwalteten Nachlass herangezogen werden kann der Steuerbescheid - auch - an ihn gerichtet werden (BFH-Urteil vom 3091987 II R 4284 BStBl 1988 II S 120) Geschieht dies nicht ist er durchUumlbersendung einer Ausfertigung des dem Erben oder dem Nachlasspfleger bekannt gegebenen Steuerbescheids in Kenntnis zu setzen Ggf ist er durch Duldungsbescheid (sect 191 Abs 1 AO) in Anspruch zu nehmen Seine persoumlnliche Haftung nach sect 69 iVm sect 34 Abs 3 AO bleibt davon unberuumlhrt

21312 Betrifft die Steuerpflicht Tatbestaumlnde nach dem Erbfall so ist der Erbe Steuerschuldner auch fuumlr Steuertatbestaumlnde die das Nachlassvermoumlgen betreffen Steuerbescheide uumlber Einkuumlnfte die dem Erben aus dem Nachlassvermoumlgen zuflieszligen sind dem Erben als Inhaltsadressaten und nicht dem Testamentsvollstrecker bekannt zu geben (BFH-Urteil vom 7101970 I R 14568 BStBl 1971 II S 119 BFH-Beschluss vom 29111995 X B 32894 BStBl 1996 II S 322) Dies gilt auch wenn der Testamentsvollstrecker ein Unternehmen im eigenen Namen weiterfuumlhrt (BFH-Urteil vom 1621977 I R 5374 BStBl II S 481 fuumlr GewSt-Messbescheide) Steht dem Testamentsvollstrecker nach sect 2213 Abs 1 BGB die Verwaltung des gesamten Nachlasses zu sind die drei letzten Saumltze der Nr 21311 des AEAO zu sect 122 entsprechend anzuwenden

21313 Sind der oder die Erben (noch) unbekannt so ist der Steuerbescheid gleichguumlltig ob der Steuertatbestand vom Erblasser selbst noch verwirklicht worden ist oder erst nach Eintritt des Erbfalls einem zu bestellenden Nachlasspfleger als gesetzlichem Vertreter bekannt zu geben Die Vertretungsbefugnis des Nachlasspflegers endet auch dann erst mit Aufhebung der Nachlasspflegschaft durch das Nachlassgericht wenn die Erben zwischenzeitlich bekannt wurden (BFH-Urteil vom 3031982 VIII R 22780 BStBl II S 687)

Der Testamentsvollstrecker ist nicht bereits kraft Amtes Vertreter des unbekannten Erben kann aber dazu bestellt werden (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2132)

2132 Der Nachlasspfleger ist gesetzlicher Vertreter des kuumlnftigen Erben falls dieser noch unbekannt ist oder die Annahme der Erbschaft noch ungewiss ist Er wird von Amts wegen oder auf Antrag eines Nachlassglaumlubigers vom Nachlassgericht bestellt (siehe sectsect 1960 1961 BGB sect 81 AO) Nr 22 ist entsprechend anzuwenden

2133 Nachlassverwaltung ist die Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassglaumlubiger (sect 1975 BGB) Die Stellung des Nachlassverwalters ist derjenigen des Testamentsvollstreckers vergleichbar Nr 21311 und Nr 21312 des AEAO zu sect 122 sind daher entsprechend anzuwenden (BFH-Urteil vom 561991 XI R 2689 BStBl II S 820)

2134 Erbschaftsteuerbescheide

101

21341 Ein Erbschaftsteuerbescheid ist nach sect 32 Abs 1 ErbStG dem Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter mit Wirkung fuumlr und gegen die Erben bekannt zu geben wenn er die Steuererklaumlrung fuumlr die Erben abgegeben hat Dies gilt auch wenn sich der Steueranspruch gegen die Erben nicht nur auf die Erbschaft iSd buumlrgerlichen Rechts gruumlndet Ein Erbschaftsteuerbescheid mit dem lediglich Erbschaftsteuer aufgrund des Erwerbs eines schuldrechtlichen Anspruchs erbrechtlicher Natur (zB Vermaumlchtnis Pflichtteilsrecht Erbersatzanspruch) undoder aufgrund Erwerbs infolge eines Vertrages des Erblassers zugunsten des Erwerbers auf den Todesfall festgesetzt wird kann hingegen dem Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter nicht mit Wirkung fuumlr und gegen den Steuerschuldner bekannt gegeben werden (BFH-Urteile vom 14111990 II R 25585 BStBl 1991 II S 49 und II R 5886 BStBl 1991 II S 52)

Ist der Erbschaftsteuerbescheid nach den vorgenannten Grundsaumltzen dem Testamentsvollstrecker bekannt zu geben muss der Bescheid mit hinreichender Bestimmtheit erkennen lassen dass er sich - ungeachtet der Verpflichtung des Testamentsvollstreckers fuumlr die Zahlung der Steuer zu sorgen (sect 32 Abs 1 Satz 2 ErbStG) - an den Erben als Steuerschuldner richtet (BFH-Urteil vom 1071991 VIII R 1690 BFHNV 1992 S 223) Der Bescheidvordruck ist daher in diesen Faumlllen wie folgt auszufuumlllen

Anschriftenfeld

Name und Anschrift des Testamentsvollstreckers

Bescheidkopf

Erbschaftsteuerbescheid uumlber den Erwerb des (Name des ErbenMiterben) aufgrund des Ablebens von

Erlaumluterungen

Der Bescheid wird Ihnen nach sect 32 Abs 1 Satz 1 ErbStG mit Wirkung fuumlr und gegen den oben bezeichneten Erben bekannt gegeben Dieser ist Steuerschuldner

21342 Die Bekanntgabe des Erbschaftsteuerbescheids an den Testamentsvollstrecker oder den Nachlassverwalter setzt auch die Rechtsbehelfsfrist fuumlr die Anfechtung durch den Erben in Lauf Dem Erben ist bei verspaumlteter Unterrichtung durch den Testamentsvollstrecker oder den Nachlassverwalter innerhalb der Jahresfrist des sect 110 Abs 3 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewaumlhren wobei dessen Verhalten ihm nicht zuzurechnen ist (BFH-Urteil vom 14111990 II R 5886 BStBl 1991 II S 52) Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter haben nach sect 32 Abs 1 Satz 2 ErbStG fuumlr die Entrichtung der Erbschaftsteuer der Erben zu sorgen

214 Haftende

2141 Der Steuerschuldner und der Haftende sind nach sect 44 Abs 1 AO zwar Gesamtschuldner diese Bestimmung fuumlhrt aber nicht zu einer voumllligen Gleichstellung Der Steuerbescheid ist an den Steuerschuldner zu richten Uumlber die Haftung ist durch selbstaumlndigen Haftungsbescheid zu entscheiden (sect 191 AO) und der Haftende durch Zahlungsaufforderung in Anspruch zu nehmen (sect 219 AO) Beide Maszlignahmen koumlnnen auch getrennt voneinander ausgefuumlhrt werden Die Zusendung einer Ausfertigung des Steuerbescheids reicht zur Inanspruchnahme des Haftenden nicht aus

2142 Der Haftungsbescheid muss eindeutig erkennen lassen gegen wen sich der Haftungsanspruch richtet

Beispiele fuumlr Lohnsteuerhaftungsbescheide bei Inanspruchnahme

a) b) des Arbeitgebers des Geschaumlftsfuumlhrers des Arbeitgebers

Haftungsschuldner als Haftungsschuldner als Inhaltsadressat Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger und Empfaumlnger

Herrn Meier GmbH Josef Meier

(Geschaumlftsfuumlhrer der Meier-GmbH) Sophienstraszlige 2 a Hansastr 100 80333 Muumlnchen 81373 Muumlnchen

(jeweils mit Angabe (jeweils mit Angabe des Haftungsgrundes des Haftungsgrundes

102

in der Erlaumluterung) in der Erlaumluterung)

Bei der Inanspruchnahme des Geschaumlftsfuumlhrers als Haftungsschuldner fuumlr Steuerschulden der von ihm vertretenen juristischen Person oder nichtrechtsfaumlhigen Personenvereinigung ist darauf zu achten dass die persoumlnliche Inanspruchnahme in der Adressierung und auch sonst im Bescheid eindeutig zum Ausdruck kommt Als postalische Anschrift ist im Haftungsbescheid idR die von der Firmenanschrift abweichende Wohnanschrift des Geschaumlftsfuumlhrers zu verwenden Wird ein Haftungsbescheid an den Geschaumlftsfuumlhrer durch die Post mit Zustellungsurkunde (vgl AEAO zu sect 122 Nr 311) ausnahmsweise unter der Firmenanschrift zugestellt ist im Kopf des Vordrucks bdquoZustellungsurkundeldquo in roter Schrift oder durch rotes Unterstreichen zu vermerken bdquoKeine Ersatzzustellungldquo

2143 Sollen wegen desselben Anspruchs mehrere Haftungsschuldner herangezogen werden kann in entsprechender Anwendung des sect 155 Abs 3 AO ein zusammengefasster Haftungsbescheid erlassen werden Fuumlr jeden Haftungsschuldner ist jedoch ein gesonderter Bescheid auszufertigen und bekannt zu geben um ihm gegenuumlber Wirksamkeit zu erlangen Dies gilt auch dann wenn der zusammengefasste Haftungsbescheid gegen Ehegatten gerichtet ist (BFH-Beschluss vom 22101975 I B 3875 BStBl 1976 II S 136)

Bei der Inanspruchnahme von mehreren Haftungsschuldnern wegen desselben Anspruchs sind im Haftungsbescheid alle als Haftungsschuldner herangezogenen Personen zu benennen Eine fehlende Angabe der uumlbrigen Haftungsschuldner fuumlhrt aber nicht ohne weiteres zur Unwirksamkeit der Haftungsbescheide (BFH-Urteil vom 5111980 II R 2578 BStBl 1981 II S 176) sondern kann im Rahmen des sect 126 AO nachgeholt werden Die einzelnen Haftungsschuldner werden durch die gemeinsame Inanspruchnahme zu Gesamtschuldnern (sect 44 AO) die Erfuumlllung durch einen der Gesamtschuldner wirkt auch fuumlr die uumlbrigen

215 Spaltung

In den Faumlllen einer Abspaltung Ausgliederung oder Vermoumlgensuumlbertragung nach dem UmwG liegt mit Ausnahme der Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Volluumlbertragung keine Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO vor (vgl AEAO zu sect 45 Nr 2) Die an einer Spaltung beteiligten Rechtstraumlger sind aber Gesamtschuldner fuumlr die Verbindlichkeiten des uumlbertragenden Rechtstraumlgers die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begruumlndet worden sind (sect 133 Abs 1 Satz 1 UmwG) Der uumlbernehmende Rechtstraumlger kann daher durch Haftungsbescheid (im Falle der Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Volluumlbertragung durch Steuerbescheid) in Anspruch genommen werden

Bei einer Aufspaltung erlischt der uumlbertragende Rechtstraumlger mit der Registereintragung der Spaltung (sect 131 Abs 1 Nr 2 UmwG) Die Regelung uumlber die steuerliche Gesamtrechtsnachfolge (sect 45 Abs 1 AO) ist sinngemaumlszlig anzuwenden dies gilt nicht in Bezug auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (vgl AEAO zu sect 45 Nr 2)

Bei der Entscheidung ob ein uumlbernehmender Rechtstraumlger fuumlr Steuerverbindlichkeiten des uumlbertragenden Rechtstraumlgers in Anspruch zu nehmen ist soll idR eine im Spaltungs- und Uumlbernahmevertrag getroffene Zuweisung der Steuerverbindlichkeiten beruumlcksichtigt werden Enthaumllt der Spaltungs- und Uumlbernahmevertrag keine Zuweisung der Steuerverbindlichkeiten soll in Faumlllen der Abspaltung oder Ausgliederung idR zunaumlchst nur der uumlbertragende Rechtstraumlger in Anspruch genommen werden

Beispiel 1

Vom Vermoumlgen der Spalt-GmbH wurde ein Teil abgespalten und an die A-GmbH uumlbertragen Der Spaltungs- und Uumlbernahmevertrag enthaumllt keine Regelungen zur Zuweisung der Steuerverbindlichkeiten

Steuerbescheid an Spalt-GmbH

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Spalt-GmbH Moltkestraszlige 5 12203 Berlin

Beispiel 2

Wie Beispiel 1 jedoch sollen die Spalt-GmbH und die A-GmbH als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden

Steuerbescheid an Spalt-GmbH

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

103

Spalt-GmbH Moltkestraszlige 5 12203 Berlin

Bescheidkopf

Der A-GmbH wurde ein Haftungsbescheid erteilt Die an der Abspaltung beteiligten Rechtstraumlger sind Gesamtschuldner (sect 44 AO sect 133 Abs 1 Satz 1 UmwG)

Haftungsbescheid an A-GmbH

Anschriftenfeld (Haftungsschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

A-GmbH Meiserstraszlige 4 80284 Muumlnchen

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie als partielle Nachfolgerin der Spalt-GmbH Der Spalt-GmbH wurde ein Steuerbescheid erteilt Die an der Abspaltung beteiligten Rechtstraumlger sind Gesamtschuldner (sect 44 AO sect 133 Abs 1 Satz 1 UmwG)

Beispiel 3

Die Spalt-GmbH wurde in die A-GmbH und die B-GmbH aufgespalten Im Spaltungs- und Uumlbernahmevertrag wurden die Steuerverbindlichkeiten der erloschenen Spalt-GmbH der A-GmbH zugewiesen

Steuerbescheid an A-GmbH

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

A-GmbH Meiserstraszlige 4 80284 Muumlnchen

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie als Nachfolgerin der durch Aufspaltung erloschenen Spalt-GmbH

Beispiel 4

Die Spalt-GmbH wurde in die A-GmbH und die B-GmbH aufgespalten Der Spaltungs- undUumlbernahmevertrag enthaumllt keine Regelungen zur Zuweisung der Steuerverbindlichkeiten der Spalt-GmbH Die A-GmbH und die B-GmbH sollen als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden

Steuerbescheid an A-GmbH

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

A-GmbH Meiserstraszlige 4 80284 Muumlnchen

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie als Nachfolgerin der durch Aufspaltung erloschenen Spalt-GmbH Der B-GmbH wurde ein Bescheid gleichen Inhalts erteilt Die an der Spaltung beteiligten Rechtstraumlger sind Gesamtschuldner (sect 44 AO sect 133 Abs 1 Satz 1 UmwG)

Steuerbescheid an B-GmbH

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

B-GmbH Hauptstr 101 67433 Neustadt

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie als Nachfolgerin der durch Aufspaltung erloschenen Spalt-GmbH Der A-GmbH wurde ein Bescheid gleichen Inhalts erteilt Die an der Spaltung beteiligten Rechtstraumlger sind Gesamtschuldner (sect 44 AO sect 133 Abs 1 Satz 1 UmwG)

104

216 Formwechselnde Umwandlung

Bei einer formwechselnden Umwandlung (sect 1 Abs 1 Nr 4 sectsect 190 ff UmwG) liegt lediglich ein Wechsel der Rechtsform eines Rechtstraumlgers unter Wahrung seiner rechtlichen Identitaumlt vor Aumlndert sich allerdings durch den Formwechsel das Steuersubjekt ist die Regelung des sect 45 Abs 1 AO uumlber die steuerliche Gesamtrechtsnachfolge sinngemaumlszlig anzuwenden (vgl AEAO zu sect 45 Nr 3)

Wird eine Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt sind Bescheide uumlber Steuern fuumlr die die Personengesellschaft Steuerschuldnerin war (vgl AEAO zu sect 122 Nr 241) nach der Umwandlung an die Kapitalgesellschaft zu richten und dieser bekannt zu geben Bescheide uumlber die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sind an die Gesellschafter der umgewandelten Personengesellschaft zu richten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 25) Wird eine Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft umgewandelt sind Bescheide uumlber Steuern fuumlr die die Kapitalgesellschaft Steuerschuldnerin war an die Personengesellschaft zu richten

3 Besonderheiten des Zustellungsverfahrens

31 Zustellungsarten

Die Zustellung richtet sich nach dem VwZG (sect 122 Abs 5 Satz 2 AO) Die vom Amtsgericht zu erlassende Anordnung eines persoumlnlichen Sicherheitsarrestes ist nach den Vorschriften der ZPO zuzustellen (sect 326 Abs 4 AO)

Das VwZG sieht die folgenden Zustellungsarten vor

- Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde (sect 3 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 311)

- Zustellung durch die Post mittels Einschreiben (sect 4 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 312)

- Zustellung (auch eines elektronischen Dokuments) durch die Behoumlrde gegen Empfangsbekenntnis (sect 5 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 313)

- Zustellung (auch eines elektronischen Dokuments) im Ausland (sect 9 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 314)

- Oumlffentliche Zustellung (sect 10 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 315)

Kommen mehrere Zustellungsarten in Betracht soll die kostenguumlnstigste gewaumlhlt werden sofern nicht besondere Umstaumlnde (zB Zweifel an der Annahmebereitschaft des Empfaumlngers vgl Nr 312) fuumlr eine Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde sprechen

Die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum VwZG vom 13121966 (BStBl I S 969) geaumlndert durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 2741973 (BStBl I S 220) sind uumlberholt

311 Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde (sect 3 VwZG)

Soll ein Verwaltungsakt durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden sind sect 3 VwZG sowie die dort angefuumlhrten Vorschriften der sectsect 177 bis 182 ZPO zu beachten bdquoPostldquo ist jeder Erbringer von Postdienstleistungen (sect 2 Abs 2 Satz 1 VwZG siehe auch sect 33 des Postgesetzes vom 22121997 BGBl I S 3294)

Die Finanzbehoumlrde hat der Post den Zustellungsauftrag das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde zu uumlbergeben (sect 3 Abs 1 VwZG) Fuumlr die Zustellungsurkunde den Zustellungsauftrag und den verschlossenen Umschlag sind die in der Zustellungsvordruckverordnung vom 1222002 (BGBl I S 671 1019) geaumlndert durch Verordnung vom 2342004 (BGBl I S 619) bestimmten Vordrucke zu verwenden (sect 3 Abs 2 Satz 3 VwZG) Der vorbereitete Vordruck der Zustellungsurkunde muss den Empfaumlnger (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 15 und 16) und das Aktenzeichen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3111) des zuzustellenden Dokuments sowie die Anschrift der auftraggebenden Finanzbehoumlrde enthalten Fehlen diese Angaben auf der zuzustellenden Sendung ganz oder teilweise ist die Zustellung unwirksam auch wenn die Zustellungsurkunde den Anforderungen des sect 182 ZPO genuumlgt Gleiches gilt wenn auf der Sendung ein falsches Aktenzeichen angegeben ist

Ausnahmsweise kann als Zustellungsanschrift eine Postfachnummer gewaumlhlt werden In diesem Fall ist aber die tatsaumlchliche Zustellung beim Ruumlcklauf der Zustellungsurkunde zu uumlberwachen (BFH-Urteil vom 921983 II R 1079 BStBl II S 698) Bei Ersatzzustellung durch Niederlegung ist die Zustellung nicht wirksam wenn die Mitteilung uumlber die Niederlegung in das Postfach des Empfaumlngers eingelegt wird (BFH-Urteil vom 1721983 V R 7677 BStBl II S 528)

3111 Das auf der vorbereiteten Zustellungsurkunde und auf dem verschlossenen Umschlag anzugebende Aktenzeichen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 311) ist mit Abkuumlrzungen zu bilden Anhand des Aktenzeichens muss einerseits der Inhalt des zuzustellenden Dokuments einwandfrei zu identifizieren sein (BFH-Urteil vom 1832004 V R 1102 BStBl II S 540) andererseits muss das Aktenzeichen so gewaumlhlt werden dass es einem Dritten moumlglichst keinen Ruumlckschluss auf den Inhalt der Sendung zulaumlsst Die bloszlige Angabe der Steuernummer reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 13102005 IV R 4403 BStBl 2006 II S 214)

105

Neben der Steuernummer und grundsaumltzlich neben dem Datum des zuzustellenden Verwaltungsakts sind die folgenden verwaltungsuumlblichen Abkuumlrzungen und Listennummern zu verwenden

Beispiele

Abkuumlrzung Inhalt der Sendung

21050 108 EStB 2005 StNr 21050 108 vom xxxxxxxx ESt-Bescheid 2005 vom xxxxxxxx

21050 108 VZB ESt 2006 StNr 21050 108 vom xxxxxxxx Vorauszahlungsbescheid fuumlr ESt 2006

vom xxxxxxxx

21050 108 HaB LSt 2005 StNr 21050 108 vom xxxxxxxx Haftungsbescheid fuumlr LSt 2005

vom xxxxxxxx

21050 108 NachB LSt StNr 21050 108 2005 vom xxxxxxxx Nachforderungsbescheid fuumlr LSt 2005

vom xxxxxxxx

21050 108 EE EStB 2005 StNr 21050 108 Einspruchsentscheidung in Sachen ESt-Bescheid 2005

21050 108 EE RbL StNr 21050 108 1502006 Einspruchsentscheidung fuumlr den in die

Rechtsbehelfsliste 2006 unter Nr 150 eingetragenen Einspruch

21050 108 PrA vom StNr 21050 108 xxxxxxxx Pruumlfungsanordnung vom xxxxxxxx

21050 108 Mitteilung StNr 21050 108 141 Abs 2 AO Mitteilung vom xxxxxxxx uumlber den vom xxxxxxxx Beginn der Buchfuumlhrungspflicht

21050 108 ZG-A StNr 21050 108 vom xxxxxxxx Verwaltungsakt uumlber die Androhung

eines Zwangsgeldes vom xxxxxxxx

Bei der Zustellung eines Bescheids uumlber die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen muss sich aus dem Aktenzeichen auch der Gegenstand der Feststellung ergeben (BFH-Urteil vom 13102005 IV R 4403 BStBl 2006 II S 214) Fuumlr die hinreichende Unterscheidung von gesonderten Feststellungen sind - neben den uumlbrigen Angaben wie Steuernummer und Datum des zuzustellenden Verwaltungsakts (vgl die vorstehenden Beispiele) - zweckmaumlszligigerweise die folgenden Kuumlrzel zu verwenden

Beispiele

Kuumlrzel Gegenstand

VF-ESt 311205 Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur ESt auf den 31122005

VF-KSt 311205 Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur KSt auf den 31122005

106

VF-Gew 311205 Feststellung des vortragsfaumlhigen Gewerbeverlustes auf den 31122005

Fest2B 2005 Feststellung der negativen Einkuumlnfte aus der Beteiligung an Verlustzuweisungsgesellschaften nach sect 2b EStG iVm sect 10d Abs 4 EStG fuumlr 2005

ges Fest 2005 Gesonderte Feststellung gem sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO fuumlr 2005

Ges + einh Fest 2005 Gesonderte und einheitliche Feststellung iSv sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe a AO fuumlr 2005

3112 Sollen mehrere Verwaltungsakte (zB Einspruchsentscheidungen) verschiedenen Inhalts in einer Postsendung zugestellt werden muumlssen die gesetzlichen Form- und Beurkundungserfordernisse in Bezug auf jedes einzelne Schriftstuumlck gewahrt werden Das Aktenzeichen muss aus Angaben uumlber die einzelnen Schriftstuumlcke bestehen (BFH-Urteil vom 772004 X R 3302 BFHNV 2005 S 66) Enthaumllt die Sendung mehr Schriftstuumlcke als durch Aktenzeichen auf der Zustellungsurkunde undoder dem Umschlag bezeichnet ist nur die Zustellung des nicht bezeichneten Schriftstuumlcks unwirksam Der Zustellungsmangel kann jedoch nach sect 8 VwZG geheilt werden (vgl AEAO zu sect 122 Nr 452)

3113 Eine wirksame Zustellung an mehrere Personen gemeinsam ist nicht moumlglich sondern nur die Zustellung an einen bestimmten Zustellungsempfaumlnger In der Anschrift auf dem Briefumschlag und dementsprechend in der Zustellungsurkunde darf daher als Empfaumlnger nur eine Person angesprochen werden Das gilt auch fuumlr die Zustellung an Ehegatten (BFH-Urteil vom 861995 IV R 10494 BStBl II S 681) Eine mit der Anschrift bdquoHerrn Adam und Frau Eva Meierldquo versehene Sendung kann daher nicht wirksam zugestellt werden (vgl AEAO zu sect 122 zu Nr 34)

3114 Die Zustellungsurkunde ist eine oumlffentliche Urkunde iSd sect 418 Abs 1 ZPO (vgl sect 182 Abs 1 Satz 2 ZPO) und erbringt daher den vollen Beweis fuumlr die in ihr bezeugten Tatsachen Dieser ist aber nach sect 418 Abs 2 ZPO durch Gegenbeweis widerlegbar Dies erfordert den vollen Nachweis eines anderen Geschehensablaufs durch bloszlige Zweifel an der Richtigkeit der urkundlichen Feststellungen ist der Gegenbeweis nicht erbracht (BFH-Urteil vom 2891993 II R 3492 BFHNV 1994 S 291)

312 Zustellung durch die Post mittels Einschreiben (sect 4 VwZG)

Die durch sect 4 VwZG eroumlffnete Zustellungsmoumlglichkeit ist auf die Varianten bdquoEinschreiben mittelsUumlbergabeldquo und bdquoEinschreiben mit Ruumlckscheinldquo beschraumlnkt Die Zustellung mittels eines bdquoEinwurf-Einschreibensldquo ist somit nicht moumlglich Nicht nur Briefe sondern auch umfangreichere Sendungen zB Pakete koumlnnen mittels Einschreiben zugestellt werden soweit die Post (zum Begriff der bdquoPostldquo vgl AEAO zu sect 122 Nr 311) dies ermoumlglicht

Eine Zustellung durch Einschreiben mit Ruumlckschein gilt an dem Tag als bewirkt den der Ruumlckschein angibt Zum Nachweis der Zustellung genuumlgt der Ruumlckschein (sect 4 Abs 2 Satz 1 VwZG) Im Gegensatz zu der bei einer Zustellung nach sect 3 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nr 311) errichteten Zustellungsurkunde ist der Ruumlckschein keine oumlffentliche Urkunde iSd sect 418 ZPO Der von dem Ruumlckschein ausgehende Nachweis der Zustellung ist somit auf das Maszlig eines normalen Beweismittels eingeschraumlnkt Geht der Ruumlckschein nicht bei der die Zustellung veranlassenden Behoumlrde ein oder enthaumllt er kein Datum gilt die Zustellung am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt es sei denn dass der Verwaltungsakt nicht oder zu einem spaumlteren Zeitpunkt zugegangen ist im Zweifel hat die Behoumlrde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen (sect 4 Abs 2 Saumltze 2 und 3 VwZG)

Eine Zustellung mittels Einschreiben durch Uumlbergabe gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt es sei denn dass der Verwaltungsakt nicht oder zu einem spaumlteren Zeitpunkt zugegangen ist Auch insoweit hat im Zweifel die Behoumlrde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen (sect 4 Abs 2 Saumltze 2 und 3 VwZG) Der Tag der Aufgabe zur Post ist in den Akten zu vermerken (sect 4 Abs 2 Satz 4 VwZG)

Fuumlr eine eventuelle Ersatzzustellung gelten nicht die sectsect 178 bis 181 ZPO sondern die einschlaumlgigen allgemeinen Geschaumlftsbedingungen des in Anspruch genommenen Postdienstleisters Verweigert der Empfaumlnger oder der Ersatzempfaumlnger die Annahme der eingeschriebenen Sendung wird sie als unzustellbar an den Absender zuruumlckgeschickt Im Gegensatz zur Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde (vgl AEAO zu sect 122 Nr 311) kann daher gegen den Willen des Empfaumlngers bzw Ersatzempfaumlngers eine Zustellung mittels Einschreiben nicht bewirkt werden

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313 Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (sect 5 VwZG)

Gegen Empfangsbekenntnis kann zugestellt werden

- indem die Behoumlrde den zuzustellenden Verwaltungsakt dem Empfaumlnger aushaumlndigt (sect 5 Abs 1 bis 3 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 3131)

- durch Uumlbermittlung auf andere Weise an Behoumlrden Koumlrperschaften Anstalten und Stiftungen des oumlffentlichen Rechts sowie an Angehoumlrige bestimmter Berufe (sect 5 Abs 4 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nrn 3132 3134 und 3135)

- durch elektronische Uumlbermittlung an andere Empfaumlnger unter den Voraussetzungen des sect 5 Abs 5 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 3133 bis 3135)

3131 In den Faumlllen des sect 5 Abs 1 VwZG ist das zuzustellende Dokument grundsaumltzlich in einem verschlossenen Umschlag auszuhaumlndigen Nur wenn keine schutzwuumlrdigen Interessen des Empfaumlngers entgegenstehen kann das Dokument auch offen ausgehaumlndigt werden Dies ist zB der Fall wenn das Dokument durch den fachlich zustaumlndigen Bediensteten selbst - etwa bei Erscheinen des Empfaumlngers in den Dienstraumlumen - ausgehaumlndigt wird

Bei einer Ersatzzustellung gem sect 5 Abs 2 Nr 3 VwZG ist wegen des Verweises auf sect 181 ZPO fuumlr die Mitteilung uumlber die Niederlegung der Vordruck gem Anlage 4 der Zustellungsvordruckverordnung vom 1222002 (BGBl I S 671) zu verwenden

3132 Nach sect 5 Abs 4 VwZG kann an Behoumlrden Koumlrperschaften Anstalten und Stiftungen des oumlffentlichen Rechts an Rechtsanwaumllte Patentanwaumllte Notare Steuerberater Steuerbevollmaumlchtigte Wirtschaftspruumlfer vereidigte Buchpruumlfer Steuerberatungsgesellschaften Wirtschaftspruumlfungsgesellschaften und Buchpruumlfungsgesellschaften auch auf andere Weise somit zB durch einfachen Brief oder elektronisch (auch durch Telefax) zugestellt werden sect 5 Abs 4 VwZG enthaumllt eine abschlieszligende Aufzaumlhlung des in Betracht kommenden Empfaumlngerkreises Abweichend von sect 174 Abs 1 ZPO darf daher an andere Personen bei denen aufgrund ihres Berufs von einer erhoumlhten Zuverlaumlssigkeit ausgegangen werden kann nicht nach sect 5 Abs 4 VwZG zugestellt werden in Betracht kommt aber eine elektronische Zustellung gem sect 5 Abs 5 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3133)

Ob eine elektronische Zustellung die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur erfordert bestimmt sich danach ob fuumlr den zuzustellenden Verwaltungsakt die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben ist (sect 87a Abs 4 AO) Das elektronisch zuzustellende Dokument ist mit einem geeigneten Verfahren zu verschluumlsseln (sect 87a Abs 1 Satz 3 AO) Die Regelungen des sect 87a AO sind jedoch nicht anwendbar wenn die elektronische Zustellung durch Telefax erfolgt (vgl AEAO zu sect 122 Nr 182) Die Formerfordernisse der folgenden Nr 3133 des AEAO zu sect 122 gelten daher insoweit nicht

3133 Gem sect 5 Abs 5 VwZG kann ein Dokument auch an einen nicht in sect 5 Abs 4 VwZG genannten Empfaumlnger elektronisch zugestellt werden soweit der Empfaumlnger hierfuumlr einen Zugang eroumlffnet hat (zurbdquoZugangseroumlffnungldquo vgl AEAO zu sect 87a Nr 1) Fuumlr die Uumlbermittlung ist das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen (sect 5 Abs 5 Satz 2 VwZG) also auch dann wenn fuumlr den zuzustellenden Verwaltungsakt die Schriftform nicht gesetzlich vorgeschrieben ist Es ist gegen unbefugte Kenntnisnahme Dritter zu schuumltzen (sect 5 Abs 5 Satz 2 VwZG) und mit einem geeigneten Verfahren zu verschluumlsseln (sect 87a Abs 1 Satz 3 AO)

3134 Bei der elektronischen Zustellung nach sect 5 Abs 4 oder Abs 5 VwZG ist die Uumlbermittlung mit demHinweis bdquoZustellung gegen Empfangsbekenntnisldquo einzuleiten Die Uumlbermittlung muss die absendende Behoumlrde den Namen und die Anschrift des Zustellungsadressaten (bdquoEmpfaumlngerldquo iSd Nr 15 des AEAO zu sect 122) sowie den Namen des Bediensteten erkennen lassen der das Dokument zur Uumlbermittlung aufgegeben hat (sect 5 Abs 6 VwZG) Beizufuumlgen ist ein vorbereitetes Formular fuumlr das Empfangsbekenntnis (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3135)

3135 Zum Nachweis der Zustellung in den Faumlllen des sect 5 Abs 4 und 5 VwZG genuumlgt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis das an die Behoumlrde durch die Post oder elektronisch zuruumlckzusenden ist (sect 5 Abs 7 VwZG) Es kann auch durch Telefax uumlbermittelt werden Wird das Empfangsbekenntnis als elektronisches Dokument erteilt bedarf es einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz die in diesem Fall die Unterschrift ersetzt

Das datierte und unterschriebene Empfangsbekenntnis erbringt den vollen Beweis dafuumlr dass das darin bezeichnete Dokument an dem vom Empfaumlnger bezeichneten Tag tatsaumlchlich zugestellt worden ist ein Gegenbeweis ist aber zulaumlssig (BFH-Urteil vom 31102000 VIII R 1400 BStBl 2001 II S 156) Das Fehlen des Datums auf dem vom Empfaumlnger unterschriebenen Empfangsbekenntnis ist fuumlr die Rechtswirksamkeit der Zustellung unschaumldlich Maszliggebend fuumlr den durch die Zustellung ausgeloumlsten Beginn einer Frist ist der Zeitpunkt in dem der Aussteller des Empfangsbekenntnisses das Dokument als zugestellt entgegengenommen hat (BFH-Beschluss vom 2081982 VIII R 5882 BStBl 1983 II S 63)

Der Ruumlcklauf der Empfangsbekenntnisse ist in geeigneter Weise zu uumlberwachen Werden Empfangsbekenntnisse nicht zuruumlckgesandt ist zunaumlchst an die Ruumlckgabe zu erinnern Bleibt diese

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Erinnerung erfolglos ist der Verwaltungsakt auf andere Weise erneut zuzustellen es sei denn der Empfaumlnger hat das zuzustellende Dokument in Kenntnis der Zustellungsabsicht nachweislich entgegengenommen und behalten (BFH-Urteil vom 631990 II R 13187 BStBl II S 477) dies gilt aber nicht bei einer Zustellung nach sect 5 Abs 5 VwZG (vgl sect 8 VwZG)

314 Zustellung im Ausland (sect 9 VwZG)

3141 Soweit ein Verwaltungsakt im Ausland zuzustellen ist und nicht ein Fall des sect 9 Abs 1 Nr 3 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3142) vorliegt sollte vorrangig von der Moumlglichkeit der Zustellung durch Einschreiben mit Ruumlckschein (sect 9 Abs 1 Nr 1 VwZG) bzw der Zustellung elektronischer Dokumente (sect 9 Abs 1 Nr 4 VwZG) Gebrauch gemacht werden Beide Zustellungsarten setzen aber voraus dasssie bdquovoumllkerrechtlich zulaumlssigldquo sind Diese Formulierung umfasst nicht nur voumllkerrechtliche Uumlbereinkuumlnfte sondern auch etwaiges Voumllkergewohnheitsrecht ausdruumlckliches nichtvertragliches Einverstaumlndnis aber auch Tolerierung einer entsprechenden Zustellungspraxis durch den Staat in dem zugestellt werden soll Es kann davon ausgegangen werden dass eine Zustellung durch Einschreiben mit Ruumlckschein oder eine Zustellung elektronischer Dokumente zumindest toleriert wird und daher voumllkerrechtlich zulaumlssig ist dies gilt nicht hinsichtlich folgender Staaten Aumlgypten Argentinien China Republik Korea Kuwait Liechtenstein - soweit es sich um Steuern oder Besteuerungszeitraumlume handelt die nicht vom DBA mit Liechtenstein (BStBl 2013 I S 488) erfasst sind - Mexiko Russische Foumlderation San Marino Schweiz Sri Lanka Ukraine Venezuela

Zum Beweiswert eines Ruumlckscheins bei der Zustellung durch Einschreiben vgl sect 9 Abs 2 Satz 1 VwZG sowie AEAO zu sect 122 Nr 312

Bei einer Zustellung durch Uumlbermittlung elektronischer Dokumente sind neben der voumllkerrechtlichen Zulaumlssigkeit die Regelungen des sect 5 Abs 5 VwZG insbesondere die Erfordernisse einer bdquoZugangseroumlffnungldquo und einer qualifizierten elektronischen Signatur zu beachten vgl AEAO zu sect 122 Nr 3133 Zum Empfangsbekenntnis vgl sect 9 Abs 2 Satz 3 VwZG sowie AEAO zu sect 122 Nr 3135

3142 Zustellungsersuchen nach sect 9 Abs 1 Nr 2 VwZG (Zustellung durch die Behoumlrde des fremden Staates oder durch die zustaumlndige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland) oder nach sect 9 Abs 1 Nr 3 VwZG (Zustellung durch das Auswaumlrtige Amt) sind auf dem Dienstweg dem Bundeszentralamt fuumlr Steuern zuzuleiten Hierbei ist die Staatsangehoumlrigkeit des Empfaumlngers anzugeben weil diese fuumlr die Ausfuumlhrung der Zustellung maszliggeblich sein kann Ist die Staatsangehoumlrigkeit nicht bekannt so ist dies zu vermerken Ferner ist Folgendes zu beachten

- Der zuzustellende Verwaltungsakt muss in Maschinenschrift gefertigt sein und die vollstaumlndige auslaumlndische Anschrift des Empfaumlngers enthalten

- In dem Zustellungsersuchen sind die zuzustellenden Schriftstuumlcke einzeln aufzufuumlhren Sie sind genau und mit Datum zu bezeichnen

- Steuer- oder Haftungsbescheide muumlssen abgerechnet sein und erforderlichenfalls ein Leistungsgebot enthalten Wegen der Ungewissheit uumlber die Dauer des Zustellungsverfahrens sind etwaige Zahlungsfristen nicht datumsmaumlszligig zu bestimmen sondern vom Tag der Zustellung abhaumlngig zu machen (zB durch die Formulierung bdquoeinen Monat nach dem Tag der Zustellung dieses Bescheidsldquo)

- In der Rechtsbehelfsbelehrung ist - ggf unter Aumlnderung eines vorgedruckten Textes - daruumlber zu belehren dass der fuumlr den Beginn der Rechtsbehelfsfrist maszliggebliche Tag der Bekanntgabe der Tag der Zustellung ist

- Sind Verwaltungsakte an mehrere Empfaumlnger zuzustellen muumlssen jeweils gesonderte Zustellungsersuchen gestellt werden (vgl AEAO zu sect 122 Nr 32) Dies gilt auch bei Zustellungen an Ehegatten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 34)

3143 Von der durch sect 9 Abs 3 VwZG eingeraumlumten Moumlglichkeit bei einer Zustellung nach sect 9 Abs 1 Nr 2 oder Nr 3 VwZG anzuordnen dass ein inlaumlndischer Zustellungsbevollmaumlchtigter benannt wird sollte nur Gebrauch gemacht werden wenn zu erwarten ist dass kuumlnftig Verwaltungsakte erlassen werden fuumlr die das Gesetz die foumlrmliche Zustellung vorschreibt (vgl AEAO zu sect 122 Nr 183) Ansonsten ist vorrangig nach sect 123 AO zu verfahren soweit die Benennung eines inlaumlndischen Empfangsbevollmaumlchtigten fuumlr erforderlich oder zweckmaumlszligig gehalten wird

315 Oumlffentliche Zustellung (sect 10 VwZG)

Die oumlffentliche Zustellung kommt nur als bdquoletztes Mittelldquo der Bekanntgabe in Betracht wenn alle Moumlglichkeiten erschoumlpft sind das Dokument dem Empfaumlnger in anderer Weise zu uumlbermitteln

3151 Eine oumlffentliche Zustellung wegen eines unbekannten Aufenthaltsortes des Empfaumlngers (sect 10 Abs 1 Satz 1 Nr 1 VwZG) ist nicht bereits dann zulaumlssig wenn die Finanzbehoumlrde die Anschrift nicht kennt oder Briefe als unzustellbar zuruumlckkommen Die Anschrift des Empfaumlngers muss vielmehr allgemein unbekannt sein (BFH-Urteil vom 9122009 X R 5406 BStBl 2010 II S 732) Dies ist durch eine Erklaumlrung der zustaumlndigen Meldebehoumlrde oder auf andere Weise zu belegen Die bloszlige Feststellung dass sich der Empfaumlnger bei der Meldebehoumlrde abgemeldet hat ist nicht ausreichend Die

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Finanzbehoumlrde muss daher bevor sie durch oumlffentliche Bekanntmachung zustellt die nach Sachlage gebotenen und zumutbaren Ermittlungen anstellen Dazu gehoumlren insbesondere Nachforschungen bei der Meldebehoumlrde u U auch die Befragung von Angehoumlrigen oder des bisherigen Vermieters des Empfaumlngers Auch Hinweisen auf den mutmaszliglichen neuen Aufenthaltsort des Empfaumlngers muss durch Ruumlckfrage bei der dortigen Meldebehoumlrde nachgegangen werden

Eine Rechtspflicht der zustellenden Behoumlrde Anschriften im Ausland zu ermitteln ist regelmaumlszligig zu verneinen wenn ein Fall der bdquoAuslandsfluchtldquo vorliegt oder wenn sich der Empfaumlnger beim inlaumlndischen Melderegister bdquoins Auslandldquo ohne Angabe einer Anschrift abgemeldet hat oder sich in einer Weise verhaumllt die auf seine Absicht schlieszligen laumlsst seinen Aufenthaltsort zu verheimlichen Die Finanzbehoumlrde ist in diesen Faumlllen vorrangig nur zu Ermittlungsmaszlignahmen im Inland verpflichtet zB durch Nachfragen beim Einwohnermeldeamt und bei Kontaktpersonen des Empfaumlngers (BFH-Urteil vom 9122009 X R 5406 aaO) Ist aber zu vermuten dass sich der Steuerpflichtige in einem bestimmten anderen Land aufhaumllt sind die Ermittlungsmoumlglichkeiten des zwischenstaatlichen Auskunftsaustauschs nach dem BMF-Schreiben vom 2512006 BStBl I S 26 auszuschoumlpfen (BFH-Urteil vom 9122009 X R 5406 aaO)

Nicht zulaumlssig ist es beispielsweise eine oumlffentliche Zustellung bereits dann anzuordnen wenn eine versuchte Bekanntgabe unter einer Adresse die der Empfaumlnger angegeben hat einmalig fehlgeschlagen ist oder wenn lediglich die Vermutung besteht dass eine Adresse an die sich der Empfaumlnger bei der Meldebehoumlrde abgemeldet hat eine Scheinadresse ist (BFH-Urteil vom 662000 VII R 5599 BStBl II S 560 und BFH-Beschluss vom 1332003 VII B 19602 BStBl II S 609) Eine oumlffentliche Zustellung ist aber wirksam wenn die Finanzbehoumlrde durch unrichtige Auskuumlnfte Dritter zu der unrichtigen Annahme verleitet wurde der Empfaumlnger sei unbekannten Aufenthaltsortes sofern die Finanzbehoumlrde auf die Richtigkeit der ihr erteilten Auskunft vertrauen konnte (BFH-Beschluss vom 1332003 VII B 19602 aaO)

3152 Nach sect 10 Abs 1 Satz 1 Nr 2 VwZG kann oumlffentlich zugestellt werden wenn bei juristischen Personen die zur Anmeldung einer inlaumlndischen Geschaumlftsanschrift zum Handelsregister verpflichtet sind eine Zustellung weder unter der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift einer fuumlr Zustellungen empfangsberechtigten Person oder einer ohne Ermittlungen bekannten anderen inlaumlndischen Anschrift moumlglich ist

3153 Nach sect 10 Abs 1 Satz 1 Nr 3 VwZG kommt eine oumlffentliche Zustellung in Betracht wenn eine Zustellung im Ausland (sect 9 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 314) nicht moumlglich ist oder keinen Erfolg verspricht Eine Zustellung im Ausland verspricht keinen Erfolg wenn sie grundsaumltzlich moumlglich waumlre ihre Durchfuumlhrung aber etwa wegen Kriegs Abbruchs der diplomatischen Beziehungen Verweigerung der Amtshilfe oder unzureichender Vornahme durch die oumlrtlichen Behoumlrden nicht zu erwarten ist Der Umstand dass die Ausfuumlhrung eines Zustellungsersuchens laumlngere Zeit in Anspruch nehmen wird rechtfertigt aber nicht die Anordnung einer oumlffentlichen Zustellung (BFH-Urteil vom 662000 VII R 5599 BStBl II S 560)

Sobald die auslaumlndische Anschrift des Steuerpflichtigen bekannt ist und eine Postverbindung besteht sind nach erfolgter oumlffentlicher Zustellung dem Steuerpflichtigen die Tatsache der oumlffentlichen Zustellung und der Inhalt des Verwaltungsakts (zB durch Beifuumlgen einer Ablichtung) mit einfachem Brief mitzuteilen Diese Mitteilung ist an Empfaumlnger in saumlmtlichen Staaten zulaumlssig da es sich hierbei mangels rechtlicher Regelung nicht um einen Verwaltungsakt handelt Wird der Mitteilung eine Kopie des Verwaltungsakts beigefuumlgt ist der Steuerpflichtige darauf hinzuweisen dass mit der Beifuumlgung dieser Kopie der Verwaltungsakt nicht erneut bekannt gegeben wird und die Rechtsfolgen des Verwaltungsakts (insbesondere der Beginn der Einspruchsfrist) bereits mit der oumlffentlichen Zustellung eingetreten sind

3154 Zur Durchfuumlhrung der oumlffentlichen Zustellung ist nicht der Inhalt (auch nicht der verfuumlgende Teil) des zuzustellenden Verwaltungsakts oumlffentlich bekannt zu geben sondern lediglich eine Benachrichtigung mit weitgehend neutralem Inhalt (sect 10 Abs 2 VwZG) Die Benachrichtigung muss die Behoumlrde fuumlr die zugestellt wird den Namen und die letzte bekannte Anschrift des Zustellungsempfaumlngers das Datum und das Aktenzeichen des Dokuments sowie die Stelle wo das Dokument eingesehen werden kann erkennen lassen (sect 10 Abs 2 Satz 2 VwZG) Fuumlr das in der Benachrichtigung anzugebende Aktenzeichen des zuzustellenden Dokuments (sect 10 Abs 2 Satz 2 Nr 3 VwZG) gelten die Ausfuumlhrungen in Nr 3111 des AEAO zu sect 122 entsprechend Die Benachrichtigung muss ferner den Hinweis enthalten dass das Dokument oumlffentlich zugestellt wird und Fristen in Lauf gesetzt werden koumlnnen nach deren Ablauf Rechtsverluste eintreten koumlnnen (sect 10 Abs 2 Satz 3 VwZG) Bei der Zustellung einer Ladung muss die Benachrichtigung den Hinweis enthalten dass das Dokument eine Ladung zu einem Termin enthaumllt dessen Versaumlumung Rechtsnachteile zur Folge haben kann (sect 10 Abs 2 Satz 4 VwZG) Die Benachrichtigung ist an der Stelle bekannt zu machen die von der Behoumlrde hierfuumlr allgemein bestimmt ist (zB durch Aushang im Dienstgebaumlude) Alternativ hierzu kann die Benachrichtigung auch durch Veroumlffentlichung im Bundesanzeiger bekannt gemacht werden (sect 10 Abs 2 Satz 1 VwZG) In den Akten ist zu vermerken wann und in welcher Weise die Benachrichtigung bekannt gemacht wurde (sect 10 Abs 2 Satz 5 VwZG)

Wird die Benachrichtigung uumlber die oumlffentliche Zustellung durch Aushang bekannt gemacht ist sie stets bis zu dem Zeitpunkt auszuhaumlngen zu dem die Zustellung nach sect 10 Abs 2 Satz 6 VwZG als bewirkt

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anzusehen ist Das gilt auch dann wenn der Empfaumlnger vor Fristablauf bei der Finanzbehoumlrde erscheint und ihm das zuzustellende Schriftstuumlck ausgehaumlndigt wird (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3155) Die Aushaumlndigung ist in den Akten zu vermerken

3155 Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der Bekanntmachung der Benachrichtigung als zugestellt (sect 10 Abs 2 Satz 6 VwZG) Dies gilt auch wenn dem Empfaumlnger vor Ablauf dieser zweiwoumlchigen Frist der Verwaltungsakt ausgehaumlndigt wurde Die Frist gem sect 10 Abs 2 Satz 6 VwZG bestimmt sich nach sect 108 Abs 1 AO iVm sectsect 187 Abs 1 188 Abs 2 BGB Danach ist bei der Berechnung einer Aushangfrist der Tag des Aushangs nicht mitzurechnen Die Frist endet mit Ablauf des Tages der dem Aushangtag kalendermaumlszligig entspricht Bei der Berechnung der Frist ist ggf sect 108 Abs 3 AO zu beachten (vgl AEAO zu sect 108 Nr 1)

32 Zustellung an mehrere Beteiligte

Soll ein Verwaltungsakt mehreren Beteiligten zugestellt werden so ist - soweit kein gemeinsamer Bevollmaumlchtigter vorhanden ist (vgl AEAO zu sect 122 Nr 33) - das Dokument jedem einzelnen gesondert zuzustellen (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 3113 und 3142) Zur Zustellung an Ehegatten vgl AEAO zu sect 122 Nr 34

33 Zustellung an Bevollmaumlchtigte (sect 7 VwZG)

331 Ist fuumlr das Verfahren ein Bevollmaumlchtigter bestellt kann an diesen zugestellt werden (sect 7 Abs 1 Satz 1 VwZG) Hat der Bevollmaumlchtigte eine schriftliche Vollmacht vorgelegt muss an diesen zugestellt werden (sect 7 Abs 1 Satz 2 VwZG) dies gilt auch wenn die Vollmacht in elektronischer Form (sect 87a Abs 3 AO) vorgelegt wurde Eine Zustellung direkt an dendie Beteiligten ist in diesem Falle unwirksam Haben mehrere Beteiligte einen gemeinsamen Verfahrensbevollmaumlchtigten bestellt genuumlgt es dem Bevollmaumlchtigten eine Ausfertigung des Dokuments mit Wirkung fuumlr alle Beteiligten zuzustellen (sect 7 Abs 1 Satz 3 VwZG BFH-Urteil vom 1381970 IV 4865 BStBl II S 839) Dies gilt auch wenn der Verfahrensbevollmaumlchtigte selbst Beteiligter ist und zugleich andere Beteiligte vertritt

332 Einem Zustellungsbevollmaumlchtigten mehrerer Beteiligter sind so viele Ausfertigungen oder Abschriften zuzustellen als Beteiligte vorhanden sind (sect 7 Abs 2 VwZG)

333 Haben mehrere Personen im Feststellungsverfahren einen gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten (sect 183 AO sect 6 der V zu sect 180 Abs 2 AO) so vertritt dieser die Feststellungsbeteiligten auch bei Zustellungen (sect 7 Abs 3 VwZG) Dem Empfangsbevollmaumlchtigten ist eine Ausfertigung des Dokuments zuzustellen und dabei darauf hinzuweisen dass die Bekanntgabe mit Wirkung fuumlr und gegen alle von ihm vertretenen Feststellungsbeteiligten erfolgt (sect 183 Abs 1 Satz 5 AO sect 6 Abs 1 Satz 5 der V zu sect 180 AO vgl AEAO zu sect 122 Nr 252)

334 Soll eine Einspruchsentscheidung zugestellt werden (vgl AEAO zu sect 366 Nr 2) hat die Finanzbehoumlrde diese dem Verfahrensbevollmaumlchtigten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 331) auch ohne Nachweis einer Vollmacht zuzustellen wenn dieser den Einspruch eingelegt und die Finanzbehoumlrde ihn als Bevollmaumlchtigten in der Einspruchsentscheidung aufgefuumlhrt hat (BFH-Urteil vom 25101963 III 760 U BStBl III S 600) Hat der Steuerpflichtige den Einspruch selbst eingelegt ist jedoch im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens ein Bevollmaumlchtigter fuumlr den Steuerpflichtigen aufgetreten ist die Einspruchsentscheidung nur dann dem Bevollmaumlchtigten zuzustellen wenn eine Empfangsvollmacht vorliegt oder das Interesse des Steuerpflichtigen an einer Bekanntgabe gegenuumlber dem Bevollmaumlchtigten nach den Umstaumlnden des Einzelfalls eindeutig erkennbar ist (BFH-Urteil vom 2971987 I R 367 37983 BStBl 1988 II S 242)

34 Zustellung an Ehegatten

Der Grundsatz der Nr 32 des AEAO zu sect 122 ist auch bei der Zustellung an Ehegatten zu beachten

Haben beide Ehegatten gegen einen zusammengefassten Steuerbescheid (vgl AEAO zu sect 122 Nr 211) Einspruch eingelegt so ist - falls die Finanzbehoumlrde die foumlrmliche Zustellung angeordnet hat (vgl AEAO zu sect 122 Nr 183 und zu sect 366 Nr 2) - grundsaumltzlich jedem der Ehegatten je eine Ausfertigung der an beide zu richtenden einheitlichen Einspruchsentscheidung zuzustellen (BFH-Urteil vom 861995 IV R 10494 BStBl II S 681 vgl AEAO zu sect 122 Nr 3113) Dies gilt unabhaumlngig davon in welcher Weise (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 211 bis 215) der angefochtene Bescheid bekannt gegeben worden ist Bei einer Zustellung mittels Einschreiben (vgl AEAO zu sect 122 Nr 312) koumlnnen aber beide Ausfertigungen in einer an beide Eheleute gemeinsam adressierten Sendung zur Post gegeben werden (Urteil des FG Bremen vom 2361992 II 8791 K EFG S 758)

Tritt gegenuumlber der Finanzbehoumlrde nur einer der Ehegatten im Einspruchsverfahren auf so ist im Zweifel zu klaumlren ob dieser den Einspruch nur im eigenen Namen oder auch fuumlr den anderen Ehegatten fuumlhrt Bei Vorliegen einer bdquoVollmachtldquo ist zu unterscheiden ob der Einspruchsfuumlhrer Zustellungsbevollmaumlchtigter (vgl AEAO zu sect 122 Nr 332) oder Verfahrensbevollmaumlchtigter (vgl AEAO zu sect 122 Nr 331) ist Dem Ehegatten als Zustellungsbevollmaumlchtigten darf mit Wirkung auch fuumlr den anderen Ehegatten zugestellt werden wobei an ihn je eine Ausfertigung der Entscheidung fuumlr jeden Ehegatten zuzustellen ist Dem Ehegatten als Verfahrensbevollmaumlchtigten muss mit Wirkung fuumlr den anderen Ehegatten zugestellt werden wobei eine Ausfertigung genuumlgt

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4 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern

41 Unwirksamkeit des Verwaltungsakts wegen inhaltlicher Maumlngel

Fehlen in einem Verwaltungsakt unverzichtbare wesentliche Bestandteile (siehe zum Steuerbescheid sect 157 Abs 1 Satz 2 AO) die dazu fuumlhren dass dieser inhaltlich nicht hinreichend bestimmt ist (sect 119 Abs 1 AO) so ist ein solcher Verwaltungsakt gem sect 125 Abs 1 AO nichtig und damit unwirksam (sect 124 Abs 3 AO) Eine Heilung derartiger Fehler ist nicht moumlglich vielmehr ist ein neuer Verwaltungsakt zu erlassen (BFH-Urteil vom 1771986 V R 9685 BStBl II S 834)

411 Wird der Steuerschuldner (Inhaltsadressat) im Steuerbescheid gar nicht falsch oder so ungenau bezeichnet dass Verwechslungen moumlglich sind ist der Verwaltungsakt wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtig und damit unwirksam Eine Heilung im weiteren Verfahren gegen den tatsaumlchlichen Schuldner ist nicht moumlglich es muss ein neuer Steuerbescheid mit richtiger Bezeichnung des Steuerschuldners (Inhaltsadressaten) verfuumlgt und bekannt gegeben werden (BFH-Urteil vom 1731970 II 6563 BStBl II S 598)

Ist dagegen im Steuerbescheid eine falsche Person eindeutig und zweifelsfrei als Steuerschuldner (Inhaltsadressat) angegeben und wurde der Bescheid dieser Person bekannt gegeben so ist der Bescheid nicht nichtig sondern rechtswidrig und damit lediglich anfechtbar (BFH-Beschluss vom 17111987 V B 11187 BFHNV 1988 S 682)

412 Konnte im Fall einer Gesamtrechtsnachfolge ein Steuerbescheid dem Rechtsvorgaumlnger (Erblasser) nicht mehr rechtswirksam bekannt gegeben werden ist der Bescheid an den Gesamtrechtsnachfolger als Steuerschuldner (Inhaltsadressaten) zu richten Ein gleichwohl an den Rechtsvorgaumlnger gerichteter Bescheid ist unwirksam (BFH-Urteil vom 2431970 I R 14169 BStBl II S 501 vgl AEAO zu sect 122 Nr 2121)

413 Ein Verwaltungsakt der dem Inhaltsadressaten selbst bekannt gegeben wird obwohl eine andere Person der zutreffende Bekanntgabeadressat ist (vgl AEAO zu sect 122 Nr 143) ist unwirksam (BFH-Beschluss vom 1451968 II B 4167 BStBl II S 503) Eine Heilung ist nicht moumlglich vielmehr ist ein neuer Verwaltungsakt mit Bezeichnung des zutreffenden Bekanntgabeadressaten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 143) zu erlassen Zu den Folgen einer nur fehlerhaften Bezeichnung des Bekanntgabeadressaten vgl AEAO zu sect 122 Nr 423

42 Wirksamkeit des Verwaltungsakts trotz inhaltlicher Maumlngel

421 Wird der richtige Steuerschuldner (Inhaltsadressat) lediglich ungenau bezeichnet ohne dass Zweifel an der Identitaumlt bestehen (zB falsche Bezeichnung der Rechtsform einer Gesellschaft OHG statt KG GbR statt OHG oAuml) so liegt kein Fall der inhaltlichen Unbestimmtheit vor Der Steuerbescheid ist daher nicht unwirksam die falsche Bezeichnung kann berichtigt werden (BFH-Urteile vom 2661974 II R 19972 BStBl II S 724 und vom 2691974 IV R 2471 BStBl 1975 II S 311 BFH-Beschluss vom 1831998 IV B 5097 BFHNV S 1255)

422 Ist in einem Feststellungsbescheid ein Beteiligter falsch bezeichnet weil Rechtsnachfolge eingetreten ist kann dies durch besonderen Bescheid gegenuumlber den Betroffenen berichtigt werden (sect 182 Abs 3 AO)

423 Die fehlerhafte Bezeichnung des Bekanntgabeadressaten macht den Bescheid nicht in jedem Fall unwirksam die Bekanntgabe kann aber fehlerhaft sein Die aus einer formell fehlerhaften Bezeichnung herruumlhrenden Maumlngel koumlnnen geheilt werden wenn der von der Finanzbehoumlrde zutreffend bestimmte aber fehlerhaft bezeichnete Bekanntgabeadressat tatsaumlchlich vom Inhalt des Bescheids Kenntnis erhaumllt

Beispiel

Der gesetzliche Vertreter (Bekanntgabeadressat) eines Minderjaumlhrigen (Steuerschuldner und Inhaltsadressat) wird irrtuumlmlich als Adam Meier bezeichnet obwohl es sich um Alfred Meier handelt dem der Verwaltungsakt auch tatsaumlchlich zugeht

Aus Gruumlnden der Rechtssicherheit soll im Zweifel die Bekanntgabe des Verwaltungsakts unter richtiger Angabe des Bekanntgabeadressaten wiederholt werden

424 Geringfuumlgige Abweichungen bei der Bezeichnung des Inhaltsadressaten des Bekanntgabeadressaten oder des Empfaumlngers die insbesondere bei auslaumlndischen Namen auf technischen Schwierigkeiten Lesefehlern usw beruhen machen den Bescheid weder unwirksam noch anfechtbar Dies gilt auch wenn bei einer juristischen Person ein unwesentlicher Namensbestandteil weggelassen oder abgekuumlrzt wird oder eine allgemein uumlbliche Kurzformel eines eingetragenen Namens verwendet wird Bei einem Verstoszlig gegen das Namensrecht (zB Abkuumlrzung uumlberlanger Namen Uumlbersehen von Adelspraumldikaten oder akademischen Graden) wird der Steuerbescheid dennoch durch Bekanntgabe wirksam wenn der Steuerschuldner (Inhaltsadressat) durch die verwendeten Angaben unverwechselbar bezeichnet wird

43 Unwirksamkeit des Verwaltungsakts wegen eines Bekanntgabemangels

112

Ein Verwaltungsakt wird erst mit ordnungsmaumlszligiger Bekanntgabe wirksam (sect 122 Abs 1 sect 124 AO) Zur Heilung von Bekanntgabemaumlngeln vgl AEAO zu sect 122 Nr 444 zu Maumlngeln bei der foumlrmlichen Zustellung vgl AEAO zu sect 122 Nr 45

Wird ein inhaltlich richtiger Verwaltungsakt einem auf der Postsendung unrichtig ausgewiesenen Empfaumlnger uumlbermittelt (zB Briefumschlaumlge werden vertauscht) ist der Verwaltungsakt weder gegenuumlber dem richtigen noch gegenuumlber dem falschen Empfaumlnger wirksam

Beispiel

Das FA erlaumlsst einen fuumlr Herrn Konrad Meier Sternstraszlige 15 53111 Bonn bestimmten Einkommensteuerbescheid Der Bescheid weist im Anschriftenfeld die vorstehende Adresse aus wird aber in einen Briefumschlag eingelegt der an Herrn Ludwig Meier Koumlnigstraszlige 200 40212 Duumlsseldorf adressiert ist

Der Bescheid ist nicht wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit nichtig weil aus ihm eindeutig hervorgeht wer Steuerschuldner (Inhaltsadressat) ist Er wurde jedoch nicht dem Beteiligten fuumlr den er bestimmt ist bekannt gegeben und ist damit nicht wirksam Die Unwirksamkeit des Bescheids kann unter entsprechender Anwendung des sect 125 Abs 5 AO foumlrmlich festgestellt werden Gegenuumlber dem richtigen BekanntgabeadressatenEmpfaumlnger wird er erst wirksam wenn die Bekanntgabe an diesen nachgeholt wird Leitet der falsche Empfaumlnger die Ausfertigung des Verwaltungsakts an den richtigen Empfaumlnger (Bekanntgabeadressaten) weiter wird der zunaumlchst vorliegende Bekanntgabemangel geheilt und der Verwaltungsakt wirksam (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 441 444 und 173)

44 Wirksame Bekanntgabe

441 Fehler beim technischen Ablauf der Uumlbermittlung des Verwaltungsakts und Verletzungen von Formvorschriften koumlnnen unbeachtlich sein (sect 127 AO) wenn der Betroffene den fuumlr ihn bestimmten Verwaltungsakt tatsaumlchlich zur Kenntnis genommen hat (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 423 und 444 zweiter Absatz) Andererseits kann eine Bekanntgabe im Rechtssinne unter bestimmten Voraussetzungen auch wirksam sein wenn der Betroffene selbst den Verwaltungsakt tatsaumlchlich nicht erhalten zur Kenntnis genommen oder verstanden hat Das Gesetz fingiert in diesen Faumlllen dieBekanntgabe (zB bei Uumlbermittlung an einen fuumlr den Betroffenen handelnden Bekanntgabeadressaten) Zu den Folgen der Nichtbeachtung einer Empfangsvollmacht vgl AEAO zu sect 122 Nr 173

442 Ein Feststellungsbescheid der im Anschriftenfeld eine im Zeitpunkt seines Erlasses bereits erloschene Personengesellschaft benennt ist wirksam bekannt gegeben wenn aus dem Gesamtinhalt des Bescheids erkennbar ist fuumlr welche Personen und in welcher Houmlhe Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden und dieser Bescheid diesen Personen auch uumlbermittelt wird (BFH-Urteil vom 2741978 IV R 18774 BStBl 1979 II S 89)

443 Solange das Ausscheiden eines Gesellschafters im Handelsregister nicht eingetragen und dem Finanzamt auch sonst nicht bekannt geworden ist ist die Bekanntgabe des Feststellungsbescheids an einen Empfangsbevollmaumlchtigten iSd sect 183 AO auch dem ausgeschiedenen Gesellschafter gegenuumlber wirksam erfolgt (BFH-Urteile vom 3111959 I 259 U BStBl 1960 III S 96 und vom 14121978 IV R 22175 BStBl 1979 II S 503 vgl AEAO zu sect 122 Nrn 255 und 422)

444 Heilung von Bekanntgabemaumlngeln

Bekanntgabemaumlngel koumlnnen unter den Voraussetzungen des entsprechend anwendbaren sect 8 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nr 451) geheilt werden (BFH-Urteil vom 29101997 X R 3795 BStBl 1998 II S 266)

Ein Verwaltungsakt kann trotz unrichtig angegebener Anschrift wirksam sein wenn der Bekanntgabeadressat die Sendung tatsaumlchlich erhaumllt (BFH-Urteil vom 121990 V R 7485 BFHNV 1991 S 2 fuumlr den Fall der Angabe einer unzutreffenden Hausnummer)

Wird dem Bekanntgabeadressaten eines Verwaltungsakts die Einspruchsentscheidung ordnungsgemaumlszlig bekannt gegeben so kommt es auf Bekanntgabemaumlngel des urspruumlnglichen Bescheids grundsaumltzlich nicht mehr an (BFH-Urteile vom 28101988 III R 5286 BStBl 1989 II S 257 und vom 1651990 X R 14787 BStBl II S 942) Der Fehler bei der Bekanntgabe wird jedoch nicht geheilt wenn der Einspruch in der Einspruchsentscheidung als unzulaumlssig verworfen wird (BFH-Urteil vom 2511994 VIII R 4592 BStBl II S 603)

445 Zusammengefasste Steuerbescheide

Zusammengefasste Steuerbescheide (sect 155 Abs 3 AO) koumlnnen gegenuumlber mehreren Beteiligten zu verschiedenen Zeitpunkten bekannt gegeben werden Eine unterlassene oder unwirksame Bekanntgabe kann jederzeit nachgeholt werden (BFH-Urteil vom 2551976 VIII R 6674 BStBl II S 606) der Ablauf der Festsetzungsfrist ist zu beachten Die Wirksamkeit eines Steuerbescheids gegenuumlber einem Beteiligten wird nicht dadurch beruumlhrt dass dieser Bescheid gegenuumlber einem anderen Beteiligten unwirksam ist Zur Bekanntgabe an Ehegatten vgl AEAO zu sect 122 Nr 21

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45 Fehler bei foumlrmlichen Zustellungen

451 Laumlsst sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt in dem es dem Empfangsberechtigten tatsaumlchlich zugegangen ist im Fall des sect 5 Abs 5 VwZG (Zustellung eines elektronischen Dokuments vgl AEAO zu sect 122 Nrn 3133 und 3135) in dem Zeitpunkt in dem der Empfaumlnger das Empfangsbekenntnis zuruumlckgesendet hat (sect 8 VwZG) Dies gilt auch dann wenn durch die Zustellung eine Klagefrist in Lauf gesetzt wird (zB in den Faumlllen der behoumlrdlich angeordneten foumlrmlichen Zustellung einer Einspruchsentscheidung) Ein Zustellungsmangel ist nach sect 8 VwZG auch dann geheilt wenn der Empfaumlnger nachweislich nur eine Fotokopie des Verwaltungsakts erhalten hat (BFH-Urteil vom 1511991 VII R 8689 BFHNV 1992 S 81)

452 Zwingende Zustellungsvorschriften sind insbesondere bei der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde (vgl AEAO zu sect 122 Nr 311) zu beachten Es muumlssen sowohl die Zustellungsart (zB Ersatzzustellung) als auch der Zustellungsort (Wohnung Geschaumlftsraum) richtig durch den Postbediensteten beurkundet werden (BFH-Urteil vom 10101978 VIII R 19774 BStBl 1979 II S 209) Das Aktenzeichen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3111) muss sowohl auf dem Briefumschlag als auch auf der Zustellungsurkunde angegeben sein (BFH-Urteil vom 24111977 IV R 11375 BStBl 1978 II S 467) Auch ein Verstoszlig gegen sect 10 VwZG bei der Anordnung einer oumlffentlichen Zustellung (vgl AEAO zu sect 122 Nr 315) kann unter den Voraussetzungen des sect 8 VwZG geheilt werden (BFH-Urteil vom 662000 VII R 5599 BStBl II S 560)

453 Eine wegen Formmangels unwirksame von der Finanzbehoumlrde angeordnete Zustellung eines Verwaltungsakts kann nicht in eine wirksame bdquoschlichteldquo Bekanntgabe iSd sect 122 Abs 1 AO umgedeutet werden (BFH-Urteile vom 2511994 VIII R 4592 BStBl II S 603 und vom 861995 IV R 10494 BStBl II S 681)

46 Fehlerhafte Bekanntgabe von Grundlagenbescheiden

Da ein Folgebescheid gem sect 155 Abs 2 AO vor Erlass eines notwendigen Grundlagenbescheids ergehen kann ist die Unwirksamkeit der Bekanntgabe eines Grundlagenbescheids fuumlr den bereits vorliegenden Folgebescheid ohne Bedeutung Erst wenn der Grundlagenbescheid wirksam bekannt gegeben worden ist sind daraus fuumlr den Folgebescheid Folgerungen zu ziehen (sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO)

47 Bekanntgabe von gesonderten und einheitlichen Feststellungen an einzelne Beteiligte

471 Ein Verwaltungsakt der an mehrere Beteiligte gerichtet ist (zB gesonderte und einheitliche Feststellung) aber nicht allen Beteiligten bekannt gegeben wird ist dadurch nicht unwirksam Mit der Bekanntgabe an einzelne Beteiligte ist der Verwaltungsakt als entstanden anzusehen er hat gegenuumlber diesen Beteiligten Wirksamkeit erlangt und kann insgesamt nicht mehr frei sondern nur bei Vorliegender gesetzlichen Aumlnderungsvorschriften geaumlndert werden (BFH-Urteile vom 3151978 I R 7676 BStBl II S 600 und vom 25111987 II R 22784 BStBl 1988 II S 410) Zur Nachholung der Bekanntgabe an die uumlbrigen Beteiligten vgl AEAO zu sect 122 Nr 251

472 Die einzelnen Gesellschafter sind nicht in ihren Rechten verletzt wenn ein gesonderter und einheitlicher Feststellungsbescheid anderen Gesellschaftern nicht oder nicht ordnungsgemaumlszlig bekannt gegeben worden ist (BFH-Urteil vom 12121978 VIII R 1076 BStBl 1979 II S 440)

AEAO zu sect 123 - Bestellung eines Empfangsbevollmaumlchtigten

1 Von der Moumlglichkeit zur Bestellung eines inlaumlndischen Empfangsbevollmaumlchtigten aufzufordern ist kein Gebrauch zu machen soweit der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt seinen Sitz oder seine Geschaumlftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europaumlischen Union hat

2 Von der Moumlglichkeit des sect 123 AO ist im Uumlbrigen grundsaumltzlich kein Gebrauch zu machen soweit Verwaltungsakte einem Empfaumlnger im Ausland unmittelbar zugestellt (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3141) oder durch einfachen Brief bekannt gegeben werden duumlrfen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 184) Eine Ausnahme kommt insbesondere in Betracht wenn dem Steuerpflichtigen in der Vergangenheit wiederholt Verwaltungsakte nicht mittels einfachen Briefs oder foumlrmlicher Zustellung bekannt gegeben werden konnten weil dieser die Annahme verweigert oder bereits mehrfach den Zugang von Steuerverwaltungsakten bestritten hat

3 Abweichend von sect 122 Abs 2 und 2a AO ist die Zugangsvermutung gem sect 123 Satz 3 AO nur dann widerlegt wenn feststeht dass das Schriftstuumlck oder das elektronische Dokument den Empfaumlnger nicht oder zu einem spaumlteren Zeitpunkt erreicht hat Zweifel gehen zu Lasten des Empfaumlngers

AEAO zu sect 124 - Wirksamkeit des Verwaltungsakts

1 Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam mit dem er bekannt gegeben wird Maszliggebend ist nicht die Aktenverfuumlgung der Finanzbehoumlrde sondern die Fassung die dem Beteiligten zugegangen ist

Bei der Auslegung des Verwaltungsakts kommt es gem dem entsprechend anzuwendenden sect 133 BGB nicht darauf an was die Finanzbehoumlrde mit ihren Erklaumlrungen gewollt hat sondern darauf wie der

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Betroffene nach den ihm bekannten Umstaumlnden den materiellen Gehalt der Erklaumlrungen unter Beruumlcksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte Im Zweifel ist das den Steuerpflichtigen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen (BFH-Urteil vom 27111996 X R 2095 BStBl 1997 II S 791)

2 Weicht der bekannt gegebene Verwaltungsakt von der Aktenverfuumlgung ab so liegt idR ein Schreib-oder Uumlbertragungsfehler vor der gem sect 129 AO berichtigt werden kann Sind die Voraussetzungen des sect 129 AO nicht gegeben hat die Finanzbehoumlrde alle Moumlglichkeiten einer Ruumlcknahme des Widerrufs der Aufhebung oder Aumlnderung des Verwaltungsakts zu pruumlfen

3 Bis zur Bekanntgabe wird der Verwaltungsakt nicht wirksam Er kann daher bis zu diesem Zeitpunkt ruumlckgaumlngig gemacht oder abgeaumlndert werden ohne dass die Voraussetzungen der sectsect 130 131 AO oder der sectsect 172 ff AO vorliegen muumlssen

4 Eine wirksame Bekanntgabe setzt voraus dass der zum Erlass befugte Bedienstete diese veranlasst und dass er mit dem Willen handelt den Bescheid bekannt zu geben (BFH-Urteil vom 24111988 V R 12383 BStBl 1989 II S 344) Der Bekanntgabewille wird dadurch gebildet dass der zeichnungsberechtigte Bedienstete die Aktenverfuumlgung des Verwaltungsakts abschlieszligend zeichnet und den Versand des Verwaltungsakts veranlasst oder dass die Bescheiderteilung in anderer Form abschlieszligend veranlasst und die Versendung des Bescheids angewiesen wird

5 Der Bekanntgabewille kann aufgegeben werden Die Aufgabe des Willens der Finanzbehoumlrde zur Bekanntgabe eines Verwaltungsakts fuumlhrt aber nur dann zu dessen Unwirksamkeit wenn der Wille aufgegeben wird bevor der Bescheid den Herrschaftsbereich der Verwaltung verlassen hat die Rechtzeitigkeit der Aufgabe des Bekanntgabewillens muss in den Akten hinreichend klar und eindeutig dokumentiert sein (BFH-Urteil vom 2382000 X R 2798 BStBl 2001 II S 662) Der Empfaumlnger des Verwaltungsakts ist unverzuumlglich schriftlich uumlber die Aufgabe des Bekanntgabewillens zu unterrichten Es ist unerheblich wenn der Empfaumlnger diese Mitteilung erst nach Zugang des Verwaltungsakts erhaumllt Der Aufgabe des Bekanntgabewillens kommt keine Bedeutung mehr zu wenn der Verwaltungsakt den Herrschaftsbereich der Finanzbehoumlrde bereits verlassen hat (BFH-Urteil vom 1281996 VI R 1894 BStBl II S 627)

6 Unabhaumlngig vom Zeitpunkt der Aufgabe des Bekanntgabewillens (vgl AEAO zu sect 124 Nr 5) wird ein Verwaltungsakt aber auch dann nicht wirksam wenn die Finanzbehoumlrde dem Empfaumlnger vor oder spaumltestens mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts mitteilt dieser Bescheid solle nicht gelten (vgl BFH-Urteil vom 2852009 III R 8406 BStBl II S 949) Wurde der Verwaltungsakt mit einfachem Brief versandt ist ein solcher Widerruf auch dann bis zum Ablauf des nach sect 122 Abs 2 AO fingierten Bekanntgabetages moumlglich wenn der Verwaltungsakt dem Empfaumlnger tatsaumlchlich fruumlher zugegangen sein sollte (vgl BFH-Urteil vom 1882009 X R 2506 BStBl II S 965) Der Widerruf bedarf nicht der Schriftform er muss aber in den Akten hinreichend klar und eindeutig dokumentiert sein

AEAO zu sect 125 - Nichtigkeit des Verwaltungsakts

1 Der nichtige Verwaltungsakt entfaltet keine Rechtswirkungen aus ihm darf nicht vollstreckt werden

2 Fehler bei der Anwendung des materiellen Rechts fuumlhren idR nicht zur Nichtigkeit sondern nur zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts

3 Der Betroffene kann die Nichtigkeit des Verwaltungsakts jederzeit auch noch nach Ablauf der Rechtsbehelfsfristen geltend machen Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit (sect 125 Abs 5 AO) ist nicht fristgebunden

AEAO zu sect 126 - Heilung von Verfahrens- und Formfehlern

1 Ein nachtraumlglich gestellter fristgebundener Antrag heilt den Verwaltungsakt nur wenn er innerhalb der fuumlr die Antragstellung vorgeschriebenen Frist nachgeholt wird

2 Wegen sect 126 Abs 1 Nr 3 AO wird auf sect 91 AO hingewiesen

3 Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach unterlassener Anhoumlrung eines Beteiligten bzw wegen fehlender Begruumlndung des Verwaltungsakts (sect 126 Abs 3 iVm sect 110 AO) vgl AEAO zu sect 91 Nr 3 und AEAO zu sect 121 Nr 3

AEAO zu sect 127 - Folgen von Verfahrens- und Formfehlern

1 Die Vorschrift gilt nur fuumlr die gesetzesgebundenen Verwaltungsakte Sie verhindert dass der Steuerpflichtige die Aufhebung eines Steuerbescheids allein deshalb beanspruchen kann weil der Finanzbehoumlrde bei der Steuerfestsetzung ein Verfahrensfehler (zB unterlassene Anhoumlrung) oder ein Formfehler (zB fehlende Begruumlndung) unterlaufen ist oder weil die Finanzbehoumlrde Vorschriften uumlber die oumlrtliche Zustaumlndigkeit nicht beachtet hat Die Vorschrift ist auch anwendbar wenn die Besteuerungsgrundlagen fuumlr einen Steuerbescheid geschaumltzt worden sind (BFH-Urteile vom 1921987 IV R 14384 BStBl II S 412 vom 1791997 II R 1595 BFHNV 1998 S 416 und vom 1121999 V R 4098 BStBl II S 382 sowie BFH-Beschluss vom 1881999 IV B 10898 BFHNV 2000 S 165) Sie ist

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nicht anwendbar bei Verletzung der Vorschriften uumlber die sachliche Zustaumlndigkeit (BFH-Urteil vom 2141993 X R 11291 BStBl II S 649)

2 sect 127 AO gilt nicht fuumlr Ermessensentscheidungen (BFH-Urteile vom 2061990 I R 15787 BStBl 1992 II S 43 vom 1851994 I R 2193 BStBl II S 697 und vom 15101998 V R 7797 BFHNV 1999 S 585) Wenn diese mit einem Verfahrens- oder Formfehler behaftet sind der nicht geheilt werden kann (sect 126 AO) muumlssen sie aufgehoben und - nach erneuter Ausuumlbung des Ermessens - nochmals erlassen werden falls der Beteiligte rechtzeitig einen Rechtsbehelf eingelegt hat Dies gilt nur dann nicht wenn der mit dem Rechtsbehelf geruumlgte Fehler die Entscheidung durch die zustaumlndige Finanzbehoumlrde unter keinen Umstaumlnden beeinflusst haben kann (BFH-Urteil vom 1871985 VI R 4181 BStBl 1986 II S 169)

3 Die Aufhebung eines Gewerbesteuermessbescheids kann regelmaumlszligig nicht allein deswegen beansprucht werden weil er von einem oumlrtlich unzustaumlndigen Finanzamt erlassen worden ist (BFH-Urteil vom 19112003 I R 8802 BStBl 2004 II S 751) Ein Bescheid uumlber die gesonderte Feststellung der unter Verletzung der in sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO herangezogenen Vorschriften uumlber die oumlrtliche Zustaumlndigkeit ergangen ist muss aufgehoben werden weil die Verletzung der sectsect 18 19 AO in der gem sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO getroffenen Zuordnung ein nicht heilbarer Rechtsfehler ist (BFH-Urteile vom 1541986 VIII R 32584 BStBl 1987 II S 195 und vom 1061999 IV R 6998 BStBl II S 691)

AEAO zu sect 129 - Offenbare Unrichtigkeit beim Erlass eines Verwaltungsakts

1 Aumlhnliche offenbare Unrichtigkeiten iSd sect 129 AO sind mechanische Versehen wie beispielsweiseEingabe- oder Uumlbertragungsfehler Eine offenbare Unrichtigkeit kann daher auch vorliegen wenn der Sachbearbeiter den Eingabewertbogen falsch ausfuumlllt oder Daten versehentlich nicht oder falsch in ein Computerprogramm eingibt

Ein mechanisches Versehen wird ferner angenommen wenn der Sachbearbeiter es versehentlich unterlassen hat die fuumlr die Veranlagung eines Jahres vorliegenden Unterlagen auszuwerten die ihm vom Steuerpflichtigen unterjaumlhrig uumlbersandt wurden (vgl BFH-Urteil vom 2752009 X R 4708 BStBl II S 946) Gleiches gilt fuumlr das Uumlbersehen einer fuumlr den Veranlagungszeitraum einschlaumlgigen Kontrollmitteilung eines relevanten Grundlagenbescheids (vgl dazu auch AEAO zu sect 175 Nr 12 2 Tiret) oder von Punkten eines Betriebspruumlfungsberichts bzw dessen widerspruumlchliche oder gar unterlassene Auswertung (vgl ua BFH-Urteil vom 27112003 V R 5202 BFHNV 2004 S 605)

2 Keine offenbaren Unrichtigkeiten iSv sect 129 AO sind Fehler bei der Auslegung oder (Nicht-) Anwendung einer Rechtsnorm unrichtige Tatsachenwuumlrdigung die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts oder Fehlers die auf mangelnder Sachaufklaumlrung bzw der Nichtbeachtung feststehender Tatsachen beruhen Eine Berichtigung nach sect 129 AO ist ausgeschlossen wenn auch nur die ernsthafte und nicht nur theoretische Moumlglichkeit besteht dass ein derartiger Fehler vorliegt

3 Ein Fehler ist dann bdquooffenbarldquo iSd sect 129 AO wenn er auf der Hand liegt durchschaubar eindeutig oder augenfaumlllig ist dh sich fuumlr einen unvoreingenommenen Dritten ohne weiteres aus der Steuererklaumlrung deren Anlagen sowie den in den Akten befindlichen Unterlagen fuumlr das betreffende Veranlagungsjahr ergibt (vgl BFH-Urteil vom 2752009 X R 4708 BStBl II S 946) In den objektivierten Erkenntnishorizont des Dritten sind daneben regelmaumlszligig aber auch im konkreten Fall einschlaumlgige interne Arbeits- und Dienstanweisungen einzubeziehen (vgl ua BFH-Urteil vom 1362012 VI R 8510 BStBl 2013 II S 5) Es kommt nicht darauf an ob der Steuerpflichtige die Unrichtigkeit anhand des Bescheids und der ihm vorliegenden Unterlagen erkennen konnte

4 Die offenbare Unrichtigkeit muss beim Erlass des Verwaltungsakts unterlaufen sein Daher koumlnnen nur Fehler berichtigt werden die der Finanzbehoumlrde unterlaufen sind Eine offenbare Unrichtigkeit kann aber auch dann vorliegen wenn das Finanzamt eine in der Steuererklaumlrung oder dieser beigefuumlgten Anlagen enthaltene offenbare dh fuumlr das Finanzamt erkennbare Unrichtigkeit als eigene uumlbernimmt

Sind dem Steuerpflichtigen bei Erstellung seiner Steuererklaumlrung Fehler (insbesondere Schreib- oder Rechenfehler) unterlaufen und hat er demzufolge dem Finanzamt bestimmte Tatsachen nicht oder mit einem unzutreffenden Wert mitgeteilt kann der Steuerbescheid nicht nach sect 129 AO berichtigt werden da das Finanzamt den Fehler nicht erkennen und diesen sich somit auch nicht zu eigen machen konnteAllerdings kommt bei steuerermaumlszligigenden Tatsachen eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO in Betracht wenn den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden am nachtraumlglichen Bekanntwerden der zutreffenden Tatsachen trifft (vgl AEAO zu sect 173 Nr 5) und diese Tatsachen auch bei Erlass des urspruumlnglichen Steuerbescheids rechtserheblich waren (vgl AEAO zu sect 173 Nr 3) Dafuumlr dass die urspruumlngliche Nichterklaumlrung auf einem mechanischen Versehen beruht traumlgt der Steuerpflichtige die Beweislast (vgl AEAO zu sect 173 Nr 51 und 513) Die Form der Steuererklaumlrung ist hierbei unerheblich (vgl AEAO zu sect 173 Nr 56)

5 Bei einer Berichtigung nach sect 129 AO koumlnnen im Wege pflichtgemaumlszliger Ermessensausuumlbung unter sinngemaumlszliger Anwendung des sect 177 AO materielle Fehler korrigiert werden (BFH-Urteil vom 831989 X R 11687 BStBl II S 531)

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6 Die Berichtigung zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen ist

- bei Steuerfestsetzungen und Zinsbescheiden nur innerhalb der Festsetzungsfrist (sect 169 Abs 1 Satz 2 AO)

- bei Aufteilungsbescheiden nur bis zur Beendigung der Vollstreckung (sect 280 AO)

- bei Verwaltungsakten die sich auf Zahlungsanspruumlche richten bis zum Ablauf der Zahlungsverjaumlhrung (sect 228 AO)

- bei anderen Verwaltungsakten zeitlich unbeschraumlnkt

zulaumlssig Auf die besondere Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nach sect 171 Abs 2 AO wird hingewiesen

7 Zur Korrektur von Haftungs- und Duldungsbescheiden vgl AEAO zu sect 191 Zur Anfechtungsbeschraumlnkung vgl AEAO zu sect 351 Nr 3

AEAO vor sectsect 130 131 - Ruumlcknahme und Widerruf von Verwaltungsakten

1 Die sectsect 130 bis 133 AO gelten fuumlr Ruumlcknahme oder Widerruf von Verwaltungsakten nur soweit keine Sonderregelungen bestehen (Hinweis auf sectsect 172 ff AO fuumlr Steuerbescheide sectsect 206 207 AO fuumlr verbindliche Zusagen sect 280 AO fuumlr Aufteilungsbescheide) Dabei bestehen hinsichtlich der Bestandskraft unanfechtbarer Verwaltungsakte Unterschiede zwischen beguumlnstigenden Verwaltungsakten und nicht beguumlnstigenden Verwaltungsakten

2 Beguumlnstigende Verwaltungsakte sind insbesondere

- Gewaumlhrung von Entschaumldigungen (sect 107 AO)

- Fristverlaumlngerungen (sect 109 AO)

- Gewaumlhrung von Buchfuumlhrungserleichterungen (sect 148 AO)

- Billigkeitsmaszlignahmen (sectsect 163 227 sect 234 Abs 2 AO)

- Verlegung des Beginns einer Auszligenpruumlfung (sect 197 Abs 2 AO)

- Stundungen (sect 222 AO)

- Einstellung oder Beschraumlnkung der Vollstreckung (sectsect 257 258 AO)

- Aussetzung der Vollziehung (sect 361 AO sect 69 Abs 2 FGO)

3 Nicht beguumlnstigende Verwaltungsakte sind insbesondere

- Ablehnung beantragter beguumlnstigender Verwaltungsakte

- Festsetzung von steuerlichen Nebenleistungen (sect 3 Abs 4 sect 218 Abs 1 AO)

- Ablehnung einer Erstattung von Nebenleistungen (sect 37 Abs 2 sect 218 Abs 2 AO)

- Auskunftsersuchen (sectsect 93 ff AO)

- Aufforderung zur Buchfuumlhrung (sect 141 Abs 2 AO)

- Haftungsbescheide (sect 191 AO)

- Duldungsbescheide (sect 191 AO)

- Pruumlfungsanordnungen (sect 196 AO)

- Anforderung von Saumlumniszuschlaumlgen (sect 240 AO)

- Pfaumlndungen (sect 281 AO)

4 Zur Korrektur von Haftungs- und Duldungsbescheiden vgl AEAO zu sect 191

AEAO zu sect 130 - Ruumlcknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts

1 Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig wenn er im Zeitpunkt seines Erlasses ganz oder teilweise gegen zwingende gesetzliche Vorschriften (sect 4 AO) verstoumlszligt ermessensfehlerhaft ist (vgl AEAO zu sect 5 AO)oder eine Rechtsgrundlage uumlberhaupt fehlt Eine nachtraumlgliche Aumlnderung der Sach- oder Rechtslage hingegen macht einen urspruumlnglich rechtmaumlszligigen Verwaltungsakt grundsaumltzlich nicht iSd sect 130 AO rechtswidrig es sei denn es laumlge ein Fall steuerrechtlicher Ruumlckwirkung vor welche den Verwaltungsakt erfasst (vgl BFH-Urteil vom 9122008 VII R 4307 BStBl 2009 II S 344) Besonders schwerwiegende Fehler haben die Nichtigkeit und damit die Unwirksamkeit zur Folge (sect 125 iVm sect 124 Abs 3 AO) Liegt kein Fall der Nichtigkeit vor so wird der rechtswidrige Verwaltungsakt zunaumlchst wirksam

2 Die Finanzbehoumlrde entscheidet im Rahmen ihres Ermessens ob sie eine Uumlberpruumlfung eines rechtswidrigen unanfechtbaren Verwaltungsakts vornehmen soll Die Finanzbehoumlrde braucht nicht in die

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Uumlberpruumlfung einzutreten wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf der Einspruchsfrist die Rechtswidrigkeit lediglich behauptet und Gruumlnde aus denen sich schluumlssig die Rechtswidrigkeit des belastenden Verwaltungsakts ergibt nicht naumlher bezeichnet (vgl BFH-Urteil vom 931989 VI R 10184 BStBl II S 749) Ist die Fehlerhaftigkeit eines Verwaltungsakts festgestellt so ist zunaumlchst die moumlgliche Nichtigkeit (sect 125 AO) danach die Moumlglichkeit der Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten (sect 129 AO) danach die Moumlglichkeit der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern (sectsect 126 127 AO) danach die Moumlglichkeit der Umdeutung (sect 128 AO) und danach die Ruumlcknahme zu pruumlfen

3 Nicht beguumlnstigende rechtswidrige Verwaltungsakte koumlnnen jederzeit zuruumlckgenommen werden auch wenn die Einspruchsfrist abgelaufen ist Eine teilweise Ruumlcknahme ist zulaumlssig

Beispiel

Ein Verspaumltungszuschlag ist mit einem Betrag festgesetzt worden der mehr als 10 der festgesetzten Steuer ausmacht (Verstoszlig gegen sect 152 Abs 2 AO) Die Festsetzung kanninsoweit zuruumlckgenommen werden wie sie 10 uumlbersteigt sie bleibt im Uumlbrigen bestehen

4 Die Ruumlcknahme eines beguumlnstigenden rechtswidrigen Verwaltungsakts ist nur unter Einschraumlnkungen moumlglich (sect 130 Abs 2 und 3 AO) Unter einer Beguumlnstigung iSd Vorschriften ist jede Rechtswirkung zu verstehen an deren Aufrechterhaltung der vom Verwaltungsakt Betroffene ein schutzwuumlrdiges Interesse hat (BFH-Urteil vom 16101986 VII R 15983 BStBl 1987 II S 405) Sofern die Ruumlcknahme zulaumlssig und wirksam ist kann die Finanzbehoumlrde aufgrund des veraumlnderten Sachverhalts oder der veraumlnderten Rechtslage einen neuen Verwaltungsakt erlassen der fuumlr den Beteiligten weniger vorteilhaft ist

Beispiele

a) Ein Verspaumltungszuschlag ist unter Abweichung von der sonst beim Finanzamt uumlblichen Anwendung der Grundsaumltze des sect 152 AO auf 500 euro festgesetzt worden Eine Uumlberpruumlfung des Falles ergibt dass eine Festsetzung iHv 1000 euro richtig gewesen waumlre Die Ruumlcknahme der Festsetzung verbunden mit einer neuen houmlheren Festsetzung ist rechtlich zulaumlssig wenn die niedrige Festsetzung auf unrichtigen oder unvollstaumlndigen Angaben des Steuerpflichtigen beruhte (sect 130 Abs 2 Nr 3 AO)

b) Der Steuerpflichtige hat durch arglistige Taumluschung uumlber seine Vermoumlgens- und Liquiditaumltslage eine Stundung ohne Sicherheitsleistung erwirkt Die Finanzbehoumlrde kann die Stundungsverfuumlgung mit Wirkung fuumlr die Vergangenheit zuruumlcknehmen (sect 130 Abs 2 Nr 2 AO) fuumlr die Vergangenheit Saumlumniszuschlaumlge anfordern und eine in die Zukunft wirkende neue Stundung von einer Sicherheitsleistung abhaumlngig machen

5 sect 130 Abs 3 AO normiert keine Pruumlfungsfrist innerhalb derer die Finanzbehoumlrde ihr bekannte Tatsachen rechtlich zu bewerten und aus ihnen die gebotenen Schlussfolgerungen zu ziehen haumltte sondern lediglich eine Entscheidungsfrist Deshalb beginnt die Jahresfrist erst dann wenn die Finanzbehoumlrde tatsaumlchlich die Erkenntnis gewonnen hat dass ein Verwaltungsakt zuruumlckgenommen bzw widerrufen werden kann (vgl Beschluss des BVerwG vom 19121984 GrS 1 und 284 BVerwGE 70 S 356 und daran anschlieszligend die staumlndige Rechtsprechung des BFH vgl ua BFH-Urteil vom 9122008 VII R 4307 BStBl 2009 II S 344) Dies ist der Fall wenn die Finanzbehoumlrde ohne weitere Sachaufklaumlrung objektiv in der Lage ist unter sachgerechter Ausuumlbung ihres Ermessens uumlber Ruumlcknahme bzw Widerruf des Verwaltungsakts zu entscheiden

AEAO zu sect 131 - Widerruf eines rechtmaumlszligigen Verwaltungsakts

1 Ein Verwaltungsakt ist rechtmaumlszligig wenn er zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens (Bekanntgabe) dem Gesetz (sect 4 AO) entspricht Aumlndert sich der Sachverhalt durch nachtraumlglich eingetretene Tatsachen oder laumlsst das Gesetz in derselben Sache unterschiedliche Verwaltungsakte zu (Ermessensentscheidungen) so kann der rechtmaumlszligige Verwaltungsakt unter bestimmten Voraussetzungen mit Wirkung fuumlr die Zukunft widerrufen werden

2 sect 131 Abs 2 Nr 3 AO betrifft nur die Aumlnderung tatsaumlchlicher nicht rechtlicher Verhaumlltnisse Der Begriff bdquoTatsacheldquo bezeichnet in dieser Vorschrift dasselbe wie in sect 173 AO (vgl AEAO zu sect 173 Nr 1) bdquoTatsacheldquo ist auch die steuerrechtliche Beurteilung eines Sachverhalts in einem anderen Bescheid soweit dieser Bescheid Bindungswirkung fuumlr den zu widerrufenden Bescheid hat (vgl BFH-Urteile vom 1312005 II R 4802 BStBl II S 451 und vom 9122008 VII R 4307 BStBl 2009 II S 344) Das oumlffentliche Interesse iSd Vorschrift ist immer dann gefaumlhrdet wenn bei einem Festhalten an der getroffenen Entscheidung der Betroffene gegenuumlber anderen Steuerpflichtigen bevorzugt wuumlrde

3 Ein Steuererlass kann nicht widerrufen werden Die nachtraumlgliche Verbesserung der Liquiditaumlts- oder Vermoumlgenslage ist unbeachtlich Fuumlr die Ruumlcknahme gilt sect 130 Abs 2 und 3 AO

4 Ein rechtmaumlszligiger beguumlnstigender Verwaltungsakt darf jederzeit um einen weiteren rechtmaumlszligigen Verwaltungsakt ergaumlnzt werden

Beispiele

a) Verlaumlngerung oder Erhoumlhung einer Stundung

118

b) weitere Fristverlaumlngerung

c) Gewaumlhrung ergaumlnzender Buchfuumlhrungserleichterungen

d) Erhoumlhung des zu erlassenden Steuerbetrages

5 Dementsprechend bedarf es bei demselben Sachverhalt nicht des Widerrufs wenn zu einem nicht beguumlnstigenden rechtmaumlszligigen Verwaltungsakt lediglich ein weiterer rechtmaumlszligiger Verwaltungsakt hinzutritt

Beispiele

a) Wegen einer Steuerschuld von 2500 euro sind Wertpapiere im Werte von 1500 euro gepfaumlndet worden Es wird eine weitere Pfaumlndung uumlber 1000 euro verfuumlgt

b) Die Pruumlfungsanordnung fuumlr eine Auszligenpruumlfung umfasst den Pruumlfungszeitraum 1993 bis 1995 Die Pruumlfungsanordnung wird auf den Besteuerungszeitraum 1996 ausgedehnt

c) Zur Klaumlrung eines steuerlich bedeutsamen Sachverhalts wird das Kreditinstitut X um Auskunft uumlber die Kontenstaumlnde des Steuerpflichtigen gebeten Im Zuge der Ermittlungen wird auch die Angabe aller baren Einzahlungen uumlber 5000 euro verlangt

AEAO zu sect 138 - Anzeigen uumlber die Erwerbstaumltigkeit

1 Die Verpflichtung die Eroumlffnung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft eines gewerblichen Betriebs oder einer Betriebstaumltte anzuzeigen besteht nur gegenuumlber der Gemeinde in der dieser Betrieb oder die Betriebstaumltte eroumlffnet wird diese hat unverzuumlglich das zustaumlndige Finanzamt zu unterrichten Freiberuflich Taumltige haben die Aufnahme ihrer Erwerbstaumltigkeit dem Wohnsitzfinanzamt (sect 19 Abs 1 AO ggf Taumltigkeitsfinanzamt nach sect 19 Abs 3 AO) mitzuteilen Unter Eroumlffnung ist auch die Fortfuumlhrung eines Betriebs oder einer Betriebstaumltte durch den Rechtsnachfolger oder Erwerber zu verstehen (Hinweis auf sect 75 AO)

Die Meldefrist betraumlgt einen Monat Gewerbetreibende die nach sect 14 der GewO gegenuumlber der zustaumlndigen Behoumlrde (Ordnungs- bzw Gewerbeamt) anzeigepflichtig sind genuumlgen mit dieser Anzeige gleichzeitig ihrer steuerlichen Anzeigepflicht nach sect 138 Abs 1 AO Die Anzeige ist auf dem Vordruck zu erstatten der durch die Anlagen 1 2 und 3 zu sect 14 Abs 4 der GewO bestimmt worden ist Ein Durchschlag ist zur Weiterleitung an das zustaumlndige Finanzamt vorgesehen Steuerpflichtige die nicht unter die Anzeigepflicht nach der GewO fallen koumlnnen die Anzeige formlos erstatten Sie koumlnnen sich auch des Vordrucks gem der GewO bedienen

2 sect 138 Abs 2 AO verpflichtet alle Steuerpflichtigen Auslandsbeteiligungen innerhalb der Fristen nach sect 138 Abs 3 AO dem Finanzamt mitzuteilen Eine Verletzung dieser Verpflichtung kann als Steuergefaumlhrdung mit einem Buszliggeld geahndet werden (sect 379 Abs 2 Nr 1 AO) Naumlheres zu Inhalt und Form der Anzeigen bei Auslandsbeteiligungen regelt das BMF-Schreiben vom 1542010 BStBl I S 346

AEAO zu sect 140 - Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungspflichten nach anderen Gesetzen

Durch die Vorschrift werden die sog auszligersteuerlichen Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungsvorschriften die auch fuumlr die Besteuerung von Bedeutung sind fuumlr das Steuerrecht nutzbar gemacht In Betracht kommen einmal die allgemeinen Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungsvorschriften des Handels- Gesellschafts- und Genossenschaftsrechts Zum anderen fallen hierunter die Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungspflichten fuumlr bestimmte Betriebe und Berufe die sich aus einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen ergeben Auch auslaumlndische Rechtsnormen koumlnnen eine Buchfuumlhrungspflicht nach sect 140 AO begruumlnden (Rz 3 des BMF-Schreibens vom 1652011 BStBl I S 530) Verstoumlszlige gegen auszligersteuerliche Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungspflichten stehen den Verstoumlszligen gegen steuerrechtliche Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungsvorschriften gleich Hinweis auf sect 162 Abs 2 AO (Schaumltzung) sect 379 Abs 1 AO (Steuergefaumlhrdung) Aufzeichnungspflichten die fuumlr den Gesamthaushalt einer juristischen Person des oumlffentlichen Rechts bestehen (Doppik) fuumlhren nicht zu einer Verpflichtung zur Buchfuumlhrung fuumlr einzelne Betriebe gewerblicher Art (BMF-Schreiben vom 312013 BStBl I S 59)

AEAO zu sect 141 - Buchfuumlhrungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger

1 Die Vorschrift findet nur Anwendung wenn sich nicht bereits eine Buchfuumlhrungspflicht nach sect 140 AO ergibt Wird von dem Wahlrecht nach sect 241a HGB Gebrauch gemacht kann dennoch eine Buchfuumlhrungspflicht nach sect 141 AO bestehen Unter die Vorschrift fallen gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte nicht jedoch Freiberufler Gewerbliche Unternehmer sind solche Unternehmer die einen Gewerbebetrieb iSd sect 15 Abs 2 oder 3 EStG bzw des sect 2 Abs 2 oder 3 GewStG ausuumlben

Auslaumlndische Unternehmen fallen unter die Vorschrift jedenfalls dann wenn und soweit sie im Inland eine Betriebstaumltte unterhalten oder einen staumlndigen Vertreter bestellt haben (BFH-Urteil vom 1491994 I R 11693 BStBl 1995 II S 238) Die Buchfuumlhrungspflicht einer Personengesellschaft erstreckt sich auch auf das Sonderbetriebsvermoumlgen ihrer Gesellschafter Die Gesellschafter selbst sind insoweit nicht buchfuumlhrungspflichtig

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2 Die Finanzbehoumlrde kann die Feststellung iSd sect 141 Abs 1 AO im Rahmen eines Steuer- oder Feststellungsbescheids oder durch einen selbstaumlndigen feststellenden Verwaltungsakt treffen Die Feststellung kann aber auch mit der Mitteilung uumlber den Beginn der Buchfuumlhrungspflicht nach sect 141 Abs 2 AO verbunden werden und bildet dann mit ihr einen einheitlichen Verwaltungsakt (BFH-Urteil vom 2361983 IV R 382 BStBl II S 768)

3 Die Buchfuumlhrungsgrenzen beziehen sich grundsaumltzlich auf den einzelnen Betrieb (zum Begriff vgl BFH-Urteil vom 13101988 IV R 13685 BStBl 1989 II S 7) auch wenn der Steuerpflichtige mehrere Betriebe der gleichen Einkunftsart hat Eine Ausnahme gilt fuumlr steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften bei denen mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe als ein Betrieb zu behandeln sind (sect 64 Abs 2 AO) In den maszliggebenden Umsatz (sect 141 Abs 1 Nr 1 AO) sind auch die nicht steuerbaren Auslandsumsaumltze einzubeziehen (BFH-Urteil vom 7102009 II R 2308 BStBl 2010 II S 219) Sie sind ggf zu schaumltzen sect 162 AO gilt entsprechend Bei einem Dauerverlustbetrieb einer juristischen Persondes oumlffentlichen Rechts fuumlhrt allein das Uumlberschreiten der Umsatzgrenze nach sect 141 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO nicht zu einer Buchfuumlhrungspflicht wenn dieser mangels Gewinnerzielungsabsicht kein gewerbliches Unternehmen darstellt (BMF-Schreiben vom 922012 BStBl I S 184) Da die Gewinngrenze fuumlr die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (sect 141 Abs 1 Nr 5 AO) auf das Kalenderjahr abstellt werden bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr die zeitanteiligen Gewinne aus zwei Wirtschaftsjahren angesetzt Fuumlr die Bestimmung der Buchfuumlhrungsgrenzen nach sect 141 Abs 1 Nr 3 AO sind die Einzelertragswerte der im Einheitswert erfassten Nebenbetriebe bei der Ermittlung des Wirtschaftswertes der selbstbewirtschafteten Flaumlchen nicht anzusetzen (BFH-Urteil vom 671989 IV R 9787 BStBl 1990 II S 606)

4 Die Finanzbehoumlrde hat den Steuerpflichtigen auf den Beginn der Buchfuumlhrungspflicht hinzuweisen Diese Mitteilung soll dem Steuerpflichtigen mindestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres bekannt gegeben werden von dessen Beginn ab die Buchfuumlhrungspflicht zu erfuumlllen ist Zur Bekanntgabe der Mitteilung uumlber den Beginn der Buchfuumlhrungspflicht bei ungeklaumlrter Unternehmereigenschaft der Ehegatten als Miteigentuumlmer der Nutzflaumlchen eines landwirtschaftlichen Betriebs Hinweis auf BFH-Urteile vom 2311986 IV R 10885 BStBl II S 539 und vom 26111987 IV R 2286 BStBl 1988 II S 238 Werden die Buchfuumlhrungsgrenzen nicht mehr uumlberschritten so wird der Wegfall der Buchfuumlhrungspflicht dann nicht wirksam wenn die Finanzbehoumlrde vor dem Erloumlschen derVerpflichtung wiederum das Bestehen der Buchfuumlhrungspflicht feststellt Beim einmaligen Uumlberschreiten der Buchfuumlhrungsgrenze soll auf Antrag nach sect 148 AO Befreiung von der Buchfuumlhrungspflicht bewilligt werden wenn nicht zu erwarten ist dass die Grenze auch spaumlter uumlberschritten wird Bei der Pruumlfung ob die in sect 141 Abs 1 Nr 4 und 5 AO aufgefuumlhrten Buchfuumlhrungsgrenzen uumlberschritten werden sind erhoumlhte Absetzungen fuumlr Abnutzung sowie Sonderabschreibungen unberuumlcksichtigt zu lassen (sect 7a Abs 6 EStG) Erhoumlhte Absetzungen fuumlr Abnutzung sind nur insoweit dem Gewinn zuzurechnen als diese die Absetzungsbetraumlge nach sect 7 Abs 1 oder 4 EStG uumlbersteigen (sect 7a Abs 3 EStG)

5 Die Buchfuumlhrungspflicht geht nach sect 141 Abs 3 AO kraft Gesetzes uumlber Es ist nicht Voraussetzung dass eine der in sect 141 Abs 1 Nrn 1 bis 5 AO aufgefuumlhrten Buchfuumlhrungsgrenzen uumlberschritten ist Als Eigentuumlmer bzw Nutzungsberechtigter kommen zB in Betracht Erwerber Erbe PaumlchterNieszligbraucher Eine Uumlbernahme des Betriebs im Ganzen liegt vor wenn seine Identitaumlt gewahrt bleibt Dies ist der Fall wenn die wesentlichen Grundlagen des Betriebs als einheitliches Ganzes erhalten bleiben Dies liegt nicht vor wenn nur der landwirtschaftliche nicht aber auch der forstwirtschaftliche Teilbetrieb uumlbernommen wird (BFH-Urteil vom 2421994 IV R 493 BStBl II S 677)

AEAO zu sect 143 - Aufzeichnung des Wareneingangs

1 Zur gesonderten Aufzeichnung des Wareneingangs sind nur gewerbliche Unternehmer (vgl AEAO zu sect 141 Nr 1) verpflichtet Land- und Forstwirte fallen nicht unter die Vorschrift Die Aufzeichnungspflicht besteht unabhaumlngig von der Buchfuumlhrungspflicht Bei buchfuumlhrenden Gewerbetreibenden genuumlgt es wenn sich die geforderten Angaben aus der Buchfuumlhrung ergeben

2 Besondere Aufzeichnungspflichten die in Einzelsteuergesetzen vorgeschrieben sind (zB nach sect 22 UStG) werden von dieser Vorschrift nicht beruumlhrt

AEAO zu sect 144 - Aufzeichnung des Warenausgangs

Zur gesonderten Aufzeichnung des Warenausgangs sind gewerbliche Unternehmer (vgl AEAO zu sect 141 Nr 1) sowie nach sect 144 Abs 5 AO auch buchfuumlhrungspflichtige Land- und Forstwirte verpflichtet Mit der Einbeziehungder buchfuumlhrungspflichtigen Land- und Forstwirte in die Vorschrift soll eine bessere Uumlberpruumlfung der Kaumlufer land-und forstwirtschaftlicher Produkte (zB Obst- oder Gemuumlsehaumlndler) ermoumlglicht werden Bei buchfuumlhrenden Unternehmern koumlnnen die Aufzeichnungspflichten im Rahmen der Buchfuumlhrung erfuumlllt werden Besondere Aufzeichnungspflichten zB nach sect 22 Abs 2 Nrn 1 bis 3 UStG bleiben unberuumlhrt Erleichterungen nach sect 14 Abs 6 UStG fuumlr die Ausstellung von Rechnungen (zB nach sectsect 31 33 UStDV) gelten auch fuumlr diese Vorschrift Bei Verstoszlig gegen die Aufzeichnungspflichten nach sect 144 AO kann eine Ordnungswidrigkeit nach sect 379 Abs 2 Nr 1a AO vorliegen

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AEAO zu sect 146 - Ordnungsvorschriften fuumlr die Buchfuumlhrung und fuumlr Aufzeichnungen

1 Nur der ordnungsmaumlszligigen Buchfuumlhrung kommt Beweiskraft zu (sect 158 AO) Verstoumlszlige gegen die Buchfuumlhrungsvorschriften (sectsect 140 bis 147 AO) koumlnnen zB die Anwendung von Zwangsmitteln nach sect 328 AO eine Schaumltzung nach sect 162 AO oder eine Ahndung nach sect 379 Abs 1 AO zur Folge haben Die Verletzung der Buchfuumlhrungspflichten ist unter den Voraussetzungen der sectsect 283 und 283b StGB (sog Insolvenzstraftaten) strafbar

2 Der Begriff bdquogeordnetldquo in sect 146 Abs 1 AO besagt dass jede sinnvolle Ordnung genuumlgt die einensachverstaumlndigen Dritten in den Stand setzt sich in angemessener Zeit einen Uumlberblick uumlber die Geschaumlftsvorfaumllle und uumlber die Lage des Unternehmens zu verschaffen

3 Die Festsetzung eines Verzoumlgerungsgelds gem sect 146 Abs 2b AO in Zusammenhang mit Mitwirkungsverstoumlszligen im Rahmen von Auszligenpruumlfungen ist nicht auf Faumllle beschraumlnkt bei denen die elektronische Buchfuumlhrung im Ausland gefuumlhrt undoder aufbewahrt wird Eine mehrfache Festsetzung eines Verzoumlgerungsgelds wegen fortdauernder Nichtvorlage derselben Unterlagen ist jedoch nicht zulaumlssig (BFH-Beschluumlsse vom 1662011 IV B 12010 BStBl II S 855 und vom 2862011 X B 3711 BFHNV S 1833) Wird die Verpflichtung nach Festsetzung des Verzoumlgerungsgelds erfuumlllt so ist der Vollzug nicht einzustellen

4 sect 146 Abs 5 AO enthaumllt die gesetzliche Grundlage fuumlr die sog bdquoOffene-Posten-Buchhaltungrdquo sowie fuumlr die Fuumlhrung der Buumlcher und sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf maschinell lesbaren Datentraumlgern (zB Magnetplatten Magnetbaumlnder CD DVD Blu-ray-Disk Flash-Speicher) Bei einer Buchfuumlhrung auf maschinell lesbaren Datentraumlgern (DV-gestuumltzte Buchfuumlhrung) muumlssen die Daten unverzuumlglich lesbar gemacht werden koumlnnen Es wird nicht verlangt dass der Buchungsstoff zu einem bestimmten Zeitpunkt (zB zum Ende des Jahres) lesbar gemacht wird Er muss ganz oder teilweise lesbar gemacht werden wenn die Finanzbehoumlrde es verlangt (sect 147 Abs 5 AO) Wer seine Buumlcher oder sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf maschinell lesbaren Datentraumlgern fuumlhrt hat die Grundsaumltze ordnungsmaumlszligiger DV-gestuumltzter Buchfuumlhrungssysteme - GoBS - zu beachten (BMF-Schreiben vom 7111995 BStBl I S 738)

5 Es ist Aufgabe des Steuerpflichtigen selbst seine vorzulegenden Daten so zu organisieren dass bei einer zulaumlssigen Einsichtnahme in die steuerlich relevanten Datenbestaumlnde keine gesetzlich geschuumltzten Bereiche tangiert werden koumlnnen zum Beispiel bei Rechtsanwaumllten Steuerberatern Aumlrzten usw

AEAO zu sect 147 - Ordnungsvorschriften fuumlr die Aufbewahrung von Unterlagen

1 Die Aufbewahrungspflicht ist Bestandteil der Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungspflicht Wegen der Rechtsfolgen bei Verstoumlszligen vgl AEAO zu sect 146 Nr 1

2 Den in sect 147 Abs 1 Nr 1 AO aufgefuumlhrten Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen kommt bei DV-gestuumltzten Buchfuumlhrungen besondere Bedeutung zu Die Dokumentation hat nach Maszliggabe der Grundsaumltze ordnungsmaumlszligiger DV-gestuumltzter Buchfuumlhrungssysteme - GoBS - (BMF-Schreiben vom 7111995 BStBl I S 738) zu erfolgen

3 Bildtraumlger iSd sect 147 Abs 2 AO sind zB Fotokopien Mikrofilme Als andere Datentraumlger kommen zB Magnetbaumlnder Magnetplatten CD DVD Blu-ray-Disk Flash-Speicher in Betracht sect 147 Abs 2 AO enthaumllt auch die Rechtsgrundlage fuumlr das sog COM-Verfahren (Computer Output Microfilm) bei diesem Verfahren werden die Daten aus dem Computer direkt auf Mikrofilm ausgegeben Bei der Aufzeichnung von Schriftgut auf Mikrofilm sind die Mikrofilm-Grundsaumltze (BMF-Schreiben vom 121984 BStBl I S 155) zu beachten Die Lesbarmachung von in nicht lesbarer Form aufbewahrten Unterlagen richtet sich nach sect 147 Abs 5 AO

4 Zur Anwendung des sect 147 Abs 6 AO wird auf das BMF-Schreiben vom 1672001 BStBl I S 415 geaumlndert durch BMF-Schreiben vom 1492012 BStBl I S 930 bdquoGrundsaumltze zum Datenzugriff und zur Pruumlfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)ldquo hingewiesen

5 Zur Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschaumlften vgl BMF-Schreiben vom 26112010 BStBl I S 1342

AEAO zu sect 147a - Ordnungsvorschriften fuumlr die Aufbewahrung von Unterlagen

Kapitalertraumlge die nach sect 32d Abs 1 EStG mit einem besonderen Steuersatz besteuert wurden und der abgeltenden Wirkung nach sect 43 Abs 5 EStG unterlegen haben sind nicht in die Ermittlung der Summe derpositiven Uumlberschusseinkuumlnfte iSd sect 147a AO einzubeziehen Im Zusammenhang mit diesen Kapitalertraumlgen stehende Aufzeichnungen und Unterlagen uumlber Einnahmen und Werbungskosten sind nicht nach sect 147a AO aufbewahrungspflichtig

AEAO zu sect 148 - Bewilligung von Erleichterungen

Die Bewilligung von Erleichterungen kann sich nur auf steuerrechtliche Buchfuumlhrungs- Aufzeichnungs- oder Aufbewahrungspflichten erstrecken sect 148 AO laumlsst eine dauerhafte Befreiung von diesen Pflichten nicht zu Persoumlnliche Gruumlnde wie Alter und Krankheit des Steuerpflichtigen rechtfertigen regelmaumlszligig keine

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Erleichterungen (BFH-Urteil vom 1471954 II 6353 U BStBl III S 253) Eine Bewilligung soll nur ausgesprochen werden wenn der Steuerpflichtige sie beantragt

AEAO zu sect 150 - Form und Inhalt der Steuererklaumlrungen

Die Umsatzsteuer-Jahreserklaumlrung ist eine Steueranmeldung iSd sect 150 Abs 1 Satz 3 AO da der Unternehmer nach sect 18 Abs 3 UStG nach Ablauf eines Kalenderjahres eine Umsatzsteuererklaumlrung abzugeben hat in der erdie Umsatzsteuer oder den Uumlberschuss selbst berechnen muss Wegen der Festsetzung der Steuer bei einer Steueranmeldung vgl AEAO zu sect 167 wegen der Wirkung einer Steueranmeldung vgl AEAO zu sect 168 Zu den Grundsaumltzen fuumlr die Verwendung von Steuererklaumlrungsvordrucken vgl BMF-Schreiben vom 342012 BStBl I S 522

AEAO zu sect 151 - Aufnahme der Steuererklaumlrung an Amtsstelle

Eine Aufnahme der Steuererklaumlrung an Amtsstelle kommt idR nur bei geschaumlftlich unerfahrenen oder der deutschen Sprache unkundigen Steuerpflichtigen in Betracht die nicht faumlhig sind die Steuererklaumlrung selbst schriftlich abzugeben oder unter den Voraussetzungen des sect 150 Abs 1 Satz 2 AO elektronisch zu uumlbermitteln und auch nicht in der Lage sind die Hilfe eines Angehoumlrigen der steuerberatenden Berufe in Anspruch zu nehmen

AEAO zu sect 152 - Verspaumltungszuschlag

1 Der Verspaumltungszuschlag wird gegen den Erklaumlrungspflichtigen festgesetzt Wird die Steuererklaumlrung von einem gesetzlichen Vertreter oder einer sonstigen Person iSd sectsect 34 35 AO abgegeben so ist der Verspaumltungszuschlag gleichwohl grundsaumltzlich gegen den Steuerschuldner festzusetzen (vgl BFH-Urteil vom 1841991 IV R 12789 BStBl II S 675) Eine Festsetzung gegen den Vertreter kommt nur in Ausnahmefaumlllen (zB leichtere Beitreibbarkeit des Verspaumltungszuschlags gegen den Vertreter) in Betracht

2 Das Versaumlumnis ist regelmaumlszligig dann nicht entschuldbar wenn die Steuererklaumlrung wiederholt nicht oder wiederholt nicht fristgemaumlszlig abgegeben wurde oder eine von der Finanzbehoumlrde antragsgemaumlszlig bewilligte Fristverlaumlngerung (sect 109 AO) nicht eingehalten wurde

3 Der Verspaumltungszuschlag ist eine Nebenleistung (sect 3 Abs 4 AO) Er entsteht mit der Bekanntgabe seiner Festsetzung (sect 124 Abs 1 AO) und wird mit Ablauf der vom Finanzamt gesetzten Frist faumlllig (sect 220 Abs 2 AO) IdR ist dies die Zahlungsfrist fuumlr die Steuer (Ausnahme vgl AEAO zu 152 Nr 6) Wegen der Verjaumlhrung des Verspaumltungszuschlags wird auf sect 228 AO hingewiesen wegen der Ruumlcknahme und des Widerrufs auf sectsect 130 131 AO wegen der Haftung fuumlr Verspaumltungszuschlaumlge auf sectsect 69 ff AO

4 Ein Verspaumltungszuschlag kann auch bei verspaumlteter Abgabe oder bei Nichtabgabe von Erklaumlrungen zur gesonderten Feststellung (sect 180 AO) festgesetzt werden In diesem Fall sind bei der Bemessung des Verspaumltungszuschlags die steuerlichen Auswirkungen nach den Grundsaumltzen zu schaumltzen die die Rechtsprechung zur Bemessung des Streitwerts entwickelt hat Der Verspaumltungszuschlag ist abweichend von Nr 1 Satz 3 gegen denjenigen festzusetzen der nach sect 181 Abs 2 AO sect 3 Abs 1 der V zu sect 180 Abs 2 AO die Erklaumlrung zur gesonderten Feststellung abzugeben hat Bei mehreren Feststellungsbeteiligten ist es grundsaumltzlich ermessensfehlerfrei ihn gegen den Erklaumlrungspflichtigen festzusetzen der gegenuumlber dem Finanzamt bei der Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten fuumlr die Gemeinschaft bzw die Beteiligten auftritt (vgl BFH-Urteil vom 2151987 IV R 13483 BStBl II S 764)

5 Bei verspaumlteter Abgabe einer Steueranmeldung (sect 168 AO) ist der Verspaumltungszuschlag durch besonderen Verwaltungsakt festzusetzen Einer besonderen Begruumlndung bedarf es hierbei idR nicht (sect 121 Abs 2 Nr 2 AO) Unabhaumlngig von der Faumllligkeit der Steuer ist in diesen Faumlllen jedoch eine Zahlungsfrist fuumlr den Verspaumltungszuschlag einzuraumlumen (sect 220 Abs 2 AO)

6 Nach sect 152 Abs 2 Satz 1 AO darf der Verspaumltungszuschlag houmlchstens 25000 euro betragen (zur Anwendung siehe Art 97 sect 8 Abs 2 und 3 EGAO) Ein Verspaumltungszuschlag iHv mehr als 5000 euro ist nur festzusetzen wenn mit einem Verspaumltungszuschlag iHv bis zu 5000 euro ein durch die verspaumltete Abgabe der Steuererklaumlrung (Steueranmeldung) entstandener Zinsvorteil nicht ausreichend abgeschoumlpft werden kann

7 Bei der Ermessensentscheidung sind saumlmtliche in sect 152 Abs 2 Satz 2 AO ausdruumlcklich und abschlieszligend aufgezaumlhlten Kriterien zu beachten das Fuumlr und Wider der Kriterien ist gegeneinander abzuwaumlgen (BFH-Urteil vom 2641989 I R 1085 BStBl II S 693) Wenngleich die Beurteilungsmerkmale grundsaumltzlich gleichwertig sind sind sie nicht notwendigerweise in jedem Fall in gleicher Weise zu gewichten Im Ergebnis kann je nach den Umstaumlnden des Einzelfalls ein Merkmal staumlrker als ein anderes hervortreten (BFH-Urteil vom 1161997 X R 1495 BStBl II S 642) oder auch ganz ohne Auswirkung auf die Bemessung bleiben

Danach gilt fuumlr die Anwendung des sect 152 Abs 2 Satz 2 AO grundsaumltzlich Folgendes (BFH-Urteil vom 1462000 X R 5698 BStBl 2001 II S 60 mwN)

122

- Es ist nicht ermessensfehlerhaft wenn die Houmlhe des Verspaumltungszuschlags den durch die verspaumltete Abgabe der Erklaumlrung gezogenen Vorteil erheblich uumlbersteigt

- Da die Bemessung des Zuschlags nicht durch das Maszlig des gezogenen Vorteils begrenzt wird kommt es uU nicht entscheidend darauf an ob und in welcher Houmlhe letztlich ein Zinsvorteil erzielt wurde

- Ein Verspaumltungszuschlag kann auch festgesetzt werden obwohl es aufgrund von Anrechnungsbetraumlgen zu einer Erstattung gekommen ist oder wenn ein oder zwei der in sect 152 Abs 2 Satz 2 AO genannten und in jedem Fall zu pruumlfenden Voraussetzungen nicht erfuumlllt sind

- Es ist in schweren Faumlllen (zB bei erheblicher Fristuumlberschreitung schwerwiegendem Verschulden und hoher Steuerfestsetzung) nicht ermessensfehlerhaft den Verspaumltungszuschlag so zu bemessen dass er als angemessene Sanktion wirkt

- Bei der Beurteilung der Frage welche Vorteile der Steuerpflichtige aus der verspaumlteten oder unterlassenen Abgabe der Steuererklaumlrung gezogen hat ist zu beruumlcksichtigen dass Zinsvorteile bereits durch Zinsen nach sect 233a AO teilweise ausgeglichen sein koumlnnen

AEAO zu sect 154 - Kontenwahrheit

1 Das Verbot falsche oder erdichtete Namen zu verwenden richtet sich an denjenigen der als Kunde bei einem anderen ein Konto errichten lassen will oder Buchungen vornehmen laumlsst Wegen des Verbots im eigenen Geschaumlftsbetrieb falsche oder erdichtete Namen fuumlr Konten zu gebrauchen Hinweis auf sect 146 Abs 1 AO

2 Es ist zulaumlssig Konten auf den Namen Dritter zu errichten hierbei ist die Existenz des Dritten nachzuweisen Der ausdruumlcklichen Zustimmung des Dritten bedarf es nicht

3 Jeder der fuumlr einen anderen Konten fuumlhrt Wertsachen verwahrt oder von ihm als Pfand nimmt oder ihm ein Schlieszligfach uumlberlaumlsst hat sich Gewissheit uumlber die Person des Verfuumlgungsberechtigten zu verschaffen Die Vorschrift ist nicht auf Kreditinstitute beschraumlnkt sondern gilt auch im gewoumlhnlichen Geschaumlftsverkehr und fuumlr Privatpersonen Verboten ist die Abwicklung von Geschaumlftsvorfaumlllen uumlber sog CpD-Konten wenn der Name des Beteiligten bekannt ist oder unschwer ermittelt werden kann und fuumlr ihn bereits ein entsprechendes Konto gefuumlhrt wird

4 Das Kreditinstitut hat sich vor Erledigung von Auftraumlgen die uumlber ein Konto abgewickelt werden sollen bzw vor Uumlberlassung eines Schlieszligfachs Gewissheit uumlber die Person und Anschrift des (der) Verfuumlgungsberechtigten zu verschaffen Gewissheit uumlber die Person besteht im Allgemeinen nur wenn der vollstaumlndige Name das Geburtsdatum und der Wohnsitz bekannt sind Eine voruumlbergehende Anschrift (Hoteladresse) reicht nicht aus Bei einer juristischen Person (Koumlrperschaft des oumlffentlichen Rechts AG GmbH usw) reicht die Bezugnahme auf eine amtliche Veroumlffentlichung oder ein amtliches Register unter Angabe der Register-Nr aus Wird ein Konto auf den Namen eines verfuumlgungsberechtigten Dritten errichtet muumlssen die Angaben uumlber Person und Anschrift sowohl des Kontoinhabers als auch desjenigen der das Konto errichtet festgehalten werden Steht der Verfuumlgungsberechtigte noch nicht fest (zB der unbekannte Erbe) reicht es aus wenn das Kreditinstitut sich zunaumlchst Gewissheit uumlber die Person und Anschrift des das Konto Errichtenden (zB des Nachlasspflegers) verschafft die Legitimation des Kontoinhabers ist sobald wie moumlglich nachzuholen

5 Diese Angaben sind auf dem Kontostammblatt zu machen Es ist unzulaumlssig Name und Anschrift des Verfuumlgungsberechtigten lediglich in einer vertraulichen Liste zu fuumlhren und das eigentliche Konto nur mit einer Nummer zu kennzeichnen Die Fuumlhrung sog Nummernkonten bleibt verboten Bei Aufloumlsung des ersten Kontos muumlssen die Identifikationsmerkmale auf das zweite bzw weitere Konto bzw auf die betreffenden Kontounterlagen uumlbertragen werden

6 Das Kreditinstitut ist nach sect 154 Abs 2 Satz 2 AO verpflichtet ein besonderes alphabetisch gefuumlhrtes Namensverzeichnis der Verfuumlgungsberechtigten zu fuumlhren um jederzeit uumlber die Konten und Schlieszligfaumlcher eines Verfuumlgungsberechtigten Auskunft geben zu koumlnnen Eines derartigen Verzeichnisses bedarf es nicht wenn die Erfuumlllung der Verpflichtung auf andere Weise sichergestellt werden kann Die Verpflichtung besteht noch sechs Jahre nach Beendigung der Geschaumlftsbeziehung bei Bevollmaumlchtigten sechs Jahre nach Erloumlschen der Vollmacht

7 Verfuumlgungsberechtigte iSd vorstehenden Nummern sind sowohl der Glaumlubiger der Forderung und seine gesetzlichen Vertreter als auch jede Person die zur Verfuumlgung uumlber das Konto bevollmaumlchtigt ist(Kontovollmacht) Dies gilt entsprechend fuumlr die Verwahrung von Wertsachen sowie fuumlr die Uumlberlassung von Schlieszligfaumlchern Personen die aufgrund Gesetzes oder Rechtsgeschaumlfts zur Verfuumlgung berechtigt sind ohne dass diese Berechtigung dem Kreditinstitut usw mitgeteilt worden ist gelten insoweit nicht als Verfuumlgungsberechtigte

Nach dem Grundsatz der Verhaumlltnismaumlszligigkeit ist nicht zu beanstanden wenn in folgenden Faumlllen auf die Legitimationspruumlfung (Nrn 3 bis 5 des AEAO zu sect 154) und die Herstellung der Auskunftsbereitschaft (Nr 6 des AEAO zu sect 154) verzichtet wird

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a) bei Eltern als gesetzliche Vertreter ihrer minderjaumlhrigen Kinder wenn die Voraussetzungen fuumlr die gesetzliche Vertretung bei Kontoeroumlffnung durch amtliche Urkunden nachgewiesen werden

b) bei Vormundschaften und Pflegschaften einschlieszliglich Amtsvormundschaften und Amtspflegschaften sowie bei rechtlicher Betreuung (sectsect 1896 ff BGB)

c) bei Parteien kraft Amtes (Konkursverwalter Insolvenzverwalter Zwangsverwalter Nachlassverwalter Testamentsvollstrecker und aumlhnliche Personen)

d) bei Pfandnehmern (insbesondere in Bezug auf Mietkautionskonten bei denen die Einlage auf einem Konto des Mieters erfolgt und an den Vermieter verpfaumlndet wird)

e) bei Vollmachten auf den Todesfall (auch nach diesem Ereignis)

f) bei Vollmachten zur einmaligen Verfuumlgung uumlber ein Konto

g) bei Verfuumlgungsbefugnissen im Lastschriftverfahren (Abbuchungsauftragsverfahren und Einzugsermaumlchtigungsverfahren)

h) bei Vertretung juristischer Personen des oumlffentlichen Rechts (einschlieszliglich Eigenbetriebe)

i) bei Vertretung von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen

j) bei den als Vertretern eingetragenen Personen die in oumlffentlichen Registern (Handelsregister Vereinsregister) eingetragene Firmen oder Personen vertreten

k) bei Vertretung von Unternehmen sofern schon mindestens fuumlnf Personen die in oumlffentliche Register eingetragen sind bzw bei denen eine Legitimationspruumlfung stattgefunden hat Verfuumlgungsbefugnis haben

l) bei vor dem 111992 begruumlndeten noch bestehenden oder bereits erloschenen Befugnissen

Unberuumlhrt bleibt die Befugnis der Finanzaumlmter im Besteuerungsverfahren Auskuumlnfte von Auskunftspersonen (sectsect 93 94 AO) einzuholen und die Vorlage von Unterlagen (sect 97 AO) zu verlangen sowie in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder in einem Buszliggeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit die Befugnis zur Vernehmung von Zeugen oder zur Beschlagnahme von Unterlagen (sectsect 208 385 sect 399 Abs 2 sect 410 AO)

8 Bei einem Verstoszlig gegen sect 154 Abs 3 AO haftet der Zuwiderhandelnde nach Maszliggabe des sect 72 AO Waren uumlber ein Konto usw mehrere Personen verfuumlgungsberechtigt (mit Ausnahme der in Nr 7 Satz 4 des AEAO zu sect 154 genannten Faumllle) bedarf es uU der Zustimmung aller beteiligten Finanzaumlmter zur Herausgabe

9 Wegen der Ahndung einer Verletzung des sect 154 Abs 1 AO als Ordnungswidrigkeit Hinweis auf sect 379 Abs 2 Nr 2 AO

10 Die Verletzung der Verpflichtungen nach sect 154 Abs 2 AO fuumlhrt allein noch nicht unmittelbar zu einer Haftung oder Ahndung wegen Ordnungswidrigkeit Es kann sich jedoch um eine Steuergefaumlhrdung iSd sect 379 Abs 1 Nr 3 AO handeln soweit nicht sogar der Tatbestand des sect 370 AO erfuumlllt ist Wird festgestellt dass die nach sect 154 Abs 2 AO bestehenden Verpflichtungen nicht erfuumlllt sind soll die fuumlr Straf- und Buszliggeldsachen zustaumlndige Stelle unterrichtet werden Die Moumlglichkeit der Erzwingung der Verpflichtungen (sectsect 328 ff AO) bleibt unberuumlhrt

AEAO zu sect 155 - Steuerfestsetzung

1 Wegen Einzelheiten zur Bekanntgabe von Steuerbescheiden vgl AEAO zu sect 122 Wegen der Wirksamkeit von Steuerbescheiden wird auf sect 124 AO hingewiesen wegen formeller Fehler auf sectsect 126 bis 129 AO wegen Form und Inhalt auf sect 157 AO

2 Die volle oder teilweise Freistellung von der Steuer sowie die Ablehnung eines Antrags auf Festsetzung der Steuer erfolgt durch Steuerbescheid Daher ist zB die Erstattung von Kapitalertragsteuer aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen eine Steuerfestsetzung iSd Vorschrift Es gelten alle Verfahrensvorschriften die bei der Festsetzung von Steuern anzuwenden sind Fuumlr die Festsetzung sind insbesondere die Grundsaumltze uumlber die Festsetzungsfrist zu beachten (sectsect 169 ff sect 47 AO) Fuumlr die Aufhebung und Aumlnderung dieser Steuerbescheide sind die sectsect 172 ff AO maszliggebend

3 Anspruumlche des Steuerpflichtigen die auf Ruumlckzahlung eines uumlberzahlten Betrags gerichtet sind (zB bei Doppelzahlung) fallen nicht unter den Begriff der Verguumltung iSd Vorschrift Ein solcher Ruumlckzahlungsanspruch ist im Erhebungsverfahren geltend zu machen (Hinweis auf sect 218 Abs 2 AO)

4 Nach den Gesetzen in denen die Gewaumlhrung von Zulagen geregelt wird (zB die Investitionszulage die Eigenheimzulage oder die Arbeitnehmer-Sparzulage) und den Praumlmiengesetzen sind die fuumlr Steuerverguumltungen geltenden Vorschriften (sect 155 Abs 4 AO) auf Zulagen und Praumlmien entsprechend anzuwenden Die Gewaumlhrung erfolgt somit durch Festsetzung soweit nichts anderes vorgeschrieben ist (zB sectsect 4a 4b WoPG) Die Aufhebung oder Aumlnderung dieser Bescheide und insbesondere die

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Ruumlckforderung zu Unrecht gewaumlhrter Betraumlge regeln sich nach den fuumlr das Steuerfestsetzungsverfahren geltenden Vorschriften

AEAO zu sect 156 - Absehen von Steuerfestsetzung

Das Absehen von der Festsetzung bringt den Steueranspruch nicht zum Erloumlschen die Festsetzung kann innerhalb der Festsetzungsfrist nachgeholt werden Wegen der Kleinbetragsregelung fuumlr das Festsetzungsverfahren siehe die KBV (zur Anwendung siehe Art 97 sect 9a EGAO) Zur Kleinbetragsregelung fuumlr das Erhebungsverfahren siehe BMF-Schreiben vom 2232001 BStBl I S 242

AEAO zu sect 157 - Form und Inhalt der Steuerbescheide

1 Steuerbescheide die zwecks Bekanntgabe dem Steuerpflichtigen nicht selbst uumlbergeben werden sind mit Ruumlcksicht auf das Steuergeheimnis (sect 30 AO) in einem verschlossenen Umschlag zu versenden

2 Wegen der Begruumlndung des Steuerbescheids wird auf sect 121 AO hingewiesen wegen der Bekanntgabe auf sectsect 122 155 AO wegen der Wirksamkeit auf sect 124 AO wegen des Leistungsgebotes auf sect 254 AO wegen der Folgen bei unterbliebener oder unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung auf sect 356 AO

AEAO zu sect 158 - Beweiskraft der Buchfuumlhrung

Die Vorschrift enthaumllt eine gesetzliche Vermutung Sie verliert ihre Wirksamkeit mit der Folge der Schaumltzungsnotwendigkeit nach sect 162 AO wenn es nach Verprobung usw unwahrscheinlich ist dass das ausgewiesene Ergebnis mit den tatsaumlchlichen Verhaumlltnissen uumlbereinstimmt Fuumlr die formelle Ordnungsmaumlszligigkeit der Buchfuumlhrung ist das Gesamtbild aller Umstaumlnde im Einzelfall maszliggebend Eine Buchfuumlhrung kann trotz einzelner Maumlngel nach den sectsect 140 bis 148 AO aufgrund der Gesamtwertung als formell ordnungsmaumlszligig erscheinen Insoweit kommt der sachlichen Gewichtung der Maumlngel ausschlaggebende Bedeutung zu Eine Buchfuumlhrung ist erst dann formell ordnungswidrig wenn sie wesentliche Maumlngel aufweist oder die Gesamtheit aller (unwesentlichen) Maumlngel diesen Schluss fordert (BFH-Beschluss vom 2122008 X B 6908 mwN) Werden digitale Unterlagen bei Bargeschaumlften nicht entsprechend dem BMF-Schreiben vom 26112010 BStBl I S 1342 aufbewahrt kann dies ein schwerwiegender formeller Mangel der Ordnungsmaumlszligigkeit sein Die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit der Kassenbuchfuumlhrung erfordert dass ein schluumlssiger Nachweis hinsichtlich der Unveraumlnderbarkeit der Einzelbuchungen und deren Zusammenfuumlhrung bei der Erstellung steuerlicher Abschluumlsse gefuumlhrt werden kann Das Buchfuumlhrungsergebnis ist nicht zu uumlbernehmen soweit die Beanstandungen reichen Eine Vollschaumltzung an Stelle einer Zuschaumltzung kommt nur dann in Betracht wenn sich die Buchfuumlhrung in wesentlichen Teilen als unbrauchbar erweist

AEAO zu sect 159 - Nachweis der Treuhaumlnderschaft

Personen die zur Verweigerung der Auskunft aufgrund ihres Berufes berechtigt sind (sect 102 AO) insbesondere Angehoumlrige der steuerberatenden Berufe koumlnnen ein Aussageverweigerungsrecht nur mit der Einschraumlnkung des sect 104 Abs 2 AO in Anspruch nehmen Sie haften fuumlr steuerliche Folgen uU selbst gem sectsect 34 35 AO soweit ihnen die Wirtschaftsguumlter nicht nach sect 159 AO selbst zuzurechnen sind

AEAO zu sect 160 - Benennung von Glaumlubigern und Zahlungsempfaumlngern

1 Es steht im pflichtgemaumlszligen Ermessen des Finanzamts ob es sich den Glaumlubiger von Schulden oder den Empfaumlnger von Ausgaben vom Steuerpflichtigen benennen laumlsst (BFH-Urteile vom 25111986 VIII R 35082 BStBl 1987 II S 286 und vom 1031999 XI R 1098 BStBl II S 434) Liegen Anhaltspunkte fuumlr eine straf- oder buszliggeldbewehrte Vorteilszuwendung vor so ist die Benennung des Glaumlubigers oder des Empfaumlngers stets zu verlangen Zum einkommensteuerrechtlichen Abzugsverbot fuumlr die Zuwendung von Vorteilen iSd sect 4 Abs 5 Satz 1 Nr 10 EStG und zum Verhaumlltnis dieser Vorschrift zu sect 160 AO vgl BMF-Schreiben vom 10102002 (BStBl I S 1031)

Bei der Anwendung des sect 160 AO ist nach pflichtgemaumlszligem Ermessen zunaumlchst zu entscheiden ob ein Benennungsverlangen geboten ist Das Benennungsverlangen ist eine nicht selbstaumlndig anfechtbare Vorbereitungshandlung (BFH-Urteil vom 2041988 I R 6784 BStBl II S 927) Zur Belehrungspflicht wenn das Benennungsverlangen eine vermutete straf- oder buszliggeldbewehrte Vorteilszuwendung zum Gegenstand hat vgl Tz 30 des BMF-Schreibens vom 10102002 (aaO) Wegen der Stellung von Personen die aufgrund ihres Berufes zur Auskunftsverweigerung berechtigt sind vgl AEAO zu sect 159 Satz 1

2 Unterlaumlsst der Steuerpflichtige es trotz Aufforderung durch die Finanzbehoumlrde den Glaumlubiger der Schuld oder den Empfaumlnger der Ausgabe genau zu benennen so ist im Rahmen einer zweiten Ermessensentscheidung zu pruumlfen ob und in welcher Houmlhe der Abzug der Ausgaben bzw Schulden zu versagen ist Nach sect 160 Satz 1 AO ist der Abzug dann bdquoregelmaumlszligigldquo zu versagen (BFH-Urteil vom 1031999 XI R 1098 BStBl II S 434) Ist sowohl streitig ob der Houmlhe nach Betriebsausgaben vorliegen als auch ob die fehlende Benennung der Zahlungsempfaumlnger dem Abzug entgegensteht so ist zunaumlchst die Houmlhe der Betriebsausgaben zu ermitteln oder ggf zu schaumltzen Sodann ist zu pruumlfen ob und inwieweit die fehlende Benennung der Zahlungsempfaumlnger dem Abzug der Betriebsausgaben entgegensteht Die bei der Anwendung des sect 160 AO zu treffenden Ermessensentscheidungen koumlnnen

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eine unterlassene Schaumltzung nicht ersetzen (BFH-Urteil vom 2461997 VIII R 996 BStBl 1998 II S 51)

3 Werden Leistungen uumlber eine Domizilgesellschaft (Briefkastenfirma) abgerechnet so ist zunaumlchst zu pruumlfen ob der Steuerpflichtige uumlberhaupt eine Leistung von objektiv feststellbarem wirtschaftlichen Wert erhalten hat oder ob lediglich ein Scheingeschaumlft vorliegt Bei Leistungen an Domizilgesellschaften ist der Empfaumlngernachweis nur erbracht wenn die hinter der Gesellschaft stehenden Personen benannt werden (BFH-Beschluss vom 2581986 IV B 7686 BStBl 1987 II S 481) Das sind die Personen die anstelle der inaktiven Domizilgesellschaften bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Leistung gegenuumlber dem Steuerpflichtigen erbracht haben und denen damit auch die Gegenleistung zusteht Die Benennung lediglich formaler Anteilseigner (zB Treuhaumlnder) reicht nicht aus ebenso wenig wie die Erklaumlrung des Steuerpflichtigen nicht er sondern ein fremder Dritter stehe hinter der auslaumlndischen Gesellschaft (BFH-Beschluss vom 2581986 IV B 7686 aaO) Ungewissheiten hinsichtlich der Person des Empfaumlngers gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 1331985 I R 781 BStBl 1986 II S 318 und BFH-Beschluss vom 971986 I B 3686 BStBl 1987 II S 487) Auslaumlndische Verbotsnormen fuumlhren nicht dazu dass ein Offenlegungsverlangen von vornherein unverhaumlltnismaumlszligig oder unzumutbar wird (vgl BFH-Urteil vom 1641980 I R 7578 BStBl 1981 II S 492) sect 16 AStG bleibt unberuumlhrt

4 Bei Zahlungen an auslaumlndische Empfaumlnger soll das Finanzamt - soweit keine Anhaltspunkte fuumlr eine straf- oder buszliggeldbewehrte Vorteilszuwendung vorliegen - auf den Empfaumlngernachweis nach sect 160 AO verzichten wenn feststeht dass die Zahlung im Rahmen eines uumlblichen Handelsgeschaumlfts erfolgte der Geldbetrag ins Ausland abgeflossen ist und der Empfaumlnger nicht der deutschen Steuerpflicht unterliegt Hierzu ist der Empfaumlnger in dem Umfang zu bezeichnen dass dessen Steuerpflicht im Inland mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann Die bloszlige Moumlglichkeit einer im Inland nicht bestehenden Steuerpflicht reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 1331985 I R 781 BStBl 1986 II S 318) In geeigneten Faumlllen ist eine Erklaumlrung der mit dem Geschaumlft betrauten Personen sowie des verantwortlichen Organs des Unternehmens zu verlangen dass ihnen keine Umstaumlnde bekannt sind die fuumlr einen Ruumlckfluss der Zuwendung an einen inlaumlndischen Empfaumlnger sprechen Die Zulaumlssigkeit der Mitteilung von Erkenntnissen deutscher Finanzbehoumlrden im Rahmen des sect 117 AO bleibt hiervon unberuumlhrt

AEAO zu sect 162 - Schaumltzung von Besteuerungsgrundlagen

1 Bei der Schaumltzung der Besteuerungsgrundlagen in den Faumlllen des sect 155 Abs 2 AO handelt es sich um eine vorlaumlufige Maszlignahme des Wohnsitzfinanzamtes der ein Grundlagenbescheid nachfolgen muss (BFH-Urteil vom 2671983 VIII R 2879 BStBl 1984 II S 290)

2 Wegen der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklaumlrung trotz Schaumltzung siehe sect 149 Abs 1 Satz 4 AO

3 Wegen der nur eingeschraumlnkten Offenlegung der Verhaumlltnisse von Vergleichsbetrieben vgl AEAO zu sect 30 Nr 45

4 Werden die Besteuerungsgrundlagen wegen Nichtabgabe der Steuererklaumlrung geschaumltzt ist die Steuer unter Nachpruumlfungsvorbehalt (sect 164 AO) festzusetzen wenn der Fall fuumlr eine eventuelle spaumltereUumlberpruumlfung offen gehalten werden soll Dies gilt zB wenn eine den Schaumltzungszeitraum umfassende Auszligenpruumlfung vorgesehen ist oder zu erwarten ist dass der Steuerpflichtige nach Erlass des Bescheids die Steuererklaumlrung nachreicht

Die unter Nachpruumlfungsvorbehalt stehende Steuerfestsetzung ist - sofern der Steuerpflichtige keinen Einspruch eingelegt bzw keinen Aumlnderungsantrag gestellt hat und auch keine Auszligenpruumlfung vorgesehen ist - bei der Veranlagung fuumlr das Folgejahr zu uumlberpruumlfen Dabei sind auch die in einem eventuellen Vollstreckungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse zu beruumlcksichtigen Der Nachpruumlfungsvorbehalt ist danach grundsaumltzlich aufzuheben auch wenn die Steuerfestsetzung nicht zu aumlndern ist

Zur Aufhebung des Nachpruumlfungsvorbehalts in Faumlllen einer Fristsetzung nach sect 364b AO vgl AEAO zu sect 364b Nr 2

5 Wegen der Befugnis zur Schaumltzung bei Verletzung der Mitwirkungspflicht nach sect 90 Abs 2 AO vgl AEAO zu sect 90 Nr 1

6 Die Besteuerungsgrundlagen sind nach sect 162 Abs 1 AO unter anderem dann zu schaumltzen wenn tatsaumlchliche Anhaltspunkte dafuumlr bestehen dass die vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermoumlgensmehrungen unrichtig oder unvollstaumlndig sind Hat der Steuerpflichtige in einem derartigen Fall die Zustimmung zu einem Kontenabruf verweigert (sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 5 AO) sind die nach Einschaumltzung der Finanzbehoumlrde nicht erklaumlrten steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermoumlgensmehrungen nach sect 162 Abs 2 Satz 2 AO dritte Alternative zu schaumltzen In diesem Fall kann zu Lasten des Steuerpflichtigen von einem Sachverhalt ausgegangen werden fuumlr den unter Beruumlcksichtigung seiner Beweisnaumlhe und seiner Verantwortung fuumlr die Aufklaumlrung des Sachverhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht Gleiches gilt wenn ein mit Zustimmung des Steuerpflichtigen durchgefuumlhrter Kontenabruf keine neuen Erkenntnisse gebracht hat zB bei auf auslaumlndischen - und deswegen durch einen Kontenabruf nicht ermittelbaren - Konten zugeflossenen

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Einnahmen oder bei baren Einnahmen In diesen Faumlllen ist auch weiterhin eine Schaumltzung nach sect 162 AO moumlglich wenn Anhaltspunkte dafuumlr vorliegen dass die Angaben uumlber Einnahmen oder Betriebsvermoumlgensmehrungen nicht vollstaumlndig oder unzutreffend sind

AEAO zu sect 163 - Abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgruumlnden

1 sect 163 AO regelt Billigkeitsmaszlignahmen im Festsetzungsverfahren Billigkeitsmaszlignahmen im Erhebungsverfahren regelt sect 227 AO Die Unbilligkeit kann sich aus sachlichen oder aus persoumlnlichen Gruumlnden ergeben

2 Ein Antrag auf eine Billigkeitsmaszlignahme nach sect 163 AO kann auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung oder der entsprechenden gesonderten Feststellung gestellt werden

3 Die Entscheidung uumlber eine Billigkeitsmaszlignahme nach sect 163 AO stellt auch dann einen selbstaumlndigen Verwaltungsakt dar wenn sie mit der Steuerfestsetzung oder der entsprechenden gesonderten Feststellung verbunden wird Sie ist Grundlagenbescheid fuumlr den entsprechenden Steuer- oder Feststellungsbescheid (sect 171 Abs 10 AO) Wird eine Billigkeitsmaszlignahme erst nach Erlass des hiervon betroffenen Steuer- oder Feststellungsbescheids getroffen muss dieser Bescheid nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO entsprechend angepasst werden

4 Bei der Ermessensentscheidung ist der Zeitraum zwischen Entstehung des Steueranspruchs und der Antragstellung zu beruumlcksichtigen Es ist regelmaumlszligig ermessensgerecht eine Billigkeitsmaszlignahme nach sect 163 AO abzulehnen sobald fuumlr den Folgebescheid die Festsetzungs- oder Feststellungsfrist abgelaufen ist (BFH-Urteil vom 1731987 VII R 2684 BFHNV S 620)

Eine Billigkeitsmaszlignahme kann ausnahmsweise auch nach diesem Zeitpunkt getroffen werden wenn der ihr zugrunde liegende Antrag vor Ablauf der Festsetzungs- oder Feststellungsfrist gestellt worden war

5 Wegen der Auswirkungen einer Billigkeitsmaszlignahme bei den Steuern vom Einkommen auf die Gewerbesteuer Hinweis auf sect 184 Abs 2 AO Danach ist die niedrigere Festsetzung eines Messbetrags nach sect 163 Satz 1 AO nicht zulaumlssig wenn die Voraussetzungen dafuumlr nicht in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Landesfinanzbehoumlrde festgelegt sind

6 Zum Einspruchsverfahren gegen die Entscheidung uumlber eine Billigkeitsmaszlignahme vgl AEAO zu sect 347 Nr 4

AEAO zu sect 164 - Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung

1 Der Vorbehalt der Nachpruumlfung ist eine Nebenbestimmung iSd sect 120 AO die im Steuerbescheid anzugeben ist Im Gegensatz zur vorlaumlufigen Steuerfestsetzung hat der Vorbehalt keine Auswirkung auf den Ablauf der Festsetzungsfrist Wegen der Wirkung einer Steueranmeldung als Vorbehaltsfestsetzung siehe sect 168 AO

2 Der Vorbehalt der Nachpruumlfung ist zulaumlssig bei allen Festsetzungen fuumlr die die Vorschriften uumlber das Steuerfestsetzungsverfahren gelten (zB bei Steuerverguumltungen Zulagen Praumlmien gesonderten Feststellungen Steuermessbetraumlgen Zinsen vgl AEAO zu sect 155) Zum Nachpruumlfungsvorbehalt in Schaumltzungsfaumlllen vgl AEAO zu sect 162 Nr 4

3 Solange ein Steuerfall nicht abschlieszligend gepruumlft ist kann die spaumltere Uumlberpruumlfung vorbehalten bleibenund die Steuer aufgrund der Angaben des Steuerpflichtigen oder aufgrund vorlaumlufiger Uumlberpruumlfung (vgl BFH-Urteil vom 481983 IV R 7983 BStBl 1984 II S 6) unter Vorbehalt der Nachpruumlfung festgesetzt werden Der Vorbehalt der Nachpruumlfung erfasst die Festsetzung insgesamt eine Beschraumlnkung auf Einzelpunkte oder Besteuerungsgrundlagen ist nicht zulaumlssig Eine Begruumlndung dafuumlr dass die Festsetzung unter Vorbehalt erfolgt ist nicht erforderlich

4 Solange der Vorbehalt wirksam ist bleibt der gesamte Steuerfall bdquooffenldquo die Steuerfestsetzung kann jederzeit - also auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit - und dem Umfang nach uneingeschraumlnkt von Amts wegen oder auch auf Antrag des Steuerpflichtigen aufgehoben oder geaumlndert werden Die Grundsaumltze des Vertrauensschutzes nach sect 176 AO sind aber zu beachten Dagegen wird ein aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteter Vertrauensschutz i d R nicht bestehen (vgl BFH-Urteil vom 2942008 VIII R 7505 BStBl II S 817)

5 Der Steuerpflichtige hat keinen Anspruch auf unverzuumlgliche Entscheidung uumlber seinen Antrag Die Entscheidung kann bis zur abschlieszligenden Pruumlfung des Steuerfalles - an Amtsstelle oder im Wege einer Auszligenpruumlfung - hinausgeschoben werden Sie hat jedoch in angemessener Zeit zu erfolgen Wegen des Ablaufs der Festsetzungsfrist bei Antragstellung Hinweis auf sect 171 Abs 3 AO

6 Wird eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung geaumlndert so ist in dem neuen Steuerbescheid zu vermerken ob dieser weiterhin unter Vorbehalt der Nachpruumlfung steht oder ob der Vorbehalt aufgehoben wird Fehlt ein derartiger Vermerk bleibt der Vorbehalt bestehen (BFH-Urteil vom 1491993 VIII R 993 BStBl 1995 II S 2) dies gilt nicht wenn die zu aumlndernde Festsetzung kraft Gesetzes unter Nachpruumlfungsvorbehalt steht (BFH-Urteil vom 2121999 V R 1999 BStBl 2000 II S 284) Die Aufhebung des Vorbehalts muss schriftlich oder in elektronischer Form (sect 87a Abs 4 AO)

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ergehen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sein (sect 164 Abs 3 Satz 2 AO) Die Aufhebung des Nachpruumlfungsvorbehalts ist auch ohne abschlieszligende Pruumlfung des Steuerfalles zulaumlssig (BFH-Urteil vom 2851998 V R 10096 BStBl II S 502) und bedarf regelmaumlszligig keiner Begruumlndung (BFH-Urteil vom 1071996 I R 596 BStBl 1997 II S 5) Nach der Bekanntgabe der Aufhebung des Vorbehalts kann die Aufhebung oder Aumlnderung einer Steuerfestsetzung nicht mehr auf sect 164 Abs 2 AO gestuumltzt werden sectsect 172 ff AO bleiben unberuumlhrt

7 Wird der Vorbehalt nicht ausdruumlcklich aufgehoben entfaumlllt der Vorbehalt mit Ablauf der allgemeinen Festsetzungsfrist (sect 169 Abs 2 Satz 1 AO) Die Verlaumlngerung der Festsetzungsfrist fuumlr hinterzogene oder leichtfertig verkuumlrzte Steuern (sect 169 Abs 2 Satz 2 AO) verlaumlngert nicht die Wirksamkeit des Vorbehalts es ergeben sich aber Auswirkungen auf die Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 1 bis 6 9 und 11 bis 14 AO

8 Wegen des Einspruchs gegen eine Vorbehaltsfestsetzung vgl AEAO zu sect 367 Nr 5

AEAO zu sect 165 - Vorlaumlufige Steuerfestsetzung Aussetzung der Steuerfestsetzung

1 Eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 1 AO ist nur zulaumlssig soweit ungewiss ist ob der Tatbestand verwirklicht ist an den das Gesetz die Leistungspflicht knuumlpft Zweifel bei der Auslegung des Steuergesetzes reichen nicht aus Eine Steuerfestsetzung kann demgemaumlszlig nach sect 165 Abs 1 Satz 1 AO nur im Hinblick auf ungewisse Tatsachen nicht im Hinblick auf die steuerrechtliche Beurteilung von Tatsachen fuumlr vorlaumlufig erklaumlrt werden (BFH-Urteil vom 2541985 IV R 6483 BStBl II S 648) Vorlaumlufige Steuerfestsetzungen nach sect 165 Abs 1 Satz 1 AO sind insbesondere dann vorzunehmen wenn eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung nicht zweckmaumlszligig ist zB weil keine Nachpruumlfung des gesamten Steuerfalles mehr zu erwarten ist oder weil sie aus Rechtsgruumlnden nicht moumlglich ist (zB bei fortbestehender Ungewissheit nach einer Auszligenpruumlfung)

2 Die Tatsache dass ein Doppelbesteuerungsabkommen nach seinem Inkrafttreten voraussichtlich ruumlckwirkend anzuwenden sein wird rechtfertigt eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AO um dem Steuerpflichtigen die Vorteile des Doppelbesteuerungsabkommens zu sichern

3 Eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AO setzt voraus dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits ergangen ist und die gesetzliche Neuregelung noch aussteht

4 Zweifel an der Vereinbarkeit einer der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Rechtsnorm mit houmlherrangigem Recht (insbesondere mit dem Grundgesetz oder dem Europaumlischen Unionsrecht) rechtfertigen nur dann eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AO wenn dieselbe Frage bereits Gegenstand eines Musterverfahrens bei dem Gerichtshof der Europaumlischen Union dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist

Zum Rechtsschutzbeduumlrfnis fuumlr einen Einspruch gegen eine hinsichtlich des strittigen Punktes bereits vorlaumlufige Steuerfestsetzung vgl AEAO zu sect 350 Nr 6

5 Nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AO kann eine Steuer vorlaumlufig festgesetzt werden soweit eine im Fall des Steuerpflichtigen entscheidungserhebliche Rechtsfrage Gegenstand eines Verfahrens beim Bundesfinanzhof ist Hierbei handelt es sich auch um solche Faumllle in denen eine strittige Rechtsfrage nicht nur unter verfassungsrechtlichen Aspekten zu beurteilen ist (und deretwegen bereits eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AO erfolgt) sondern vom Bundesfinanzhof auf bdquoeinfachgesetzlichemldquo Wege dh durch Anwendung bzw Auslegung des einfachen Rechts entschieden werden koumlnnte

6 Die Entscheidung die Steuer vorlaumlufig festzusetzen steht in saumlmtlichen Faumlllen des sect 165 Abs 1 AO im Ermessen der Finanzbehoumlrde Von der Moumlglichkeit eine Steuer nach sect 165 Abs 1 Satz 2 AO vorlaumlufig festzusetzen ist nur Gebrauch zu machen soweit die Finanzbehoumlrden hierzu durch BMF-Schreiben oder gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehoumlrden der Laumlnder angewiesen worden sind

7 Die Vorlaumlufigkeit ist auf die ungewissen Voraussetzungen zu beschraumlnken und zu begruumlnden Die Begruumlndung kann nachgeholt werden (sect 126 Abs 1 Nr 2 AO) Wird eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung geaumlndert so ist in dem neuen Steuerbescheid zu vermerken ob und inwieweit dieser weiterhin vorlaumlufigist oder fuumlr endguumlltig erklaumlrt wird Durch einen Vorlaumlufigkeitsvermerk im Aumlnderungsbescheid wird der Umfang der Vorlaumlufigkeit neu bestimmt (BFH-Urteil vom 19101999 IX R 2398 BStBl 2000 II S 282)

8 Soweit wegen der Frage der Vereinbarkeit einer Rechtsnorm mit dem Grundgesetz eine Steuer nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AO vorlaumlufig festgesetzt worden ist sind Steuerbescheide auch dann nach sect 165 Abs 2 AO zu aumlndern wenn das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesfinanzhof die streitige Frage dadurch entscheidet dass das Gericht die vom Vorlaumlufigkeitsvermerk erfasste Rechtsnorm entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung verfassungskonform so auslegt dass das betreffende Steuergesetz mit houmlherrangigem Recht vereinbar ist und diese Auslegung zu einer Steuerminderung fuumlhrt (BFH-Urteil vom 3092010 III R 3908 BStBl 2011 II S 11) Dies gilt auch wenn der Vorlaumlufigkeitsvermerk insoweit zusaumltzlich auf sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AO gestuumltzt war

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Soweit eine Steuer (auch) nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AO vorlaumlufig festgesetzt worden ist sind die Steuerbescheide (zudem) auch dann nach sect 165 Abs 2 AO zu aumlndern wenn der Bundesfinanzhof die vom Vorlaumlufigkeitsvermerk erfasste Rechtsnorm aufgrund einfachgesetzlicher Auslegung eines Steuergesetzes entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung auslegt diese Auslegung zu einer Steuerminderung fuumlhrt und dieses Urteil uumlber den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden ist

9 Die vorlaumlufige Steuerfestsetzung kann jederzeit fuumlr endguumlltig erklaumlrt werden Die Vorlaumlufigkeit bleibt bis dahin bestehen fuumlr den Ablauf der Festsetzungsfrist gilt sect 171 Abs 8 AO Wird die vorlaumlufige Steuerfestsetzung nach Beseitigung der Ungewissheit geaumlndert (sect 165 Abs 2 Satz 2 AO) sind im Rahmen des Aumlnderungsbetrages auch solche Fehler zu berichtigen die nicht mit dem Grund der Vorlaumlufigkeit zusammenhaumlngen (BFH-Urteil vom 232000 VI R 4897 BStBl II S 332)

10 In den Faumlllen des sect 165 Abs 1 Satz 2 AO ist eine Endguumlltigkeitserklaumlrung nicht erforderlich wenn sich die Steuerfestsetzung letztlich als zutreffend erweist und der Steuerpflichtige keine Entscheidung beantragt Die Vorlaumlufigkeit entfaumlllt in diesem Fall mit Ablauf der - ggf nach sect 171 Abs 8 Satz 2 AO verlaumlngerten - Festsetzungsfrist

11 Wird die vorlaumlufige Steuerfestsetzung auf Antrag des Steuerpflichtigen oder von Amts wegen fuumlrendguumlltig erklaumlrt oder wird der Vorlaumlufigkeitsvermerk in einem Aumlnderungsbescheid nicht wiederholt (vgl AEAO zu sect 165 Nr 7) kann gegen die insoweit nunmehr endguumlltige Steuerfestsetzung Einspruch eingelegt und ggf anschlieszligend Klage erhoben werden hinsichtlich der Auswirkungen der bisherigen Vorlaumlufigkeit der Steuerfestsetzung ergibt sich aus sect 351 Abs 1 AO keine Anfechtungsbeschraumlnkung (BFH-Urteil vom 3092010 III R 3908 BStBl 2011 II S 11) Der Umfang der Anfechtbarkeit bestimmt sich dabei nicht betragsmaumlszligig sondern in der Wirkung der fehlenden Bestandskraft der bisherigen Vorlaumlufigkeit In den Faumlllen der Vorlaumlufigkeit nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AO beschraumlnkt sich dieser Rechtsschutz dementsprechend auf die weitere verfassungsrechtliche Klaumlrung dieser Rechtsfrage (BFH-Urteil vom 3092010 III R 3908 aaO)

AEAO zu sect 167 - Steueranmeldung Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern

1 Die Selbstberechnung der Steuer (sect 150 Abs 1 Satz 3 AO) durch Steueranmeldung ist gesetzlich insbesondere vorgeschrieben fuumlr die Umsatzsteuer (Voranmeldung und Jahreserklaumlrung - sect 18 UStG) die Lohnsteuer (sect 41a EStG) die Kapitalertragsteuer (sect 45a EStG) den Steuerabzug nach sect 48 iVm sect 48a EStG oder nach sect 50a EStG die Versicherungsteuer (sect 8 VersStG) die Wettsteuer (sect 18 RennwLottAB) und fuumlr die Feuerschutzsteuer (sect 8 FeuerSchStG) Die Steueranmeldung ist Steuererklaumlrung iSd sect 150 AO Wegen der Wirkung einer Steueranmeldung siehe sect 168 AO

2 Eine Steueranmeldung iSd AO liegt nicht vor wenn ein Gesetz zwar die Selbstberechnung der Steuer durch den Steuerpflichtigen vorschreibt daneben aber eine foumlrmliche Steuerfestsetzung vorsieht zB sect 9 KraftStDV

3 Das Anerkenntnis des zum Steuerabzug Verpflichteten insbesondere des Arbeitgebers hinsichtlich der Lohnsteuer steht einer Steueranmeldung und damit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung gleich (sect 167 Abs 1 Satz 3 sect 168 Satz 1 AO) Es ist deshalb nicht erforderlich gegen ihn einen Haftungsbescheid zu erlassen wenn er seiner Zahlungsverpflichtung aus dem Anerkenntnis nicht nachkommen will Der Entrichtungspflichtige kann sein Zahlungsanerkenntnis nur mit Zustimmung der Finanzbehoumlrde aumlndern oder widerrufen Nach einer abschlieszligenden Pruumlfung des Steuerfalls ist der Vorbehalt der Nachpruumlfung durch besonderen Bescheid aufzuheben (sect 164 Abs 2 und 3 AO)

4 Steueranmeldungen sind bei dem fuumlr die Besteuerung zustaumlndigen Finanzamt abzugeben Es treten aber keine Verspaumltungsfolgen ein wenn der Steuerpflichtige die Steueranmeldung und den Scheck fristgemaumlszlig bei dem fuumlr die Steuererhebung zustaumlndigen Finanzamt einreicht

5 Gibt jemand (zB ein Arbeitgeber) trotz seiner gesetzlichen Verpflichtung Steuern fuumlr Rechnung eines Dritten einzubehalten anzumelden und abzufuumlhren keine Steueranmeldung ab so kann gegen ihn ein Steuerbescheid aufgrund einer Schaumltzung ergehen Die Moumlglichkeit einen Haftungsbescheid zu erlassen steht dem nicht entgegen (vgl BFH-Urteil vom 772004 VI R 17100 BStBl II S 1087)

AEAO zu sect 168 - Wirkung einer Steueranmeldung

1 Eine Steueranmeldung die nicht zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuerverguumltung fuumlhrt hat mit ihrem Eingang bei der Finanzbehoumlrde die Wirkung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung Wegen der daraus sich ergebenden Folgen vgl AEAO zu sect 164 AO

Die faumlllige Steuer ist ohne besonderes Leistungsgebot nach Eingang der Anmeldung vollstreckbar (sect 249 Abs 1 sect 254 Abs 1 Satz 4 AO)

2 Eine erstmalige Steueranmeldung die zu einer Steuerverguumltung fuumlhrt (zB Vorsteueruumlberschuss) wirkt erst dann als Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung wenn dem Steuerpflichtigen die Zustimmung der Finanzbehoumlrde bekannt wird (sect 168 Satz 2 AO BFH-Urteil vom 2821996 XI R 4294 BStBl II S 660) Bis dahin ist sie als Antrag auf Steuerfestsetzung (sect 155 Abs 1 und 4 AO) anzusehen

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3 Auch eine berichtigte Steueranmeldung die zu einer Herabsetzung der bisher angemeldeten Steuer (Mindersoll) oder zu einer Erhoumlhung der bisher angemeldeten Steuerverguumltung fuumlhrt wirkt erst dann als Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung wenn dem Steuerpflichtigen die Zustimmung derFinanzbehoumlrde bekannt wird Bis dahin ist sie als Antrag auf Aumlnderung der Steuerfestsetzung nach sect 164 Abs 2 Satz 2 AO zu behandeln Wegen der Aumlnderung einer nicht mehr unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung stehenden Steuerfestsetzung vgl AEAO zu sect 168 Nr 12

4 Die kassenmaumlszligige Sollstellung eines Rotbetrags ist keine Zustimmung zur Anmeldung iSd sect 168 Satz 2 AO sie darf dem Anmeldenden nicht mitgeteilt werden Wird der Steuerpflichtige schriftlich bzw elektronisch uumlber die Zustimmung unterrichtet (zB zusammen mit einer Abrechnungsmitteilung) ist grundsaumltzlich davon auszugehen dass ihm die Zustimmung am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bzw nach der Absendung bekannt geworden ist Zur Faumllligkeit der Erstattung vgl AEAO zu sect 220 AO

5 Die Abgabe einer berichtigten Anmeldung mit Mindersoll hat keine Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Faumllligkeit des urspruumlnglich angemeldeten Betrages Ebenso bleiben auf der Grundlage der urspruumlnglichen Steueranmeldung entstandene Saumlumniszuschlaumlge unberuumlhrt (sect 240 Abs 1 Satz 4 AO)

6 Will die Finanzbehoumlrde von der angemeldeten Steuer abweichen so ist eine Steuerfestsetzung vorzunehmen und daruumlber ein Steuerbescheid zu erteilen Die abweichende Festsetzung kann unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung oder unter den Voraussetzungen des sect 165 AO vorlaumlufig vorgenommen werden

7 Nach sect 18 Abs 2 UStG ist die fuumlr einen Voranmeldungszeitraum errechnete Umsatzsteuer eine Vorauszahlung Wird eine abweichende USt-Festsetzung durchgefuumlhrt steht diese als Vorauszahlungsbescheid nach sect 164 Abs 1 Satz 2 AO kraft Gesetzes unter Vorbehalt der Nachpruumlfung Dies gilt nicht bei einer von einer USt-Jahreserklaumlrung abweichenden Festsetzung in diesen Faumlllen muss die Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung besonders angeordnet und im Bescheid vermerkt werden (BFH-Urteil vom 2121999 V R 1999 BStBl 2000 II S 284)

8 Ergibt sich durch die anderweitige Festsetzung eine houmlhere Zahllast als angemeldet ist fuumlr den nachzuzahlenden Differenzbetrag eine Zahlungsfrist einzuraumlumen (sect 220 Abs 2) Auf sect 18 Abs 4 UStG wird hingewiesen Liegt der abweichenden Festsetzung eine Steueranmeldung mit Steuerverguumltung oder Mindersoll zugrunde so ist Faumllligkeitstag des gesamten Erstattungsbetrags der Tag der Bekanntgabe der anderweitigen Festsetzung (sect 220 Abs 2 AO)

9 Aus Vereinfachungsgruumlnden kann bei Steueranmeldungen die zu einer Steuerverguumltung oder zu einem Mindersoll fuumlhren die Zustimmung allgemein erteilt werden Auch in diesem Fall stehen die Anmeldungen erst dann einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung gleich wenn dem Steuerpflichtigen die Zustimmung bekannt wird Wird der Steuerpflichtige schriftlich bzw elektronisch uumlber die Zustimmung unterrichtet (zB zusammen mit einer Abrechnungsmitteilung) ist grundsaumltzlich davon auszugehen dass ihm die Zustimmung am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bzw nach der Absendung bekannt geworden ist

10 In den Faumlllen in denen keine allgemeine Zustimmung erteilt wird ist uumlber die Zustimmung oder Festsetzung alsbald zu entscheiden Auf die Bearbeitung in angemessener Zeit bzw auf die rechtzeitige Mitteilung von Hinderungsgruumlnden ist angesichts sect 347 Abs 1 Satz 2 AO besonders zu achten

11 Wird die Zustimmung zur Steueranmeldung nicht erteilt so ist der Antrag des Steuerpflichtigen auf Steuerfestsetzung (vgl AEAO zu sect 168 Nr 2) bzw auf Aumlnderung der Steuerfestsetzung nach sect 164 Abs 2 Satz 2 AO (vgl AEAO zu sect 168 Nr 3) durch Bescheid abzulehnen (sect 155 Abs 1 Satz 3 AO)

12 Fuumlhrt die berichtigte Anmeldung zu einer houmlheren Steuer oder zu einem geringeren Verguumltungsbetrag gilt Folgendes

- Steht die bisherige Steuerfestsetzung noch unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung bedarf es keiner Zustimmung der Finanzbehoumlrde die berichtigte Steueranmeldung steht bereits mit ihrem Eingang bei der Finanzbehoumlrde einer nach sect 164 Abs 2 AO geaumlnderten Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung gleich

- Steht die bisherige Steuerfestsetzung nicht oder nicht mehr unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung ist ein nach sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO geaumlnderter Bescheid zu erteilen

Zu pruumlfen ist ob die berichtigte Anmeldung eine Selbstanzeige (sect 371 AO) ist Wegen der Verlaumlngerung der Festsetzungsfrist Hinweis auf sect 171 Abs 9 AO

13 Eine Steueranmeldung die - ggf nach Zustimmung - einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung gleichsteht kann mit dem Einspruch angefochten werden (sect 347 Abs 1 Satz 1 AO) Wegen des Beginns der Einspruchsfrist wird auf sect 355 Abs 1 Satz 2 AO wegen des Beginns der Zahlungsverjaumlhrung auf sect 229 AO hingewiesen

AEAO vor sectsect 169 bis 171 - Festsetzungsverjaumlhrung

1 Durch Verjaumlhrung erloumlschen allgemein Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (sect 47 AO)

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Das Gesetz unterscheidet zwischen der Festsetzungsverjaumlhrung (sectsect 169 bis 171 AO) und der Zahlungsverjaumlhrung (sectsect 228 bis 232 AO)

2 Die Finanzbehoumlrde darf die Festsetzung von Steuern von Erstattungs- oder Verguumltungsanspruumlchen nurvornehmen soweit die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist Dies gilt auch fuumlr Aumlnderungen oder Aufhebungen von Steuerfestsetzungen sowie Berichtigungen wegen offenbarer Unrichtigkeit gleichguumlltig ob zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen Mit Ablauf der Festsetzungsfrist sind Anspruumlche des Steuerglaumlubigers aber auch Anspruumlche des Erstattungsberechtigten erloschen Zur Berichtigung (teil-)verjaumlhrter Steueranspruumlche im Zusammenhang mit einer Aufhebung Aumlnderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung wegen offenbarer Unrichtigkeit vgl AEAO zu sect 177 Nr 1

3 Eine Festsetzung usw die erst nach Eintritt der Festsetzungsverjaumlhrung erfolgt ist nicht nichtig (sect 125 Abs 1 AO) sondern nur anfechtbar erwaumlchst also ggf in Bestandskraft der Bescheid ist auch vollstreckbar

4 Die Festsetzungsverjaumlhrung schlieszligt Ermittlungshandlungen der Finanzbehoumlrde im Einzelfall (sectsect 88 92 ff 193 ff 208 Abs 1 Nr 2 AO) nicht aus (vgl BFH-Urteil vom 2371985 VIII R 4885 BStBl 1986 II S 433)

5 Die Bestimmungen uumlber die Festsetzungsverjaumlhrung gelten sinngemaumlszlig auch fuumlr die Festsetzung von Steuermessbetraumlgen (sect 184 Abs 1 AO) und fuumlr die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (sect 181 Abs 1 AO) sowie bei allen Festsetzungen fuumlr die die Vorschriften uumlber das Steuerfestsetzungsverfahren anzuwenden sind (s sect 155 AO) Auf steuerliche Nebenleistungen (sect 3 Abs 4 AO) finden sie nur Anwendung wenn dies besonders vorgeschrieben ist (sect 1 Abs 3 Satz 2 AO) wie zB bei Zinsen (sect 239 AO) Fuumlr die Kosten der Vollstreckung gilt die besondere Regelung des sect 346 AO

6 Fuumlr Verspaumltungszuschlaumlge (sect 152 AO) fehlt dagegen eine entsprechende Bestimmung (vgl AEAO zu sect 169 Nr 5 AO) Saumlumniszuschlaumlge (sect 240 AO) entstehen kraft Gesetzes sie unterliegen allein der Zahlungsverjaumlhrung (sectsect 228 ff AO)

AEAO zu sect 169 - Festsetzungsfrist

1 Die Festsetzungsfrist nach sect 169 Abs 1 Satz 3 Nr 1 AO ist nur gewahrt wenn der vor Ablauf der Frist zur Post gegebene bdquoSteuerbescheidldquo dem Empfaumlnger nach Fristablauf tatsaumlchlich zugeht (vgl Beschluss des Groszligen Senats des BFH vom 25112002 GrS 201 BStBl 2003 II S 548)

Zu den fuumlr die Steuerfestsetzung zustaumlndigen Finanzbehoumlrden sind auch die fuumlr die Finanzbehoumlrden arbeitenden Rechenzentren (sectsect 2 und 17 FVG) zu zaumlhlen wenn sie die Absendung an den Steuerpflichtigen vornehmen

Bei Steuermessbescheiden wird die Frist allein durch die Absendung der Mitteilungen an die Gemeinde (sect 184 Abs 3 AO) nicht gewahrt Die fristgerechte Absendung der Messbescheide ist Aufgabe der Gemeinden die insoweit fuumlr die Finanzbehoumlrden handeln

2 Die Festsetzungsfrist verlaumlngert sich auf zehn Jahre soweit eine Steuer hinterzogen und auf fuumlnf Jahre soweit die Steuer leichtfertig verkuumlrzt worden ist (sect 169 Abs 2 Satz 2 AO)

21 Zur Frage der Feststellung ob Steuern hinterzogen worden sind vgl AEAO zu sect 71 Entsprechendes gilt bezuumlglich leichtfertig verkuumlrzter Steuern

22 Die Verlaumlngerung der Festsetzungsfrist fuumlr hinterzogene oder leichtfertig verkuumlrzte Steuern verlaumlngert nicht die Wirksamkeit eines Vorbehalts der Nachpruumlfung (vgl AEAO zu sect 164 Nr 7) sect 169 Abs 2 Satz 2 AO ist auch dann anzuwenden wenn der Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung ergangen ist sect 164 Abs 4 Satz 2 AO regelt lediglich dass sect 169 Abs 2 Satz 2 und sect 171 Abs 7 8 und 10 AO bei Bestimmung des Ablaufs der fuumlr sect 164 Abs 4 Satz 1 AO maszliggeblichen Frist nicht anzuwenden sind

3 Wegen der Frist fuumlr die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Feststellungsfrist) Hinweis auf sect 181 Abs 3 AO Fuumlr den Erlass von Haftungsbescheiden wird auf sect 191 Abs 3 AO hingewiesen

4 Bei Zinsen und Kosten der Vollstreckung betraumlgt die Festsetzungsfrist jeweils ein Jahr (sectsect 239 und 346 AO)

5 Verspaumltungszuschlaumlge unterliegen nicht der Festsetzungsverjaumlhrung (vgl AEAO vor sectsect 169 bis 171 Nr 2) Von der erstmaligen Festsetzung eines Verspaumltungszuschlags ist jedoch grundsaumltzlich abzusehen wenn die Festsetzungsfrist fuumlr die Steuer abgelaufen ist (vgl AEAO vor sect 152 Nr 3) Wird aber ein bereits vor Ablauf der fuumlr die Steuer geltenden Festsetzungsfrist festgesetzter Verspaumltungszuschlag nur aus formellen Gruumlnden oder aufgrund einer fehlerhaften Ermessensausuumlbung bezuumlglich seiner Houmlhe aufgehoben ist die Festsetzung eines Verspaumltungszuschlags auch nach Ablauf der fuumlr die Steuer geltenden Festsetzungsfrist zulaumlssig

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AEAO zu sect 170 - Beginn der Festsetzungsfrist

1 Fuumlr den Beginn der Festsetzungsfrist kommt es darauf an wann die Steuer (sect 37 AO) entstanden ist Der Zeitpunkt der Entstehung der Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis ist in sect 38 AO und in den Einzelsteuergesetzen (vgl AEAO zu sect 38 Nr1) geregelt Die Anlaufhemmung (sect 170 Abs 2 bis 6 AO) schiebt den Beginn der Festsetzungsfrist hinaus

2 Wegen des Beginns der Frist fuumlr die gesonderte Feststellung von Einheitswerten Hinweis auf sect 181 Abs 3 und 4 AO Fuumlr Haftungsbescheide gilt sect 191 Abs 3 AO Bei Zinsen und Kosten der Vollstreckung ergibt sich der Beginn der Festsetzungsfrist aus sect 239 Abs 1 Satz 2 bzw sect 346 Abs 2 Satz 2 AO Hinsichtlich der Verspaumltungszuschlaumlge vgl AEAO zu sect 169 Nr 5

3 Die Anlaufhemmung nach sect 170 Abs 2 AO gilt fuumlr saumlmtliche Besitz- und Verkehrsteuern fuumlr die auf Grund allgemeiner gesetzlicher Vorschrift (zB sect 181 Abs 2 AO sect 25 EStG sect 14a GewStG sect 31 KStG sect 18 UStG sect 31 ErbStG) oder auf Grund einer Aufforderung der Finanzbehoumlrde (sect 149 Abs 1 Satz 2 AO) eine Steuererklaumlrung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist gesetzliche Vorschrift ist auch eine Rechtsverordnung (sect 4 AO) Eine Berichtigungsanzeige nach sect 153 Abs 1 AO loumlst allerdings keine Anlaufhemmung aus (vgl BFH-Urteil vom 2211997 II B 4096 BStBl II S 266)

Ist der Steuerpflichtige berechtigt aber nicht verpflichtet eine Steuererklaumlrung abzugeben wie z B bei der Antragsveranlagung nach sect 46 Abs 2 Nr 8 EStG greift die Anlaufhemmung nach sect 170 Absatz 2 Satz 1 Nr 1 AO nicht (BFH-Urteil vom 1442011 VI R 5310 BStBl II S 746) Die Anlaufhemmung greift auch dann nicht wenn eine behoumlrdliche Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklaumlrung dem Steuerpflichtigen erst nach dem Ablauf der Festsetzungsfrist des sect 169 Abs 2 AO zugeht oder eine Pflichtveranlagung begruumlndende Steuererklaumlrung erst nach dem Ablauf der Festsetzungsfrist des sect 169 Abs 2 AO abgegeben wird (BFH-Urteil vom 2832012 VI R 6810 BStBl II S 711)

AEAO zu sect 171 - Ablaufhemmung

1 Die Ablaufhemmung schiebt das Ende der Festsetzungsfrist hinaus Die Festsetzungsfrist endet in diesen Faumlllen meist nicht - wie im Normalfall - am Ende sondern im Laufe eines Kalenderjahres Wegen der Fristberechnung Hinweis auf sect 108 AO

2 Eine Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 3 AO setzt voraus dass der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist einen Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Korrektur einer Steuerfestsetzung stellt Ist innerhalb der Festsetzungsfrist kein Antrag des Steuerpflichtigen eingegangen kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach sect 110 Abs 1 AO mit dem Ziel einer ruumlckwirkenden Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 3 AO gewaumlhrt werden (vgl BFH-Urteil vom 2412008 VII R 307 BStBl II S 462)

Antraumlge auf Billigkeitsmaszlignahmen nach sectsect 163 oder 227 AO hemmen den Fristablauf nicht nach sect 171 Abs 3 AO eine Billigkeitsentscheidung nach sect 163 AO bewirkt aber als Grundlagenbescheid eine Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 10 AO (vgl BFH-Urteil vom 2192000 IV R 5499 BStBl 2001 II S 178)

Die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklaumlrung kann fuumlr sich allein eine Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 3 AO grundsaumltzlich nicht herbeifuumlhren (BFH-Urteil vom 1861991 VIII R 5489 BStBl 1992 II S 124 und BFH-Beschluss vom 1321995 V B 9594 BFHNV S 756) Dies gilt hinsichtlicheiner Umsatzsteuererklaumlrung auch dann wenn mit ihr ein Anspruch auf Auszahlung eines Uumlberschusses geltend gemacht wird (BFH-Urteil vom 1151995 V R 13693 BFHNV 1996 S 1) Auch in der Kombination von Erklaumlrungseinreichung und damit im Zusammenhang stehender Antragstellung (auf Durchfuumlhrung einer Festsetzung oder Feststellung) kann kein Antrag iSd sect 171 Abs 3 AO gesehen werden (BFH-Urteil vom 1552013 IX R 511 BStBl II S 143)

Selbstanzeigen (sectsect 371 378 Abs 3 AO) und Berichtigungserklaumlrungen (sect 153 AO) loumlsen keine Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 3 AO aus sie bewirken ausschlieszliglich eine Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 9 AO (vgl BFH-Urteil vom 872009 VIII R 507 BStBl 2010 II S 583)

2a Die Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 3a AO tritt auch dann ein wenn nach Ablauf der Festsetzungsfrist ein zulaumlssiger Rechtsbehelf eingelegt wird (sect 171 Abs 3a Satz 1 2 Halbsatz AO) Dies gilt auch dann wenn der Rechtsbehelf nach Gewaumlhrung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als fristgerecht zu behandeln ist die Grundsaumltze des BFH-Urteils vom 2412008 VII R 307 aaO (vgl AEAO zu sect 171 Nr 2) sind auf diesen Fall nicht uumlbertragbar

sect 171 Abs 3a Satz 3 AO hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist nur im Falle der gerichtlichen Kassation eines angefochtenen Bescheids (vgl BFH-Urteil vom 5102004 VII R 7703 BStBl 2005 II S 122 fuumlr Haftungsbescheide) Diese Ablaufhemmung gilt nicht im Fall der Aufhebung des Bescheids durch die Finanzbehoumlrde denn mit der Aufhebung eines Bescheids verliert er seine ablaufhemmende Wirkung Hebt die Finanzbehoumlrde allerdings in einem Verwaltungsakt den angefochtenen Bescheid unter gleichzeitigem Erlass eines neuen Bescheids auf ist der neue Bescheid noch innerhalb der nach sect 171 Abs 3a Satz 1 AO gehemmten Festsetzungsfrist ergangen (vgl BFH-Urteil vom 5102004 VII R 1803 BStBl 2005 II S 323 fuumlr Haftungsbescheide)

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3 Ablaufhemmung wegen Beginn einer Auszligenpruumlfung (sect 171 Abs 4 AO)

31 Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird durch den Beginn einer Auszligenpruumlfung (vgl AEAO zu sect 198 Nrn 1 und 2) hinausgeschoben (sect 171 Abs 4 AO) Die Ablaufhemmung tritt nicht ein wenn eine zugrunde liegende Pruumlfungsanordnung unwirksam ist (BFH-Urteile vom 1041987 III R 20283 BStBl 1988 II S 165 und vom 1791992 V R 1786 BFHNV 1993 S 279)

32 Eine Auszligenpruumlfung hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist nur fuumlr Steuern auf die sich die Pruumlfungsanordnung erstreckt (BFH-Urteile vom 1871991 V R 5487 BStBl II S 824 und vom 2511996 V R 4295 BStBl II S 338) Wird die Auszligenpruumlfung spaumlter auf bisher nicht einbezogene Steuern ausgedehnt ist die Ablaufhemmung nur wirksam soweit vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Pruumlfungsanordnung erlassen (vgl AEAO zu sect 196 Nr 5) und mit der Auszligenpruumlfung auch insoweit ernsthaft begonnen wird (BFH-Urteil vom 221994 I R 5793 BStBl II S 377)

33 Bei einem Antrag des Steuerpflichtigen auf Verschiebung des Pruumlfungsbeginns (sect 197 Absatz 2 AO) wird der Ablauf der Festsetzungsfrist nach sect 171 Absatz 4 Satz 1 2 Alternative AO nur gehemmt wenn dieser Antrag fuumlr die Verschiebung ursaumlchlich war Wird der Beginn der Auszligenpruumlfung nicht maszliggeblich aufgrund eines Antrags des Steuerpflichtigen sondern aufgrund eigener Belange der Finanzbehoumlrde bzw aus innerhalb deren Sphaumlre liegenden Gruumlnden hinausgeschoben laumluft die Festsetzungsfrist ungeachtet des Antrags ab

331 Bei einem vom Steuerpflichtigen gestellten Antrag auf zeitlich befristetes Hinausschieben des Beginns der Auszligenpruumlfung entfaumlllt die Ablaufhemmung nach sect 171 Absatz 4 Satz 1 2 Alternative AO ruumlckwirkend wenn die Finanzbehoumlrde nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags mit der Pruumlfung beginnt (vgl BFH-Urteil vom 1732010 IV R 5407 BStBl 2011 II S 7)

Die Ablaufhemmung entfaumlllt dagegen nicht wenn der Steuerpflichtige einen unbefristeten bzw zeitlich unbestimmten Antrag gestellt hat also bspw beantragt hat wegen einer noch andauernden Vor-Betriebspruumlfung zunaumlchst deren Abschluss abzuwarten

332 Enthaumllt der Antrag des Steuerpflichtigen auf Verschiebung des Pruumlfungsbeginns keine zeitlichen Vorgaben (Antrag auf unbefristetes Hinausschieben) endet die Festsetzungsfrist mit Ablauf von zwei Jahren nachdem der Hinderungsgrund beseitigt ist und die Finanzbehoumlrde hiervon Kenntnis hat sofern nicht zuvor mit der Pruumlfung begonnen wurde (vgl BFH-Urteil vom 122012 I R 1811 BStBl II S 400)

34 Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird auch gehemmt wenn der Steuerpflichtige die Pruumlfungsanordnung angefochten hat und deren Vollziehung ausgesetzt wurde (vgl BFH-Urteile vom 2511989 X R 15887 BStBl II S 483 und vom 1761998 IX R 6595 BStBl 1999 II S 4) Dies gilt unabhaumlngig von der Dauer der Aussetzung der Vollziehung

35 Ermittlungen iSd sect 171 Abs 4 Satz 3 AO sind nur diejenigen Maszlignahmen eines Betriebspruumlfers die darauf gerichtet sind Besteuerungsgrundlagen zu uumlberpruumlfen oder bisher noch nicht bekannte Sachverhaltselemente festzustellen etwa indem der Pruumlfer Unterlagen anfordert den Steuerpflichtigen in irgendeiner anderen Weise zur Mitwirkung auffordert oder vom Steuerpflichtigen nachgereichte Unterlagen auswertet (vgl BFH-Urteil vom 2862011 VIII R 609 BFHNV S 1830) Die Zusammenstellung des Pruumlfungsergebnisses im Pruumlfungsbericht stellt keine den Ablauf der Festsetzungsfrist hinausschiebende Ermittlungshandlung dar (BFH-Urteil vom 872009 XI R 6407 BStBl 2010 II S 4)

4 Die Ablaufhemmung des sect 171 Abs 5 AO bei Ermittlungen der Steuerfahndung (Zollfahndung) umfasst - anders als im Fall des sect 171 Abs 4 AO - nicht den gesamten Steueranspruch vielmehr tritt die Hemmung nur in dem Umfang ein in dem sich die Ergebnisse der Ermittlungen auf die festzusetzende Steuer auswirken (BFH-Urteil vom 1441999 XI R 3096 BStBl II S 478)

5 Bei einer vorlaumlufigen Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 1 AO endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nachdem die Finanzbehoumlrde von der Beseitigung der Ungewissheit Kenntnis erhalten hat (sect 171 Abs 8 Satz 1 AO) Bei einer vorlaumlufigen Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 2 AO endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nachdem die Finanzbehoumlrde von der Beseitigung der Ungewissheit Kenntnis erlangt hat (sect 171 Abs 8 Satz 2 AO) Die Ablaufhemmung beschraumlnkt sich dabei auf den fuumlr vorlaumlufig erklaumlrten Teil der Steuerfestsetzung

Eine Ungewissheit die Anlass fuumlr eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung war ist beseitigt wenn die Tatbestandsmerkmale fuumlr die endguumlltige Steuerfestsetzung feststellbar sind bdquoKenntnisldquo iSd sect 171 Abs 8 AO verlangt positive Kenntnis der Finanzbehoumlrde von der Beseitigung der Ungewissheit ein bdquoKennen-muumlssenldquo von Tatsachen steht der Kenntnis nicht gleich (BFH-Urteil vom 2681992 II R 10790 BStBl 1993 II S 5)

6 sect 171 Abs 10 Satz 1 AO gewaumlhrt eine maximale Anpassungsfrist von zwei Jahren nach Bekanntgabe eines Grundlagenbescheids (vgl BFH-Urteil vom 1912005 X R 1404 BStBl II S 242) Der Zeitpunkt des Zugangs der verwaltungsinternen Mitteilung uumlber den Grundlagenbescheid bei der fuumlr den Erlass des Folgebescheids zustaumlndigen Finanzbehoumlrde ist fuumlr die Fristbestimmung ebenso unbeachtlich wie der Zeitpunkt an dem der Grundlagenbescheid unanfechtbar geworden ist Eine Anfechtung des Grundlagenbescheids fuumlhrt lediglich zur Hemmung der Feststellungsfrist (sect 181 Abs 1 Satz 1 iVm

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sect 171 Abs 3a AO) nicht aber zur Hemmung der Festsetzungsfrist der Folgebescheide (vgl BFH-Urteil vom 1912005 X R 1404 aaO)

61 Werden Feststellungen im Grundlagenbescheid in einem Feststellungs- Einspruchs- oder Klageverfahren geaumlndert fuumlhrt dies zu einer erneuten Anpassungspflicht nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO und damit wiederum zu einer Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 10 Satz 1 AO Dagegen setzt ein Grundlagenbescheid der einen gleichartigen dem Inhaltsadressaten wirksam bekannt gegebenen Steuerverwaltungsakt in seinem verbindlichen Regelungsgehalt lediglich wiederholt oder eine Einspruchs- oder Gerichtsentscheidung die einen Grundlagenbescheid lediglich bestaumltigt keine neue Zwei-Jahresfrist in Lauf (vgl BFH-Urteile vom 13122000 X R 4296 BStBl 2001 II S 471 und vom 1912005 X R 1404 aaO)

62 Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachpruumlfung eines Grundlagenbescheids steht dem Erlass eines geaumlnderten Grundlagenbescheids gleich Sie setzt daher die Zwei-Jahresfrist des sect 171 Abs 10 Satz 1 AO in Lauf Dies gilt auch dann wenn der Vorbehalt der Nachpruumlfung hinsichtlich des Grundlagenbescheids aufgehoben wird ohne dass eine sachliche Aumlnderung des Grundlagenbescheids erfolgt (BFH-Urteil vom 1141995 III B 7492 BFHNV S 943) Soweit ein Folgebescheid den nunmehr endguumlltigen Grundlagenbescheid noch nicht beruumlcksichtigt hat muss er selbst dann nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO korrigiert werden wenn der Vorbehalt der Nachpruumlfung des Grundlagenbescheidsaufgehoben wurde ohne dass eine sachliche Aumlnderung des Grundlagenbescheids erfolgt

63 Die Festsetzungsfrist fuumlr einen Folgebescheid laumluft nach sect 171 Abs 10 Satz 2 AO nicht ab solange der Ablauf der Festsetzungsfrist des von der Bindungswirkung nicht erfassten Teils der Steuer aufgrund einer Auszligenpruumlfung nach sect 171 Abs 4 AO gehemmt ist Diese Regelung ermoumlglicht es die Anpassung des Folgebescheids an einen Grundlagenbescheid (sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO) und die Auswertung der Ergebnisse der Auszligenpruumlfung zusammenzufassen

64 Bei der Entscheidung ob eine gesonderte Feststellung durchgefuumlhrt oder geaumlndert werden kann ist die Frage der Verjaumlhrung der von der Feststellung abhaumlngigen Steuern nicht zu pruumlfen Ist die Feststellungsfrist bereits abgelaufen die Steuerfestsetzung in einem Folgebescheid aber noch zulaumlssig so gilt sect 181 Abs 5 AO

65 Beispiele zur Anwendung des sect 171 Abs 10 Satz 1 AO1

Beispiel 1

Bei der im Jahr 03 durchgefuumlhrten ESt-Veranlagung 01 (Abgabe der Steuererklaumlrung im Jahr 03) wurden die Beteiligungseinkuumlnfte in erklaumlrter Houmlhe beruumlcksichtigt Ein von den erklaumlrten Werten abweichender Grundlagenbescheid wird am 4406 bekannt gegeben

Loumlsung

Obgleich die allgemeine Festsetzungsfrist gem sect 170 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AO mit Ablauf des 311207 endet kann eine Anpassung des ESt-Bescheids 01 an den Grundlagenbescheid gem sect 171 Abs 10 Satz 1 AO bis zum Ablauf des 4408 erfolgen da insoweit die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids endet

Beispiel 2

Wie Beispiel 1 allerdings wird der Grundlagenbescheid am 4405 bekannt gegeben

Loumlsung

Eine Anpassung des ESt-Bescheids kann bis zum Ablauf der allgemeinen Festsetzungsfrist am 311207 erfolgen Ohne Bedeutung ist dass die Zwei-Jahresfrist des sect 171 Abs 10 Satz 1 AO bereits mit Ablauf des 4407 endet

Beispiel 3

Wie Beispiel 1 die Bekanntgabe des Grundlagenbescheids erfolgt in offener Feststellungsfrist jedoch nach Ablauf der allgemeinen Festsetzungsfrist am 4408

Loumlsung

Eine Anpassung des ESt-Bescheids 01 an den Grundlagenbescheid ist gem sect 171 Abs 10 Satz 1 AO bis zum Ablauf des 4410 moumlglich da die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids endet

7 sect 171 Abs 14 AO verlaumlngert die Festsetzungsfrist bis zum Ablauf der Zahlungsverjaumlhrung fuumlr die Erstattung von rechtsgrundlos gezahlten Steuern Die Finanzbehoumlrde kann daher Steuerfestsetzungen die wegen Bekanntgabemaumlngeln unwirksam waren oder deren wirksame Bekanntgabe die Finanzbehoumlrde nicht nachweisen kann (vgl sect 122 Abs 2 Halbsatz 2 AO) noch nach Ablauf der

1 Es wird unterstellt dass kein Fristende auf einen Sonntag einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend faumlllt 134

regulaumlren Festsetzungsfrist nachholen soweit die Zahlungsverjaumlhrungsfrist fuumlr die bisher geleisteten Zahlungen noch nicht abgelaufen ist (vgl BFH-Urteil vom 1332001 VIII R 3700 BStBl II S 430)

AEAO vor sectsect 172 bis 177 - Bestandskraft

1 Die sectsect 172 ff AO regeln die Durchbrechung der materiellen Bestandskraft (Verbindlichkeit einer Verwaltungsentscheidung) Sie ist von der formellen Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) zu unterscheiden Diese liegt vor soweit ein Verwaltungsakt nicht oder nicht mehr mit Rechtsbehelfen angefochten werden kann Unanfechtbarkeit bedeutet nicht Unabaumlnderbarkeit Dementsprechend koumlnnen auch Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung unanfechtbar werden (vgl BFH-Urteil vom 19121985 V R 16782 BStBl 1986 II S 420)

2 Die Vorschriften uumlber die materielle Bestandskraft gelten fuumlr Steuerfestsetzungen iSd sect 155 AO sowie fuumlr alle Festsetzungen fuumlr die die Vorschriften uumlber das Steuerfestsetzungsverfahren anzuwenden sind Keine Anwendung finden sie bei der Ruumlcknahme eines rechtswidrigen und dem Widerruf eines rechtmaumlszligigen beguumlnstigenden oder nicht beguumlnstigenden sonstigen Verwaltungsakts (vgl AEAO vor sectsect 130 131)

3 Die materielle Bestandskraft wird nur durchbrochen soweit es das Gesetz zulaumlsst Die Zulaumlssigkeit ergibt sich nicht nur aus der AO selbst (zB sectsect 164 165 172 bis 175a AO) sondern auch aus anderen Steuergesetzen (zB sect 10d Abs 1 EStG sect 35b GewStG sectsect 24 und 24a BewG sect 20 GrStG)

4 Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachpruumlfung sowie Vorauszahlungsbescheide (sect 164 Abs 1 Satz 2 AO) und Steueranmeldungen (sect 150 Abs 1 Satz 2 sect 168 AO) die kraft Gesetzes unter Vorbehalt der Nachpruumlfung stehen sind unabhaumlngig von der formellen Bestandskraft nach sect 164 Abs 2 AO dem Umfang nach uneingeschraumlnkt aumlnderbar solange der Vorbehalt nicht aufgehoben worden oder entfallen ist sect 176 AO bleibt unberuumlhrt

5 Wegen der Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten Hinweis auf sect 129 AO

6 Zeitlich ist die Aufhebung Aumlnderung oder Berichtigung einer Steuerfestsetzung nur innerhalb der Festsetzungsfrist zulaumlssig (sect 169 AO)

7 Bei Aumlnderung oder Berichtigung von Steuerfestsetzungen sind die Vorschriften der KBV zu beachten

8 Ein steuerliches Wahlrecht liegt vor wenn ein Steuergesetz fuumlr einen bestimmten Tatbestand -ausnahmsweise - mehr als eine Rechtsfolge vorsieht und es dem Steuerpflichtigen uumlberlassen bleibt sich fuumlr eine dieser Rechtsfolgen zu entscheiden Uumlbt der Steuerpflichtige dieses Wahlrecht nicht oder nicht wirksam aus tritt die vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehene Rechtsfolge ein

Die Ausuumlbung des Wahlrechts (bdquoAntragldquo) ist eine empfangsbeduumlrftige Willenserklaumlrung Soweit im Gesetz keine besondere Form (zB Schriftform oder amtlicher Vordruck vgl sect 13a Abs 2 Satz 3 EStG sect 4a Abs 1 UStG) vorgeschrieben ist kann das Wahlrecht auch durch schluumlssiges Verhalten ausgeuumlbt werden (vgl BFH-Urteil vom 11121997 V R 5094 BStBl 1998 II S 420)

Setzt die Ausuumlbung des Wahlrechts die Zustimmung des Finanzamtes oder Dritter (vgl sect 10 Abs 1 Nr 1 EStG) voraus treten die Rechtswirkungen der vom Steuerpflichtigen getroffenen Wahl erst mit dieser Zustimmungserklaumlrung ein Dies gilt entsprechend wenn das Wahlrecht von mehreren Steuerpflichtigen einheitlich ausgeuumlbt werden muss (vgl zB sect 33a Abs 2 Satz 5 sect 33b Abs 5 Satz 3 EStG)

Soweit das Gesetz im Einzelfall keine bestimmte Frist (vgl zB sect 5a Abs 3 EStG sect 23 Abs 3 Satz 1 UStG) zur Ausuumlbung des Wahlrechtes (bdquoAntragsfristldquo) vorsieht kann das Wahlrecht grundsaumltzlich bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist ausgeuumlbt werden Die Bestandskraft des Steuerbescheids in dem sich das Wahlrecht auswirkt schraumlnkt allerdings die Wahlrechtsausuumlbung ein (su)

Umfang und Zeitpunkt des Eintritts der Bindungswirkung der Wahlrechtsausuumlbung richten sich danach ob der Gesetzgeber diesbezuumlglich ausdruumlckliche Regelungen getroffen hat (vgl zB sect 23 Abs 3 Satz 1 UStG Antrag bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung vgl AEAO vor sectsect 172 bis 177 Nr 1) Sieht das Gesetz einen unwiderruflichen Antrag vor (vgl zB sect 5a Abs 1 sect 10 Abs 1 Nr 1 Satz 2 EStG) wird die Willenserklaumlrung bereits mit ihrem Zugang beim Finanzamt wirksam und kann von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zuruumlckgenommen oder widerrufen werden (vgl BFH-Urteil vom 1711995 IX R 3791 BStBl II S 410) Ausnahme Anfechtung nach sectsect 119 ff BGB Anderenfalls richtet sich die Bindungswirkung der ausgeuumlbten Wahl nach der Bestandskraft des Verwaltungsakts in dem sie sich ausgewirkt hat

Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung koumlnnen Wahlrechte grundsaumltzlich nur noch ausgeuumlbt oder widerrufen werden soweit die Steuerfestsetzung nach sectsect 129 164 165 172 ff AO oder nach entsprechenden Regelungen in den Einzelsteuergesetzen (vgl AEAO vor sectsect 172 bis 177 Nr 3) korrigiert werden kann (vgl BFH-Urteil vom 3082001 IV R 3099 BStBl 2002 II S 49 mwN) dabei sind sectsect 177 und 351 Abs 1 AO zu beachten Eine Ausnahme gilt fuumlr Wahlrechte fuumlr deren Ausuumlbung das Gesetz keine Frist vorsieht und fuumlr die es grundsaumltzlich auch keine Bindung an die einmal getroffene Wahl gibt wenn ihre Ausuumlbung die Besteuerungsgrundlagen unberuumlhrt laumlsst (zB das Veranlagungswahlrecht nach sect 26 EStG) diese Wahlrechte koumlnnen grundsaumltzlich bis zur Unanfechtbarkeit eines Aumlnderungsbescheids (erneut) ausgeuumlbt werden (vgl BFH-Urteile vom 1951999

135

XI R 9794 BStBl II S 762 und vom 2412002 III R 4900 BStBl II S 408 mwN) Die steuerrechtliche Wirkung von Wahlrechten die nur bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeuumlbt werden koumlnnen kann nach Eintritt dieses Zeitpunktes nicht nach sect 172 Abs 1 Nr 2 Buchstabe a AO beseitigt werden (vgl BFH-Urteil vom 18121973 VIII R 10169 BStBl 1974 II S 319) Die Wahlrechtsausuumlbung kann auch nicht durch einen Austausch gegen bisher nicht beruumlcksichtigte Besteuerungsgrundlagen ruumlckgaumlngig gemacht werden infolge der Bestandskraft der Steuerfestsetzung ist der Steuerpflichtige an seine Wahl gebunden (vgl BFH-Urteil vom 2521992 IX R 4191 BStBl II S 621)

Die nachtraumlgliche Ausuumlbung eines Wahlrechts oder der Widerruf eines bereits ausgeuumlbten Wahlrechts ist auch keine neue Tatsache iSd sect 173 AO sondern Verfahrenshandlung (vgl BFH-Urteil vom 2521992 IX R 4191 aaO) Sie ist ausnahmsweise ruumlckwirkendes Ereignis iSd sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO wenn sie selbst Merkmal des gesetzlichen Tatbestands ist (vgl BFH-Urteil vom 1271989 X R 884 BStBl II S 957 zum durch die Zustimmungserklaumlrung des Empfaumlngers qualifizierten Antrag nach sect 10 Abs 1 Nr 1 Satz 1 EStG) Zur Aumlnderung von Steuerfestsetzungen nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO bei nachtraumlglichem Antrag auf Anwendung des sect 33b EStG vgl BFH-Urteil vom 13121985 III R 20481 BStBl 1986 II S 245 und H 33b EStH

AEAO zu sect 172 - Aufhebung und Aumlnderung von Steuerbescheiden

1 Die Vorschrift gilt nur fuumlr Steuerbescheide nicht fuumlr Haftungs- Duldungs- und Aufteilungsbescheide (vgl AEAO vor sectsect 130 131)

2 sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO laumlsst die schlichte Aumlnderung eines Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen unter der Voraussetzung zu dass der Steuerpflichtige vor Ablauf der Einspruchsfrist die Aumlnderung beantragt oder ihr zugestimmt hat Der Antrag auf schlichte Aumlnderung bedarf keiner Form Antraumlge die nicht schriftlich oder elektronisch gestellt werden sind aktenkundig zu machen Nicht ausdruumlcklich als Einspruch bezeichnete vor Ablauf der Einspruchsfrist schriftlich oderelektronisch vorgetragene Aumlnderungsbegehren des Steuerpflichtigen koumlnnen regelmaumlszligig als schlichte Aumlnderungsantraumlge behandelt werden wenn der Antragsteller eine genau bestimmte Aumlnderung des Steuerbescheids beantragt und das Finanzamt dem Begehren entsprechen will Andernfalls ist ein Einspruch anzunehmen da der Einspruch die Rechte des Steuerpflichtigen umfassender und wirkungsvoller wahrt als der bloszlige Aumlnderungsantrag Hat der Steuerpflichtige sich fuumlr den Rechtsbehelf des Einspruchs entschieden so uumlberlagert der foumlrmliche Rechtsbehelf einen etwaigen danebengestellten Antrag auf schlichte Aumlnderung des Steuerbescheids (vgl BFH-Urteil vom 2791994 VIII R 3689 BStBl 1995 II S 353)

Das Finanzamt darf den Steuerbescheid aufgrund eines schlichten Aumlnderungsantrags nur in dem Umfange zugunsten des Steuerpflichtigen aumlndern als der Steuerpflichtige vor Ablauf der Einspruchsfristeine genau bestimmte Aumlnderung bezogen auf einen konkreten Lebenssachverhalt beantragt hat (vgl ua BFH-Urteil vom 20122006 X R 3005 BStBl II 2007 S 503 mwN) Es genuumlgt nicht dass der Steuerpflichtige lediglich die betragsmaumlszligige Auswirkung bzw den Aumlnderungsrahmen beziffert (zBHerabsetzung der Steuer auf bdquoNullldquo) oder dass ein auf Aumlnderung des Bescheids lautender allgemeiner Antrag des Steuerpflichtigen erst nach Ablauf der Einspruchsfrist hinsichtlich der einzelnen Korrekturpunkte konkretisiert wird (zB durch Nachreichen einer Steuererklaumlrung) Auch eineErweiterung des Aumlnderungsbegehrens ist nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht mehr moumlglich (zur Erweiterung eines Einspruchsantrags vgl AEAO zu sect 367 Nr 3) Der Antragsteller kann allenfalls nach Ablauf der Einspruchsfrist Argumente oder Nachweise zur Begruumlndung eines rechtzeitig gestelltenhinreichend konkreten Aumlnderungsantrags nachreichen oder ergaumlnzen soweit hierdurch der durch denurspruumlnglichen Aumlnderungsantrag (Lebenssachverhalt) festgelegte Aumlnderungsrahmen nicht uumlberschritten wird Eine Antragserweiterung oder erneute Antragstellung ist nur innerhalb der Einspruchsfrist moumlglich

An das (fristgerechte) Vorbringen des Steuerpflichtigen ist das Finanzamt gebunden Es kann die Steuerfestsetzung nicht in vollem Umfang erneut uumlberpruumlfen und ggf verboumlsern Mit der beantragtenAumlnderung nicht in sachlichem oder rechtlichem Zusammenhang stehende materielle Fehler der Steuerfestsetzung koumlnnen aber ggf uumlber sect 177 AO berichtigt werden

Aussetzung der Vollziehung (sect 361 AO) ist aufgrund eines schlichten Aumlnderungsantrags nicht zulaumlssig allenfalls ist Stundung (sect 222 AO) moumlglich

3 Nach sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO kann ein Steuerbescheid zuungunsten des Steuerpflichtigen aufgehoben oder geaumlndert werden wenn dieser der Aufhebung oder Aumlnderung zustimmt oder er diese Korrektur beantragt hat Die Anzeige eines Steuerpflichtigen nach sect 153 AO stelltnoch keine Zustimmung zu einer Aumlnderung der Steuerfestsetzung zu seinen Ungunsten i S des sect 172Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO dar ggf kommt aber eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO in Betracht Empfangsbeduumlrftige Willenserklaumlrungen unterliegen den Auslegungsregelungen der sectsect 133 157 BGB Entscheidend ist wie der Erklaumlrungsempfaumlnger den objektiven Erklaumlrungswert der Erklaumlrung verstehen musste (vgl BFH-Urteile vom 862000 IV R 3799 BStBl 2001 II S 162 und vom 5102000 VII R 9699 BStBl 2001 II S 86)

4 sect 172 Abs 1 Satz 2 AO bestimmt dass auch ein durch Einspruchsentscheidung bestaumltigter oder geaumlnderter Verwaltungsakt nach den Vorschriften der sectsect 129 164 165 172 ff AO sowie nach entsprechenden Korrekturnormen in den Einzelsteuergesetzen (vgl AEAO vor sectsect 172 bis 177 Nr 3)

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korrigiert werden darf Gleiches gilt fuumlr einen im Einspruchsverfahren ergehenden Abhilfebescheid ( zB nach sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO) Zum Erlass eines Abhilfebescheids im Klageverfahren nach einer rechtmaumlszligigen Fristsetzung gem sect 364b AO vgl AEAO zu sect 364b Nr 5

5 Nach sect 172 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1 AO ist eine schlichte Aumlnderung auch dann moumlglich wenn der zu aumlndernde Bescheid bereits durch Einspruchsentscheidung bestaumltigt oder geaumlndert worden ist Der Aumlnderungsantrag muss vor Ablauf der Klagefrist gestellt worden sein nach Ablauf dieser Frist ist er unzulaumlssig Die Wirkungen einer nach sect 364b Abs 2 AO gesetzten Ausschlussfrist duumlrfen allerdingsdurch eine schlichte Aumlnderung nicht unterlaufen werden (sect 172 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 2 AO)

6 Zum Einspruchsverfahren gegen Entscheidungen uumlber die schlichte Aumlnderung vgl AEAO zu sect 347 Nr 2

AEAO zu sect 173 - Aufhebung oder Aumlnderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel

Inhaltsuumlbersicht

1 Tatsachen und Beweismittel

2 Nachtraumlgliches Bekanntwerden der Tatsachen oder Beweismittel

3 Rechtserheblichkeit der Tatsachen oder Beweismittel

4 Ermittlungsfehler des Finanzamts

5 Grobes Verschulden des Steuerpflichtigen

6 Unbeachtlichkeit des Verschuldens des Steuerpflichtigen

7 Aumlnderung von Schaumltzungsveranlagungen

8 Aumlnderungssperre (sect 173 Abs 2 AO)

9 Umfang der Aumlnderung

10 Anwendung des sect 173 AO in Feststellungsfaumlllen

1 Tatsachen und Beweismittel

11 Tatsache iSd sect 173 Abs 1 AO ist alles was Merkmal oder Teilstuumlck eines steuergesetzlichen Tatbestandes sein kann also Zustaumlnde Vorgaumlnge Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art (vgl BFH-Urteile vom 1101993 III R 5892 BStBl 1994 II S 346 vom 18121996 XI R 3696 BStBl 1997 II S 264 und vom 1411998 II R 997 BStBl II S 371) Zu den Tatsachen gehoumlren auch innere Tatsachen (zB die Absicht Einkuumlnfte bzw Gewinne zu erzielen) die nur anhand aumluszligerer Merkmale (Hilfstatsachen) festgestellt werden koumlnnen (vgl BFH-Urteil vom 6121994 IX R 1191 BStBl 1995 II S 192)

111 Tatsachen iSd sect 173 Abs 1 AO sind bei einer Schaumltzung die Schaumltzungsgrundlagen (nicht die Schaumltzung selbst vgl AEAO zu sect 173 Nr 7) Tatsachen sind auch vorgreifliche Rechtsverhaumlltnisse aus nichtsteuerlichen Rechtsgebieten (vgl BFH-Urteil vom 13101983 I R 1179 BStBl 1984 II S 181) Um Tatsachen und nicht um juristische Wertungen handelt es sich wenn ein Steuerpflichtiger zB unter der Bezeichnung bdquoKaufldquo bdquoVermietungldquo oder bdquoGeschaumlftsfuumlhrer-Gehaltldquo in der Steuererklaumlrung vorgreifliche Rechtsverhaumlltnisse geltend macht derartige Begriffe enthalten eine Zusammenfassung von Tatsachen die eine bestimmte rechtliche Wertung ausloumlsen (vgl BFH-Urteil vom 20121988 VIII R 12183 BStBl 1989 II S 585) Folglich kann ein Steuerbescheid nach sect 173 Abs 1 AO geaumlndert werden wenn sich aufgrund nachtraumlglich bekannt gewordener Tatsachen die vom Steuerpflichtigen uumlbernommene Wertung als unzutreffend erweist

112 Keine Tatsachen iSd sect 173 Abs 1 AO sind Rechtsnormen und Schlussfolgerungen aller Art insbesondere steuerrechtliche Bewertungen (vgl BFH-Urteil vom 27101992 VIII R 4189 BStBl 1993 II S 569) Ebenso stellen Entscheidungen des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm sowie nachtraumlgliche Gesetzesaumlnderungen keine neuen Tatsachen iSv sect 173 Abs 1 AO dar (vgl BFH-Urteile vom 1252009 IX R 4508 BStBl II S 891 und vom 1121994 III R 5092 BStBl II S 389) Gleiches gilt fuumlr die (ggf anderweitige) Ausuumlbung steuerlicher Wahlrechte oder die Nachholung eines Antrags (vgl zu sectsect 172 - 177 Nr 8 AO) Ein Antrag kann allerdings nachgeholt werden soweit die fuumlr seine Ausuumlbung relevanten Tatsachen als solche nachtraumlglich bekannt werden (vgl AEAO zu sect 173 Nr 32)

113 Bei Sachverhalten die bei verschiedenen Steuerpflichtigen steuerlich eigenstaumlndig zu beruumlcksichtigen sind weil die Steuergesetze im Regelfall keine korrespondierende Beruumlcksichtigung vorschreiben sind die fuumlr die einzelne Steuerfestsetzung relevanten Tatsachen und steuerrechtliche Bewertungen zu unterscheiden So geben Ergebnismitteilungen des Koumlrperschaftsteuer-Finanzamts an das fuumlr die Veranlagung der Anteilseigner zustaumlndige Finanzamt uumlber eine bei einer GmbH durchgefuumlhrte Auszligenpruumlfung rechtliche Schlussfolgerungen und Schaumltzungsergebnisse wieder sie stellen fuumlr sichjedoch keine Tatsachen dar die zu einer Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 AO berechtigen (BFH-Urteil vom 27101992 VIII R 4189 BStBl 1993 II S 569) Deshalb muumlssen den fuumlr die Veranlagung der

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Anteilseigner zustaumlndigen Finanzaumlmtern die entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt werden die bloszlige Mitteilung es seien verdeckte Gewinnausschuumlttungen festgestellt worden reicht nicht aus umeine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 AO zu rechtfertigen Vgl aber auch sect 32a KStG

12 Beweismittel ist jedes Erkenntnismittel das zur Aufklaumlrung eines steuerlich erheblichen Sachverhalts dient dh geeignet ist das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Tatsachen zu beweisen (BFH-Urteil vom 20121988 VIII R 12183 BStBl 1989 II S 585) Dazu gehoumlren Urkunden (Vertraumlge Geschaumlftspapiere ua) und Auskuumlnfte von Auskunftspersonen (vgl sect 92 AO) Ein Sachverstaumlndigengutachten ist nur Beweismittel soweit es die Erkenntnis neuer Tatsachen vermittelt und nicht lediglich Schlussfolgerungen enthaumllt (BFH-Urteil vom 27101992 VIII R 4189 BStBl 1993 II S 569)

13 Eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 AO setzt voraus dass die Tatsachen bei Erlass des zu aumlndernden Bescheids bereits vorhanden waren und vom Finanzamt haumltten beruumlcksichtigt werden koumlnnen (vgl BFH-Urteil vom 2671984 IV R 1083 BStBl II S 786) Nach dem Zeitpunkt der Steuerfestsetzung entstandene Tatsachen koumlnnen dagegen eine Aumlnderung nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO rechtfertigen wenn insoweit ein ruumlckwirkendes Ereignis vorliegt Eine nach dem Zeitpunkt der Steuerfestsetzung entstandene Hilfstatsache die fuumlr diesen Zeitpunkt zu einer veraumlnderten Wuumlrdigung inBezug auf eine innere Tatsache fuumlhrt rechtfertigt jedoch nur dann eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 AO wenn sie einen sicheren Schluss auf die (innere) Haupttatsache ermoumlglicht

14 Bei der Pruumlfung der Frage ob die Tatsache zu einer houmlheren oder niedrigeren Steuer fuumlhrt sind Steueranrechnungsbetraumlge unbeachtlich es ist vielmehr auf die festzusetzende Steuer abzustellen Das BFH-Urteil vom 1631990 VI R 9086 BStBl II S 610 betrifft den besonders gelagerten Fall einer Nettolohnvereinbarung und kann daher nicht verallgemeinert werden

2 Nachtraumlgliches Bekanntwerden der Tatsachen oder Beweismittel

21 Tatsachen oder Beweismittel werden nachtraumlglich bekannt wenn sie einem fuumlr die Steuerfestsetzung zustaumlndigen Bediensteten (BFH-Urteile vom 9111984 VI R 15783 BStBl 1985 II S 191 und vom 2061985 IV R 11482 BStBl II S 492) bekannt werden nachdem die Willensbildung uumlber die Steuerfestsetzung abgeschlossen worden ist (Abzeichnung der Verfuumlgung vgl BFH-Urteil vom 1831987 II R 22684 BStBl II S 416) Auf den Tag der Absendung des Steuerbescheids oder den Tag der Bekanntgabe kommt es nicht an Der im Einzelfall maszliggebliche Tag ist dem Steuerpflichtigen auf Verlangen mitzuteilen

22 Sofern im automatisierten Verfahren nachtraumlglich - noch vor der Absendung des Steuerbescheids - eine materiell-rechtliche Kontrolle der gesamten Steuerfestsetzung vorgenommen wird sind alle bis dahin bekannt gewordenen Tatsachen und Beweismittel zu beruumlcksichtigen (vgl BFH-Urteil vom 29111988 VIII R 22683 BStBl 1989 II S 259) Tatsachen und Beweismittel die dem Finanzamt bis zum Abschluss einer solchen Kontrolle bekannt geworden sind in dem zu erlassenden Steuerbescheid aber keine Beruumlcksichtigung gefunden haben koumlnnen zu einem spaumlteren Zeitpunkt nicht mehr Gegenstand einerAumlnderung nach sect 173 Abs 1 sein Um eine materiell-rechtliche Kontrolle des Steuerbescheids handelt es sich nicht wenn der Steuerbescheid vor seiner Absendung nur einer formellen Pruumlfung unterzogen wird die die Feststellung der ermittelten Tatsachen sowie deren rechtliche Wuumlrdigung unberuumlhrt laumlsst (zB Pruumlfung auf zutreffende Adressierung oder richtige Erfassung der Daten)

23 Eine Tatsache ist nicht schon dann bekannt wenn irgendeine Stelle des Finanzamts von ihr Kenntnis hat Es kommt vielmehr auf den Kenntnisstand der Personen an die innerhalb des Finanzamts dazu berufen sind den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten (BFH-Urteile vom 2061985 IV R 11482 BStBl II S 492 vom 2041988 X R 4081 BStBl II S 804 und vom 1961990 VIII R 6987 BFHNV 1991 S 353)

231 Die Rechtsbehelfsstelle des Finanzamts muss bei der Entscheidung uumlber den Einspruch eines Steuerpflichtigen grundsaumltzlich auch Tatsachen verwerten die der Veranlagungsstelle bekannt sind Geschieht dies nicht so koumlnnen diese in der Einspruchsentscheidung nicht beruumlcksichtigten Tatsachen nach Abschluss des Einspruchsverfahrens nicht mehr Gegenstand eines Aumlnderungsbescheids nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO sein (BFH-Urteil vom 2331983 I R 18282 BStBl II S 548)

232 Nur dem Betriebspruumlfer bekannt gewordene Tatsachen sind der Veranlagungsstelle grundsaumltzlich nicht zuzurechnen (vgl BFH-Urteile vom 2841987 IX R 983 BFHNV 1988 S 151 vom 29101987 IV R 6985 BFHNV 1988 S 346 und vom 2041988 X R 4081 BStBl II S 804)

233 Fuumlr die Frage ob einem Finanzamt Tatsachen die zu einer erstmaligen Beruumlcksichtigung oder zu einer houmlheren Bewertung eines steuerpflichtigen Sachverhalts von Bedeutung sind iSv sect 173 Abs 1 Nr 1 AO nachtraumlglich bekannt geworden sind kommt es grundsaumltzlich allein auf die Kenntnis dieses Finanzamts an Ermittelt aber ein fuumlr die Erbschaft-Schenkungsteuer zustaumlndiges Finanzamt den Wert einer Beteiligung an einer Personengesellschaft allein dadurch dass es diesen aus einem von einem anderem Finanzamt erteilten Feststellungsbescheid uumlber den Wert des Betriebsvermoumlgens der Gesellschaft auf einen vorangegangenen Bewertungsstichtag ableitet so macht es sich damit die diesem zugrunde liegenden Kenntnisse zu eigen (BFH-Urteil vom 1411998 II R 997 BStBl II S 371)

234 Einmal bekannt gewordene Tatsachen werden durch den Wechsel in der Zustaumlndigkeit der Finanzbehoumlrde oder durch Wechsel des Bearbeiters nicht wieder unbekannt wenn der zunaumlchst

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zustaumlndige Bearbeiter die Tatsachen aktenkundig gemacht hat (vgl BFH-Urteil vom 15101993 III R 7492 BFHNV 1994 S 315)

235 Dem Finanzamt koumlnnen auch Tatsachen bekannt sein die sich aus aumllteren bereits archivierten Akten ergeben Voraussetzung dafuumlr ist jedoch dass zur Hinzuziehung solcher Vorgaumlnge nach den Umstaumlnden des Falles insbesondere nach dem Inhalt der zu bearbeitenden Steuererklaumlrungen oder der praumlsenten Akten eine besondere Veranlassung bestand (BFH-Urteil vom 1121998 I R 8297 BStBl II S 552)

236 Im Rahmen des sect 173 Abs 1 Nr 2 AO kann eine Tatsache nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen als bereits bekannt gelten wenn der zustaumlndige Bearbeiter sie lediglich haumltte kennen koumlnnen oder kennen muumlssen das Finanzamt kann sich in diesem Fall nicht auf sein eigenes Versaumlumnis oder Verschulden berufen (vgl BFH-Urteil vom 26111996 IX R 7795 BStBl 1997 II S 422)

24 Steuerbescheid iSv sect 173 Abs 1 AO ist auch ein Bescheid der einen schon ergangenen Steuerbescheid inhaltlich abaumlndert Tatsachen die zu einer houmlheren Besteuerung fuumlhren kann das Finanzamt deshalb in einem weiteren Aumlnderungsbescheid nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO nur beruumlcksichtigen wenn sie ihm nach Erlass des Aumlnderungsbescheids bekannt geworden sind EineAumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO ist jedoch dann nicht ausgeschlossen wenn das Finanzamt imHinblick auf einen nachtraumlglich ergangenen Grundlagenbescheid zunaumlchst lediglich eine Aumlnderung nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO vorgenommen und dabei Tatsachen unberuumlcksichtigt gelassen hat die daruumlber hinaus eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO gerechtfertigt haumltten (BFH-Urteil vom 1211989 IV R 888 BStBl II S 438)

25 Aumlndert das Finanzamt einen bestandskraumlftigen Steuerbescheid nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO so traumlgt esdie objektive Beweislast dafuumlr dass die fuumlr die Aumlnderung erforderlichen tatsaumlchlichen Voraussetzungen vorliegen insbesondere dafuumlr dass diese bdquoneuldquo sind (BFH-Urteil vom 1951998 I R 14097 BStBl II S 599)

3 Rechtserheblichkeit der Tatsachen oder Beweismittel

31 Neue Tatsachen oder Beweismittel koumlnnen die Aumlnderung eines Steuerbescheids nach sect 173 Abs 1 AO nur rechtfertigen wenn sie rechtserheblich sind Die Rechtserheblichkeit ist zu bejahen wenn das Finanzamt bei rechtzeitiger Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel schon bei der urspruumlnglichen Veranlagung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer houmlheren oder niedrigeren Steuer gelangt waumlre (vgl BFH-Beschluss GrS vom 23111987 GrS 186 BStBl 1988 II S 180) Die Vorschrift des sect 173 AO hat nicht den Sinn dem Steuerpflichtigen das Risiko eines Rechtsbehelfsverfahrens dadurch abzunehmen dass ihm gestattet wird sich auf Tatsachen gegenuumlber dem Finanzamt erst dannzu berufen wenn etwa durch eine spaumltere Aumlnderung der Rechtsprechung eine Rechtslage eintritt die eine bisher nicht vorgetragene Tatsache nunmehr als relevant erscheinen laumlsst

Ein Steuerbescheid darf daher wegen nachtraumlglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismittel weder zugunsten noch zuungunsten des Steuerpflichtigen geaumlndert werden wenn das Finanzamt bei urspruumlnglicher Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel nicht anders entschieden haumltte Bei der Beurteilung der Rechtserheblichkeit kommt es nicht darauf an welche Entscheidung der zustaumlndige Bearbeiter subjektiv bei Erlass des urspruumlnglichen Bescheids getroffen haumltte Wie das Finanzamt bei Kenntnis bestimmter Tatsachen oder Beweismittel einen Sachverhalt in seinem urspruumlnglichen Bescheid gewuumlrdigt haumltte ist vielmehr im Einzelfall aufgrund des Gesetzes wie es nach der damaligen Rechtsprechung des BFH auszulegen war und der die Finanzaumlmter bindenden Verwaltungsanweisungen zu beurteilen die im Zeitpunkt des urspruumlnglichen Bescheiderlasses gegolten haben (vgl BFH-Urteile vom 1151988 I R 21685 BStBl II S 715 vom 1511991 IX R 23887 BStBl II S 741 und vom 1031999 II R 9997 BStBl II S 433) Subjektive Fehler der Finanzbehoumlrden wie sie sowohl in rechtlicher als auch in tatsaumlchlicher Hinsicht denkbar sein moumlgen sind unbeachtlich (BFH-Urteil vom 1151988 I R 21685 BStBl II S 715)

32 Die erstmalige Ausuumlbung eines nicht fristgebundenen Wahlrechts nach Bestandskraft der Steuerfestsetzung (vgl AEAO vor sectsect 172 bis 177 Nr 8) ist keine neue Tatsache sie steht einer Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO aber nicht entgegen sofern die fuumlr die Ausuumlbung des Wahlrechts relevanten Tatsachen nachtraumlglich bekannt geworden sind (BFH-Urteile vom 2891984 VI R 4882 BStBl 1985 II S 117 und vom 2521992 IX R 4191 BStBl II S 621) Gleiches gilt wenn der Steuerpflichtige nach Bestandskraft der Steuerfestsetzung erstmals einen nicht fristgebundenen Antrag auf Gewaumlhrung einer Steuerverguumlnstigung stellt und hierzu entsprechende (neue) Tatsachen vortraumlgt(BFH-Urteil vom 2171989 III R 30384 BStBl II S 960) Eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO zugunsten des Steuerpflichtigen setzt jedoch auch in diesen Faumlllen voraus dass ihn am nachtraumlglichen Bekanntwerden der steuermindernden Tatsachen kein grobes Verschulden trifft (vgl AEAO zu sect 173 Nr 5)

4 Ermittlungsfehler des Finanzamts

41 Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kann das Finanzamt - auch wenn es von einer rechtserheblichen Tatsache oder einem rechtserheblichen Beweismittel nachtraumlglich Kenntnis erhaumllt -daran gehindert sein einen Steuerbescheid nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO zuungunsten des Steuerpflichtigen zu aumlndern (BFH-Urteil vom 13111985 II R 20882 BStBl 1986 II S 241) Hat der

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Steuerpflichtige die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten in zumutbarer Weise erfuumlllt kommt eineAumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO nicht in Betracht wenn die spaumltere Kenntnis der Tatsache oder des Beweismittels auf einer Verletzung der dem Finanzamt obliegenden Ermittlungspflicht beruht Das Finanzamt braucht den Steuererklaumlrungen nicht mit Misstrauen zu begegnen sondern darf regelmaumlszligig von deren Richtigkeit und Vollstaumlndigkeit ausgehen veranlagt es aber trotz bekannter Zweifel an der Richtigkeit der Besteuerungsgrundlagen endguumlltig so ist eine spaumltere Aumlnderung der Steuerfestsetzung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen (vgl BFH-Urteil vom 27101992 VIII R 4189 BStBl 1993 II S 569) Zum Umfang der Ermittlungspflicht des Finanzamts vgl AEAO zu sect 88 AO

411 Sind sowohl das Finanzamt seiner Ermittlungspflicht als auch der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht nicht in vollem Umfang nachgekommen so faumlllt das nachtraumlgliche Bekanntwerden einer rechtserheblichen Tatsache oder eines rechtserheblichen Beweismittels idR in den Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen mit der Folge dass eine Aumlnderung des Steuerbescheids nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO zulaumlssig ist (vgl BFH-Urteil vom 11111987 I R 10885 BStBl 1988 II S 115) Eine entsprechende Aumlnderung scheidet lediglich dann aus wenn der Verstoszlig des Finanzamts deutlich uumlberwiegt (BFH-Urteil vom 20121988 VIII R 12183 BStBl 1989 II S 585)

412 Aumlndert das Finanzamt einen bestandskraumlftigen Steuerbescheid nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO traumlgt der Steuerpflichtige die objektive Beweislast wenn er eine Verletzung der Ermittlungspflichten durch das Finanzamt ruumlgt (BFH-Urteil vom 1951998 I R 14097 BStBl II S 599)

42 Auf neue Tatsachen die nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO eine niedrigere Steuerfestsetzung rechtfertigen sind die in Nr 41 dargestellten Grundsaumltze nicht anzuwenden (BFH-Urteile vom 1341967 V 5765 BStBl III S 519 und vom 26111996 IX R 7795 BStBl 1997 II S 422) Hier ist jedoch zu pruumlfen ob den Steuerpflichtigen ein grobes Verschulden am nachtraumlglichen Bekanntwerden der neuen Tatsachen trifft (vgl AEAO zu sect 173 Nr 5)

Im Rahmen des sect 173 Abs 1 Nr 2 AO kann eine Tatsache allerdings nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen als bereits bekannt gelten wenn der zustaumlndige Bearbeiter sie lediglich haumltte kennen koumlnnen oder kennen muumlssen Das Finanzamt kann sich in diesem Fall nicht auf sein eigenes Versaumlumnis oder Verschulden berufen (vgl BFH-Urteil vom 26111996 IX R 7795 BStBl 1997 II S 422)

5 Grobes Verschulden des Steuerpflichtigen

51 Die Aufhebung oder Aumlnderung eines Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen ist grundsaumltzlich ausgeschlossen wenn den Steuerpflichtigen ein grobes Verschulden daran trifft dass die Tatsachen oder Beweismittel dem Finanzamt erst nachtraumlglich bekannt geworden sind Als grobes Verschulden hat der Steuerpflichtige Vorsatz und grobe Fahrlaumlssigkeit zu vertreten Grobe Fahrlaumlssigkeit ist anzunehmen wenn er die ihm nach seinen persoumlnlichen Verhaumlltnissen zumutbare Sorgfalt in ungewoumlhnlichem Maszlige und in nicht entschuldbarer Weise verletzt (BFH-Urteile vom 321983 IV R 15380 BStBl II S 324 und vom 1851988 X R 5782 BStBl II S 713) Die objektive Beweislast (Feststellungslast) dafuumlr dass ihn kein grobes Verschulden trifft liegt beim Steuerpflichtigen

511 Bei der Beurteilung der Schwere der Verletzung dieser Sorgfaltspflicht sind die Gegebenheiten des Einzelfalls und die individuellen Kenntnisse und Faumlhigkeiten des einzelnen Steuerpflichtigen zu beruumlcksichtigen (BFH-Urteil vom 2961984 VI R 18180 BStBl II S 693) So kann die Unkenntnis steuerrechtlicher Bestimmungen allein den Vorwurf groben Verschuldens nicht begruumlnden (BFH-Urteile vom 1081988 IX R 21984 BStBl 1989 II S 131 vom 2251992 VI R 1791 BStBl 1993 II S 80 und vom 2191993 IX R 6390 BFHNV 1994 S 100) Offensichtliche Versehen und alltaumlgliche Irrtuumlmer die sich nie ganz vermeiden lassen wie zB Verwechslungen Schreib- Rechen- oder Uumlbertragungsfehler rechtfertigen ebenfalls nicht den Vorwurf des groben Verschuldens es kann aber vorliegen wenn das Versehen auf einer vorangegangenen Verletzung steuerlicher Pflichten beruht

512 Ein grobes Verschulden kann im Allgemeinen angenommen werden wenn der Steuerpflichtige trotz Aufforderung keine Steuererklaumlrung abgegeben hat (staumlndige Rechtsprechung vgl zB BFH-Urteil vom 1692004 IV R 6202 BStBl 2005 II S 75 mwN) allgemeine Grundsaumltze der Buchfuumlhrung (sectsect 145 bis 147 AO) verletzt oder ausdruumlckliche Hinweise in ihm zugegangenen Vordrucken Merkblaumlttern oder sonstigen Mitteilungen des Finanzamts nicht beachtet

513 Ein Steuerpflichtiger handelt regelmaumlszligig grob schuldhaft wenn er eine im Steuererklaumlrungsformular ausdruumlcklich gestellte auf einen ganz bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beachtet (BFH-Urteile vom 2961984 VI R 18180 BStBl II S 693 und vom 1081988 IX R 21984 BStBl 1989 II S 131)

514 Das grobe Verschulden des Steuerpflichtigen am nachtraumlglichen Bekanntwerden steuermindernder Tatsachen oder Beweismittel wird nicht dadurch ausgeschlossen dass das Finanzamt seinerseits seinen Fuumlrsorge- oder Ermittlungspflichten nicht hinreichend nachgekommen ist (BFH-Urteil vom 981991 III R 2487 BStBl 1992 II S 65) Im Einzelfall kann jedoch ein grobes Verschulden des Steuerpflichtigen zu verneinen sein wenn die Verletzung der Ermittlungs- und Fuumlrsorgepflichten ursaumlchlich fuumlr die verspaumltete Geltendmachung der steuermindernden Tatsachen oder Beweismittel war zB bei irrefuumlhrender Auskunftserteilung

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52 Bei einer Zusammenveranlagung muss sich jeder Ehegatte bzw Lebenspartner das grobe Verschulden des anderen EhegattenLebenspartners zurechnen lassen (vgl BFH-Urteil vom 2471996 I R 6295 BStBl 1997 II S 115)

53 Nimmt der Steuerpflichtige bei der Erfuumlllung seiner steuerlichen Pflichten die Hilfe eines Bevollmaumlchtigten oder anderer Hilfspersonen in Anspruch so muss er sich ein etwaiges grobes Verschulden dieser Personen wie ein eigenes Verschulden zurechnen lassen So hat der Steuerpflichtige etwa ein grobes Verschulden seines Buchhalters als eigenes Verschulden zu vertreten (vgl BFH-Urteil vom 1851988 X R 5782 BStBl II S 713)

54 Der Steuerpflichtige hat ein grobes Verschulden seines steuerlichen Beraters in gleicher Weise zu vertreten wie das Verschulden eines Bevollmaumlchtigten (BFH-Urteile vom 321983 IV R 15380 BStBl II S 324 vom 2861983 VIII R 3781 BStBl 1984 II S 2 vom 25111983 VI R 882 BStBl 1984 II S 256 und vom 2681987 I R 14486 BStBl 1988 II S 109) Bei Festlegung der einem steuerlichen Berater zuzumutenden Sorgfalt ist zu beruumlcksichtigen dass von einem Angehoumlrigen der steuerberatenden Berufe die Kenntnis und sachgemaumlszlige Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften erwartet wird (BFH-Urteil vom 321983 IV R 15380 BStBl II S 324) Ein eigenes grobes Verschulden des Steuerpflichtigen kann darin liegen dass er die von seinem steuerlichen Berater gefertigte Steuererklaumlrung unterschreibt obwohl ihm bei Durchsicht der Steuererklaumlrung ohne weiteres haumltte auffallen muumlssen dass steuermindernde Tatsachen oder Beweismittel nicht beruumlcksichtigt worden sind (BFH-Urteil vom 2861983 VIII R 3781 BStBl 1984 II S 2)

Der steuerliche Berater hat wenn er Mitarbeiter zur Vorbereitung des Jahresabschlusses und der Steuererklaumlrung einsetzt Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Auswahl seiner Mitarbeiter der Organisation der Arbeiten in seinem Buumlro und der Kontrolle der Arbeitsergebnisse der Mitarbeiter (BFH-Urteil vom 2681987 I R 14486 BStBl 1988 II S 109)

55 Bei der Frage des groben Verschuldens ist auch der Zeitraum einzubeziehen in dem nach Durchfuumlhrung der Steuerveranlagung der Bescheid noch aumlnderbar ist (BFH-Urteil vom 2121991 V R 2587 BStBl II S 496 Vortrag steuermindernder Tatsachen bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung) Ein dem Steuerpflichtigen zuzurechnendes grobes Verschulden iSd sect 173 Abs 1 Nr 2 AO kann daher auch darin bestehen dass er es unterlassen hat gegen einen Steuerbescheid Einspruch einzulegen obwohl sich ihm innerhalb der Einspruchsfrist die Geltendmachung bisher nicht vorgetragener Tatsachen haumltte aufdraumlngen muumlssen (BFH-Urteile vom 25111983 VI R 882 BStBl 1984 II S 256 und vom 421998 XI R 4797 BFHNV S 682)

56 Bei Beantwortung der Frage ob die Unterlassung bestimmter steuerrelevanter Angaben in der Steuererklaumlrung auf einem groben Verschulden des Steuerpflichtigen einem entschuldbaren mechanischen Versehen (z B Uumlbertragungsfehler) oder einem entschuldbaren Rechtsirrtum infolge mangelnder Kenntnis steuerrechtlicher Vorschriften beruht ist nicht zwischen Steuererklaumlrungen auf Papier und elektronisch erstellten Steuererklaumlrungen zu unterscheiden Wird die Steuererklaumlrung elektronisch zum Beispiel mithilfe des Programms ElsterFormular erstellt kann der Steuerpflichtige bei Erfassung der Daten anhand der gewohnten Formularoberflaumlche vom kompletten Steuererklaumlrungsvordruck und allen dort gestellten Fragen Kenntnis nehmen daruumlber hinaus wird auch eine Hilfefunktion im Umfang der amtlichen Anleitung geboten Unerheblich ist daher dass in der komprimierten Steuererklaumlrung nur ein Ausdruck der tatsaumlchlich erfassten und uumlbermittelten Daten erfolgt

6 Unbeachtlichkeit des Verschuldens des Steuerpflichtigen

61 Das Verschulden des Steuerpflichtigen ist nach sect 173 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AO unbeachtlich wenn die Tatsachen oder Beweismittel die zu einer niedrigeren Steuer fuumlhren in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit neuen Tatsachen oder Beweismitteln stehen die zu einer houmlheren Steuer fuumlhren Stehen die steuermindernden Tatsachen mit steuererhoumlhenden Tatsachen im Zusammenhang sind die steuermindernden Tatsachen nicht nur bis zur steuerlichen Auswirkung der steuererhoumlhenden Tatsachen sondern uneingeschraumlnkt zu beruumlcksichtigen (BFH-Urteil vom 281983 VIII R 19080 BStBl 1984 II S 4) Ein derartiger Zusammenhang ist gegeben wenn eine zu einer houmlheren Besteuerung fuumlhrende Tatsache die zur Steuerermaumlszligigung fuumlhrende Tatsache ursaumlchlich bedingt so dass der steuererhoumlhende Vorgang nicht ohne den steuermindernden Vorgang denkbar ist (BFH-Urteile vom 2831985 IV R 15982 BStBl 1986 II S 120 vom 581986 IX R 1381 BStBl 1987 II S 297 und vom 881991 V R 10688 BStBl 1992 II S 12) Ein rein zeitliches Zusammentreffen von steuererhoumlhenden und steuermindernden Tatsachen reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 2831985 IV R 15982 aaO)

62 Wird dem Finanzamt nachtraumlglich bekannt dass der Steuerpflichtige nicht erklaumlrte Einkuumlnfte einer bestimmten Einkunftsart erzielt hat so stellt die Houmlhe dieser Einkuumlnfte die fuumlr die Anwendung des sect 173 Abs 1 Nr 1 oder Nr 2 AO relevante Tatsache dar (BFH-Urteil vom 1101993 III R 5892 BStBl 1994 II S 346) Dies gilt auch dann wenn das Finanzamt die Einkuumlnfte zunaumlchst geschaumltzt hat (BFH-Urteil vom 2441991 XI R 2889 BStBl II S 606) Eine Aufspaltung dieser Einkuumlnfte in steuererhoumlhende Einnahmen oder Vermoumlgensmehrungen einerseits und steuermindernde Ausgaben oder Vermoumlgensminderungen andererseits im Hinblick auf sect 173 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AO ist nicht zulaumlssig

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63 Bei der Umsatzsteuer sind Tatsachen die eine Erhoumlhung der Umsatzsteuer begruumlnden und Tatsachen die eine houmlhere Vorsteuer begruumlnden getrennt zu beurteilen Ein Zusammenhang zwischen nachtraumlglich bekannt gewordenen Umsaumltzen und nachtraumlglich bekannt gewordenen Leistungen an den Unternehmer iSd sect 173 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AO besteht nur insoweit als die Eingangsleistungen zur Ausfuumlhrung der nachtraumlglich bekannt gewordenen Umsaumltze verwendet wurden (BFH-Urteile vom 881991 V R 10688 BStBl 1992 II S 12 und vom 19101995 V R 6092 BStBl 1996 II S 149) Dies gilt allerdings nur soweit diese Umsaumltze zum Vorsteuerabzug berechtigen soweit die nachtraumlglich bekannt gewordenen Vorsteuerbetraumlge hingegen mit nachtraumlglich bekannt gewordenen steuerfreien oder nichtsteuerbaren Umsaumltzen in Zusammenhang stehen sind die Voraussetzungen des sect 173 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AO nicht erfuumlllt

Hat das Finanzamt bei einer Schaumltzung der Umsatzsteuer davon abgesehen die Steuer auf der Grundlage des Ansatzes einer Vielzahl einzelner Umsaumltze mit jeweils genau bezifferter Bemessungsgrundlage zu ermitteln koumlnnen die nachtraumlglich bekannt gewordenen Vorsteuerbetraumlge im Schaumltzungsweg entsprechend dem Verhaumlltnis der nachtraumlglich erklaumlrten und der urspruumlnglich vom Finanzamt geschaumltzten steuerpflichtigen Umsaumltze beruumlcksichtigt werden es sei denn es liegen Anhaltspunkte dafuumlr vor dass weniger oder mehr Vorsteuerbetraumlge im Zusammenhang mit den nachtraumlglich bekannt gewordenen Umsaumltzen stehen als sich nach dieser Aufteilung ergibt (BFH-Urteil vom 19101995 V R 6092 BStBl 1996 II S 149)

7 Aumlnderung von Schaumltzungsveranlagungen

71 Eine auf einer Schaumltzung beruhende Veranlagung kann nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO durch eine houmlhere Schaumltzungsveranlagung ersetzt werden wenn nachtraumlglich Schaumltzungsunterlagen festgestellt werden bei deren rechtzeitigem Bekanntsein das Finanzamt die Schaumltzung in anderer Weise vorgenommenhaumltte Die Aumlnderung der urspruumlnglichen Schaumltzungsveranlagung ist dabei nur im Ausmaszlig der nachtraumlglich bekannt gewordenen Schaumltzungsunterlagen zulaumlssig Das bisherige Schaumltzungsverfahren ist nach Moumlglichkeit fortzufuumlhren ggf zu verfeinern Ein Wechsel der Schaumltzungsmethode kommt lediglich dann in Betracht wenn die bisherige Methode angesichts der neuen Schaumltzungsunterlagen versagt (BFH-Urteil vom 231982 VIII R 22580 BStBl 1984 II S 504)

Die Ersetzung einer Schaumltzungsveranlagung durch eine houmlhere Schaumltzungsveranlagung ist auch zulaumlssig wenn aufgrund einer nachtraumlglichen Vermoumlgenszuwachsrechnung ein gegenuumlber der urspruumlnglichen Schaumltzung wesentlich houmlherer Gewinn festgestellt wird (BFH-Urteile vom 24101985 IV R 7584 BStBl 1986 II S 233 und vom 29101987 IV R 6985 BFHNV 1988 S 346) Dies gilt auch fuumlr den Fall dass es sich bei der urspruumlnglichen Schaumltzung um eine Schaumltzung nach Richtsaumltzen fuumlr einen nicht buchfuumlhrenden jedoch buchfuumlhrungspflichtigen Landwirt handelt (BFH-Urteile vom 3101985 IV R 19783 BFHNV 1987 S 477 und vom 24101985 IV R 17084 BFHNV 1987 S 545)

72 Nachtraumlglich bekannt gewordene Tatsachen die zu einer niedrigeren Steuer fuumlhren liegen nach einer vorausgegangenen Gewinnschaumltzung dann vor wenn sich aus der Gesamtwuumlrdigung der neuen Tatsachen also dem gemeinsamen Ergebnis von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben eine niedrigere Steuer ergibt (BFH-Urteil vom 2831985 IV R 15982 BStBl 1986 II S 120 vgl AEAO zusect 173 Nr 62) Eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO ist in diesen Faumlllen demzufolge nur zulaumlssig wenn den Steuerpflichtigen am nachtraumlglichen Bekanntwerden der Tatsachen kein grobes Verschulden trifft (vgl AEAO zu sect 173 Nr 5)

73 Hat das Finanzamt den laufenden Gewinn und den Veraumluszligerungsgewinn (sect 16 EStG) geschaumltzt so sind die nachtraumlglich bekannt gewordenen tatsaumlchlichen Gewinnbetraumlge (laufender Gewinn und Veraumluszligerungsgewinn) je eine Tatsache iSd sect 173 Abs 1 AO (BFH-Urteil vom 30101986 III R 16382 BStBl 1987 II S 161)

74 Zur Schaumltzung der Umsatzsteuer vgl AEAO zu sect 173 Nr 63

8 Aumlnderungssperre (sect 173 Abs 2 AO)

81 Steuerbescheide die aufgrund einer Auszligenpruumlfung ergangen sind koumlnnen wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel nach sect 173 Abs 1 AO nur geaumlndert werden wenn eine Steuerhinterziehung oderleichtfertige Steuerverkuumlrzung vorliegt (Aumlnderungssperre nach sect 173 Abs 2 AO) Durch die Regelung in sect 173 Abs 2 Satz 1 AO wird solchen Steuerbescheiden eine erhoumlhte Bestandskraft zugemessen weil durch die Auszligenpruumlfung die steuerlich erheblichen Sachverhalte ausgiebig haumltten gepruumlft werden koumlnnen Die Aumlnderungssperre wirkt auch dann wenn nach einer Auszligenpruumlfung Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden die zu einer niedrigeren Steuer fuumlhren wuumlrden (BFH-Urteile vom 2911987 IV R 9685 BStBl II S 410 und vom 11121997 V R 5694 BStBl 1998 II S 367) DieAumlnderungssperre bezieht sich nur auf Aumlnderungen iSv sect 173 Abs 1 AO nicht aber auf Aumlnderungen die aufgrund anderer Vorschriften erfolgen (vgl BFH-Urteil vom 4111992 XI R 3291 BStBl 1993 II S 425)

82 Der Umfang der Aumlnderungssperre richtet sich nach dem Inhalt der Pruumlfungsanordnung (BFH-Urteile vom 12101994 XI R 7593 BStBl 1995 II S 289 und vom 1121998 I R 8297 BStBl II S 552)

821 Im Fall der Beschraumlnkung der Auszligenpruumlfung auf bestimmte Steuerarten Besteuerungszeitraumlume oder Sachverhalte (sect 194 Abs 1 Satz 2 AO) umfasst die Aumlnderungssperre daher nur den in der

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Pruumlfungsanordnung genannten Teil der Besteuerungsgrundlagen Wenn andererseits das tatsaumlchlichePruumlfungsverhalten uumlber die Pruumlfungsanordnung hinausgeht wird hierdurch keine Aumlnderungssperre nach sect 173 Abs 2 AO ausgeloumlst (BFH-Urteil vom 1121998 I R 8297 BStBl II S 552)

822 Der Eintritt der Aumlnderungssperre ist nicht davon abhaumlngig ob der Auszligenpruumlfer die betreffenden Vorgaumlnge tatsaumlchlich gepruumlft hat ob er sie aus rechtlichen Erwaumlgungen von sich aus nicht aufgegriffenhat oder ob er sie in Uumlbereinstimmung mit der damaligen Verwaltungsauffassung unbeanstandet gelassen hat (BFH-Urteil vom 421987 I R 5886 BStBl 1988 II S 215)

823 Eine Umsatzsteuer-Sonderpruumlfung durch welche auf der Grundlage eingereichter Umsatzsteuer-Voranmeldungen bdquoinsbesondere der Vorsteuerabzugldquo gepruumlft wird bewirkt keine Aumlnderungssperre (BFH-Urteil vom 11111987 X R 5482 BStBl 1988 II S 307)

83 Steuerbescheide sind iSd sect 173 Abs 2 AO auch dann aufgrund einer Auszligenpruumlfung ergangen wenn diese lediglich die in einer Selbstanzeige gemachten Angaben des Steuerpflichtigen bestaumltigt hat (BFH-Urteil vom 4121986 IV R 31284 BFHNV 1987 S 214)

84 Auszligenpruumlfung iSd sect 173 Abs 2 AO ist jede Pruumlfung nach sectsect 193 bis 203 AO

Eine Auszligenpruumlfung kann auch von der Steuerfahndung durchgefuumlhrt werden (sect 208 Abs 2 Nr 1 AO) Fuumlhrt die Steuerfahndung auf der Grundlage einer Pruumlfungsanordnung eine Auszligenpruumlfung nach den sectsect 193 bis 203 AO durch gelten uneingeschraumlnkt die Vorschriften uumlber die Auszligenpruumlfung Eine von der Steuerfahndung durchgefuumlhrte Auszligenpruumlfung hat dementsprechend auch im Hinblick auf die Aumlnderungssperre des sect 173 Abs 2 AO die Wirkung einer Auszligenpruumlfung Ermittlungshandlungen der Steuerfahndung im Zusammenhang mit der Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten nach sect 208 Abs 1 Nr 2 AO und Maszlignahmen der Steuerfahndung auf der Grundlage von sect 208 Abs 1 Nr 1 und 3 AO lassen dagegen die Aumlnderungssperre des sect 173 Abs 2 AO nicht eintreten (BFH-Urteil vom 11121997 V R 5694 BStBl 1998 II S 367)

85 Die Aumlnderungssperre gilt auch in den Faumlllen in denen eine Mitteilung nach sect 202 Abs 1 Satz 3 AO uumlber eine ergebnislose Pruumlfung ergangen ist Eine solche Mitteilung ist jedoch kein Verwaltungsakt der eineallgemeine Aumlnderungssperre fuumlr die in der vorangegangenen Auszligenpruumlfung festgestellten Sachverhalte ausloumlst Sie hindert unter den Voraussetzungen des sect 173 Abs 2 AO nur die Aumlnderung eines Steuerbescheids nach sect 173 Abs 1 AO Der Aumlnderung des Bescheids aufgrund einer anderen Vorschrift (zB sect 164 Abs 2 AO) steht sie nicht entgegen (BFH-Urteile vom 2941987 I R 11883 BStBl 1988 II S 168 und vom 1491993 VIII R 993 BStBl 1995 II S 2)

Die Wirkung einer Mitteilung nach sect 202 Abs 1 Satz 3 AO hat auch der Vermerk im Pruumlfungsbericht dass fuumlr den betreffenden Besteuerungszeitraum oder die betreffende Steuerart bdquokeine Aumlnderungldquo eintritt (BFH-Urteil vom 14121989 III R 15885 BStBl 1990 II S 283) es sei denn dass sich der Vermerk auf einen Besteuerungszeitraum bezieht fuumlr den die Steuer unter Vorbehalt der Nachpruumlfung festgesetzt ist In diesem Fall tritt die Aumlnderungssperre erst dann ein wenn der Vorbehalt der Nachpruumlfung nach sect 164 Abs 3 Satz 3 AO durch foumlrmlichen Bescheid aufgehoben wird

86 Die Frage ob die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung (sect 370 AO) oder leichtfertigen Steuerverkuumlrzung (sect 378 AO) vorliegen und ob damit sect 173 Abs 2 AO einer Aumlnderung nicht entgegensteht ist von der fuumlr die Veranlagung zustaumlndigen Stelle im Benehmen mit der fuumlr Straf- und Buszliggeldsachen zustaumlndigen Stelle zu entscheiden Voraussetzung fuumlr eine Aumlnderung ist nicht dass eine Bestrafung oder Ahndung mit Buszliggeld erfolgt ist Eine Aumlnderung der Steuerfestsetzung ist deshalb auch bei Selbstanzeige (sect 371 AO) Eintritt der Verfolgungsverjaumlhrung (sect 384 AO) odersonstigen Prozesshindernissen moumlglich Die Aumlnderungssperre wird auch dann durchbrochen wenn der Adressat des Steuerbescheids selbst nicht der Taumlter oder Teilnehmer der Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Verkuumlrzung ist (vgl BFH-Urteil vom 14121994 XI R 8092 BStBl 1995 II S 293)

9 Umfang der Aumlnderung

Eine Aumlnderung nach sect 173 AO ist nur soweit zulaumlssig wie sich die neuen Tatsachen oder Beweismittelauswirken (punktuelle Aumlnderung) Sonstige Fehler koumlnnen nur im Rahmen des sect 177 AO beruumlcksichtigt werden (vgl AEAO zu sect 177 AO)

10 Anwendung des sect 173 AO in Feststellungsfaumlllen

101 Nach sect 181 Abs 1 Satz 1 AO gilt sect 173 AO fuumlr die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sinngemaumlszlig Bei einem Feststellungsbescheid kommt es demzufolge fuumlr dieFrage der Zulaumlssigkeit einer Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 AO darauf an ob die neuen Tatsachen oder Beweismittel sich zu Gunsten oder zu Ungunsten des Steuerpflichtigen auswirken dem der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist Dabei kommt es nur auf die Aumlnderungen der festgestellten Besteuerungsgrundlagen selbst an nicht auf die steuerlichen Auswirkungen in den Folgebescheiden (vgl BFH-Urteil vom 2462009 IV R 5506 BStBl 2009 II S 950)

102 Hierbei ist zu unterscheiden ob die Feststellung auf einen Betrag oder auf eine Eigenschaftrechtliche Qualifikation lautet

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1021 Lautet eine gesonderte Feststellung auf einen in Euro bemessenen Betrag (Wert Einkuumlnfte etc) ist bei Anwendung des sect 173 Abs 1 AO auf die Aumlnderungen dieses Betrags abzustellen Erfolgt eine gesonderte Feststellung auch einheitlich (sect 179 Abs 2 Satz 2 AO) ist hierbei nicht auf die Verhaumlltnisse der GesellschaftGemeinschaft insgesamt sondern auf die Verhaumlltnisse jedes einzelnen Feststellungsbeteiligten individuell abzustellen

Bei einer nachtraumlglich bekannt gewordenen steuerrechtlich beachtlichen Gewinnverteilungsabrede sind die Voraussetzungen des sect 173 Abs 1 Nr 1 AO erfuumlllt soweit sich die Gewinnanteile erhoumlhen Der Bescheid ist nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO zu aumlndern soweit sich die Gewinnanteile verringern Auf ein grobes Verschulden am nachtraumlglichen Bekanntwerden einer Gewinnverteilungsabrede kommt es dabei nach sect 173 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AO nicht an weil die nachtraumlglich bekannt gewordene Gewinnverteilungsabrede zugleich bei dem Feststellungsbeteiligten dessen Gewinnanteil sich erhoumlht eine Tatsache iSd sect 173 Abs 1 Nr 1 AO ist (BFH-Urteil vom 2462009 IV R 5506 BStBl 2009 II S 950)

1022 Werden zu einer Feststellung die nicht betragsmaumlszligige Besteuerungsgrundlagen sondern eine Eigenschaft oder rechtliche Bewertung zum Gegenstand hat (zB Art der Einkuumlnfte Grundstuumlcksart Zurechnung des Grundstuumlcks) neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt findet sect 173 Abs 1 Nr 2 AOAnwendung wenn der Steuerpflichtige die Aumlnderung des Feststellungsbescheids begehrt In diesem Fallist die Aumlnderung daher nur zulaumlssig wenn den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden am nachtraumlglichen Bekanntwerden der Tatsachen oder Beweismittel trifft sect 173 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AO bleibt unberuumlhrt sect 173 Abs 1 Nr 1 AO kommt dagegen zur Anwendung wenn das Finanzamt von Amts wegen taumltig wird (vgl das zur Frage der Aumlnderung der Artfeststellung fuumlr ein Grundstuumlck ergangene BFH-Urteil vom 1691987 II R 17885 BStBl 1988 II S 174)

AEAO zu sect 174 - Widerstreitende Steuerfestsetzungen

1 Die Vorschrift eroumlffnet die Moumlglichkeit Vorteile und Nachteile auszugleichen die sich durch Steuerfestsetzungen ergeben haben die inhaltlich einander widersprechen Sie bietet insoweit diegesetzliche Grundlage fuumlr die Aumlnderung einer oder beider Festsetzungen (sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe d AO)

2 Nach sect 174 Abs 1 AO ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu aumlndern wenn ein bestimmter Sachverhalt mehrfach zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger beruumlcksichtigt worden ist obwohl er nur einmal haumltte beruumlcksichtigt werden duumlrfen Hierbei kann es sich um Faumllle handeln in denen zB dieselbe Einnahme irrtuumlmlich verschiedenen Steuerpflichtigen verschiedenen Steuern oder verschiedenen Besteuerungszeitraumlumen zugeordnet worden ist Auch die Faumllle in denen mehrere Finanzaumlmter gegen denselben Steuerpflichtigen fuumlr dieselbe Steuer und denselben Besteuerungszeitraum Steuerbescheide erlassen haben fallen hierunter

Der fehlerhafte Steuerbescheid ist in den Faumlllen des sect 174 Abs 1 AO nur auf Antrag aufzuheben oder zu aumlndern Hat der Steuerpflichtige faumllschlich nur einen Antrag auf Aumlnderung des rechtmaumlszligigen Steuerbescheids gestellt ist der Antrag allgemein als Antrag auf Beseitigung der widerstreitenden Festsetzung zu behandeln Die Antragsfrist (sect 174 Abs 1 Satz 2 AO) ist eine gesetzliche Frist iSdsect 110 AO Uumlber den fristgerecht gestellten Antrag kann auch noch nach Ablauf der Jahresfrist entschieden werden

3 sect 174 Abs 2 AO regelt in entsprechender Anwendung des sect 174 Abs 1 AO die Faumllle dass ein bestimmter Sachverhalt mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger beruumlcksichtigtworden ist Die Aumlnderung des fehlerhaften Steuerbescheids ist von Amts wegen vorzunehmen EineAumlnderung nach sect 174 Abs 2 AO ist nicht auf den Fall der irrtuumlmlichen Doppelberuumlcksichtigung eines bestimmten Sachverhaltes beschraumlnkt sie kommt auch bei bewusst herbeigefuumlhrten widerstreitenden Steuerfestsetzungen in Betracht (vgl BFH-Urteil vom 691995 XI R 3795 BStBl 1996 II S 148)

Unter den Begriff des Antrages oder einer Erklaumlrung des Steuerpflichtigen iSd Vorschrift fallen auch formlose Mitteilungen und Auskuumlnfte auszligerhalb des Steuererklaumlrungsvordrucks (vgl BFH-Urteil vom 13111996 XI R 6196 BStBl 1997 II S 170) sowie fuumlr den Beteiligten von Dritten abgegebene Erklaumlrungen (zB im Rahmen des sect 80 Abs 1 und 4 AO sect 200 Abs 1 AO)

4 Ein bdquoWiderstreitldquo iSd sect 174 Abs 1 und 2 AO setzt voraus dass die in verschiedenen Steuerbescheiden vorgenommenen Feststellungen bzw Besteuerungen aufgrund der materiellen Rechtslage nicht miteinander vereinbar sind Sie stehen im Widerspruch zueinander da nur einer der beiden Steuerbescheide und die darin angeordnete Rechtsfolge zutreffend sein kann Nach materiellem Recht muss sich die mehrfache Erfassung eines bestimmten Sachverhaltes zwingend ausschlieszligen

5 In unionskonformer Auslegung des sect 174 Abs 1 und 2 AO kann auch ein Steuerbescheid der von einer Finanzbehoumlrde eines anderen Mitgliedstaates der Europaumlischen Union oder eines Staates auf den das Abkommen uumlber den Europaumlischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) Anwendung findet erlassen wurde eine widerstreitende Steuerfestsetzung iSd sect 174 Abs 1 oder 2 AO begruumlnden (BFH-Urteil vom952012 I R 7310 BStBl 2013 II S 566) Die Aumlnderung eines inlaumlndischen Steuerbescheids nach sect 174 Abs 1 oder 2 AO setzt voraus dass eine aus innerstaatlicher Sicht rechtswidrigefehlerhafte Behandlung des Sachverhaltes im inlaumlndischen Steuerbescheid vorliegt Ein rechtmaumlszligiger

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Steuerbescheid kann nicht nach sect 174 Abs 1 oder 2 AO geaumlndert werden (vgl BFH-Urteil vom 1762006 II R 4804 BFHNV S 1611 mwN) Auch eine spaumlter eingetretene Rechtswidrigkeit aufgrund ruumlckwirkender geaumlnderter Rechtslage (neue oder geaumlnderte Rechtsnorm) oder ruumlckwirkenderEreignisse berechtigt nicht zu einer Aumlnderung nach sect 174 Abs 1 und 2 AO

Bei einem Antrag auf Aumlnderung eines von einer inlaumlndischen Finanzbehoumlrde erlassenen Steuerbescheids zugunsten eines Steuerpflichtigen liegt die objektive Feststellungslast im Hinblick auf den auslaumlndischen Steuerbescheid bei dem Steuerpflichtigen Zudem trifft ihn insoweit eine erhoumlhte Mitwirkungspflicht (sect 90 Abs 2 AO)

Beispiel

Die inlaumlndische Finanzbehoumlrde hat bei der Festsetzung der Einkommensteuer Einkuumlnfte als steuerpflichtig beruumlcksichtigt Der Einkommensteuerbescheid wird bestandskraumlftig Der Steuerpflichtige beantragt ein Jahr spaumlter die Aumlnderung dieses Einkommensteuerbescheids da die fraglichen Einkuumlnfte auch in den Niederlanden versteuert worden seien

Zu pruumlfen ist zunaumlchst ob Deutschland insoweit ein Besteuerungsrecht hatte Wenn dies zu verneinen ist muss als weitere Voraussetzung eine mehrfache und mit dem materiellen Recht unvereinbare Beruumlcksichtigung dieser Einkuumlnfte in verschiedenen Steuerbescheiden vorliegen Der Steuerpflichtige hat zum einen darzulegen dass die Besteuerung im Inland rechtswidrig bzw fehlerhaft war und zum anderen nachzuweisen dass eine Besteuerung des Sachverhalts in den Niederlanden stattgefunden hat

Nach sect 174 Abs 1 AO ist der inlaumlndische Einkommensteuerbescheid zu aumlndern wenn dieser aus innerstaatlicher Sicht rechtswidrigfehlerhaft war und tatsaumlchlich eine Besteuerung des gleichen Sachverhaltes (Einkuumlnfte) in den Niederlanden stattgefunden hat

sect 174 Abs 1 und 2 AO findet keine Anwendung bei Unstimmigkeiten zwischen den Vertragsstaaten uumlber die Ausuumlbung von Besteuerungsrechten (z B Verrechnungspreisfaumllle Cash-Pooling konkurrierende Besteuerungen bzw Anwendung von Ruumlckfallklauseln etc) Die Regelungen des sect 174 AO stehen auch nicht in Konkurrenz bzw Widerspruch zu Verstaumlndigungs- oder Schiedsverfahren nach den DBA vgl dazu auch sect 175a AO

6 sect 174 Abs 3 AO erfasst die Faumllle in denen bei einer Steuerfestsetzung ein bestimmter Sachverhalt in der erkennbaren Annahme nicht beruumlcksichtigt worden ist dass der Sachverhalt nur Bedeutung fuumlr eine andere Steuer einen anderen Besteuerungszeitraum oder einen anderen Steuerpflichtigen habe Dieser andere Bescheid muss nicht notwendigerweise schon erlassen worden sein oder spaumlter erlassen werden (vgl BFH-Urteil vom 2952001 VIII R 1900 BStBl II S 743) Der Anwendung des sect 174 Abs 3 AO steht auch nicht entgegen dass die Finanzbehoumlrde in der (erkennbaren) Annahme ein bestimmter Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu beruumlcksichtigen zunaumlchst uumlberhaupt keinen Steuerbescheid erlaumlsst (BFH-Urteil vom 2351996 IV R 4995 BFHNV 1997 S 89)

Die Annahme der bestimmte Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu erfassen muss fuumlr den Steuerpflichtigen erkennbar und fuumlr die Nichtberuumlcksichtigung kausal geworden sein Die Erkennbarkeit ist gegeben wenn der Steuerpflichtige die (spaumlter als fehlerhaft erkannte) Annahme des Finanzamts auch ohne entsprechenden Hinweis aus dem gesamten Sachverhaltsablauf allein aufgrund verstaumlndiger Wuumlrdigung des fehlerhaften Bescheids erkennen konnte (BFH-Urteil vom 21121984 III R 7581 BStBl 1985 II S 283 und BFH-Beschluss vom 15101998 IV B 1598 BFHNV 1999 S 449) An der Kausalitaumlt fehlt es dagegen wenn die Nichtberuumlcksichtigung darauf beruht dass das Finanzamt von dem bestimmten Sachverhalt gar keine Kenntnis hatte oder annahm dieser Sachverhalt sei - jetzt und auch spaumlter - ohne steuerliche Bedeutung (BFH-Urteil vom 2952001 VIII R 1900 aaO)

Beispiel

Die Finanzbehoumlrde hat bei der Festsetzung der Einkommensteuer am 3112 entstandene Aufwendungen nicht zum Abzug als Sonderausgaben zugelassen weil sie der Auffassung war dass die Sonderausgaben erst im naumlchsten Veranlagungszeitraum abzugsfaumlhig seien (sect 11 Abs 1 Satz 2 EStG) Stellt sich die Annahme spaumlter als unrichtig heraus so kann die Steuerfestsetzung bei der die Beruumlcksichtigung des Sachverhaltes unterblieben ist insoweit trotz etwa eingetretener Bestandskraft noch geaumlndert werden zeitlich jedoch nur bis zum Ablauf der fuumlr die andere Steuerfestsetzung laufenden Festsetzungsfrist

Die irrige Annahme der Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu beruumlcksichtigen muss von dem fuumlr die Steuerfestsetzung zustaumlndigen Amtstraumlger gemacht worden sein (vgl BFH-Urteil vom 2952001 VIII R 1900 aaO)

7 sect 174 Abs 4 AO ergaumlnzt die Regelung des sect 174 Abs 3 AO um die Faumllle in denen eine Steuerfestsetzung auf Antrag oder im Rechtsbehelfsverfahren zugunsten des Steuerpflichtigen geaumlndert worden ist Der Aumlnderung nach sect 174 Abs 4 AO steht nicht entgegen dass der gleiche Sachverhalt sowohl in dem zugunsten des Steuerpflichtigen geaumlnderten Steuerbescheid als auch in dem zu aumlndernden Bescheid steuerlich zu beruumlcksichtigen ist (vgl BFH-Urteil vom 1821997 VIII R 5495 BStBl II S 647) Bei der Anwendung der Vorschrift ist zu beruumlcksichtigen dass sect 174 Abs 4 AO den Ausgleich einer zugunsten des Steuerpflichtigen eingetretenen Aumlnderung bezweckt Derjenige der

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erfolgreich fuumlr seine Rechtsansicht gestritten hat muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen Die Vorschrift laumlsst es hingegen nicht zu dass die zugunsten erwirkte Aumlnderung auf bestandskraumlftige andere Bescheide uumlbertragen wird (vgl BFH-Urteil vom 1031999 XI R 2898 BStBl II S 475)

Beispiele

a) Die Finanzbehoumlrde hat einen Veraumluszligerungsgewinn bei der Festsetzung der Einkommensteuer erfasst Der Steuerpflichtige macht im Rechtsbehelfsverfahren mit Erfolg geltend dass der Veraumluszligerungsgewinn erst im folgenden Veranlagungszeitraum zu beruumlcksichtigen sei Unter den Voraussetzungen des sect 174 Abs 4 AO kann die Erfassung des Veraumluszligerungsgewinnes in dem folgenden Veranlagungszeitraum nachgeholt werden auch wenn die hierfuumlr maszliggebliche Steuerfestsetzung bereits unanfechtbar geworden ist oder die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war

b) Der Steuerpflichtige erreicht wegen eines in einem Veranlagungszeitraum erzielten Einnahmeuumlberschusses eine geaumlnderte Beurteilung der Einkuumlnfteerzielungsabsicht und damit die Beruumlcksichtigung des Werbungskostenuumlberschusses in den angefochtenen Steuerbescheiden Das Finanzamt kann den bisher unberuumlcksichtigt gebliebenen Einnahmeuumlberschuss nachtraumlglich durch Aumlnderung des fuumlr diesen Veranlagungszeitraum bestandskraumlftig gewordenen Steuerbescheids nach sect 174 Abs 4 AO erfassen (vgl BFH-Urteil vom 1821997 VIII R 5495 aa0)

8 Nach sect 174 Abs 4 iVm Abs 5 AO koumlnnen zur Richtigstellung einer irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhaltes steuerrechtliche Folgerungen auch zu Lasten eines bereits bestandskraumlftig beschiedenen Dritten gezogen werden Dritter ist wer im urspruumlnglichen Bescheid nicht als Inhaltsadressat angegeben war (vgl BFH-Urteil vom 821995 I R 12793 BStBl II S 764 und vgl AEAO zu sect 122 Nr 131) Inhaltsadressat eines Feststellungsbescheids - und damit nicht Dritter iSd sect 174 Abs 5 AO - ist derjenige dem der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist Gesellschafter einer Personengesellschaft sind daher im Gewinnfeststellungsverfahren nicht Dritte iSd sect 174 Abs 5 AO (BFH-Urteil vom 1562004 VIII R 702 BStBl II S 914)

Der Erlass oder die Aumlnderung eines Steuerbescheids gegenuumlber dem Dritten setzt voraus dass dieser vor Ablauf der Festsetzungsfrist fuumlr den gegen ihn gerichteten Steueranspruch zu dem Verfahren daszur Aufhebung oder Aumlnderung des fehlerhaften Steuerbescheids gefuumlhrt hat hinzugezogen oder beigeladen worden ist (BFH-Urteil vom 1342000 V R 2599 BFHNV 2001 S 137) Die Finanzbehoumlrde muss daher die Hinzuziehung eines in Betracht kommenden Dritten rechtzeitig vornehmen oder im finanzgerichtlichen Verfahren dessen Beiladung durch rechtzeitige Antragstellung veranlassen (zum Antrag auf Beiladung vgl BFH-Beschluss vom 22121988 VIII B 13187 BStBl 1989 II S 314) sect 174 Abs 5 Satz 2 AO ist selbst Rechtsgrundlage fuumlr die Beteiligung des Dritten ohne dass die Voraussetzungen des sect 360 Abs 3 AO und des sect 60 FGO vorliegen muumlssen (vgl BFH-Beschluss vom 1751994 IV B 8493 BFHNV 1995 S 87) Schon die Moumlglichkeit dass ein Steuerbescheid wegen irrtuumlmlicher Beurteilung eines Sachverhalts aufzuheben oder zu aumlndern ist und hieraus Folgen fuumlr einen Dritten zu ziehen sind rechtfertigt die Hinzuziehung des Dritten (BFH-Beschluumlsse vom 411996 X B 14995 BFHNV S 453 vom 3011996 VIII B 2095 BFHNV S 524 und vom 2781998 III B 4198 BFHNV 1999 S 156)

Eine Hinzuziehung oder Beiladung kommt grundsaumltzlich nicht mehr in Betracht wenn gegenuumlber dem Dritten im Zeitpunkt der beabsichtigten Hinzuziehung oder Beiladung die Festsetzungsfrist fuumlr den gegen ihn gerichteten Steueranspruch bereits abgelaufen ist (vgl BFH-Urteil vom 551993 X R 11191 BStBlII S 817) Hat der Dritte aber durch eigene verfahrensrechtliche Initiativen auf die Aumlnderung oder die Aufhebung des fehlerhaften Bescheids hingewirkt kann er auch noch nach Ablauf der Festsetzungsfrist hinzugezogen oder beigeladen werden (vgl BFH-Urteil vom 10111993 I R 2093 BStBl 1994 II S 327) es reicht aber nicht aus dass der Dritte den Widerstreit von Steuerfestsetzungen lediglich kennt

Weil sich die Frage welches die bdquorichtigen steuerlichen Folgerungenldquo sind verbindlich im Ausgangsverfahren entscheidet (vgl BFH-Urteile vom 24111987 IX R 15883 BStBl 1988 II S 404 und vom 381988 I R 11584 BFHNV 1989 S 482) und der Dritte durch die Ausgangsentscheidung beschwert ist (vgl BFH-Urteil vom 2271980 VIII R 11478 BStBl 1981 II S 101) muss ihm die Moumlglichkeit eroumlffnet sein sich im Ausgangsverfahren rechtliches Gehoumlr zu verschaffen und auf das Verfahren dort Einfluss zu nehmen Korrekturbescheide und abschlieszligende Entscheidungen muumlssen auch dem Dritten bekannt gegeben werden damit auch dieser die Moumlglichkeit hat hiergegen Rechtsbehelf einzulegen (BFH-Urteile vom 1141991 V R 4086 BStBl II S 605 und vom 2671995 X R 4592 BFHNV 1996 S 195) Eine Entscheidung durch Abhilfebescheid (sect 172 Abs 1 Nr 2 Buchstabe a AO) durch die es einer Einspruchsentscheidung nicht mehr bedarf wahrt die Rechte des Hinzugezogenen nur wenn sie seinem Antrag der Sache nach entspricht oder wenn er ihr zustimmt (BFH-Urteile vom 1141991 V R 4086 aaO vom 2051992 III R 17690 BFHNV 1993 S 74 und vom 551993 X R 11191 BStBl II S 817)

Eine Hinzuziehung oder Beiladung des Dritten ist nur dann entbehrlich wenn er VerfahrensbeteiligteriSd sect 359 AO oder sect 57 FGO war oder durch eigene verfahrensrechtliche Initiativen auf die Aumlnderung

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oder Aufhebung des fehlerhaften Steuerbescheids hingewirkt hat (BFH-Urteile vom 821995 I R 12793 aaO und vom 2731996 I R 10094 BFHNV S 798)

9 sect 174 Abs 4 und 5 AO ist nicht auf die Faumllle einer alternativen Erfassung bestimmter Sachverhalte entweder beim Steuerpflichtigen oder bei dem Dritten beschraumlnkt bdquoBestimmter Sachverhaltldquo ist ein einheitlicher deckungsgleicher Lebensvorgang aus dem steuerrechtliche Folgen sowohl bei dem Steuerpflichtigen als auch bei dem Dritten zu ziehen sind Die steuerrechtlichen Folgen brauchen bei beiden nicht die Gleichen zu sein Aufgrund ein und desselben Sachverhalts kann beim Steuerpflichtigen eine abziehbare Ausgabe und beim Dritten eine Einnahme in Betracht kommen (BFH-Urteil vom 24111987 IX R 15883 BStBl 1988 II S 404 und BFH-Beschluss vom 2121999 II B 1799 BFHNV 2000 S 679)

AEAO zu sect 175 - Aufhebung oder Aumlnderung von Steuerbescheiden in sonstigen Faumlllen

1 Aufhebung oder Aumlnderung von Folgebescheiden nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO

11 Grundlagenbescheide iSd sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO sind Feststellungsbescheide Steuermessbescheide oder sonstige fuumlr eine Steuerfestsetzung bindende Verwaltungsakte (sect 171 Abs 10 AO) Auch Verwaltungsakte anderer Behoumlrden die keine Finanzbehoumlrden sind koumlnnen Grundlagenbescheide sein (zB Verwaltungsakte der zustaumlndigen Behoumlrden die den Grad einer Behinderung iSd sect 33b EStG feststellen)

12 Die Anpassung des Folgebescheids an einen Grundlagenbescheid steht nicht im Ermessen der Finanzbehoumlrde (BFH-Urteil vom 1061999 IV R 2598 BStBl II S 545) Der vom Grundlagenbescheidausgehenden Bindungswirkung (sect 182 Abs 1 AO) ist durch Aumlnderung des Folgebescheids nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO Rechnung zu tragen wenn der Folgebescheid die mit dem Grundlagenbescheid getroffene Feststellung nicht oder nicht zutreffend beruumlcksichtigt Eine Anpassung des Folgebescheids an den Grundlagenbescheid nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO ist auch dann vorzunehmen wenn der Grundlagenbescheid

- erst nach Erlass des Folgebescheids ergangen ist (sectsect 155 Abs 2 und 162 Abs 5 AO)

- bei Erlass des Folgebescheids uumlbersehen wurde (BFH-Urteile vom 981983 VIII R 5582 BStBl 1984 II S 86 und vom 6111985 II R 25583 BStBl 1986 II S 168 vgl BFH-Urteil vom 1672003 X R 3799 BStBl II S 867 zur Anwendbarkeit des sect 129 AO wenn die Finanzbehoumlrde die Auswertung des Grundlagenbescheids nicht bewusst unterlassen hat)

- bei Erlass des Folgebescheids bereits vorlag die im Grundlagenbescheid getroffenen Feststellungen aber fehlerhaft beruumlcksichtigt worden sind (BFH-Urteile vom 1441988 IV R 21985 BStBl II S 711 vom 491996 XI R 5096 BStBl 1997 II S 261 und vom 1061999 IV R 2598 aaO)

13 Wird ein Grundlagenbescheid ersatzlos aufgehoben so eroumlffnet dies dem fuumlr den Erlass des Folgebescheids zustaumlndigen Finanzamt die Moumlglichkeit den Sachverhalt der bisher Gegenstand des Feststellungsverfahrens war selbstaumlndig zu beurteilen und den Folgebescheid insoweit nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO zu aumlndern (BFH-Urteile vom 2561991 IX R 5788 BStBl II S 821 und vom 2431998 I R 8397 BStBl II S 601) Das Gleiche gilt wenn ein zunaumlchst eingeleitetes Feststellungsverfahren zu einem sog negativen Feststellungsbescheid fuumlhrt (BFH-Urteil vom 1151993 IX R 2790 BStBl II S 820) oder wenn einzelne Besteuerungsgrundlagen nachtraumlglich aus dem Feststellungsverfahren ausgeschieden werden (BFH-Urteile vom 1141990 I R 8286 BFHNV 1991 S 143 vom 2561991 IX R 5788 aaO vom 1471993 X R 3490 BStBl 1994 II S 77 und vom 7121993 IX R 13492 BFHNV 1994 S 547 sowie BFH-Beschluss vom 891998 IX B 7198 BFHNV 1999 S 157)

14 Sind die Voraussetzungen fuumlr eine Steuerverguumlnstigung durch einen auszligersteuerlichen Grundlagenbescheid nachzuweisen so steht der Anpassung des Steuerbescheids (Folgebescheid) an den Grundlagenbescheid nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO nicht entgegen dass der Steuerpflichtige den fuumlr die Steuerverguumlnstigung erforderlichen aber nicht fristgebundenen Antrag erst nach Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids gestellt hat (BFH-Urteil vom 13121985 III R 20481 BStBl 1986 II S 245)

2 Aufhebung oder Aumlnderung von Steuerbescheiden wegen Eintritts eines ruumlckwirkenden Ereignisses (sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO)

21 Die Aufhebung oder Aumlnderung eines Steuerbescheids nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO setzt voraus dass nachtraumlglich ein Ereignis eingetreten ist das steuerliche Wirkung fuumlr die Vergangenheit hat Hierzu rechnen alle rechtlich bedeutsamen Vorgaumlnge aber auch tatsaumlchlichen Lebensvorgaumlnge die steuerlich shyungeachtet der zivilrechtlichen Wirkungen - in der Weise Ruumlckwirkung entfalten dass nunmehr der veraumlnderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist (BFH-Beschluss GrS vom 1971993 GrS 292 BStBl II S 897 mwN)

22 Ob einer nachtraumlglichen Aumlnderung des Sachverhaltes ruumlckwirkende steuerliche Bedeutung zukommt bestimmt sich allein nach dem jeweils einschlaumlgigen materiellen Steuerrecht Nach diesem ist zu

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beurteilen ob zum einen eine Aumlnderung des urspruumlnglich gegebenen Sachverhalts den Steuertatbestand uumlberhaupt betrifft und ob sich daruumlber hinaus der bereits entstandene materielle Steueranspruch mit steuerlicher Ruumlckwirkung aumlndert (BFH-Beschluss GrS vom 1971993 GrS 292 aaO)

Der Fall eines ruumlckwirkenden Ereignisses liegt vor allem dann vor wenn die Besteuerung nach dem maszliggeblichen Einzelsteuergesetz nicht an Lebensvorgaumlnge sondern unmittelbar oder mittelbar an Rechtsgeschaumlfte Rechtsverhaumlltnisse oder Verwaltungsakte anknuumlpft und diese Umstaumlnde nachtraumlglich mit Wirkung fuumlr die Vergangenheit gestaltet werden (BFH-Urteil vom 2141988 IV R 21585 BStBl II S 863)

Nach sect 175 Abs 2 Satz 2 AO gilt die nachtraumlgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestaumltigung nicht als ruumlckwirkendes Ereignis sect 175 Abs 2 Satz 2 AO ist nicht auf die Bescheinigung der anrechenbaren Koumlrperschaftsteuer bei verdeckten Gewinnausschuumlttungen anzuwenden (siehe hierzu und zum Anwendungszeitraum der Vorschrift Art 97 sect 9 Abs 3 EGAO) Beweismittel die ausschlieszliglich dazu dienen eine steuerrechtlich relevante Tatsache zu belegen und die als solche keinen Eingang in eine materielle Steuerrechtsnorm gefunden haben sind auch dann kein ruumlckwirkendes Ereignis iSd sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO wenn sie erst nach Bestandskraft eines Bescheids beschafft werden koumlnnen ggf kommt hier aber sect 173 AO zur Anwendung

Eine ruumlckwirkende Aumlnderung steuerrechtlicher Normen ist kein ruumlckwirkendes Ereignis iSd sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO (BFH-Urteil vom 981990 X R 588 BStBl 1991 II S 55)

Auch eine Entscheidung des BVerfG stellt kein ruumlckwirkendes Ereignis iSv sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO dar (vgl ua BFH-Urteil vom 1252009 IX R 4508 BStBl II S 891)

23 Die Aumlnderung des Steuerbescheids nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 ist AO nur zulaumlssig wenn das ruumlckwirkende Ereignis nachtraumlglich dh nach Entstehung des Steueranspruchs und nach dem Erlass des Steuerbescheids (ggf des zuletzt erlassenen Aumlnderungsbescheids) eingetreten ist Die Voraussetzungen des sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO liegen nicht vor wenn das Finanzamt - wie im Fall des sect 173 Abs 1 AO - lediglich nachtraumlglich Kenntnis von einem bereits gegebenen Sachverhalt erlangt (vgl BFH-Urteil vom 632003 XI R 1302 BStBl II S 554)

Ist im Einzelfall die Aumlnderung des Steuerbescheids nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO ausgeschlossen kann in Faumlllen in denen das Ereignis zwar schon vor Erlass des Steuerbescheids eingetreten dem Finanzamt jedoch erst nachtraumlglich bekannt geworden ist die Aumlnderung des Steuerbescheids nach sect 173 Abs 1 AO in Betracht kommen (vgl BFH-Urteil vom 1731994 V R 12391 BFHNV 1995 S 274)

24 Beispiele fuumlr ruumlckwirkende Ereignisse

Einkommensteuer

- sect 4 Abs 2 Satz 1 EStG

Wird ein fuumlr das Betriebsvermoumlgen am Schluss des Wirtschaftsjahres maszliggebender Wertansatz korrigiert der sich auf die Houmlhe des Gewinns der Folgejahre auswirkt so stellt dies ein Ereignis mit steuerlicher Ruumlckwirkung hinsichtlich der Veranlagung fuumlr die Folgejahre dar (BFH-Urteil vom 3062005 IV R 1104 BStBl II S 809) Zu den Auswirkungen auf die Verzinsung nach sect 233a AO vgl AEAO zu sect 233a Nr 1032

- sect 6 Abs 1 Nr 1a EStG

Wird nachtraumlglich die 15-Grenze iSd sect 6 Abs 1 Nr 1a EStG uumlberschritten so stellt dies ein ruumlckwirkendes Ereignis dar

- sect 6b EStG

Die Ruumlcklage nach sect 6b Abs 3 EStG kann vom Steuerpflichtigen ruumlckwirkend aufgestockt werden wenn sich der Veraumluszligerungspreis in einem spaumlteren Veranlagungszeitraum erhoumlht (vgl BFH-Urteil vom 1392000 X R 14897 BStBl 2001 II S 641)

- sect 10 EStG (Folgen der Erstattung von Sonderausgaben in einem spaumlteren Veranlagungszeitraum)

Werden gezahlte Sonderausgaben in einem spaumlteren Veranlagungszeitraum an den Steuerpflichtigen erstattet ist der Erstattungsbetrag im Erstattungsjahr mit gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen Ist im Jahr der Erstattung der Sonderausgaben an den Steuerpflichtigen ein Ausgleich mit gleichartigen Aufwendungen nicht oder nicht in voller Houmlhe moumlglich so ist der Sonderausgabenabzug des Jahres der Verausgabung ruumlckwirkend zu mindern (BFH-Urteil vom 772004 XI R 1004 BStBl II S 1058 und vom 2172009 X R 3207 BStBl 2010 II S 38) Ab Veranlagungszeitraum 2012 ist bei den Aufwendungen iSd sect 10 Abs 1 Nr 2 bis 3a EStG nach sect 10 Abs 4b Satz 2 EStG ein Erstattungsbetrag innerhalb des Veranlagungszeitraums mit anderen Aufwendungen der jeweiligen Nummer zu verrechnen ein Erstattungsuumlberhang erhoumlht in den Faumlllen des sect 10 Abs 1 Nr 3 und 4 EStG nach sect 10 Abs 4b Satz 3 EStG dann den Gesamtbetrag der Einkuumlnfte

-sect 10 Abs 1 Nr 1 EStG

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Wird nach Eintritt der Bestandskraft sowohl die Zustimmung zur Anwendung des Realsplittings erteilt als auch der Antrag nach sect 10 Abs 1 Nr 1 EStG gestellt liegen die Voraussetzungen fuumlr eine Aumlnderung nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO vor (BFH-Urteil vom 1271989 X R 884 BStBl II S 957) Auch die nachtraumlgliche betragsmaumlszligige Erweiterung eines bereits vorliegenden Antrags stellt iVm der erweiterten Zustimmungserklaumlrung ein ruumlckwirkendes Ereignis dar (BFH-Urteil vom 2862006 XI R 3205 BStBl 2007 II S 5)

- sect 14a Abs 4 EStG

Die Steuerbeguumlnstigung der vorgezogenen Abfindung steht unter dem Gesetzesvorbehalt dass der Abgefundene nicht doch noch den Betrieb uumlbernimmt oder der Betrieb nicht vorher verkauft wurde (vgl BFH-Urteil vom 431993 IV R 11092 BStBl II S 788) Entsprechende fuumlr die Beguumlnstigung schaumldliche Handlungen sind als ruumlckwirkende Ereignisse anzusehen (vgl BFH-Urteil vom 23112000 IV R 8599 BStBl 2001 II S 122)

- sect 16 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG

Wird die gestundete Kaufpreisforderung fuumlr die Veraumluszligerung eines Gewerbebetriebs in einem spaumlteren VZ ganz oder teilweise uneinbringlich so stellt dies ein Ereignis mit steuerlicher Ruumlckwirkung auf den Zeitpunkt der Veraumluszligerung dar (BFH-Urteil vom 1971993 GrS 292 BStBl II S 897)

Die Zahlung von Schadensersatzleistungen fuumlr betriebliche Schaumlden nach Betriebsaufgabe beeinflusst die Houmlhe des Aufgabegewinns weil sie ein ruumlckwirkendes Ereignis auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe darstellt (BFH-Urteil vom 1021994 IV R 3792 BStBl II S 564)

- sect 16 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG

Die spaumltere vergleichsweise Festlegung eines strittigen Veraumluszligerungspreises ist auf den Zeitpunkt der Realisierung des Veraumluszligerungsgewinns zuruumlckzubeziehen (BFH-Urteil vom 2671984 IV R 1083 BStBl II S 786)

Scheidet ein Kommanditist aus einer KG aus und bleibt sein bisheriges Gesellschafterdarlehen bestehen so ist wenn diese Forderung spaumlter wertlos wird sein Veraumluszligerungs- bzw Aufgabegewinn mit steuerlicher Wirkung fuumlr die Vergangenheit gemindert (BFH-Urteil vom 14121994 X R 12892 BStBl 1995 II S 465)

- sect 17 EStG

Fallen nach Aufloumlsung einer Kapitalgesellschaft nachtraumlgliche Anschaffungskosten fuumlr eine Beteiligung iSd sect 17 Abs 2 Satz 1 EStG an koumlnnen diese bei der Ermittlung des Aufloumlsungsgewinns als ruumlckwirkendes Ereignis beruumlcksichtigt werden (vgl BFH-Urteil vom 2101984 VIII R 2084 BStBl 1985 II S 428)

Wird der Verkauf eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft (wesentliche Beteiligung iSv sect 17 EStG) nach Uumlbertragung des Anteils und vollstaumlndiger Bezahlung des Kaufpreises durch den Abschluss eines auszligergerichtlichen Vergleiches mit dem die Vertragsparteien den Rechtsstreit uumlber den Eintritt einer im Kaufvertrag vereinbarten aufloumlsenden Bedingung beilegen ruumlckgaumlngig gemacht so ist dies ein Ereignis mit steuerlicher Ruumlckwirkung auf den Zeitpunkt der Veraumluszligerung (BFH-Urteil vom 1982003 VIII R 6702 BStBl 2004 II S 107)

- sect 22 Nr 1 Satz 3 EStG

Wird eine Rente ruumlckwirkend zugebilligt und faumlllt dadurch ruumlckwirkend ganz oder teilweise der Anspruch auf Sozialleistungen (zB Kranken- oder Arbeitslosengeld) weg sind die bisher im Rahmen des Progressionsvorbehalts beruumlcksichtigten Leistungen als Rentenzahlung anzusehen und nach sect 22 Nr 1 Satz 3 Buchstabe a EStG der Besteuerung zu unterwerfen (vgl R 32b Abs 4 EStR 2012)

- sect 22 Nr 3 EStG

Fallen Werbungskosten fuumlr einmalige (sonstige) Leistungen (sect 22 Nr 3 EStG) nachtraumlglich an und war ihre Entstehung im Jahr des Zuflusses der Einnahme nicht vorhersehbar ist die Veranlagung des Zuflussjahres nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu aumlndern (BFH-Urteil vom 361992 X R 9190 BStBl II S 1017)

Wird ein nach sect 22 Nr 3 EStG steuerbares Entgelt fuumlr ein Vorkaufsrecht auf den Kaufpreis eines spaumlter zustande kommenden Kaufvertrags angerechnet fuumlhrt dies zum ruumlckwirkenden Wegfall des zunaumlchst angenommenen Tatbestands der Einkuumlnfte aus Leistungen (BFH-Urteil vom 1081994 X R 4291 BStBl 1995 II S 57)

- sectsect 26 bis 26b EStG

Waumlhlt ein EhegatteLebenspartner vor Bestandskraft des ihm gegenuumlber ergangenen Bescheides die getrennte Veranlagung (ab VZ 2013 Einzelveranlagung nach sect 26a EStG) sind die EhegattenLebenspartner auch dann getrennteinzeln zu veranlagen wenn der gegenuumlber dem anderen EhegattenLebenspartner ergangene Zusammenveranlagungsbescheid bereits bestandskraumlftig geworden ist Der Antrag auf getrennte VeranlagungEinzelveranlagung stellt hinsichtlich des

149

Zusammenveranlagungsbescheids des anderen EhegattenLebenspartners ein ruumlckwirkendes Ereignis mit der Folge dar dass dieser nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu aumlndern ist und die Festsetzungsfrist ihm gegenuumlber mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt in dem der Antrag auf getrennte Veranlagung gestellt wird (BFH-Urteile vom 332005 III R 2202 BStBl II S 690 und vom 2872005 III R 4803 BStBl II S 865)

Widerruft ein EhegatteLebenspartner im Zuge der Veranlagung seinen Antrag auf getrennte VeranlagungEinzelveranlagung ist die bestandskraumlftige Veranlagung des anderen EheshygattenLebenspartners nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO aufzuheben Zur Verzinsung vgl Nr 1021 des AEAO zu sect 233a

- sect 32 Abs 6 Satz 6 EStG

Der Antrag zur Uumlbertragung des KinderfreibetragsBetreuungsfreibetrags nach Eintritt der Bestandskraft stellt ein ruumlckwirkendes Ereignis dar (BMF-Schreiben vom 2862013 BStBl I S 845)

Doppelbesteuerungsabkommen

Soweit in einem DBA eine sog Ruumlckfallklausel enthalten ist sind Einkuumlnfte fuumlr die nach dem DBA dem auslaumlndischen Staat das Besteuerungsrecht zugewiesen worden ist aber dort deshalb nicht versteuert werden weil der Stpfl keine Steuererklaumlrung abgegeben hat nicht unter Progressionsvorbehalt freizustellen sondern im Inland voll zu besteuern Sollte nachtraumlglich eine Besteuerung im Ausland erfolgen so liegt ein Ereignis vor das gem sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zuruumlckwirkt und eine Korrektur des im Inland bestandskraumlftigen Steuerbescheids rechtfertigt (vgl BFH-Urteil vom 1161996 I R 896 BStBl 1997 II S 117)

Umsatzsteuer

- sect 14c Abs 1 Satz 1 UStG

Weist ein Unternehmer in einer Rechnung Umsatzsteuer gesondert erst zu einem Zeitpunkt aus in dem die urspruumlnglich entstandene Steuer fuumlr seine Leistung wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr erhoben werden kann so schuldet er die ausgewiesene Steuer nach sect 14c Abs 1 Satz 1 UStG In diesem Fall liegt ein ruumlckwirkendes Ereignis iSd sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO vor (BFH-Urteil vom 13112003 V R 7901 BStBl 2004 II S 375)

- sectsect 9 15 Abs 1 Nr 1 UStG

Macht der leistende Unternehmer den Verzicht auf die Steuerbefreiung ruumlckgaumlngig wird der Umsatz ruumlckwirkend wieder steuerfrei so dass eine Steuer fuumlr den berechneten Umsatz nicht mehr geschuldet wird Der Leistungsempfaumlnger verliert den Vorsteuerabzug ruumlckwirkend im Jahr des Leistungsbezugs unabhaumlngig davon dass der leistende Unternehmer die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer bis zur Rechnungsberichtigung gem sect 14c Abs 1 UStG schuldet (BFH-Urteil vom 122001 V R 2300 BStBl 2003 II S 673)

Investitionszulage

Ein Investitionszulagebescheid ist nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu korrigieren wenn nachtraumlglich gegen die Kumulationsverbote nach sect 3 Abs 1 Satz 2 sect 3a Abs 1 Saumltze 4 und 5 InvZulG 1999 verstoszligen wurde (vgl BMF-Schreiben vom 2822003 BStBl I S 218 Tz 11 und 12)

Erbschaftsteuer

- sect 10 Abs 5 Nr 3 ErbStG

Nach der Steuerfestsetzung entstehende Kosten der Nachlassregulierung (sect 10 Abs 5 Nr 3 ErbStG) koumlnnen als ruumlckwirkendes Ereignis zur Korrektur der Steuerfestsetzung fuumlhren

- sect 13 Abs 1 Nr 2 und 3 ErbStG

Die Steuerbefreiungen fallen mit Wirkung fuumlr die Vergangenheit weg wenn die Gegenstaumlnde der Grundbesitz oder Teile des Grundbesitzes innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb veraumluszligert werden oder die Voraussetzungen fuumlr die Steuerbefreiung innerhalb dieses Zeitraums entfallen Die Steuerfestsetzung ist nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO vorzunehmen

- sectsect 13a 19a ErbStG

Verschonungsabschlag Abzugsbetrag und Entlastungsbetrag fallen mit Wirkung fuumlr die Vergangenheit weg soweit innerhalb von fuumlnf Jahren (bzw sieben Jahren bei Optionsverschonung nach sect 13a Abs 8 ErbStG) nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung gegen eine der Behaltensregelungen bzw im Fall des Verschonungsabschlags gegen die Lohnsummenregelung verstoszligen wird Der Steuerbescheid ist nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu korrigieren (R E 13a4 Abs 1 R E 13a5 Abs 1 und R E 19a3 Abs 1 ErbStR 2011)

- sect 29 Abs 1 ErbStG

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Auch der Eintritt eines Ereignisses gem sect 29 Abs 1 ErbStG zB die Herausgabe eines Geschenks stellt ein ruumlckwirkendes Ereignis dar

Grunderwerbsteuer

- sect 5 Abs 3 GrEStG

Die Steuerbeguumlnstigung beim Uumlbergang eines Grundstuumlcks von mehreren Miteigentuumlmern oder einem Alleineigentuumlmer auf eine Gesamthand in dem Umfang der dem Anteil der Beteiligung des Veraumluszligerers am Vermoumlgen der Gesamthand entspricht steht unter dem Gesetzesvorbehalt einer mindestens fuumlnf Jahre fortwaumlhrenden Beteiligung Die Minderung des Vermoumlgensanteils innerhalb dieses Zeitraums stellt ein Ereignis mit steuerlicher Ruumlckwirkung auf den Zeitpunkt des Grundstuumlcksuumlbergangs dar Die Steuerfestsetzung ist gem sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu korrigieren oder erstmals vorzunehmen

- sect 6 Abs 3 Satz 2 GrEStG

Die Steuerbeguumlnstigung beim Uumlbergang eines Grundstuumlcks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand in dem Umfang in dem ein Gesellschafter sowohl am Vermoumlgen der veraumluszligernden als auch der erwerbenden Gesamthand beteiligt ist steht unter dem Gesetzesvorbehalt einer mindestens fuumlnf Jahre fortwaumlhrenden Beteiligung an der erwerbenden Gesamthand Die Minderung des Vermoumlgensanteils innerhalb dieses Zeitraums stellt ein Ereignis mit steuerlicher Ruumlckwirkung auf den Zeitpunkt des Grundstuumlcksuumlbergangs dar Die Steuerfestsetzung ist gem sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu korrigieren oder erstmals vorzunehmen

Bewertung

Wird der einem Wertfortschreibungsbescheid vorangegangene Einheitswertbescheid nachtraumlglich geaumlndert und werden hierdurch die fuumlr die Wertfortschreibung auf einen spaumlteren Stichtag nach sect 22 BewG erforderlichen Wertgrenzen nicht mehr erreicht ist der Wertfortschreibungsbescheid nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO aufzuheben (BFH-Urteil vom 9111994 II R 3791 BStBl 1995 II S 93)

AEAO zu sect 175a - Umsetzung von Verstaumlndigungsvereinbarungen

Die Vorschrift ist Rechtsgrundlage fuumlr die Umsetzung einer Verstaumlndigungsvereinbarung oder eines Schiedsspruchs nach einer voumllkerrechtlichen Vereinbarung iSd sect 2 AO Zum internationalen Verstaumlndigungsverfahren und Schiedsverfahren in Steuersachen vgl Merkblatt vom 1372006 BStBl I S 461 Zum Teil-Einspruchsverzicht s sect 354 Abs 1a AO zur Teil-Ruumlcknahme eines Einspruchs s sect 362 Abs 1a AO

AEAO zu sect 176 - Vertrauensschutz bei der Aufhebung und Aumlnderung von Steuerbescheiden

1 Die Vorschrift schuumltzt das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Guumlltigkeit einer Rechtsnorm der Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes oder einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift (zB EStR) Unter Aufhebung und Aumlnderung ist jede Korrektur einer Steuerfestsetzung nach sectsect 164 165 172 ff AO oder nach den Einzelsteuergesetzen zu verstehen (vgl AEAO vor sectsect 172 bis 177 Nr 3) aber nicht die Berichtigung nach sect 129 AO

2 Bei Aumlnderung der Steuerfestsetzung ist so vorzugehen als haumltte die fruumlhere fuumlr den Steuerpflichtigen guumlnstige Rechtsauffassung nach wie vor Guumlltigkeit Ist zB eine Steuer unter Vorbehalt der Nachpruumlfung festgesetzt worden (sect 164 AO) so muss eine dem Steuerpflichtigen guumlnstige Rechtsprechung des BFH die bei der Vorbehaltsfestsetzung beruumlcksichtigt worden war auch dann weiter angewendet werden wenn der BFH seine Rechtsprechung zum Nachteil des Steuerpflichtigen geaumlndert hat

3 Hat der Steuerpflichtige die bisherige Rechtsprechung seinen Steuererklaumlrungen stillschweigend und fuumlr das Finanzamt nicht erkennbar zugrunde gelegt gilt der Vertrauensschutz nur wenn davon ausgegangen werden kann dass die Finanzbehoumlrde mit der Anwendung der Rechtsprechung einverstanden gewesen waumlre Das Einverstaumlndnis ist immer dann zu unterstellen wenn die Entscheidung im Bundessteuerblatt veroumlffentlicht worden war und keine Verwaltungsanweisung vorlag die Rechtsprechung des BFH uumlber den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden

4 Es verstoumlszligt gegen Treu und Glauben wenn der Steuerpflichtige aufgrund einer Rechtsprechungsaumlnderung die Aufhebung eines ihn belastenden Bescheids fordert und erreicht und spaumlter geltend macht er habe auf die Anwendung der fruumlheren Rechtsprechung vertraut und sei nicht bereit die fuumlr ihn negativen Folgen der Rechtsprechungsaumlnderung hinzunehmen Dies gilt zumindest insoweit als der der Rechtsprechungsaumlnderung Rechnung tragende Aumlnderungsbescheid im Ergebnis zu keiner houmlheren Belastung des Steuerpflichtigen fuumlhrt (vgl BFH-Urteil vom 821995 I R 12793 BStBl II S 764)

5 Wegen der sinngemaumlszligen eingeschraumlnkten Anwendung des sect 176 AO auf Neuveranlagungen der Grundsteuermessbetraumlge s sect 17 Abs 2 Nr 2 GrStG sowie auf Fortschreibungen der Einheitswerte s sect 22 Abs 3 Saumltze 2 und 3 BewG

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AEAO zu sect 177 - Berichtigung von materiellen Fehlern

1 Materieller Fehler ist jede objektive Unrichtigkeit eines Steuerbescheids Materiell fehlerhaft ist ein Bescheid nicht nur wenn bei Erlass des Steuerbescheids geltendes Recht unrichtig angewendet wurde sondern auch dann wenn der Steuerfestsetzung ein Sachverhalt zugrunde gelegt worden ist der sich nachtraumlglich als unrichtig erweist Bei der Steuerfestsetzung nicht beruumlcksichtigte Tatsachen sinddeshalb sofern sie zu keiner Aumlnderung nach sect 173 AO fuumlhren nach sect 177 AO zu beruumlcksichtigen (BFH-Urteil vom 581986 IX R 1381 BStBl 1987 II S 297) Auf ein Verschulden kommt es ebenso wenig an wie darauf dass der Steueranspruch insoweit verjaumlhrt ist (BFH-Urteil vom 18121991 X R 3890 BStBl 1992 II S 504) Eine Berichtigung eines materiellen Fehlers nach sect 177 AO ist deshalb auch dannzulaumlssig und geboten wenn eine isolierte Aumlnderung dieses Fehlers oder seine Berichtigung nach sect 129 AO wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht moumlglich waumlre

2 Die Moumlglichkeit der Berichtigung materieller Fehler ist bei jeder Aufhebung oder Aumlnderung eines Steuerbescheids zu pruumlfen Materielle Fehler sind zu berichtigen soweit die Voraussetzungen fuumlr dieAufhebung oder Aumlnderung eines Steuerbescheids zuungunsten (sect 177 Abs 1 AO) oder zugunsten des Steuerpflichtigen (sect 177 Abs 2 AO) vorliegen die Voraussetzungen des sect 177 Abs 1 und 2 AO koumlnnenauch nebeneinander vorliegen Materielle Fehler duumlrfen nur innerhalb des Aumlnderungsrahmens berichtigt dh gegengerechnet werden Liegen sowohl die Voraussetzungen fuumlr Aumlnderungen zugunsten des Steuerpflichtigen als auch solche zu dessen Ungunsten vor sind die oberen und unteren Grenzen der Fehlerberichtigung jeweils getrennt voneinander zu ermitteln (BFH-Urteile vom 961993 I R 9092 BStBl II S 822 und vom 1471993 X R 3490 BStBl 1994 II S 77) Eine Saldierung der Aumlnderungstatbestaumlnde zuungunsten und zugunsten des Steuerpflichtigen ist deshalb nicht zulaumlssig (Saldierungsverbot)

3 Aumlnderungsobergrenze ist der Steuerbetrag der sich als Summe der bisherigen Steuerfestsetzung und der steuerlichen Auswirkung aller selbstaumlndigen steuererhoumlhenden Aumlnderungstatbestaumlnde ergibt Aumlnderungsuntergrenze ist der Steuerbetrag der sich nach Abzug der steuerlichen Auswirkung aller selbstaumlndigen steuermindernden Aumlnderungstatbestaumlnde von der bisherigen Steuerfestsetzung ergibt

4 Die Auswirkungen materieller Fehler sind zu saldieren und dann soweit der Aumlnderungsrahmen reicht zu beruumlcksichtigen (Saldierungsgebot) vgl BFH-Urteil vom 961993 I R 9092 BStBl II S 822) BeiAumlnderungen zuungunsten des Steuerpflichtigen kann ein negativer (steuermindernder) Fehler-Saldo nurbis zur Aumlnderungsuntergrenze beruumlcksichtigt werden (sect 177 Abs 1 AO) Bei Aumlnderungen zugunsten des Steuerpflichtigen kann ein positiver (steuererhoumlhender) Fehler-Saldo nur bis zur Aumlnderungsobergrenze beruumlcksichtigt werden (sect 177 Abs 2 AO)

Beispiele

a) Es werden nachtraumlglich Tatsachen bekannt die zu einer um 5000 euro houmlheren Steuer fuumlhren Zugleich werden materielle Fehler die sich bei der fruumlheren Festsetzung iHv 6000 euro zugunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt haben und materielle Fehler die sich bei der fruumlheren Festsetzung iHv 8500 euro zum Nachteil des Steuerpflichtigen ausgewirkt haben festgestellt

Der Saldo der materiellen Fehler fuumlhrt iHv 2500 euro zu einer Minderung der Nachforderung

b) Es werden nachtraumlglich Tatsachen bekannt die zu einer um 5000 euro houmlheren Steuer fuumlhren Auszligerdem ist ein geaumlnderter Grundlagenbescheid zu beruumlcksichtigen der zu einer um 5500 euro niedrigeren Steuer fuumlhrt Zugleich werden materielle Fehler festgestellt die sich iHv 8500 euro zugunsten und iHv 6000 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt haben

Der Saldo der materiellen Fehler (2500 euro zugunsten des Steuerpflichtigen) mindert die Aumlnderung der Steuerfestsetzung zugunsten des Steuerpflichtigen aufgrund des geaumlnderten Grundlagenbescheids (5500 euro) Die Differenz von 3000 euro ist mit der Nachforderung von 5000 euro wegen nachtraumlglich bekannt gewordener Tatsachen zu verrechnen so dass im Ergebnis eine Aumlnderung des Steuerbescheids iHv 2000 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen vorzunehmen ist

5 Soweit ein Ausgleich materieller Fehler nach sect 177 AO nicht moumlglich ist bleibt der Steuerbescheid fehlerhaft Hierin liegt keine sachliche Unbilligkeit da die Folge vom Gesetzgeber gewollt ist

6 Zur Berichtigung materieller Fehler bei einer Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten nach sect 129 AO vgl AEAO zu sect 129 Nr 5 zur Berichtigung materieller Fehler bei der Aumlnderung einer vorlaumlufigen Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 2 Satz 2 AO vgl AEAO zu sect 165 Nr 9

AEAO zu sect 179 - Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

1 Abweichend von dem Grundsatz dass die Besteuerungsgrundlagen einen unselbstaumlndigen Teil des Steuerbescheids bilden (sect 157 Abs 2 AO) sehen die sectsect 179 ff AO bzw entsprechende Vorschriften der Einzelsteuergesetze (zB sect 2a sect 10b Abs 1 sect 10d Abs 4 sect 15a Abs 4 sect 39 Abs 1 Satz 4 EStG sectsect 27 28 und 38 KStG sect 151 BewG sect 17 GrEStG) in bestimmten Faumlllen eine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vor Die gesonderte Feststellung ist zugleich einheitlich vorzunehmen

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wenn die AO oder ein Einzelsteuergesetz (zB sect 15a Abs 4 Satz 6 EStG) dies besonders vorschreiben oder wenn der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung mehreren Personen zuzurechnen ist (sect 179 Abs 2 Satz 2 2 Alternative AO) Fuumlr das Feststellungsverfahren sind die Vorschriften uumlber die Durchfuumlhrung der Besteuerung sinngemaumlszlig anzuwenden (sect 181 Abs 1 AO)

2 Voraussetzung fuumlr den Erlass eines Ergaumlnzungsbescheids nach sect 179 Abs 3 AO ist dass der vorangegangene Feststellungsbescheid wirksam aber unvollstaumlndig bzw luumlckenhaft ist In einem Ergaumlnzungsbescheid sind nur solche Feststellungen nachholbar die in dem vorangegangenen Feststellungsbescheid bdquounterbliebenldquo sind Eine Feststellung ist unterblieben wenn sie im Feststellungsbescheid haumltte getroffen werden muumlssen tatsaumlchlich aber - aus welchen Gruumlnden auch immer - nicht getroffen worden ist Die Vorschrift des sect 179 Abs 3 AO durchbricht nicht die Bestandskraft wirksam ergangener Feststellungsbescheide Inhaltliche Fehler in rechtlicher oder tatsaumlchlicher Hinsicht koumlnnen daher nicht in einem Ergaumlnzungsbescheid korrigiert werden (BFH-Urteil vom 1561994 II R 12091 BStBl II S 819 BFH-Urteil vom 1151999 IX R 7296 BFHNV S 1446)

Ein Ergaumlnzungsbescheid ist beispielsweise zulaumlssig zur Nachholung

- der Feststellung ob und in welcher Houmlhe ein Freibetrag nach sect 16 Abs 4 EStG zu gewaumlhren ist

- der Feststellung wie der Gewinn zu verteilen ist (vgl BFH-Urteil vom 13121983 VIII R 9081 BStBl 1984 II S 474)

- des Hinweises uumlber die Reichweite der Bekanntgabe gem sect 183 Abs 1 Satz 5 AO (BFH-Urteil vom 1371994 XI R 2193 BStBl II S 885)

- der Feststellung und der Verteilung des Betrags der einbehaltenen Kapitalertragsteuer und der anrechenbaren Koumlrperschaftsteuer (sect 180 Abs 5 Nr 2 AO)

- der Feststellung uumlber das Ausscheiden eines Gesellschafters waumlhrend eines abweichenden Wirtschaftsjahres (BFH-Beschluss vom 2291997 IV B 11396 BFHNV 1998 S 454)

Eine Feststellung ist nicht unterblieben und kann daher auch nicht nachgeholt werden wenn sie im Feststellungsbescheid ausdruumlcklich abgelehnt worden ist Deshalb kann durch den Erlass eines Ergaumlnzungsbescheids nicht nachgeholt werden

- die im Feststellungsverfahren unterbliebene Entscheidung ob ein steuerbeguumlnstigter Gewinn vorliegt wenn das Finanzamt den Gewinn bisher insgesamt als laufenden Gewinn festgestellt hat (BFH-Urteile vom 26111975 I R 4474 BStBl 1976 II S 304 und vom 2471984 VIII R 30481 BStBl II S 785)

- die bei einer Feststellung nach sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe a AO zu Unrecht unterbliebene Beruumlcksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen oder -ausgaben

- ein fehlender oder unklarer Hinweis iSv sect 181 Abs 5 Satz 2 AO (BFH-Urteil vom 1831998 II R 4596 BStBl II S 426 BFH-Urteil vom 2461998 II R 1795 BFHNV 1999 S 282)

Der Erlass eines Ergaumlnzungsbescheids steht nicht im Ermessen der Finanzbehoumlrde

3 Wegen der Anpassung der Folgebescheide an den Feststellungsbescheid wird auf sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO hingewiesen wegen der Einspruchsbefugnis bei Feststellungsbescheiden auf sect 351 Abs 2 und sectsect 352 353 AO

4 In den Faumlllen der atypischen stillen Unterbeteiligung am Anteil des Gesellschafters einer Personengesellschaft kann eine besondere gesonderte und einheitliche Feststellung vorgenommen werden (sect 179 Abs 2 letzter Satz AO) Von dieser Moumlglichkeit ist wegen des Geheimhaltungsbeduumlrfnisses der Betroffenen regelmaumlszligig Gebrauch zu machen

Die Beruumlcksichtigung der Unterbeteiligung im Feststellungsverfahren fuumlr die Hauptgesellschaft ist nur mit Einverstaumlndnis aller Beteiligten - Hauptgesellschaft und deren Gesellschafter sowie der Unterbeteiligten - zulaumlssig Das Einverstaumlndnis der Beteiligten gilt als erteilt wenn die Unterbeteiligung in der Feststellungserklaumlrung fuumlr die Hauptgesellschaft geltend gemacht wird

Die Regelung gilt fuumlr Treuhandverhaumlltnisse in denen der Treugeber uumlber den Treuhaumlnder Hauptgesellschafter der Personengesellschaft ist entsprechend

Die oumlrtliche Zustaumlndigkeit fuumlr die besondere gesonderte Feststellung richtet sich idR nach der Zustaumlndigkeit fuumlr die Hauptgesellschaft

5 Die Gewinnanteile des Unterbeteiligten bei einer typischen stillen Unterbeteiligung sind als Sonderbetriebsausgaben des Hauptbeteiligten im Feststellungsverfahren zu beruumlcksichtigen (BFH-Urteil vom 9111988 I R 19184 BStBl 1989 II S 343) Eine Nachholung des Sonderbetriebsausgabenabzugs im Veranlagungsverfahren des Hauptbeteiligten ist nicht zulaumlssig

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AEAO zu sect 180 - Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

1 Die gesonderte Feststellung nach sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe a AO umfasst in erster Linie die von den Feststellungsbeteiligten gemeinschaftlich erzielten Einkuumlnfte Sie umfasst auch die bei Ermittlung dieser Einkuumlnfte zu beruumlcksichtigenden Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben oder Sonderwerbungskosten eines oder mehrerer Feststellungsbeteiligten

Daruumlber hinaus sind solche Besteuerungsgrundlagen gesondert festzustellen die in einem rechtlichen wirtschaftlichen oder tatsaumlchlichen Zusammenhang mit den gemeinschaftlich erzielten Einkuumlnften stehen aber bei Ermittlung der gemeinschaftlich erzielten Einkuumlnfte nicht zu beruumlcksichtigen sind Hiernach sind zB solche Aufwendungen gesondert festzustellen die aus Mitteln der Gesellschaft oder Gemeinschaft geleistet werden und fuumlr die Besteuerung der Feststellungsbeteiligten zB als Sonderausgaben von Bedeutung sind Soweit derartige Besteuerungsgrundlagen bei Erlass des Feststellungsbescheids nicht beruumlcksichtigt worden sind ist ihre gesonderte Feststellung durch Ergaumlnzungsbescheid (sect 179 Abs 3 AO) nachzuholen

Zum Verfahren bei der Geltendmachung von negativen Einkuumlnften aus der Beteiligung an Verlustzuweisungsgesellschaften und vergleichbaren Modellen vgl BMF-Schreiben vom 1371992 BStBl I S 404 und vom 2861994 BStBl I S 420

2 Fallen der Wohnort und der Betriebs- bzw Taumltigkeitsort auseinander und liegen diese Orte im Bereich verschiedener Finanzaumlmter sind die Einkuumlnfte des Steuerpflichtigen aus Land- und Forstwirtschaft Gewerbebetrieb oder freiberuflicher Taumltigkeit gesondert festzustellen (sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO)

21 Maszliggebend sind die Verhaumlltnisse zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums Spaumltere Aumlnderungen dieser Verhaumlltnisse sind unbeachtlich Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr oder einem Rumpfwirtschaftsjahr sind die Verhaumlltnisse zum Schluss dieses Zeitraums maszliggebend

22 Einkuumlnfte aus freiberuflicher Taumltigkeit iSd sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO sind nur die Einkuumlnfte nach sect 18 Abs 1 Nr 1 EStG nicht die uumlbrigen Einkuumlnfte aus selbstaumlndiger Arbeit

23 Uumlbt ein Steuerpflichtiger seine freiberufliche Taumltigkeit in mehreren Gemeinden aus so ist fuumlr die dadurch erzielten Einkuumlnfte nur eine gesonderte Feststellung durchzufuumlhren (BFH-Urteil vom 1061999 IV R 6998 BStBl II S 691) Bei Einkuumlnften aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb gilt dies fuumlr den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder den Gewerbebetrieb entsprechend

24 Die oumlrtliche Zustaumlndigkeit fuumlr gesonderte Feststellungen iSd sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO richtet sich nach sect 18 AO Zur Zustaumlndigkeit wenn Wohnung und Betrieb in einer Gemeinde (Groszligstadt) mit mehreren Finanzaumlmtern liegen vgl AEAO zu sect 19 Nrn 2 und 3

3 Wegen der in sect 180 Abs 2 AO vorgesehenen Feststellungen wird auf die V zu sect 180 Abs 2 AO verwiesen Auf Feststellungen nach sect 180 Abs 1 AO findet die V zu sect 180 Abs 2 AO keine Anwendung Zur gesonderten Feststellung bei gleichen Sachverhalten nach der V zu sect 180 Abs 2 AO vgl BMF-Schreiben vom 252001 BStBl I S 256 Zum Verfahren bei der Geltendmachung von Vorsteuerbetraumlgen aus der Beteiligung an Gesamtobjekten vgl BMF-Schreiben vom 2441992 BStBl I S 291 Zur gesonderten Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus einer Lebensversicherung nach sect 9 der V zu sect 180 Abs 2 AO vgl BMF-Schreiben vom 1672012 BStBl I S 686

4 Faumllle von geringer Bedeutung in denen eine gesonderte Feststellung entfaumlllt (sect 180 Abs 3 Nr 2 AO) sind beispielsweise bei Mieteinkuumlnften von zusammenveranlagten EheleutenLebenspartnern (BFH-Urteil vom 2011976 VIII R 25371 BStBl II S 305) und bei dem gemeinschaftlich erzielten Gewinn von Landwirts-Eheleuten-Lebenspartnern (BFH-Urteil vom 471985 IV R 13683 BStBl II S 576) gegeben wenn die Einkuumlnfte verhaumlltnismaumlszligig einfach zu ermitteln sind und die Aufteilung feststeht

Auch bei gesonderten Feststellungen nach sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b und Nr 3 AO kann in Faumlllen von geringer Bedeutung auf die Durchfuumlhrung eines gesonderten Gewinnfeststellungsverfahrens verzichtet werden (sect 180 Abs 3 Satz 1 Nr 2 AO) Ein Fall von geringer Bedeutung ist dabei insbesondere anzunehmen wenn dasselbe Finanzamt fuumlr die Einkommensteuer-Veranlagung zustaumlndig geworden ist (zB bei Verlegung des Wohnsitzes nach Ablauf des Feststellungszeitraumes in den Bezirk des Betriebsfinanzamtes)

5 Eine Feststellung ist auch zum Zweck der Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes im Falle eines bei der Steuerfestsetzung zu beachtenden Progressionsvorbehaltes und in den Faumlllen des sect 2a EStG vorzunehmen (sect 180 Abs 5 Nr 1 AO)

6 Soweit Einkuumlnfte oder andere Besteuerungsgrundlagen nach sect 180 Abs 1 Nr 2 AO oder nach der V zu sect 180 Abs 2 AO festzustellen sind sind auch damit in Zusammenhang stehende Steuerabzugsbetraumlge und Koumlrperschaftsteuer die auf die Steuer der Feststellungsbeteiligten anzurechnen sind gesondert festzustellen (sect 180 Abs 5 Nr 2 AO) Steuerbescheinigungen sind deshalb nur dem fuumlr die gesonderte Feststellung zustaumlndigen Finanzamt vorzulegen

7 Zur Bindungswirkung der Feststellung nach sect 180 Abs 5 Nr 2 AO und zur Korrektur der Folgebescheide vgl sect 182 Abs 1 Satz 2 AO

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AEAO zu sect 181 - Verfahrensvorschriften fuumlr die gesonderte Feststellung Feststellungsfrist Erklaumlrungspflicht

1 Eine gesonderte und einheitliche Feststellung ist nach sect 181 Abs 5 Satz 1 AO grundsaumltzlich auch dann vorzunehmen wenn bei einzelnen Feststellungsbeteiligten bereits die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (vgl BFH-Urteil vom 2781997 XI R 7296 BStBl II S 750) In diesem Fall ist im Feststellungsbescheid auf seine eingeschraumlnkte Wirkung hinzuweisen Der Hinweis soll dem fuumlr den Erlass des Folgebescheids zustaumlndigen Finanzamt und dem Steuerpflichtigen deutlich machen dass es sich um einen Feststellungsbescheid handelt der nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen und deshalb nur noch fuumlr solche Steuerfestsetzungen bedeutsam ist bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (vgl BFH-Urteil vom 1781989 IX R 7688 BStBl 1990 II S 411)

2 Die Anlaufhemmung der Feststellungsfrist fuumlr die gesonderte Feststellung von Einheitswerten nach sect 181 Abs 3 Satz 3 AO ist auch dann maszliggeblich wenn zugleich die Voraussetzungen der Anlaufhemmung nach sect 181 Abs 3 Satz 2 AO erfuumlllt sind

AEAO zu sect 182 - Wirkung der gesonderten Feststellung

1 Ein Feststellungsbescheid uumlber einen Einheitswert ist nur dann an den Rechtsnachfolger bekannt zu geben wenn die Rechtsnachfolge eintritt bevor der Bescheid dem Rechtsvorgaumlnger bekannt gegeben worden ist War der Bescheid bereits im Zeitpunkt der Rechtsnachfolge bekannt gegeben wirkt der Bescheid auch gegenuumlber dem Rechtsnachfolger (dingliche Wirkung sect 182 Abs 2 AO) Der Rechtsnachfolger kann ihn in diesem Fall nach sect 353 AO nur innerhalb der fuumlr den Rechtsvorgaumlnger maszliggebenden Einspruchsfrist anfechten

2 sect 182 Abs 2 AO gilt nicht fuumlr Gewerbesteuermessbescheide (sect 184 Abs 1 AO) wohl aber fuumlr Grundsteuermessbescheide

3 Eine Bindung des Haftungsschuldners an den Einheitswertbescheid ist nicht gegeben

4 Die wegen Rechtsnachfolge fehlerhafte Bezeichnung eines Beteiligten kann nach sect 182 Abs 3 AO durch einen besonderen Bescheid richtig gestellt werden (Richtigstellungsbescheid) Der Regelungsgehalt desurspruumlnglichen Bescheids bleibt im Uumlbrigen unberuumlhrt sect 182 Abs 3 AO gilt nicht fuumlr Feststellungen nach sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO (vgl BFH-Urteil vom 1251993 XI R 6692 BStBl 1994 II S 5)

AEAO zu sect 183 - Empfangsbevollmaumlchtigte bei der einheitlichen Feststellung

1 Richtet die Finanzbehoumlrde den Feststellungsbescheid an den gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten ist eine Begruumlndung des Bescheids nicht erforderlich soweit die Finanzbehoumlrde der Feststellungserklaumlrung gefolgt ist und der Empfangsbevollmaumlchtigte die Feststellungserklaumlrung selbst abgegeben oder an ihrer Erstellung mitgewirkt hat (sect 121 Abs 2 Nr 1 AO vgl AEAO zu sect 121 Nr 2)

2 In den Faumlllen der Einzelbekanntgabe nach sect 183 Abs 2 Satz 1 AO ist regelmaumlszligig davon auszugehen dass der betroffene Feststellungsbeteiligte an der Erstellung der Feststellungserklaumlrung nicht mitgewirkt hat Bei der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids sind ihm deshalb die zum Verstaumlndnis des Bescheids erforderlichen Grundlagen der gesonderten Feststellung dh insbesondere die Wertermittlung und die Aufteilungsgrundlagen mitzuteilen (sect 121 Abs 1 AO)

3 Wegen der Bekanntgabe in Faumlllen des sect 183 AO vgl AEAO zu sect 122 Nrn 25 333 und 47 Zur Einspruchsbefugnis des gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten vgl AEAO zu sect 352

AEAO zu sect 184 - Festsetzung von Steuermessbetraumlgen

Gemeinden sind nicht befugt Steuermessbescheide anzufechten (vgl sect 40 Abs 3 FGO) eine Rechtsbehelfsbefugnis der Gemeinden besteht nur im Zerlegungsverfahren (sect 186 Nr 2 AO) Die Finanzaumlmter sollen aber die steuerberechtigten Gemeinden uumlber anhaumlngige Einspruchsverfahren gegen Realsteuermessbescheide von groumlszligerer Bedeutung unterrichten

AEAO zu sect 188 - Zerlegungsbescheid

Dem Steuerpflichtigen ist der vollstaumlndige Zerlegungsbescheid bekannt zu geben waumlhrend die einzelnen beteiligten Gemeinden nur einen kurzgefassten Bescheid mit den sie betreffenden Daten erhalten muumlssen

AEAO zu sect 191 - Haftungsbescheide Duldungsbescheide

1 Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen fuumlr den Erlass eines Haftungs- oder Duldungsbescheids ergeben sich aus den sectsect 69 bis 77 AO den Einzelsteuergesetzen oder den zivilrechtlichen Vorschriften (zB sectsect 25 128 HGB) sectsect 93 227 Abs 2 InsO schlieszligen eine Haftungsinanspruchnahme nach sectsect 69 ff AO nicht aus (BFH-Urteil vom 2112001 VII B 15501 BStBl 2002 II S 73) Der Gesellschafter einer Auszligen-GbR haftet fuumlr Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis hinsichtlich deren die GbR Schuldnerin ist in entsprechender Anwendung des sect 128 HGB (vgl BGH-Urteil vom 2912001 II ZR 33100 NJW S 1056) dies gilt auch fuumlr Anspruumlche die bei seinem Eintritt in die GbR bereits bestanden (entsprechende Anwendung des sect 130 HGB BGH-Urteil vom 742003 II ZR 5602 NJW S 1803)

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Nach Ausscheiden haftet der Gesellschafter fuumlr die Altschulden in analoger Anwendung des sect 160 HGB Bei Aufloumlsung der Gesellschaft ist sect 159 HGB entsprechend anzuwenden (vgl sect 736 Abs 2 BGB BFH-Urteil vom 2681997 VII R 6397 BStBl II S 745) Fuumlr Gesellschafter aller Formen der Auszligen-GbR die vor dem 172003 in die Gesellschaft eingetreten sind kommt aus Gruumlnden des allgemeinen Vertrauensschutzes eine Haftung nur fuumlr solche Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis in Betracht die nach ihrem Eintritt in die Gesellschaft entstanden sind Zum Erlass von Haftungsbescheiden in Spaltungsfaumlllen vgl AEAO zu sect 122 Nr 215

2 Die Befugnis zum Erlass eines Haftungs- oder Duldungsbescheids besteht auch soweit die Haftung und Duldung sich auf steuerliche Nebenleistungen erstreckt

3 Auf den (erstmaligen) Erlass eines Haftungsbescheids sind die Vorschriften uumlber die Festsetzungsfrist (sectsect 169 bis 171 AO) entsprechend anzuwenden Eine Korrektur zugunsten des Haftungsschuldners kann dagegen auch noch nach Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgen (BFH-Urteil vom 1281997 VII R 10796 BStBl 1998 II S 131)

4 Fuumlr die Korrektur von Haftungsbescheiden gelten nicht die fuumlr Steuerbescheide maszliggeblichen Korrekturvorschriften (sectsect 172 ff AO) sondern die allgemeinen Vorschriften uumlber die Berichtigung die Ruumlcknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten (sectsect 129 bis 131 AO) Die Rechtmaumlszligigkeit des Haftungsbescheids richtet sich nach den Verhaumlltnissen im Zeitpunkt seines Erlasses bzw der entsprechenden Einspruchsentscheidung Anders als bei der Aumlnderung der Steuerfestsetzung (BFH-Urteil vom 1281997 VII R 10796 BStBl 1998 II S 131) beruumlhren Minderungen der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuerschuld durch Zahlungen des Steuerschuldners nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung die Rechtmaumlszligigkeit des Haftungsbescheids nicht Ein rechtmaumlszligiger Haftungsbescheid ist aber zugunsten des Haftungsschuldners zu widerrufen soweit die ihm zugrunde liegende Steuerschuld spaumlter gemindert worden ist

5 Von der Korrektur eines Haftungsbescheids ist der Erlass eines ergaumlnzenden Haftungsbescheids zu unterscheiden

51 Fuumlr die Zulaumlssigkeit eines neben einem bereits bestehenden Haftungsbescheid gegenuumlber einem bestimmten Haftungsschuldner tretenden weiteren Haftungsbescheids ist grundsaumltzlich entscheidend ob dieser den gleichen Gegenstand regelt wie der bereits ergangene Haftungsbescheid oder ob die Haftungsinanspruchnahme fuumlr verschiedene Sachverhalte oder zu verschiedenen Zeiten entstandene Haftungstatbestaumlnde erfolgen soll

Stets zulaumlssig ist es wegen eines eigenstaumlndigen Steueranspruchs (betreffend einen anderen Besteuerungszeitraum oder eine andere Steuerart) einen weiteren Haftungsbescheid zu erlassen selbst wenn der Steueranspruch bereits im Zeitpunkt der ersten Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid entstanden war

52 Die bdquoSperrwirkungldquo eines bestandskraumlftigen Haftungsbescheids gegenuumlber einer erneuten Inanspruchnahme des Haftungsschuldners besteht nur soweit es um ein und denselben Sachverhalt geht sie ist in diesem Sinne nicht zeitraum- sondern sachverhaltsbezogen (BFH-Beschluss vom 742005 I B 14004 BStBl 2006 II S 530) Der Erlass eines ergaumlnzenden Haftungsbescheids fuumlr denselben Sachverhalt ist unzulaumlssig wenn die zu niedrige Inanspruchnahme auf einer rechtsirrtuumlmlichen Beurteilung des Sachverhalts oder auf einer fehlerhaften Ermessensentscheidung beruhte (vgl BFH-Urteil vom 2552004 VII R 2902 BStBl 2005 II S 3)

Der Erlass eines ergaumlnzenden Haftungsbescheids ist aber zulaumlssig wenn die Erhoumlhung der Steuerschuld auf neuen Tatsachen beruht die das Finanzamt mangels Kenntnis im ersten Haftungsbescheid nicht beruumlcksichtigen konnte (BFH-Urteil vom 1522011 VII R 6610 BStBl II S 534)

6 Fuumlr Duldungsbescheide gelten die Nrn 3 bis 5 entsprechend Die Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen wird durch sect 191 Abs 3 AO zeitlich weder begrenzt noch ausgedehnt

7 Zur Zahlungsaufforderung bei Haftungsbescheiden vgl AEAO zu sect 219

8 In den Faumlllen des sect 191 Abs 2 AO soll die Frist fuumlr die Abgabe einer Stellungnahme der zustaumlndigen Berufskammer im Allgemeinen zwei Monate betragen Die Stellungnahme kann in dringenden Faumlllen auch fernmuumlndlich eingeholt werden Eine versehentlich unterlassene Anhoumlrung kann nachgeholt werden Wird innerhalb der von der Finanzbehoumlrde zu setzenden Frist keine Stellungnahme abgegeben kann gleichwohl ein Haftungsbescheid ergehen

9 Ein erstmaliger Haftungsbescheid kann wegen Akzessorietaumlt der Haftungsschuld zur Steuerschuld grundsaumltzlich nicht mehr ergehen wenn der zugrunde liegende Steueranspruch wegen Festsetzungsverjaumlhrung gegenuumlber dem Steuerschuldner nicht mehr festgesetzt werden darf oder wenn der gegenuumlber dem Steuerschuldner festgesetzte Steueranspruch durch Zahlungsverjaumlhrung oder Erlass erloschen ist (sect 191 Abs 5 Satz 1 AO) Maszliggeblich ist dabei der Steueranspruch auf den sich die Haftung konkret bezieht Daher ist bei der Haftung eines Arbeitgebers fuumlr zu Unrecht nicht angemeldete und abgefuumlhrte Lohnsteuer (sect 42d EStG) auf die vom Arbeitnehmer nach sect 38 Abs 2 EStG geschuldete Lohnsteuer und nicht auf die Einkommensteuer des Arbeitnehmers (sect 25 EStG) abzustellen Dabei ist fuumlr die Berechnung der die Lohnsteuer betreffenden Festsetzungsfrist die Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers und nicht die Einkommensteuererklaumlrung der betroffenen Arbeitnehmer maszliggebend (vgl

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BFH-Urteil vom 632008 VI R 505 BStBl II S 597) Bei der Berechnung der fuumlr die Lohnsteuer maszliggebenden Festsetzungsfrist sind Anlauf- und Ablaufhemmungen nach sectsect 170 171 AO zu beruumlcksichtigen soweit sie gegenuumlber dem Arbeitgeber wirken Zum Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerschuldner beachte sect 171 Abs 15 AO

AEAO zu sect 192 - Vertragliche Haftung

Aufgrund vertraglicher Haftung (vgl AEAO zu sect 48) ist eine Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid nicht zulaumlssig Eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme des vertraglich Haftenden besteht nicht das Finanzamt entscheidet nach Ermessen

AEAO zu sect 193 - Zulaumlssigkeit einer Auszligenpruumlfung

1 Eine Auszligenpruumlfung ist unabhaumlngig davon zulaumlssig ob eine Steuer bereits festgesetzt ob der Steuerbescheid endguumlltig vorlaumlufig oder unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung ergangen ist (BFH-Urteil vom 2831985 IV R 22483 BStBl II S 700) Eine Auszligenpruumlfung nach sect 193 AO kann zur Ermittlung der Steuerschuld sowohl dem Grunde als auch der Houmlhe nach durchgefuumlhrt werden Der gesamte fuumlr die Entstehung und Ausgestaltung eines Steueranspruchs erhebliche Sachverhalt kann Pruumlfungsgegenstand sein (BFH-Urteil vom 11121991 I R 6690 BStBl 1992 II S 595) Dies gilt auch wenn der Steueranspruch moumlglicherweise verjaumlhrt ist oder aus anderen Gruumlnden nicht mehr durchgesetzt werden kann (BFH-Urteil vom 2371985 VIII R 4885 BStBl 1986 II S 433)

2 Die Voraussetzungen fuumlr eine Auszligenpruumlfung sind auch gegeben soweit ausschlieszliglich festgestellt werden soll ob und inwieweit Steuerbetraumlge hinterzogen oder leichtfertig verkuumlrzt worden sind Eine sich insoweit gegenseitig ausschlieszligende Zustaumlndigkeit von Auszligenpruumlfung und Steuerfahndung besteht nicht (BFH-Urteile vom 4111987 II R 10285 BStBl 1988 II S 113 vom 1992001 XI B 601 BStBl 2002 II S 4 und vom 4102006 VIII R 5304 BStBl 2007 II S 227) Die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens hindert nicht weitere Ermittlungen durch die Auszligenpruumlfung unter Erweiterung des Pruumlfungszeitraums Dies gilt auch dann wenn der Steuerpflichtige erklaumlrt von seinem Recht auf Verweigerung der Mitwirkung Gebrauch zu machen (BFH-Urteil vom 1981998 XI R 3797 BStBl 1999 II S 7) Sollte die Belehrung gem sect 393 Abs 1 AO unterblieben sein fuumlhrt dies nicht zu einem steuerlichen Verwertungsverbot (BFH-Urteil vom 2312002 XI R 10 1101 BStBl II S 328)

3 Eine Auszligenpruumlfung ausschlieszliglich zur Erledigung eines zwischenstaatlichen Amtshilfeersuchens (sect 117 AO) durch Auskunftsaustausch in Steuersachen ist nicht zulaumlssig Zur Erledigung eines solchen Amtshilfeersuchens kann eine Auszligenpruumlfung unter den Voraussetzungen des sect 193 AO nur bei einem am auslaumlndischen Besteuerungsverfahren Beteiligten durchgefuumlhrt werden (zB der Wohnsitzstaat ersucht um Pruumlfung der deutschen Betriebsstaumltte eines auslaumlndischen Steuerpflichtigen)

4 Eine Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO ist zulaumlssig zur Klaumlrung der Frage ob der Steuerpflichtige tatsaumlchlich einen Gewerbebetrieb unterhaumllt wenn konkrete Anhaltspunkte fuumlr eine Steuerpflicht bestehen dh es darf nicht ausgeschlossen sein dass eine gewerbliche Taumltigkeit vorliegt (BFH-Urteile vom 23101990 VIII R 4588 BStBl 1991 II S 278 und vom 1181994 IV R 12691 BStBl II S 936) Eine Auszligenpruumlfung ist solange zulaumlssig als noch Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis bestehen (zB handelsrechtlich voll beendigte KG BFH-Urteil vom 1101992 IV R 6091 BStBl 1993 II S 82 voll beendigte GbR BFH-Urteil vom 131994 VIII R 3592 BStBl 1995 II S 241) Zur Begruumlndung der Anordnung einer Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO genuumlgt der Hinweis auf diese Rechtsgrundlage Eine Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO ist bei Steuerpflichtigen iSd sect 147a AO fuumlr das Jahr in dem die in sect 147a Satz 1 AO bestimmte Grenze von 500000 euro uumlberschritten ist und fuumlr die fuumlnf darauf folgenden Jahre der Aufbewahrungspflicht zulaumlssig Hat nur ein Ehegatte die Grenze von 500000 euro uumlberschritten ist nur bei diesem eine Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO zulaumlssig Beim anderen Ehegatten kann ggf eine Auszligenpruumlfung auf sect 193 Abs 2 Nr 2 AO gestuumltzt werden

5 sect 193 Abs 2 Nr 1 AO enthaumllt die Rechtsgrundlage fuumlr die Pruumlfung der Lohnsteuer bei Steuerpflichtigen die nicht unter sect 193 Abs 1 AO fallen (zB Pruumlfung der Lohnsteuer bei Privatpersonen die Arbeitnehmer beschaumlftigt haben)

Eine Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 2 Nr 2 AO ist bereits dann zulaumlssig wenn Anhaltspunkte vorliegen die es nach den Erfahrungen der Finanzverwaltung als moumlglich erscheinen lassen dass ein Besteuerungstatbestand erfuumlllt ist (BFH-Urteil vom 17111992 VIII R 2589 BStBl 1993 II S 146) sect 193 Abs 2 Nr 2 AO kann insbesondere bei Steuerpflichtigen mit umfangreichen und vielgestaltigenUumlberschusseinkuumlnften zur Anwendung kommen (sofern nicht bereits ein Fall des sect 193 Abs 1 AO vorliegt) Sofern keine konkreten Anhaltspunkte fuumlr einen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb oder Zweckbetrieb vorliegen faumlllt unter sect 193 Abs 2 Nr 2 AO auch die Pruumlfung einer gemeinnuumltzigen Koumlrperschaft zum Zwecke der Anerkennung Versagung oder Entziehung der Gemeinnuumltzigkeit Eine auf sect 193 Abs 2 Nr 2 AO gestuumltzte Pruumlfungsanordnung muss besonders begruumlndet werden Die Begruumlndung muss ergeben dass die gewuumlnschte Aufklaumlrung durch Einzelermittlung an Amtsstelle nicht erreicht werden kann (BFH-Urteil vom 7111985 IV R 685 BStBl 1986 II S 435 und vom 9111994 XI R 1694 BFHNV 1995 S 578)

6 Von der Auszligenpruumlfung zu unterscheiden sind Einzelermittlungen eines Auszligenpruumlfers nach sect 88 AO auch wenn sie am Ort des Betriebs durchgefuumlhrt werden In diesen Faumlllen hat er deutlich zu machen

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dass verlangte Auskuumlnfte oder sonstige Maszlignahmen nicht im Zusammenhang mit der Auszligenpruumlfung stehen (BFH-Urteile vom 541984 IV R 24483 BStBl II S 790 vom 221994 I R 5793 BStBl II S 377 und vom 25111997 VIII R 494 BStBl 1998 II S 461) Zur betriebsnahen Veranlagung vgl AEAO zu sect 85 Nr 2 und 3 Eine Umsatzsteuer-Nachschau gem sect 27b UStG stellt keine Auszligenpruumlfung iSd sect 193 AO dar Zum Uumlbergang von einer Umsatzsteuer-Nachschau zu einer Auszligenpruumlfung siehe Abschnitt 27b1 Abs 9 UStAE

AEAO zu sect 194 - Sachlicher Umfang einer Auszligenpruumlfung

1 Im Rahmen einer Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO koumlnnen ohne dass die Voraussetzungen des sect 193 Abs 2 Nr 2 AO vorliegen muumlssen auch Besteuerungsmerkmale uumlberpruumlft werden die mit den betrieblichen Verhaumlltnissen des Steuerpflichtigen in keinem Zusammenhang stehen (BFH-Urteil vom 28111985 IV R 32384 BStBl 1986 II S 437)

2 sect 194 Abs 1 Satz 3 AO erlaubt die Pruumlfung der Verhaumlltnisse der Gesellschafter ohne gesonderte Pruumlfungsanordnung nur insoweit als sie mit der Personengesellschaft zusammenhaumlngen und fuumlr die Feststellungsbescheide von Bedeutung sind Die Einbeziehung der steuerlichen Verhaumlltnisse der in sect 194 Abs 2 AO bezeichneten Personen in die Auszligenpruumlfung bei einer Gesellschaft setzt die Zulaumlssigkeit (sect 193 AO) und eine eigene Pruumlfungsanordnung (sect 196 AO) voraus (BFH-Urteil vom 16121986 VIII R 12386 BStBl 1987 II S 248)

3 Eine Auszligenpruumlfung kann zur Erledigung eines zwischenstaatlichen Rechts- und Amtshilfeersuchens (sect 117 AO) unter den Voraussetzungen des sect 193 AO nur bei einem in einem auslaumlndischen Besteuerungsverfahren Steuerpflichtigen nicht aber zur Feststellung der steuerlichen Verhaumlltnisse bei einer anderen Person durchgefuumlhrt werden (zB zur Erledigung eines Ersuchens um Pruumlfung einer im Bundesgebiet belegenen Firma die im ersuchenden Staat als Zollbeteiligte auftritt oder einer deutschen Betriebsstaumltte eines auslaumlndischen Steuerpflichtigen) Ermittlungen sind iVm einer Auszligenpruumlfung moumlglich die aus anderen Gruumlnden durchgefuumlhrt wird

4 Soll der Pruumlfungszeitraum in den Faumlllen des sect 4 Abs 3 BpO mehr als drei zusammenhaumlngende Besteuerungszeitraumlume umfassen oder nachtraumlglich erweitert werden muss die Begruumlndung der Pruumlfungsanordnung die vom Finanzamt angestellten Ermessenserwaumlgungen erkennen lassen (BFH-Urteil vom 421988 V R 5783 BStBl II S 413) Der Pruumlfungszeitraum darf zur Uumlberpruumlfung vortragsfaumlhiger Verluste auch dann auf die Verlustentstehungsjahre ausgedehnt werden wenn der aus diesen Zeitraumlumen verbleibende Verlustabzug gem sect 10d Abs 3 EStG (heute Abs 4) festgestellt worden ist (BFH-Beschluss vom 541995 I B 12694 BStBl II S 496) Bei einer Betriebsaufgabe schlieszligt der Pruumlfungszeitraum mit dem Jahr der Betriebseinstellung ab (BFH-Urteil vom 2481989 IV R 6588 BStBl 1990 II S 2) Bei einer Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 2 Nr 2 AO ist sect 4 Abs 3 BpO nicht anwendbar Fuumlr jeden Besteuerungszeitraum der in die Auszligenpruumlfung einbezogen werden soll muumlssen die besonderen Voraussetzungen des sect 193 Abs 2 Nr 2 AO vorliegen (BFH-Urteil vom 18101994 IX R 12892 BStBl 1995 II S 291)

5 Eine Auszligenpruumlfung darf nicht allein zu dem Zwecke durchgefuumlhrt werden die steuerlichen Verhaumlltnisse dritter Personen zu erforschen (BFH-Urteil vom 1821997 VIII R 3395 BStBl II S 499)

6 sect 30a Abs 3 AO hindert nicht die Fertigung und Auswertung von Kontrollmitteilungen anlaumlsslich einer Auszligenpruumlfung bei Kreditinstituten wenn hierfuumlr ein hinreichend begruumlndeter Anlass besteht Dieser ist gegeben wenn der Auszligenpruumlfer infolge Vorliegens konkreter Umstaumlnde oder einer aufgrund allgemeiner Erfahrungen getroffenen Prognoseentscheidung im Wege vorweggenommener Beweiswuumlrdigung zum Ergebnis kommt dass Kontrollmitteilungen zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen fuumlhren koumlnnten (BFH-Urteile vom 1821997 VIII R 3395 BStBl II S 499 und vom 15121998 VIII R 698 BStBl 1999 II S 138) oder wenn das zu pruumlfende Bankgeschaumlft Auffaumllligkeiten aufweist die es aus dem Kreis der alltaumlglichen und bankuumlblichen Geschaumlfte hervorheben oder eine fuumlr Steuerhinterziehung besonders anfaumlllige Art der Geschaumlftsabwicklung erkennen lassen wenn also eine erhoumlhte Wahrscheinlichkeit der Entdeckung unbekannter Steuerfaumllle besteht (BFH-Urteil vom 9122008 VII R 4707 BStBl 2009 II S 509) Vgl AEAO zu sect 30a Nr 1 Die Finanzverwaltung darf saumlmtliche nicht legitimationsgepruumlften Konten pruumlfen selbst wenn diese Kenntnisse uumlber nicht anonymisierte Gegenbuchungen zu Geschaumlftsvorfaumlllen auf legitimationsgepruumlften Kundenkonten iS des sect 154 Abs 2 AO vermitteln (BFH-Beschluumlsse vom 2792010 II B 16409 BFHNV 2011 S 193 und vom 442005 VII B 30504 BFHNV S 1226)

7 Die Finanzbehoumlrden koumlnnen Kontrollmitteilungen ins Ausland insbesondere dann versenden wenn dies ohne besonderen Aufwand moumlglich ist und houmlhere Interessen des Steuerpflichtigen nicht beruumlhrt werden (BFH-Beschluss vom 821995 I B 9294 BStBl II S 358) Zu Auskuumlnften der Finanzbehoumlrden an auslaumlndische Staaten ohne Ersuchen (Spontanauskuumlnfte) wird auf Tz 4 des Merkblatts uumlber die zwischenstaatliche Amtshilfe durch Auskunftsaustausch in Steuersachen (BMF-Schreiben vom 2552012 BStBl I S 599) hingewiesen Zu Amtshilfeersuchen auslaumlndischer Staaten vgl AEAO zu sect 193 Nr 3

8 Wird beabsichtigt im Rahmen der Auszligenpruumlfung eines Berufsgeheimnistraumlgers Kontrollmitteilungen (sect 194 Abs 3 AO) zu fertigen ist der Steuerpflichtige hieruumlber rechtzeitig vorher zu informieren (BFH-Urteil vom 842008 VIII R 6106 BStBl 2009 II S 579)

158

AEAO zu sect 195 - Zustaumlndigkeit

Bei Beauftragung nach sect 195 Satz 2 AO kann die beauftragende Finanzbehoumlrde die Pruumlfungsanordnung selbst erlassen oder eine andere Finanzbehoumlrde zum Erlass der Pruumlfungsanordnung ermaumlchtigen Mit der Ermaumlchtigung bestimmt die beauftragende Finanzbehoumlrde den sachlichen Umfang (sect 194 Abs 1 AO) der Auszligenpruumlfung insbesondere sind die zu pruumlfenden Steuerarten und der Pruumlfungszeitraum anzugeben Aus der Pruumlfungsanordnung muumlssen sich die Gruumlnde fuumlr die Beauftragung ergeben (BFH-Urteile vom 10121987 IV R 7786 BStBl 1988 II S 322 und vom 2141993 X R 11291 BStBl II S 649) Zur Erteilung einer verbindlichenZusage im Anschluss an eine Auftragspruumlfung vgl AEAO zu sect 204 Nr 2 Aumlndert sich die Zustaumlndigkeit nach Bekanntgabe der Pruumlfungsanordnung ist die Auszligenpruumlfung auf der Grundlage der bereits ergangenen Pruumlfungsanordnung vom neu zustaumlndigen Finanzamt fortzufuumlhren Die Pruumlfungsanordnung ist nicht aufzuheben sondern durch Benennung des Namens des neuen Betriebspruumlfers zu ergaumlnzen Unter den Voraussetzungen des sect 26 AO kann die Auszligenpruumlfung von dem bisher zustaumlndigen Finanzamt fortgefuumlhrt werden Die nach sect 195 Satz 2 AO beauftragte Behoumlrde hat uumlber den Einspruch gegen eine von ihr erlassene Pruumlfungsanordnung zu entscheiden (BFH-Urteil vom 18112008 VIII R 1607 BStBl 2009 II S 507)

AEAO zu sect 196 - Pruumlfungsanordnung

1 Zur Begruumlndung einer Anordnung einer Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO genuumlgt der Hinweis auf diese Rechtsgrundlage Die Pruumlfungsanordnung (sect 5 Abs 2 Satz 1 BpO) die Festlegung des Pruumlfungsbeginns (BFH-Urteil vom 18121986 I R 4983 BStBl 1987 II S 408) und des Pruumlfungsorts (BFH-Urteil vom 2421989 III R 3688 BStBl II S 445) sind selbstaumlndig anfechtbare Verwaltungsakte iSd sect 118 AO (BFH-Urteil vom 2511989 X R 15887 BStBl II S 483) Gegen die Bestimmung des Betriebspruumlfers ist grundsaumltzlich kein Rechtsbehelf gegeben (BFH-Beschluss vom 1552009 IV B 309 BFHNV S 1401) Daruumlber hinaus koumlnnen mit der Pruumlfungsanordnung weitere nicht selbstaumlndig anfechtbare pruumlfungsleitende Bestimmungen (sect 5 Abs 3 BpO) verbunden werden Ein Einspruch gegen die Pruumlfungsanordnung hat keine aufschiebende Wirkung (sect 361 Abs 1 Satz 1 AO) vorlaumlufiger Rechtsschutz kann erst durch Aussetzung der Vollziehung nach sect 361 AO sect 69 FGO gewaumlhrt werden(BFH-Beschluss vom 1791974 VII B 12273 BStBl 1975 II S 197) Uumlber Antraumlge auf Aussetzung der Vollziehung ist unverzuumlglich zu entscheiden Nr 3 des AEAO zu sect 361 gilt sinngemaumlszlig

2 Rechtswidrig erlangte Auszligenpruumlfungsergebnisse duumlrfen nur dann nicht verwertet werden wenn der Steuerpflichtige erfolgreich gegen die Pruumlfungsanordnung der betreffenden Pruumlfungsmaszlignahme vorgegangen ist (BFH-Urteil vom 2771983 I R 21079 BStBl 1984 II S 285) Wenn die Pruumlfungsfeststellungen bereits Eingang in Steuerbescheide gefunden haben muss der Steuerpflichtige auch diese Bescheide anfechten um ein steuerliches Verwertungsverbot zu erlangen (BFH-Urteil vom 16121986 VIII R 12386 BStBl 1987 II S 248) Feststellungen deren Anordnung rechtskraumlftig fuumlr rechtswidrig erklaumlrt wurden unterliegen einem Verwertungsverbot (BFH-Urteil vom 1481985 I R 18882 BStBl 1986 II S 2) Dies gilt nicht wenn die bei der Pruumlfung ermittelten Tatsachen bei einer erstmaligen oder einer unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung stehenden Steuerfestsetzung verwertet wurden und lediglich formelle Rechtsfehler vorliegen (BFH-Urteile vom 1051991 V R 5190 BStBl II S 825 und vom 25111997 VIII R 494 BStBl 1998 II S 461)

3 Ist eine Pruumlfungsanordnung aus formellen Gruumlnden durch das Gericht oder die Finanzbehoumlrde aufgehoben oder fuumlr nichtig erklaumlrt worden so kann eine erneute Pruumlfungsanordnung (Wiederholungspruumlfung) unter Vermeidung des Verfahrensfehlers erlassen werden (BFH-Urteile vom 20101988 IV R 10486 BStBl 1989 II S 180 und vom 2481989 IV R 6588 BStBl 1990 II S 2) Fuumlr die Durchfuumlhrung der Wiederholungspruumlfung ist es regelmaumlszligig geboten einen anderen Pruumlfer mit der Pruumlfung zu beauftragen der in eigener Verantwortung bei Durchfuumlhrung der Pruumlfung ein selbstaumlndiges Urteil uumlber die Erfuumlllung der steuerlichen Pflichten durch den Steuerpflichtigen gewinnt (BFH-Urteil vom 20101988 IV R 10486 BStBl 1989 II S 180)

4 Die Anordnung einer Auszligenpruumlfung fuumlr einen bereits gepruumlften Zeitraum (Zweitpruumlfung) ist grundsaumltzlich zulaumlssig (BFH-Urteil vom 2411989 VII R 3586 BStBl II S 440)

5 Der Umfang der Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 4 AO und der Sperrwirkung nach sect 173 Abs 2 AO bestimmt sich nach dem in der Pruumlfungsanordnung festgelegten Pruumlfungsumfang (BFH-Urteile vom 1871991 V R 5487 BStBl II S 824 und vom 2511996 V R 4295 BStBl II S 338) Es bedarf keiner neuen Pruumlfungsanordnung wenn die Pruumlfung unmittelbar nach Beginn fuumlr mehr als sechs Monate unterbrochen und vor Ablauf der Festsetzungsfrist zuumlgig beendet wird (BFH-Urteil vom 1322003 IV R 3101 BStBl II S 552)

6 Nehmen Auszligenpruumlfer an steuerstraf- oder buszliggeldrechtlichen Ermittlungen der Steuerfahndung teil ist insoweit keine Pruumlfungsanordnung nach sect 196 AO zu erlassen (vgl Nr 125 AStBV (St))

AEAO zu sect 197 - Bekanntgabe der Pruumlfungsanordnung

Inhaltsuumlbersicht

1 Allgemeines

2 Bekanntgabe von Pruumlfungsanordnungen

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3 Bekanntgabe von Pruumlfungsanordnungen an Ehegatten

4 Bekanntgabe an gesetzliche Vertreter natuumlrlicher Personen

5 Personengesellschaften (Gemeinschaften)

6 Juristische Personen

7 Insolvenzfaumllle

8 Gesamtrechtsnachfolge in Erbfaumlllen

9 Umwandlungen

1 Allgemeines

Nach Nr 114 des AEAO zu sect 122 gelten die Grundsaumltze uumlber die Bekanntgabe von Steuerbescheiden fuumlr Pruumlfungsanordnungen entsprechend soweit nicht nachfolgend abweichende Regelungen getroffen sind

2 Bekanntgabe von Pruumlfungsanordnungen

Beim Erlass einer Pruumlfungsanordnung sind festzulegen

- An wen sie sich richtet (Nr 21 des AEAO zu sect 197 - Inhaltsadressat)

- wem sie bekannt gegeben werden soll (Nr 22 des AEAO zu sect 197 - Bekanntgabeadressat)

- welcher Person sie zu uumlbermitteln ist (Nr 23 des AEAO zu sect 197 - Empfaumlnger)

21 InhaltsadressatPruumlfungssubjekt

Das ist derjenige an den sich die Pruumlfungsanordnung richtet und dem aufgegeben wird die Auszligenpruumlfung in dem in der Anordnung naumlher beschriebenen Umfang zu dulden und bei ihr mitzuwirken bdquoPruumlfung beildquo

22 Bekanntgabeadressat

Das ist die PersonPersonengruppe der die Pruumlfungsanordnung bekannt zu geben ist Der Bekanntgabeadressat ist regelmaumlszligig mit dem Pruumlfungssubjekt identisch soweit die Bekanntgabe an das Pruumlfungssubjekt nicht moumlglich oder nicht zulaumlssig ist kommen Dritte als Bekanntgabeadressaten in Betracht (zB Eltern eines minderjaumlhrigen Kindes Geschaumlftsfuumlhrer einer nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigung Liquidator)

In allen Faumlllen in denen der Bekanntgabeadressat nicht personenidentisch ist mit dem Pruumlfungssubjekt ist ein erlaumluternder Zusatz in die Pruumlfungsanordnung aufzunehmen aus dem der Grund fuumlr die Anordnung beim Bekanntgabeadressaten erkennbar wird

Beispiel

Die Pruumlfungsordnung ergeht an Sie als

bdquoAlleinerbin und Gesamtrechtsnachfolgerin nach Ihrem verstorbenen Ehemannldquo (bei Erbfall vgl AEAO zu sect 197 Nr 8)

bdquoNachfolgerin der Fritz KGldquo (bei gesellschaftsrechtlicher Umwandlung vgl AEAO zu sect 197 Nr 9)

23 Empfaumlnger

Das ist derjenige dem die Pruumlfungsanordnung tatsaumlchlich zugehen soll damit sie durch Bekanntgabe wirksam wird IdR ist dies der Bekanntgabeadressat Es kann jedoch auch eine andere Person sein (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 152 und 17) Der Empfaumlnger ist im Anschriftenfeld der Pruumlfungsanordnung mit seinem Namen und der postalischen Anschrift zu bezeichnen Ist der Empfaumlnger nicht identisch mit dem Pruumlfungssubjekt muss in einem ergaumlnzenden Zusatz im Text der Pruumlfungsanordnung darauf hingewiesen werden bdquobei wemldquo die Pruumlfung stattfinden soll (dh namentliche Benennung des Pruumlfungssubjekts)

24 Uumlbermittlung an Bevollmaumlchtigte (sectsect 80 Abs 1 122 Abs 1 Satz 3 AO)

Zur Bekanntgabe an einen Bevollmaumlchtigten vgl AEAO zu sect 122 Nr 17

Beispiel

Anschrift

Herrn Steuerberater Klaus Schulz

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihrem Mandanten Anton Huber eine Pruumlfung durchgefuumlhrt wirdldquo

3 Bekanntgabe von Pruumlfungsanordnungen an Ehegatten

160

Pruumlfungsanordnungen gegen beide Ehegatten koumlnnen ggf in einer Verfuumlgung zusammengefasst werden Auf die Regelung des AEAO zu sect 122 Nr 21 wird verwiesen In einem Zusatz muss dann jedoch erlaumlutert werden fuumlr welche Steuerarten bei welchem Pruumlfungssubjekt die Auszligenpruumlfung vorgesehen ist

Aus Gruumlnden der Klarheit und Uumlbersichtlichkeit sollten getrennte Pruumlfungsanordnungen an Ehegatten bevorzugt werden Generell muumlssen die Pruumlfungen getrennt angeordnet werden wenn beide Ehegatten unternehmerisch (jedoch nicht gemeinschaftlich) taumltig sind

4 Bekanntgabe an gesetzliche Vertreter natuumlrlicher Personen

Vgl AEAO zu sect 122 Nr 22

Beispiel

Anschrift

Herrn Steuerberater Klaus Schulz

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihrem Mandanten Benjamin Muumlller ldquo

Zusatz

bdquo ergeht an Sie fuumlr Frau Felicitas Muumlller und Herrn Felix Muumlller ggf Anschrift als gesetzliche Vertreter ihres minderjaumlhrigen Sohnes Benjamin Muumlller ggf Anschriftldquo

5 Personengesellschaften (Gemeinschaften)

Bei Pruumlfungsanordnungen an Personengesellschaften und Gemeinschaften sind Unterscheidungen nach der Rechtsform nach der zu pruumlfenden Steuerart und ggf nach der Einkunftsart vorzunehmen Wegen der Unterscheidung zwischen Personenhandelsgesellschaften und sonstigen nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigungen wird auf Nr 2412 des AEAO zu sect 122 verwiesen

51 Personenhandelsgesellschaften

Vgl AEAO zu sect 122 Nr 2411 Dies gilt auch fuumlr die Bekanntgabe von Pruumlfungsanordnungen an Personenhandelsgesellschaften bei gesonderter und einheitlicher Feststellung der Einkuumlnfte aus Gewerbebetrieb Es ist nicht erforderlich der Pruumlfungsanordnung eine Anlage beizufuumlgen in der die Feststellungsbeteiligten aufgefuumlhrt sind

52 Sonstige nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigungen

Als Steuerpflichtige iSd sect 193 Abs 1 AO bei der eine Auszligenpruumlfung zulaumlssig ist kommt auch eine nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung in Betracht (BFH-Urteil vom 16111989 IV R 2989 BStBl 1990 II S 272)

Die Personenvereinigung hat idR formal keinen eigenen Namen und muss als Pruumlfungssubjekt durch die Angabe aller Gesellschafter charakterisiert werden Ist die Bezeichnung der Gesellschafter durch die Aufzaumlhlung aller Namen im Vordrucktext der Anordnung aus technischen Gruumlnden nicht moumlglich koumlnnen neben einer Kurzbezeichnung im Text der Pruumlfungsanordnung in einer Anlage die einzelnen Gesellschafter (ggf mit Anschrift) aufgefuumlhrt werden

Die Pruumlfungsanordnung muss aber nicht nur fuumlr die nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung bestimmt und an sie adressiert sein sie muss ihr auch bekannt gegeben werden Die Bekanntgabe hat an die vertretungsberechtigten Gesellschafter zu erfolgen Grundsaumltzlich sind das alle Gesellschafter (zB bei einer GbR nach sectsect 709 714 BGB) es sei denn es liegt eine abweichende gesellschaftsvertragliche Regelung vor Nach sect 6 Abs 3 VwZG ist es jedoch zulaumlssig die Pruumlfungsanordnung nur einem der Gesellschafter bekannt zu geben (BFH-Urteil vom 18101994 IX R 12892 BStBl 1995 II S 291) Das gilt selbst in den Faumlllen in denen auf Grund gesellschaftsvertraglicher Regelungen mehrere Personen zur Geschaumlftsfuumlhrung bestellt sind

521 Nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigungen mit Gewinneinkuumlnften

Wird die Pruumlfung der Feststellung der Einkuumlnfte (Gewinneinkuumlnfte) angeordnet ist die Pruumlfungsanordnung an die Personenvereinigung als Pruumlfungssubjekt zu richten und nicht gegen deren Gesellschafter (BFH-Urteil vom 16111989 IV R 2989 BStBl 1990 II S 272)

Fuumlhrt eine nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung ausnahmsweise einen geschaumlftsuumlblichen Namen unter dem sie am Rechtsverkehr teilnimmt gilt Nr 2412 des AEAO zu sect 122 auch hinsichtlich der Pruumlfungsanordnung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung entsprechend

Wurde ein gemeinsamer Empfangsbevollmaumlchtigter bestellt kann auch ihm die Anordnung zur Pruumlfung der Gewinneinkuumlnfte bekannt gegeben werden Bei Bekanntgabe der Pruumlfungsanordnung an nur einen zur Vertretung aller uumlbrigen Beteiligten vertretungsberechtigten Gesellschafter oder an einen Empfangsbevollmaumlchtigten ist auf dessen Funktion als Bekanntgabeempfaumlnger mit Wirkung fuumlr alle Beteiligten hinzuweisen

161

522 Nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigungen mit Uumlberschusseinkuumlnften

Wird die Pruumlfung der Feststellung der Einkuumlnfte (zB aus Vermietung und Verpachtung) des Vermoumlgens und der Schulden bei einer Gesellschaft buumlrgerlichen Rechts oder bei einer Gemeinschaft (zB Grundstuumlcksgemeinschaft) angeordnet ist die nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung als Grundstuumlcksgesellschaft oder Bauherrengemeinschaft insoweit nicht selbst Pruumlfungssubjekt (BFH-Urteile vom 2591990 IX R 8488 BStBl 1991 II S 120 und vom 18101994 IX R 12892 BStBl 1995 II S 291) Vielmehr ist der einzelne Gesellschafter der Traumlger der steuerlichen Rechte und Pflichten (sect 33 Abs 1 AO) Eine Pruumlfungsanordnung fuumlr die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkuumlnfte aus Vermietung und Verpachtung bzw die Feststellung des Vermoumlgens und der Schulden ist an jeden Gesellschafter zu richten und auch diesem bekannt zu geben (fuumlr Gemeinschaften BFH-Urteil vom 10111987 VIII R 9487 BFHNV 1988 S 214)

Eine Personenvereinigung unterliegt der Auszligenpruumlfung und ist Pruumlfungssubjekt nur insoweit als sie shywie zB bei der Umsatzsteuer - selbst Steuerschuldnerin ist (BFH-Urteil vom 18101994 IX R 12892 BStBl 1995 II S 291) In den Faumlllen in denen bei einer nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigung mit Uumlberschusseinkuumlnften neben der Feststellung der Einkuumlnfte und der Feststellung des Vermoumlgens und der Schulden auch die Umsatzsteuer Pruumlfungsgegenstand ist sind daher zwei Pruumlfungsanordnungen zu erlassen

- an die GemeinschaftGesellschaft hinsichtlich der Umsatzsteuer

- an die GemeinschafterGesellschafter hinsichtlich der Feststellung der Einkuumlnfte und der Feststellung des Vermoumlgens und der Schulden

523 Nichtrechtsfaumlhige Personenvereinigungen mit Uumlberschusseinkuumlnften iZm gesonderten Feststellungen fuumlr Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach sect 151 BewG

Bei gesonderten Feststellungen fuumlr Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer kann auch die nichtrechtsfaumlhige Personenvereinigung mit Uumlberschusseinkuumlnften selbst Inhaltsadressat der Pruumlfungsanordnung sein

Zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ist nach sect 156 BewG eine Auszligenpruumlfung bei den Beteiligten iSd sect 154 Abs 1 BewG zulaumlssig Die Beteiligtenstellung einer Personenvereinigung kann daraus folgen dass sie zur Abgabe einer Feststellungserklaumlrung aufgefordert wurde (sect 154 Abs 1 Nr 2 BewG) Der Anteil am Wert der in sect 151 Abs 1 Satz 1 Nr 4 BewG genannten Vermoumlgensgegenstaumlnde und Schulden die mehreren Personen zustehen ist gesondert festzustellen Die Aufforderung zur Abgabe einer Feststellungserklaumlrung richtet sich gem sect 153 Abs 2 BewG an die Personenvereinigung selbst die dadurch Beteiligte wird Sie ist dann als Pruumlfungssubjekt auch Inhaltsadressat der entsprechenden Pruumlfungsanordnung

Eine Pruumlfung zur gesonderten Feststellung nach sect 156 BewG kann auch in Kombination mit einer auf sect 193 AO gestuumltzten Pruumlfung erfolgen Eine ausschlieszliglich auf sect 156 BewG gestuumltzte Auszligenpruumlfung darf sich jedoch nur auf die Feststellungen erstrecken die fuumlr die Erbschaft-Schenkungsteuer oder eine andere Feststellung iSd sect 151 Abs 1 BewG maszliggeblich sind Das hat zur Folge dass im Rahmen der Betriebspruumlfung nur die sachliche Richtigkeit und Vollstaumlndigkeit der festgestellten Besteuerungsgrundlagen ermittelt bzw uumlberpruumlft werden duumlrfen

53 Sonderfaumllle

Dient die Auszligenpruumlfung ua der Feststellung welche Art von Einkuumlnften die Gesellschafter einer nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigung erzielen kann die Pruumlfungsanordnung nach Maszliggabe saumlmtlicher in Betracht kommenden Einkunftsarten ausgerichtet werden Kommen danach Gewinneinkuumlnfte ernsthaft in Betracht ist die Personenvereinigung - gestuumltzt auf die Rechtsgrundlage des sect 193 Abs 1 AO - Pruumlfungssubjekt

Dies gilt aber nur fuumlr existierende Personenvereinigungen mit streitiger Qualifizierung der Einkuumlnfte Ist die Existenz der nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigung selbst im Streit muss sich die Pruumlfungsanordnung gegen die mutmaszliglichen Gesellschafter richten (BFH-Urteil vom 831988 VIII R 22085 BFHNV S 758) Sie ist jedem Beteiligten der mutmaszliglichen Personenvereinigung gesondert bekannt zu geben

Liegen konkrete Anhaltspunkte vor dass die vermutete GemeinschaftGesellschaft tatsaumlchlich einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hat bzw freiberuflich taumltig geworden ist genuumlgt in der Pruumlfungsanordnung ein Hinweis auf sect 193 Abs 1 AO (BFH-Urteil vom 23101990 VIII R 4588 BStBl 1991 II S 278) Ansonsten ist die Pruumlfungsanordnung auf sect 193 Abs 2 Nr 2 AO zu stuumltzen und besonders zu begruumlnden

54 Arbeitsgemeinschaften

Ist eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) als Pruumlfungssubjekt zu pruumlfen ist die Pruumlfungsanordnung an das in der ARGE geschaumlftsfuumlhrende Unternehmen als Bevollmaumlchtigtem postalisch bekannt zu geben (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2412)

55 Atypisch stille Gesellschaften

162

Da die atypisch stille Gesellschaft nicht selbst Steuerschuldnerin ist ist eine Pruumlfungsanordnung an den Inhaber des Handelsgeschaumlfts zu richten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 241) Hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung ist eine Pruumlfungsanordnung ihrem Inhalt nach im Regelfall ebenfalls nicht an die atypisch stille Gesellschaft sondern regelmaumlszligig an jeden Gesellschafter (Pruumlfungssubjekt) zu richten und diesem auch bekannt zu geben

Beispiel

Anschrift

a) Bauunternehmung Muumlller GmbH Geschaumlftsinhaber

b) Herrn Josef Meier atyp stiller Gesellschafter

(zwei getrennte Pruumlfungsanordnungen)

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihnen bezuumlglich der steuerlichen Verhaumlltnisse der atypisch stillen Gesellschaft Bauunternehmung Muumlller GmbH und Josef Meier (ggf Anschrift) eine Auszligenpruumlfung durchgefuumlhrt wirdldquo

Abweichend davon reicht es in Faumlllen der atypisch stillen Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft aus die Pruumlfungsanordnung hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung an die Personenhandelsgesellschaft (= Geschaumlftsinhaber) als Pruumlfungssubjekt zu richten und bekannt zu geben da die Auszligenpruumlfung bei einer Personengesellschaft auch die steuerlichen Verhaumlltnisse der Gesellschafter (auch der atypisch stille Beteiligte ist Mitunternehmer) insoweit umfasst als diese fuumlr die zu uumlberpruumlfende Feststellung von Bedeutung sind (sect 194 Abs 1 AO) Einer gesonderten - an den atypisch stillen Gesellschafter gerichteten ndash Pruumlfungsordnung bedarf es in diesem Fall nicht

56 Personengesellschaften und nicht rechtsfaumlhige Personengemeinschaften in Liquidation

Wegen der Unterscheidung zwischen der gesellschaftsrechtlichen und der steuerrechtlichen Liquidation vgl AEAO zu sect 122 Nr 271 Die Anweisungen des AEAO zu sect 122 Nr 272 zur Bekanntgabe von Steuerbescheiden gelten fuumlr Pruumlfungsanordnungen sinngemaumlszlig

Auch die Verpflichtung nach sectsect 193 ff AO eine Auszligenpruumlfung zu dulden fuumlhrt dazu eine Personengesellschaft bzw nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung noch nicht als vollbeendet anzusehen Nach Beendigung der gesellschaftsrechtlichen Liquidation (zB Pruumlfung bei bdquodem gesellschaftsrechtlich beendeten Autohaus Heinrich Schmitz Nachf GbRldquo) bleibt die Personengesellschaft bzw nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung weiterhin Pruumlfungssubjekt die Pruumlfungsanordnung ist deshalb an sie zu richten (vgl BFH-Urteil vom 131994 VIII R 3592 BStBl 1995 II S 241) Zu empfehlen ist die Bekanntgabe der Pruumlfungsanordnung an alle ehemaligen Gesellschafter als Liquidatoren (mit Hinweis auf die rechtliche Stellung als Liquidator)

57 Eintritt Ausscheiden und Wechsel von Gesellschaftern einer Personengesellschaft oder einer nicht rechtsfaumlhigen Personengemeinschaft

571 Wird das Handelsgeschaumlft eines Einzelunternehmers in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft eingebracht ist zu unterscheiden ob der Zeitraum vor oder nach der Uumlbertragung gepruumlft wird Die Pruumlfungsanordnung muss an den jeweiligen Inhaltsadressaten fuumlr die Zeit seiner Inhaberschaft gerichtet und bekannt gegeben werden Fuumlr den Pruumlfungszeitraum bis zur Einbringung ergeht die Pruumlfungsanordnung an den ehemaligen Einzelunternehmer als Inhaltsadressat (Pruumlfungssubjekt) (bdquobei Ihnenldquo) In einem Zusatz ist zu erlaumlutern dass Pruumlfungsgegenstand bestimmte Besteuerungszeitraumlume vor der Einbringung in die namentlich benannte aufnehmende Gesellschaft sind

572 Tritt in eine bestehende Personenhandelsgesellschaft oder nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung mit geschaumlftsuumlblichem Namen ein Gesellschafter ein oder scheidet ein Gesellschafter aus unter Fortfuumlhrung der Gesellschaft durch die verbliebenen Gesellschafter oder ergibt sich durch abgestimmten Ein- und Austritt ein Gesellschafterwechsel aumlndert sich die Identitaumlt der Gesellschaft nicht Daher ist die Pruumlfungsanordnung auch fuumlr die Zeit vor dem Eintritt Ausscheiden oder Wechsel an die Personengesellschaft als Inhaltsadressaten zu richten An den ausgeschiedenen Gesellschafter ergeht keine gesonderte Pruumlfungsanordnung Ihm ist jedoch zur Wahrung des rechtlichen Gehoumlrs eine Kopie der an die Gesellschaft gerichteten Pruumlfungsanordnung zu uumlbersenden Dabei ist er auf den Sinn und Zweck dieser Benachrichtigung hinzuweisen

573 Scheidet aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft oder nicht rechtsfaumlhigen Personengemeinschaft der vorletzte Gesellschafter aus und wird der Betrieb durch den verbliebenen Gesellschafter ohne Liquidation fortgefuumlhrt (= vollbeendete Gesellschaft BFH-Urteil vom 1891980 V R 17574 BStBl 1981 II S 293) ist der jetzige Alleininhaber Gesamtrechtsnachfolger gem sect 45 Abs 1 Satz 1 AO fuumlr die Betriebssteuern Die Pruumlfungsanordnung fuumlr die Betriebssteuern ist daher auch fuumlr die Zeit des Bestehens der GesellschaftGemeinschaft an den jetzigen Alleininhaber zu richten und diesem bekannt zu geben Er ist auf seine Stellung als Gesamtrechtsnachfolger hinzuweisen In einem Zusatz ist deutlich

163

zu machen dass die Pruumlfung die steuerlichen Verhaumlltnisse der vollbeendeten GesellschaftGemeinschaft betrifft

Fuumlr die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung geht die Pflicht die Pruumlfung zu dulden (vgl AEAO zu sect 197 Nr 21 und 521) ebenfalls von der GesellschaftGemeinschaft auf den jetzigen Alleininhaber als Gesamtrechtsnachfolger iSv sect 45 Abs 1 Satz 1 AO uumlber (BFH-Urteil vom 2542006 VIII R 4602 BFHNV S 2037) Die Pruumlfungsanordnung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung fuumlr die Zeit des Bestehens der Gesellschaft ist daher ebenfalls an den jetzigen Alleininhaber zu richten und diesem bekannt zu geben Auf die Stellung als Gesamtrechtsnachfolger ist hinzuweisen In einem Zusatz ist deutlich zu machen dass die Pruumlfung die steuerlichen Verhaumlltnisse der vollbeendeten GesellschaftGemeinschaft betrifft

Erzielt die PersonengesellschaftGemeinschaft ausschlieszliglich Uumlberschusseinkuumlnfte (zB aus Vermietung und Verpachtung) ist sie als solche kein Pruumlfungssubjekt hinsichtlich der gesonderten undeinheitlichen Feststellung der Uumlberschusseinkuumlnfte (vgl AEAO zu sect 197 Nr 522) Die Duldungspflicht der Pruumlfung kann daher auch nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den jetzigen Alleinshygesellschafter uumlbergehen Die Pruumlfungsanordnung ist in diesem Fall an jeden ehemaligen Gesellschafter zu richten und bekannt zu geben

6 Juristische Personen

Vgl AEAO zu sect 122 Nr 28

7 Insolvenzfaumllle Soweit die Verwaltungs- und Verfuumlgungsbefugnis auf einen Insolvenzverwalter oder einen vorlaumlufigen Insolvenzverwalter uumlbergegangen ist (vgl AEAO zu sect 251 Nrn 31 und 42) ist dieser Bekanntgabeadressat (AEAO zu sect 197 Nr 22)

8 Gesamtrechtsnachfolge in Erbfaumlllen

81 Geht ein Einzelunternehmen durch Erbfall im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine oder mehrere Person(en) uumlber ist die Pruumlfungsanordnung an dendie Erben als Pruumlfungssubjekt zu richten Bei ihmihnen kann eine Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO auch fuumlr Zeitraumlume stattfinden in denen der Erblasser unternehmerisch taumltig war (BFH-Urteil vom 2481989 IV R 6588 BStBl 1990 II S 2) Auf dendie Erben gehen als Gesamtrechtsnachfolger alle Verpflichtungen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis uumlber (sect 45 Abs 1 AO) hierzu gehoumlrt auch die Duldung der Betriebspruumlfung (BFH-Urteil vom 951978 VII R 9675 BStBl II S 501)

Beispiele

a) Anschrift

Frau Antonia Huber

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihnen bezuumlglich der steuerlichen Verhaumlltnisse Ihres verstorbenen Ehemannes Anton Huber eine Auszligenpruumlfung durchgefuumlhrt wirdldquo

Zusatz

bdquo ergeht an Sie als Alleinerbin und Gesamtrechtsnachfolgerin nach Ihrem Ehemannldquo

b) Anschrift

Herrn Steuerberater Klaus Schulz

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihrer Mandantin Antonia Huber bezuumlglich der steuerlichen Verhaumlltnisse ihres verstorbenen Ehemanns Anton Huber eine Auszligenpruumlfung durchgefuumlhrt wirdldquo

Zusatz

bdquo ergeht an Sie fuumlr Frau Antonia Huber als Alleinerbin und Gesamtrechtsnachfolgerin nach Anton Huberldquo

c) Anschrift

Herrn Steuerberater Klaus Schulz

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihren Mandanten Emilia Muumlller Fritz Muumlller (usw alle Erben namentlich aufzuzaumlhlen) bezuumlglich der steuerlichen Verhaumlltnisse des verstorbenen Emil Muumlller eine Auszligenpruumlfung durchgefuumlhrt wirdldquo

Zusatz

164

bdquo ergeht an Sie fuumlr Frau Emilia Muumlller Herrn Fritz Muumlller usw als Erben und Gesamtrechtsnachfolger des verstorbenen Emil Muumlllerldquo

82 Hat die Erbengemeinschaft keinen gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten ist jedem Miterben eine Pruumlfungsanordnung bekannt zu geben Im Anschriftenfeld ist sie jeweils an den einzelnen Miterben zuadressieren Im Uumlbrigen ist sie inhaltsgleich allen Miterben bekannt zu geben Die Pruumlfung ist bdquobei dem jeweiligen Miterben vorzusehen Auszligerdem ist in der Pruumlfungsanordnung in einem Zusatz darzustellen welche weiteren Miterben zur Erbengemeinschaft gehoumlren (Darstellung mit vollstaumlndigen Namen und ggf Anschriften)

83 Ist ein Miterbe gemeinsamer Empfangsbevollmaumlchtigter aller Miterben so ist die Pruumlfungsanordnung nur diesem Miterben wie folgt bekannt zu geben

Anschrift

Anna Muumlller Anschrift

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihnen bezuumlglich der steuerlichen Verhaumlltnisse Ihres verstorbenen Ehemanns Herbert Muumlller eine Auszligenpruumlfung durchgefuumlhrt wirdldquo

Zusatz

bdquoDie Pruumlfungsanordnung ergeht an Sie mit Wirkung fuumlr alle Miterben und Gesamtrechtsnachfolger nach Herbert Muumlller Frau Anna Muumlller Frau Eva Muumlller (alle weiteren Miterben namentlich ggf mit Anschrift nennen)ldquo

Zweckmaumlszligigerweise sollten getrennte Pruumlfungsanordnungen fuumlr folgende gleichzeitig vorliegende und zu pruumlfende Fallgestaltungen ergehen

- Pruumlfungszeitraum des Erblassers als Einzelunternehmer (s o)

- Pruumlfungszeitraum der Fortfuumlhrung des Unternehmens durch die Erbengemeinschaft (Pruumlfung bdquobei der Erbengemeinschaft Anna Muumlller ggf Anschrift sowie Eva Muumlller ggf Anschrift und Thomas Muumlller ggf Anschrift etc Alle Beteiligten sind Erben und Gesamtrechtsnachfolger nach Herbert Muumlller)

- Pruumlfung eines eigenen Betriebs eines Miterben (zB der Ehefrau des Erblassers)

9 Umwandlungen

91 In den uumlbrigen Faumlllen einer Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO (vgl AEAO zu sect 45) gelten grundsaumltzlich die Anweisungen des AEAO zu sect 122 Nrn 2121 und 2122

92 Nach einer Verschmelzung (sect 1 Abs 1 Nr 1 sectsect 2 ff UmwG) ist sowohl hinsichtlich der Betriebssteuern als auch hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellungen Nr 573 des AEAO zu sect 197 sinngemaumlszlig anzuwenden

93 In Faumlllen einer Abspaltung oder Ausgliederung (sect 1 Abs 1 Nr 2 sectsect 123 ff UmwG) sowie einer Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Teiluumlbertragung (sect 1 Abs 1 Nr 3 sect 174 Abs 2 sectsect 175 177 179 184 ff 189 UmwG) liegt keine Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO vor (vgl AEAO zu sect 45 Nr 2) Eine Pruumlfungsanordnung die sich auf Zeitraumlume bis zur Abspaltung Ausgliederung oder Vermoumlgensuumlbertragung bezieht ist daher stets an den abspaltenden ausgliedernden bzw an den das Vermoumlgen uumlbertragenden Rechtstraumlger zu richten

94 In den Faumlllen einer Aufspaltung (sect 1 Abs 1 Nr 2 sect 123 Abs 1 UmwG) ist jedoch sect 45 Abs 1 AO sinngemaumlszlig anzuwenden Eine Pruumlfungsanordnung die sich auf Zeitraumlume bis zur Aufspaltung bezieht ist an alle spaltungsgeborenen Gesellschaften zu richten Dies gilt nicht in Bezug auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (vgl AEAO zu sect 45 Nr 2)

95 Bei einer formwechselnden Umwandlung (sect 1 Abs 1 Nr 4 sectsect 190 ff UmwG) handelt es sich lediglich um den Wechsel der Rechtsform Das Pruumlfungssubjekt bleibt identisch es aumlndert sich lediglich dessen Bezeichnung Die Pruumlfungsanordnung ist an die Gesellschaft unter ihrer neuen Bezeichnung zu richten Dies gilt auch wenn sich - wie zB in Faumlllen der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft oder der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft - das Steuersubjekt aumlndert und daher eine steuerliche Gesamtrechtsnachfolge vorliegt (vgl AEAO zu sect 45 Nr 3) Wurde eine Personengesellschaft die Gewinneinkuumlnfte erzielt hat in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt ist eine Pruumlfungsanordnung die sich auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Personengesellschaft erstreckt nach den Grundsaumltzen der Nr 521 des AEAO zu sect 197 an die Kapitalgesellschaft zu richten Hat die umgewandelte Personengesellschaft Uumlberschusseinkuumlnfte erzielt ist die Pruumlfungsanordnung fuumlr die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach den Grundsaumltzen von Nr 522 des AEAO zu sect 197 an die Gesellschafter der ehemaligen Personengesellschaft zu richten

AEAO zu sect 198 - Ausweispflicht Beginn der Auszligenpruumlfung

165

1 Die Auszligenpruumlfung beginnt grundsaumltzlich in dem Zeitpunkt in dem der Auszligenpruumlfer nach Bekanntgabe der Pruumlfungsanordnung konkrete Ermittlungshandlungen vornimmt Bei einer Datentraumlgeruumlberlassung beginnt die Auszligenpruumlfung spaumltestens mit der Auswertung der Daten Die Handlungen brauchen fuumlr den Betroffenen nicht erkennbar zu sein es genuumlgt vielmehr dass der Auszligenpruumlfer nach Bekanntgabe der Pruumlfungsanordnung mit dem Studium der den Steuerfall betreffenden Akten beginnt (BFH-Urteile vom 781980 II R 11977 BStBl 1981 II S 409 vom 11101983 VIII R 1182 BStBl 1984 II S 125 und vom 18121986 I R 4983 BStBl 1987 II S 408) Als Beginn der Auszligenpruumlfung ist auch ein Auskunfts- und Vorlageersuchen der Finanzbehoumlrde anzusehen mit dem unter Hinweis auf die Auszligenpruumlfung um Beantwortung verschiedener Fragen und Vorlage bestimmter Unterlagen gebeten wird (BFH-Urteil vom 221994 I R 5793 BStBl II S 377 und BFH-Beschluss vom 332009 IV S 1208 BFHNV S 958) Ein Aktenstudium das vor dem in der Betriebspruumlfungsanordnung genannten Termin des Beginns der Pruumlfung durchgefuumlhrt wird gehoumlrt hingegen noch zu den Pruumlfungsvorbereitungen (BFH-Urteil vom 872009 XI R 6407 BStBl 2010 II S 4)

2 Bei der Auszligenpruumlfung von Konzernen und sonstigen zusammenhaumlngenden Unternehmen iSd sectsect 13 bis 19 BpO gelten keine Besonderheiten Da es sich um rechtlich selbstaumlndige Unternehmen handelt faumlllt der Beginn der Auszligenpruumlfung grundsaumltzlich auf den Tag an dem mit der Pruumlfung des jeweiligen Unternehmens begonnen wird Werden mehrere konzernzugehoumlrige Unternehmen von einer Finanzbehoumlrde gepruumlft und hat sie sich mit allen von ihr zu pruumlfenden Betrieben befasst um sich einenUumlberblick uumlber die pruumlfungsrelevanten Sachverhalte zu verschaffen sowie die wirtschaftlichen bilanziellen und liquiditaumltsmaumlszligigen Verflechtungen zwischen den Unternehmen aus den unterschiedlichen Perspektiven untersucht ist damit bereits ein einheitlicher Pruumlfungsbeginn gegeben

Wenn dagegen ein konzernzugehoumlriges Unternehmen von einer anderen Finanzbehoumlrde gepruumlft wird beginnt die Auszligenpruumlfung erst dann wenn konkrete Pruumlfungshandlungen in diesem Einzelfall vorgenommen worden sind Der Zeitpunkt des Beginns der Auszligenpruumlfung ist in den Pruumlfungsbericht aufzunehmen

3 Zur Ablaufhemmung vgl AEAO zu sect 171 Nr 3

AEAO zu sect 200 - Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen

1 Die Bestimmung des Umfangs der Mitwirkung des Steuerpflichtigen liegt im pflichtgemaumlszligen Ermessen der Finanzbehoumlrde Auf Anforderung hat der Steuerpflichtige vorhandene Aufzeichnungen und Unterlagen vorzulegen die nach Einschaumltzung der Finanzbehoumlrde fuumlr eine ordnungsgemaumlszlige und effiziente Abwicklung der Auszligenpruumlfung erforderlich sind ohne dass es ihm gegenuumlber einer zusaumltzlichen Begruumlndung hinsichtlich der steuerlichen Bedeutung bedarf

Konzernunternehmen haben auf Anforderung insbesondere vorzulegen

- den Pruumlfungsbericht des Wirtschaftspruumlfers uumlber die Konzernabschluumlsse der Konzernmuttergesellschaft

- die Richtlinie der Konzernmuttergesellschaft zur Erstellung des Konzernabschlusses

- die konsolidierungsfaumlhigen Einzelabschluumlsse (sog Handelsbilanzen II) der Konzernmuttergesellschaft

- Einzelabschluumlsse und konsolidierungsfaumlhige Einzelabschluumlsse (sog Handelsbilanzen II) von in-und auslaumlndischen Konzernunternehmen

Bei Auslandssachverhalten traumlgt der Steuerpflichtige eine erhoumlhte Mitwirkungspflicht (BFH-Beschluss vom 971986 I B 3686 BStBl 1987 II S 487) Im Falle von Verzoumlgerungen durch den Steuerpflichtigen oder der von ihm benannten Auskunftspersonen soll nach den Umstaumlnden des Einzelfalls von der Moumlglichkeit der Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln (sect 328 AO) der Festsetzung von Verzoumlgerungsgeld (sect 146 Abs 2b AO) oder der Schaumltzung (sect 162 AO) Gebrauch gemacht werden Im Rahmen von Geschaumlftsbeziehungen zwischen nahe stehenden Personen sind die Regelungen der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung und der Verwaltungsgrundsaumltze-Verfahren (BMF-Schreiben vom 1242005 BStBl I S 570) zu beachten Kreditinstitute sind verpflichtet dem Auszligenpruumlfer Angaben zur Identitaumlt der Bankkunden zu machen Das bankseitige Ausblenden eindeutiger Ordnungsmerkmale der Bankkunden im Hinblick auf sect 30a AO ist nicht zulaumlssig

2 Eine Auszligenpruumlfung in den Geschaumlftsraumlumen des Steuerpflichtigen verstoumlszligt nicht gegen Art 13 GG (BFH-Urteil vom 20101988 IV R 10486 BStBl 1989 II S 180) Ist ein geeigneter Geschaumlftsraum vorhanden so muss die Auszligenpruumlfung dort stattfinden Ob ein geeigneter Geschaumlftsraum vorhanden ist richtet sich nach der objektiven Beschaffenheit der Raumlume den betriebsuumlblichen Verhaumlltnissen sowie arbeitsrechtlichen Grundsaumltzen Der Vorrang der Geschaumlftsraumlume vor allen anderen Orten ergibt sich aus dem Wortlaut des sect 200 Abs 2 AO und aus dem Sinn und Zweck der Auszligenpruumlfung Sind keine geeigneten Geschaumlftsraumlume vorhanden ist in den Wohnraumlumen des Steuerpflichtigen oder an Amtsstelle zu pruumlfen Nur im Ausnahmefall und nur auf Antrag kommen andere Pruumlfungsorte in Betracht wenn schuumltzenswerte Interessen des Steuerpflichtigen von besonders groszligem Gewicht die Interessen der Finanzbehoumlrden an einem effizienten Pruumlfungsablauf in den Geschaumlftsraumlumen verdraumlngen

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AEAO zu sect 201 - Schlussbesprechung

1 Rechtsirrtuumlmer die die Finanzbehoumlrde nach der Schlussbesprechung erkennt koumlnnen bei der Auswertung der Pruumlfungsfeststellungen auch dann richtig gestellt werden wenn an der Schlussbesprechung der fuumlr die Steuerfestsetzung zustaumlndige Beamte teilgenommen hat (BFH-Urteile vom 6111962 I 29861 U BStBl 1963 III S 104 und vom 131963 VI 11961 U BStBl III S 212) Zusagen im Rahmen einer Schlussbesprechung die im Betriebspruumlfungsbericht nicht aufrechterhalten werden erzeugen schon aus diesem Grund keine Bindung der Finanzbehoumlrde nach Treu und Glauben (BFH-Urteil vom 2741977 I R 21174 BStBl II S 623)

2 Die Auszligenpruumlfung ist abgeschlossen wenn die pruumlfende Behoumlrde den Abschluss ausdruumlcklich oder konkludent erklaumlrt IdR kann die Auszligenpruumlfung mit der Zusendung des Pruumlfungsberichts (sect 202 Abs 1 AO) als abgeschlossen angesehen werden (BFH-Urteile vom 1771985 I R 21482 BStBl 1986 II S 21 und vom 421988 V R 5783 BStBl II S 413) Reicht der Steuerpflichtige nach Zusendung des Betriebspruumlfungsberichts eine - ausdruumlcklich vorbehaltene - Stellungnahme und Unterlagen ein die zu einem Wiedereintritt in Ermittlungshandlungen fuumlhren erfolgt dies noch im Rahmen der Auszligenpruumlfung (BFH-Urteil vom 872009 XI R 6407 BStBl 2010 II S 4)

3 Der Steuerpflichtige kann den Verzicht nach sect 201 Abs 1 Satz 1 AO auf die Abhaltung einer Schlussbesprechung formlos erklaumlren Die Finanzbehoumlrde vereinbart mit dem Steuerpflichtigen einen Termin zur Abhaltung der Schlussbesprechung der innerhalb eines Monats seit Beendigung der Ermittlungshandlungen liegt Kommt eine Terminabsprache nicht zustande laumldt die Finanzbehoumlrde den Steuerpflichtigen schriftlich zur Schlussbesprechung an Amtsstelle und weist gleichzeitig darauf hin dass die Nichtwahrnehmung des Termins ohne Angabe von Gruumlnden als Verzicht iSd sect 201 Abs 1 Satz 1 AO zu werten ist

4 Die Verwertung von Pruumlfungsfeststellungen haumlngt nicht davon ab ob eine Schlussbesprechung abgehalten worden ist Das Unterlassen einer Schlussbesprechung fuumlhrt nicht bdquoohne weiteresldquo zu einer Fehlerhaftigkeit der aufgrund des Berichts uumlber die Auszligenpruumlfung ergangenen Steuerbescheide (BFH-Beschluss vom 15121997 X B 18296 BFHNV 1998 S 811)

5 Zu der Zulaumlssigkeit und den Rechtsfolgen einer tatsaumlchlichen Verstaumlndigung siehe BMF-Schreiben vom 3072008 BStBl I S 831

6 Der Hinweis nach sect 201 Abs 2 AO ist zu erteilen wenn es nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Schlussbesprechung moumlglich erscheint dass ein Straf- oder Buszliggeldverfahren durchgefuumlhrt werden muss Wegen weiterer Einzelheiten vgl Nr 131 Abs 2 AStBV (St) Durch den Hinweis nach sect 201 Abs 2 AO wird noch nicht das Straf- und Buszliggeldverfahren iSd sectsect 397 410 Abs 1 Nr 6 AO eroumlffnet weil das Aussprechen eines strafrechtlichen Vorbehalts iSd sect 201 Abs 2 AO noch im Rahmen der Auszligenpruumlfung bei Durchfuumlhrung der Besteuerung geschieht Der Hinweis nach sect 201 Abs 2 AO ist kein Verwaltungsakt

AEAO zu sect 202 - Inhalt und Bekanntgabe des Pruumlfungsberichts

Der Pruumlfungsbericht und die Mitteilung uumlber die ergebnislose Pruumlfung (sect 202 Abs 1 Satz 3 AO) sind keine Verwaltungsakte und koumlnnen deshalb nicht mit dem Einspruch angefochten werden (BFH-Urteile vom 1771985I R 21482 BStBl 1986 II S 21 und vom 2941987 I R 11883 BStBl 1988 II S 168) In der Uumlbersendung des Pruumlfungsberichts der keinen ausdruumlcklichen Hinweis darauf enthaumllt dass die Auszligenpruumlfung nicht zu einerAumlnderung der Besteuerungsgrundlagen gefuumlhrt hat kann keine konkludente Mitteilung iSd sect 202 Abs 1 Satz 3 AO gesehen werden (BFH-Urteil vom 14121989 III R 15885 BStBl 1990 II S 283)

Fuumlr den Innendienst bestimmte oder spaumltere Besteuerungszeitraumlume betreffende Mitteilungen des Auszligenpruumlfers sind in den Pruumlfungsbericht nicht aufzunehmen (BFH-Urteil vom 2731961 I 27660 U BStBl III S 290)

AEAO zu sect 203 - Abgekuumlrzte Auszligenpruumlfung

1 Die Vorschrift des sect 203 AO soll auch eine im Interesse des Steuerpflichtigen liegende rasche Durchfuumlhrung einer Auszligenpruumlfung ermoumlglichen (BFH-Urteil vom 25111989 X R 15887 BStBl II S 483)

2 Bei einer abgekuumlrzten Auszligenpruumlfung finden die Vorschriften uumlber die Auszligenpruumlfung (sectsect 193 ff AO) Anwendung mit Ausnahme der sectsect 201 Abs 1 und 202 Abs 2 AO Sie ist bei allen unter sect 193 AO fallenden Steuerpflichtigen zulaumlssig

Eine Beschraumlnkung der in Frage kommenden Faumllle nach der Einordnung der Betriebe in Groumlszligenklassen besteht nicht

Die abgekuumlrzte Auszligenpruumlfung unterscheidet sich von einer im Pruumlfungsstoff schon eingeschraumlnkten Auszligenpruumlfung indem sie daruumlber hinaus auf die Pruumlfung einzelner Besteuerungsgrundlagen eines Besteuerungszeitraums oder mehrerer Besteuerungszeitraumlume beschraumlnkt wird (sect 4 Abs 5 Satz 2 BpO)

3 In der Pruumlfungsanordnung ist die Auszligenpruumlfung als abgekuumlrzte Auszligenpruumlfung iSd sectsect 193 203 AO ausdruumlcklich zu bezeichnen Ein Wechsel von der abgekuumlrzten zur nicht abgekuumlrzten Auszligenpruumlfung und umgekehrt ist zulaumlssig Hierzu bedarf es einer ergaumlnzenden Pruumlfungsanordnung

167

4 Die Vorschrift des sect 203 Abs 2 AO entbindet nicht von der Verpflichtung zur Fertigung eines Pruumlfungsberichts

5 Die abgekuumlrzte Auszligenpruumlfung loumlst dieselben Rechtsfolgen wie eine nicht abgekuumlrzte Auszligenpruumlfung aus

AEAO zu sect 204 - Voraussetzung der verbindlichen Zusage

1 Von der verbindlichen Zusage nach sect 204 AO sind zu unterscheiden

- die tatsaumlchliche Verstaumlndigung uumlber den der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Sachverhalt (vgl BMF-Schreiben vom 3072008 BStBl I S 831)

- die verbindliche Auskunft nach sect 89 Abs 2 AO und

- die Lohnsteueranrufungsauskunft (sect 42e EStG)

2 Uumlber den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zusage entscheidet die fuumlr die Auswertung der Pruumlfungsfeststellungen zustaumlndige Finanzbehoumlrde Im Fall einer Auftragspruumlfung nach sect 195 AO kann die beauftragte Finanzbehoumlrde nur im Einvernehmen mit der fuumlr die Besteuerung zustaumlndigen Finanzbehoumlrde eine verbindliche Zusage erteilen

3 Der Anwendungsbereich der Vorschrift erstreckt sich auf fuumlr die Vergangenheit gepruumlfte (verwirklichte) Sachverhalte mit Wirkung in die Zukunft (zB Gesellschaftsvertraumlge Erwerb von Grundstuumlcken) Zwischen der Auszligenpruumlfung und dem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zusage muss der zeitliche Zusammenhang gewahrt bleiben (BFH-Urteil vom 13121995 XI R 43-4589 BStBl 1996 II S 232) Bei einem nach der Schlussbesprechung gestellten Antrag ist idR keine verbindliche Zusage mehr zu erteilen wenn hierzu umfangreiche Pruumlfungshandlungen erforderlich sind Der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zusage soll schriftlich bzw elektronisch gestellt werden (vgl BFH-Urteil vom 481961 VI 26960 S BStBl III S 562) Unklarheiten gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 13121989 X R 20887 BStBl 1990 II S 274)

4 Die Beurteilung eines Sachverhalts im Pruumlfungsbericht oder in einem aufgrund einer Auszligenpruumlfung ergangenen Steuerbescheid steht einer verbindlichen Zusage nicht gleich (BFH-Urteil vom 2391992 X R 12990 BFHNV 1993 S 294) Auch die Tatsache dass eine bestimmte Gestaltung von vorangegangenen Auszligenpruumlfungen nicht beanstandet wurde schafft keine Bindungswirkung nach Treu und Glauben (BFH-Urteil vom 2911997 XI R 2795 BFHNV S 816)

5 Der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zusage kann ausnahmsweise abgelehnt werden insbesondere wenn sich der Sachverhalt nicht fuumlr eine verbindliche Zusage eignet (zB zukuumlnftige Angemessenheit von Verrechnungspreisen bei unuumlbersichtlichen Marktverhaumlltnissen) oder wenn zu dem betreffenden Sachverhalt die Herausgabe von allgemeinen Verwaltungsvorschriften oder eine Grundsatzentscheidung des BFH nahe bevorsteht

AEAO zu sect 205 - Form der verbindlichen Zusage

Vorbehalte in der erteilten verbindlichen Zusage (zB bdquovorbehaltlich des Ergebnisses einer Besprechung mit den obersten Finanzbehoumlrden der Laumlnderrdquo) schlieszligen die Bindung aus (BFH-Urteil vom 481961 VI 26960 S BStBl III S 562) Die verbindliche Zusage hat im Hinblick auf die Regelung in sect 207 Abs 1 AO die Rechtsvorschriften zu enthalten auf die die Entscheidung gestuumltzt wird (BFH-Urteil vom 371986 IV R 6684 BFHNV 1987 S 89)

AEAO zu sect 206 - Bindungswirkung

Entspricht der nach Erteilung der verbindlichen Zusage festgestellte und steuerlich zu beurteilende Sachverhalt nicht dem der verbindlichen Zusage zugrunde gelegten Sachverhalt so ist die Finanzbehoumlrde an die erteilte Zusage auch ohne besonderen Widerruf nicht gebunden (sect 206 Abs 1 AO) Trifft die Finanzbehoumlrde in einer Steuerfestsetzung eine andere Entscheidung als bei der Erteilung der verbindlichen Zusage so kann der Steuerpflichtige im Rechtsbehelfsverfahren gegen den betreffenden Bescheid die Bindungswirkung geltend machen Der Steuerpflichtige andererseits ist nicht gebunden wenn die verbindliche Zusage zu seinen Ungunsten dem geltenden Recht widerspricht (sect 206 Abs 2 AO) Er kann also den Steuerbescheid dem eine verbindliche Zusage zugrunde liegt anfechten um eine guumlnstigere Regelung zu erreichen Hierbei ist es unerheblich ob die Fehlerhaftigkeit der Zusage bereits bei ihrer Erteilung erkennbar war oder erst spaumlter (zB durch eine Rechtsprechung zugunsten des Steuerpflichtigen) erkennbar geworden ist

AEAO zu sect 207 - Auszligerkrafttreten Aufhebung und Aumlnderung der verbindlichen Zusage

1 Unter Rechtsvorschriften iSd sect 207 Abs 1 AO sind nur Rechtsnormen zu verstehen nicht jedoch Verwaltungsanweisungen oder eine geaumlnderte Rechtsprechung

2 Die Finanzbehoumlrde kann die verbindliche Zusage mit Wirkung fuumlr die Zukunft widerrufen oder aumlndern (sect 207 Abs 2 AO) zB wenn sich die steuerrechtliche Beurteilung des der verbindlichen Zusage zugrunde gelegten Sachverhalts durch die Rechtsprechung oder Verwaltung zum Nachteil des Steuerpflichtigen aumlndert Im Einzelfall kann es aus Billigkeitsgruumlnden gerechtfertigt sein von einem

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Widerruf der verbindlichen Zusage abzusehen oder die Wirkung des Widerrufs zu einem spaumlteren Zeitpunkt eintreten zu lassen Eine solche Billigkeitsmaszlignahme wird idR jedoch nur dann geboten sein wenn sich der Steuerpflichtige nicht mehr ohne erheblichen Aufwand bzw unter betraumlchtlichen Schwierigkeiten von den im Vertrauen auf die Zusage getroffenen Dispositionen oder eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen zu loumlsen vermag Der Steuerpflichtige ist vor einer Aufhebung oder Aumlnderung zu houmlren (sect 91 Abs 1 AO)

AEAO zu sect 208 - Steuerfahndung Zollfahndung

1 Der Steuerfahndung weist das Gesetz folgende Aufgaben zu

a) Vorfeldermittlungen zur Verhinderung von Steuerverkuumlrzungen (sect 85 Satz 2 AO) die auf die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfaumllle gerichtet sind (sect 208 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AO)

b) die Verfolgung bekannt gewordener Steuerstraftaten gem sect 386 Abs 1 Satz 1 AO und Steuerordnungswidrigkeiten einschlieszliglich der Ermittlung des steuerlich erheblichen Sachverhalts und dessen rechtlicher Wuumlrdigung (sect 208 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 und 2 AO) sect 208 Abs 1 Saumltze 2 und 3 AO bestimmen welche Vorschriften fuumlr das Verfahren zur Durchfuumlhrung von Steuerfahndungsmaszlignahmen maszliggebend sind

2 Die Steuerfahndung uumlbt die Rechte und Pflichten aus

a) die den Finanzaumlmtern im Besteuerungsverfahren zustehen (sectsect 85 ff AO)

b) die sich aus sect 404 Satz 2 AO ergeben erster Zugriff Durchsuchung Beschlagnahme Durchsicht von Papieren sowie sonstige Maszlignahmen nach den fuumlr die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft geltenden Vorschriften

3 Zu Maszlignahmen im Besteuerungsverfahren ist die Steuerfahndung auch berechtigt wenn bereits ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden ist (vgl BFH-Beschluss vom 29101986 I B 2886 BStBl 1987 II S 440) Fuumlr Einwendungen gegen ihre Maszlignahmen im Besteuerungsverfahren ist der Finanzrechtsweg fuumlr Einwendungen gegen Maszlignahmen im Strafverfahren wegen Steuerstraftaten der ordentliche Rechtsweg gegeben

4 Fuumlr die Steuerfahndung gelten bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und bei Vorfeldermittlungen folgende Einschraumlnkungen aus Vorschriften uumlber das Besteuerungsverfahren nicht (sect 208 Abs 1 Satz 3 AO)

a) Andere Personen als die Beteiligten koumlnnen sofort um Auskunft angehalten werden (sect 93 Abs 1 Satz 3 AO)

b) Das Auskunftsersuchen bedarf entgegen sect 93 Abs 2 Satz 2 AO nicht der Schriftform

c) Die Vorlage von Urkunden kann ohne vorherige Befragung des Vorlagepflichtigen verlangt und die Einsichtnahme in diese Urkunden unabhaumlngig von dessen Einverstaumlndnis erwirkt werden (sect 97 Abs 2 AO)

In den Faumlllen der Buchstaben a) und c) ist sect 30a Abs 5 AO zu beachten

5 Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen die sich aus den Vorschriften uumlber die Auszligenpruumlfung ergeben bleiben bestehen (sect 208 Abs 1 Satz 3 AO) Die Mitwirkungspflicht kann allerdings nicht erzwungen werden wenn sich der Steuerpflichtige dadurch der Gefahr aussetzen wuumlrde sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit belasten zu muumlssen oder wenn gegen ihn bereits ein Steuerstraf- oder Buszliggeldverfahren eingeleitet worden ist Uumlber diese Rechtslage muss der Steuerpflichtige belehrt werden

6 Beamte der Steuerfahndung koumlnnen mit sonstigen Aufgaben betraut werden (sect 208 Abs 2 AO)

AEAO zu sect 218 - Verwirklichung von Anspruumlchen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis

1 Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (sect 37 AO) werden durch Verwaltungsakt konkretisiert Der - ggf materiell-rechtlich unrichtige - Verwaltungsakt beeinflusst zwar nicht die materielle Houmlhe des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhaumlltnis solange er jedoch besteht legt er fest ob und in welcher Houmlhe ein Anspruch durchgesetzt werden kann Maszliggebend ist allein der letzte Verwaltungsakt (zB derletzte Aumlnderungsbescheid oder der letzte Abrechnungsbescheid) Der einheitliche Anspruch aus dem Steuerschuldverhaumlltnis kann deshalb bei - ggf mehrfacher - Aumlnderung einer Festsetzung nicht in unterschiedliche Zahlungs- und Erstattungsanspruumlche aufgespalten werden (BFH-Urteil vom 621996 VII R 5095 BStBl 1997 II S 112)

Der Verwaltungsakt wirkt konstitutiv wenn es sich um steuerliche Nebenleistungen handelt deren Festsetzung in das Ermessen der Finanzbehoumlrde gestellt ist zB beim Verspaumltungszuschlag (sect 152 AO)

2 Bei Saumlumniszuschlaumlgen bedarf es keines Leistungsgebotes wenn sie zusammen mit der Steuer beigetrieben werden (sect 254 Abs 2 AO)

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3 Uumlber Streitigkeiten die die Verwirklichung von Anspruumlchen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis betreffen entscheiden die Finanzbehoumlrden durch Abrechnungsbescheid Als Rechtsbehelf ist der Einspruch gegeben Die Korrekturmoumlglichkeiten richten sich nach den sectsect 129 bis 131 AO

Eine Verfuumlgung uumlber die Anrechnung von Steuerabzugsbetraumlgen Steuervorauszahlungen und anrechenbarer Koumlrperschaftsteuer (Anrechnungsverfuumlgung) ist ein Verwaltungsakt mit Bindungswirkung Diese Bindungswirkung muss auch beim Erlass eines Abrechnungsbescheids nach sect 218 Abs 2 AO beachtet werden Deshalb kann im Rahmen eines Abrechnungsbescheids die Steueranrechnung zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen nur dann korrigiert werden wenn eine der Voraussetzungen der sectsect 129 bis 131 AO gegeben ist (vgl BFH-Urteil vom 1541997 VII R 10096 BStBl II S 787)

AEAO zu sect 219 - Zahlungsaufforderung bei Haftungsbescheiden

1 Es ist zu unterscheiden zwischen der gesetzlichen Entstehung der Haftungsschuld dem Erlass des Haftungsbescheids (sect 191 AO) und der Inanspruchnahme des Haftungsschuldners durch Zahlungsaufforderung (Leistungsgebot) sect 219 AO regelt nur die Zahlungsaufforderung Der Erlass des Haftungsbescheids selbst wird durch die Einschraumlnkung in der Vorschrift nicht gehindert Die Zahlungsaufforderung darf jedoch mit dem Haftungsbescheid nur verbunden werden wenn die Voraussetzungen des sect 219 AO vorliegen Ist ein Haftungsbescheid ohne Leistungsgebot ergangen beginnt die Zahlungsverjaumlhrung mit Ablauf des Kalenderjahres in dem dieser Bescheid wirksam geworden ist (sect 229 Abs 2 AO)

2 sect 219 AO ist Ausdruck des Grundsatzes dass der Haftungsschuldner nur nach dem Steuerschuldner (subsidiaumlr) fuumlr die Steuerschuld einzustehen hat Auch in den Faumlllen des sect 219 Satz 2 AO in denen das Gesetz eine unmittelbare Inanspruchnahme des Haftungsschuldners erlaubt kann es der Ausuumlbung pflichtgemaumlszligen Ermessens entsprechen sich zunaumlchst an den Steuerschuldner zu halten

AEAO zu sect 220 - Faumllligkeit

1 Die angemeldete Steuerverguumltung bzw das angemeldete Mindersoll ist erst faumlllig sobald dem Steuerpflichtigen die Zustimmung der Finanzbehoumlrde bekannt wird (sect 220 Abs 2 Satz 2 AO) Wird der Steuerpflichtige schriftlich bzw elektronisch uumlber die Zustimmung unterrichtet (zB zusammen mit einer Abrechnungsmitteilung) ist grundsaumltzlich davon auszugehen dass ihm die Zustimmung erst am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bzw nach der Absendung bekannt geworden ist Ergeht keine Mitteilung wird die Zustimmung dem Steuerpflichtigen grundsaumltzlich mit der Zahlung (sect 224 Abs 3 AO) der Steuerverguumltung bzw des Mindersolls bekannt

2 Zur Faumllligkeit von Insolvenzforderungen vgl AEAO zu sect 251 Nr 51

AEAO zu sect 224 - Leistungsort Tag der Zahlung

1 sect 224 Abs 2 Nr 3 AO stellt sicher dass Verzoumlgerungen bei der Einziehung aufgrund einer Einzugsermaumlchtigung nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen

2 Die Regelungen zum Tag der Zahlung (sect 224 Abs 2 und 3 AO) gelten nur bei wirksam geleisteten Zahlungen dh wenn der geleistete Betrag den Empfaumlnger erreicht hat

AEAO zu sect 226 - Aufrechnung

1 Fuumlr die Aufrechnung gelten die Vorschriften sectsect 387 bis 396 BGB sinngemaumlszlig Eine Aufrechnung kann danach erst erklaumlrt werden wenn die Aufrechnungslage gegeben ist dies bedeutet Erfuumlllbarkeit (dh abstrakte Entstehung) der Verpflichtung des Aufrechnenden (Hauptforderung) und gleichzeitige Faumllligkeit seiner Forderung (Gegenforderung) Das Finanzamt ist allerdings an der Aufrechnung gehindert wenn die Durchsetzbarkeit der Gegenforderung durch Aussetzung der Vollziehung oder Stundung ausgeschlossen ist (vgl BFH-Urteil vom 3181995 VII R 5894 BStBl 1996 II S 55) Die Aufrechnungslage wird durch eine nachtraumlgliche ruumlckwirkende Stundung nicht beseitigt (BFH-Urteil vom 872004 VII R 5503 BStBl 2005 II S 7)

sect 215 erste Alternative BGB wird durch sect 226 Abs 2 AO ausgeschlossen Die Gegenseitigkeit von Forderungen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis ist gewahrt wenn die Abgabe derselben Koumlrperschaft zusteht (sect 226 Abs 1 AO) oder von derselben Koumlrperschaft verwaltet wird (sect 226 Abs 4 AO) Das Finanzamt kann daher von einem Steuerpflichtigen geforderte Erbschaftsteuer (dem Land allein zustehende Abgabe) gegen an diesen Steuerpflichtigen zu erstattenden Solidaritaumltszuschlag (dem Bund allein zustehende Abgabe) aufrechnen Bei der Aufrechnung durch den Steuerpflichtigen findet sect 395 BGB keine Anwendung (BFH-Urteil vom 2541989 VII R 10587 BStBl II S 949)

2 Eine Aufrechnung bewirkt nach sect 226 Abs 1 AO iVm sect 389 BGB dass die Forderungen soweit sie sich decken in dem Zeitpunkt als erloschen gelten in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenuumlberstehen Dabei ist nicht auf die Festsetzung oder die Faumllligkeit eines Steueranspruchs bzw eines Steuererstattungsanspruchs abzustellen sondern auf dessen abstrakte materiellrechtliche Entstehung (vgl BFH-Urteil vom 351991 V R 10586 BFHNV 1992 S 77) Materiellrechtlich

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entstehen Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis bereits mit Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes dh zB die veranlagte Einkommensteuer bereits mit Ablauf des Veranlagungszeitraumes auf die Kenntnis des Finanzamts oder des Steuerpflichtigen uumlber Grund und Houmlhe der abstrakt entstandenen Anspruumlche kommt es nicht an

Das Steuererhebungsverfahren knuumlpft aber - anders als das Zivilrecht - nicht an die abstrakte Entstehung sondern an die Konkretisierung des Steueranspruchs bzw Steuererstattungsanspruchs durch dessen Festsetzung im Steuerbescheid und seine hieran anschlieszligende Faumllligkeit an (vgl sect 218 Abs 1 AO) Deshalb geht die Ruumlckwirkung einer Aufrechnung bei der Berechnung von Zinsen und Saumlumniszuschlaumlgen nicht uumlber den Zeitpunkt der Faumllligkeit der Schuld des Aufrechnenden hinaus (vgl sect 238 Abs 1 Satz 3 und sect 240 Abs 1 Satz 5 AO) Rechnet das Finanzamt mit einer Steuerforderung gegen eine spaumlter als die Steuerforderung faumlllig gewordene Erstattungsforderung auf bleiben deshalb Saumlumniszuschlaumlge hinsichtlich der zur Aufrechnung gestellten Steuerforderung fuumlr die Zeit vor der Faumllligkeit der Erstattungsforderung bestehen

Bei der Umbuchung von Steuererstattungs- oder Steuerverguumltungsanspruumlchen die sich aus Steueranmeldungen ergeben gilt die ErstattungVerguumltung aus Billigkeitsgruumlnden als am Tag des Eingangs der Steueranmeldung fruumlhestens jedoch als am ersten Tag des auf den Anmeldungszeitraums folgenden Monats geleistet (Wertstellung) Dies gilt entsprechend wenn die Steuererstattung oder Steuerverguumltung abweichend von der Steueranmeldung festgesetzt wird

3 Soweit sich die Aufrechnungslage weder aus sect 226 Abs 1 AO aufgrund der Ertragsberechtigung noch aus sect 226 Abs 4 AO aufgrund der Verwaltungshoheit ergibt kann in geeigneten Faumlllen die erforderliche Gegenseitigkeit seitens der Finanzverwaltung dadurch hergestellt werden dass zwecks Einziehung der zu erhebende (ggf anteilige) Anspruch an die Koumlrperschaft die den anderen Anspruch zu erfuumlllen hat abgetreten und damit die Glaumlubiger-Schuldneridentitaumlt iSd sect 226 Abs 1 AO herbeigefuumlhrt wird (BFH-Urteil vom 591989 VII R 3387 BStBl II S 1004)

4 Fuumlr die Erklaumlrung der Aufrechnung ist grundsaumltzlich die Behoumlrde zustaumlndig die den Anspruch gegen den aufgerechnet werden soll zu erfuumlllen hat

5 Liegen die Voraussetzungen fuumlr eine Aufrechnung nicht vor bleibt die Moumlglichkeit einer vertraglichen Verrechnung der Forderungen Ein solcher Verrechnungsvertrag kommt zB dadurch zustande dass der Unternehmer (eine Personengesellschaft) gleichzeitig mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung dem Finanzamt die Verrechnung seines Umsatzsteuer-Erstattungsanspruchs mit der Einkommensteuer-Forderung des Finanzamts an einen der Gesellschafter anbietet und das Finanzamt dieses Angebot ausdruumlcklich oder stillschweigend annimmt Die Rechtswirksamkeit eines Verrechnungsvertrags ist nach den allgemeinen Rechtsgrundsaumltzen uumlber den Abschluss von Vertraumlgen zu beurteilen (BFH-Urteile vom 13101972 III R 1172 BStBl 1973 II S 66 vom 2131978 VIII R 6073 BStBl II S 606 und vom 30101984 VII R 7081 BStBl 1985 II S 114)

AEAO zu sect 228 - Gegenstand der Verjaumlhrung Verjaumlhrungsfrist

1 Die Zahlungsverjaumlhrung erstreckt sich auch auf Anspruumlche des Steuerpflichtigen Der einheitliche Anspruch aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (zB fuumlr die Steuer eines Veranlagungszeitraums) kann bei shyggf mehrfach - geaumlnderter Festsetzung nicht in unterschiedliche Zahlungs- und Erstattungsanspruumlche aufgespalten werden die bezogen auf die jeweils ergangenen Verwaltungsakte unterschiedlichen Verjaumlhrungsfristen unterliegen (BFH-Urteil vom 621996 VII R 5095 BStBl 1997 II S 112)

2 Faumlllt das Ende der Verjaumlhrungsfrist auf einen Sonntag einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend so endet die Verjaumlhrungsfrist erst mit dem Ablauf des naumlchstfolgenden Werktages (sect 108 Abs 3 AO)

3 Die Zahlungsverjaumlhrung fuumlhrt zum Erloumlschen des Anspruchs (sectsect 47 232 AO)

AEAO zu sect 229 - Beginn der Verjaumlhrung

Die Zahlungsverjaumlhrung beginnt grundsaumltzlich mit Ablauf des Kalenderjahres in dem der Anspruch erstmals faumlllig geworden ist Wird durch eine Steueranmeldung oder Steuerfestsetzung erst die Voraussetzung fuumlr die Durchsetzung des Anspruchs geschaffen so beginnt die Verjaumlhrung auch bei fruumlherer Faumllligkeit des Anspruchs (zB bei den sog Faumllligkeitssteuern) nicht vor Ablauf des Kalenderjahres in dem die Steueranmeldung oder dieFestsetzung die Aufhebung oder Aumlnderung der Festsetzung eines Anspruchs wirksam geworden ist Dies gilt unabhaumlngig davon ob der Bescheid angefochten wird oder nicht

AEAO zu sect 231 - Unterbrechung der Verjaumlhrung

1 Zu den Unterbrechungstatbestaumlnden gehoumlrt auch die schriftliche bzw elektronische Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs durch den Steuerpflichtigen

2 Eine dem Zahlungspflichtigen von der Finanzbehoumlrde bekannt gegebene Maszlignahme iSd sect 231 Abs 1 AO unterbricht die Zahlungsverjaumlhrung auch dann wenn es sich bei dieser Maszlignahme um einen Verwaltungsakt handelt der rechtswidrig oder nichtig oder ruumlckwirkend aufgehoben worden ist (vgl BFH-Beschluss vom 2162010 VII R 2708 BStBl 2011 II S 331)

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AEAO zu sect 233a - Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen

Inhaltsuumlbersicht

1 Allgemeines

2 Sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich

3 Zinsschuldner-glaumlubiger

4 - 9 Zinslauf

10 Zinslaufbeginn bei ruumlckwirkenden Ereignissen und Verlustruumlcktraumlgen

11 - 13 Grundsaumltze der Zinsberechnung

14 - 40 Zinsberechnung bei der erstmaligen Steuerfestsetzung

41 - 59 Zinsberechnung bei einer Korrektur der Steuerfestsetzung oder der Anrechnung von Steuerbetraumlgen

60 Zinsberechnung bei sog NV-Faumlllen

61 Zinsberechnung bei der Vermoumlgensteuer

62 Zinsberechnung bei Vorsteuer-Verguumltungsanspruumlchen

63 - 68 Verhaumlltnis zu anderen steuerlichen Nebenleistungen

69 - 70 Billigkeitsmaszlignahmen

71 - 73 Rechtsbehelfe

74 Beruumlcksichtigung ruumlckwirkender Ereignisse in Grundlagenbescheiden

Allgemeines

1 Die Verzinsung nach sect 233a AO (Vollverzinsung) soll im Interesse der Gleichmaumlszligigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen einen Ausgleich dafuumlr schaffen dass die Steuern trotz gleichen gesetzlichen Entstehungszeitpunkts aus welchen Gruumlnden auch immer zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und erhoben werden Die Verzinsung ist gesetzlich vorgeschrieben die Zinsfestsetzung steht nicht im Ermessen der Finanzbehoumlrde Die Zinsen werden grundsaumltzlich im automatisierten Verfahren berechnet festgesetzt und zum Soll gestellt Die Zinsfestsetzung wird regelmaumlszligig mit dem Steuerbescheid oder der Abrechnungsmitteilung verbunden

Sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich

2 Die Verzinsung nach sect 233a AO ist beschraumlnkt auf die Festsetzung der Einkommen- Koumlrperschaft- Vermoumlgen- Umsatz- und Gewerbesteuer (sect 233a Abs 1 Satz 1 AO) Zu verzinsen ist auch der Steuerverguumltungsanspruch nach sect 18 Abs 9 UStG iVm sectsect 59 ff UStDV (BFH-Urteil vom 1742008 V R 4106 BStBl 2009 II S 2) zur Zinsberechnung vgl auch AEAO zu sect 233a Nr 62 Von der Verzinsung ausgenommen sind die uumlbrigen Steuern und Abgaben sowie Steuervorauszahlungen und Steuerabzugsbetraumlge (sect 233a Abs 1 Satz 2 AO) vgl auch BFH-Beschluss vom 1892007 I R 1505 BStBl 2008 II S 332 und BVerfG-Beschluss vom 392009 1 BvR 109808 BFHNV S 2115 Auch bei der Nachforderung von Abzugsteuern gegenuumlber dem Arbeitnehmer (vgl BFH-Urteil vom 17112010 I R 6810 BFHNV 2011 S 737) der Festsetzung der vom Arbeitgeber uumlbernommenen Lohnsteuer sowie der Festsetzung der Umsatzsteuer im Abzugsverfahren erfolgt keine Verzinsung nach sect 233a AO Kirchensteuern werden nur verzinst soweit die Landeskirchensteuergesetze dies vorsehen Als Einfuhrabgabe unterliegt die Einfuhrumsatzsteuer den sinngemaumlszlig geltenden Vorschriften fuumlr Zoumllle weshalb ein sich bei der Festsetzung von Einfuhrumsatzsteuer ergebender Unterschiedsbetrag nicht nach sect 233a AO zu verzinsen ist (BFH-Urteil vom 2392009 VII R 4408 BStBl 2010 II S 334) Der AO laumlsst sich im Uumlbrigen kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen dass Anspruumlche des Steuerpflichtigen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis auch ohne einzelgesetzliche Grundlage stets zu verzinsen sind (vgl BFH-Urteil vom 16122009 I R 4809 BFHNV 2010 S 827)

Zinsschuldner-glaumlubiger

3 Bei der Verzinsung von Steuernachzahlungen ist der Steuerschuldner auch Zinsschuldner Schulden mehrere Personen die Steuer als Gesamtschuldner sind sie auch Gesamtschuldner der Zinsen Bei der Verzinsung von Erstattungsanspruumlchen ist grundsaumltzlich der Glaumlubiger des Erstattungsanspruchs Zinsglaumlubiger Die Aufteilung der Zinsen nach sectsect 268 ff AO hat fuumlr die Zinsberechnung keine Bedeutung Zur Abtretung eines Anspruchs auf Erstattungszinsen vgl AEAO zu sect 46 Nr 1

Zinslauf

4 Der Zinslauf beginnt im Regelfall 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem die Steuer entstanden ist (Karenzzeit nach sect 233a Abs 2 Satz 1 AO) Er endet mit Ablauf des Tages an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird (sect 233a Abs 2 Satz 3 AO) Sind Steuern zu verzinsen die vor dem 111994 entstanden sind endet der Zinslauf spaumltestens vier Jahre nach seinem Beginn (Art 97 sect 15

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Abs 8 EGAO) Der Zeitpunkt der Zahlung oder der Faumllligkeit der Steuernachforderung oder der Steuererstattung ist grundsaumltzlich unbeachtlich

5 Bei Steuerfestsetzungen durch Steuerbescheid endet der Zinslauf am Tag der Bekanntgabe des Steuerbescheids (sect 124 Abs 1 Satz 1 iVm sect 122 AO) Bei Umsatzsteuererklaumlrungen mit einem Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen endet der Zinslauf grundsaumltzlich am Tag des Eingangs der Steueranmeldung (sect 168 Satz 1 AO) Bei zustimmungsbeduumlrftigen Umsatzsteuererklaumlrungen mit einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen endet der Zinslauf grundsaumltzlich mit Ablauf des Tages an dem dem Steuerpflichtigen die Zustimmung der Finanzbehoumlrde bekannt wird (vgl AEAO zu sect 168 Nrn 3 und 4) Dies gilt auch in den Faumlllen in denen die Zustimmung allgemein erteilt wird (vgl AEAO zu sect 168 Nr 9)

6 Ein voller Zinsmonat (sect 238 Abs 1 Satz 2 AO) ist erreicht wenn der Tag an dem der Zinslauf endet hinsichtlich seiner Zahl dem Tag entspricht der dem Tag vorhergeht an dem die Frist begann (BFH-Urteil vom 2471996 X R 11992 BStBl 1997 II S 6) Begann der Zinslauf zB am 14 und wurde die Steuerfestsetzung am 304 bekannt gegeben ist bereits ein voller Zinsmonat gegeben

7 Behauptet der Steuerpflichtige ihm sei der Steuerbescheid bzw die erweiterte Abrechnungsmitteilung spaumlter als nach der Zugangsvermutung des sect 122 Abs 2 AO zugegangen bleibt der urspruumlngliche Bekanntgabetag fuumlr die Zinsberechnung maszliggebend wenn das Guthaben bereits erstattet wurde Gleiches gilt wenn der Steuerbescheid bzw die Abrechnungsmitteilung nach einem erfolglosen Bekanntgabeversuch erneut abgesandt wird und das Guthaben bereits erstattet wurde Wurde bei einer Aumlnderung Berichtigung einer Steuerfestsetzung vor ihrer Bekanntgabe ein Guthaben bereits erstattet ist allerdings die Zinsfestsetzung im bekannt gegebenen Bescheid so durchzufuumlhren als ob das Guthaben noch nicht erstattet worden waumlre

8 Fuumlr die Einkommen- und Koumlrperschaftsteuer betraumlgt die Karenzzeit 23 Monate (bei Steuern die vor dem 112010 entstehen 21 Monate vgl Art 97 sect 15 Abs 11 EGAO) wenn die Einkuumlnfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung fuumlr das jeweilige Jahr uumlberwiegen (sect 233a Abs 2 Satz 2 AO) vgl dazu auch das BFH-Urteil vom 1372006 IV R 505 BStBl II S 881 Unter dieser Voraussetzung beginnt der Zinslauf fuumlr die Einkommen- und Koumlrperschaftsteuer 2010 daher nicht bereits am 142012 sondern am 1122012 Eine uumlber die Karenzzeit hinaus gewaumlhrte Frist zur Abgabe der Steuererklaumlrung ist fuumlr die Verzinsung unbeachtlich

9 Stellt sich spaumlter heraus dass die Einkuumlnfte aus Land- und Forstwirtschaft die anderen Einkuumlnfte nicht uumlberwiegen bleibt es gleichwohl bei der Karenzzeit von 23 Monaten Umgekehrt bleibt es bei der Karenzzeit von 15 Monaten wenn sich spaumlter herausstellt dass entgegen den Verhaumlltnissen bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die Einkuumlnfte aus Land- und Forstwirtschaft die uumlbrigen Einkuumlnfte uumlberwiegen Sind die Einkuumlnfte aus Land- und Forstwirtschaft negativ uumlberwiegen die anderen Einkuumlnfte wenn diese positiv oder in geringerem Maszlige negativ sind

10 Zinslaufbeginn bei ruumlckwirkenden Ereignissen und Verlustruumlcktraumlgen

101 Soweit die Steuerfestsetzung auf der erstmaligen Beruumlcksichtigung eines ruumlckwirkenden Ereignisses oder eines Verlustruumlcktrags beruht beginnt der Zinslauf nach sect 233a Abs 2a AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem das ruumlckwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist Die steuerlichen Auswirkungen eines Verlustruumlcktrags bzw eines ruumlckwirkenden Ereignisses werden daher bei der Berechnung von Zinsen nach sect 233a AO erst ab einem vom Regelfall abweichenden spaumlteren Zinslaufbeginn beruumlcksichtigt Soweit sect 10d Abs 1 EStG entsprechend gilt bzw Verluste nach Maszliggabe des sect 10d Abs 1 EStG ruumlcktragsfaumlhig sind ist sect 233a Abs 2a AO entsprechend anzuwenden (vgl zB sect 10b Abs 1 Saumltze 4 und 5 und sect 23 Abs 3 Satz 9 EStG)

102 Ob ein Ereignis steuerliche Ruumlckwirkung hat beurteilt sich nach dem jeweils anzuwendenden Steuergesetz (BFH-Urteil vom 2671984 IV R 1083 BStBl II S 786) Beispiele vgl AEAO zu sect 175 Nr 24

sect 233a Abs 2a AO ist auch dann anzuwenden wenn ein ruumlckwirkendes Ereignis bereits bei der erstmaligen Steuerfestsetzung beruumlcksichtigt wird

1021 Bei einem zulaumlssigen Wechsel der Veranlagungsart (Zusammenveranlagung nach bereits erfolgter getrennter Veranlagung getrennte Veranlagung nach bereits erfolgter Zusammenveranlagung) beruhen sowohl die Aufhebung desder urspruumlnglichen Bescheide(s) als auch der Erlass derdes neuen Bescheide(s) auf einem ruumlckwirkenden Ereignis Dies gilt unabhaumlngig davon ob es sich um den antragstellenden Ehegatten oder den anderen Ehegatten handelt Dass die verfahrensrechtliche Umsetzung des Wechsels der Veranlagungsart beim antragstellenden Ehegatten nicht nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO erfolgt steht dem nicht entgegen sect 233a Abs 2a AO findet sowohl bei der Aufhebung der urspruumlnglichen Veranlagung(en) als auch beim Erlass derdes neuen Steuerbescheide(s) fuumlr beide Ehegatten Anwendung Fuumlr Lebenspartner gelten diese Regelungen ab dem Veranlagungszeitraum 2013 entsprechend

103 Ausnahmen

1031 Durch den erstmaligen Beschluss uumlber eine offene Gewinnausschuumlttung fuumlr ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr wurde - im Rahmen des Anrechnungsverfahrens (sect 34 Abs 12 Nr 1 KStG) - kein

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abweichender Zinslauf gem sect 233a Abs 2a AO ausgeloumlst Dies gilt auch dann wenn dieser Beschluss erst nach Ablauf des folgenden Wirtschaftsjahres gefasst wurde (BFH-Urteil vom 29112000 I R 4500 BStBl 2001 II S 326) Um einen erstmaligen Gewinnverteilungsbeschluss in diesem Sinne handelt es sich jedoch nicht wenn der Beschluss einen vorangegangenen Beschluss der Gesellschaft ersetzte durch den der Gewinn des betreffenden Wirtschaftsjahres thesauriert worden war (BFH-Urteil vom 22102003 I R 1503 BStBl 2004 II S 398)

1032 Die Korrektur eines fuumlr das Betriebsvermoumlgen am Schluss des Wirtschaftsjahres maszliggebenden Wertansatzes der sich auf die Houmlhe des Gewinns der Folgejahre auswirkt loumlst keinen abweichenden Zinslauf gem sect 233a Abs 2a AO aus Zur Anwendung des sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO vgl AEAO zu sect 175 Nr 24

104 Bei verdeckten Gewinnausschuumlttungen unter Geltung des Anrechnungsverfahrens stellt die nachtraumlgliche Vorlage einer Bescheinigung gem sectsect 44 bis 46 KStG uumlber anrechenbare Koumlrperschaftsteuer aufgrund derer Einnahmen iSv sect 20 Abs 1 Nr 3 EStG zu erfassen sind ein ruumlckwirkendes Ereignis dar (vgl BFH-Urteil vom 1842000 VIII R 7598 BStBl II S 423 siehe auch Art 97 sect 9 Abs 3 EGAO) Der besondere Zinslauf ist dabei sowohl auf die Steuerfestsetzung als auch auf die Anrechnung anzuwenden

105 Der besondere Zinslauf nach sect 233a Abs 2a AO endet mit Ablauf des Tages an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird (sect 233a Abs 2 Satz 3 AO) Sind Steuern zu verzinsen die vor dem 111994 entstanden sind endet der besondere Zinslauf spaumltestens vier Jahre nach seinem Beginn (Art 97 sect 15 Abs 9 EGAO) sect 233a Abs 2a AO ist erstmals anzuwenden soweit die Verluste oder ruumlckwirkenden Ereignisse nach dem 31121995 entstanden bzw eingetreten sind (Art 97 sect 15 Abs 8 EGAO)

Grundsaumltze der Zinsberechnung

11 Die Zinsen betragen fuumlr jeden vollen Monat des Zinslaufs einhalb Prozent (sect 238 Abs 1 Satz 1 AO) Fuumlr ihre Berechnung wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren Betrag abgerundet (sect 238 Abs 2 AO) Dabei sind die zu verzinsenden Anspruumlche zu trennen wenn Steuerart Zeitraum oder der Tag des Beginns des Zinslaufs voneinander abweichen (vgl AEAO zu sect 238 Nr 2) Zinsen sind auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen gerundet festzusetzen (sect 239 Abs 2 Satz 1 AO) sie werden nur dann festgesetzt wenn sie mindestens zehn Euro betragen (sect 239 Abs 2 Satz 2 AO) Die durch das StEuglG geaumlnderten Regelungen in sectsect 238 Abs 2 und 239 Abs 2 AO gelten in allen Faumlllen in denen Zinsen nach dem 31122001 festgesetzt werden (Art 97 sect 15 Abs 10 EGAO) entscheidend ist damit wann die Zinsfestsetzung bekannt gegeben wird und nicht wann der Zinslauf begonnen oder geendet hat

12 Fuumlr die Zinsberechnung gelten die Grundsaumltze der sog Sollverzinsung Berechnungsgrundlage ist der Unterschied zwischen dem festgesetzten Soll und dem vorher festgesetzten Soll (Vorsoll) Bei der Berechnung von Erstattungszinsen gelten allerdings Besonderheiten wenn Steuerbetraumlge nicht oder nicht fristgerecht gezahlt wurden (sect 233a Abs 3 Satz 3 AO)

13 Es ist grundsaumltzlich unerheblich ob das Vorsoll bei Faumllligkeit getilgt worden ist Ggf treten insoweit besondere Zins- und Saumlumnisfolgen (zB Stundungszinsen Saumlumniszuschlaumlge) ein Nachzahlungszinsen nach sect 233a AO sind andererseits auch dann festzusetzen wenn das Finanzamt vor Festsetzung der Steuer freiwillige Leistungen auf die Steuerschuld angenommen hat und hierdurch die festgesetzte Steuerschuld insgesamt erfuumlllt wird Voraussetzung fuumlr die Verzinsung ist lediglich dass die Steuerfestsetzung zu einem Unterschiedsbetrag nach sect 233a Abs 3 AO fuumlhrt (sect 233a Abs 1 Satz 1 AO) Wegen des zeitanteiligen Erlasses von Nachzahlungszinsen in diesen Faumlllen vgl AEAO zu sect 233a Nr 70

Zinsberechnung bei der erstmaligen Steuerfestsetzung

14 Bei der erstmaligen Steuerfestsetzung (endguumlltige Steuerfestsetzung vorlaumlufige Steuerfestsetzung Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung) ist Berechnungsgrundlage der Unterschied zwischen dem dabei festgesetzten Soll (festgesetzte Steuer abzuumlglich anzurechnender Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnender Koumlrperschaftsteuer) und dem Vorauszahlungssoll Maszliggebend sind die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (sect 233a Abs 3 Satz 1 AO) Einbehaltene und anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge sind unabhaumlngig vom Zeitpunkt der Zahlung durch den Abzugsverpflichteten zu beruumlcksichtigen

15 Vorauszahlungen koumlnnen innerhalb der gesetzlichen Fristen (zB sect 37 Abs 3 Satz 3 EStG) von Amts wegen oder auf Antrag des Steuerpflichtigen angepasst werden (BFH-Urteil vom 1072002 X R 6596 BFHNV S 1567) Leistet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Karenzzeit eine freiwillige Zahlung ist dies als Antrag auf Anpassung der bisher festgesetzten Vorauszahlungen anzusehen Zahlungen des Steuerpflichtigen die ohne wirksame Festsetzung der Vorauszahlungen erfolgen sind als freiwillige Zahlungen iSd Nr 701 zu behandeln Eine nachtraumlgliche Erhoumlhung der Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Koumlrperschaftsteuer erfolgt nur dann wenn der Erhoumlhungsbetrag mindestens 5000euro betraumlgt (sect 37 Abs 5 Satz 2 EStG sect 31 Abs 1 KStG vgl auch BFH-Urteil vom 561996 X R 23493 BStBl II S 503)

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16 Bei der Umsatzsteuer kann der Steuerpflichtige eine Anpassung der Vorauszahlungen durch die Abgabe einer berichtigten Voranmeldung (sect 153 Abs 1 AO) herbeifuumlhren Die berichtigte Voranmeldung steht einer geaumlnderten Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung gleich und bedarf keiner Zustimmung der Finanzbehoumlrde wenn sie zu einer Erhoumlhung der bisher zu entrichtenden Steuer oder einem geringeren Erstattungsbetrag fuumlhrt (vgl AEAO zu sect 168 Nr 12) Eine nach Ablauf der Karenzzeit abgegebene (erstmalige oder berichtigte) Voranmeldung ist bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages nach sect 233a Abs 3 Satz 1 AO nicht zu beruumlcksichtigen In diesem Fall soll aber unverzuumlglich eine Festsetzung der Jahressteuer unter Vorbehalt der Nachpruumlfung erfolgen

17 Leistet der Steuerpflichtige nach Ablauf der Karenzzeit eine freiwillige Zahlung soll bei Vorliegen der Steuererklaumlrung unverzuumlglich eine Steuerfestsetzung erfolgen Diese Steuerfestsetzung kann zur Beschleunigung auch durch eine personelle Festsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung erfolgen In diesem Fall kann sich die Steuerfestsetzung auf die bisher festgesetzten Vorauszahlungen zuzuumlglich der freiwillig geleisteten Zahlung beschraumlnken Auf die Angabe der Besteuerungsgrundlagen kann dabei verzichtet werden

18 Bei der freiwilligen Zahlung kann grundsaumltzlich unterstellt werden dass die Zahlung ausschlieszliglich auf die Hauptsteuer (Einkommen- bzw Koumlrperschaftsteuer) entfaumlllt Die Folgesteuern sind ggf daneben festzusetzen und zu erheben

19 Ergibt sich bei der ersten Steuerfestsetzung ein Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Mehrsoll) werden Nachzahlungszinsen fuumlr die Zeit ab Beginn des Zinslaufs bis zur Wirksamkeit der Steuerfestsetzung berechnet (sect 233a Abs 2 Satz 3 AO)

20 Beispiel 1

Einkommensteuer 2004

Steuerfestsetzung vom 8122006

bekannt gegeben am 11122006 21000 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

Soll 20000 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 13000 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) 7000 euro

Zu verzinsen sind 7000 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 11122006 (8 volle Monate x 05 = 4 )

festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen) 280 euro

21 Ergibt sich ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen (Mindersoll) ist dieser ebenfalls Grundlage der Zinsberechnung Um Erstattungszinsen auf festgesetzte aber nicht entrichtete Vorauszahlungen zu verhindern ist nur der tatsaumlchlich zu erstattende Betrag - und zwar fuumlr den Zeitraum zwischen der Zahlung der zu erstattenden Betraumlge und der Wirksamkeit der Steuerfestsetzung - zu verzinsen (sect 233a Abs 2 Satz 3 und Abs 3 Satz 3 AO)

22 Beispiel 2

Einkommensteuer 2004

Steuerfestsetzung vom 8122006

bekannt gegeben am 11122006 1000 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

Soll 0 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 13000 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 13000 euro

Da der Steuerpflichtige am 862006 5000 euro gezahlt hat und daruumlber hinaus keine weiteren Zahlungen erfolgt sind sind lediglich 5000 euro zu erstatten

Zu verzinsen sind 5000 euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 862006 bis 11122006 (6 volle Monate x 05 = 3 )

festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen) 150 euro

175

23 Besteht der zu erstattende Betrag aus mehreren Einzahlungen richtet sich der Zinsberechnungszeitraum nach der Einzahlung des jeweiligen Teilbetrags wobei unterstellt wird dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolgt

24 Der Erstattungsbetrag ist fuumlr die Zinsberechnung auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren Betrag abzurunden (zB ist ein Erstattungsbetrag von 375 euro auf 350 euro abzurunden) Ist mehr als ein Betrag (mehrere Einzahlungen) zu verzinsen so ist der durch die Rundung auf volle fuumlnfzig Euro sich ergebende Spitzenbetrag vom Teilbetrag mit dem aumlltesten Wertstellungstag abzuziehen

25 Die Verzinsung des zu erstattenden Betrages erfolgt nur bis zur Houmlhe des Mindersolls Freiwillig geleistete Zahlungen sollen zum Anlass genommen werden die bisher festgesetzten Vorauszahlungen anzupassen (vgl AEAO zu sect 233a Nrn 15 und 16) oder die Jahressteuer unverzuumlglich festzusetzen (vgl AEAO zu sect 233a Nr 17) Bis zur Festsetzung der Vorauszahlung oder der Jahressteuer sind sie aber zur Vermeidung von Missbraumluchen von der Verzinsung ausgeschlossen

26 Beispiel 3

Einkommensteuer 2004

Steuerfestsetzung vom 1972006

bekannt gegeben am 2472006 14000 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 2000 euro

Soll 12000euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 13000 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 1000 euro

Der Steuerpflichtige hat die Vorauszahlungen jeweils bei Faumllligkeit entrichtet am 2062006 zahlte er zusaumltzlich freiwillig 7000euro Zu erstatten sind daher insgesamt 8000euro

Zu verzinsen sind 1000 euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 2472006 (3 volle Monate x 05 = 15 )

festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen) 15 euro

27 Bei der Ermittlung freiwilliger (Uumlber-)Zahlungen des Steuerpflichtigen die bei der Berechnung der Erstattungszinsen auszliger Ansatz bleiben sind die zuletzt eingegangenen das Vorauszahlungssoll uumlbersteigenden Zahlungen als freiwillig anzusehen

28 Wenn bei der erstmaligen Steuerfestsetzung ein ruumlckwirkendes Ereignis oder ein Verlustruumlcktrag beruumlcksichtigt wurde beginnt der Zinslauf insoweit erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem dieses ruumlckwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist (sect 233a Abs 2a AO) Der Unterschiedsbetrag nach sect 233a Abs 3 Satz 1 AO ist deshalb in Teil-Unterschiedsbetraumlge aufzuteilen soweit diese einen unterschiedlichen Zinslaufbeginn nach sect 233a Abs 2 und Abs 2a AO haben (sect 233a Abs 7 Satz 1 1 Halbsatz AO) Innerhalb dieser Teil-Unterschiedsbetraumlge sind Sollminderungen und Sollerhoumlhungen mit gleichem Zinslaufbeginn zu saldieren

29 Die Teil-Unterschiedsbetraumlge sind in ihrer zeitlichen Reihenfolge beginnend mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn zu ermitteln (sect 233a Abs 7 Satz 1 2 Halbsatz AO) Dabei ist unerheblich ob sich der einzelne Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt

Zunaumlchst ist die fiktive Steuer zu ermitteln die sich ohne Beruumlcksichtigung ruumlckwirkender Ereignisse und Verlustruumlcktraumlge ergeben wuumlrde Die Differenz zwischen dieser fiktiven Steuer vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnende Koumlrperschaftsteuer und den festgesetzten Vorauszahlungen ist der erste fuumlr die Zinsberechnung maszliggebliche Teil-Unterschiedsbetrag

Im naumlchsten Schritt ist auf der Grundlage dieser fiktiven Steuerermittlung die fiktive Steuer zu berechnen die sich unter Beruumlcksichtigung der ruumlckwirkenden Ereignisse oder Verlustruumlcktraumlge mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn ergeben wuumlrde Die Differenz zwischen dieser und der zuvor ermittelten fiktiven Steuer jeweils vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnende Koumlrperschaftsteuer ist der fuumlr die Zinsberechnung maszliggebliche zweite Teil-Unterschiedsbetrag Dies gilt entsprechend fuumlr weitere Teil-Unterschiedsbetraumlge mit spaumlterem Zinslaufbeginn

30 Beispiel 4

Einkommensteuer 2004

176

zvE Steuer

erstmalige Steuerfestsetzung 50000 euro 14801 euro

dabei wurden beruumlcksichtigt

- Verlustruumlcktrag aus 2005 7500 euro

- ruumlckwirkendes Ereignis aus 2006 2500 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 0 euro

Soll 14801 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 10550 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) + 4251 euro

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen) 10550 euro

1 Schattenveranlagung (Steuerfestsetzung ohne Beruumlcksichtigung des Verlustruumlcktrags und des ruumlckwirkenden Ereignisses) 55000 euro 17200 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 0 euro

fiktives Soll 17200 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = + 6650 euro

2 Schattenveranlagung (1 Schattenveranlagung + Verlustruumlcktrag aus 2005) 47500 euro 13634 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 0 euro

fiktives Soll 13634 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = 3566euro

3 Schattenveranlagung (2 Schattenveranlagung + ruumlckwirkendes Ereignis aus 2006) 50000 euro 14801 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 0euro

fiktives Soll 14801 euro

Dritter Teil-Unterschiedsbetrag = + 1167 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge + 4251 euro

31 Alle Teil-Unterschiedsbetraumlge sind jeweils gesondert auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren Betrag abzurunden da der Zinslauf fuumlr die zu verzinsenden Betraumlge zu jeweils abweichenden Zeitpunkten beginnt (sect 238 Abs 2 AO)

32 Die auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge entfallenden Zinsen sind eigenstaumlndig und in ihrer zeitlichen Reihenfolge zu berechnen beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn (sect 233a Abs 7 Satz 1 2 Halbsatz AO) Dabei ist fuumlr jeden Zinslauf bzw Zinsberechnungszeitraum eigenstaumlndig zu pruumlfen inwieweit jeweils volle Zinsmonate vorliegen

zvE = zu versteuerndes Einkommen

zvE = zu versteuerndes Einkommen

177

33 Beispiel 5

Einkommensteuer 2004

zvE Steuer

Steuerfestsetzung vom 11122006

bekannt gegeben am 14122006 60723 euro 19306 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

Soll 18306 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 12000 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) + 6306 euro

Bei dieser Steuerfestsetzung wurde ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005 (Erhoumlhung des zvE um 2492 euro) beruumlcksichtigt

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen) 12000 euro

1 Schattenveranlagung (Steuerfestsetzung ohne Beruumlcksichtigung des ruumlckshywirkenden Ereignisses) 58231 euro 18135 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 17135 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = + 5135 euro

2 Schattenveranlagung (1 Schattenveranlagung + ruumlck wirkendes Ereignis aus 2005) 60723 euro 19306 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 18306 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = + 1171 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge + 6306 euro

Zinsberechnung

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142006 5135 euro

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142007 1171 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142006

Zu verzinsen sind 5100 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 14122006 (8 volle Monate x 05 = 4 )

Nachzahlungszinsen = 204 euro

Abrundung gemsect 238 Abs 2 AO 35 euro

zvE = zu versteuerndes Einkommen

zvE = zu versteuerndes Einkommen

178

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142007

Hinsichtlich des Teil-Unterschiedsbetrags von 1171 euro sind keine Nachzahlungszinsen zu berechnen da die fuumlr ihn maszliggebliche Karenzzeit im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist 0 euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen) 204 euro

34 Beispiel 6

Einkommensteuer 2004

zvE Steuer

Steuerfestsetzung vom 10122007

bekannt gegeben am 13122007 57781 euro 17924 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerbetraumlge 1000 euro

Soll 16924 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 12000 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) + 4924 euro

Bei dieser Steuerfestsetzung wurde ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005 (Erhoumlhung des zvE um 2571 euro) beruumlcksichtigt

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen) 12000 euro

1 Schattenveranlagung (Steuerfestsetzung ohne Beruumlcksichtigung des ruumlckshywirkenden Ereignisses) 55210 euro 16715 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 15715 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = + 3715 euro

2 Schattenveranlagung (1 Schattenveranlagung + ruumlckshywirkendes Ereignis aus 2005) 57781 euro 17924 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 16924 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = + 1209 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge + 4924 euro

Zinsberechnung

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142006 + 3715 euro

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142007 + 1209 euro

zvE = zu versteuerndes Einkommen

zvE = zu versteuerndes Einkommen

179

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142006

Zu verzinsen sind 3700 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 13122007 (20 volle Monate x 05 = 10 ) Nachzahlungszinsen 370 euro

Abrundung gem sect 238 Abs 2 AO 15 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142007

Zu verzinsen sind 1200euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142007 bis 13122007 (8 volle Monate x 05 = 4 )

Nachzahlungszinsen 48euro

Abrundung gem sect 238 Abs 2 AO 9 euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen 418 euro

35 Bei Teil-Unterschiedsbetraumlgen zugunsten des Steuerpflichtigen ist die Berechnung von Erstattungszinsen auf den fiktiv zu erstattenden Betrag begrenzt Dazu sind alle maszliggeblichen Zahlungen und der jeweilige Tag der Zahlung zu ermitteln Durch Gegenuumlberstellung dieser Zahlungen und der nach Nr 29 des AEAO zu sect 233a ermittelten fiktiven Steuer vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnende Koumlrperschaftsteuer ergibt sich der fiktive Erstattungsbetrag

Die Verzinsung der einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge beginnt fruumlhestens mit dem Tag der Zahlung Besteht der zu erstattende Betrag aus mehreren Einzahlungen richtet sich der Zinsberechnungszeitraum nach der Einzahlung des jeweiligen Teilbetrags wobei unterstellt wird dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolgt Bei weiteren Teil-Unterschiedsbetraumlgen zugunsten des Steuerpflichtigen bleiben die bereits bei einer vorangegangenen Zinsberechnung beruumlcksichtigten Zahlungen auszliger Betracht

Ist bei einem Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen mehr als ein Betrag (mehrere Einzahlungen) zu verzinsen so ist der durch die Rundung auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren sich ergebende Spitzenbetrag jeweils vom Teilbetrag mit dem aumlltesten Wertstellungstag abzuziehen

36 Beispiel 7

Einkommensteuer 2004

zvE Steuer

Steuerfestsetzung vom 11122006

bekannt gegeben am 14122006 10113 euro 509 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 250 euro

Soll 259 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 12750 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 12491 euro

Alle Vorauszahlungen wurden bereits in 2004 entrichtet so dass 12491 euro zu erstatten sind

Bei der Steuerfestsetzung wurde ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005 (Minderung des zvE um 7587 euro) beruumlcksichtigt

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

zvE = zu versteuerndes Einkommen

zvE = zu versteuerndes Einkommen

180

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen) 12750 euro

1 Schattenveranlagung (Steuerfestsetzung ohne Beruumlcksichtigung des ruumlckwirkenden Ereignisses) 17700 euro 2419 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 250 euro

fiktives Soll 2169 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = 10581 euro

2 Schattenveranlagung (1 Schattenveranlagung + ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005) 10113 euro 509 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 250 euro

fiktives Soll 259 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = 1910 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge 12491 euro

Zinsberechnung

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142006 10581 euro

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142007 1910 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142006

Gegenuumlberstellung der maszliggeblichen Zahlungen und des fiktiven Solls

Zahlung Tag der Zahlung

fiktives Soll

Fiktive Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

3250 euro

3250 euro

3250 euro

3000 euro

10122004

10092004

10062004

10032004

3250 euro

3250 euro

3250 euro

831 euro

0 euro

0 euro

0 euro

2169 euro

12750 euro 2169 euro 10581 euro 2169 euro

Zu verzinsen sind 10550euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 14122006 8 volle Monate x 05 = 4 )

Zinsen 422 euro

Abrundung gem sect 238 Abs 2 AO 31 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142007

Hinsichtlich des Teil-Unterschiedsbetrags von 1910euro sind keine Erstattungszinsen zu berechnen da die fuumlr ihn maszliggebliche

0 euro Karenzzeit im Zeitpunkt der

181

Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist

Insgesamt festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen) 422 euro

37 Beispiel 8

Einkommensteuer 2004

zvE Steuer

Steuerfestsetzung vom 10122007

bekannt gegeben am 13122007 10660 euro 626 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 350 euro

Soll 276 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 12650 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 12374 euro

Der Steuerpflichtige hat bis zum 3032006 insgesamt 7500 euro sowie am 392007 zusaumltzlich 5000 euro entrichtet Zu erstatten sind deshalb nur 12224 euro

Bei der Steuerfestsetzung wurde ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005 (Minderung des zvE um 8088 euro) beruumlcksichtigt

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen) 12650 euro

1 Schattenveranlagung (Steuerfestsetzung ohne Beruumlcksichtigung des ruumlckwirkenden Ereignisses) 18748 euro 2713 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 350 euro

fiktives Soll 2363 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = 10287 euro

2 Schattenveranlagung (1 Schattenveranlagung + ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005) 10660 euro 626 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 350 euro

fiktives Soll 276 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = 2087 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge 12374 euro

Zinsberechnung

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142006 10287euro

zvE = zu versteuerndes Einkommen

zvE = zu versteuerndes Einkommen

182

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142007 2087euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142006

Gegenuumlberstellung der maszliggeblichen Zahlungen und des fiktiven Solls

Zahlung Tag der Zahlung

fiktives Soll

fiktive Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

5000 euro

2500 euro

2500 euro

1250 euro

1250 euro

03092007

10122004

10092004

10062004

10032004

5000 euro

2500 euro

2500 euro

137 euro

0 euro

0 euro

0 euro

0 euro

1113 euro

1250 euro

12500 euro 2363 euro 10137 euro 2363 euro

Zu verzinsen sind 5000 euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 392007 bis 13122007 (3 volle Monate x 05 = 15 ) Zinsen (Erstattungszinsen) 75 euro

Zu verzinsen sind 5100 euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 13122007 (20 volle Monate x 05 = 10 ) Zinsen (Erstattungszinsen) 510 euro

Abrundung nach sect 238 Abs 2 AO 37 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142007

Gegenuumlberstellung der maszliggeblichen Zahlungen und des fiktiven Solls

Zahlung Tag der Zahlung

fiktives Soll

fiktive Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

0 euro 0 euro 0 euro

1113 euro 1250 euro

03092007 10122004 10092004 10062004 10032004

0 euro 0 euro 0 euro

1113 euro 974 euro

0 euro 0 euro 0 euro 0 euro

276 euro 2363 euro 276 euro 2087 euro 276 euro

Zu verzinsen sind 2050 euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142007 bis 13122007 (8 volle Monate x 05 = 4 ) Zinsen (Erstattungszinsen) 82 euro

Abrundung nach sect 238 Abs 2 AO 37 euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen) 667 euro

38 Bei Teil-Unterschiedsbetraumlgen zugunsten des Steuerpflichtigen sind neben der Berechnung von Erstattungszinsen die zuvor auf den Herabsetzungsbetrag ggf berechneten Nachzahlungszinsen zu mindern Nachzahlungszinsen entfallen dabei allerdings fruumlhestens ab dem Zeitpunkt in dem der Zinslauf des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen beginnt Nachzahlungszinsen fuumlr den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen bleiben endguumlltig bestehen (sect 233a Abs 7 Satz 2 AO) Nachzahlungszinsen mit unterschiedlichem Zinslaufbeginn sind in ihrer zeitlichen Reihenfolge beginnend mit den Nachzahlungszinsen mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn zu mindern

39 Beispiel 9

Einkommensteuer 2004

183

zvE Steuer

Steuerfestsetzung vom 9122008

bekannt gegeben am 12122008 35867 euro 8376 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

Soll 7376euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 9550 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 2174 euro

Der Steuerpflichtige hat bis zum 3132006 insgesamt 7000 euro sowie am 262007 weitere 2550 euro gezahlt

Bei dieser Steuerfestsetzung wurden ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005 (Erhoumlhung des zvE um 2500 euro) sowie ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2006 (Minderung des zvE um 17500 euro) beruumlcksichtigt

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen) 9550 euro

1 Schattenveranlagung (Steuerfestsetzung ohne Beruumlcksichtigung der ruumlckwirkenden Ereignisse aus 2005 und 2006) 50867 euro 14679 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 13679 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = + 4129 euro

2 Schattenveranlagung

(1 Schattenveranlagung + ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005) 53367 euro 15850 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 14850 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = + 1171 euro

3 Schattenveranlagung (2 Schattenveranlagung + ruumlckwirkendes Ereignis aus 2006) 35867 euro 8376 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 7376 euro

zvE = zu versteuerndes Einkommen

184

Dritter Teil-Unterschiedsbetrag = 7474 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge 2174 euro

Zinsberechnung

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142006 + 4129 euro

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142007 + 1171 euro

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142008 7474 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142006

Zu verzinsen sind 4100 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 12122008 (32 volle Monate x 05 = 16 )

Zinsen (Nachzahlungszinsen) 656 euro

Abrundung nach sect 238 Abs 2 AO 29 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142007

Zu verzinsen sind 1150 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142007 bis 12122008 (20 volle Monate x 05 = 10 )

Zinsen (Nachzahlungszinsen) 115 euro

Abrundung nach sect 238 Abs 2 AO 21 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142008 Gegenuumlberstellung der maszliggeblichen Zahlungen

und des fiktiven Solls

Zahlung Tag der Zahlung

fiktives Soll

fiktive Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

2550 euro 2000 euro 2000 euro 2000 euro 1000 euro

02062007 10122004 10092004 10062004 10032004

2174 euro 0 euro 0 euro 0 euro 0 euro

376 euro 2000 euro 2000 euro 2000 euro 1000 euro

9550 euro 7376 euro 2174 euro 7376 euro

Zu verzinsen ist houmlchstens der fiktiv zu erstattende Betrag von 2150 euro fuumlr die Zeit vom 142008 bis zum 12122008 (8 volle Monate x 05 = 4 )

Zinsen (Erstattungszinsen) 86 euro

Abrundung nach sect 238 Abs 2 AO 24 euro

Anmerkung

Minderung zuvor berechneter Nachzahlungszinsen

185

abgerundet

4129 euro 4100 euro

7474 euro

3345 euro maximal 0 euro

4100 euro

4100 euro vom 142008 bis zum 12122008 (8 volle Monate x 05 = 4 ) 164 euro

1171 euro abgerundet 1150 euro

3345 euro

2174 euro maximal 0 euro

1150 euro

1150 euro vom 142008 bis zum 12122008 (8 volle Monate x 05 = 4 ) 46 euro

210 euro

210 euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen 475 euro

40 Wenn bei der Zinsberechnung mehrere Teil-Unterschiedsbetraumlge zu beruumlcksichtigen sind sind Zinsen nur dann festzusetzen wenn die Summe der auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge berechneten Zinsen mindestens zehn Euro betraumlgt (sect 239 Abs 2 Satz 2 AO) Nach sect 239 Abs 2 Satz 1 AO sind Zinsen auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen abzurunden Maszliggebend sind die festzusetzenden Zinsen dh die Summe der auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge berechneten Zinsen

Sofern die Summe aller fiktiven Erstattungen groumlszliger ist als die tatsaumlchliche Erstattung ist der Differenzbetrag fuumlr spaumltere Zinsberechnungen als fiktive Zahlung zu beruumlcksichtigen Als Zahlungstag dieser fiktiven Zahlung ist der Tag zu beruumlcksichtigen an dem die Steuerfestsetzung bzw die Steueranmeldung wirksam geworden ist

Zinsberechnung bei einer Korrektur der Steuerfestsetzung oder der Anrechnung von Steuerbetraumlgen

41 Falls anlaumlsslich einer Steuerfestsetzung Zinsen festgesetzt wurden loumlst die Aufhebung Aumlnderung oderBerichtigung dieser Steuerfestsetzung eine Aumlnderung der bisherigen Zinsfestsetzung aus (sect 233a Abs 5 Satz 1 1 Halbsatz AO) Dabei ist es gleichguumlltig worauf die Aufhebung Aumlnderungoder Berichtigung beruht (zB auch Aumlnderung durch Einspruchsentscheidung oder durch oder aufgrund der Entscheidung eines Finanzgerichts)

42 Soweit die Korrektur der Steuerfestsetzung auf der erstmaligen Beruumlcksichtigung eines ruumlckwirkenden Ereignisses oder eines Verlustruumlcktrags beruht beginnt der Zinslauf nach sect 233a Abs 2a AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem das ruumlckwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist Gleiches gilt wenn ein bereits bei der vorangegangenen Steuerfestsetzung beruumlcksichtigter Verlustruumlcktrag bzw ein bereits bei der vorangegangen Steuerfestsetzungberuumlcksichtigtes ruumlckwirkendes Ereignis unmittelbar Aumlnderungen erfaumlhrt und der Steuerbescheid deshalb geaumlndert wird

Aufgrund der Anknuumlpfung der Verzinsung an die Soll-Differenz (vgl AEAO zu sect 233a Nr 46) ist keine besondere Zinsberechnung iSd sect 233a Abs 2a iVm Abs 7 AO vorzunehmen wenn ein Steuerbescheid in dem erstmals ein Verlustruumlcktrag bzw ein ruumlckwirkendes Ereignis beruumlcksichtigt worden ist spaumlter aus anderen Gruumlnden (zB zur Beruumlcksichtigung neuer Tatsachen iSd sect 173 AO) geaumlndert wird Dabei ist es fuumlr die Verzinsung auch unerheblich wenn sich die steuerlichen Auswirkungen des bereits in der vorherigen Steuerfestsetzung beruumlcksichtigten Verlustruumlcktrags bzw ruumlckwirkenden Ereignisses aufgrund der erstmaligen oder abweichenden Beruumlcksichtigung regulaumlr zu verzinsender Besteuerungsgrundlagen rechnerisch veraumlndern sollte Auch derartige materiell-rechtliche Folgeaumlnderungen sind bei der Verzinsung dem maszliggeblichen Aumlnderungsgrund (zB den neuen Tatsachen iSd sect 173 AO) zuzuordnen

Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen auf diesen Betrag zuvor berechnete Zinsen nach sect 233a Abs 7 Satz 2 1 Halbsatz AO fruumlhestens ab Beginn

des fuumlr diesen Teil-Unterschiedsbetrag maszliggebenden Zinslaufs Zinsen fuumlr den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben nach sect 233a Abs 7 Satz 2

2 Halbsatz AO endguumlltig bestehen Deshalb koumlnnen die fuumlr den Zeitraum bis zum 3132008 verbliebenen Nachzahlungszinsen auch in spaumlteren Zinsfestsetzungen gemindert werden

186

43 Materielle Fehler iSd sect 177 AO werden bei dem Aumlnderungstatbestand berichtigt dessen Anwendung die saldierende Beruumlcksichtigung des materiellen Fehlers ermoumlglicht Deshalb ist der Saldierungsbetrag bei der Ermittlung des Teil-Unterschiedsbetrags zu beruumlcksichtigen der diesem Aumlnderungstatbestandzugrunde liegt Beruht die Saldierung nach sect 177 AO auf mehreren Aumlnderungstatbestaumlnden die einenunterschiedlichen Zinslaufbeginn aufweisen ist der Saldierungsbetrag den Aumlnderungstatbestaumlnden in chronologischer Reihenfolge zuzuordnen beginnend mit dem Aumlnderungstatbestand mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn

44 Ist bei der vorangegangenen Steuerfestsetzung eine Zinsfestsetzung unterblieben weil zB bei Wirksamkeit der Steuerfestsetzung die Karenzzeit noch nicht abgelaufen war oder die Zinsen weniger als zehn Euro betragen haben ist bei der erstmaligen Zinsfestsetzung aus Anlass der Aufhebung Aumlnderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung fuumlr die Berechnung der Zinsen ebenfalls der Unterschied zwischen dem neuen und dem fruumlheren Soll maszliggebend

45 Den Faumlllen der Aufhebung Aumlnderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung sind die Faumllle der Korrektur der Anrechnung von Steuerbetraumlgen (Steuerabzugsbetraumlge anzurechnende Koumlrperschaftsteuer) gleichgestellt (sect 233a Abs 5 Satz 1 2 Halbsatz AO) Die Zinsfestsetzung ist auch dann anzupassen wenn die Anrechnung von Steuerabzugsbetraumlgen oder von Koumlrperschaftsteuer in einem Abrechnungsbescheid nach sect 218 Abs 2 Satz 1 AO von der vorangegangenen Anrechnung abweicht Ist dem bisherigen Zinsbescheid ein unrichtiges Vorauszahlungssoll oder ein unrichtiger Wertstellungstag zugrunde gelegt worden kann demgegenuumlber eine Korrektur des Zinsbescheids nicht nach sect 233a Abs 5 AO sondern nur nach den allgemeinen Vorschriften erfolgen (zB sectsect 129 172 ff AO)

46 Grundlage fuumlr die Zinsberechnung ist der Unterschied zwischen dem neuen und dem fruumlheren Soll (Unterschiedsbetrag nach sect 233a Abs 5 Satz 2 AO) Dieser Unterschiedsbetrag ist in Teil-Unterschiedsbetraumlge aufzuteilen soweit diese einen unterschiedlichen Zinslaufbeginn nach sect 233a Abs 2 und Abs 2a AO haben (sect 233a Abs 7 Satz 1 1 Halbsatz AO) Innerhalb dieser Teil-Unterschiedsbetraumlge sind Sollminderungen und Sollerhoumlhungen mit gleichem Zinslaufbeginn zu saldieren

47 Die Teil-Unterschiedsbetraumlge sind in ihrer zeitlichen Reihenfolge beginnend mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn zu ermitteln (sect 233a Abs 7 Satz 1 2 Halbsatz AO) Dabei ist unerheblich ob sich der einzelne Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt

Zunaumlchst ist die fiktive Steuer zu ermitteln die sich ohne Beruumlcksichtigung ruumlckwirkender Ereignisse und Verlustruumlcktraumlge ergeben wuumlrde Die Differenz zwischen dieser fiktiven Steuer und der bisher festgesetzten Steuer jeweils vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnende Koumlrperschaftsteuer ist der erste fuumlr die Zinsberechnung maszliggebliche Teil-Unterschiedsbetrag

Im naumlchsten Schritt ist auf der Grundlage dieser fiktiven Steuerermittlung die fiktive Steuer zu berechnen die sich unter Beruumlcksichtigung der ruumlckwirkenden Ereignisse oder Verlustruumlcktraumlge mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn ergeben wuumlrde Die Differenz zwischen dieser und der zuvor ermittelten fiktiven Steuer jeweils vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnende Koumlrperschaftsteuer ist der fuumlr die Zinsberechnung maszliggebliche zweite Teil-Unterschiedsbetrag Dies gilt entsprechend fuumlr weitere Teil-Unterschiedsbetraumlge mit spaumlterem Zinslaufbeginn

48 Beispiel 10

Einkommensteuer 2004

zvE Steuer

bisherige Steuerfestsetzung 50000 euro 14801 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 500 euro

Soll 14301 euro

Aumlnderung der Steuerfestsetzung

(1) neue Tatsache 1500 euro

(2) Verlustruumlcktrag aus 2005 10000 euro

(3) ruumlckwirkendes Ereignis aus 2006 + 2500 euro 10771 euro

Neue Steuerfestsetzung 41000 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 500 euro

zvE = zu versteuerndes Einkommen

187

neues Soll 10271 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 4030 euro

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

bisherige Festsetzung 50000 euro 14801 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 500 euro

Soll 14301 euro

1 Schattenveranlagung (bisherige Festsetzung + neue Tatsache) 48500 euro 14097 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 500 euro

Soll 13597 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = 704 euro

2 Schattenveranlagung (1 Schattenveranlagung + Verlustruumlcktrag aus 2005) 38500 euro 9736 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 500 euro

Soll 9236 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = 4361 euro

3 Schattenveranlagung (2 Schattenveranlagung + ruumlckwirkendes Ereignis aus 2006) 41000 euro 10771 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 500 euro

Soll 10271 euro

Dritter Teil-Unterschiedsbetrag = + 1035 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge 4030 euro

49 Alle Teil-Unterschiedsbetraumlge sind jeweils gesondert auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren Betrag abzurunden da der Zinslauf fuumlr die zu verzinsenden Betraumlge zu jeweils abweichenden Zeitpunkten beginnt (sect 238 Abs 2 AO)

50 Die auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge entfallenden Zinsen sind eigenstaumlndig und in ihrer zeitlichen Reihenfolge zu berechnen beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn (sect 233a Abs 7 Satz 1 2 Halbsatz AO) Dabei ist fuumlr jeden Zinslauf bzw Zinsberechnungszeitraum eigenstaumlndig zu pruumlfen inwieweit jeweils volle Zinsmonate vorliegen

51 Ergibt sich bei der Aufhebung Aumlnderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung oder der Ruumlcknahme dem Widerruf oder Berichtigung der Anrechnung von Steuerbetraumlgen ein Mehrsoll fallen hierauf Zinsen an die zu den bisher berechneten Zinsen hinzutreten

52 Beispiel 11

Einkommensteuer 2004

a) Erstmalige Steuerfestsetzung vom 11122006

bekannt gegeben am 14122006 22500 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 2500 euro

188

Soll 20000 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 13000 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) 7000 euro

Zu verzinsen sind 7000 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 14122006 (8 volle Monate x 05 = 4 )

festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen) 280 euro

b) Aumlnderung der Steuerfestsetzung nach sect 173 AO (Bescheid vom 1102007 bekannt gegeben am 4102007) 23500 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsshybetraumlge 2500 euro

Soll 21000 euro

abzuumlglich bisher festgesetzte Steuer (Soll) 20000 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) 1000 euro

Zu verzinsen sind 1000 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 4102007 (18 volle Monate x 05 = 9 )

Nachzahlungszinsen 90 euro

dazu bisher festgesetzte Zinsen 280 euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen 370 euro

53 Ergibt sich zugunsten des Steuerpflichtigen ein Mindersoll wird bis zur Houmlhe dieses Mindersolls nur der tatsaumlchlich zu erstattende Betrag verzinst und zwar ab dem Zeitpunkt der Zahlung bis zur Wirksamkeit der Steuerfestsetzung (sect 233a Abs 2 Satz 3 und Abs 3 Satz 3 AO) Zur Beruumlcksichtigung bei vorangegangenen Zinsfestsetzungen ermittelter fiktiver Zahlungen vgl AEAO zu sect 233a Nr 40 Steht die Zahlung noch aus werden keine Erstattungszinsen festgesetzt Besteht der zu erstattende Betrag aus mehreren Einzahlungen richtet sich der Zinsberechnungszeitraum nach der Einzahlung des jeweiligen Teilbetrags wobei unterstellt wird dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolgt

54 Neben der Berechnung der Erstattungszinsen sind die bisher auf den Herabsetzungsbetrag ggf berechneten Nachzahlungszinsen fuumlr die Zeit ab Beginn des Zinslaufs zu mindern Dabei darf jedoch houmlchstens auf den Unterschiedsbetrag der bei Beginn des Zinslaufs festgesetzten Steuer zuruumlckshygegangen werden um zu vermeiden dass eine Korrektur fuumlr einen Zeitraum erfolgt fuumlr den keine Nachzahlungszinsen berechnet worden sind

55 Beispiel 12

Einkommensteuer 2004

a) Steuerfestsetzung vom 12122006

bekannt gegeben am 15122006 22500 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsshybetraumlge 2500 euro

Soll 20000 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 13000 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) 7000 euro

Der Steuerpflichtige hat innerhalb der Karenzzeit die Vorauszahlungen iHv 13000 euro sowie am 1562007 die Abschlusszahlung iHv 7000 euro gezahlt

189

Zu verzinsen sind 7000 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 15122006 (8 volle Monate x 05 = 4 )

festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen) 280 euro

b) Aumlnderung der Steuerfestsetzung nach sect 173 AO (Bescheid vom 12102007 bekannt gegeben am 15102007) 17500 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 2500 euro

Soll 15000 euro

abzuumlglich bisher festgesetzte Steuer (Soll) 20000 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 5000 euro

Zu erstatten sind 5000 euro

Zu verzinsen sind 5000 euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 1562007 bis 15102007 (4 volle Monate x 05 = 2 ) festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen) 100 euro

c) Bisher festgesetzte Zinsen + 280euro

Minderung zuvor berechneter Nachzahlungszinsen

7000 euro abgerundet 7000 euro

5000 euro

2000 euro maximal 2000 euro

5000 euro

5000 euro vom 142006 bis zum 15122006 (8 volle Monate x 05 = 4 ) 200 euro

+ 80 euro + 80euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen 20 euro

56 Bei Teil-Unterschiedsbetraumlgen zugunsten des Steuerpflichtigen ist die Berechnung von Erstattungszinsen auf den fiktiv zu erstattenden Betrag begrenzt Dazu sind alle maszliggeblichen Zahlungen (einschlieszliglich fiktiver Zahlungen iSd Nr 40 des AEAO zu sect 233a) und der jeweilige Tag der Zahlung zu ermitteln Durch Gegenuumlberstellung dieser Zahlungen und der nach Nr 47 des AEAO zu sect 233a fiktiv ermittelten Steuer vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnende Koumlrperschaftsteuer ergibt sich der fiktive Erstattungsbetrag

Die Verzinsung der einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge beginnt fruumlhestens mit dem Tag der Zahlung Besteht der zu erstattende Betrag aus mehreren Einzahlungen richtet sich der Zinsberechnungszeitraum nach der Einzahlung des jeweiligen Teilbetrags wobei unterstellt wird dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolgt Bei weiteren Teil-Unterschiedsbetraumlgen zugunsten des Steuerpflichtigen bleiben die bereits bei einer vorangegangenen Zinsberechnung beruumlcksichtigten Zahlungen auszliger Betracht

Ist bei einem Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen mehr als ein Betrag (mehrere Einzahlungen) zu verzinsen so ist der durch die Rundung auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren sich ergebende Spitzenbetrag jeweils vom Teilbetrag mit dem aumlltesten Wertstellungstag abzuziehen

57 Bei Teil-Unterschiedsbetraumlgen zugunsten des Steuerpflichtigen sind neben der Berechnung von Erstattungszinsen die zuvor auf den Herabsetzungsbetrag ggf berechneten Nachzahlungszinsen zu mindern Nachzahlungszinsen entfallen dabei allerdings fruumlhestens ab dem Zeitpunkt in dem der Zinslauf des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen beginnt Nachzahlungszinsen fuumlr den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen bleiben endguumlltig bestehen (sect 233a Abs 7 Satz 2 AO) Nachzahlungszinsen mit unterschiedlichem Zinslaufbeginn sind in ihrer zeitlichen Reihenfolge beginnend mit den

190

Nachzahlungszinsen mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn innerhalb dieser Gruppen beginnend mit den Nachzahlungszinsen mit dem juumlngsten Zinslaufende zu mindern

58 Beispiel 13 (Fortsetzung von Beispiel 9)

Einkommensteuer 2004

zvE Steuer

nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO geaumlnderte Steuerfestsetzung vom 2632010 bekanntgegeben am 2932010 27175 euro 5297 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

Soll 4297 euro

abzuumlglich bisher festgesetzte Steuer (Soll) 7376 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 3079 euro

Der Steuerpflichtige hat bis zum 3132006 insgesamt 7000 euro sowie am 262007 weitere 2550 euro gezahlt Aufgrund der Steuerfestsetzung vom 9122008 sind ihm bereits 2174 euro erstattet worden

Bei der geaumlnderten Steuerfestsetzung vom 2632010 wurde ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005 (Minderung des zvE um 8692 euro) erstmals beruumlcksichtigt

Zinsberechnung

Verzinsung des Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142007

Gegenuumlberstellung der maszliggeblichen Zahlungen und des Solls

Zahlung Tag der Zahlung

Soll Erstattung unverzinster Zahlungsrest

376 euro 2000 euro 2000 euro 2000 euro 1000 euro

02062007 10122004 10092004 10062004 10032004

376 euro 2000 euro

703 euro 0 euro 0 euro

0 euro 0 euro

1297 euro 2000 euro 1000 euro

7376 euro 4297 euro 3079 euro 4297 euro

Zu verzinsen ist houmlchstens der abgerundete zu erstattende Betrag von 3050 euro

376 euro fuumlr die Zeit vom 262007 bis zum 29 32010 (33 volle Monate x 05 = 165 ) 6204 euro

2674 euro fuumlr die Zeit vom 142007 bis zum 2932010 (35 volle Monate x 05 = 175 ) 46795 euro

52999 euro

Zinsen (Erstattungszinsen) 52999 euro

Abrundung nach sect 238 Abs 2 AO 29 euro

Bisher festgesetzte Zinsen 47500 euro

zvE = zu versteuerndes Einkommen

191

Minderung zuvor berechneter Nachzahlungszinsen 000 euro

47500 euro 47500 euro

5499 euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen 5500 euro

59 Zinsen werden nur festgesetzt wenn sie mindestens zehn Euro betragen (sect 239 Abs 2 Satz 2 AO) Dabei ist jeweils auf die sich insgesamt ergebenden Zinsen abzustellen nicht nur auf den Betrag der sich durch die Verzinsung des letzten Unterschiedsbetrags bzw Teil-Unterschiedsbetrags oder des letzten Erstattungsbetrags ergibt Waumlren insgesamt weniger als zehn Euro festzusetzen ist der bisherige Zinsbescheid zu aumlndern

Nach sect 239 Abs 2 Satz 1 AO sind Zinsen auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen zu runden Maszliggebend sind die festzusetzenden Zinsen dh die Summe der auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge berechneten Zinsen

Sofern die Summe aller fiktiven Erstattungen groumlszliger ist als die tatsaumlchliche Erstattung ist der Differenzbetrag fuumlr spaumltere Zinsberechnungen als fiktive Zahlung zu beruumlcksichtigen Als Zahlungstag dieser fiktiven Zahlung ist der Tag zu beruumlcksichtigen an dem die Steuerfestsetzung bzw die Steueranmeldung wirksam geworden ist

Zinsberechnung bei sog NV-Faumlllen

60 Ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer nicht durchzufuumlhren weil die Voraussetzungen des sect 46 EStG nicht erfuumlllt sind sind festgesetzte und geleistete Vorauszahlungen zu erstatten Die Erstattungszinsen sind so zu berechnen als sei eine Steuerfestsetzung uumlber Null Euro erfolgt Wird eine Einkommensteuerfestsetzung die zu einer Erstattung gefuumlhrt hat aufgehoben und die Abrechnung geaumlndert so dass die bisher angerechneten Steuerabzugsbetraumlge zuruumlckgefordert werden ist diese Steuernachforderung zu verzinsen Eine bisher durchgefuumlhrte Zinsfestsetzung (Erstattungszinsen) ist nach sect 233a Abs 5 Satz 1 AO zu aumlndern

Zinsberechnung bei der Vermoumlgensteuer

611 Bei der Verzinsung der Vermoumlgensteuer ist die fuumlr jedes Jahr festgesetzte Steuer getrennt zu behandeln Dies gilt auch fuumlr die Kleinbetragsgrenze des sect 239 Abs 2 AO Obwohl die Vermoumlgensteuer mit Beginn des Kalenderjahres fuumlr das sie festzusetzen ist entsteht (sect 5 Abs 2 VStG) beginnt die 15shymonatige Karenzzeit erst mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres

612 Den Besonderheiten der Zinsberechnung bei der Haupt- und Nachveranlagung sowie bei der Neuveranlagung der Vermoumlgensteuer und der Aufhebung einer Vermoumlgensteuer-Veranlagung wird durch sect 233a Abs 3 Satz 2 AO Rechnung getragen Danach ist bei der Zinsberechnung jeweils der Unterschied entweder zwischen der festgesetzten Jahressteuer und den festgesetzten Vorauszahlungen oder der festgesetzten Jahressteuer und der bisher festgesetzten Jahressteuer maszliggebend Werden nach Beginn des Zinslaufs gleichzeitig eine (befristete) Hauptveranlagung und eine Neuveranlagung durchgefuumlhrt so ist bei der Ermittlung der Unterschiedsbetraumlge jeweils vom Vorauszahlungssoll auszugehen Wird die Neuveranlagung dagegen in zeitlichem Abstand nach der Hauptveranlagung durchgefuumlhrt so ist fuumlr die Zinsberechnung der Unterschiedsbetrag zum Hauptveranlagungssoll maszliggebend Anlaumlsslich einer Neu- oder Nachveranlagung oder Aufhebung der Veranlagung zur Vermoumlgensteuer ist eine bisherige Zinsfestsetzung entsprechend sect 233a Abs 5 AO zu aumlndern

Zinsberechnung bei Vorsteuer-Verguumltungsanspruumlchen

62 Betraumlgt der Verguumltungszeitraum weniger als ein Kalenderjahr (sect 60 UStDV) sind zur Berechnung des Unterschiedsbetrags alle fuumlr ein Kalenderjahr festgesetzten Verguumltungen zusammenzufassen Der Zinslauf beginnt grundsaumltzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres fuumlr das die Verguumltung(en) festgesetzt worden sind (sect 233a Abs 2 Satz 1 AO) Er endet mit Ablauf des Tages an dem die Festsetzung der Verguumltung wirksam geworden ist (sect 233a Abs 2 Satz 3 AO) Zur Festsetzungsverjaumlhrung des Zinsanspruchs vgl sect 239 Abs 1 AO

Verhaumlltnis zu anderen steuerlichen Nebenleistungen

63 Zur Beruumlcksichtigung der Verzinsung nach sect 233a AO bei der Bemessung des Verspaumltungszuschlags vgl AEAO zu sect 152 Nr 8

Anmerkung Die in der vorangegangenen Zinsfestsetzung (Beispiel 9) fuumlr den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs des 3 Teil-Unterschiedsbetrags (dh fuumlr den Zeitraum bis zum 3132008) berechneten Nachzahlungszinsen bleiben nach sect 233a Abs 7 Satz 2 2 Halbsatz AO endguumlltig bestehen und koumlnnen deshalb in dieser Zinsfestsetzung nicht mehr gemindert werden Anmerkung Die Zinsen wurden zugunsten des Steuerpflichtigen gerundet (sect 239 Abs 2 Satz 1 AO)

192

64 Die Erhebung von Saumlumniszuschlaumlgen (sect 240 AO) bleibt durch sect 233a AO unberuumlhrt da die Vollverzinsung nur den Zeitraum bis zur Festsetzung der Steuer betrifft Sollten sich in Faumlllen in denen die Steuerfestsetzung zunaumlchst zugunsten und sodann wieder zuungunsten des Steuerpflichtigengeaumlndert wird Uumlberschneidungen ergeben sind insoweit die Saumlumniszuschlaumlge zur Haumllfte zu erlassen

65 Uumlberschneidungen von Stundungszinsen und Nachzahlungszinsen nach sect 233a AO koumlnnen sich ergeben wenn die Steuerfestsetzung nach Ablauf der Stundung zunaumlchst zugunsten und spaumlter wieder zuungunsten des Steuerpflichtigen geaumlndert wird (siehe sect 234 Abs 1 Satz 2 AO) Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung werden Nachzahlungszinsen die fuumlr denselben Zeitraum festgesetzt wurden im Rahmen der Zinsfestsetzung auf Stundungszinsen angerechnet (sect 234 Abs 3 AO) Erfolgt die Zinsfestsetzung nach sect 233a AO aber erst nach Festsetzung der Stundungszinsen sind Nachzahlungszinsen insoweit nach sect 227 AO zu erlassen als sie fuumlr denselben Zeitraum wie die bereits erhobenen Stundungszinsen festgesetzt wurden

66 Uumlberschneidungen mit Hinterziehungszinsen (sect 235 AO) sind moumlglich etwa weil der Zinslauf mit Eintritt der Verkuumlrzung und damit vor Festsetzung der Steuer beginnt Zinsen nach sect 233a AO die fuumlr denselben Zeitraum festgesetzt wurden sind im Rahmen der Zinsfestsetzung auf die Hinterziehungszinsen anzurechnen (sect 235 Abs 4 AO) Dies gilt ungeachtet der unterschiedlichen ertragsteuerlichen Behandlung beider Zinsarten Zur Berechnung vgl AEAO zu sect 235 Nr 4

67 Prozesszinsen auf Erstattungsbetraumlge (sect 236 AO) werden ab Rechtshaumlngigkeit bzw ab dem Zahlungstag berechnet Uumlberschneidungen mit Erstattungszinsen nach sect 233a AO sind daher moumlglich Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung werden Zinsen nach sect 233a AO die fuumlr denselben Zeitraum festgesetzt wurden im Rahmen der Zinsfestsetzung auf die Prozesszinsen angerechnet (sect 236 Abs 4 AO)

68 Uumlberschneidungen mit Aussetzungszinsen (sect 237 AO) sind im Regelfall nicht moumlglich da Zinsen nach sect 233a Abs 1 bis 3 AO nur fuumlr den Zeitraum bis zur Festsetzung der Steuer Aussetzungszinsen jedoch fruumlhestens ab der Faumllligkeit der Steuernachforderung entstehen koumlnnen (vgl AEAO zu sect 237 Nr 6) Uumlberschneidungen koumlnnen sich aber ergeben wenn Aussetzungszinsen erhoben wurden weil die Anfechtung einer Steuerfestsetzung erfolglos blieb und die Steuerfestsetzung nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens (siehe sect 237 Abs 5 AO) zunaumlchst zugunsten und sodann zuungunsten des Steuerpflichtigen geaumlndert wird Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung werden Nachzahlungszinsen die fuumlr denselben Zeitraum festgesetzt wurden im Rahmen der Zinsfestsetzung auf Aussetzungszinsen angerechnet (sect 237 Abs 4 iVm sect 234 Abs 3 AO) Erfolgt die Zinsfestsetzung nach sect 233a AO aber erst nach Festsetzung der Aussetzungszinsen sind Nachzahlungszinsen insoweit nach sect 227 AO zu erlassen als sie fuumlr denselben Zeitraum wie die bereits erhobenen Aussetzungszinsen festgesetzt wurden

Billigkeitsmaszlignahmen

69 Allgemeines

691 Billigkeitsmaszlignahmen hinsichtlich der Zinsen kommen in Betracht wenn solche auch hinsichtlich der zugrunde liegenden Steuer zu treffen sind

692 Daneben sind auch zinsspezifische Billigkeitsmaszlignahmen moumlglich (BFH-Urteil vom 2471996 X R 2394 BFHNV 1997 S 92) Beim Erlass von Zinsen nach sect 233a AO aus sachlichen Billigkeitsgruumlnden iSd sectsect 163 227 AO ist zu beruumlcksichtigen dass die Entstehung des Zinsanspruchs dem Grunde und der Houmlhe nach gemaumlszlig Wortsinn Zusammenhang und Zweck des Gesetzes den Liquiditaumltsvorteil des Steuerschuldners und den Liquiditaumltsnachteil des Steuerglaumlubigers auszugleichen eindeutig unabhaumlngig von der konkreten Einzelfallsituation geregelt ist und rein objektiv ergebnisbezogen allein vom Eintritt bestimmter Ereignisse (Fristablauf iSd sect 233a Abs 2 oder 2a AO Unterschiedsbetrag iSd sect 233a Abs 1 Satz 1 iVm sect 233a Abs 3 oder 5 AO) abhaumlngt

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Verzinsung nach sect 233a AO einen Ausgleich dafuumlr schaffen dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen bdquoaus welchen Gruumlnden auch immerldquo zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und faumlllig werden (BFH-Urteile vom 2091995 X R 8694 BStBl 1996 II S 53 vom 561996 X R 23493 BStBl II S 503 und vom 1242000 XI R 2197 BFHNV S 1178) Fuumlr die Anwendung der Vorschrift sind daher die Ursachen und Begleitumstaumlnde im Einzelfall unbeachtlich Die reine Moumlglichkeit der Kapitalnutzung (vgl BFH-Urteil vom 25111997 IX R 2896 BStBl 1998 II S 550) bzw die bloszlige Verfuumlgbarkeit eines bestimmten Kapitalbetrages (BFH-Urteil vom 1242000 XI R 2197 BFHNV S 1178) reicht aus Rechtfertigung fuumlr die Entstehung der Zinsen nach sect 233a AO ist nicht nur ein abstrakter Zinsvorteil des Steuerschuldners sondern auch ein ebensolcher Nachteil des Steuerglaumlubigers (BFH-Urteil vom 1931997 I R 796 BStBl II S 446) Ein Verschulden ist prinzipiell irrelevant und zwar auf beiden Seiten des Steuerschuldverhaumlltnisses (vgl BFH-Entscheidungen vom 4111996 I B 6796 BFHNV 1997 S 458 vom 1541999 V R 6397 BFHNV S 1392 vom 352000 II B 12499 BFHNV S 1441 und vom 30112000 V B 16900 BFHNV 2001 S 656)

Zinsen nach sect 233a AO sind weder Sanktions- noch Druckmittel oder Strafe sondern laufzeitabhaumlngige Gegenleistung fuumlr eine moumlgliche Kapitalnutzung Vor diesem gesetzlichen Hintergrund ist es unerheblich ob der - typisierend vom Gesetz unterstellte - Zinsvorteil des Steuerpflichtigen auf einer

193

verzoumlgerten Einreichung der Steuererklaumlrung durch den Steuerpflichtigen oder einer verzoumlgerten Bearbeitung durch das Finanzamt beruht (vgl zB BFH-Beschluumlsse vom 352000 II B 12499 BFHNV S 1441 und vom 222001 XI B 9100 BFHNV S 1003) Bei der Verzinsung nach sect 233a AO kommt es auch nicht auf eine konkrete Berechnung der tatsaumlchlich eingetretenen Zinsvor- und -nachteile an (BFH-Urteil vom 1931997 I R 796 BStBl II S 446)

Die Erhebung von Zinsen auf einen Nachforderungsbetrag der sich nach der Korrektur einer Steuerfestsetzung ergibt entspricht (vom Anwendungsbereich des sect 233a Abs 2a und Abs 7 AO abgesehen) den Wertungen des sect 233a AO und ist nicht sachlich unbillig (siehe dazu sect 233a Abs 5 AO vgl BFH-Entscheidungen vom 1242000 XI R 2197 BFHNV S 1178 und vom 30112000 V B 16900 BFHNV 2001 S 656)

Andererseits ist fuumlr einen Ausgleich in Form einer Verzinsung der Steuernachforderung dann kein Raum wenn zweifelsfrei feststeht dass der Steuerpflichtige durch die verspaumltete Steuerfestsetzung keinen Vorteil erlangt hatte (vgl BFH-Urteile vom 1171996 V R 1895 BStBl 1997 II S 259 und vom 1242000 XI R 2197 BFHNV S 1178) Festgesetzte Nachzahlungszinsen sind in diesem Fall wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen (vgl AEAO zu sect 233a Nr 70)

693 Eine gegenuumlber der Regelung in sect 233a AO houmlhere Festsetzung von Erstattungszinsen aus Billigkeitsgruumlnden ist nicht zulaumlssig

70 Einzelfragen

701 Leistungen vor Festsetzung der zu verzinsenden Steuer

7011 Zinsen nach sect 233a AO sind auch dann festzusetzen wenn vor Festsetzung der Steuer freiwillige Leistungen erbracht werden Nachzahlungszinsen sind aber aus sachlichen Billigkeitsgruumlnden zu erlassen soweit der Steuerpflichtige auf die sich aus der Steuerfestsetzung ergebende Steuerzahlungsforderung bereits vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung freiwillige Leistungen erbracht und das Finanzamt diese Leistungen angenommen und behalten hat

7012 Nachzahlungszinsen sind daher nur fuumlr den Zeitraum bis zum Eingang der freiwilligen Leistung zu erheben Wurde die freiwillige Leistung erst nach Beginn des Zinslaufs erbracht oder war sie geringer als der zu verzinsende Unterschiedsbetrag sind Nachzahlungszinsen aus Vereinfachungsgruumlnden insoweit zu erlassen wie die auf volle fuumlnfzig Euro abgerundete freiwillige Leistung fuumlr jeweils volle Monate vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung erbracht worden ist (fiktive Erstattungszinsen) Ein Zinserlass scheidet dabei aus wenn der zu erlassende Betrag weniger als zehn Euro betraumlgt (sect 239 Abs 2 Satz 2 AO)

Beispiel 14 (Fortsetzung von Beispiel 1)

Der Steuerpflichtige hat am 2642006 eine freiwillige Leistung iHv 4025 euro erbracht Die zu erlassenden Nachzahlungszinsen berechnen sich wie folgt

abgerundete freiwillige Leistung 4000 euro

Beginn des fiktiven Zinslaufs 2742006

Ende des fiktiven Zinslaufs (= Wirksamkeit der Steuerfestsetzung) 11122006

Zu erlassende Nachzahlungszinsen

4000 euro x 7 volle Monate x 05 = 140 euro

Sofern sich bei der Abrechnung der Steuerfestsetzung unter Beruumlcksichtigung der freiwilligen Leistungen eine Ruumlckzahlung ergibt sind hierfuumlr keine Erstattungszinsen festzusetzen Leistungen die den Unterschiedsbetrag uumlbersteigen sind bei dem Erlass von Nachzahlungszinsen nicht zu beruumlcksichtigen

Beispiel 15 (Fortsetzung von Beispiel 1)

Der zu verzinsende Unterschiedsbetrag betraumlgt 7000 euro Der Steuerpflichtige hat am 2642006 eine Zahlung iHv 8025 euro geleistet Die zu erlassenden Nachzahlungszinsen berechnen sich wie folgt

- auf die sich aus der Steuerfestsetzung ergebende Steuerzahlungsforderung erbrachte - (abgerundete) freiwillige Leistung 7000 euro

Beginn des fiktiven Zinslaufs 2742006

Ende des fiktiven Zinslaufs 11122006

194

(= Wirksamkeit der Steuerfestsetzung)

Zu erlassende Nachzahlungszinsen

7000 euro x 7 volle Monate x 05 = 245 euro

7013 Wenn das Finanzamt dem Steuerpflichtigen faumllschlicherweise Vorauszahlungen zuruumlckgezahlt hat sind Nachzahlungszinsen nur zu erlassen soweit der Steuerpflichtige nicht nur das Finanzamt auf diesen Fehler aufmerksam gemacht sondern auch die materiell ungerechtfertigte Steuererstattung unverzuumlglich an das Finanzamt zuruumlckuumlberwiesen hat Die Grundsaumltze des BFH-Urteils vom 25111997 IX R 2896 BStBl 1998 II S 550 sind nicht uumlber den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden

702 Billigkeitsmaszlignahmen bei der Verzinsung von Umsatzsteuer

7021 Die Verzinsung nachtraumlglich festgesetzter Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer ist nicht sachlich unbillig wenn sich per saldo ein Ausgleich der Steuerforderung mit den vom Leistungsempfaumlnger abgezogenen Vorsteuerbetraumlgen ergibt (vgl BFH-Urteile vom 2011997 V R 2895 BStBl II S 716 und vom 1541999 V R 6397 BFHNV S 1392)

7022 Eine Billigkeitsmaszlignahme kommt daher auch dann nicht in Betracht wenn Leistender und Leistungsempfaumlnger einen umsatzsteuerlich relevanten Sachverhalt nicht bereits in den entsprechenden Voranmeldungen sondern jeweils erst in den Jahresanmeldungen angeben etwa wenn bei der steuerpflichtigen Uumlbertragung eines Sozietaumltsanteils das Veraumluszligerungsgeschaumlft sowohl vom Veraumluszligerer als auch vom Erwerber erst in der Umsatzsteuer-Jahreserklaumlrung und nicht bereits in der entsprechenden Umsatzsteuer-Voranmeldung erfasst wird Der Erwerber tritt bei einer solchen Fallgestaltung oftmals seinen Vorsteuererstattungsanspruch in voller Houmlhe an den Veraumluszligerer ab Der Veraumluszligerer hat seine Verpflichtung den Umsatz aus der Teilbetriebsveraumluszligerung im zutreffenden Voranmeldungszeitraum zu beruumlcksichtigen verletzt weshalb die nachtraumlgliche Erfassung in der Jahressteuerfestsetzung eine entsprechende Nachforderung und dementsprechend Nachforderungszinsen ausloumlst Die Verzinsung nachtraumlglich festgesetzter Umsatzsteuer beim Leistenden ist auch deshalb nicht unbillig weil die zu verzinsende Umsatzsteuer fuumlr steuerbare und steuerpflichtige Leistungen unabhaumlngig davon entsteht ob der leistende Unternehmer sie in einer Rechnung gesondert ausweist oder beim Finanzamt voranmeldet (vgl BFH-Urteil vom 2011997 V R 2895 BStBl II S 716) Unbeachtlich bleibt dass auch der Erwerber bereits im Rahmen des Voranmeldungsverfahrens eine entsprechende Vorsteuerverguumltung haumltte erlangen koumlnnen Unabhaumlngig von der Abtretung des Erstattungsanspruchs an den Veraumluszligerer kann der Erwerber gleichwohl in den Genuss von Erstattungszinsen nach sect 233a AO gelangen

7023 Werden in einer Endrechnung oder der zugehoumlrigen Zusammenstellung die vor der Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Umsatzsteuerbetraumlge nicht abgesetzt oder angegeben so hat der Unternehmer den gesamten in der Endrechnung ausgewiesenen Steuerbetrag an das Finanzamt abzufuumlhren Der Unternehmer schuldet die in der Endrechnung ausgewiesene Steuer die auf die vor Ausfuumlhrung der Leistung vereinnahmten Teilentgelte entfaumlllt nach sect 14c Abs 1 UStG Erteilt der Unternehmer dem Leistungsempfaumlnger nachtraumlglich eine berichtigte Endrechnung die den Anforderungen des sect 14 Abs 5 Satz 2 UStG genuumlgt so kann er die von ihm geschuldete Steuer in dem Besteuerungszeitraum berichtigen in dem die berichtigte Endrechnung erteilt wird (vgl Abschn 187 Abs 10 Satz 5 und 223 Abs 9 UStR 2008) Hat der Unternehmer die aufgrund der fehlerhaften Endrechnung nach sect 14c Abs 1 UStG geschuldete Steuer nicht in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung beruumlcksichtigt kann die Nachforderung dieser Steuer im Rahmen der Steuerfestsetzung fuumlr das Kalenderjahr zur Festsetzung von Nachzahlungszinsen gem sect 233a AO fuumlhren wenn der Unternehmer die Endrechnung erst in einem auf das Kalenderjahr der urspruumlnglichen Rechnungserteilung folgenden Kalenderjahr berichtigt hat

Die Erhebung von Nachzahlungszinsen ist in derartigen Faumlllen nicht sachlich unbillig (BFH-Urteil vom 1932009 V R 4807 BStBl 2010 II S 92) Aus Vertrauensschutzgruumlnden koumlnnen in derartigen Faumlllen die festgesetzten Nachzahlungszinsen aber erlassen werden wenn fehlerhafte Endrechnungen bis zum 22 Dezember 2009 gestellt wurden und der Unternehmer nach Aufdeckung seines Fehlers sogleich eine berichtigte Endrechnung erteilt hat

7024 Bei einer von den urspruumlnglichen Steuerfestsetzungen abweichenden zeitlichen Zuordnung eines Umsatzes durch das Finanzamt die gleichzeitig zu einer Steuernachforderung und zu einer Steuererstattung fuumlhrt kann es sachlich unbillig sein (in Wirklichkeit nicht vorhandene) Zinsvorteile abzuschoumlpfen (BFH-Urteil vom 1171996 V R 1895 BStBl 1997 II S 259) Soweit zweifelsfrei feststeht dass der Steuerpflichtige durch die verspaumltete Steuerfestsetzung keinen Vorteil oder Nachteil hatte kann durch die Verzinsung nach sect 233a AO der sich aus der verspaumlteten Steuerfestsetzung ergebenden Steuernachforderung oder Steuererstattung kein Vorteil oder Nachteil ausgeglichen werden

7025 Im Fall einer vom Steuerpflichtigen faumllschlicherweise angenommenen umsatzsteuerlichen Organschaft bei der er als vermeintlicher Organtraumlger Voranmeldungen abgegeben hat und die gesamte Umsatzsteuer von bdquoOrgantraumlgerldquo und bdquoOrgangesellschaftldquo an das Finanzamt gezahlt hat kommen Billigkeitsmaszlignahmen nur in besonders gelagerten Ausnahmefaumlllen in Betracht Stellt das Finanzamt im Veranlagungsverfahren fest dass keine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt und daher fuumlr die

195

bdquoOrgangesellschaftldquo eine eigenstaumlndige Steuerfestsetzung durchzufuumlhren ist fuumlhrt dies bei der bdquoOrgangesellschaftldquo - wegen unterbliebener Voranmeldungen und Vorauszahlungen - zur Nachzahlung der kompletten Umsatzsteuer fuumlr das entsprechende Jahr bei dem bdquoOrgantraumlgerldquo idR aber zu einer Umsatzsteuererstattung Die bdquoOrgangesellschaftldquo muss daher Nachzahlungszinsen entrichten waumlhrend der bdquoOrgantraumlgerldquo Erstattungszinsen erhaumllt Da die Verzinsung nach sect 233a AO den Liquiditaumltsvorteil des Steuerschuldners und den Nachteil des Steuerglaumlubigers der individuellen Steuerforderung ausgleichen soll kann eine Billigkeitsmaszlignahme in Betracht kommen wenn und soweit dieser Schuldner keine Zinsvorteile hatte oder haben konnte

7026 Wird umgekehrt festgestellt dass entgegen der urspruumlnglichen Annahme eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt so sind die zunaumlchst bei der Organgesellschaft versteuerten Umsaumltze nunmehr in vollem Umfang dem Organtraumlger zuzurechnen Die USt-Festsetzung gegenuumlber der GmbH (Organgesellschaft) ist aufzuheben so dass idR Erstattungszinsen festgesetzt werden Saumlmtliche Umsaumltze sind dem Organtraumlger zuzurechnen so dass diesem gegenuumlber idR Nachzahlungszinsen festgesetzt werden Entstehen auf Grund der Entscheidung dass eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt insgesamt houmlhere Nachzahlungszinsen als Erstattungszinsen koumlnnen die uumlbersteigenden Nachzahlungszinsen insoweit aus sachlichen Billigkeitsgruumlnden erlassen werden wenn und soweit der Schuldner keine Zinsvorteile hatte oder haben konnte

703 Gewinnverlagerungen

Die allgemeinen Regelungen des sect 233a AO sind auch bei der Verzinsung solcher Steuernachforderungen und Steuererstattungen zu beachten die in engem sachlichen Zusammenhang zueinander stehen (zB bei Gewinnverlagerungen im Rahmen einer Auszligenpruumlfung) Fuumlhrt eine Auszligenpruumlfung sowohl zu einer Steuernachforderung als auch zu einer Steuererstattung so ist deshalb hinsichtlich der Verzinsung nach sect 233a AO grundsaumltzlich auf die Steueranspruumlche der einzelnen Jahre abzustellen ohne auf Wechselwirkungen mit den jeweiligen anderen Besteuerungszeitraumlumen einzugehen Ein Erlass von Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgruumlnden kommt bei nachtraumlglicher Zuordnung von Einkuumlnften zu einem anderen Veranlagungszeitraum nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 16112005 X R 304 BStBl 2006 II S 155) Gewinnverlagerungen und Umsatzverlagerungen (vgl AEAO zu sect 233a Nr 7024) sind bei der Verzinsung nach sect 233a AO nicht vergleichbar (vgl BFH-Urteil vom 1171996 V R 1895 BStBl 1997 II S 259) Das BFH-Urteil vom 15101998 IV R 6997 HFR 1999 S 81 betrifft nur den Sonderfall der Verschiebung von Besteuerungsgrundlagen von einem zu verzinsenden Besteuerungszeitraum in einen noch nicht der Verzinsung nach sect 233a AO unterliegenden Besteuerungszeitraum

Rechtsbehelfe

71 Gegen die Zinsfestsetzung ist der Einspruch gegeben Einwendungen gegen die zugrunde liegende Steuerfestsetzung oder Anrechnung von Steuerabzugsbetraumlgen und Koumlrperschaftsteuer koumlnnen jedoch nicht mit dem Einspruch gegen den Zinsbescheid geltend gemacht werden Wird die Steuerfestsetzung oder die Anrechnung von Steuerabzugsbetraumlgen und Koumlrperschaftsteuer geaumlndert sind etwaige Folgerungen fuumlr die Zinsfestsetzung nach 233a Abs 5 AO zu ziehen

72 Gegen die Entscheidung uumlber eine Billigkeitsmaszlignahme ist ein gesonderter Einspruch gegeben und zwar auch dann wenn die Finanzbehoumlrde die Billigkeitsentscheidung im Rahmen der Zinsfestsetzung getroffen hat (vgl AEAO zu sect 347 Nr 4)

73 Wird der Zinsbescheid als solcher angefochten kommt unter den Voraussetzungen des sect 361 AO bzw des sect 69 FGO die Aussetzung der Vollziehung in Betracht Wird mit dem Rechtsbehelf eine erstmalige oder eine houmlhere Festsetzung von Erstattungszinsen begehrt ist mangels eines vollziehbaren Verwaltungsakts eine Aussetzung der Vollziehung nicht moumlglich Soweit die Vollziehung des zugrunde liegenden Steuerbescheids ausgesetzt wird ist auch die Vollziehung des Zinsbescheids auszusetzen

Beruumlcksichtigung ruumlckwirkender Ereignisse in Grundlagenbescheiden

74 sect 233a Abs 2a AO ist auch dann anzuwenden wenn das ruumlckwirkende Ereignis in einem fuumlr den Steuerbescheid verbindlichen Grundlagenbescheid beruumlcksichtigt wurde Im Grundlagenbescheid sind deshalb auch entsprechende Feststellungen uumlber die Auswirkungen eines erstmals beruumlcksichtigten ruumlckwirkenden Ereignisses auf die festgestellten Besteuerungsgrundlagen und den Zeitpunkt des Eintritts des ruumlckwirkenden Ereignisses zu treffen (vgl BFH-Urteil vom 1932009 IV R 2008 BStBl 2010 II S 528) Gleiches gilt wenn ein bereits bei der vorangegangenen Feststellung beruumlcksichtigtes ruumlckwirkendes Ereignis unmittelbar Aumlnderungen erfaumlhrt und der Feststellungsbescheid deshalb geaumlndert wird Wird ein Feststellungsbescheid dagegen aus anderen Gruumlnden (zB zur Beruumlcksichtigung neuer Tatsachen iSd sect 173 AO) geaumlndert sind auch dann keine Feststellungen zum fruumlher bereits beruumlcksichtigten ruumlckwirkenden Ereignis zu treffen wenn sich die steuerliche Auswirkung dieses ruumlckwirkenden Ereignisses aufgrund der erstmaligen oder abweichenden Beruumlcksichtigung normal zu verzinsender Besteuerungsgrundlagen rechnerisch veraumlndert

Dies gilt im Verhaumlltnis zwischen Gewerbesteuermessbescheid und Gewerbesteuerbescheid sowie in den Faumlllen des sect 35b GewStG entsprechend

196

AEAO zu sect 234 - Stundungszinsen

1 Stundungszinsen werden fuumlr die Dauer der gewaumlhrten Stundung erhoben Die Houmlhe der Zinsen aumlndert sich nicht wenn der Steuerpflichtige vor oder nach dem Zahlungstermin zahlt der in der Stundungsverfuumlgung festgelegt ist (Sollverzinsung)

Eine vorzeitige Tilgung fuumlhrt nicht automatisch zu einer Ermaumlszligigung der Stundungszinsen Soweit der gestundete Anspruch allerdings mehr als einen Monat vor Faumllligkeit getilgt wird kann auf bereits festgesetzte Stundungszinsen fuumlr den Zeitraum ab Eingang der Leistung auf Antrag verzichtet werden (sect 234 Abs 2 AO) Eine verspaumltete Zahlung loumlst zusaumltzlich Saumlumniszuschlaumlge aus

2 Wird die gestundete Steuerforderung vor Ablauf des Stundungszeitraums herabgesetzt ist der Zinsbescheid nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO entsprechend zu aumlndern Eine Aufhebung Aumlnderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Ablauf der Stundung hat keine Auswirkungen auf die Stundungszinsen (sect 234 Abs 1 Satz 2 AO) Werden Vorauszahlungen gestundet sind Stundungszinsen nur im Hinblick auf eine Aumlnderung der Vorauszahlungsfestsetzung nicht aber im Hinblick auf die Festsetzung der Jahressteuer herabzusetzen

3 Die Stundungszinsen werden regelmaumlszligig zusammen mit der Stundungsverfuumlgung durch Zinsbescheid festgesetzt Die Formvorschriften fuumlr Steuerbescheide (sect 157 Abs 1 ggf sect 87a Abs 4 AO) gelten entsprechend

Sofern nicht besondere Umstaumlnde des Einzelfalls eine andere Regelung erfordern sind die Stundungszinsen zusammen mit der letzten Rate zu erheben Bei einer Aufhebung der Stundungsverfuumlgung (Ruumlcknahme oder Widerruf) sind auch die auf ihr beruhenden Zinsbescheide aufzuheben oder zu aumlndern sectsect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 171 Abs 10 AO gelten gem sect 239 Abs 1 Satz 1 AO entsprechend

Beispiel

Das Finanzamt hat am 1032004 eine am 2522004 faumlllige Einkommensteuerforderung von 3600 euro ab Faumllligkeit gestundet Der Betrag ist in 12 gleichen Monatsraten von 300 euro beginnend am 142004 zu zahlen Die Zinsen von 117 euro sind zusammen mit der letzten Rate am 132005 zu erheben

Das Finanzamt erfaumlhrt im August 2004 dass eine wesentliche Verbesserung der Vermoumlgensverhaumlltnisse des Schuldners eingetreten ist Es widerruft deshalb die Stundung nach sect 131 Abs 2 Nr 3 AO und stellt den gesamten Restbetrag von 2100 euro zum 192004 faumlllig

Der Zinsbescheid ist nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO zu aumlndern Die Zinsen iHv insgesamt 85 euro (gerundet nach sect 239 Abs 2 Satz 1 AO) sind zum 192004 zu erheben

4 Der Zinslauf beginnt bei den Stundungszinsen an dem ersten Tag fuumlr den die Stundung wirksam wird (sect 238 Abs 1 Satz 2 iVm sect 234 Abs 1 Satz 1 AO) Bei einer Stundung ab Faumllligkeit beginnt der Zinslauf am Tag nach Ablauf der ggf nach sect 108 Abs 3 AO verlaumlngerten Zahlungsfrist

Beispiele

1 Faumllligkeitstag ist der 1232004 (Freitag) Der Zinslauf beginnt am 1332004 (Sonnabend)

2 Faumllligkeitstag ist der 1332004 (Sonnabend) Die Zahlungsfrist endet nach sect 108 Abs 3 AO erst am 1532004 (Montag) Der Zinslauf beginnt am 1632004 (Dienstag)

Wegen der Faumllligkeit der Anmeldungssteuern vgl AEAO zu sect 240 Nr 1 Satz 2

5 Der Zinslauf endet mit Ablauf des letzten Tages fuumlr den die Stundung ausgesprochen worden ist Ist dieser Tag ein Sonnabend ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag endet der Zinslauf erst am naumlchstfolgenden Werktag Wegen der Berechnung vgl AEAO zu sect 238 Nr 1

Beispiele

1 Die Steuer ist bis zum 2632004 (Freitag) gestundet Der Zinslauf endet am 2632004

2 Die Steuer ist bis zum 2732004 (Sonnabend) gestundet Der Zinslauf endet nach sect 108 Abs 3 AO am 2932004 (Montag)

In Insolvenzverfahren endet der Zinslauf spaumltestens mit Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens da zu diesem Zeitpunkt die gestundete Steuerforderung faumlllig wird (sect 41 Abs 1 InsO) Eine bereits erfolgte Festsetzung von Stundungszinsen ist ggf zu korrigieren

6 Stundungszinsen sind nur fuumlr volle Monate zu zahlen angefangene Monate bleiben auszliger Ansatz (sect 238 Abs 1 Satz 2 AO) vgl AEAO zu sect 238 Nr 1

Beispiele

Ende der urspruumlnglichen

Beginn des

Zinslaufs

Ablauf der Stundung nach Stundungsverfuuml

Ende des Zinslaufs

Voller Monat

197

Zahlungsfrist gung

13052004 (Do) 14052004 (Fr) 13062004 (So) 14062004 (Mo) ja 13052004 (Do) 14052004 (Fr) 11062004 (Fr) 11062004 (Fr) nein 31012005 (Mo) 01022005 (Di) 28022005 (Mo) 28022005 (Mo) ja

7 Zu verzinsen ist der jeweils gestundete Anspruch aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (sect 37 AO) mit Ausnahme der Anspruumlche auf steuerliche Nebenleistungen (sect 233 Satz 2 AO) Die Zinsen sind fuumlr jeden Anspruch (Einzelforderung) besonders zu berechnen Bei der Zinsberechnung sind die Anspruumlche zu trennen wenn Steuerart Zeitraum (Teilzeitraum) oder der Tag des Beginns des Zinslaufs voneinander abweichen

Beispiele fuumlr gesondert zu verzinsende Anspruumlche

1 Einkommensteuervorauszahlungen I04 und II04

2 die erstmalige Festsetzung der Einkommensteuer 2004 durch Bescheid vom 352006 fuumlhrt zu einer Abschlusszahlung iHv 4290 euro nach Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit (sect 129 AO) durch Steuerbescheid vom 162006 fordert das Finanzamt weitere 850 euro

8 Die Kleinbetragsregelung des sect 239 Abs 2 Satz 2 AO (Zinsen unter zehn Euro werden nicht festgesetzt) ist auf die fuumlr eine Einzelforderung berechneten Zinsen anzuwenden

Beispiel

Es werden ab Faumllligkeit jeweils fuumlr einen Monat folgende Einzelforderungen gestundet

Zinsen Abgerundet (sect 239 Abs 2 Satz 1 AO)

Einkommensteuervorauszahlung 195000 euro Solidaritaumltszuschlag 20000 euro Umsatzsteuerabschlusszahlung 60000 euro

975 euro 100 euro 300 euro

900 euro 100 euro 300 euro

Zinsen werden nicht festgesetzt da sie fuumlr keine der Einzelforderungen zehn Euro erreichen

9 Bei Gewaumlhrung von Ratenzahlungen sind Stundungszinsen nach sect 238 Abs 2 AO wie folgt zu berechnen

Der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart ist auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro zu teilenden Betrag abzurunden Ein sich durch die Abrundung ergebender Spitzenbetrag (Abrundungsrest) ist fuumlr Zwecke der Zinsberechnung bei der letzten Rate abzuziehen Bei houmlheren Betraumlgen soll die Stundung idR so ausgesprochen werden dass die Raten mit Ausnahme der letzten Rate auf durch fuumlnfzig Euro ohne Rest teilbare Betraumlge festgesetzt werden

Beispiel

1 Variante

Ein Anspruch iHv 4215 euro wird in drei Monatsraten zu 1400 euro 1400 euro und 1415 euro gestundet

Raten Zinsen 1 Rate 2 Rate 3 Rate

1400 euro 1400 euro

1415 euro

700 euro 1400 euro 2100 euro

festzusetzende Zinsen 4200 euro Die Zinsberechnung erfolgt von 1415 euro 15 euro = 1400 euro

2 Variante Ein Anspruch iHv 4215 euro wird in drei gleichen Monatsraten zu jeweils 1405 euro gestundet

Raten Zinsen 1 Rate 1405 euro 2 Rate 1405 euro 3 Rate 1405 euro

702 euro 1405 euro 2085 euro

Summe 4192 euro festzusetzende Zinsen (abgerundet nach sect 239 Abs 2 S 1 AO) 4100 euro Die Zinsberechnung erfolgt von 1405 euro 15 euro = 1390 euro

10 Sollen mehrere Anspruumlche in Raten gestundet werden so ist bei der Festlegung der Raten moumlglichst zunaumlchst die Tilgung der Anspruumlche anzuordnen fuumlr die keine Stundungszinsen erhoben werden Sodann sind die Forderungen in der Reihenfolge ihrer Faumllligkeit zu ordnen bei gleichzeitig faumlllig

198

gewordenen Forderungen soll die niedrigere Forderung zuerst getilgt werden Dies gilt nicht wenn die Sicherung der Anspruumlche eine andere Tilgungsreihenfolge erfordert

Beispiel

Das Finanzamt stundet die Einkommensteuervorauszahlung IV04 iHv 850 euro (erstmals faumlllig am 10122004) die Einkommensteuervorauszahlung I05 iHv 300 euro (erstmals faumlllig am 1032005) die Einkommensteuer-Abschlusszahlung fuumlr 2003 iHv 11150 euro (erstmals faumlllig 2052005) die Umsatzsteuer-Abschlusszahlung fuumlr 2003 iHv 7800 euro (erstmals faumlllig am 2052005) sowie Verspaumltungszuschlaumlge iHv 650 euro (erstmals faumlllig am 1062005) in insgesamt drei Raten

Gestundeter Anspruch

erstmals faumlllig am

Betrag in euro

1 Rate in euro

(147 2005)

Rest in euro

2 Rate in euro

(148 2005)

Rest in euro

3 Rate in euro

(149 2005)

Rest in euro

ESt IV04 ESt I05 ESt 2003 USt 2003 Verspaumltungsshyzuschlag

10122004 10032005 18052005 18052005

10062005

850 300

11150 7800

650

850 300

0 800

650

0 0

11150 7000

0

--0

3000

-

--

11150 4000

-

--

111504000

-

--0 0

-Summen 20750 2600 18150 3000 15150 15150 0

199

Zinsberechnung

gestundeter Anspruch

Faumlllig am Zahlungsshy

termin Betrag

in euro Zins-

monate

Zinsen in euro

Festzusetz ende

Zinsen in euro ESt IV04 10122004 14072005 850 7 35 2975 29001)

ESt I05 10032005 14072005 300 4 20 600 0002)

ESt 2003 18052005 14092005 11150 3 15 16725 167001)

USt 2003 USt 2003 ESt 2003

18052005 18052005 18052005

14072005 14082005 14092005

850 3000 4000

1 2 3

05 10 15

400 3000 6000

940

Verspaumltungsshyzuschlag 10062005 14072005 650 - - - - 3)

1) = 2975 euro werden auf 2900 euro und 16725 euro werden auf 167 euro zugunsten des Steuerpflichtigen gerundet (sect 239 Abs 2 Satz 1 AO)

2) = Kleinbetrag unter 10 euro (sect 239 Abs 2 Satz 2 AO) 3) = Anspruumlche auf steuerliche Nebenleistungen werden nicht verzinst (sect 233 Satz 2 AO)

11 Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann gem sect 234 Abs 2 AO im Einzelfall aus Billigkeitsgruumlnden verzichtet werden Ein solcher Verzicht kann zB in Betracht kommen bei Katastrophenfaumlllen bei laumlnger dauernder Arbeitslosigkeit des Steuerschuldners bei Liquiditaumltsschwierigkeiten allein infolge nachweislicher Forderungsausfaumllle im Konkurs-Insolvenzverfahren und in aumlhnlichen Faumlllen im Rahmen einer Sanierung sofern allgemein ein Zinsmoratorium gewaumlhrt wird sowie im Hinblick auf belegbare demnaumlchst faumlllig werdende Anspruumlche des Steuerschuldners aus einem Steuerschuldverhaumlltnis soweit hierfuumlr innerhalb des Stundungszeitraums keine Erstattungszinsen gem sect 233a AO anfallen Auch wird eine Stundung idR dann zinslos bewilligt werden koumlnnen wenn sie einem Steuerpflichtigen gewaumlhrt wird der bisher seinen steuerlichen Pflichten insbesondere seinen Zahlungspflichten puumlnktlich nachgekommen ist und der in der Vergangenheit nicht wiederholt Stundungen in Anspruch genommen hat in diesen Faumlllen kommt ein Verzicht auf Stundungszinsen idR nur in Betracht wenn fuumlr einen Zeitraum von nicht mehr als drei Monaten gestundet wird und der insgesamt zu stundende Betrag 5000 euro nicht uumlbersteigt Zum Rechtsbehelfsverfahren gegen die Entscheidung uumlber eine Billigkeitsmaszlignahme vgl AEAO zu sect 347 Nr 4

12 Wird ein Anspruch auf Ruumlckforderung von Arbeitnehmer-Sparzulage Eigenheimzulage Investitionszulage Wohnungsbau-Praumlmie oder Bergmanns-Praumlmie gestundet so sind - da die Vorschriften uumlber die Steuerverguumltung entsprechend gelten - Stundungszinsen zu erheben (sect 234 iVm sect 37 Abs 1 AO)

AEAO zu sect 235 - Verzinsung von hinterzogenen Steuern

Inhaltsuumlbersicht

1 Zweck und Voraussetzungen der Verzinsung

2 Gegenstand der Verzinsung

3 Zinsschuldner

4 Zinslauf

41 Beginn des Zinslaufs

42 Ende des Zinslaufs

5 Houmlhe der Hinterziehungszinsen

6 Verfahren

7 Verjaumlhrung

1 Zweck und Voraussetzungen der Verzinsung

11 Hinterzogene Steuern sind nach sect 235 AO zu verzinsen um dem Nutznieszliger einer Steuerhinterziehung den steuerlichen Vorteil der verspaumlteten Zahlung oder der Gewaumlhrung oder Belassung von Steuervorteilen zu nehmen (BFH-Urteile vom 1941989 X R 386 BStBl II S 596 und vom 2791991 VI R 15989 BStBl 1992 II S 163)

12 Die Zinspflicht tritt nur ein wenn der objektive und subjektive Tatbestand des sect 370 Abs 1 oder sect 370a AO erfuumlllt und die Tat iSd sect 370 Abs 4 AO vollendet ist Entsprechendes gilt wenn der Tatbestand der sectsect 263 264 StGB erfuumlllt ist soweit sich die Tat auf Praumlmien und Zulagen bezieht fuumlr die die fuumlr Steuerverguumltungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden sind Der Versuch einer Steuerhinterziehung (sect 370 Abs 2 sect 370a AO iVm sect 23 StGB) reicht zur Begruumlndung einer Zinspflicht

200

ebenso wenig aus wie die leichtfertige Steuerverkuumlrzung (sect 378 AO) oder die uumlbrigen Steuerordnungswidrigkeiten (sectsect 379 ff AO)

Kommen Steuerpflichtige ihren Erklaumlrungspflichten nicht oder nicht fristgerecht nach kommt Steuerhinterziehung und damit die Festsetzung von Hinterziehungszinsen nur insoweit in Betracht als nachgewiesen werden kann dass durch das pflichtwidrige Verhalten die Steuern zu niedrig oder verspaumltet festgesetzt worden sind Steuern die aufgrund geschaumltzter Besteuerungsgrundlagen (sect 162 AO) festgesetzt wurden koumlnnen nicht ohne weiteres als verkuumlrzt angesehen werden (BFH-Urteil vom 1481991 X R 8688 BStBl 1992 II S 128)

13 Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen setzt keine strafrechtliche Verurteilung wegen Steuerhinterziehung voraus (BFH-Urteil vom 2781991 VIII R 8489 BStBl 1992 II S 9) Die Zinspflicht ist unabhaumlngig von einem Steuerstrafverfahren im Rahmen des Besteuerungsverfahrens zu pruumlfen

Hinterziehungszinsen sind demnach auch festzusetzen wenn

- wirksam Selbstanzeige nach sect 371 AO erstattet worden ist (zB durch Nachmeldung hinterzogener Umsatzsteuer in der Umsatzsteuer-Jahreserklaumlrung)

- der Strafverfolgung Verfahrenshindernisse entgegenstehen (zB Tod des Taumlters oder Strafverfolgungsverjaumlhrung)

- das Strafverfahren wegen Geringfuumlgigkeit eingestellt worden ist (zB nach sectsect 153 153a StPO sect 398 AO) oder

- in anderen Faumlllen die Strafverfolgung beschraumlnkt oder von der Strafverfolgung abgesehen wird (zB nach sectsect 154 154a StPO)

An Entscheidungen im strafgerichtlichen Verfahren ist die Finanzbehoumlrde nicht gebunden (BFH-Urteil vom 10101972 VII R 11769 BStBl 1973 II S 68) Im Allgemeinen kann sich das Finanzamt die tatsaumlchlichen Feststellungen Beweiswuumlrdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafverfahrens zueigen machen wenn und soweit es zu der Uumlberzeugung gelangt ist dass diese zutreffend sind und keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen im Strafurteil erhoben werden (vgl BFH-Urteil vom 1371994 I R 11293 BStBl 1995 II S 198)

2 Gegenstand der Verzinsung

21 Hinterziehungszinsen sind festzusetzen fuumlr

- verkuumlrzte Steuern darunter fallen auch keine oder zu geringe Steuervorauszahlungen und der Solidaritaumltszuschlag Landesgesetzlich geregelte Steuern sind nur zu verzinsen wenn dies im Gesetz angeordnet ist

- ungerechtfertigt erlangte Steuervorteile (zB zu Unrecht erlangte Steuerverguumltungen)

- zu Unrecht erlangte Steuerverguumlnstigungen (zB Steuerbefreiungen und Steuerermaumlszligigungen)

- ungerechtfertigt erlangte Praumlmien und Zulagen auf die die Vorschriften der AO uumlber Steuerverguumltungen entsprechend anzuwenden sind (zB Investitionszulagen Eigenheimzulagen Wohnungsbaupraumlmien Arbeitnehmer-Sparzulagen und Zulagen nach sect 83 EStG)

22 Bei Steuern mit progressivem Tarif oder Stufentarif ist zur Berechnung des zu verzinsenden Teilbetrages die Steuer lt urspruumlnglicher Festsetzung mit der Steuer zu vergleichen die sich bei Einbeziehung der vorsaumltzlich verschwiegenen Besteuerungsmerkmale ergeben wuumlrde Sonstige Abweichungen von den Erklaumlrungen des Steuerpflichtigen bleiben auszliger Ansatz

23 Hinterziehungszinsen sind fuumlr jeden Besteuerungszeitraum (Veranlagungszeitraum Voranmeldungszeitraum) oder Besteuerungszeitpunkt gesondert zu berechnen Einzelne aufeinanderfolgende Steuerhinterziehungen sind nicht als eine Tat zu wuumlrdigen sondern als selbstaumlndige Taten zu behandeln Das gilt auch wenn das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen nach sect 162 AO geschaumltzt hat

24 Wenn die Steuerhinterziehung zu keiner Nachforderung fuumlhrt erfolgt keine Zinsfestsetzung Soweit infolge Kompensation der mit der Steuerhinterziehung zusammenhaumlngenden Besteuerungsgrundlagen mit anderen steuermindernden Besteuerungsgrundlagen (zB nach sect 177 AO) kein Zahlungsanspruch entstanden ist unterbleibt daher eine Zinsfestsetzung Das strafrechtliche Kompensationsverbot des sect 370 Abs 4 Satz 3 AO gilt nicht bei der Verzinsung nach sect 235 AO

3 Zinsschuldner

31 Nach sect 235 Abs 1 Satz 2 AO ist derjenige Zinsschuldner zu dessen Vorteil die Steuern hinterzogen worden sind Durch die Vorschrift soll ausschlieszliglich der steuerliche Vorteil des Steuerschuldners abgeschoumlpft werden Der steuerliche Vorteil liegt darin dass die geschuldete Steuer erst verspaumltet gezahlt wird Allein der Steuerschuldner kann daher Zinsschuldner fuumlr hinterzogene Steuern iSd sect 235 Abs 1 Saumltze 1 und 2 AO sein und zwar unabhaumlngig davon ob er an der Steuerhinterziehung beteiligt

201

war (vgl BFH-Urteile vom 2761991 V R 986 BStBl II S 822 vom 1871991 V R 7287 BStBl II S 781 und vom 2791991 VI R 15989 BStBl 1992 II S 163)

Sind Steuerschuldner Gesamtschuldner (sect 44 AO) ist jeder Gesamtschuldner auch Zinsschuldner Dies gilt auch dann wenn bei zusammenveranlagten EhegattenLebenspartnern der Tatbestand der Steuerhinterziehung nur in der Person eines der EhegattenLebenspartner erfuumlllt ist Da in diesem Fall beide EhegattenLebenspartner Schuldner der Hinterziehungszinsen sind kann nach sect 239 Abs 1 Satz 1 iVm sect 155 Abs 3 AO ein zusammengefasster Zinsbescheid an die EhegattenLebenspartner ergehen (vgl BFH-Urteil vom 13101994 IV R 10093 BStBl 1995 II S 484)

32 sect 235 Abs 1 Satz 3 AO regelt in Ergaumlnzung des sect 235 Abs 1 Satz 2 AO nur die Faumllle in denen der Steuerschuldner nicht Zinsschuldner ist weil die Steuern nicht zu seinem Vorteil hinterzogen worden sind In diesen Faumlllen ist der Entrichtungspflichtige Zinsschuldner Hinsichtlich hinterzogener Steuerabzugsbetraumlge ist daher nicht der Steuerschuldner sondern der Entrichtungspflichtige Zinsschuldner wenn dieser die Steuer zwar einbehalten aber nicht an das Finanzamt abgefuumlhrt hat Dagegen ist der Steuerschuldner nach sect 235 Abs 1 Satz 2 AO Zinsschuldner wenn der Entrichtungspflichtige die hinterzogene Abzugsteuer (zum Vorteil des Steuerschuldners) nicht einbehalten hat (BFH-Urteile vom 5111993 VI R 1693 BStBl 1994 II S 557 und vom 1621996 I R 7395 BStBl II S 592)

33 Die in sectsect 34 35 AO bezeichneten Vertreter Vermoumlgensverwalter und Verfuumlgungsberechtigten sind nicht Entrichtungspflichtige und nicht Schuldner der Hinterziehungszinsen (vgl BFH-Urteile vom 1871991 V R 7287 und vom 2791991 VI R 15989 aaO) Dieser Personenkreis kann aber sowohl fuumlr hinterzogene Steuern als auch fuumlr Hinterziehungszinsen haften

4 Zinslauf

41 Beginn des Zinslaufs

411 Der Zinslauf beginnt mit dem Eintritt der Verkuumlrzung oder der Erlangung des Steuervorteils (sect 235 Abs 2 Satz 1 AO) dh sobald die Tat im strafrechtlichen Sinn vollendet ist Waumlren die hinterzogenen Betraumlge ohne die Steuerhinterziehung erst spaumlter faumlllig geworden zB bei einer Abschlusszahlung beginnt die Verzinsung erst mit Ablauf des Faumllligkeitstages (sect 235 Abs 2 Satz 2 AO)

412 Bei Faumllligkeitssteuern (zB Umsatzsteuer-Vorauszahlungen Lohnsteuer) tritt die Verkuumlrzung im Zeitpunkt der gesetzlichen Faumllligkeit ein Dies gilt auch dann wenn keine (Vor-)Anmeldung abgegeben wurde Bei Abgabe einer unrichtigen zustimmungsbeduumlrftigen Steueranmeldung tritt die Verkuumlrzung erst dann ein wenn die Zustimmung nach sect 168 Satz 2 AO dem Steuerpflichtigen bekannt geworden ist (zB Auszahlung oder Umbuchung des Guthabens oder Erklaumlrung der Aufrechnung vgl AEAO zu sect 168 Nr 3)

Laumlsst sich nicht ohne weiteres feststellen welchem Voranmeldungszeitraum hinterzogene Betraumlge zeitlich zuzuordnen sind ist zugunsten des Zinsschuldners von einem Beginn des Zinslaufs mit dem letzten gesetzlichen Faumllligkeitszeitpunkt fuumlr das betroffene Jahr auszugehen (bei Unternehmern ohne Dauerfristverlaumlngerung ist dies der 101 des jeweiligen Folgejahres)

413 Bei Veranlagungssteuern tritt die Verkuumlrzung im Fall der Abgabe einer unrichtigen oder unvollstaumlndigen Steuererklaumlrung mit dem Tag der Bekanntgabe des auf dieser Erklaumlrung beruhenden Steuerbescheids (sectsect 122 124 AO) ein der Beginn des Zinslaufs verschiebt sich dabei idR auf den Ablauf des Faumllligkeitstages (vgl AEAO zu sect 235 Nr 411 Satz 2)

Hat der Steuerpflichtige keine Steuererklaumlrung abgegeben und ist aus diesem Grunde die Steuerfestsetzung unterblieben so ist die Steuer zu dem Zeitpunkt verkuumlrzt zu dem die Veranlagungsarbeiten fuumlr das betreffende Kalenderjahr im Wesentlichen abgeschlossen waren Dieser Zeitpunkt ist zugleich Zinslaufbeginn Hat das Finanzamt die Steuer aber wegen Nichtabgabe der Steuererklaumlrung aufgrund geschaumltzter Besteuerungsgrundlagen (sect 162 AO) festgesetzt tritt die Verkuumlrzung mit Bekanntgabe dieses Steuerbescheids bzw der Faumllligkeit der sich hieraus ergebenden Abschlusszahlung ein

42 Ende des Zinslaufs

421 Der Zinslauf endet mit der Zahlung der hinterzogenen Steuer (sect 235 Abs 3 Satz 1 AO) Erlischt der zu verzinsende Anspruch durch Aufrechnung gilt der Tag an dem die Schuld des Aufrechnenden faumlllig wird als Tag der Zahlung (sect 238 Abs 1 Satz 3 AO)

422 Hinterziehungszinsen werden nicht fuumlr Zeiten festgesetzt fuumlr die ein Saumlumniszuschlag entsteht die Zahlung gestundet oder die Vollziehung ausgesetzt ist (sect 235 Abs 3 Satz 2 AO) ohne dass es dabei auf die tatsaumlchliche Erhebung von Saumlumniszuschlaumlgen oder die Zahlung von Stundungs- undoder Aussetzungszinsen ankommt Der Zinslauf endet daher spaumltestens mit Ablauf des Faumllligkeitstages

423 Wird der Steuerbescheid nach Ende des Zinslaufs aufgehoben geaumlndert oder nach sect 129 AO berichtigt so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unberuumlhrt (sect 235 Abs 3 Satz 3 AO)

5 Houmlhe der Hinterziehungszinsen

202

51 Die Hinterziehungszinsen betragen fuumlr jeden vollen Monat des Zinslaufs 05 (sect 238 Abs 1 Saumltze 1 und 2 AO) Fuumlr die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag auf den naumlchsten durch 50 euro teilbaren Betrag abgerundet (sect 238 Abs 2 AO) Abzurunden ist jeweils der Gesamtbetrag einer Steuerart soweit der Besteuerungszeitraum und Beginn des Zinslaufs uumlbereinstimmen (vgl AEAO zu sect 238 Nr 2)

Im Falle von Teilzahlungen wird nur der Gesamtbetrag gerundet Eine sich daraus ergebende Abrundungsspitze wird fuumlr Zwecke der Verzinsung bei der letzten Teilzahlung abgezogen

52 Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung im Hinterziehungsfall sind Zinsen nach sect 233a AO die fuumlr denselben Zeitraum festgesetzt wurden anzurechnen (sect 235 Abs 4 AO) Ein Investitionszulage-Ruumlckforderungsanspruch ist zugleich nach sect 12 InvZulG 2010 zu verzinsen sect 235 Abs 4 AO gilt in diesem Fall aus sachlichen Billigkeitsgruumlnden entsprechend

6 Verfahren

61 Sind Steuern zum Vorteil der Gesellschafter einer Personengesellschaft hinterzogen worden so hat das Betriebsfinanzamt in einem Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung daruumlber zu entscheiden ob und in welchem Umfang der von den Gesellschaftern erlangte Vorteil iSd sect 235 Abs 1 AO auf einer Hinterziehung beruht (BFH-Urteil vom 1941989 X R 386 BStBl II S 596)

62 Die Zinsen fuumlr hinterzogene Realsteuern (insbes Gewerbesteuer) sind von der hebeberechtigten Gemeinde zu berechnen festzusetzen und zu erheben Die Berechnungsgrundlagen werden vom Finanzamt in entsprechender Anwendung des sect 184 Abs 1 AO festgestellt Dieser Messbescheid ist Grundlagenbescheid fuumlr den von der Gemeinde zu erlassenden Zinsbescheid

Die Geltendmachung der Haftung fuumlr Hinterziehungszinsen zur Gewerbesteuer durch Haftungsbescheid setzt nicht voraus dass zuvor gegenuumlber dem Zinsschuldner oder dem Haftungsschuldner Tatbestand und Umfang der Steuerhinterziehung gesondert festgestellt worden sind (Beschluss des BVerwG vom 1691997 8 B 14397 BStBl II S 782)

7 Verjaumlhrung

Die Festsetzungsfrist fuumlr Hinterziehungszinsen betraumlgt ein Jahr (sect 239 Abs 1 Satz 1 AO) Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres in dem die Festsetzung der hinterzogenen Steuern unanfechtbar geworden ist jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahres in dem ein eingeleitetes Strafverfahren rechtskraumlftig abgeschlossen worden ist (sect 239 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AO)

Ein Strafverfahren hat nur dann Einfluss auf die fuumlr die Hinterziehungszinsen geltende Festsetzungsfrist wenn es bis zum Ablauf des Jahres eingeleitet wird in dem die hinterzogenen Steuern unanfechtbar festgesetzt wurden (BFH-Urteil vom 2482001 VI R 4294 BStBl II S 782)

AEAO zu sect 236 - Prozesszinsen auf Erstattungsbetraumlge

1 Voraussetzung fuumlr die Zahlung von Erstattungszinsen an den Steuerpflichtigen ist dass eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuerverguumltung gewaumlhrt - oder erhoumlht - wird Die Steuerherabsetzung oder die Gewaumlhrung (Erhoumlhung) der Steuerverguumltung muss erfolgt sein

a) durch eine rechtskraumlftige gerichtliche Entscheidung

b) aufgrund einer rechtskraumlftigen gerichtlichen Entscheidung zB in den Faumlllen in denen das Gericht nach sect 100 Abs 1 Satz 1 Abs 2 Saumltze 2 und 3 oder Abs 3 FGO den angefochtenen Verwaltungsakt aufhebt und das Finanzamt die Steuer niedriger festsetzt oder eine (houmlhere) Steuerverguumltung gewaumlhrt

c) durch Aufhebung oder Aumlnderung des angefochtenen Verwaltungsakts sowie durch Erlass des beantragten Verwaltungsakts wenn sich der Rechtsstreit bei Gericht dadurch rechtskraumlftig erledigt

d) durch einen sog Folgebescheid nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO oder sect 35b GewStG in den Faumlllen in denen sich der Rechtsstreit bei Gericht gegen den Grundlagenbescheid (zB Feststellungsbescheid Steuermessbescheid) durch oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung (Buchstaben a und b) bzw durch einen Verwaltungsakt (Buchstabe c) rechtskraumlftig erledigt der Steuerpflichtige dem gegenuumlber der Folgebescheid ergangen ist muss nicht Klaumlger im Verfahren gegen den Grundlagenbescheid gewesen sein (BFH-Urteil vom 1712007 X R 1906 BStBl II S 506)

Ohne Bedeutung ist aus welchen Gruumlnden die Steuerherabsetzung oder die Gewaumlhrung (Erhoumlhung) der Steuerverguumltung erfolgt ist Das abgeschlossene gerichtliche Verfahren muss aber hierfuumlr ursaumlchlich gewesen sein (BFH-Urteil vom 15102003 X R 4801 BStBl 2004 II S 169)

Wird ein aumlndernder oder ersetzender Verwaltungsakt nach sect 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens ist fuumlr die Verzinsung das Ergebnis des gegen den neuen Verwaltungsakt fortgefuumlhrten Klageverfahrens maszliggebend Dies gilt auch wenn ein angefochtener Vorauszahlungsbescheid durch die Jahressteuerfestsetzung ersetzt wird (vgl AEAO zu sect 365 Nr 2) Durch die Uumlberleitung auf den neuen

203

Verfahrensgegenstand tritt noch keine Rechtsstreiterledigung iSd sect 236 Abs 1 Satz 1 AO ein (BFH-Urteil vom 1471993 I R 3393 BFHNV 1994 S 438)

2 Zu verzinsen ist nur der zuviel entrichtete Steuerbetrag oder die zuwenig gewaumlhrte Steuerverguumltung Sofern also der Rechtsbehelf zwar zu einer Herabsetzung der Steuer oder zu einer Gewaumlhrung (Erhoumlhung) der Steuerverguumltung fuumlhrt nicht aber oder nicht in gleichem Umfang zu einer Steuererstattung oder Auszahlung einer Steuerverguumltung kommt insoweit eine Verzinsung nicht in Betracht

3 Der zu verzinsende Betrag ist auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren Betrag abzurunden Hat der Steuerpflichtige die zu erstattende Steuerschuld in Raten entrichtet wird die Abrundung nur einmal bei der Rate mit der kuumlrzesten Laufzeit vorgenommen

4 Der Anspruch auf Erstattungszinsen entsteht mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung oder der Unanfechtbarkeit des geaumlnderten Verwaltungsakts Ein Gerichtsbescheid (sect 90a FGO) wirkt als Urteil Er gilt aber als nicht ergangen wenn gegen ihn die Revision nicht zugelassen wurde und rechtzeitig muumlndliche Verhandlung beantragt worden ist

5 Erstattungszinsen sind fuumlr die Zeit vom Tag der Rechtshaumlngigkeit fruumlhestens jedoch vom Tag der Zahlung des Steuerbetrages an bis zum Tag der Auszahlung des zu verzinsenden Steuer- oder Steuerverguumltungsbetrages zu berechnen und zu zahlen Rechtshaumlngig ist die Streitsache erst mit dem Tag an dem die Klage bei Gericht erhoben wird (sect 66 Abs 1 iVm mit sect 64 Abs 1 FGO) Wird die Klage zur Fristwahrung beim Finanzamt angebracht (sect 47 Abs 2 FGO) ist die Streitsache mit dem Tag der Anbringung zwar anhaumlngig nicht aber rechtshaumlngig Auch in diesem Fall wird die Streitsache erst mit dem Eingang der Klage beim Gericht rechtshaumlngig Das Gleiche gilt bei einer Sprungklage (sect 45 FGO) Stimmt die Behoumlrde der Sprungklage nicht zu oder gibt das Gericht die Klage an die Behoumlrde ab ist die Sprungklage als auszligergerichtlicher Rechtsbehelf zu behandeln die Rechtshaumlngigkeit entfaumlllt somit ruumlckwirkend Wird ein aumlndernder oder ersetzender Verwaltungsakt nach sect 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens beruumlhrt dies nicht den Tag der Rechtshaumlngigkeit der Streitsache

6 Erstattungszinsen sind von Amts wegen zu zahlen Es ist nicht erforderlich dass der Steuerpflichtige einen Antrag stellt

7 Die Zahlung von Erstattungszinsen entfaumlllt soweit durch Entscheidung des Gerichts einem Steuerpflichtigen die Kosten des Verfahrens nach sect 137 Satz 1 FGO auferlegt worden sind weil die Herabsetzung der Steuer oder die Gewaumlhrung (Erhoumlhung) der Steuerverguumltung auf Tatsachen beruhte die dieser fruumlher haumltte geltend machen oder beweisen koumlnnen und muumlssen (sect 236 Abs 3 AO)

8 Bei den Realsteuern obliegt die Festsetzung und Zahlung von Erstattungszinsen den Gemeinden Diesen sind deshalb - soweit erforderlich - die zur Berechnung und Festsetzung der Zinsen notwendigen Daten mitzuteilen

AEAO zu sect 237 - Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung

1 Die Zinsregelung gilt sowohl fuumlr das auszligergerichtliche als auch fuumlr das gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren

2 Voraussetzung fuumlr die Erhebung von Aussetzungszinsen beim Steuerpflichtigen ist dass die Vollziehung eines Steuerbescheids eines Bescheids uumlber die Ruumlckforderung einer Steuerverguumltung oder - nach Aussetzung eines Einkommensteuer- Koumlrperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheids - eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt worden ist Die Verzinsung tritt auch dann ein wenn nach Anfechtung eines Grundlagenbescheids die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wird Auch wenn ein Grundlagenbescheid nicht auf den Vorschriften der sectsect 179 ff AO beruht oder wenn die Anfechtung des Grundlagenbescheids die Vollziehungsaussetzung eines anderen Grundlagenbescheids und der hierauf beruhenden Folgebescheide gem sect 361 Abs 3 Satz 1 AO oder sect 69 Abs 2 Satz 4 FGO ausloumlst tritt die Verzinsung ein

3 Bei teilweiser Aussetzung der Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts bezieht sich die Zinspflicht nur auf den ausgesetzten Steuerbetrag

4 Aussetzungszinsen sind zu erheben soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage endguumlltig erfolglos geblieben ist Ohne Bedeutung ist aus welchen Gruumlnden der Rechtsbehelf im Ergebnis erfolglos war (BFH-Urteil vom 27111991 X R 10389 BStBl 1992 II S 319) Aussetzungszinsen sind demnach zu erheben

a) wenn der Steuerpflichtige aufgrund einer bestandskraumlftigen Einspruchsentscheidung oder aufgrund eines rechtskraumlftigen gerichtlichen Urteils ganz oder teilweise unterlegen ist

b) wenn das Einspruchsverfahren oder gerichtliche Verfahren nach der Ruumlcknahme des Einspruchs der Klage oder der Revision rechtskraumlftig abgeschlossen wird

c) wenn der angefochtene Verwaltungsakt - ohne dem Rechtsbehelfsantrag voll zu entsprechen - geaumlndert wird und sich der Rechtsstreit endguumlltig erledigt

204

d) soweit der Rechtsbehelf aufgrund einer unanfechtbar gewordenen Teil-Einspruchsentscheidung (sect 367 Abs 2a AO) oder Allgemeinverfuumlgung (sect 367 Abs 2b AO) oder aufgrund eines unanfechtbar gewordenen Teilurteils (sect 98 FGO) endguumlltig keinen Erfolg hatte unabhaumlngigdavon inwieweit das Rechtsbehelfsverfahren im Uumlbrigen wegen weiterer Streitpunkte anhaumlngig bleibt

Wird ein aumlndernder oder ersetzender Verwaltungsakt nach sect 365 Abs 3 AO oder nach sect 68 FGO Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens ist fuumlr die Verzinsung das Ergebnis des gegen den neuen Verwaltungsakt fortgefuumlhrten Einspruchs- bzw Klageverfahrens maszliggebend Dies gilt auch wenn ein angefochtener Vorauszahlungsbescheid durch die Jahressteuerfestsetzung ersetzt wird (vgl AEAO zu sect 365 Nr 2)

Fuumlr die Entscheidung wann der Einspruch oder die Anfechtungsklage endguumlltig ohne Erfolg geblieben ist und somit die einjaumlhrige Frist fuumlr die Festsetzung von Aussetzungszinsen (sect 239 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AO) in Lauf gesetzt wurde ist auch dann auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Einspruchsverfahrens oder des Verfahrens vor dem Finanzgericht oder dem BFH abzustellen wenn sich hieran ein Verfassungsbeschwerdeverfahren anschlieszligt (BFH-Urteil vom 1121987 II R 17684 BStBl II S 320 BFH-Beschluss vom 1462007 VII B 18506 BFHNV S 2055 vgl auch AEAO zu sect 361 Nr 13)

5 Aussetzungszinsen sind nicht zu erheben wenn die Faumllligkeit des streitigen Steueranspruchs zB aufgrund einer Stundung (sect 222 AO) hinausgeschoben war oder Vollstreckungsaufschub (sect 258 AO) gewaumlhrt wurde

6 Aussetzungszinsen sind vom Tag des Eingangs des auszligergerichtlichen Rechtsbehelfs fruumlhestens vom Tag der Faumllligkeit an oder von der Rechtshaumlngigkeit an bis zu dem Tag zu erheben an dem die nach sect 361 AO oder nach sect 69 FGO gewaumlhrte Aussetzung der Vollziehung endet Wird die Aussetzung der Vollziehung erst spaumlter gewaumlhrt werden Zinsen erst vom Tag des Beginns der Vollziehungsaussetzung erhoben

7 Bei den Realsteuern obliegt die Festsetzung und Erhebung der Aussetzungszinsen den Gemeinden Diesen sind deshalb - soweit erforderlich - die fuumlr die Berechnung und Festsetzung der Zinsen notwendigen Daten mitzuteilen

8 Wegen der einjaumlhrigen Frist fuumlr die Festsetzung von Aussetzungszinsen wird auf den AEAO zu sect 237 Nr 4 (letzter Absatz) und auf sect 239 Abs 1 Satz 1 Satz 2 Nr 5 AO verwiesen Soweit der Rechtsbehelf durch eine Teil-Einspruchsentscheidung (sect 367 Abs 2a AO) eine Allgemeinverfuumlgung (sect 367 Abs 2b AO) oder ein Teilurteil (sect 98 FGO) zuruumlckgewiesen wurde (vgl AEAO zu sect 237 Nr 4 erster Absatz Buchstabe d) beginnt die Festsetzungsfrist bereits mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung

AEAO zu sect 238 - Houmlhe und Berechnung der Zinsen

1 Ein voller Zinsmonat (sect 238 Abs 1 Satz 2 AO) ist erreicht wenn der Tag an dem der Zinslauf (ggf unter Beruumlcksichtigung des sect 108 Abs 3 AO) endet hinsichtlich seiner Zahl dem Tag entspricht der dem Tag vorhergeht an dem die Frist begann (BFH-Urteil vom 2471996 X R 11992 BStBl 1997 II S 6)

2 Abzurunden ist jeweils der einzelne zu verzinsende Anspruch Bei der Zinsberechnung sind die Anspruumlche zu trennen wenn Steuerart Zeitraum (Teilzeitraum) oder der Tag des Beginns des Zinslaufs voneinander abweichen Im Falle von Teilzahlungen wird nur der Gesamtbetrag gerundet

AEAO zu sect 239 - Festsetzung der Zinsen

1 Zinsen werden durch Zinsbescheid festgesetzt die Formvorschriften fuumlr Steuerbescheide (sect 157 Abs 1 ggf sect 87a Abs 4 AO) gelten entsprechend Der Mindestinhalt des Zinsbescheids richtet sich nach sect 157 Abs 1 Saumltze 2 und 3 sect 119 Abs 3 AO Der Bescheid kann nach sect 129 AO berichtigt oder nach sectsect 172 ff AO aufgehoben oder geaumlndert werden Als Rechtsbehelf gegen den Zinsbescheid sowie gegen die Ablehnung Erstattungszinsen nach sectsect 233a 236 AO zu zahlen ist der Einspruch gegeben Zum Rechtsbehelfsverfahren gegen die Entscheidung uumlber eine Billigkeitsmaszlignahme vgl AEAO zu sect 347 Nr 4

2 Nach Ablauf der Festsetzungsfrist von einem Jahr koumlnnen Zinsen nicht mehr festgesetzt werden Wegen der Frist fuumlr die Festsetzung von Aussetzungszinsen vgl AEAO zu sect 237 Nr 4 (letzter Absatz) Der Anspruch auf festgesetzte Zinsen erlischt durch Zahlungsverjaumlhrung (sectsect 228 ff AO) ggf aber auch schon fruumlher mit dem Erloumlschen des Hauptanspruchs (sect 232 AO)

3 Bei der Zinsfestsetzung ist die Rundung zugunsten des Steuerpflichtigen zu beachten (sect 239 Abs 2 Satz 1 AO) Die Kleinbetragsregelung des sect 239 Abs 2 Satz 2 AO (Zinsen unter zehn Euro werden nicht festgesetzt) ist auf die fuumlr eine Einzelforderung berechneten Zinsen anzuwenden (vgl AEAO zu sect 238 Nr 2)

4 Zur Anrechnung von Erstattungs- und Nachzahlungszinsen nach sect 233a AO bei der Festsetzung von Stundungs- Hinterziehungs- Prozess- und Aussetzungszinsen vgl AEAO zu sect 233a Nrn 65 ff und AEAO zu sect 235 Nr 52

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AEAO zu sect 240 - Saumlumniszuschlaumlge

1 Saumlumnis tritt ein wenn die Steuer oder die zuruumlckzuzahlende Steuerverguumltung nicht bis zum Ablauf des Faumllligkeitstages entrichtet wird Sofern - wie bei den Faumllligkeitssteuern - die Steuer ohne Ruumlcksicht auf die erforderliche Steuerfestsetzung oder Steueranmeldung faumlllig wird tritt die Saumlumnis nicht ein bevor die Steuer festgesetzt oder die Steueranmeldung abgegeben worden ist Bei Faumllligkeitssteuern ist daher wie folgt zu verfahren

a) Gibt der Steuerpflichtige seine Voranmeldung oder Anmeldung erst nach Ablauf des Faumllligkeitstages ab so sind Saumlumniszuschlaumlge bei verspaumltet geleisteter Zahlung nicht vom Ablauf des im Einzelsteuergesetz bestimmten Faumllligkeitstages an sondern erst von dem auf den Tag des Eingangs der Voranmeldung oder Anmeldung folgenden Tag an (ggf unter Gewaumlhrung der Zahlungs-Schonfrist nach sect 240 Abs 3 AO) zu berechnen Entsprechendes gilt fuumlr den Mehrbetrag der sich ergibt wenn der Steuerpflichtige seine Voranmeldung oder Anmeldung nachtraumlglich berichtigt und sich dadurch die Steuer erhoumlht

b) Setzt das Finanzamt eine Steuer wegen Nichtabgabe der Voranmeldung oder Anmeldung fest so sind Saumlumniszuschlaumlge fuumlr verspaumltet geleistete Zahlung nicht vom Ablauf des im Einzelsteuergesetz bestimmten Faumllligkeitstages an sondern erst von dem Tag an (ggf unter Gewaumlhrung der Zahlungs-Schonfrist nach sect 240 Abs 3 AO) zu erheben der auf den letzten Tag der vom Finanzamt gesetzten Zahlungsfrist folgt Dieser Tag bleibt fuumlr die Berechnung der Saumlumniszuschlaumlge auch dann maszliggebend wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf der vom Finanzamt gesetzten Zahlungsfrist seine Voranmeldung oder Anmeldung abgibt Entsprechendes gilt wenn das Finanzamt eine auf einer Voranmeldung oder Anmeldung beruhende Steuerschuld houmlher festsetzt als sie sich aus der Voranmeldung oder Anmeldung ergibt oder eine von ihm festgesetzte Steuer durch Korrektur der Steuerfestsetzung erhoumlht

2 Im Falle der Aufhebung oder Aumlnderung der Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach sect 129 AO bleiben die bis dahin verwirkten Saumlumniszuschlaumlge bestehen (sect 240 Abs 1 Satz 4 AO) Das gilt auch wenn die urspruumlngliche fuumlr die Bemessung der Saumlumniszuschlaumlge maszliggebende Steuer in einem Rechtsbehelfsverfahren herabgesetzt wird Saumlumniszuschlaumlge sind nicht zu entrichten soweit sie sich auf Steuerbetraumlge beziehen die durch (nachtraumlgliche) Anrechnung von Lohn- Kapitalertrag- oder Koumlrperschaftsteuer entfallen sind weil insoweit zu keiner Zeit eine ruumlckstaumlndige Steuer iSd sect 240 Abs 1 Satz 4 AO vorgelegen hat (BFH-Urteil vom 2431992 VII R 3991 BStBl II S 956)

3 Der Saumlumniszuschlag ist von den Gesamtschuldnern nur in der Houmlhe anzufordern in der er entstanden waumlre wenn die Saumlumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten waumlre der Ausgleich findet zwischen den Gesamtschuldnern nach buumlrgerlichem Recht statt

4 Saumlumniszuschlaumlge sind nicht zu entrichten wenn Verspaumltungszuschlaumlge Zinsen Saumlumniszuschlaumlge Zwangsgelder und Kosten (steuerliche Nebenleistungen) nicht rechtzeitig gezahlt werden

5 Saumlumniszuschlaumlge entstehen kraft Gesetzes allein durch Zeitablauf ohne Ruumlcksicht auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 1771985 I R 17279 BStBl 1986 II S 122) Sie stellen in erster Linie ein Druckmittel zur Durchsetzung faumllliger Steuerforderungen dar sind aber auch eine Gegenleistung fuumlr das Hinausschieben der Zahlung und ein Ausgleich fuumlr den angefallenen Verwaltungsaufwand (BFH-Urteil vom 2981991 V R 7886 BStBl II S 906) Soweit diese Zielsetzung durch die verwirkten Saumlumniszuschlaumlge nicht mehr erreicht werden kann ist ihre Erhebung sachlich unbillig so dass sie nach sect 227 AO ganz oder teilweise erlassen werden koumlnnen

Im Einzelnen kommt ein Erlass in Betracht

a) bei ploumltzlicher Erkrankung des Steuerpflichtigen wenn er selbst dadurch an der puumlnktlichen Zahlung gehindert war und es dem Steuerpflichtigen seit seiner Erkrankung bis zum Ablauf der Zahlungsfrist nicht moumlglich war einen Vertreter mit der Zahlung zu beauftragen

b) bei einem bisher puumlnktlichen Steuerzahler dem ein offenbares Versehen unterlaufen ist Wer seine Steuern laufend unter Ausnutzung der Schonfrist des sect 240 Abs 3 AO zahlt ist kein puumlnktlicher Steuerzahler (BFH-Urteil vom 1551990 VII R 788 BStBl II S 1007)

c) wenn einem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Steuern wegen Zahlungsunfaumlhigkeit und Uumlberschuldung nicht mehr moumlglich war (BFH-Urteil vom 831984 I R 4480 BStBl II S 415) Zu erlassen ist regelmaumlszligig die Haumllfte der verwirkten Saumlumniszuschlaumlge (BFH-Urteil vom 1671997 XI R 3296 BStBl 1998 II S 7)

d) bei einem Steuerpflichtigen dessen wirtschaftliche Leistungsfaumlhigkeit durch nach sect 258 AO bewilligte oder sonst hingenommene Ratenzahlungen unstreitig bis an die aumluszligerste Grenze ausgeschoumlpft worden ist Zu erlassen ist regelmaumlszligig die Haumllfte der verwirkten Saumlumniszuschlaumlge (BFH-Urteil vom 2261990 III R 15085 BStBl 1991 II S 864)

e) wenn die Voraussetzungen fuumlr einen Erlass der Hauptschuld nach sect 227 AO oder fuumlr eine zinslose Stundung der Steuerforderung nach sect 222 AO im Saumlumniszeitraum vorliegen (BFH-Urteil vom 2351985 V R 12479 BStBl II S 489) Lagen nur die Voraussetzungen fuumlr eine

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verzinsliche Stundung der Hauptforderung vor ist die Haumllfte der verwirkten Saumlumniszuschlaumlge zu erlassen

f) in sonstigen Faumlllen sachlicher Unbilligkeit

Die Moumlglichkeit eines weitergehenden Erlasses aus persoumlnlichen Billigkeitsgruumlnden bleibt unberuumlhrtZum Erlass von Saumlumniszuschlaumlgen bei einer Uumlberschneidung mit Nachzahlungszinsen vgl AEAO zu sect 233a Nr 64

6 In Stundungs- und Aussetzungsfaumlllen sowie bei der Herabsetzung von Vorauszahlungen gilt Folgendes

a) Stundung

Wird eine Stundung vor Faumllligkeit beantragt aber erst nach Faumllligkeit bewilligt so ist die Stundung mit Wirkung vom Faumllligkeitstag an auszusprechen Die Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) ist vom neuen Faumllligkeitstag an zu gewaumlhren

Wird eine Stundung vor Faumllligkeit beantragt aber erst nach Faumllligkeit abgelehnt so kann im Allgemeinen eine Frist zur Zahlung der ruumlckstaumlndigen Steuern bewilligt werden Diese Zahlungsfrist soll eine Woche grundsaumltzlich nicht uumlberschreiten Die Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) ist vom Ende der Zahlungsfrist an zu gewaumlhren Bei Zahlung bis zum Ablauf der Schonfrist sind keine Saumlumniszuschlaumlge zu erheben

Wird eine Stundung nach Faumllligkeit beantragt und bewilligt so ist die Stundung vom Eingangstag des Antrags an auszusprechen sofern nicht besondere Gruumlnde eine Stundung schon vom Faumllligkeitstag an rechtfertigen Bereits entstandene Saumlumniszuschlaumlge sind in die Stundungsverfuumlgung einzubeziehen Die Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) ist zu gewaumlhren

Wird eine Stundung nach Faumllligkeit beantragt und abgelehnt so verbleibt es bei dem urspruumlnglichen Faumllligkeitstag sofern nicht besondere Gruumlnde eine Frist zur Zahlung der ruumlckstaumlndigen Steuern rechtfertigen Die Zahlungsfrist soll eine Woche grundsaumltzlich nicht uumlberschreiten Die Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) ist vom Ende der Zahlungsfrist an zu gewaumlhren Bei Zahlung bis zum Ablauf der Schonfrist sind keine Saumlumniszuschlaumlge zu erheben

Wird bei Bewilligung einer Stundung erst nach Ablauf der Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) gezahlt sind Saumlumniszuschlaumlge vom Ablauf des neuen Faumllligkeitstages an zu berechnen Wird im Falle der Ablehnung einer Stundung die eingeraumlumte Zahlungsfrist (zuzuumlglich der Schonfrist nach sect 240 Abs 3 AO) nicht eingehalten sind Saumlumniszuschlaumlge vom Ablauf des urspruumlnglichen Faumllligkeitstages an zu berechnen

b) Aussetzung der Vollziehung

Wird ein rechtzeitig gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach Faumllligkeit abgelehnt so kann im Allgemeinen eine Frist zur Zahlung der ruumlckstaumlndigen Steuern bewilligt werden Die Zahlungsfrist soll eine Woche grundsaumltzlich nicht uumlberschreiten Die Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) ist vom Ende der Zahlungsfrist an zu gewaumlhren Bei Zahlung bis zum Ablauf der Schonfrist sind keine Saumlumniszuschlaumlge zu erheben

c) Herabsetzung von Vorauszahlungen

Wird einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Herabsetzung von Vorauszahlungen erst nach Faumllligkeit entsprochen sind Saumlumniszuschlaumlge auf den Herabsetzungsbetrag nicht zu erheben

Wird ein rechtzeitig gestellter Antrag auf Herabsetzung von Vorauszahlungen nach Faumllligkeit abgelehnt so kann im Allgemeinen eine Frist zur Zahlung der ruumlckstaumlndigen Steuern bewilligt werden Die Zahlungsfrist soll eine Woche grundsaumltzlich nicht uumlberschreiten Die Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) ist vom Ende der Zahlungsfrist an zu gewaumlhren Bei Zahlung bis zum Ablauf der Schonfrist sind keine Saumlumniszuschlaumlge zu erheben

Wird einer der vorbezeichneten Antraumlge mit dem Ziel gestellt sich der rechtzeitigen Zahlung der Steuer zu entziehen (Missbrauchsfaumllle) ist keine Zahlungsfrist zu bewilligen

7 Mit einem Verwaltungsakt nach sect 258 AO verzichtet die Vollstreckungsbehoumlrde auf Vollstreckungsmaszlignahmen an der Faumllligkeit der Steuerschuld aumlndert sich dadurch jedoch nichts (s auch BFH-Urteil vom 1531979 IV R 17478 BStBl II S 429) Fuumlr die Dauer eines bekannt gegebenen Vollstreckungsaufschubs sind daher grundsaumltzlich Saumlumniszuschlaumlge zu erheben auf diese Rechtslage ist der Steuerpflichtige bei Bekanntgabe des Vollstreckungsaufschubs hinzuweisen (siehe Abschn 7 Abs 3 VollStrA) Die Moumlglichkeit von der Erhebung von Saumlumniszuschlaumlgen aus Billigkeitsgruumlnden nach sect 227 AO ganz oder teilweise abzusehen bleibt unberuumlhrt (vgl AEAO zu sect 240 Nr 5 Abs 2)

8 Macht der Steuerpflichtige geltend die Saumlumniszuschlaumlge seien nicht oder nicht in der angeforderten Houmlhe entstanden so ist sein Vorbringen - auch wenn es bspw als bdquoErlassantragldquo bezeichnet ist - als Antrag auf Erteilung eines Bescheids nach sect 218 Abs 2 AO anzusehen da nur in diesem Verfahren entschieden werden kann ob und inwieweit Saumlumniszuschlaumlge entstanden sind (staumlndige

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Rechtsprechung vgl zB BFH-Urteil vom 1281999 VII R 9298 BStBl II S 751) Bestreitet der Steuerpflichtige nicht die Entstehung der Saumlumniszuschlaumlge dem Grunde und der Houmlhe nach sondern wendet er sich gegen deren Anforderung im engeren Sinne (Leistungsgebot sect 254 AO) ist sein Vorbringen als Einspruch (sect 347 AO) anzusehen Das Vorbringen des Steuerpflichtigen ist als Erlassantrag zu werten wenn sachliche oder persoumlnliche Billigkeitsgruumlnde geltend gemacht werden

AEAO zu sectsect 241 bis 248 - Sicherheitsleistung

1 Die Vorschriften regeln nur die Art und das Verfahren der Sicherheitsleistung Wann und ggf in welcher Houmlhe Sicherheiten zu leisten sind ergibt sich aus anderen Vorschriften der Abgabenordnung (siehe zB sect 109 Abs 2 sect 165 Abs 1 sectsect 221 222 223 361 Abs 2 AO) oder aus Einzelsteuergesetzen (sect 18f UStG) Die Erzwingung von Sicherheiten richtet sich nach sect 336 AO ihre Verwertung nach sect 327 AO Die Kosten der Sicherheitsleistung treffen den Steuerpflichtigen

2 Die fuumlr die Bundesfinanzverwaltung bekannt gegebenen Bestimmungen uumlber Formen der Sicherheitsleistung im Bereich der von der Zollverwaltung verwalteten Steuern und Abgaben - SiLDV shy(Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung E - VSF - Kennungen S 1450 und Z 0915) sind - soweit sie Formen der Sicherheitsleistung in Verbrauchsteuerverfahren betreffen - fuumlr den Bereich der Besitz- und Verkehrsteuern entsprechend anzuwenden

AEAO zu sect 251 ndash Insolvenzverfahren

Inhaltsuumlbersicht 1 Allgemeines 2 Voraussetzung fuumlr die Eroumlffnung des Verfahrens 21 Eroumlffnungsgruumlnde 211 Zahlungsunfaumlhigkeit 212 Drohende Zahlungsunfaumlhigkeit 213 Uumlberschuldung 22 Eroumlffnungsantrag 23 Rechtsbehelfe 3 Insolvenzeroumlffnungsverfahren 31 Sicherungsmaszlignahmen 32 Besonderheiten bei beantragter Eigenverwaltung 4 Eroumlffnung des Verfahrens 41 Wirkung der Eroumlffnung des Verfahrens 411 Allgemeines 412 Unterbrechungswirkung (analog sect 240 ZPO) 413 Auswirkungen auf bei Insolvenzeroumlffnung anhaumlngige Rechtsbehelfsverfahren und Antraumlge auf

Aussetzung der Vollziehung 414 Auswirkungen auf Stundung und Vollstreckungsaufschub 415 Wirkungen auf Verfahren gegen Dritte 42 Stellung und steuerliche Pflichten des Insolvenzverwalters 43 Verwaltungsakte im Insolvenzverfahren 431 Vor Insolvenzeroumlffnung begruumlndete Anspruumlche 432 Nach Insolvenzeroumlffnung begruumlndete Anspruumlche 433 Beispiele fuumlr Bescheiderlaumluterungen bei Bekanntgabe an den Insolvenzverwalter 44 Besonderheiten bei der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 441 Personengesellschaften 4411 Insolvenz der Personengesellschaft 4412 Insolvenz eines (oder mehrerer) Gesellschafters der Personengesellschaft 442 Sonstige Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen 45 Auskunftsrechte des Insolvenzverwalters gegenuumlber dem Finanzamt 5 Insolvenzforderungen 51 Begriff 52 Geltendmachung von Insolvenzforderungen 53 Insolvenzforderungen im Pruumlfungstermin Auswirkungen auf das Besteuerungsverfahren 531 Vom Insolvenzverwalter oder einem Glaumlubiger bestrittene Forderungen 5311 Nicht titulierte Forderungen 5312 Titulierte Forderungen 53121 Nicht bestandskraumlftiger und nicht angefochtener Steuerbescheid 53122 Angefochtener Steuerbescheid 53123 Bestandskraumlftiger Steuerbescheid 532 Vom Schuldner bestrittene Forderungen 533 Feststellung der Forderung zur Tabelle 534 Feststellungsbescheid gem sect 251 Abs 3 AO 535 Aumlnderung von zur Insolvenztabelle festgestellten Steuerforderungen 6 Sonstige Masseverbindlichkeiten (sect 55 InsO) 61 Begruumlndung von sonstigen Masseverbindlichkeiten

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62 Durchsetzung von sonstigen Masseverbindlichkeiten 7 Insolvenzfreies Vermoumlgen 8 Aufrechnung im Insolvenzverfahren 9 Verteilung der Steuerforderungen und -erstattungsanspruumlche auf die insolvenzrechtlichen

Vermoumlgensbereiche 91 Einkommensteuer 911 Einzelveranlagung 912 Zusammenveranlagung 913 Beruumlcksichtigung von Verlustvor- und -ruumlcktraumlgen 914 Einkommensteuererstattungen 92 Umsatzsteuer 10 Befriedigung der Insolvenzglaumlubiger 11 Insolvenzplan 12 Verbraucherinsolvenz nach sectsect 304 ff InsO 121 Auszligergerichtlicher Einigungsversuch 122 Schuldenbereinigungsverfahren 123 Vereinfachtes Insolvenzverfahren 13 Eigenverwaltung 131 Vorbereitung einer Sanierung nach sect 270b InsO 132 Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens 14 Vorgehensweise nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens 15 Restschuldbefreiung 151 Laufzeit der Abtretungserklaumlrung 152 Erteilung der Restschuldbefreiung

1 Allgemeines Ist uumlber das Vermoumlgen eines Steuerpflichtigen (Schuldner) das Insolvenzverfahren eroumlffnet worden koumlnnen die Finanzbehoumlrden ihre Anspruumlche waumlhrend der Dauer des Verfahrens nur nach den Vorschriften der Insolvenzordnung geltend machen (sect 251 Abs 2 Satz 1 AO)

Die Vorschriften der Abschnitte 57 bis 64 der Vollstreckungsanweisung (VollstrA) sind anzuwenden

2 Voraussetzung fuumlr die Eroumlffnung des Verfahrens

21 Eroumlffnungsgruumlnde

Nach sect 16 InsO sind Gruumlnde fuumlr die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens

die Zahlungsunfaumlhigkeit (sect 17 InsO)

die drohende Zahlungsunfaumlhigkeit (sect 18 InsO) und

die Uumlberschuldung (sect 19 InsO)

Die gleichen Eroumlffnungsgruumlnde gelten auch in Nachlassinsolvenzverfahren (sect 320 InsO)

211 Zahlungsunfaumlhigkeit

Allgemeiner Eroumlffnungsgrund ist die Zahlungsunfaumlhigkeit des Schuldners Sie ist in der Regel anzunehmen wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (sect 17 InsO) Leistet der Schuldner noch einzelne Zahlungen bleiben aber nicht unwesentliche Verbindlichkeiten unerfuumlllt aumlndert dies grundsaumltzlich nichts an der Zahlungsunfaumlhigkeit (BGH-Urteil vom 1072003 IX ZR 8902 DB S 2383)

Zahlungsunfaumlhigkeit ist weiterhin regelmaumlszligig anzunehmen wenn der Schuldner nicht in der Lage ist binnen drei Wochen 90 seiner faumllligen Gesamtverbindlichkeiten auszugleichen (BGH-Urteil vom 2452005 IX ZR 12304 NJW S 3062)

212 Drohende Zahlungsunfaumlhigkeit

Bei Eigenantraumlgen des Schuldners ist auch die drohende Zahlungsunfaumlhigkeit Eroumlffnungsgrund (sect 18 Abs 1 InsO) Der Schuldner droht zahlungsunfaumlhig zu werden wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Faumllligkeit zu erfuumlllen (sect 18 Abs 2 InsO)

213 Uumlberschuldung

Bei juristischen Personen Personengesellschaften ohne eine persoumlnlich haftende natuumlrliche Person ist danebendie Uumlberschuldung ein eigenstaumlndiger Eroumlffnungsgrund (sect 19 InsO) Eine Uumlberschuldung liegt vor wenn das Vermoumlgen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt es sei denn die Fortfuumlhrung des Unternehmens ist nach den Umstaumlnden uumlberwiegend wahrscheinlich (sect 19 Abs 2 Satz 1 InsO) Eine Ausnahme gilt in den Faumlllen des sect 19 Abs 3 Satz 2 InsO

22 Eroumlffnungsantrag

Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eroumlffnet Antragsberechtigt sind sowohl die Glaumlubiger als auch der Schuldner (sect 13 Abs 1 Satz 2 InsO) Den Antrag auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens kann auszliger bei

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drohender Zahlungsunfaumlhigkeit jeder Glaumlubiger stellen der ein rechtliches Interesse an der Eroumlffnung hat und seinen Anspruch sowie den Eroumlffnungsgrund glaubhaft macht (sect 14 Abs 1 InsO) Das rechtliche Interesse eines Glaumlubigers fehlt beispielsweise dann wenn er aufgrund eines Aussonderungsrechts innerhalb wie auszligerhalb des Verfahrens in gleicher Weise Befriedigung erlangen kann

Bei vollstreckbaren Ruumlckstaumlnden ist die Finanzbehoumlrde im Rahmen pflichtgemaumlszliger Ermessensausuumlbung gehalten bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes einen Insolvenzantrag zu stellen

Nach sect 14 Abs 1 Satz 2 und 3 InsO wird ein Insolvenzantrag nicht alleine dadurch unzulaumlssig dass die Forderung erfuumlllt wird Dies gilt allerdings nur wenn in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Insolvenzantragstellung schon einmal ein Insolvenzantrag gestellt wurde Sind der Finanzbehoumlrde entsprechende Vorantraumlge ndash auch von dritter Seite ndash bekannt hat sie bei ihrer Antragstellung darauf hinzuweisen

23 Rechtsbehelfe

Die Stellung eines Antrag auf Eroumlffnung eines Insolvenzverfahrens uumlber das Vermoumlgen des Schuldners durch dieFinanzbehoumlrde ist kein Verwaltungsakt sondern stellt schlichtes hoheitliches Handeln dar dessen Uumlberpruumlfung dem Finanzgericht und nicht dem Insolvenzgericht obliegt (vgl BFH-Beschluss vom 3182011 VII B 5911 BFHNV S 2105) Dem Steuerpflichtigen stehen als Rechtsbehelfe hiergegen die allgemeine Leistungsklage (sect 40 Abs 1 FGO) bzw im vorlaumlufigen Rechtsschutzverfahren der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (sect 114 FGO) zu (vgl BFH-Beschluss vom 1282011 VII B 15910 BFHNV S 2104)

Uumlber den Insolvenzantrag selbst entscheidet das Insolvenzgericht Gegen eine ablehnende Entscheidung des Insolvenzgerichts uumlber den Insolvenzantrag steht dem antragstellenden Glaumlubiger das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu (sect 34 Abs 1 InsO) Die Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Insolvenzgericht einzulegen (sectsect 4 und 6 InsO sect 569 ZPO) Die Frist beginnt mit der Verkuumlndung der Entscheidung oder wenn diese nicht verkuumlndet wird mit deren Zustellung (sect 6 Abs 2 InsO) Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde gegeben soweit sie zugelassen ist (sect 574 ZPO) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses uumlber die sofortige Beschwerde bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen (sect 575 ZPO)

3 Insolvenzeroumlffnungsverfahren

31 Sicherungsmaszlignahmen

Die haumlufigste Sicherungsmaszlignahme ist neben dem Vollstreckungsverbot die Anordnung der vorlaumlufigen Insolvenzverwaltung gem sect 21 Abs 2 Nr 1 i V m sect 22 InsO Wird diese Anordnung mit dem Erlass eines allgemeinen Verfuumlgungsverbots nach sect 21 Abs 2 Nr 2 InsO verbunden geht die Verwaltungs- und Verfuumlgungsbefugnis uumlber das Schuldnervermoumlgen auf den vorlaumlufigen Insolvenzverwalter uumlber Aufgrund seiner umfassenden Befugnisse wird dieser als ldquostarkerldquo vorlaumlufiger Insolvenzverwalter bezeichnet Im Besteuerungsverfahren hat der bdquostarkeldquo vorlaumlufige Insolvenzverwalter die gleiche Stellung (sect 34 Abs 3 AO) wie der Insolvenzverwalter im eroumlffneten Verfahren (vgl AEAO zu sect 251 Nr 42) Die vom bdquostarkenldquo vorlaumlufigen Insolvenzverwalter begruumlndeten Verbindlichkeiten gelten nach Verfahrenseroumlffnung als Masseverbindlichkeiten i S d sect 55 Abs 2 InsO (vgl AEAO zu sect 251 Nr 61) Fuumlr hierauf bezogene Verwaltungsakte ist er im Insolvenzeroumlffnungsverfahren Bekanntgabeadressat (vgl AEAO zu sect 251 Nr 432)

Soweit das Gericht vom Erlass eines allgemeinen Verfuumlgungsverbots absieht und die Rechte des vorlaumlufigen Insolvenzverwalters individuell bestimmt handelt es sich um einen sog bdquoschwachenldquo vorlaumlufigen Insolvenzverwalter Dieser ist nicht Vermoumlgensverwalter iSd sect 34 Abs 3 AO daher obliegen die steuerlichen Pflichten insbesondere die Steuererklaumlrungspflicht weiterhin dem Schuldner Steuerbescheide sind daher an den Schuldner zu richten und diesem bekannt zu geben soweit kein Empfangsbevollmaumlchtigter bestellt ist

Der bdquoschwacheldquo vorlaumlufige Insolvenzverwalter kann in der Regel keine Masseverbindlichkeiten begruumlnden (vgl BGH-Urteil vom 1872002 IX ZR 19501 DB S 2011) Aufgrund der Regelung des sect 55 Abs 4 InsO gelten jedoch Steuerverbindlichkeiten des Schuldners die vom vorlaumlufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung des vorlaumlufigen Insolvenzverwalters begruumlndet werden nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten Zu Einzelheiten der Anwendung des sect 55 Abs 4 InsO siehe BMF-Schreiben vom 1712012 BStBl I S 120

Aus der Bestellung eines Gutachters durch das Insolvenzgericht ergeben sich keine Auswirkungen auf das Besteuerungsverfahren des Schuldners

32 Besonderheiten bei beantragter Eigenverwaltung

Zu der Moumlglichkeit der Vorbereitung einer Sanierung nach sect 270b InsO vgl AEAO zu sect 251 Nr 131

4 Eroumlffnung des Verfahrens

41 Wirkung der Eroumlffnung des Verfahrens

411 Allgemeines

Mit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Schuldner die Befugnis sein zur Insolvenzmasse gehoumlrendes Vermoumlgen zu verwalten und daruumlber zu verfuumlgen (sect 80 Abs 1 InsO) sofern keine Eroumlffnung unter Anordnung der Eigenverwaltung erfolgt (sect 270 Abs 1 Satz 1 InsO vgl AEAO zu sect 251 Nr 132) Die Verwaltungs- und Verfuumlgungsrechte werden durch den Insolvenzverwalter ausgeuumlbt (sect 34 Abs 3 AO)

210

Die Insolvenzmasse erfasst das gesamte Vermoumlgen einschlieszliglich der Geschaumlftsbuumlcher (sect 36 Abs 2 Nr 1 InsO) das dem Schuldner zur Zeit der Eroumlffnung des Verfahrens gehoumlrt und das er waumlhrend des Verfahrens erlangt (sog Neuerwerb sect 35 InsO) Nicht zur Insolvenzmasse gehoumlren die unpfaumlndbaren Gegenstaumlnde iSd sect 36 InsO und das Vermoumlgen aus einer nach sect 35 Abs 2 InsO freigegebenen Taumltigkeit (sog insolvenzfreies Vermoumlgen vgl AEAO zu sect 251 Nr 7)

Die Eroumlffnung des Verfahrens hat weiter die Wirkung dass alle im letzten Monat vor dem Eroumlffnungsantrag oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung erlangten Sicherungsrechte ihre Wirksamkeit verlieren (sect 88 InsO) Im vereinfachten Insolvenzverfahren (Verbraucherinsolvenzverfahren vgl AEAO zu sect 251 Nr 12) verlaumlngert sich die Frist nach sect 312 Abs 1 Satz 3 InsO auf drei Monate wenn das Verfahren auf Antrag des Schuldners eroumlffnet wird

Mit der Eroumlffnung des Verfahrens koumlnnen bis zu diesem Zeitpunkt begruumlndete Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (Insolvenzforderungen vgl AEAO zu sect 251 Nr 51) nur noch nach Maszliggabe der InsO geltend gemacht werden Dies gilt auch fuumlr Anspruumlche auf die steuerliche Verfahrensvorschriften entsprechend anzuwenden sind (z B Ruumlckforderung von Investitionszulage)

412 Unterbrechungswirkung (analog sect 240 ZPO)

Das Steuerfestsetzungsverfahren das Rechtsbehelfsverfahren und der Lauf der Rechtsbehelfsfristen werden soweit sie die Insolvenzmasse betreffen und abstrakt dazu geeignet sind sich auf zur Tabelle anzumeldende Steuerforderungen auszuwirken analog zu sect 240 ZPO unterbrochen (vgl BFH-Urteil vom 2482004 VIII R 1402 BStBl II 2005 S 246)

Eine Verfahrensunterbrechung tritt nicht ein wenn keine Forderungen gegenuumlber der Insolvenzmasse fuumlr Zeitraumlume vor Insolvenzeroumlffnung geltend zu machen sind (z B im Falle einer Erstattung fuumlr die Masse BFH-Urteil vom 1352009 XI R 6307 BStBl 2010 II S 11)

Zur Unterbrechungswirkung bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vgl AEAO zu sect 251 Nr 44

Die Ermittlungsrechte und -pflichten der Finanzbehoumlrde (sect 88 AO) und die Mitwirkungspflichten des Schuldners des vorlaumlufigen Insolvenzverwalters und des Insolvenzverwalters (sect 34 Abs 3 AO) bleiben von der Unterbrechungswirkung unberuumlhrt Die Pflicht zur handels- und steuerrechtlichen Rechnungslegung ergibt sich aus sect 155 InsO

413 Auswirkungen auf bei Insolvenzeroumlffnung anhaumlngige Rechtsbehelfsverfahren und Antraumlge auf Aussetzung der Vollziehung

Wird waumlhrend eines anhaumlngigen auszligergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens das Insolvenzverfahren eroumlffnet so wird das Rechtsbehelfsverfahren grundsaumltzlich unterbrochen soweit es die Insolvenzmasse betrifft (Nr 41 des AEAO zu sect 251) Die Unterbrechung endet wenn das Rechtsbehelfsverfahren nach den fuumlr das Insolvenzrecht geltenden Vorschriften aufgenommen (vgl hierzu AEAO zu sect 251 Nr 53122) oder das Insolvenzverfahren beendet wird

Ein noch nicht beschiedener Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach sect 361 AO bzw sect 69 FGO wird durch die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens unzulaumlssig (vgl BFH-Urteil vom 27111974 I R 18573 BStBl 1975 II S 208) Eine gewaumlhrte Aussetzung der Vollziehung erledigt sich mit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens (siehe sect 124 Abs 2 AO i V m sect 41 Abs 1 InsO) Die Betraumlge sind zur Tabelle anzumelden (vgl AEAO zu sect 251 Nr 52)

414 Auswirkungen auf Stundung und Vollstreckungsaufschub

Noch nicht beschiedene Antraumlge auf Stundung und Vollstreckungsaufschub werden durch die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens unzulaumlssig Gewaumlhrte Stundungen oder Vollstreckungsaufschuumlbe erledigen sich mit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens (siehe sect 124 Abs 2 i V m sect 41 Abs 1 InsO) Die Betraumlge sind zur Tabelle anzumelden (vgl AEAO zu sect 251 Nr 52)

415 Wirkungen auf Verfahren gegen Dritte

Verfahren gegen Dritte die sich nicht in Insolvenz befinden bleiben grundsaumltzlich von den Wirkungen der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens unberuumlhrt Dies gilt z B fuumlr das Besteuerungsverfahren des nichtinsolventen EhegattenLebenspartners des Schuldners fuumlr das Besteuerungsverfahren der nichtinsolventen Gesellschafter einer Personengesellschaft und fuumlr Haftungsverfahren gegen GmbH-Geschaumlftsfuumlhrer

42 Stellung und steuerliche Pflichten des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter hat als Vermoumlgensverwalter (sect 34 Abs 3 AO) die steuerlichen Pflichten des Schuldners zu erfuumlllen Er ist daher ua gem sect 149 Abs 1 AO i V m den Einzelsteuergesetzen verpflichtet Steuererklaumlrungen fuumlr den Schuldner abzugeben Die Steuererklaumlrungspflicht besteht sowohl fuumlr Besteuerungszeitraumlume nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens als auch fuumlr Besteuerungszeitraumlume vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens soweit der Schuldner noch keine Steuererklaumlrungen abgegeben hat

Der Insolvenzverwalter hat die steuerlichen Pflichten des Schuldners jedoch nur insoweit zu erfuumlllen als seine Verfuumlgungsbefugnis reicht Soweit Besteuerungsgrundlagen den insolvenzfreien Bereich betreffen insbesondere Umsaumltze bzw Einkuumlnfte aus dem nach sect 35 Abs 2 InsO freigegebenen oder pfaumlndungsfreien Vermoumlgen ist daher nicht der Insolvenzverwalter sondern der Schuldner zur Erklaumlrung verpflichtet zB zur Abgabe von

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Umsatzsteuererklaumlrungen fuumlr das freigegebene Unternehmen Entsprechendes gilt fuumlr die Erklaumlrung zu Besteuerungsgrundlagen die den mit dem Schuldner zusammenveranlagten EhegattenLebenspartner betreffen

Fuumlr die Steuererklaumlrungspflicht des Insolvenzverwalters ist es idR unerheblich ob die Insolvenzmasse uumlber ausreichende Mittel verfuumlgt um diese Erklaumlrungen durch einen Dritten erstellen zu lassen (BFH-Urteil vom 2381994 VII R 14392 BStBl 1995 II S 194) Soweit der Insolvenzverwalter verpflichtet ist Steuererklaumlrungen einschlieszliglich Steueranmeldungen abzugeben und er dieser Verpflichtung nicht nachkommt sind Zwangsmaszlignahmen (sectsect 328 329 AO) gegen ihn zulaumlssig Dies gilt auch wenn aus den angeforderten Erklaumlrungen voraussichtlich nicht mit steuerlichen Auswirkungen zu rechnen ist (sogenannte bdquoNull-Erklaumlrungenldquo vgl BFH-Urteil vom 6112012 VII R 7211 BStBl 2013 II S 141) In massearmen Verfahren kann jedoch regelmaumlszligig von der Anwendung von Zwangsmitteln abgesehen werden die Besteuerungsgrundlagen sind dann zu schaumltzen

Erkennt der Insolvenzverwalter waumlhrend des Verfahrens dass der Schuldner fuumlr die Zeit vor Insolvenzeroumlffnung unrichtige oder unvollstaumlndige Erklaumlrungen abgegeben hat und dass es dadurch zu einer Verkuumlrzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist ist er nach sect 153 Abs 1 AO verpflichtet die unrichtigen oder unvollstaumlndigen Steuererklaumlrungen zu berichtigen oder zu vervollstaumlndigen

Die Steuererklaumlrungspflicht des Insolvenzverwalters endet grundsaumltzlich mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens Soweit Steuererklaumlrungen vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter abzugeben waren besteht diese Verpflichtung uumlber diesen Zeitpunkt hinaus fort soweit der fruumlhere Insolvenzverwalter dieser Verpflichtung noch tatsaumlchlich nachkommen kann (sectsect 34 36 AO)

Fuumlr Zeitraumlume nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens obliegen die steuerlichen Pflichten dem Schuldner

43 Verwaltungsakte im Insolvenzverfahren

431 Vor Insolvenzeroumlffnung begruumlndete Anspruumlche

Waumlhrend des Insolvenzverfahrens duumlrfen hinsichtlich Insolvenzforderungen grundsaumltzlich keine Bescheide uumlber die Festsetzung von Anspruumlchen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis und keine Bescheide die Besteuerungsgrundlagen feststellen oder Steuermessbetraumlge festsetzen welche die Houmlhe der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Steuerforderungen beeinflussen koumlnnen erlassen werden Ein gleichwohl erlassener Steuerbescheid uumlber einen Steueranspruch der eine Insolvenzforderung betrifft ist unwirksam (BFH-Urteil vom 18122002 I R 3301 BStBl 2003 II S 630)

Bescheide die einen Erstattungsanspruch zugunsten der Insolvenzmasse festsetzen oder Festsetzungen von Steuermessbetraumlgen die sich fuumlr den Schuldner vorteilhaft auswirken koumlnnen ergehen Beispielsweise ist das Finanzamt berechtigt Umsatzsteuerbescheide zu erlassen in denen eine negative Umsatzsteuer fuumlr einen Besteuerungszeitraum vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt wird sofern sich daraus keine Zahllast ergibt (BFH-Urteil vom 1352009 XI R 6307 BStBl 2010 II S 11)

Steuerfestsetzungen i H v 0 euro koumlnnen ebenfalls durchgefuumlhrt werden da sich hieraus keine vollstreckbaren Anspruumlche ergeben und somit die Schutzbestimmungen der sectsect 87 89 174 InsO nicht beruumlhrt sind (BFH-Urteil vom 10122008 I R 4107 BFHNV 2009 S 719)

Weiterhin koumlnnen folgende Verwaltungsakte ergehen

- Verwaltungsakte nach sect 251 Abs 3 AO (ggf neben einer Bekanntgabe an den widersprechenden Glaumlubiger sect 179 Abs 1 InsO)

- Gewerbesteuermessbetragsbescheide (sect 184 AO) und Zerlegungsbescheide (sect 188 AO) nach einem Widerspruch gegen die Anmeldung von Gewerbesteuerforderungen zur Insolvenztabelle durch die erhebungsberechtigte Koumlrperschaft (BFH-Urteil vom 271997 I R 1197 BStBl 1998 II S 428)

- Bescheide die Besteuerungsgrundlagen feststellen die eine vom Insolvenzverwalter im Pruumlfungstermin bestrittene Steuerforderung betreffen (BFH-Urteil vom 142003 I R 5102 BStBl II S 779 zu Feststellungsbescheiden vgl auch AEAO zu sect 251 Nr 44)

Fuumlr diese Verwaltungsakte ist Bekanntgabeadressat (vgl AEAO zu sect 122 Nr 14) der Insolvenzverwalter

In Faumlllen der Eigenverwaltung (vgl AEAO zu sect 251 Nr 13) ist der Schuldner Bekanntgabeadressat

Zu Verbindlichkeiten nach sect 55 Abs 2 und 4 InsO vgl AEAO zu sect 251 Nr 31

432 Nach Insolvenzeroumlffnung begruumlndete Anspruumlche

Verwaltungsakte die die Insolvenzmasse betreffen duumlrfen erlassen werden

Bekanntgabeadressat aller die Insolvenzmasse betreffenden Verwaltungsakte ist der Insolvenzverwalter Dies gilt insbesondere fuumlr die Bekanntgabe von

- Steuerbescheiden oder Steuermessbetragsbescheiden wegen Steueranspruumlchen die nach der Verfahrenseroumlffnung begruumlndet und damit sonstige Masseverbindlichkeiten sind

- Verwaltungsakten nach sect 218 Abs 2 AO

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- Steuerbescheiden wegen Steueranspruumlchen die aufgrund einer neuen beruflichen oder gewerblichen nicht vom Insolvenzverwalter freigegebenen Taumltigkeit des Schuldners begruumlndet sind (sog Neuerwerb sect 35 InsO)

Verwaltungsakte die das insolvenzfreie Vermoumlgen betreffen sind an den Schuldner zu richten und diesem bekannt zu geben

433 Beispiele fuumlr Bescheiderlaumluterungen bei Bekanntgabe an den Insolvenzverwalter

bdquoDer Bescheid ergeht an Sie als Verwaltervorlaumlufiger Verwalter im InsolvenzverfahrenVerfahren uumlber den Antrag auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens uumlber das Vermoumlgen des Schuldners ldquo

Die Erlaumluterung ist soweit erforderlich zur Klarstellung zu ergaumlnzen

bdquoDie Steuerfestsetzung betrifft die Festsetzung der Umsatzsteuer als sonstige Masseverbindlichkeitldquo

bdquoDie Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags dient der erhebungsberechtigten Koumlrperschaft als Grundlage zur Fortfuumlhrung des weiteren Verfahrens aufgrund des Widerspruchs gegen die Anmeldung der Gewerbesteuerforderung zur Tabelleldquo

44 Besonderheiten bei der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

441 Personengesellschaften

4411 Insolvenz der Personengesellschaft

Das Insolvenzverfahren einer Personengesellschaft umfasst nur das Gesamthandsvermoumlgen nicht jedoch das persoumlnliche Vermoumlgen der Gesellschafter oder das Sonderbetriebsvermoumlgen einzelner Gesellschafter

Zivilrechtlich wird die Personengesellschaft durch die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens aufgeloumlst (sect 728 Abs 1 BGB sect 131 Abs 1 Nr 3 sect 161 Abs 2 HGB) Steuerrechtlich besteht sie zunaumlchst fort (vgl AEAO zu sect 122 Nr 271)

Ist ausschlieszliglich uumlber das Vermoumlgen der Gesellschaft ndash nicht aber auch uumlber das Vermoumlgen eines Gesellschafters ndash ein Insolvenzverfahren eroumlffnet worden unterbricht diese Verfahrenseroumlffnung das (Gewinn-) Feststellungsverfahren nicht weil dessen steuerlichen Folgen nicht die Insolvenzmasse sondern ausschlieszliglich die Gesellschafter treffen (BFH-Urteil vom 2471990 VIII R 19484 BStBl 1992 II S 508)

Daher sind weiterhin Feststellungserklaumlrungen abzugeben Die Pflicht zur Abgabe der Feststellungserklaumlrung obliegt wie bisher den Beteiligten (sectsect 179 Abs 1 181 Abs 2 AO) nicht dem Insolvenzverwalter Dieser ist nur dann zur Abgabe der Feststellungserklaumlrung verpflichtet wenn er Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren uumlber das Vermoumlgen eines Beteiligten ist Seine ggf bestehende Pflicht zur Abgabe einer Gewerbesteuererklaumlrung bleibt davon unberuumlhrt

Der Feststellungsbescheid ist den Gesellschaftern einzeln bekannt zu geben da die Gesellschaft durch die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens aufgeloumlst wird (sect 183 Abs 2 AO) Wurde eine Empfangsvollmacht gem sect 183 Abs 1 Satz 1 AO erteilt ist jedoch weiterhin eine Bekanntgabe gem sect 183 Abs 3 AO an den Empfangsbevollmaumlchtigten moumlglich

4412 Insolvenz eines (oder mehrerer) Gesellschafters der Personengesellschaft

Mit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens uumlber das Vermoumlgen eines Feststellungsbeteiligten wird das (Gewinnshy)Feststellungsverfahren ausschlieszliglich hinsichtlich der Feststellung des Anteils des in der Insolvenz befindlichen Gesellschafters unterbrochen Diese Unterbrechung hindert den Fortgang des (Gewinn-) Feststellungsverfahrens gegenuumlber den uumlbrigen Beteiligten nicht Insoweit wird vom Grundsatz der Einheitlichkeit des Feststellungsverfahrens (sect 179 Abs 2 Satz 2 AO) abgewichen

Sobald dem fuumlr die Besteuerung eines Feststellungsbeteiligten zustaumlndigen Finanzamt bekannt wird dass uumlber das Vermoumlgen dieses Steuerpflichtigen das Insolvenzverfahren eroumlffnet worden ist hat es das fuumlr die Durchfuumlhrung der gesonderten und einheitlichen Feststellung zustaumlndige Finanzamt unverzuumlglich hieruumlber zu unterrichten

Wenn im Zeitpunkt der Insolvenzeroumlffnung noch kein (Gewinn-) Feststellungsbescheid vorliegt gilt fuumlr die Besteuerung des Anteils des insolventen Beteiligten Folgendes

Eine Unterscheidung zwischen Insolvenz- und Masseforderungen ist bereits im (Gewinn)Feststellungsbescheid gegenuumlber dem in Insolvenz befindlichen Mitunternehmer vorzunehmen

Werden durch die gesonderte und einheitliche Feststellung gegenuumlber dem Schuldner (insolventer Feststellungsbeteiligter) sowohl Besteuerungsgrundlagen welche der Anmeldung von Insolvenzforderungen dienen als auch Besteuerungsgrundlagen welche der Festsetzung von Masseforderungen dienen festgestellt so sind die Besteuerungsgrundlagen welche der Anmeldung von Insolvenzforderungen dienen gesondert aufzufuumlhren Dieser Bescheid ist dem Insolvenzverwalter bekannt zu geben Dabei ist darauf hinzuweisen dass der Bescheid soweit er Besteuerungsgrundlagen betrifft die der Anmeldung von Insolvenzforderungen dienen lediglich ein bdquoinformatorischer Bescheidldquo uumlber die Berechnungsgrundlage ist (vgl BFH-Urteil vom 2482004 VIII R 1402 BStBl 2005 II S 246)

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Zustaumlndig fuumlr die Anmeldung der Forderungen zur Tabelle ist und bleibt das fuumlr die Besteuerung des Schuldners zustaumlndige Finanzamt Es nimmt bei Bedarf auch am Pruumlfungstermin teil

Wird die von dem Finanzamt angemeldete Forderung im Pruumlfungstermin bestritten hat das fuumlr die Besteuerung des Schuldners zustaumlndige Finanzamt einen Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO zu erlassen der auf Feststellung zur Insolvenztabelle gerichtet ist Der Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO ist an die widersprechenden Insolvenzglaumlubiger bzw den widersprechenden Insolvenzverwalter zu richten

Wird kein Einspruch gegen den Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO eingelegt gilt die Forderung als festgestellt Die Berichtigung der Tabelle ist von dem fuumlr die Besteuerung des Schuldners zustaumlndigen Finanzamt zu beantragen

Wird gegen den Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO Einspruch eingelegt und damit begruumlndet dass die festgestellte Forderung auf einer Gewinnfeststellung beruht ist das Gewinnfeststellungsverfahren wieder aufzunehmen Der Rechtsstreit uumlber den Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO ist bis zu der abschlieszligenden Entscheidung in dem Gewinnfeststellungsverfahren gem sect 363 Abs 1 AO auszusetzen

An diesem Gewinnfeststellungsverfahren sind anstelle des Schuldners die im Pruumlfungstermin widersprechenden Insolvenzglaumlubiger bzw der widersprechende Insolvenzverwalter beteiligt ihnen ist deshalb auch ein sog bdquoverkuumlrzterldquo Gewinnfeststellungsbescheid (sect 183 Abs 2 Satz 2 AO) bekannt zu geben (BFH-Urteil vom 2482004 VIII R 1402 aaO)

Die Entscheidung im Gewinnfeststellungsverfahren ist bei der Entscheidung uumlber den Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO zu beruumlcksichtigen Die Berichtigung der Tabelle beim Insolvenzgericht ist dann von dem fuumlr die Besteuerung des Schuldners zustaumlndigen Finanzamt zu beantragen

442 Sonstige Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen

Abweichend von Nr 431 koumlnnen im Insolvenzverfahren gesonderte Feststellungen des verbleibenden Verlustvortrags nach sect 10d EStG oder gesonderte Gewinnfeststellungen nach sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO durchgefuumlhrt werden wenn sie zu einem Verlustruumlcktrag fuumlhren oder zusammen mit einer Steuerfestsetzung Grundlage fuumlr die Erstattung von Vorauszahlungen sind und der Insolvenzverwalter die Feststellung ausdruumlcklich beantragt hat (vgl BFH-Urteil vom 18122002 I R 3301 BStBl 2003 II S 630) Ebenso zulaumlssig sind gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen denen die abstrakte Eignung fehlt sich auf anzumeldende Steuerforderungen auszuwirken (z B Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gem sect 27 KStG)

45 Auskunftsrechte des Insolvenzverwalters gegenuumlber dem Finanzamt

Der Schuldner selbst hat nach der AO keinen Anspruch auf Akteneinsicht oder Uumlbersendung eines Kontoauszuges sondern nur ein Recht darauf dass die Finanzbehoumlrde uumlber seinen Antrag auf Akteneinsicht bzw seinen Antrag auf Uumlbersendung eines Kontoauszuges nach pflichtgemaumlszligem Ermessen entscheidet Der Insolvenzverwalter hat keinen daruumlber hinausgehenden Anspruch (vgl BFH-Urteil vom 1932013 II R 1711 BStBl II S 639 und BFH-Beschluss vom 1592010 II B 410 BFHNV 2011 S 2)

Bei Auskunftsantraumlgen des Insolvenzverwalters nach der AO hat das Finanzamt bei der Ermessensausuumlbung zu beruumlcksichtigen ob ein berechtigtes Interesse substantiiert dargelegt wurde oder ein solches erkennbar ist insbesondere ob die begehrte Auskunft der Wahrnehmung von Rechten oder Pflichten im konkreten Besteuerungsverfahren dienen kann (vgl BFH-Beschluss vom 1442011 VII B 20110 BFHNV S 1296) Fehlt es daran kann die Erteilung einer Auskunft oder die Uumlbersendung von Kontoauszuumlgen abgelehnt werden (vgl Nr 3 des BMF-Schreibens vom 17122008 BStBl 2009 I S 6 und BFH-Urteil vom 1932013 II R 1711 aaO)

Ein Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters allein wegen des Verdachts anfechtbarer Zahlungen auf Steuerschulden gegenuumlber dem Finanzamt besteht nicht (BGH-Urteil vom 1382009 IX ZR 5806 HFR 2010 S 299) Der Insolvenzverwalter muss moumlgliche der Anfechtung unterliegende Rechtshandlungen selbst ermitteln Das Finanzamt ist nicht verpflichtet durch Herausgabe von Unterlagen oder durch Erteilung von Auskuumlnften zur Ermittlung von Insolvenzanfechtungstatbestaumlnden beizutragen

Auszligersteuerliche Auskunftsrechte des Insolvenzverwalters zur Vorbereitung der Geltendmachung von Anfechtungsanspruumlchen nach sectsect 129 ff InsO koumlnnen sich jedoch nach den jeweils einschlaumlgigen Regelungen eines IFG ergeben wenn der Schuldner zustimmt (sect 30 Abs 4 Nr 3 AO)

5 Insolvenzforderungen

51 Begriff

Eine Insolvenzforderung ist eine zur Zeit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens begruumlndete Forderung des Glaumlubigers gegen den Schuldner (sect 38 InsO) Der Zeitpunkt der steuerrechtlichen Entstehung der Forderung ist fuumlr diese Einordnung unmaszliggeblich so dass eine Abgabenforderung - unabhaumlngig von der steuerrechtlichen Entstehung - immer dann als Insolvenzforderung anzusehen ist wenn ihr Rechtsgrund zum Zeitpunkt der Verfahrenseroumlffnung bereits gelegt war bzw der den Steueranspruch begruumlndende Tatbestand nach den steuerrechtlichen Vorschriften bereits vor der Insolvenzeroumlffnung vollstaumlndig verwirklicht und damit abgeschlossen war es sei denn dass der Tatbestand der sect 55 Abs 2 oder 4 InsO erfuumlllt ist

Ist die Steuerforderung im Zeitpunkt der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gem sect 38 AO entstanden (z B Eroumlffnung im Laufe des Umsatzsteuer-Voranmeldungszeitraums) ist nur die zum Eroumlffnungszeitpunkt

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bereits begruumlndete Teilsteuerforderung Insolvenzforderung Der nach Eroumlffnung begruumlndete Teil ist Masseforderung

Abgabenanspruumlche die lediglich begruumlndet aber noch nicht faumlllig sind gelten im Zeitpunkt der Verfahrenseroumlffnung als faumlllig (sect 41 InsO)

Beispiel 1 (Umsatzsteuer)

Die Umsatzsteuerforderung entsteht bei Sollversteuerung erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums in dem die Leistungen ausgefuumlhrt worden sind (sect 13 Abs 1 Nr 1 Buchstabe a UStG) Dagegen ist sie grundsaumltzlich bereits begruumlndet soweit die Leistung erbracht ist

Im Falle der Istversteuerung nach sect 20 UStG entsteht die Umsatzsteuerforderung erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist (sect 13 Abs 1 Nr 1 Buchstabe b UStG) Insolvenzrechtlich begruumlndet ist sie bereits im Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts (BFH-Urteil vom 2912009 V R 6407 BStBl II S 682) Das Gleiche gilt fuumlr die Anzahlungsbesteuerung nach sect 13 Abs 1 Nr 1 Buchstabe a Satz 4 UStG

Zur Verteilung auf die einzelnen Vermoumlgensbereiche vgl AEAO zu sect 251 Nr 92

Beispiel 2 (Vorsteuerruumlckforderung)

Der Vorsteuerruumlckforderungsanspruch (sect 17 Abs 1 Satz 2 in Verbindung mit sect 17 Abs 2 Nr 1 UStG) entsteht ebenfalls erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums ist aber zur Zeit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens bereits begruumlndet weil die Uneinbringlichkeit spaumltestens zu diesem Zeitpunkt bereits vorlag (BFH-Urteil vom 22102009 V R 1408 BStBl II 2011 S 988 und vom 9122010 V R 2210 BStBl II 2011 S 996)

Beispiel 3 (Lohnsteuer)

Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zuflieszligt (sectsect 38 Abs 2 41a Abs 1 EStG) Sie ist regelmaumlszligig auch in diesem Zeitpunkt begruumlndet iSv sect 38 InsO unabhaumlngig davon fuumlr welchen Zeitraum die Lohnzahlungen erfolgen

Beispiel 4 (Ruumlckforderung Investitionszulage)

Der Anspruch auf Ruumlckforderung einer gewaumlhrten Investitionszulage ist vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens begruumlndet wenn das zulagenbeguumlnstigte Wirtschaftsgut vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens bereits zulagenschaumldlich verwendet wurde (zB Veraumluszligerung oder Umqualifizierung von Anlagevermoumlgen in Umlaufvermoumlgen)

Die nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter erfolgte zulagenschaumldliche Verwendung des Wirtschaftsgutes fuumlhrt ebenfalls zu einer Insolvenzforderung Der Ruumlckforderungsanspruch war schon vor der Eroumlffnung begruumlndet weil das vom Schuldner geschaffene oumlffentlich-rechtliche Verhaumlltnis zur Finanzbehoumlrde aus dem spaumlter der Ruumlckforderungsanspruch entstanden ist zum Zeitpunkt der Verfahrenseroumlffnung bereits bestand

Beispiel 5 (Kraftfahrzeugsteuer)

Die auf Zeitraumlume vor Verfahrenseroumlffnung bzw vor Bestellung eines bdquostarkenldquo vorlaumlufigen Insolvenzverwalters entfallende Steuer gehoumlrt zu den Insolvenzforderungen Es ist eine Aufteilung des Besteuerungszeitraums und Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer nach Monaten uU nach Tagen vorzunehmen (BFH-Urteil vom 16112004 VII R 6203 BStBl 2005 II S 309 und BFH-Beschluss vom 871997 VII B 8997 BFHNV 1998 S 86)

Beispiel 6 (Einkommen- und Koumlrperschaftsteuer)

Die Einkommen- und Koumlrperschaftsteuer auf die bis zur Insolvenzeroumlffnung erzielten Einkuumlnfte stellt eine Insolvenzforderung dar

Fuumlr die Zuordnung der Einkuumlnfte und fuumlr die Verteilung der Steuer auf die einzelnen Vermoumlgensbereiche vgl AEAO zu sect 251 Nr 91

Verspaumltungszuschlaumlge sind Insolvenzforderungen (BFH-Beschluss vom 1912005 VII B 28604 BFHNV S 1001) wenn sie auf Fristversaumlumnissen des Schuldners bis zur Insolvenzeroumlffnung beruhen

Saumlumniszuschlaumlge und Zinsen die seit Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens auf Insolvenzforderungen entstanden sind sowie ruumlckstaumlndige Buszliggelder und Zwangsgelder sind nachrangige Insolvenzforderungen iSd sect 39 InsO

52 Geltendmachung von Insolvenzforderungen

Insolvenzforderungen sind schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden (sect 174 Abs 1 InsO) Hierzu wird vom Insolvenzverwalter eine Tabelle gefuumlhrt in die er jede angemeldete Forderung mit den in sect 174 Abs 2 3 InsO genannten Angaben einzutragen hat (sectsect 174 175 InsO) Nachrangige Insolvenzforderungen sind nur auf besondere Aufforderung durch das Insolvenzgericht hin anzumelden (sect 174 Abs 3 InsO)

53 Insolvenzforderungen im Pruumlfungstermin Auswirkung auf das Besteuerungsverfahren

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Wegen der Auswirkungen auf das Steuerfestsetzungs- und Rechtsbehelfsverfahren ist fuumlr die weitere Bearbeitung zunaumlchst zu unterscheiden ob die Forderung im Pruumlfungstermin (sect 29 Abs 1 Nr 2 InsO) bestritten wurde

531 Vom Insolvenzverwalter oder einem Glaumlubiger bestrittene Forderungen

Ist eine angemeldete Abgabenforderung nach Grund und Houmlhe im Pruumlfungstermin bestritten worden muss weiter differenziert werden ob der Anspruch tituliert ist

Von einer Titulierung im insolvenzrechtlichen Sinne ist auszugehen wenn vor Insolvenzeroumlffnung ein Bescheid bekannt gegeben oder eine Steueranmeldung abgegeben worden ist Arrestanordnungen sind keine Titel iSd sect 179 InsO

Nicht titulierte Anspruumlche sind Steuerforderungen die im Zeitpunkt der Verfahrenseroumlffnung begruumlndet (sect 38 InsO vgl AEAO zu sect 251 Nr 51) waren fuumlr die aber bis zur Insolvenzeroumlffnung noch kein Steuerbescheid wirksam bekannt gegeben wurde oder fuumlr die noch keine Steueranmeldung abgegeben wurde oder diese erst nach Verfahrenseroumlffnung beim Finanzamt eingegangen ist

5311 Nicht titulierte Forderungen

Wird eine nicht titulierte Forderung bestritten stellt das Finanzamt das Bestehen der Abgabenforderung durch Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO fest Inhalts- und Bekanntgabeadressat ist der Bestreitende (Insolvenzverwalter oder -glaumlubiger sect 179 Abs 1 InsO)

5312 Titulierte Forderungen

Wird eine titulierte Abgabenforderung bestritten obliegt es dem Bestreitenden den Widerspruch zu verfolgen (sect 179 Abs 2 InsO) Es bleibt dem Finanzamt unbenommen - insbesondere zur Erlangung des Stimmrechts (sect 77 InsO) - das durch die Verfahrenseroumlffnung unterbrochene Verfahren selbst aufzunehmen (grundlegend BVerwG-Urteil vom 2941988 8 C 7385 NJW 1989 S 314 und Abschnitt 60 Abs 7 VollstrA)

53121 Nicht bestandskraumlftiger und nicht angefochtener Steuerbescheid

War der Steuerbescheid vor Eroumlffnung des Verfahrens noch nicht bestandskraumlftig und wurde noch kein Rechtsbehelf eingelegt ist der Lauf der Rechtsbehelfsfrist durch die Eroumlffnung des Verfahrens unterbrochen Das Finanzamt hat dem Bestreitenden die Aufnahme des Rechtsstreits zu erklaumlren (analog sect 240 ZPO) Mit der Bekanntgabe dieser Erklaumlrung beginnt die durch die Verfahrenseroumlffnung unterbrochene Einspruchsfrist neu zu laufen

53122 Angefochtener Steuerbescheid

War der Steuerbescheid vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht bestandskraumlftig und vom Schuldner oder dem vorlaumlufigen bdquostarkenldquo Insolvenzverwalter mit einem zulaumlssigen Einspruch oder einer zulaumlssigen Klage angefochten hat der Insolvenzverwalter die Moumlglichkeit - ggf nach entsprechender Aufforderung durch das Finanzamt - das Rechtsbehelfsverfahren aufzunehmen und fortzufuumlhren Das vom Insolvenzverwalter aufgenommene Einspruchsverfahren ist vom Finanzamt weiter zu betreiben

Nimmt der Insolvenzverwalter trotz Aufforderung durch das Finanzamt seinen Widerspruch gegen die Forderungsanmeldung innerhalb einer angemessenen Frist nicht zuruumlck und den Rechtsstreit von sich auch nicht auf nimmt das Finanzamt das Einspruchsverfahren auf und fuumlhrt dieses fort (BFH-Urteil vom 13112007 VII R 6106 BStBl 2008 II S 790)

Das Einspruchsverfahren wird in dem Verfahrensstand fortgesetzt in dem es bei seiner Unterbrechung zum Stillstand gekommen ist

Kann dem Einspruch in der Sache (Houmlhe der festgesetzten Steuer) nicht in vollem Umfang entsprochen werden ist er durch Einspruchsentscheidung (u U teilweise) als unbegruumlndet zuruumlckzuweisen Die Einspruchsentscheidung ist dem Insolvenzverwalter als Einspruchsfuumlhrer bekannt zu geben In diesen Faumlllen ist kein Feststellungsbescheid gem sect 251 Abs 3 AO zu erlassen

Die Einspruchsentscheidung muss sich sowohl auf die Rechtmaumlszligigkeit der Steuerforderung als auch auf die rechtmaumlszligige Beanspruchung der Steuerforderung als Insolvenzforderung erstrecken Dazu ist im Tenor uumlber den Einspruch gegen die Steuerfestsetzung und uumlber den im Pruumlfungstermin erhobenen Widerspruch zu entscheiden (BFH-Urteil vom 2322005 VII R 6303 BStBl II S 591)

Beispiel der Tenorierung

Der Einspruch gegen den Bescheid vom hellip wird als unbegruumlndet zuruumlckgewiesen

Die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen werden wie folgt als Insolvenzforderungen festgestellt (Aufstellung der geltend gemachten Steuerforderungen nebst Saumlumniszuschlaumlgen wie beim Insolvenzfeststellungsbescheid)

Soweit wegen der streitigen Steuer eine Anmeldung zur Tabelle (sect 175 InsO) vorgenommen wurde ist die Anmeldung im Anschluss an den Erlass der Einspruchsentscheidung entsprechend zu berichtigen

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Eine Verboumlserung in der Einspruchsentscheidung ist hingegen unzulaumlssig da die Verboumlserung einer nicht zulaumlssigen erstmaligen Festsetzung einer Steuerschuld gleichstehen wuumlrde Die ggf houmlhere Steuerforderung muss durch Anmeldung zur Insolvenztabelle geltend gemacht werden

Falls beim Finanzgericht oder beim BFH Rechtsbehelfsverfahren anhaumlngig sind informiert die Finanzbehoumlrde das Gericht uumlber das Ergebnis des Pruumlfungstermins

53123 Bestandskraumlftiger Steuerbescheid

War die Abgabenforderung vor der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens bereits bestandskraumlftig festgesetzt wirkt die Bestandskraft auch gegen den Widersprechenden Diesem obliegt die Verfolgung seines Widerspruchs Dabei muss er das Verfahren in der Lage uumlbernehmen in der es sich bei Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens befand Liegen keine Wiedereinsetzungsgruumlnde vor und sind die Voraussetzungen der Korrekturvorschriften (insbesondere sectsect 129 ff 164 165 172 ff AO) nicht erfuumlllt erlaumlsst das Finanzamt einen Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO und stellt die Bestandskraft der angemeldeten Forderung fest (BFH-Urteil vom 2322010 VII R 4807 BStBl II S 562)

532 Vom Schuldner bestrittene Forderungen

Auch dem Schuldner steht das Widerspruchsrecht zu Dieser Widerspruch steht jedoch der Feststellung der Forderung nicht entgegen (sect 178 Abs 1 Satz 2 InsO)

Trotz Widerspruchs des Schuldners tritt die Rechtskraftwirkung des Tabelleneintrags ein (sect 178 Abs 3 InsO) Soweit der Schuldner die zur Tabelle angemeldete Forderung bestreitet wirkt der Tabelleneintrag nach Insolvenzbeendigung nicht gegen den Schuldner (sect 201 Abs 2 InsO) insbesondere ist keine Vollstreckung aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil gegen den Schuldner zulaumlssig (vgl hierzu AEAO zu sect 251 Nr 534)

Im Falle einer titulierten Forderung obliegt es dem Schuldner binnen einer Frist von einem Monat beginnend ab dem Pruumlfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung den Widerspruch zu verfolgen Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben (sect 184 Abs 2 InsO)

Erfolgt der Widerspruch des Schuldners rechtzeitig kann ein unterbrochenes Einspruchsverfahren vom Finanzamt gegenuumlber dem Schuldner fortgefuumlhrt werden (sect 184 Abs 1 Satz 2 InsO)

Haben sowohl der Insolvenzverwalter als auch der Schuldner widersprochen ist es zulaumlssig den unterbrochenen Rechtsstreit sowohl gegen den Insolvenzverwalter als auch gegen den Schuldner aufzunehmen und damit denselben Rechtsstreit einmal gegen den Insolvenzverwalter auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle und zum anderen auf Feststellung der Forderung gegenuumlber dem Schuldner fortzufuumlhren Es handelt sich dabei um zwei miteinander verbundene Rechtsbehelfe mit verschiedenen Rechtsbehelfsbegehren (BFH-Urteil vom 13112007 VII R 6106 BStBl 2008 II S 790)

Wird eine nicht titulierte Forderung vom Schuldner bestritten kann das Finanzamt das Bestehen der Abgabenforderung durch Bescheid nach sect 251 Abs 3 AO feststellen (sect 180 Abs 1 Satz 1 InsO) Dieser Bescheid ist an den Schuldner zu richten und diesem bekannt zu geben

533 Feststellung der Forderung zur Tabelle

Werden die angemeldeten Forderungen im Pruumlfungstermin weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzglaumlubiger bestritten oder wird ein erhobener Widerspruch beseitigt so gelten sowohl die titulierten als auch die nicht titulierten Forderungen als festgestellt (sect 178 Abs 1 InsO)

Die Eintragung der Feststellung zur Tabelle wirkt gegenuumlber dem Insolvenzverwalter und den uumlbrigen Insolvenzglaumlubigern wie ein rechtskraumlftiges Urteil (sect 178 Abs 3 InsO) unabhaumlngig davon ob ein Steuerbescheidergangen ist Zur Moumlglichkeit der Aumlnderung eines festgestellten Tabelleneintrags vgl AEAO zu sect 251 Nr 535

Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzglaumlubiger aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben sofern nicht Restschuldbefreiung eingetreten ist oder noch ein Widerspruch des Schuldners (vgl AEAO zu sect 251 Nr 532) vorliegt

Die widerspruchslose Feststellung einer Steuerforderung zur Insolvenztabelle bewirkt zwar die Erledigung eines wegen dieser Forderung gefuumlhrten Finanzrechtsstreits in der Hauptsache beendet aber nicht zugleich die Unterbrechung (vgl AEAO zu sect 251 Nrn 412 und 413) des finanzgerichtlichen Verfahrens (BFH-Beschluss vom 1452013 X B 13412 BStBl II S 585)

534 Feststellungsbescheid gem sect 251 Abs 3 AO

Der Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO ist kein Steuerbescheid iSv sectsect 155 ff AO Eine Korrektur richtet sich nach den sectsect 129 bis 131 AO

535 Aumlnderung von zur Insolvenztabelle festgestellten Steuerforderungen

Der widerspruchslosen Eintragung in die Insolvenztabelle kommt dieselbe Wirkung wie der beim Bestreiten vorzunehmenden Feststellung gem sect 185 InsO iVm sect 251 Abs 3 AO zu und kann wie diese zugunsten des Schuldners unter den Voraussetzungen der sectsect 130 131 AO korrigiert werden (BFH-Urteile vom 24112011 V R 1311 BStBl 2012 II S 298 und vom 24112011 V R 2010 BFHNV 2012 S 711)

217

Eine Nachmeldung von Insolvenzforderungen zur Tabelle fuumlr Besteuerungszeitraumlume fuumlr die bereits ein festgestellter Tabelleneintrag vorliegt ist zulaumlssig (vgl BGH-Urteil vom 1912012 IX ZR 411 ZInsO S 488)

6 Sonstige Masseverbindlichkeiten (sect 55 InsO)

61 Begruumlndung von sonstigen Masseverbindlichkeiten

Die durch die Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse nach der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens begruumlndeten Abgabenforderungen (sonstige Masseverbindlichkeiten nach sect 55 Abs 1 InsO) sind vorweg zu begleichen (sect 53 InsO) Nach der Insolvenzeroumlffnung sind die Abgabenanspruumlche begruumlndet wenn der einzelne (unselbstaumlndige) Besteuerungstatbestand nach der Insolvenzeroumlffnung vollstaumlndig verwirklicht wurde (BFH-Urteile vom 832012 V R 2411 BStBl II S 466 vom 2572012 VII R 2911 BStBl II 2013 S 36 und vom 1652013 IV R 2311 BStBl II S 759) Dazu gehoumlren insbesondere

- nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens begruumlndete Umsatzsteuer

- nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens vereinnahmte Umsatzsteuer aus Umsaumltzen vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens Dies gilt sowohl bei Istversteuerung (BFH-Urteil vom 2912009 V R 6407 BStBl II S 682) als auch bei Sollversteuerung (BFH-Urteil vom 9122010 V R 2210 BStBl 2011 II S 996)

- Umsatzsteuer aufgrund Vorsteuerberichtigung i S v sect 15a UStG (BFH-Urteile vom 922011 XI R 3509 BStBl II S 1000 und vom 832012 V R 2411 aaO)

- EinkommensteuerKoumlrperschaftsteuer die sich auf Einkuumlnfte aus der Verwaltung oder der Verwertung der Masse gruumlndet Die Steuerschuld stellt auch dann in voller Houmlhe eine Masseverbindlichkeit dar wenn der (tatsaumlchlich) zur Masse gelangte Erloumls nicht ausreicht um die aus der Verwertungshandlung resultierende Einkommen-Koumlrperschaftsteuerforderung zu befriedigen (vgl BFH-Urteil vom 1652013 IV R 2311 aaO)

- Einkommensteuer eines in Insolvenz befindlichen Mitunternehmers die auf seinem nach Insolvenzeroumlffnung begruumlndeten Gewinnanteil beruht (vgl BFH-Urteil vom 1852010 X R 6008 BStBl 2011 II S 429)

- Gewerbesteuer bei Weiterfuumlhrung des Gewerbebetriebs durch den Insolvenzverwalter

- Lohnsteuer auf nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens ausgezahlte Arbeitsloumlhne

- Kraftfahrzeugsteuer fuumlr den laufenden Entrichtungszeitraum ab der Verfahrenseroumlffnung und fuumlr alle danach beginnenden Entrichtungszeitraumlume sofern das Fahrzeug Teil der Insolvenzmasse ist (vgl BFH-Urteile vom 1342011 II R 4909 BStBl II S 944 und vom 892011 II R 5410 BStBl 2012 II S 149)

Weitere Masseverbindlichkeiten sind

- Verbindlichkeiten die von einem vorlaumlufigen Insolvenzverwalter begruumlndet worden sind auf den die Verfuumlgungsbefugnis uumlber das Vermoumlgen des Schuldners uumlbergegangen ist (sect 55 Abs 2 Satz 1 InsO) sowie

- Verbindlichkeiten des Schuldners aus dem Steuerschuldverhaumlltnis die von einem vorlaumlufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorlaumlufigen Insolvenzverwalters begruumlndet worden sind (sect 55 Abs 4 InsO) Zur Anwendung des sect 55 Abs 4 InsO siehe BMF-Schreiben vom 1712012 BStBl I S 120

Die als Masseverbindlichkeiten entstehenden Abgabenanspruumlche sind durch Steuerbescheid geltend zu machen (BFH-Urteil vom 672011 II R 3410 BFHNV 2012 S 10) Der Insolvenzverwalter ist Bekanntgabeadressat (vgl AEAO zu sect 122 Nr 14) Die Masse betreffende Verwaltungsakte koumlnnen nicht durch die Bekanntgabe an den Schuldner wirksam werden Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet die entsprechenden Steuererklaumlrungen einschlieszliglich Steueranmeldungen abzugeben (vgl AEAO zu sect 251 Nr 42)

Er ist dem Masseglaumlubiger zum Schadensersatz verpflichtet wenn er durch eine Rechtshandlung eine Masseverbindlichkeit begruumlndet die aus der Masse nicht voll erfuumlllt werden kann und er bei der Begruumlndung der Verbindlichkeit erkennen konnte dass die Masse voraussichtlich zur Erfuumlllung nicht ausreichen wuumlrde (sect 61 InsO) Der Schadensersatzanspruch kann nur zivilrechtlich geltend gemacht werden

Sind die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt reicht die Insolvenzmasse jedoch nicht aus um die faumllligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfuumlllen hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht die Masseunzulaumlnglichkeit anzuzeigen (sect 208 Abs 1 Satz 1 InsO)

Die Rangfolge der Vorwegbefriedigung von Masseverbindlichkeiten richtet sich nach sect 209 InsO Zunaumlchst werden die Kosten des Insolvenzverfahrens das sind die Gerichtskosten und die Verguumltung des Insolvenzverwalters sowie ggf des Glaumlubigerausschusses danach die Neumasseverbindlichkeiten (Verbindlichkeiten die nach Anzeige der Masseunzulaumlnglichkeit begruumlndet wurden) und schlieszliglich die Altmasseverbindlichkeiten befriedigt

62 Durchsetzung von sonstigen Masseverbindlichkeiten

218

Werden sonstige Masseverbindlichkeiten vom Insolvenzverwalter nicht entrichtet ist dieser zur unverzuumlglichen Zahlung aufzufordern Die Vollstreckung gegen die Masse richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der AO Grundsaumltzlich ist waumlhrend der Dauer des Insolvenzverfahrens die Vollstreckung in die Insolvenzmasse durch Masseglaumlubiger - vorbehaltlich sect 90 Abs 1 InsO - zulaumlssig weil sect 89 InsO nur fuumlr Insolvenzglaumlubiger gilt Mit der Anzeige der Masseunzulaumlnglichkeit greift allerdings fuumlr Masseglaumlubiger das Vollstreckungsverbot wegen Altmasseverbindlichkeiten i S v sect 209 Abs 1 Nr 3 InsO (sect 210 InsO) Ein gesetzlich verankertes Vollstreckungsverbot fuumlr Neumasseglaumlubiger enthaumllt die InsO nicht Der Insolvenzverwalter kann die Zahlung auf Neumasseverbindlichkeiten verweigern sobald sich herausstellt dass die Masse nicht zur vollen Befriedigung aller Neumasseglaumlubiger ausreicht Fuumlr diese greift der Grundsatz der Gleichbehandlung saumlmtlicher Glaumlubiger so dass lediglich eine quotale Befriedigung verlangt werden kann

7 Insolvenzfreies Vermoumlgen

Uumlbt der Schuldner eine selbstaumlndige Taumltigkeit aus oder beabsichtigt er demnaumlchst eine solche Taumltigkeit auszuuumlben hat der Insolvenzverwalter ihm gegenuumlber zu erklaumlren ob Vermoumlgen aus der selbstaumlndigen Taumltigkeit zur Insolvenzmasse gehoumlrt und ob Anspruumlche aus dieser Taumltigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden koumlnnen sect 35 Abs 2 Satz 1 InsO Die Wirksamkeit der Erklaumlrung wird dabei allerdings nicht vom Insolvenzgericht uumlberpruumlft Das Amtsgericht uumlbernimmt lediglich die Vorgaben des Insolvenzverwalters dh der Zugang der Erklaumlrung beim Schuldner ist vom Insolvenzverwalter gegenuumlber dem Finanzamt nachzuweisen Eine einmal erteilte Freigabeerklaumlrung ist fuumlr den Insolvenzverwalter unwiderruflich

Steuererstattungsanspruumlche innerhalb dieses freigegebenen Neuerwerbes stehen immer dem Schuldner zu Das Finanzamt kann - sofern keine Aufrechnungslage besteht - nach Bekanntgabe der Freigabe solche Guthaben aus dem insolvenzfreien Neuerwerb nur noch schuldbefreiend an ihn leisten Steuerzahlungen fuumlr das insolvenzfreie Vermoumlgen sind vom Schuldner zu leisten

Einkommensteuernachzahlungen die auf Einkuumlnften aus nichtselbstaumlndiger Taumltigkeit oder Renten beruhen stellen Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermoumlgen dar (BFH-Urteile vom 2422011 VI R 2110 BStBl II S 520 sowie vom 2772011 VI R 911 BFHNV S 2111 f)

8 Aufrechnung im Insolvenzverfahren

Fuumlr die Aufrechnung in Insolvenzfaumlllen gelten die allgemeinen Grundsaumltze der sect 226 AO i V m sectsect 387 ff BGB es sind jedoch die Aufrechnungsverbote der sectsect 95 und 96 InsO zu beachten

Die Steuerberechnung nach sectsect 16 ff UStG ist keine Aufrechnung so dass sie auch nicht den Beschraumlnkungen der sectsect 94 ff InsO unterliegt (BFH-Urteil vom 24112011 V R 1311 BStBl II 2012 S 298)

War ein Glaumlubiger zum Zeitpunkt der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens zur Aufrechnung berechtigt so kann die Aufrechnung auch noch im Insolvenzverfahren erklaumlrt werden (sect 94 InsO) Zur Aufrechnung im Planverfahren vgl AEAO zu sect 251 Nr 11 zur Aufrechnung im Restschuldbefreiungsverfahren vgl AEAO zu sect 251 Nr 152

Nach sect 95 Abs 1 InsO kann (noch) nicht aufgerechnet werden wenn die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen aufschiebend bedingt oder noch nicht faumlllig sind Die Aufrechnung kann erst erfolgen wenn die Voraussetzungen (Unbedingtheit oder Faumllligkeit) eingetreten sind hierbei ist die Faumllligkeitsfiktion des sect 41 InsO nicht anzuwenden Es gilt allein die steuerrechtliche Faumllligkeit (sect 220 AO)

Wird uumlber das Vermoumlgen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eroumlffnet werden die in diesem Zeitpunkt entstandenen Steuerforderungen des Finanzamts - vorbehaltlich spezieller steuergesetzlicher Faumllligkeitsbestimmungen - faumlllig ohne dass es dafuumlr ihrer Festsetzung oder Feststellung durch Verwaltungsakt oder einer Anmeldung der Forderung zur Tabelle beduumlrfte (BFH-Urteil vom 452004 VII R 4503 BStBl II S 815) Entsteht der Steuererstattungsanspruch dem Grunde nach vor Erteilung der Restschuldbefreiung so kann die Aufrechnung ungeachtet der noch nicht erfolgten Festsetzung des Steuererstattungsanspruchs bereits nach dessen Entstehung erklaumlrt werden

Eine Aufrechnung ist unzulaumlssig

- wenn ein Insolvenzglaumlubiger erst nach der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Masse schuldig geworden ist (sect 96 Abs 1 Nr 1 InsO)

Beispiel

Eine vor der Verfahrenseroumlffnung faumlllige Umsatzsteuerforderung kann nicht gegen einen Vorsteuererstattungsanspruch aufgerechnet werden der aufgrund von Umsaumltzen nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens begruumlndet ist

Eine Aufrechnung ist aber zulaumlssig wenn die Gegenforderung und die Hauptforderung vor Verfahrenseroumlffnung begruumlndet worden sind

Beispiel

Die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt am 2112011 Die Einkommensteuer 2010 wurde als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet Die nach Eroumlffnung des Verfahrens durchgefuumlhrte Festsetzung der Umsatzsteuer 2010 (vgl AEAO zu sect 251 Nr 431) fuumlhrte zu einer Erstattung

219

Mit dem Anspruch auf Einkommensteuernachzahlung 2010 kann gegen den Umsatzsteuererstattungsanspruch 2010 aufgerechnet werden

Wurden beide Anspruumlche nach der Verfahrenseroumlffnung im Bereich der Insolvenzmasse begruumlndet ist eine Aufrechnung ebenfalls zulaumlssig

- wenn ein Insolvenzglaumlubiger die Moumlglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat (sect 96 Abs 1 Nr 3 InsO)

Beispiel

Die Vorsteuer aus der Verguumltung des vorlaumlufigen Insolvenzverwalters welche nach Insolvenzeroumlffnung in Rechnung gestellt wurde kann regelmaumlszligig mit zur Zeit der Insolvenzeroumlffnung bestehenden Forderungen des Finanzamts nicht aufgerechnet werden Die Rechtshandlung die der Vorsteuerverguumltung zugrunde liegt ist in der kritischen Zeit vor Insolvenzeroumlffnung erfolgt und stellt daher haumlufig eine anfechtbare Rechtshandlung dar (vgl BFH-Urteile vom 2112010 VII R 610 BStBl 2011 II S 374 und VII R 6210 BStBl 2011 II S 439)

Lagen zum Zeitpunkt der Begruumlndung der Gegenforderung und der Hauptforderung die Anfechtungsvoraussetzungen der sectsect 129 ff InsO nicht vor ist die Aufrechnung zulaumlssig

Beispiel

Die Insolvenzeroumlffnung erfolgte am 332012 aufgrund des Insolvenzantrags vom 2112011 Es wurde eine Umsatzsteuervoranmeldung fuumlr Oktober 2011 mit einem Umsatzsteuerguthaben eingereicht bei der die Guthaben aus Wareneinkaumlufen aus Juni 2011 beruhen die Rechnung aber erst im Oktober 2011 erstellt wurde Die Umsatzsteuervoranmeldung April 2011 fuumlhrte zu einer Nachzahlung die zur Tabelle angemeldet wurde

Das Guthaben aus der Umsatzsteuervoranmeldung Oktober 2011 kann mit der Umsatzsteuer April 2011 aufgerechnet werden

oder

- wenn ein Glaumlubiger dessen Forderung aus dem insolvenzfreien Vermoumlgen des Schuldners zu erfuumlllen ist etwas zur Insolvenzmasse schuldet (sect 96 Abs 1 Nr 4 InsO)

Beispiel

Der Schuldner hat aus seiner freigegebenen selbstaumlndigen Taumltigkeit Umsatzsteuer in Houmlhe von 10000 euro zu zahlen Gleichzeitig steht der Insolvenzmasse aus Umsaumltzen die der Insolvenzverwalter getaumltigt hat eine Umsatzsteuererstattung von 5000 euro zu

Eine Aufrechnung der Umsatzsteuererstattung zur Masse mit der Zahllast aus dem insolvenzfreien Vermoumlgen ist nicht moumlglich

Eine Aufrechnung eines Erstattungsanspruchs aus dem insolvenzfreien Vermoumlgen mit Insolvenzforderungen ist aber zulaumlssig (BFH-Beschluss vom 192010 VII R 3508 BStBl 2011 II S 336)

Beispiel

Der Schuldner erzielt nach der Insolvenzeroumlffnung ausschlieszliglich Einkuumlnfte aus einer freigegebenen selbstaumlndigen Taumltigkeit i H v 10000 euro und leistet Einkommensteuervorauszahlungen i H v 400 euro Die Jahressteuer wird auf 150 euro festgesetzt

Der Erstattungsanspruch i H v 250 euro steht dem Schuldner zu weil er die Vorauszahlungen aus dem freigegebenen Vermoumlgen geleistet hat

Eine Aufrechnung mit Insolvenzforderungen ist moumlglich

9 Verteilung der Steuerforderungen und -erstattungsanspruumlche auf die insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereiche

Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis koumlnnen sich gegen unterschiedliche insolvenzrechtliche Vermoumlgensbereiche (vorinsolvenzrechtlicher Vermoumlgensteil Insolvenzmasse ggf insolvenzfreies Vermoumlgen) richten

91 Einkommensteuer

Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer die mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht (zur Entstehung der Einkommensteuervorauszahlungen siehe sect 37 Abs 1 EStG) Die festgesetzte Jahressteuer ist grundsaumltzlich im Verhaumlltnis der Einkuumlnfte den verschiedenen insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereichen zuzuordnen Die Verteilung der Einkuumlnfte auf die einzelnen Vermoumlgensbereiche hat nach Maszliggabe der in den einzelnen Abschnitten zu beruumlcksichtigenden Besteuerungsmerkmale zu erfolgen Da eine konkrete Zuordnung haumlufig nicht moumlglich ist koumlnnen die Einkuumlnfte im Schaumltzungswege zeitanteilig zugeordnet werden es sei denn dies fuumlhrt zu einer offensichtlich unzutreffenden Verteilung zB bei Aufdeckung stiller Reserven (BFH-Urteil vom 2931984 IV R 27183 BStBl II S 602) Aufloumlsung von Ruumlckstellungen oder Einkuumlnften aus insolvenzfreiem Vermoumlgen

220

Beispiel

Das Insolvenzgericht eroumlffnete am 1701 das Insolvenzverfahren Der Steuerpflichtige erzielte im Jahr 01 insgesamt Einkuumlnfte von 100000 euro Hiervon entfallen 60000 euro auf die Veraumluszligerung eines Grundstuumlcks durch den Insolvenzverwalter im Oktober 01 Weitere Einkuumlnfte i H v 10000 euro entfallen auf den Gewinn aus einer vom Insolvenzverwalter freigegebenen selbststaumlndigen Taumltigkeit des Schuldners Hinsichtlich der restlichen Einkuumlnfte von 30000 euro ist eine Zuordnung auf Zeitraumlume vor Insolvenzeroumlffnung und nach Insolvenzeroumlffnung nicht moumlglich

Die Verteilung hat vorrangig nach Zuordnung zu den Geschaumlftsvorfaumlllen zu erfolgen da eine zeitanteilige Verteilung aller Einkuumlnfte hier zu einem unzutreffenden Ergebnis fuumlhren wuumlrde

Einkuumlnfte Durch vorinsolvenzrechtliches

Vermoumlgen begruumlndet

(Insolvenzforderung)

Durch Insolvenzmasse

begruumlndet

(Masseverbindlichkeit)

Insolvenzfreies

Vermoumlgen

Zuordnung nach

Geschaumlftsvorfaumlllen

70000 euro 60000 euro 10000 euro

Zeitanteilig zugeordnet 30000 euro 15000 euro 15000 euro 0 euro

Summe 100000 euro 15000 euro 75000 euro 10000 euro

911 Einzelveranlagung

Die festgesetzte Jahressteuer ist im ermittelten Verhaumlltnis der Einkuumlnfte (vgl AEAO zu sect 251 Nr 91) den verschiedenen insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereichen zuzuordnen

Beispiel 1

Das Insolvenzgericht eroumlffnete auf einen Insolvenzantrag vom 1601 das Insolvenzverfahren uumlber das Vermoumlgen des Schuldners am 1901 Der Steuerpflichtige erzielte im Jahr 01 insgesamt Einkuumlnfte von 120000 euro Hiervon entfallen 100000 euro auf Zeitraumlume vor Insolvenzeroumlffnung und je 10000 euro auf Einkuumlnfte der Insolvenzmasse (einschlieszliglich Einkuumlnfte i S v sect 55 Abs 4 InsO) und des insolvenzfreien Vermoumlgens Die festzusetzende Einkommensteuer betraumlgt insgesamt 12000 euro

Die festzusetzende Steuer ist den insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereichen im Verhaumlltnis der Einkuumlnfte aus den unterschiedlichen Vermoumlgensbereichen zu der Summe der Einkuumlnfte zuzuordnen

anteilige Einkuumlnfte des Vermoumlgensbereichs

Anteiliger Steuerbetrag = ----------------------------------------------------- x Gesamtsteuerbetrag

Summe der Einkuumlnfte

Summe Insolvenzforderung Masseforderung insolvenzfreies Vermoumlgen

Einkuumlnfte 120000 euro 100000 euro 10000 euro 10000 euro

Steuer 12000 euro 10000 euro 1000 euro 1000 euro

Vorauszahlungen und Steueranrechnungsbetraumlge werden bei dem insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereich beruumlcksichtigt aus dem sie geleistet wurden Steuererstattungsanspruumlche aufgrund von Steuervorauszahlungen oder Steuerabzugsbetraumlgen entstehen im Zeitpunkt der Entrichtung der Steuer bzw des Einbehalts der Steuerabzugsbetraumlge unter der aufschiebenden Bedingung dass am Ende des Veranlagungszeitraums die geschuldete Steuer geringer ist als die Summe aus geleisteten Vorauszahlungen und Steuerabzugsbetraumlgen vgl sect 36 Abs 4 EStG (BFH-Urteil vom 2911991 VII R 4590 BFHNV S 791)

Die Verteilung der Steuer der anzurechnenden Steuerabzugsbetraumlge sowie der geleisteten Vorauszahlungen auf die unterschiedlichen Vermoumlgensbereiche erfolgt im Rahmen der Anrechnungsverfuumlgung

Beispiel 2 (Fortsetzung von Beispiel 1)

Am 10301 zahlte der Schuldner 600 euro Vorauszahlungen Die festgesetzte Vorauszahlung fuumlr das II Quartal zahlte er nicht Am 10901 und am 101201 zahlte der Insolvenzverwalter jeweils 600 euro Vorauszahlungen Das Finanzamt setzte gegen den Schuldner keine Vorauszahlungen fuumlr das insolvenzfreie Vermoumlgen fest

Summe Insolvenzforderung Masseforderung Insolvenzfreies Vermoumlgen

Einkuumlnfte 120000 euro 100000 euro 10000 euro 10000 euro

Steuer 12000 euro 10000 euro 1000 euro 1000 euro

abzgl geleistete VZ 1800 euro 600 euro 1200 euro 0 euro

Zwischensumme 9400 euro - 200 euro 1000 euro

Aufgrund der Verteilung einer einheitlichen Steuerschuld ist es nicht moumlglich dass sich fuumlr einen Vermoumlgensbereich eine Erstattung und fuumlr einen anderen Vermoumlgensbereich eine Nachzahlung ergibt Die sich

221

fuumlr den Bereich Insolvenzmasse ergebende Erstattung wird daher mit den sich ergebenden Nachzahlungsbetraumlgen verrechnet wobei die Verrechnung zuerst mit der Insolvenzforderung erfolgt

Summe Insolvenzforderung Masseforderung Insolvenzfreies Vermoumlgen

Einkuumlnfte 120000 euro 100000 euro 10000 euro 10000 euro

Steuer (s Bsp 1) 12000 euro 10000 euro 1000 euro 1000 euro

abzgl VZ 1800 euro 600 euro 1200 euro 0 euro

Zwischensumme 10200 euro 9400 euro - 200 euro 1000 euro

Ausgleich 0 euro - 200 euro + 200 euro 0 euro

Ergebnis 10200 euro 9200 euro 0 euro 1000 euro

Zur Tabelle sind daher im Ergebnis 9200 euro als Insolvenzforderung anzumelden

Ergibt sich der Erstattungsbetrag im Bereich der Insolvenzforderungen ist die Verrechnung zuerst mit Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermoumlgen und ggf anschlieszligend mit Masseforderungen vorzunehmen

Ergibt sich der Erstattungsbetrag im Bereich des insolvenzfreien Vermoumlgens ist die Verrechnung zuerst mit Insolvenzforderungen und ggf anschlieszligend mit Masseforderungen vorzunehmen

912 Zusammenveranlagung

Im Fall der Zusammenveranlagung von EhegattenLebenspartnern zur Einkommensteuer wirken sich aufgrund der Gesamtschuldnerschaft (sect 44 Abs 1 AO) die Einkuumlnfte des nicht insolventen EhegattenLebenspartners auch auf die gegenuumlber den jeweiligen insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereichen festzusetzenden Steuern bzw zur Tabelle anzumeldenden Steuerforderungen aus so dass eine Verteilung der Einkuumlnfte des nicht insolventen EhegattenLebenspartners auf die unterschiedlichen insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereiche zu erfolgen hat

Die Verteilung der Einkuumlnfte des nicht insolventen EhegattenLebenspartners auf den Zeitraum vor und nach Insolvenzeroumlffnung erfolgt zeitanteilig es sei denn diese Verteilung ist offensichtlich unzutreffend Die Verteilung der Einkuumlnfte des nicht insolventen EhegattenLebenspartners die nach der Insolvenzeroumlffnung entstanden sind auf die Insolvenzmasse sowie das insolvenzfreie Vermoumlgen erfolgt im Verhaumlltnis der Einkuumlnfte des insolventen EhegattenLebenspartners in diesen insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereichen

Beispiel 3

Das Insolvenzgericht eroumlffnete am 11001 das Insolvenzverfahren uumlber das Vermoumlgen des Schuldners Der insolvente EhegatteLebenspartner erzielte im Jahr 01 insgesamt Einkuumlnfte von 120000 euro Hiervon entfallen 100000 euro auf Zeitraumlume vor Insolvenzeroumlffnung und 15000 euro auf Einkuumlnfte der Insolvenzmasse sowie 5000 euro auf das insolvenzfreie Vermoumlgen Der nichtinsolvente EhegatteLebenspartner erzielte 60000 euro im gesamten Jahr Die festzusetzende Einkommensteuer betraumlgt insgesamt 18000 euro Vorauszahlungen leisteten die Steuerpflichtigen sowie der Insolvenzverwalter nicht

Die festzusetzende Steuer ist den insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereichen im Verhaumlltnis der Einkuumlnfte aus den unterschiedlichen Vermoumlgensbereichen zu den Gesamteinkuumlnften beider EhegattenLebenspartner zuzuordnen

1 Schritt

Fuumlr die Zuordnung der vorinsolvenzrechtlichen und der nachinsolvenzrechtlichen Einkuumlnfte des nicht in Insolvenz befindlichen EhegattenLebenspartners sind die Einkuumlnfte der EhegattenLebenspartner zeitanteilig zu verteilen

Summe Insolvenzforderung Masseforderung Insolvenzfreies

Vermoumlgen

Einkuumlnfte insolventer

EhegatteLebenspartner

(s Sachverhalt Bsp 3)

120000 euro 100000 euro 15000 euro 5000 euro

Einkuumlnfte nicht insolventer

EhegatteLebenspartner

60000 euro 45000 euro 15000 euro

Die vorinsolvenzrechtlichen Einkuumlnfte des nichtinsolventen EhegattenLebenspartners betragen 45000 euro (912 von 60000 euro)

2 Schritt

In einem zweiten Schritt sind die nachinsolvenzrechtlichen Einkuumlnfte des nicht in Insolvenz befindlichen EhegattenLebenspartners (15000 euro) auf den Vermoumlgensbereich Insolvenzmasse und sofern vorhanden auf das insolvenzfreie Vermoumlgen zu verteilen

Fuumlr diese Zuordnung sind die nachinsolvenzrechtlichen Einkuumlnfte des nichtinsolventen EhegattenLebenspartners nach dem Verhaumlltnis der Einkuumlnfte des insolventen EhegattenLebenspartners in den Vermoumlgensbereichen Insolvenzmasse und insolvenzfreies Vermoumlgen zu verteilen

222

Summe Insolvenz

forderung

Masseforderung Insolvenzfreies

Vermoumlgen

Einkuumlnfte

insolventer

EhegatteLebenspartner

(s Sachverhalt)

120000 euro 100000 euro 20000euro

15000 euro (34) 5000 euro (14)

nicht insolventer

EhegatteLebenspartner

(s 1 Schritt)

60000 euro 45000 euro 15000 euro

11250 euro (34) 3750 euro (14)

Zwischensumme 180000 euro 145000 euro 26250 euro 8750 euro

Steuer 18000 euro 14500 euro 2625 euro 875 euro

Ergebnis zu Beispiel 3

Insolvenzforderungen sind iHv 14500 euro zur Tabelle anzumelden Gegen den Insolvenzverwalter sind Masseforderungen iHv 2625 euro festzusetzen und gegen den insolventen Schuldner 875 euro fuumlr den insolvenzfreien Bereich Gegen den nicht insolventen EhegattenLebenspartner ist eine Steuer iHv 18000 euro festzusetzen da er insoweit Gesamtschuldner ist

Vorauszahlungen

Sind Vorauszahlungen gegen den nicht insolventen EhegattenLebenspartner festgesetzt und geleistet worden sind diese Vorauszahlungen auf die insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereiche Insolvenzmasse und freigegebener Neuerwerb im Verhaumlltnis der Einkuumlnfte des insolventen EhegattenLebenspartners in diesen Vermoumlgensbereichen zu verteilen

Beispiel 4 (Fortsetzung von Beispiel 3)

Der Schuldner leistete keine Vorauszahlungen Am 101201 zahlte der Insolvenzverwalter 600 euro Vorauszahlungen Das Finanzamt setzte gegen den Schuldner keine Vorauszahlungen fuumlr das insolvenzfreie Vermoumlgen fest Der nicht insolvente EhegatteLebenspartner leistete Vorauszahlungen zu den jeweiligen Faumllligkeitszeitpunkten iHv insgesamt 400 euro (jeweils 100 euro)

Summe Insolvenzforderung Masseforderung Insolvenzfreies

Vermoumlgen

Einkuumlnfte

insolventer Ehegatte

Lebenspartner

(s Sachverhalt)

120000 euro 100000 euro 15000 euro 5000 euro

nicht insolventer

Ehegatte

Lebenspartner

(s 1+2 Schritt)

60000 euro 45000 euro 11250 euro 3750 euro

Zwischensumme 180000 euro 145000 euro 26250 euro 8750 euro

Steuer 18000 euro 14500 euro 2625 euro 875 euro

abzgl geleistete VZ

InsO-Schuldner

- - - -

abzgl geleistete VZ

InsO-Verwalter

600 euro - 600 euro -

abzgl geleistete VZ

nicht insolventer

Ehegatte

Lebenspartner

400 euro 300 euro 100 euro

75 euro (34) 25 euro (14)

Ergebnis 17000 euro 14200 euro 1950 euro 850 euro

600 euro geleistete Vorauszahlungen sind im Bereich der Insolvenzmasse abzuziehen Die Vorauszahlungen i H v 300 euro die der nicht insolvente EhegatteLebenspartner vor der Insolvenzeroumlffnung geleistet hatte sind im Bereich der

Insolvenzforderungen abzuziehen Die Vorauszahlung fuumlr das IV Quartal iHv 100 euro ist im Verhaumlltnis frac34 zu frac14 (= Verhaumlltnis der Einkuumlnfte des

insolventen EhegattenLebenspartners in diesem Bereich) in den Bereichen Insolvenzmasse und insolvenzfreies Vermoumlgen zu beruumlcksichtigen

Insolvenzforderungen sind iHv 14200 euro zur Tabelle anzumelden Der Insolvenzverwalter ist zur Zahlung von Masseverbindlichkeiten iHv 1950 euro und der Schuldner fuumlr den insolvenzfreien Bereich i H v 850 euro aufzufordern

223

Gegenuumlber dem nicht insolventen EhegattenLebenspartner erfolgt eine Steuerfestsetzung iHv 18000 euro Ferner ist er als Gesamtschuldner zur Zahlung von 17000 euro aufzufordern

913 Beruumlcksichtigung von Verlustvor- und -ruumlcktraumlgen

Durch die Beruumlcksichtigung des verbleibenden Verlustvortrags aus dem Vorjahr und dem Verlustruumlcktrag aus dem Folgejahr bei der Ermittlung des Aufteilungsquotienten wird die Herkunft der negativen Einkuumlnfte aus Zeitraumlumen vor oder nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens entsprechend der insolvenzrechtlichen Begruumlndetheit (sect 38 InsO) beruumlcksichtigt Zudem wird der Vorgabe des sect 10d Abs 1 und Abs 2 EStG Rechnung getragen wonach nicht ausgeglichene negative Einkuumlnfte vorrangig vor Sonderausgaben auszligergewoumlhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbetraumlgen abzuziehen sind

Der verbleibende Verlustvortrag zum 3112 des Jahres vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens ist zunaumlchst von den vorinsolvenzrechtlichen Einkuumlnften abzuziehen Ein verbleibender Verlustvortrag ist zu gleichen Anteilen von den vom Insolvenzverwalter erzielten Einkuumlnften und von insolvenzfreien Einkuumlnften abzuziehen

Der Verlustruumlcktrag nach sect 10d Abs 1 EStG aus dem Veranlagungszeitraum nach Insolvenzeroumlffnung (Folgejahr) ist zunaumlchst von den Einkuumlnften desjenigen Vermoumlgensbereichs abzuziehen in welchem im Folgejahr nicht ausgeglichene negative Einkuumlnfte angefallen sind Ein danach verbleibender Verlustruumlcktrag ist ggf dem zweiten Vermoumlgensbereich (Masseverbindlichkeit bzw insolvenzfreier Bereich) zuzuordnen Ein etwaiger Rest ist schlieszliglich von den Einkuumlnften abzuziehen die auf den Zeitraum vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens entfallen

914 Einkommensteuererstattungen

Einkommensteuererstattungen die sich bei einer nach Insolvenzeroumlffnung vorgenommenen Veranlagung ergeben stellen soweit sie nicht ausnahmsweise dem insolvenzfreien Vermoumlgen zuzurechnen sind grundsaumltzlich Vermoumlgenswerte der Insolvenzmasse dar (sect 35 Abs 1 InsO) Sie sind daher grundsaumltzlich an die Insolvenzmasse auszukehren sofern keine Aufrechnungsmoumlglichkeit besteht

Einkommensteuererstattungen die waumlhrend des Insolvenzverfahrens begruumlndet werden und aus einer Lohnsteueruumlberzahlung resultieren gehoumlren in vollem Umfang zur Insolvenzmasse (vgl BFH-Beschluss vom 2912010 VII B 18809 BFHNV S 1243)

Hat der Schuldner nach Freigabe der selbstaumlndigen Taumltigkeit Einkommensteuervorauszahlungen aus dem insolvenzfreien Vermoumlgen geleistet und ergeben sich hieraus Einkommensteuererstattungen fallen diese grundsaumltzlich in das insolvenzfreie Vermoumlgen und sind vorbehaltlich der Aufrechnung mit Insolvenzforderungen an den Schuldner auszukehren

Ergibt sich bei EhegattenLebenspartnern bei der Zusammenveranlagung eine Steuererstattung liegt im Gegensatz zur Gesamtschuldnerschaft bei Steuerschulden keine Gesamtglaumlubigerschaft vor Fuumlr die Verteilung zwischen ihnen sind die sich aus sect 37 Abs 2 AO ergebenden Grundsaumltze anzuwenden (vgl Regelungen zu sect 37 AO und BMF-Schreiben vom 3112013 BStBl I S 70)

Ergibt sich aus dieser Verteilung ein Erstattungsbetrag fuumlr den insolventen EhegattenLebenspartner so ist der Erstattungsbetrag nach den og Grundsaumltzen auf die Insolvenzmasse oder das insolvenzfreie Vermoumlgen zu verteilen

Beispiel 5

Im Rahmen einer Zusammenveranlagung von EhegattenLebenspartnern bei denen sich nur ein EhegatteLebenspartner in Insolvenz befindet ergibt sich eine Jahressteuer von 18000 euro die i H v 14500 euro auf den vorinsolvenzrechtlichen Vermoumlgensteil und i H v 3500 euro auf die Insolvenzmasse entfaumlllt

Folgende geleistete Vorauszahlungen sind anzurechnen

- Schuldner 10000 euro

- Insolvenzverwalter sowie

600 euro

- Nicht insolventer EhegatteLebenspartner bis zur Insolvenzeroumlffnung 300 euro

nach Insolvenzeroumlffnung 8100 euro

Vorauszahlungen und Steueranrechnungsbetraumlge werden bei dem insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereich beruumlcksichtigt aus denen sie geleistet wurden

Aufgrund der Verteilung einer einheitlichen Steuerschuld ist es nicht moumlglich dass sich fuumlr einen Vermoumlgensbereich eine Erstattung und fuumlr einen anderen Vermoumlgensbereich eine Nachzahlung ergibt

224

Summe Insolvenzforderung Masseforderung

Steuer 18000 euro 14500 euro 3500 euro

abzgl geleistete VZ

InsO-Schuldner

10000 euro 10000 euro -

abzgl geleistete VZ

InsO-Verwalter

600 euro - 600 euro

abzgl geleistete VZ

nicht insolventer

EhegatteLebensshy

partner

8400 euro 300 euro 8100 euro

Zwischensumme - 1000 euro 4200 euro - 5200 euro

Ausgleich 0 euro - 4200 euro 4200 euro

Ergebnis - 1000 euro 0 euro - 1000 euro

- 51579 euro - 48421 euro

Die Verteilung des Erstattungsbetrages erfolgt nach sect 37 Abs 2 AO

Vorauszahlungen aufgrund eines an beide EhegattenLebenspartner gemeinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids ohne individuelle Tilgungsbestimmung sind unabhaumlngig davon ob die EhegattenLebenspartner spaumlter zusammen oder getrennt veranlagt werden zunaumlchst auf die festgesetzten Steuern beider EhegattenLebenspartner anzurechnen (BFH-Urteil vom 2232011 VII R 4210 BStBl II S 607 sowie BMF-Schreiben vom 3112013 BStBl I S 70 zu sect 37 Abs 2 AO) Die vom Insolvenzverwalter geleisteten Vorauszahlungen sind dem insolventen EhegattenLebenspartner zuzurechnen wobei er ausschlieszliglich die auf die Insolvenzmasse entfallende Steuerschuld zahlt Die vom nichtinsolventen EhegattenLebenspartner auch nach Insolvenzeroumlffnung geleisteten Vorauszahlungen sind mangels ausdruumlcklicher Tilgungsbestimmung beiden EhegattenLebenspartnern zuzurechnen (BFH-Urteil vom 3092008 VII R 1808 BStBl 2009 II S 38)

Bei der Ermittlung der anteiligen Erstattungsbetraumlge sind saumlmtliche Vorauszahlungen und Steuerabzugsbetraumlge einzubeziehen - unabhaumlngig davon aus welchem Vermoumlgensbereich sie entstammen

Insolventer EhegatteLebenspartner - 1000 euro x [(10000 euro x frac12 + 600 euro + 8400 euro x frac12)19000 euro] = - 51579 euro

Nicht insolventer EhegatteLebenspartner - 1000 euro x [(10000 euro x frac12 + 8400 euro x frac12)19000 euro] = - 484 21 euro

92 Umsatzsteuer

Durch die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens uumlber das Vermoumlgen des leistenden Unternehmers kommt es zu einer Aufspaltung des Unternehmens in mehrere selbstaumlndige Unternehmensteile Dabei handelt es sich um die Insolvenzmasse und das vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermoumlgen sowie einen vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil Dies gilt auch in den Faumlllen der Eroumlffnung unter Anordnung der Eigenverwaltung (sect 270 Abs 1 Satz 1 InsO) sowie in den Faumlllen der Bestellung eines vorlaumlufigen Insolvenzverwalters wenn fuumlr den Schuldner ein allgemeines Verfuumlgungsverbot angeordnet worden ist (sect 21 Abs 2 Nr 2 InsO) Bei den selbstaumlndigen Unternehmensteilen handelt es sich um die Insolvenzmasse und das vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermoumlgen sowie um einen vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil Die Eingangs- und Ausgangsumsaumltze sind dem Unternehmensteil zuzuordnen der sie ausgefuumlhrt hat

Zur Wahrung des Grundsatzes der Unternehmenseinheit reicht es aus dass die Summe der fuumlr alle Unternehmensteile insgesamt festgesetzten oder angemeldeten Umsatzsteuer der Umsatzsteuer fuumlr das gesamte Unternehmen entspricht (vgl BFH-Urteil vom 9122010 V R 2210 BStBl 2011 II S 996)

Dabei koumlnnen Erstattungsanspruumlche zugunsten eines Unternehmensteils entstehen waumlhrend sich fuumlr denselben Besteuerungszeitraum Nachforderungen gegen einen anderen Unternehmensteil ergeben koumlnnen

Zu den Einzelheiten wird insbesondere auf Abschnitt 171 Abs 11 bis 16 UStAE sowie auf das BMF-Schreiben vom 1712012 BStBl I S 120 verwiesen

10 Befriedigung der Insolvenzglaumlubiger

Die Insolvenzordnung sieht zur Befriedigung der Insolvenzglaumlubiger grundsaumltzlich die Verwertung der Insolvenzmasse und die Verteilung des Erloumlses nach den Vorschriften der Insolvenzordnung vor (sectsect 159 ff 187 ff InsO) Abweichend dazu kann die Befriedigung der Glaumlubiger und die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Beteiligten durch einen Insolvenzplan (sectsect 217 ff InsO) geregelt werden Die Entscheidung uumlber den Fortgang des Verfahrens (Stilllegung oder Fortfuumlhrung Verfahren nach den Vorschriften der InsO oder nach den Regelungen eines Insolvenzplanes) trifft die Glaumlubigerversammlung

11 Insolvenzplan

225

In einem Insolvenzplan (sectsect 217 ff InsO) der vom Insolvenzverwalter ndash ggf im Auftrag der Glaumlubigerversammlung (sect 157 InsO) ndash oder vom Schuldner selbst eingebracht werden kann koumlnnen abweichend von den gesetzlichen Regelungen des Insolvenzverfahrens z B geregelt werden

- die Befriedigung der Glaumlubiger (einschlieszliglich der Absonderungsglaumlubiger)

- die Verwertung der Insolvenzmasse

- die Verteilung der Insolvenzmasse an die Beteiligten und

- die Inanspruchnahme des Schuldners nach Verfahrensbeendigung

Uumlber die Wirksamkeit eines Insolvenzplans stimmen die Glaumlubiger in Gruppen ab soweit ihnen gem sect 77 InsO ein Stimmrecht im Verfahren eingeraumlumt ist (sectsect 222 235 ff InsO)

sect 225a InsO sieht fuumlr ab dem 132012 beantragte Insolvenzverfahren die Moumlglichkeit der Umwandlung von Glaumlubigerforderungen in Mitgliedschafts- oder Anteilsrechte (bdquoDebt-Equity-Swapldquo) vor die die zustimmende Erklaumlrung des betroffenen Glaumlubigers voraussetzt Diese Zustimmung zu erteilen obliegt der steuerverwaltenden Koumlrperschaft (sect 252 AO) Eine Zustimmung zur Umwandlung von Glaumlubigerforderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte darf nur unter Beachtung der einschlaumlgigen Vorschriften (insbesondere Haushaltsordnungen) der jeweiligen steuerverwaltenden Koumlrperschaft erfolgen Die Voraussetzungen zum Erwerb von Beteiligungen an privatrechtlichen Unternehmen und damit zur Zustimmung zu einem derartigen Plan liegen regelmaumlszligig nicht vor da die unternehmerische Betaumltigung des Landes oder des Bundes auf die Verfolgung von wichtigen Interessen des Landes bzw des Bundes zu beschraumlnken ist

Weist das Insolvenzgericht den Plan nicht zuruumlck hat das Finanzamt zu pruumlfen ob saumlmtliche angemeldeten Anspruumlche enthalten sind und das Finanzamt durch den Plan nicht schlechter gestellt wird als es ohne den Plan stuumlnde

Soweit auf Steuerforderungen die Gegenstand des Insolvenzplans sind verzichtet wurde werden diese mit Bestaumltigung des Plans zu unvollkommenen Forderungen Sie sind zwar erfuumlllbar koumlnnen aber grundsaumltzlich gegen den Schuldner nicht mehr geltend gemacht werden Die Moumlglichkeit der Inanspruchnahme Dritter im Wege der Haftung bleibt bestehen soweit nicht ein Haftungsausschluss nach sect 227 Abs 2 InsO in Betracht kommt

Ein bei Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens bestehendes Aufrechnungsrecht bleibt auch dann erhalten wenn die aufgerechnete Gegenforderung nach einem rechtskraumlftig bestaumltigten Insolvenzplan als erlassen gilt (BGH-Urteil vom 1952011 IX ZR 22208 WM S 1182)

Auf Abschnitt 61 VollstrA wird hingewiesen

12 Verbraucherinsolvenz nach sectsect 304 ff InsO

Natuumlrliche Personen die keine selbstaumlndige gewerbliche oder freiberufliche Taumltigkeit ausuumlben oder ausgeuumlbt haben koumlnnen das Verbraucherinsolvenzverfahren nach sectsect 304 ff InsO beantragen Dies gilt auch fuumlr Personen die eine selbstaumlndige Taumltigkeit ausgeuumlbt haben wenn ihre Vermoumlgensverhaumlltnisse uumlberschaubar sind und gegensie keine Forderungen aus Arbeitsverhaumlltnissen bestehen Uumlberschaubar sind Vermoumlgensverhaumlltnisse wenn der Schuldner zu dem Zeitpunkt zu dem der Antrag auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird weniger als 20 Glaumlubiger hat Forderungen aus Arbeitsverhaumlltnissen sind nicht nur die Anspruumlche der ehemaligen Arbeitnehmer selbst sondern auch die Forderungen von Sozialversicherungstraumlgern und Finanzaumlmtern (z B Lohnsteuerforderungen) Der geschaumlftsfuumlhrende Alleingesellschafter einer GmbH uumlbt eine selbstaumlndige wirtschaftliche Taumltigkeit aus Wird dieser fuumlr Lohnsteuerruumlckstaumlnde der GmbH in Haftung genommen handelt es sich um Forderungen aus Arbeitsverhaumlltnissen i S d sect 304 Abs 1 InsO (BGH-Beschluss vom 2292005 IX ZR 5504 WM S 918)

Das Verfahren gliedert sich in drei Abschnitte Zunaumlchst hat der Schuldner eine auszligergerichtliche Einigung mit seinen Glaumlubigern ernsthaft anzustreben (AEAO zu sect 251 Nr 121) Gelingt ihm dies nicht wird auf seinen Antrag ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchgefuumlhrt (AEAO zu sect 251 Nr 122) Scheitert auch dies schlieszligt sich ein vereinfachtes Insolvenzverfahren an (AEAO zu sect 251 Nr 123)

121 Auszligergerichtlicher Einigungsversuch

Der Schuldner hat den Glaumlubigern und damit ggf auch dem Finanzamt zum Zweck der auszligergerichtlichen Einigung unter anderem z B ein Vermoumlgensverzeichnis eine Aufstellung seiner Verbindlichkeiten und Glaumlubiger sowie einen Plan zur Schuldenregulierung vorzulegen (vgl sect 305 Abs 1 InsO)

Das Finanzamt kann nur im Rahmen einer persoumlnlichen Billigkeitsmaszlignahme Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis abweichend festsetzen stunden oder erlassen

Zu den vom Finanzamt zu beachtenden Grundsaumltzen bei der Bearbeitung von Antraumlgen auf auszligergerichtliche Schuldenbereinigung i S v sect 305 Abs 1 Nr 1 InsO wird auf das BMF-Schreiben vom 1112002 BStBl I S 132 hingewiesen

122 Schuldenbereinigungsverfahren

Scheitert der ernsthafte Versuch des Schuldners eine auszligergerichtliche Einigung herbeizufuumlhren so kann er die Eroumlffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens nach den sectsect 311 ff InsO beantragen

226

Mit einem Antrag auf Eroumlffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens nach sectsect 311 ff InsO hat der Schuldner die in sect 305 Abs 1 InsO genannten Unterlagen und Erklaumlrungen insbesondere einen Schuldenbereinigungsplan vorzulegen Bei einem inhaltlich ordnungsgemaumlszligen Antrag erklaumlrt das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren bis zur Entscheidung uumlber den Schuldenbereinigungsplan fuumlr ruhend (sect 306 Abs 1 Satz 1 InsO) Das Insolvenzgericht stellt den vom Schuldner genannten Glaumlubigern gem sect 307 Abs 1 InsO den Schuldenbereinigungsplan und die Vermoumlgensuumlbersicht zur Stellungnahme binnen einer Notfrist von einem Monat zu

Das Finanzamt hat die vom Gericht zugestellte Vermoumlgensuumlbersicht und den Schuldenbereinigungsplan unter Beteiligung aller in Betracht kommenden Dienststellen unverzuumlglich daraufhin zu uumlberpruumlfen ob alle bis zum Ablauf der vom Gericht genannten Frist entstandenen Abgabenanspruumlche (zum Beispiel entstandene aber noch nicht festgesetzte Abgabenforderungen) aufgenommen worden sind Noch nicht festgesetzte oder angemeldete Steueranspruumlche die bis zum Ablauf der Notfrist entstehen sind erforderlichenfalls im Schaumltzungswege zu ermitteln

Waumlhrend das Verfahren uumlber den Antrag auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens ruht (sect 306 Abs 1 Satz 1 InsO) sind - unabhaumlngig von etwaigen Sicherungsmaszlignahmen des Insolvenzgerichts (sect 306 Abs 2 InsO) - alle Verwaltungsakte weiterhin dem Schuldner bekannt zu geben

Gibt das Finanzamt innerhalb der Frist von einem Monat keine Stellungnahme ab gilt dies nach sect 307 Abs 2 Satz 1 InsO als Einverstaumlndnis

Die unterlassene Ergaumlnzung der Abgabenforderungen hat - falls keine Wiedereinsetzungsgruumlnde vorliegen - die Folge dass nicht oder nicht in der richtigen Houmlhe geltend gemachte Forderungen nach sect 308 Abs 3 Satz 2 InsO erloumlschen wenn der Schuldenbereinigungsplan angenommen wird

Der Schuldenbereinigungsplan gilt als angenommen wenn

- alle Glaumlubiger zugestimmt haben

- kein Glaumlubiger Einwendungen erhoben hat oder

- die Zustimmung eines oder mehrerer Glaumlubiger nach sect 309 InsO ersetzt wird

Die Zustimmung des Finanzamts orientiert sich an den im BMF-Schreiben vom 1112002 BStBl I S 132 dargestellten Grundsaumltzen zur auszligergerichtlichen Einigung Dabei ist zu beachten dass akzessorische Sicherheiten (z B Zwangshypothek) erloumlschen wenn der Plan keine abweichende Regelung vorsieht Erforderlichenfalls sind daher entsprechende Einwendungen gegen den Plan zu erheben

Da bei Nichterfuumlllung des Plans eine Wiederauflebensklausel gesetzlich nicht vorgesehen ist soll das Finanzamt in seiner Stellungnahme auf eine solche hinwirken

Das Insolvenzgericht ersetzt die Zustimmung eines Glaumlubigers unter den Voraussetzungen des sect 309 Abs 1 InsO und hat dazu den Betroffenen zu houmlren Eine gerichtliche Ersetzung der Zustimmung ist jedoch nach sect 309 Abs 3 InsO ausgeschlossen wenn das Finanzamt glaubhaft macht dass die Angaben des Schuldners im Schuldenbereinigungsplan dem Grunde oder der Houmlhe nach unrichtig sind und es deshalb nicht angemessen beteiligt wird

Das Insolvenzgericht entscheidet uumlber die Ersetzung durch Beschluss Dagegen stehen dem Antragsteller und dem Glaumlubiger dessen Zustimmung ersetzt wird die sofortige Beschwerde zu (sect 309 Abs 2 Satz 3 InsO)

Der angenommene Schuldenbereinigungsplan hat nach sect 308 Abs 1 Satz 2 InsO die Wirkung eines (Prozess-) Vergleichs iSd sect 794 Abs 1 Nr 1 ZPO Hinsichtlich der Wirkung des Plans auf die Abgabenanspruumlche vgl AEAO zu sect 251 Nr 11

sect 308 Abs 3 InsO stellt im Interesse des Glaumlubigerschutzes klar dass Glaumlubiger die keine Moumlglichkeit der Mitwirkung an dem Schuldenbereinigungsplan hatten keinen Rechtsverlust erleiden Dies ist allerdings nur denkbar wenn dem Finanzamt kein Schuldenbereinigungsplan zur Stellungnahme zugestellt wurde Allerdings kann sich der Glaumlubiger der Wirkung des Schuldenbereinigungsplans nicht durch eine unvollstaumlndige Forderungsaufstellung unterlassene oder unzureichende Nachbesserung des Schuldenbereinigungsplans entziehen

Das Verfahren uumlber den Eroumlffnungsantrag wird wieder aufgenommen wenn das Insolvenzgericht nach Anhoumlrungdes Schuldners zu der Uumlberzeugung gelangt dass der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird (sect 306 Abs 1 Satz 3 InsO) oder Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan erhoben werden die vom Gericht nicht gem sect 309 InsO durch gerichtliche Zustimmung ersetzt werden (sect 311 InsO) Ein erneuter Antrag des Schuldners ist nicht erforderlich

Soweit ein Glaumlubiger einen Antrag auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens stellt und der Schuldner keinen Eigenantrag nachreicht (sect 306 Abs 3 InsO) findet ein Schuldenbereinigungsverfahren nicht statt In diesem Fall ist - wie im Fall des Scheiterns des Schuldenbereinigungsverfahrens - ein vereinfachtes Insolvenzverfahren durchzufuumlhren

Im Uumlbrigen wird auf Abschnitt 63 VollstrA hingewiesen

123 Vereinfachtes Insolvenzverfahren

227

Grundsaumltzlich sind die Bestimmungen fuumlr das Regelinsolvenzverfahren auch im vereinfachten Verfahren anzuwenden soweit in den sectsect 311 bis 314 InsO nicht Gegenteiliges geregelt ist

Das Insolvenzgericht bestellt einen Treuhaumlnder der die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt (sect 313 Abs 1 Satz 1 InsO) und bei dem auch die Abgabenanspruumlche anzumelden sind (vgl AEAO zu sect 251 Nr 52) Der Treuhaumlnder hat im Gegensatz zum Insolvenzverwalter zwar nur eingeschraumlnkte Befugnisse ist jedoch fuumlr die Dauer des Insolvenzverfahrens als Vertreter des Schuldners i S v sectsect 34 35 AO anzusehen (sect 313 Abs 1 InsO) Das Finanzamt hat daher Verwaltungsakte waumlhrend der Dauer des Insolvenzverfahrens nur an den Treuhaumlnder zu richten und diesem bekannt zu geben (vgl AEAO zu sect 251 Nr 43) Hinsichtlich der Steuererklaumlrungspflichten vgl AEAO zu sect 251 Nr 42

Wie im Regelinsolvenzverfahren besteht auch im vereinfachten Verfahren - auf Antrag des Schuldners - die Moumlglichkeit der Restschuldbefreiung nach Maszliggabe der sectsect 286 ff InsO

Im Uumlbrigen wird auf Abschnitt 63 VollstrA hingewiesen

13 Eigenverwaltung

131 Vorbereitung einer Sanierung nach sect 270b InsO

Bei einer angestrebten Sanierung nach sect 270b InsO kann das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans bestimmen (sect 270b Abs 1 Satz 1 InsO) Die Frist darf houmlchstens drei Monate betragen

Stimmt das Gericht dem Antrag des Schuldners zu hat es einen vorlaumlufigen Sachwalter (sect 270a Abs 1 InsO) zu bestellen und kann vorlaumlufige Maszlignahmen nach sect 21 Abs 1 und 2 Nr 1a 3 bis 5 InsO anordnen Auf Antrag des Schuldners hat es ein Vollstreckungsverbot nach sect 21 Abs 2 Nr 3 InsO anzuordnen Des Weiteren hat das Gericht auf Antrag des Schuldners anzuordnen dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten begruumlndet sect 55 Abs 2 InsO gilt entsprechend

Spaumltestens nach Ablauf der Frist nach sect 270b Abs 1 Satz 1 InsO hat das Gericht uumlber den Antrag auf Insolvenzeroumlffnung zu entscheiden Ist es dem Schuldner innerhalb der Frist nach sect 270b Abs 1 Satz 1 InsO gelungen dem Gericht einen Insolvenzplan vorzulegen so wird uumlber den Plan im eroumlffneten Insolvenzverfahren nach den allgemeinen Vorschriften uumlber den Insolvenzplan entschieden

132 Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens

Auf Antrag des Schuldners oder der Glaumlubigerversammlung kann das Insolvenzgericht die Eigenverwaltung der Insolvenzmasse gem sectsect 270 ff InsO unter der Aufsicht eines Sachwalters anordnen wenn dadurch nicht Glaumlubigerinteressen beeintraumlchtigt werden (z B durch Verfahrensverzoumlgerung)

Die insolvenzrechtlichen Vorschriften bleiben durch die Eigenverwaltung - von wenigen Ausnahmen abgesehen - unberuumlhrt Im Grunde sind nur Befugnisse des Insolvenzverwalters auf den Schuldner selbst zu uumlbertragen Insolvenzforderungen sind schriftlich beim Sachwalter zur Tabelle anzumelden (sect 270c InsO)

Auswirkungen auf das Besteuerungsverfahren (z B die Veranlagungszeitraumlume) ergeben sich durch die Anordnung der Eigenverwaltung nicht Umsatzsteuerlich kommt es aber mit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens zu einer Aufspaltung des Unternehmens in mehrere Unternehmensteile zwischen denen einzelne umsatzsteuerrechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen nicht miteinander verrechnet werden koumlnnen Zu den Einzelheiten vgl AEAO zu sect 251 Nr 92 sowie UStAE Abschnitt 171 Abs 11 Da der Schuldner im Fall der Eigenverwaltung jedoch selbst rechtsgeschaumlftlich mit Verfuumlgungsbefugnis handeln kann der Sachwalter demgegenuumlber nur Kontroll- und Aufsichtspflichten ausuumlbt ist der Schuldner selbst steuerlich als Vertreter der Insolvenzmasse i S v sectsect 34 35 AO anzusehen Daher ist er Bekanntgabeadressat fuumlr alle die Insolvenzmasse betreffenden Verwaltungsakte

Die Eigenverwaltung kann auf Antrag der Glaumlubigerversammlung des Schuldners oder eines Glaumlubigers der entsprechende Gruumlnde glaubhaft zu machen hat aufgehoben werden (sect 272 InsO)

14 Vorgehensweise nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens

Mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhaumllt der Schuldner die Verwaltungs- und Verfuumlgungsbefugnis uumlber sein Vermoumlgen zuruumlck

Die Aufrechnungsverbote der sectsect 95 und 96 InsO gelten nicht mehr Steuererstattungsanspruumlche unterliegen nicht mehr dem Insolvenzbeschlag es sei denn es liegt eine wirksame Anordnung der Nachtragsverteilung bzw der wirksame Vorbehalt der Nachtragsverteilung vor Mit dem Vorbehalt oder der Anordnung einer Nachtragsverteilung tritt hinsichtlich des einzelnen Erstattungsanspruchs erneut die Insolvenzbeschlagnahme ein (BFH-Urteil vom 2822012 VII R 3611 BStBl II S 451) Aus dieser Anordnung muss eindeutig hervorgehen auf welche Steuerarten sie sich bezieht Soweit sich aus dem Beschluss des Insolvenzgerichts nicht ausdruumlcklich etwas anderes ergibt ist anzunehmen dass der Insolvenzbeschlag hinsichtlich aller der Steuerart nach bezeichneten Steueranspruumlche fortbesteht die bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens (insolvenzrechtlich) begruumlndet worden sind Ein nicht hinreichend bestimmter Beschluss entfaltet keinen Insolvenzbeschlag

Steuerbescheide sind an den Steuerpflichtigen zu richten und diesem bekannt zu geben Aus diesem Grund ist fuumlr das Jahr der Insolvenzaufhebung z B nur eine Einkommensteuerfestsetzung durchzufuumlhren in der sowohl der Massezeitraum wie auch der Zeitraum nach Abschluss des Verfahrens zusammengefasst werden

228

Der Schuldner ist auch hinsichtlich der nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens begruumlndeten Steuerforderungen weiterhin Steuerschuldner (vgl BFH-Beschluss vom 2381993 V B 13591 BFHNV 1994 S 186) Somit koumlnnen die waumlhrend des Bestehens des Insolvenzverfahrens begruumlndeten Steuerschulden nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gegenuumlber dem Steuerpflichtigen geltend gemacht und - mangels gegenteiliger gesetzlicher Regelungen - auch vollstreckt werden

Zur Frage der Prozessfuumlhrungsbefugnis des Insolvenzverwalters und der Auswirkungen auf noch anhaumlngige Rechtsbehelfsverfahren zu Masseverbindlichkeiten bei Beendigung des Insolvenzverfahrens vgl BFH-Urteil vom 672011 II R 3410 BFHNV 2012 S 10

Aumlnderungen von Steuerfestsetzungen die Zeitraumlume vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens betreffen und nach der Anmeldung zur Tabelle als Insolvenzforderungen festgestellt wurden sind nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach den einschlaumlgigen Korrekturvorschriften (insbesondere sectsect 172 ff AO) zulaumlssig Als sonstiger Verwaltungsakt kann die Anrechnungsverfuumlgung (insbesondere das Leistungsgebot nach rechtskraumlftiger Tabelleneintragung) nur unter den Voraussetzungen der sectsect 129 bis 131 AO korrigiert werden

Schlieszligt sich nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens das Restschuldbefreiungsverfahren an kann wegen dieser Forderungen nicht vollstreckt sondern lediglich aufgerechnet werden

15 Restschuldbefreiung

151 Laufzeit der Abtretungserklaumlrung

Ist der Schuldner eine natuumlrliche Person so sieht die Insolvenzordnung die Moumlglichkeit der Restschuldbefreiung vor Hierzu hat der Schuldner rechtzeitig einen Antrag auf Restschuldbefreiung beim Insolvenzgericht zu stellen (sect 287 Abs 1 InsO) Um die Restschuldbefreiung zu erlangen hat der Schuldner den pfaumlndbaren Teil seiner Bezuumlge fuumlr einen Zeitraum von 6 Jahren - beginnend ab der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens - an einen Treuhaumlnder abzutreten (sect 287 Abs 2 InsO) Waumlhrend dieser Zeit hat der Schuldner die Obliegenheiten gem sectsect 295 bis 297 InsO zu erfuumlllen

Steuererstattungsanspruumlche gehoumlren nicht zu den abtretbaren Bezuumlgen i S d sect 287 InsO und koumlnnen mit Insolvenzforderungen aufgerechnet werden (BGH-Urteil vom 2172005 IX ZR 11504 NJW S 2988)

Der Treuhaumlnder kehrt das Erlangte jaumlhrlich nach der im Schlussverzeichnis festgelegten Quote an die Glaumlubiger aus (sect 292 Abs 1 Satz 2 InsO)

Das Finanzamt hat zu pruumlfen ob nach sect 290 Abs 1 InsO ein Grund vorliegt die Restschuldbefreiung zu versagen Es hat insbesondere festzustellen ob der Schuldner zur Vermeidung von Steuerzahlungen in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag schuldhaft schriftlich

unrichtige oder unvollstaumlndige Angaben uumlber seine wirtschaftlichen Verhaumlltnisse im Rahmen von Antraumlgen auf Vollstreckungsaufschub in Vermoumlgensverzeichnissen Erlass- und Stundungsantraumlgen oder Steuererklaumlrungen gemacht hat (sect 290 Abs 1 Nr 2 InsO)

Liegen Versagungsgruumlnde nach sect 290 InsO vor so hat das Finanzamt im Schlusstermin die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen und glaubhaft zu machen (sect 289 Abs 1 InsO) Wird dieser Antrag vom Insolvenzgericht abgewiesen kann sofortige Beschwerde erhoben werden (sect 289 Abs 2 InsO)

Liegen keine Gruumlnde fuumlr eine Versagung der Restschuldschuldbefreiung vor so kuumlndigt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung an (sect 291 Abs 1 InsO) und hebt das Insolvenzverfahren auf

Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens aber noch waumlhrend der Laufzeit der Abtretungserklaumlrung sind Vollstreckungsmaszlignahmen wegen der Insolvenzforderungen in das Vermoumlgen des Schuldners unzulaumlssig (sect 294 Abs 1 InsO) Aufrechnungen gegen Steuererstattungsanspruumlche des Schuldners sind aber zulaumlssig es sei denn es liegt ein Vorbehalt oder eine wirksame Anordnung der Nachtragsverteilung fuumlr diesen Anspruch vor

Verwaltungsakte sind wieder an den Schuldner zu richten und diesem bekannt zu geben da der hier zu bestellende Treuhaumlnder keine Befugnis hat das Vermoumlgen des Schuldners zu verwalten oder uumlber dieses zu verfuumlgen (sectsect 291 Abs 2 292 InsO)

152 Erteilung der Restschuldbefreiung

Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens hat der Schuldner ausschlieszliglich die Obliegenheiten nach sectsect 295 bis 298 InsO zu erfuumlllen Die Versagungsgruumlnde des sect 290 InsO gelten nicht mehr

Wird dem Finanzamt bekannt dass der Schuldner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzglaumlubiger beeintraumlchtigt hat es beim Insolvenzgericht Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen und seine Angaben durch entsprechende Unterlagen glaubhaft zu machen (sect 296 InsO) Gegen die Entscheidung des Gerichts ist die sofortige Beschwerde gegeben

Ist die Laufzeit der Abtretungserklaumlrung verstrichen hat das Insolvenzgericht nach vorheriger Anhoumlrung des Schuldners des Treuhaumlnders und der Insolvenzglaumlubiger zu entscheiden ob dem Schuldner die endguumlltige Restschuldbefreiung zu erteilen ist (sect 300 Abs 1 InsO)

Erteilt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung wirkt diese gegen alle Insolvenzglaumlubiger Die angemeldeten aber nicht vollstaumlndig befriedigten Forderungen wandeln sich in unvollkommene Forderungen um

229

Das heiszligt dass diese Forderungen zwar weiterhin erfuumlllbar aber nicht mehr erzwingbar sind Insoweit entfaumlllt die Moumlglichkeit einer Aufrechnung gegen Guthaben mit diesen Forderungen da die Aufrechnung voraussetzt dass die zur Aufrechnung gestellte Forderung vollwirksam und faumllligerzwingbar ist Dies gilt nicht wenn bei Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens die Aufrechnungslage bereits bestand (BGH-Urteil vom 1952011 IX ZR 22208 WM S 1182) Weiterhin besteht die Moumlglichkeit Haftungs- oder sonstige Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen (sect 301 Abs 2 InsO)

Hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung von Gewinnen aus einer erteilten Restschuldbefreiung wird auf das BMF-Schreiben vom 22122009 BStBl 2010 I S 18 verwiesen

Gem sect 303 InsO kann die gewaumlhrte Restschuldbefreiung widerrufen werden wenn innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des Beschlusses nachtraumlglich ein Obliegenheitsverstoszlig bekannt wird Der begruumlndete Antrag ist gegenuumlber dem Gericht durch einen Glaumlubiger zu stellen Vor dem Beschluss sind der Schuldner und der Treuhaumlnder zu houmlren

AEAO vor sect 347 - Auszligergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren

1 Das auszligergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren nach der AO (Einspruchsverfahren) ist abzugrenzen

- von den in der AO nicht geregelten nichtfoumlrmlichen Rechtsbehelfen (Gegenvorstellung Sachaufsichtsbeschwerde Dienstaufsichtsbeschwerde)

- von dem Antrag einen Verwaltungsakt zu berichtigen zuruumlckzunehmen zu widerrufen aufzuheben oder zu aumlndern (Korrekturantrag sectsect 129 bis 132 172 bis 177 AO)

Der foumlrmliche Rechtsbehelf (Einspruch) unterscheidet sich von den Korrekturantraumlgen in folgenden Punkten

- Er hindert den Eintritt der formellen und materiellen Bestandskraft (zum Begriff der Bestandskraft vgl AEAO vor sectsect 172 bis 177 Nr 1)

- er kann zur Verboumlserung fuumlhren (sect 367 Abs 2 Satz 2 AO) der Verboumlserungsgefahr kann der Steuerpflichtige aber durch rechtzeitige Ruumlcknahme des Einspruchs entgehen

- er ermoumlglicht die Aussetzung der Vollziehung

In Zweifelsfaumlllen ist ein Einspruch anzunehmen da er die Rechte des Steuerpflichtigen umfassender wahrt als ein Korrekturantrag

2 Das Einspruchsverfahren ist nicht kostenpflichtig Steuerpflichtige und Finanzbehoumlrden haben jeweils ihre eigenen Aufwendungen zu tragen Auf die Kostenerstattung nach sect 139 FGO auch fuumlr das auszligergerichtliche Vorverfahren wird hingewiesen

AEAO zu sect 347 - Statthaftigkeit des Einspruchs

1 Das Einspruchsverfahren ist nur eroumlffnet wenn ein Verwaltungsakt (auch ein nichtiger Verwaltungsakt oder ein Scheinverwaltungsakt) angegriffen wird oder der Einspruchsfuumlhrer sich gegen den Nichterlass eines Verwaltungsakts wendet Verwaltungsakt ist zB auch die Ablehnung eines Realakts (vgl AEAO zu sect 364) oder die Ablehnung der Erteilung einer verbindlichen Auskunft

2 Der Einspruch ist auch gegeben wenn ein Verwaltungsakt aufgehoben geaumlndert zuruumlckgenommen oder widerrufen oder ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts abgelehnt wird Gleiches gilt wenn die Finanzbehoumlrde einen Verwaltungsakt wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gem sect 129 AO berichtigt oder es ablehnt die beantragte Berichtigung eines Verwaltungsakts durchzufuumlhren (BFH-Urteil vom13121983 VIII R 6781 BStBl 1984 II S 511) Gegen Entscheidungen uumlber die schlichte Aumlnderung (sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO) ist ebenfalls der Einspruch gegeben (BFH-Urteil vom 27101993 XI R 1793 BStBl 1994 II S 439) dies gilt nicht soweit der Antrag auf schlichte Aumlnderung durch eine Allgemeinverfuumlgung nach sect 172 Abs 3 AO zuruumlckgewiesen wurde (sect 348 Nr 6 AO)

3 Beantragt der Steuerpflichtige bei einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung (sect 164 AO) oder bei einer vorlaumlufigen Steuerfestsetzung (sect 165 AO) die Aufhebung dieser Nebenbestimmungen ist gegen den ablehnenden Bescheid der Einspruch gegeben Wird der Vorbehalt nach sect 164 AO aufgehoben kann der Steuerpflichtige gegen die dann als Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachpruumlfung wirkende Steuerfestsetzung uneingeschraumlnkt Einspruch einlegen Soweit eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung endguumlltig durchgefuumlhrt oder fuumlr endguumlltig erklaumlrt wird gilt dies nur soweit die Vorlaumlufigkeit reichte

Gegen die Aufhebung des Nachpruumlfungsvorbehalts in der Einspruchsentscheidung ist die Klage nicht ein erneuter Einspruch gegeben (BFH-Urteil vom 481983 IV R 21682 BStBl 1984 II S 85) Das gilt entsprechend wenn in einer Einspruchsentscheidung die bisher vorlaumlufige Steuerfestsetzung fuumlr endguumlltig erklaumlrt wird

4 Ist eine Steuerfestsetzung mit einer Billigkeitsmaszlignahme verbunden (sect 163 Satz 3 AO) ist gegen die Ermessensentscheidung uumlber die Billigkeitsmaszlignahme ein gesonderter Einspruch gegeben

230

Entsprechendes gilt fuumlr die mit einer Zinsfestsetzung verbundene Billigkeitsentscheidung nach sect 234 Abs 2 oder sect 237 Abs 4 AO

5 sect 347 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AO beschraumlnkt iVm sect 348 Nr 3 und 4 AO in Steuerberatungsangelegenheiten das Einspruchsverfahren auf Streitigkeiten uumlber

- die Ausuumlbung (insbesondere die Zulaumlssigkeit) der Hilfe in Steuersachen einschlieszliglich der Rechtsverhaumlltnisse der Lohnsteuerhilfevereine

- die Voraussetzungen fuumlr die Berufsausuumlbung der Steuerberater und Steuerbevollmaumlchtigten (mit Ausnahme der Entscheidungen der Zulassungs- und der Pruumlfungsausschuumlsse)

- die Vollstreckung wegen Handlungen und Unterlassungen

6 In anderen Angelegenheiten (sect 347 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AO) sind die Vorschriften uumlber das Einspruchsverfahren zB fuumlr anwendbar erklaumlrt worden durch

- Landesgesetze die Steuern betreffen die der Landesgesetzgebung unterliegen und durch Landesfinanzbehoumlrden verwaltet werden

- Gesetze zur Durchfuumlhrung der Verordnungen des Rates der Europaumlischen Union

soweit diese Gesetze die Anwendbarkeit der AO-Vorschriften vorsehen

Soweit Gesetze die fuumlr Steuerverguumltungen geltenden Vorschriften fuumlr entsprechend anwendbar erklaumlren ist das Einspruchsverfahren bereits nach sect 347 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO eroumlffnet (zB EigZulG InvZulG WoPG und 5 VermBG)

AEAO zu sect 350 - Beschwer

1 Eine Beschwer ist nicht nur dann schluumlssig geltend gemacht wenn eine Rechtsverletzung oder Ermessenswidrigkeit geruumlgt wird sondern auch dann wenn der Einspruchsfuumlhrer eine guumlnstigere Ermessensentscheidung begehrt Aus nicht gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen (sect 157 Abs 2 AO) ergibt sich keine Beschwer

2 Bei einer zu niedrigen Festsetzung kann eine Beschwer dann bestehen wenn eine houmlhere Festsetzung zB aufgrund des Bilanzenzusammenhangs sich in Folgejahren guumlnstiger auswirkt (BFH-Urteil vom 2751981 I R 12377 BStBl 1982 II S 211) oder wenn durch die begehrte houmlhere Steuerfestsetzung die Anrechnung von Steuerabzugsbetraumlgen ermoumlglicht wird und aufgrund dessen ein geringerer Betrag als bisher entrichtet werden muss (BFH-Urteil vom 8111985 VI R 23880 BStBl 1986 II S 186 und BFH-Beschluss vom 321993 I B 9092 BStBl II S 426)

3 Bei einer Nullfestsetzung besteht grundsaumltzlich keine Beschwer (BFH-Urteil vom 2411975 VI R 14872 BStBl II S 382) Etwas anderes gilt wenn eine Verguumltung oder eine Steuerbefreiung wegen Gemeinnuumltzigkeit (BFH-Urteil vom 1371994 I R 593 BStBl 1995 II S 134) begehrt wird oder wenn die der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen auszligersteuerliche Bindungswirkung haben (BFH-Urteil vom 20121994 IX R 8092 BStBl 1995 II S 537)

4 Wird durch Einspruch die Aumlnderung eines Grundlagenbescheids begehrt kommt es fuumlr die schluumlssige Geltendmachung der Beschwer nicht auf die Auswirkungen in den Folgebescheiden an

5 Beschwert sein kann nicht nur derjenige fuumlr den ein Verwaltungsakt bestimmt ist sondern auch derjenige der von ihm betroffen ist

6 Eine weitere in der AO nicht ausdruumlcklich genannte Zulaumlssigkeitsvoraussetzung ist das Vorliegen eines Rechtsschutzbeduumlrfnisses dh eines schutzwuumlrdigen beruumlcksichtigungswerten Interesses an der begehrten Entscheidung im Einspruchsverfahren

Die Moumlglichkeit einen Antrag auf schlichte Aumlnderung (sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO) zu stellen beseitigt nicht das Rechtsschutzbeduumlrfnis fuumlr einen Einspruch da dieser die Rechte des Steuerpflichtigen umfassender wahrt (vgl AEAO vor sect 347 Nr 1) Wendet sich der Steuerpflichtige gegen denselben Verwaltungsakt sowohl mit einem Einspruch als auch mit einem Antrag auf schlichte Aumlnderung ist nur das Einspruchsverfahren durchzufuumlhren (BFH-Urteil vom 2791994 VIII R 3689 BStBl 1995 II S 353)

Wird mit dem Einspruch ausschlieszliglich die angebliche Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm geruumlgt fehlt grundsaumltzlich das Rechtsschutzbeduumlrfnis wenn die Finanzbehoumlrde den angefochtenen Verwaltungsakt spaumltestens im Einspruchsverfahren hinsichtlich des strittigen Punktes fuumlr vorlaumlufig erklaumlrt hat (BFH-Beschluumlsse vom 10111993 X B 8393 BStBl 1994 II S 119 und vom 2231996 III B 17395 BStBl II S 506) Trotz vorlaumlufiger Steuerfestsetzung kann aber ein Rechtsschutzbeduumlrfnis anzunehmen sein wenn der Einspruchsfuumlhrer besondere Gruumlnde materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Art substantiiert geltend macht oder Aussetzung der Vollziehung begehrt (BFH-Urteil vom 3092010 III R 3908 BStBl 2011 II S 11 zur Aussetzung der Vollziehung wegen verfassungsrechtlicher Zweifel vgl AEAO zu sect 361 Nr 254)

231

AEAO zu sect 351 - Bindungswirkung anderer Verwaltungsakte

1 Wird ein Bescheid angegriffen der einen unanfechtbaren Bescheid geaumlndert hat ist die Sache nach sect 367 Abs 2 Satz 1 AO in vollem Umfang erneut zu pruumlfen Geaumlndert werden kann aber aufgrund derAnfechtung der Aumlnderungsbescheid nur in dem Umfang in dem er vom urspruumlnglichen Bescheid abweicht diese Beschraumlnkung bezieht sich zB beim Steuerbescheid auf den festgesetzten Steuerbetrag Einwendungen die bereits gegen die urspruumlngliche Steuerfestsetzung vorgebracht werden konnten koumlnnen auch gegen den Aumlnderungsbescheid vorgetragen werden Ist zB im Aumlnderungsbescheid eine houmlhere Steuer festgesetzt worden kann die urspruumlnglich festgesetzte Steuer nicht unterschritten werden ist dagegen im Aumlnderungsbescheid eine niedrigere Steuer festgesetzt worden kann der Steuerpflichtige nicht eine weitere Herabsetzung erreichen

2 Etwas anderes gilt soweit sich aus den Vorschriften uumlber die Aufhebung oder die Aumlnderung von Verwaltungsakten zB wegen neuer Tatsachen ein Rechtsanspruch auf Aumlnderung des unanfechtbaren Bescheids ergibt

Beispiele

a) Ein Steuerbescheid wird nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO zuungunsten des Steuerpflichtigen geaumlndert Der Steuerpflichtige kann mit dem Einspruch geltend machen dass Tatsachen iSd sect 173 Abs 1 Nr 2 AO unberuumlcksichtigt geblieben sind die die Mehrsteuern im Ergebnis nicht nur ausgleichen sondern sogar zu einer Erstattung fuumlhren

b) Ein Steuerbescheid wird nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO zugunsten des Steuerpflichtigen geaumlndert Der Steuerpflichtige kann mit dem Einspruch geltend machen dass Tatsachen iSd Vorschrift die zu einer weitergehenden Erstattung fuumlhren unberuumlcksichtigt geblieben sind

3 sect 351 Abs 1 AO gilt nach seinem Wortlaut nur fuumlr aumlnderbare Bescheide nicht hingegen fuumlr die sonstigen Verwaltungsakte die den Vorschriften uumlber die Ruumlcknahme (sect 130 AO) und den Widerruf (sect 131 AO) unterliegen (BFH-Urteil vom 2471984 VII R 12280 BStBl II S 791) sect 351 Abs 1 AO bleibt aber zu beachten wenn ein aumlnderbarer Verwaltungsakt nach sect 129 AO berichtigt worden ist (vgl AEAO zu sect 129 Nr 5)

4 Ein Einspruch gegen einen Folgebescheid mit welchem nur Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid geltend gemacht werden ist unbegruumlndet nicht unzulaumlssig (BFH-Urteil vom 291987 I R 16284 BStBl 1988 II S 142)

AEAO zu sect 352 - Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung

1 Die Regelungen des sect 352 AO zur Einspruchsbefugnis bei einheitlichen Feststellungsbescheiden gelten unabhaumlngig von der Art der in die Feststellung einbezogenen Besteuerungsgrundlagen

2 Nach Absatz 1 Nr 1 erste Alternative koumlnnen gegen einheitliche Feststellungsbescheide die zur Vertretung berufenen Geschaumlftsfuumlhrer Einspruch einlegen

3 Betrifft die einheitliche Feststellung eine Personengruppe die keinen Geschaumlftsfuumlhrer hat (zB eine Erbengemeinschaft) so gilt - soweit kein Fall iSd Absatzes 1 Nr 3 bis 5 vorliegt - nach Absatz 1 Nr 1 zweite Alternative iVm Absatz 2 Folgendes

a) Haben die Feststellungsbeteiligten gem sect 183 Abs 1 Satz 1 AO bzw sect 6 Abs 1 Satz 1 der V zu sect 180 Abs 2 AO einen gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten bestellt so ist nach Absatz 2 Satz 1 ausschlieszliglich dieser einspruchsbefugt soweit das Finanzamt dem Belehrungsgebot nach Absatz 2 Satz 3 nachgekommen ist

b) Haben die Feststellungsbeteiligten keinen gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten bestellt oder ist ein solcher (zB wegen Widerrufs der Vollmacht) nicht mehr vorhanden steht die Einspruchsbefugnis dem nach sect 183 Abs 1 Satz 2 AO gesetzlich fingierten Empfangsbevollmaumlchtigten (Vertretungs- bzw Verwaltungsberechtigter) zu (Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz erste Alternative) Dies gilt nicht wenn der gesetzlich fingierte Empfangsbevollmaumlchtigte Geschaumlftsfuumlhrer ist in diesem Fall richtet sich die Einspruchsbefugnis nach Absatz 1 Nr 1 erste Alternative

c) Ist auch ein gesetzlich fingierter Empfangsbevollmaumlchtigter nicht vorhanden steht die Einspruchsbefugnis dem nach sect 183 Abs 1 Satz 3 bis 5 AO bzw sect 6 Abs 1 Satz 3 bis 5 der V zu sect 180 Abs 2 AO von der Finanzbehoumlrde bestimmten Empfangsbevollmaumlchtigten zu (Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz zweite Alternative) Benennen die Feststellungsbeteiligten nach einer Aufforderung iSd sect 183 Abs 1 Satz 3 bis 5 AO bzw des sect 6 Abs 1 Satz 3 bis 5 der V zu sect 180 Abs 2 AO eine andere als die von der Finanzbehoumlrde vorgeschlagene Person als Empfangsbevollmaumlchtigten richtet sich die Einspruchsbefugnis nach Absatz 2 Satz 1

d) Ist weder ein von den Feststellungsbeteiligten bestellter noch ein gesetzlich fingierter oder ein von der Finanzbehoumlrde bestimmter Empfangsbevollmaumlchtigter vorhanden ist jeder Feststellungsbeteiligte einspruchsbefugt (Absatz 1 Nr 2)

232

e) Die grundsaumltzliche Beschraumlnkung der Einspruchsbefugnis auf den von den Feststellungsbeteiligten bestellten den gesetzlich fingierten bzw den von der Finanzbehoumlrde bestimmten Empfangsbevollmaumlchtigten greift nur ein wenn die Beteiligten in der Feststellungserklaumlrung des betreffenden Jahres oder in der Aufforderung zur Benennung eines Empfangsbevollmaumlchtigten (sect 183 Abs 1 Satz 3 und 4 AO sect 6 Abs 1 Satz 3 und 4 der V zu sect 180 Abs 2 AO) uumlber die Einspruchsbefugnis des Empfangsbevollmaumlchtigten belehrt worden sind (Absatz 2 Satz 3)

f) Ferner hat jeder Feststellungsbeteiligte das Recht fuumlr seine Person der Einspruchsbefugnis des gesetzlich fingierten bzw des von der Finanzbehoumlrde bestimmten - nicht aber der Einspruchsbefugnis des von den Feststellungsbeteiligten bestellten shyEmpfangsbevollmaumlchtigten zu widersprechen (Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz) Der widersprechende Feststellungsbeteiligte ist dann selbst einspruchsbefugt (Absatz 1 Nr 2) Der Widerspruch ist gegenuumlber der das Feststellungsverfahren durchfuumlhrenden Finanzbehoumlrde spaumltestens bis zum Ablauf der Einspruchsfrist zu erheben Ein nicht schriftlich bzw elektronisch erklaumlrter Widerspruch ist unter Datumsangabe aktenkundig zu machen

AEAO zu sect 353 - Einspruchsbefugnis des Rechtsnachfolgers

Die Rechtsnachfolge tritt ein

1 bevor einer der in sect 353 AO genannten Bescheide ergangen ist

Nach sect 182 Abs 2 Satz 2 sect 184 Abs 1 Satz 4 sectsect 185 und 190 AO wirkt der Bescheid gegen den Rechtsnachfolger nur dann wenn er ihm bekannt gegeben wird

2 nach der Bekanntgabe eines in sect 353 AO genannten Bescheids aber noch innerhalb der Einspruchsfrist

Der Rechtsnachfolger kann innerhalb der - schon laufenden - Frist Einspruch einlegen (sect 353 AO)

3 nach Ablauf der Einspruchsfrist fuumlr einen in sect 353 AO genannten Bescheid

Der Bescheid wirkt gegenuumlber dem Rechtsnachfolger ohne dass dieser die Moumlglichkeit des Einspruchs hat (sect 182 Abs 2 Satz 1 sect 184 Abs 1 Satz 4 sectsect 185 und 190 AO)

4 waumlhrend eines Einspruchsverfahrens gegen einen in sect 353 AO genannten Bescheid

Der Gesamtrechtsnachfolger tritt in der Rechtsstellung des Rechtsvorgaumlngers als Verfahrensbeteiligter ein seiner Hinzuziehung bedarf es nicht Beim Einzelrechtsnachfolger hat die Finanzbehoumlrde seine Hinzuziehung zum Verfahren zu pruumlfen (sectsect 359 360 AO)

5 waumlhrend die Frist zur Erhebung der Klage laumluft

Da auch in diesem Fall der Bescheid gegen den Rechtsnachfolger wirkt (sect 353 AO) kann dieser nur innerhalb der fuumlr den Rechtsvorgaumlnger maszliggebenden Frist gem sect 40 Abs 2 FGO Klage erheben

6 waumlhrend eines finanzgerichtlichen Verfahrens

Bei Gesamtrechtsnachfolge (zB bei Erbfolge oder bei Verschmelzung von Gesellschaften) wird das Verfahren bis zur Aufnahme durch den Rechtsnachfolger unterbrochen (sect 155 FGO sect 239 ZPO) es sei denn der Rechtsvorgaumlnger war durch einen Prozessbevollmaumlchtigten vertreten (sect 155 FGO sectsect 239 246 ZPO) Bei Einzelrechtsnachfolge (zB bei Kauf) hat das Finanzgericht zu pruumlfen ob der Rechtsnachfolger beizuladen ist (sectsect 57 60 FGO)

AEAO zu sect 355 - Einspruchsfrist

1 Die Einspruchsfrist betraumlgt einen Monat Sie beginnt im Fall des sect 355 Abs 1 Satz 1 AO mit Bekanntgabe (sect 122 AO) im Fall des sect 355 Abs 1 Satz 2 erster Halbsatz AO mit Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehoumlrde und im Fall des sect 355 Abs 1 Satz 2 AO zweiter Halbsatz mit Bekanntwerden der formfreien Zustimmung des Finanzamts zu laufen Wurde der Steuerpflichtige schriftlich bzw elektronisch uumlber die Zustimmung unterrichtet (zB zusammen mit einer Abrechnungsmitteilung) ist grundsaumltzlich davon auszugehen dass ihm die Zustimmung am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bzw nach der Absendung bekannt geworden ist zu diesem Zeitpunkt beginnt demnach auch erst die Einspruchsfrist zu laufen Ist keine Mitteilung ergangen ist regelmaumlszligig davon auszugehen dass dem Steuerpflichtigen die Zustimmung fruumlhestens mit der Zahlung (sect 224 Abs 3 AO) der Steuerverguumltung oder des Mindersolls bekannt geworden ist

2 Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach unterlassener Anhoumlrung eines Beteiligten bzw wegen fehlender Begruumlndung des Verwaltungsakts (sect 126 Abs 3 iVm sect 110 AO) vgl AEAO zu sect 91 Nr 3 und AEAO zu sect 121 Nr 3

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3 Zur Unterbrechung der Einspruchsfrist durch Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens vgl AEAO zu sect 251 Nr 412 und Nr 53121

AEAO zu sect 357 - Einlegung des Einspruchs

1 Die Schriftform fuumlr einen Einspruch (Absatz 1 Satz 1) ist auch bei einer Einlegung durch Telefax gewahrt (vgl BFH-Beschluss vom 2631991 VIII B 8390 BStBl II S 463 zur Klageerhebung) Der Einspruch kann unter der Voraussetzung der Zugangseroumlffnung (vgl AEAO zu sect 87a Nr 1) auch elektronisch eingelegt werden eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz ist nicht erforderlich

2 Nach sect 357 Abs 2 Satz 4 AO genuumlgt die Einlegung des Einspruchs bei einer unzustaumlndigen Behoumlrde sofern der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist einer der Behoumlrden uumlbermittelt wird bei der er nach sect 357 Abs 2 Saumltze 1 bis 3 AO angebracht werden kann der Steuerpflichtige traumlgt jedoch das Risiko derrechtzeitigen Uumlbermittlung Kann eine Behoumlrde leicht und einwandfrei erkennen dass sie fuumlr einen bei ihr eingegangenen Einspruch nicht und welche Finanzbehoumlrde zustaumlndig ist hat sie diesen Einspruch unverzuumlglich an die zustaumlndige Finanzbehoumlrde weiterzuleiten Geschieht dies nicht und wird dadurch die Einspruchsfrist versaumlumt kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (sect 110 AO) in Betracht (BVerfG-Beschluss vom 292002 1 BvR 47601 BStBl II S 835)

3 Wird ein Einspruch bei einem Wechsel der oumlrtlichen Zustaumlndigkeit nach Erlass eines Verwaltungsakts entgegen sect 357 Abs 2 Satz 1 AO bereits bei der nach sect 367 Abs 1 Satz 2 AO zur Entscheidung berufenen anderen Finanzbehoumlrde eingelegt gilt auch in diesem Fall sect 357 Abs 2 Satz 4 AO Der Einspruch muss der alten Behoumlrde innerhalb der Einspruchsfrist uumlbermittelt werden damit diese die Anwendung des sect 26 Satz 2 AO pruumlfen kann wird der Einspruch nicht rechtzeitig uumlbermittelt koumlnnen die Voraussetzungen des sect 110 AO gegeben sein

AEAO zu sect 360 - Hinzuziehung zum Verfahren

1 Entsprechend der Regelung in sect 60 FGO uumlber die Beiladung wird zwischen notwendiger (sect 360 Abs 3 AO) und einfacher Hinzuziehung (sect 360 Abs 1 AO) unterschieden

2 sect 360 Abs 1 Satz 2 AO ist entsprechend auf sect 360 Abs 3 AO anzuwenden der Einspruchsfuumlhrer erhaumllt damit die Moumlglichkeit durch Ruumlcknahme seines Einspruchs die Hinzuziehung zu vermeiden

3 Bei Zusammenveranlagung (zB von EhegattenLebenspartnern bei der Einkommensteuer) wird es sich regelmaumlszligig empfehlen von der Moumlglichkeit der einfachen Hinzuziehung (sect 360 Abs 1 AO) Gebrauch zu machen Das gilt auch dann wenn der hinzuzuziehende EhegatteLebenspartner nicht uumlber eigene Einkuumlnfte verfuumlgt

4 Will das Finanzamt den angefochtenen Verwaltungsakt gem sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO aumlndern ohne dem Antrag des Einspruchsfuumlhrers der Sache nach zu entsprechen ist auch die Zustimmung des notwendig Hinzugezogenen einzuholen Gleiches empfiehlt sich bei einfacher Hinzuziehung

AEAO zu sect 361 - Aussetzung der Vollziehung

Inhaltsuumlbersicht

1 Anwendungsbereich des sect 361 AO und des sect 69 Abs 2 FGOAbgrenzung zur gerichtlichen Vollziehungsaussetzung und zur Stundung

2 Voraussetzungen fuumlr eine Vollziehungsaussetzung

3 Summarisches VerfahrenVollstreckung bei anhaumlngigem Vollziehungsaussetzungsantrag Zustaumlndigkeit

4 Berechnung der auszusetzenden Steuer

41 Die streitbefangene Steuer ist kleiner als die Abschlusszahlung

42 Die streitbefangene Steuer ist kleiner als die Abschlusszahlung einschlieszliglich nicht geleisteter Vorauszahlungen

43 Die streitbefangene Steuer ist groumlszliger als die Abschlusszahlung

44 Die streitbefangene Steuer ist groumlszliger als die Abschlusszahlung einschlieszliglich nicht geleisteter Vorauszahlungen

45 Die Steuerfestsetzung fuumlhrt zu einer Erstattung

46 Sonderfaumllle

47 Auszligersteuerliche Verwaltungsakte

5 Aussetzung der Vollziehung von Grundlagenbescheiden

6 Aussetzung der Vollziehung von Folgebescheiden

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7 Aufhebung der Vollziehung durch das Finanzamt

8 Dauer der AussetzungAufhebung der Vollziehung

81 Beginn der AussetzungAufhebung der Vollziehung

82 Ende der AussetzungAufhebung der Vollziehung

9 Nebenbestimmungen zur AussetzungAufhebung der Vollziehung

91 Widerrufsvorbehalt

92 Sicherheitsleistung

10 Ablehnung der Vollziehungsaussetzung

11 Rechtsbehelfe

12 Aussetzungszinsen

1 Anwendungsbereich des sect 361 AO und des sect 69 Abs 2 FGOAbgrenzung zur gerichtlichen Vollziehungsaussetzung und zur Stundung

11 sect 361 AO regelt die Aussetzung der Vollziehung durch die Finanzbehoumlrde waumlhrend eines Einspruchsverfahrens sect 69 Abs 2 FGO erlaubt es der Finanzbehoumlrde waumlhrend eines Klageverfahrens die Vollziehung auszusetzen

12 Die Rechtsgrundlagen fuumlr eine Vollziehungsaussetzung durch das Finanzgericht ergeben sich aus sect 69 Abs 3 4 6 und 7 FGO Das Finanzgericht kann die Vollziehung - unter den einschraumlnkenden Voraussetzungen des sect 69 Abs 4 FGO - auch schon vor Erhebung der Anfechtungsklage aussetzen (vgl AEAO zu sect 361 Nr 11)

13 Demjenigen der eine Verfassungsbeschwerde erhoben hat kann fuumlr diesen Verfahrensabschnitt keine Aussetzung der Vollziehung gewaumlhrt werden (sect 32 BVerfGG siehe BFH-Urteil vom 1121987 II R 17684 BStBl II S 320)

14 Liegen nebeneinander die gesetzlichen Voraussetzungen sowohl fuumlr eine Stundung als auch fuumlr eine Aussetzung der Vollziehung vor wird im Regelfall auszusetzen sein

15 Zu den Auswirkungen der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens auf das Verfahren der Aussetzung der Vollziehung vgl AEAO zu sect 251 Nr 413

2 Voraussetzungen fuumlr eine Vollziehungsaussetzung

21 Die zustaumlndige Finanzbehoumlrde (vgl AEAO zu sect 361 Nr 33) soll auf Antrag die Vollziehung aussetzen wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung fuumlr den Betroffenen eine unbillige nicht durch uumlberwiegende oumlffentliche Interessen gebotene Haumlrte zur Folge haumltte (sect 361 Abs 2 Satz 2 AO sect 69 Abs 2 Satz 2 FGO) Die Finanzbehoumlrde kann auch ohne Antrag die Vollziehung aussetzen (sect 361 Abs 2 Satz 1 AO sect 69 Abs 2 Satz 1 FGO) Von dieser Moumlglichkeit ist insbesondere dann Gebrauch zu machen wenn der Rechtsbehelf offensichtlich begruumlndet ist der Abhilfebescheid aber voraussichtlich nicht mehr vor Faumllligkeit der geforderten Steuer ergehen kann

22 Eine Vollziehungsaussetzung ist nur moumlglich wenn der Verwaltungsakt dessen Vollziehung ausgesetzt werden soll angefochten und das Rechtsbehelfsverfahren noch nicht abgeschlossen ist (Ausnahme Folgebescheide iSd sect 361 Abs 3 Satz 1 AO und des sect 69 Abs 2 Satz 4 FGO vgl AEAO zu sect 361 Nr 6) Eine Vollziehungsaussetzung kommt daher nicht in Betracht wenn der Steuerpflichtige statt eines Rechtsbehelfs einen Aumlnderungsantrag zB nach sect 164 Abs 2 Satz 2 AO oder nach sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO bei der Finanzbehoumlrde einreicht

23 Die Aussetzung der Vollziehung setzt Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts voraus

231 Vollziehbar sind insbesondere

- die eine (positive) Steuer festsetzenden Steuerbescheide (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4)

- Steuerbescheide uumlber 0 euro die einen vorhergehenden Steuerbescheid uumlber einen negativen Betrag aumlndern (BFH-Beschluss vom 28111974 V B 5273 BStBl 1975 II S 239)

- Vorauszahlungsbescheide bis zum Erlass des Jahressteuerbescheids (BFH-Beschluss vom 461981 VIII B 3180 BStBl II S 767 vgl AEAO zu sect 361 Nr 822)

- Bescheide mit denen der Vorbehalt der Nachpruumlfung aufgehoben wird (BFH-Beschluss vom 161983 III B 4082 BStBl II S 622)

- Verwaltungsakte nach sect 218 Abs 2 AO die eine Zahlungsschuld feststellen (BFH-Beschluss vom 10111987 VII B 13787 BStBl 1988 II S 43)

235

- Mitteilungen nach sect 141 Abs 2 AO uumlber die Verpflichtung zur Buchfuumlhrung (BFH-Beschluss vom 6121979 IV B 3279 BStBl 1980 II S 427)

- Leistungsgebote (BFH-Beschluss vom 31101975 VIII B 1474 BStBl 1976 II S 258)

- der Widerruf einer Stundung (BFH-Beschluss vom 861982 VIII B 2982 BStBl II S 608)

- die voumlllige oder teilweise Ablehnung eines Antrags auf einen Lohnsteuer-Freibetrag (sect 39a EStG vgl BFH-Beschluumlsse vom 2941992 VI B 15291 BStBl II S 752 und vom 1731994 VI B 15493 BStBl II S 567)

- Auszligenpruumlfungsanordnungen (vgl AEAO zu sect 196 Nr 1)

232 Nicht vollziehbar sind insbesondere

- erstmalige Steuerbescheide uumlber 0 euro auch wenn der Steuerpflichtige die Festsetzung einer negativen Steuer begehrt (BFH-Urteil vom 17121981 V R 8181 BStBl 1982 II S 149 BVerfG-Beschluss vom 2361982 1 BvR 25482 StRK FGO sect 69 R 244)

- auf eine negative Steuerschuld lautende Steuerbescheide wenn der Steuerpflichtige eine Erhoumlhung des negativen Betrags begehrt (BFH-Beschluss vom 28111974 V B 4474 BStBl 1975 II S 240)

- Verwaltungsakte die den Erlass oder die Korrektur eines Verwaltungsakts ablehnen zB Ablehnung eines Aumlnderungsbescheids (BFH-Beschluumlsse vom 24111970 II B 4270 BStBl 1971 II S 110 und vom 2531971 II B 4769 BStBl II S 334) Ablehnung der Herabsetzung bestandskraumlftig festgesetzter Vorauszahlungen (BFH-Beschluss vom 2731991 I B 18790 BStBl II S 643) Ablehnung einer Stundung (BFH-Beschluss vom 861982 VIII B 2982 BStBl II S 608) oder eines Erlasses (BFH-Beschluss vom 2491970 II B 2870 BStBl II S 813)

- die Ablehnung einer Billigkeitsmaszlignahme iSd sect 163 AO

- die Ablehnung der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach sect 44a Abs 5 EStG (BFH-Beschluss vom 2771994 I B 24693 BStBl II S 899) oder einer Freistellung vom Quellensteuerabzug nach sect 50a Abs 4 EStG (BFH-Beschluss vom 1341994 I B 21293 BStBl II S 835)

- verbindliche Auskuumlnfte (sect 89 Abs 2 AO sect 2 StAuskV) verbindliche Zusagen (sectsect 204 bis 207 AO) und Lohnsteueranrufungsauskuumlnfte (sect 42e EStG) unabhaumlngig davon ob sie der Rechtsauffassung des Steuerpflichtigen entsprechen oder nicht sowie die Ablehnung eine verbindliche Auskunft eine verbindliche Zusage oder eine Lohnsteueranrufungsauskunft zu erteilen

233 Zur Vollziehbarkeit von Feststellungsbescheiden vgl AEAO zu sect 361 Nr 51

234 Vorlaumlufiger Rechtsschutz gegen einen nicht vollziehbaren Verwaltungsakt kann nur durch eine einstweilige Anordnung nach sect 114 FGO gewaumlhrt werden

24 Bei der Entscheidung uumlber Antraumlge auf Aussetzung der Vollziehung ist der gesetzliche Ermessensspielraum im Interesse der Steuerpflichtigen stets voll auszuschoumlpfen

25 Zur Aussetzung berechtigende ernstliche Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen wenn eine summarische Pruumlfung (vgl AEAO zu sect 361 Nr 34) ergibt dass neben den fuumlr die Rechtmaumlszligigkeit sprechenden Umstaumlnden gewichtige gegen die Rechtmaumlszligigkeit sprechende Gruumlnde zutage treten die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken Dabei brauchen die fuumlr die Unrechtmaumlszligigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu uumlberwiegen dh ein Erfolg des Steuerpflichtigen muss nicht wahrscheinlicher sein als ein Misserfolg (BFH-Beschluumlsse vom 1021967 III B 966 BStBl III S 182 und vom 28111974 V B 5273 BStBl 1975 II S 239)

251 Bei der Abschaumltzung der Erfolgsaussichten sind nicht nur die BFH-Rechtsprechung und die einschlaumlgigen Verwaltungsanweisungen sondern auch die Entscheidungen des zustaumlndigen Finanzgerichts zu beachten

252 Ernstliche Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des Verwaltungsakts werden im Allgemeinen zu bejahen sein

- wenn die Behoumlrde bewusst oder unbewusst von einer fuumlr den Antragsteller guumlnstigen Rechtsprechung des BFH abgewichen ist (BFH-Beschluss vom 1521967 VI S 266 BStBl III S 256)

- wenn der BFH noch nicht zu der Rechtsfrage Stellung genommen hat und die Finanzgerichte unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten (BFH-Beschluss vom 1051968 III B 5567 BStBl II S 610)

- wenn die Gesetzeslage unklar ist die streitige Rechtsfrage vom BFH noch nicht entschieden ist im Schrifttum Bedenken gegen die Rechtsauslegung des Finanzamt erhoben werden und die Finanzverwaltung die Zweifelsfrage in der Vergangenheit nicht einheitlich beurteilt hat (BFHshy

236

Beschluumlsse vom 2291967 VI B 5967 BStBl 1968 II S 37 und vom 1981987 V B 5685 BStBl II S 830)

- wenn eine Rechtsfrage von zwei obersten Bundesgerichten oder zwei Senaten des BFH unterschiedlich entschieden worden ist (BFH-Beschluumlsse vom 22111968 VI B 8768 BStBl 1969 II S 145 und vom 21111974 IV B 3974 BStBl 1975 II S 175) oder widerspruumlchliche Urteile desselben BFH-Senats vorliegen (BFH-Beschluss vom 521986 I B 3985 BStBl II S 490)

253 Dagegen werden ernstliche Zweifel im Allgemeinen zu verneinen sein

- wenn der Verwaltungsakt der houmlchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht (BFH-Beschluumlsse vom 2421967 VI B 1566 BStBl III S 341 und vom 1131970 I B 5068 BStBl II S 569) und zwar auch dann wenn einzelne Finanzgerichte eine von der houmlchstrichterlichen Rechtsprechung abweichende Auffassung vertreten

- wenn der Rechtsbehelf unzulaumlssig ist (BFH-Beschluumlsse vom 24111970 II B 4270 BStBl 1971 II S 110 und vom 2531971 II B 4769 BStBl II S 334)

254 An die Zweifel hinsichtlich der Rechtmaumlszligigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind wenn die Verfassungswidrigkeit einer angewandten Rechtsnorm geltend gemacht wird keine strengeren Anforderungen zu stellen als im Falle der Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung Die Begruumlndetheit des Aussetzungsantrags ist nicht nach den Grundsaumltzen zu beurteilen die fuumlr eine einstweilige Anordnung durch das BVerfG nach sect 32 BVerfGG gelten (BFH-Beschluss vom 1021984 III B 4083 BStBl II S 454)

Im Hinblick auf den Geltungsanspruch jedes formell verfassungsgemaumlszlig zustande gekommenen Gesetzes muss aber der Antragsteller zusaumltzlich ein besonderes berechtigtes Interesse an der Gewaumlhrung vorlaumlufigen Rechtsschutzes haben Geboten ist eine Interessenabwaumlgung zwischen der einer Aussetzung der Vollziehung entgegenstehenden Gefaumlhrdung der oumlffentlichen Haushaltsfuumlhrung und den fuumlr eine Aussetzung der Vollziehung sprechenden individuellen Interessen des Antragstellers an der Gewaumlhrung vorlaumlufigen Rechtsschutzes (BFH-Beschluumlsse vom 6111987 III B 10186 BStBl 1988 II S 134 vom 142010 II B 16809 BStBl II S 558 und vom 932012 VII B 17111 BStBl II S 418) Als Ergebnis dieser Interessenabwaumlgung kann somit trotz ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmaumlszligigkeit einer angewandten Vorschrift eine Aussetzung der Vollziehung abzulehnen sein

Diese Grundsaumltze gelten nicht nur wenn zweifelhaft ist ob eine Norm materiell verfassungsgemaumlszlig ist sondern auch dann wenn Zweifel an der formellen Verfassungsmaumlszligigkeit einer Norm bestehen (BFH-Beschluss vom 932012 VII B 17111 aaO) Wuumlrde eine Aussetzung der Vollziehung im Ergebnis zur vorlaumlufigen Nichtanwendung eines ganzen Gesetzes fuumlhren hat das Interesse an einer geordneten Haushaltsfuumlhrung Vorrang wenn der durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts eintretende Eingriff beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen ist und dieser Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen hat ob ernstliche Zweifel an der Verfassungsmaumlszligigkeit des Gesetzes bestehen muss dann i d R nicht gepruumlft werden (BFH-Beschluumlsse vom 142010 II B 16809 und vom 932012 VII B 17111 jeweils aaO)

255 Die Gefaumlhrdung des Steueranspruchs ist - wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des Verwaltungsakts bestehen - fuumlr sich allein kein Grund die Aussetzung der Vollziehung abzulehnen Steuerausfaumllle koumlnnen dadurch vermieden werden dass die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung abhaumlngig gemacht wird (vgl AEAO zu sect 361 Nr 92)

26 Eine Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Haumlrte kommt in Betracht wenn bei sofortiger Vollziehung dem Betroffenen Nachteile drohen wuumlrden die uumlber die eigentliche Realisierung des Verwaltungsakts hinausgehen indem sie vom Betroffenen ein Tun Dulden oder Unterlassen fordern dessen nachteilige Folgen nicht mehr oder nur schwer ruumlckgaumlngig gemacht werden koumlnnen oder existenzbedrohend sind Eine Vollziehungsaussetzung wegen unbilliger Haumlrte ist zu versagen wenn der Rechtsbehelf offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (BFH-Beschluumlsse vom 21121967 V B 2667 BStBl 1968 II S 84 und vom 1941968 IV B 366 BStBl II S 538)

27 Durch Aussetzung der Vollziehung darf die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden (BFH-Beschluss vom 2271980 VII B 380 BStBl II S 592)

3 Summarisches VerfahrenVollstreckung bei anhaumlngigem Vollziehungsaussetzungsantrag Zustaumlndigkeit

31 Uumlber Antraumlge auf Aussetzung der Vollziehung ist unverzuumlglich zu entscheiden Solange uumlber einen entsprechenden bei der Finanzbehoumlrde gestellten Antrag noch nicht entschieden ist sollen Vollstreckungsmaszlignahmen unterbleiben es sei denn der Antrag ist aussichtslos bezweckt offensichtlich nur ein Hinausschieben der Vollstreckung oder es besteht Gefahr im Verzug

32 Stellt der Steuerpflichtige einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach sect 69 Abs 3 FGO beim Finanzgericht ist die Vollstreckungsstelle daruumlber zu unterrichten Die Vollstreckungsstelle entscheidet ob im Einzelfall von Vollstreckungsmaszlignahmen abzusehen ist Vor Einleitung von Vollstreckungsmaszlignahmen ist mit dem Finanzgericht Verbindung aufzunehmen (s Abschn 5 Abs 4

237

Satz 3 VollstrA) Die Verpflichtung des Finanzamts unverzuumlglich selbst zu pruumlfen ob eine Aussetzung der Vollziehung in Betracht kommt und ggf die Aussetzung der Vollziehung selbst auszusprechen bleibt unberuumlhrt

33 Fuumlr die Entscheidung uumlber die Aussetzung der Vollziehung ist ohne Ruumlcksicht auf die Steuerart und die Houmlhe des Steuerbetrages das Finanzamt zustaumlndig das den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat Ein zwischenzeitlich eingetretener Zustaumlndigkeitswechsel betrifft grundsaumltzlich auch das Aussetzungsverfahren (sect 367 Abs 1 Satz 2 iVm sect 26 Satz 2 AO)

34 Die Entscheidung uumlber die Aussetzung der Vollziehung ergeht in einem summarischen Verfahren Die Begruumlndetheit des Rechtsbehelfs ist im Rahmen dieses Verfahrens nur in einem begrenzten Umfang zu pruumlfen Bei der Pruumlfung sind nicht praumlsente Beweismittel ausgeschlossen (vgl BFH-Beschluumlsse vom 2371968 II B 1768 BStBl II S 589 und vom 1951987 VIII B 10485 BStBl 1988 II S 5) Die Sachentscheidungsvoraussetzungen fuumlr die Vollziehungsaussetzung (zB Anhaumlngigkeit eines foumlrmlichen Rechtsbehelfs Zustaumlndigkeit) sind eingehend und nicht nur summarisch zu pruumlfen (vgl BFH-Beschluss vom 2141971 VII B 10669 BStBl II S 702)

4 Berechnung der auszusetzenden Steuer

Die Houmlhe der auszusetzenden Steuer ist in jedem Fall zu berechnen eine pauschale Bestimmung (zB ausgesetzte Steuer = Abschlusszahlung) ist nicht vorzunehmen

Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbetraumlge um die anzurechnende Koumlrperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen beschraumlnkt dies gilt nicht wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile noumltig erscheint (sect 361 Abs 2 Satz 4 AO sect 69 Abs 2 Satz 8 und Abs 3 Satz 4 FGO) Diese Regelung ist verfassungsgemaumlszlig (BFH-Beschluumlsse vom 2111999 I B 4999 BStBl 2000 II S 57 und vom 2412000 X B 9999 BStBl II S 559) Zum Begriff bdquowesentliche Nachteileldquo vgl AEAO zu sect 361 Nr 461

Vorauszahlungen sind auch dann bdquofestgesetztldquo iSd sect 361 Abs 2 Satz 4 AO sect 69 Abs 2 Satz 8 FGO wenn der Vorauszahlungsbescheid in der Vollziehung ausgesetzt war (BFH-Beschluss vom 2412000 X B 9999 BStBl II S 559 vgl AEAO zu sect 361 Nrn 42 44 und 822)

Steuerabzugsbetraumlge sind bei der Ermittlung der auszusetzenden Steuer auch dann zu beruumlcksichtigen wenn sie erst im Rechtsbehelfsverfahren geltend gemacht werden und die Abrechnung des angefochtenen Steuerbescheids zu korrigieren ist

Wird ein Steuerbescheid zum Nachteil des Steuerpflichtigen geaumlndert oder gem sect 129 AO berichtigt kann hinsichtlich des sich ergebenden Mehrbetrags die Aussetzung der Vollziehung unabhaumlngig von den Beschraumlnkungen des sect 361 Abs 2 Satz 4 AO bzw des sect 69 Abs 2 Satz 8 FGO gewaumlhrt werden

Es sind folgende Faumllle zu unterscheiden (in den Beispielsfaumlllen 41 bis 45 wird jeweils davon ausgegangen dass ein Betrag von 5000 euro streitbefangen ist und in dieser Houmlhe auch ernstliche Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzung bestehen sowie kein Ausnahmefall des Vorliegens wesentlicher Nachteile - vgl AEAO zu sect 361 Nr 461 - gegeben ist)

41 Die streitbefangene Steuer ist kleiner als die Abschlusszahlung

Beispiel 1

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte und entrichtete Vorauszahlungen 8000 euro

Abschlusszahlung 7000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist iHv 5000 euro auszusetzen Der Restbetrag iHv 2000 euro ist am Faumllligkeitstag zu entrichten

Beispiel 2

festgesetzte Umsatzsteuer 0 euro

Summe der festgesetzten Umsatzsteuer-Vorauszahlungen 7000 euro

Abschlusszahlung 7000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist iHv 5000 euro auszusetzen Der Restbetrag iHv

238

2000 euro ist am Faumllligkeitstag zu entrichten

42 Die streitbefangene Steuer ist kleiner als die Abschlusszahlung einschlieszliglich nicht geleisteter Vorauszahlungen

Beispiel 1

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte Vorauszahlungen 8000 euro

entrichtete Vorauszahlungen 5000 euro

ruumlckstaumlndige Vorauszahlungen 3000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 4000 euro

Abschlusszahlung (einschlieszliglich der ruumlckstaumlndigen Vorauszahlungsbetraumlge da nach sect 36 Abs 2 Nr 1 EStG nur die entrichteten Vorauszahlungen anzurechnen sind) 6000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist nur iHv 3000 euro auszusetzen (15000 euro shy festgesetzte Steuer - 8000 euro - festgesetzte Vorauszahlungen - 4000 euro - anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -) Die ruumlckstaumlndigen Vorauszahlungen iHv 3000 euro sind sofort zu entrichten

Beispiel 2

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte Vorauszahlungen 8000 euro

Vollziehungsaussetzung des Vorauszahlungsbescheids iHv 3000 euro

entrichtete Vorauszahlungen 5000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 4000 euro

Abschlusszahlung (einschlieszliglich der in der Vollshyziehung ausgesetzten Vorauszahlungen) 6000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist nur iHv 3000 euro auszusetzen (15000 euro shy festgesetzte Steuer - 8000 euro - festgesetzte Vorauszahlungen - 4000 euro anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -) Die in der Vollziehung ausgesetzten Vorauszahlungen iHv 3000 euro sind innerhalb der von der Finanzbehoumlrde zu setzenden Frist (vgl AEAO zu sect 361 Nr 822) zu entrichten Der Restbetrag der Abschlusszahlung (3000 euro) muss nicht geleistet werden solange die Aussetzung der Vollziehung wirksam ist

43 Die streitbefangene Steuer ist groumlszliger als die Abschlusszahlung

Beispiel

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte und entrichtete Vorauszahlungen 8000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 4000 euro

Abschlusszahlung 3000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist nur iHv 3000 euro auszusetzen (15000 euro - festgesetzte Steuer 8000 euro - festgesetzte Vorauszahlungen - 4000 euro - anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -) Die Abschlusszahlung muss nicht geleistet werden solange die Aussetzung der Vollziehung wirksam ist

44 Die streitbefangene Steuer ist groumlszliger als die Abschlusszahlung einschlieszliglich nicht geleisteter Vorauszahlungen

239

Beispiel 1

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte Vorauszahlungen 8000 euro

entrichtete Vorauszahlungen 5000 euro

ruumlckstaumlndige Vorauszahlungen 3000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 6000 euro

Abschlusszahlung (einschlieszliglich der ruumlckstaumlndigen Vorauszahlungen) 4000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist nur iHv 1000 euro auszusetzen (15000 euro - festgesetzte Steuer - 8000 euro- festgesetzte Vorauszahlungen- 6000 euro - anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -) Die ruumlckstaumlndigen Vorauszahlungen iHv 3000 euro sind sofort zu entrichten

Beispiel 2

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte Vorauszahlungen 8000 euro

Vollziehungsaussetzung des Vorauszahlungsbescheids iHv 3000 euro

entrichtete Vorauszahlungen 5000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 6000 euro

Abschlusszahlung (einschlieszliglich der in der Vollziehung ausgesetzten Vorauszahlungen) 4000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist nur iHv 1000 euro auszusetzen (15000 euro - festgesetzte Steuer - 8000 euro - festgesetzte Vorauszahlungen - 6000 euro - anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -) Die in der Vollziehung ausgesetzten Vorauszahlungen iHv 3000 euro sind innerhalb der von der Finanzbehoumlrde zu setzenden Frist (vgl AEAO zu sect 361 Nr 822) zu entrichten Der Restbetrag der Abschlusszahlung (1000 euro) muss nicht geleistet werden solange die Aussetzung der Vollziehung wirksam ist

45 Die Steuerfestsetzung fuumlhrt zu einer Erstattung

Beispiel 1

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte und entrichtete Vorauszahlungen 12000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 5000 euro

Erstattungsbetrag 2000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Eine Aussetzung der Vollziehung ist nicht moumlglich (15000 euro - festgesetzte Steuer - 12000 euro - festgesetzte Vorauszahlungen 5000 euro - anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -)

Beispiel 2

Nach einem Erstbescheid gem Beispiel 1 ergeht ein Aumlnderungsbescheid

festgesetzte Steuer nunmehr 16000 euro

festgesetzte und entrichtete Vorauszahlungen 12000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 5000 euro

neuer Erstattungsbetrag 1000 euro

Ruumlckforderung der nach dem Erstbescheid 1000 euro

240

geleisteten Erstattung (Leistungsgebot) iHv

streitbefangene Steuer 5000 euro

Der Aumlnderungsbescheid kann iHv 1000 euro in der Vollziehung ausgesetzt werden

Beispiel 3

Nach einem Erstbescheid gem Beispiel 1 ergeht ein Aumlnderungsbescheid

festgesetzte Steuer nunmehr 18000 euro

festgesetzte und entrichtete Vorauszahlungen 12000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 5000 euro

Abschlusszahlung neu 1000 euro

Leistungsgebot uumlber (Abschlusszahlung - 1000 euro - zuzuumlglich der nach dem Erstbescheid geleisteten Erstattung - 2000 euro -) 3000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Der Aumlnderungsbescheid kann iHv 3000 euro in der Vollziehung ausgesetzt werden

46 Sonderfaumllle

461 Die Beschraumlnkung der Aussetzung bzw Aufhebung der Vollziehung von Steuerbescheiden auf den Unterschiedsbetrag zwischen festgesetzter Steuer und Vorleistungen (festgesetzte Vorauszahlungen anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge anzurechnende Koumlrperschaftsteuer) gilt nicht wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile noumltig erscheint (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz)

Fuumlr die Beurteilung wann bdquowesentliche Nachteileldquo vorliegen sind die von der BFH-Rechtsprechung zur einstweiligen Anordnung nach sect 114 FGO entwickelten Grundsaumltze heranzuziehen (BFH-Beschluss vom 22122003 IX B 17702 BStBl 2004 II S 367) bdquoWesentliche Nachteileldquo liegen demnach vor wenn durch die Versagung der Vollziehungsaussetzung bzw Vollziehungsaufhebung unmittelbar und ausschlieszliglich die wirtschaftliche oder persoumlnliche Existenz des Steuerpflichtigen bedroht sein wuumlrde (BFH-Beschluss vom 22122003 IX B 17702 aaO)

Keine bdquowesentlichen Nachteileldquo sind - fuumlr sich allein gesehen - allgemeine Folgen die mit der Steuerzahlung verbunden sind beispielsweise

- ein Zinsverlust (BFH-Beschluss vom 2771994 I B 24693 BStBl II S 899)

- eine zur Bezahlung der Steuern notwendige Kreditaufnahme (BFH-Beschluumlsse vom 1241984 VIII B 11582 BStBl II S 492 und vom 2111999 I B 4999 BStBl 2000 II S 57)

- ein Zuruumlckstellen betrieblicher Investitionen oder eine Einschraumlnkung des gewohnten Lebensstandards (BFH-Beschluss vom 1241984 VIII B 11582 BStBl II S 492)

bdquoWesentliche Nachteileldquo liegen auch vor wenn der BFH oder ein Finanzgericht von der Verfassungswidrigkeit einer streitentscheidenden Vorschrift uumlberzeugt ist und deshalb diese Norm gem Art 100 Abs 1 GG dem BVerfG zur Pruumlfung vorgelegt hat (BFH-Beschluss vom 22122003 IX B 17702 BStBl 2004 II S 367)

Wurde ein Grundlagenbescheid angefochten sind erst bei der Vollziehungsaussetzung des Folgebescheids die Regelungen des sect 361 Abs 2 Satz 4 AO bzw des sect 69 Abs 2 Satz 8 und Abs 3 Satz 4 FGO zu beachten (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz Nr 51 letzter Absatz und Nr 6 letzter Absatz) Folglich ist auch erst in diesem Verfahren zu pruumlfen ob bdquowesentliche Nachteileldquo vorliegen

462 In Faumlllen in denen die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids auszusetzen ist bei Erfolg des Rechtsbehelfs aber andere Steuerbescheide zuungunsten des Rechtsbehelfsfuumlhrers zu aumlndern sind kann die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids nicht auf den Unterschiedsbetrag der steuerlichen Auswirkungen begrenzt werden (BFH-Urteil vom 10111994 IV R 4494 BStBl 1995 II S 814)

47 Auszligersteuerliche Verwaltungsakte

Die vorstehenden Ausfuumlhrungen gelten sinngemaumlszlig fuumlr auszligersteuerliche Verwaltungsakte auf die die Vorschriften des sect 361 AO und des sect 69 FGO entsprechend anzuwenden sind (zB Bescheide fuumlr Investitionszulagen Wohnungsbaupraumlmien Arbeitnehmer-Sparzulagen) Die Vollziehung eines

241

Bescheids der beispielsweise eine Investitionszulage nach Auffassung des Antragstellers zu niedrig festsetzt kann daher nicht ausgesetzt werden Ein Bescheid der eine gewaumlhrte Investitionszulage zuruumlckfordert ist dagegen ein vollziehbarer und aussetzungsfaumlhiger Verwaltungsakt

5 Aussetzung der Vollziehung von Grundlagenbescheiden

51 Auch die Vollziehung von Grundlagenbescheiden (insbesondere Feststellungs- und Steuermessbescheiden) kann unter den allgemeinen Voraussetzungen - Anhaumlngigkeit eines Rechtsbehelfs (vgl AEAO zu sect 361 Nr 22) vollziehbarer Verwaltungsakt (vgl AEAO zu sect 361 Nr 23) ernstliche Zweifel (vgl AEAO zu sect 361 Nr 25) oder unbillige Haumlrte (vgl AEAO zu sect 361 Nr 26) -ausgesetzt werden

Eine Aussetzung der Vollziehung ist daher insbesondere moumlglich bei

- Bescheiden uumlber die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach sect 180 Abs 1 Nr 2 AO

- Feststellungsbescheiden nach der V zu sect 180 Abs 2 AO

- Feststellungsbescheiden nach sectsect 27 28 und 38 KStG

- Gewerbesteuermessbescheiden

- Grundsteuermessbescheiden

- Einheitswertbescheiden (sect 180 Abs 1 Nr 1 AO iVm sect 19 BewG)

- Bescheiden uumlber die Feststellung von Grundbesitzwerten (sect 151 BewG)

- Feststellungsbescheiden nach sect 17 Abs 2 und 3 GrEStG

Nach der Rechtsprechung des BFH kommt eine Vollziehungsaussetzung auch in Betracht bei

- Verlustfeststellungsbescheiden soweit die Feststellung eines houmlheren Verlustes begehrt wird (BFH-Beschluumlsse vom 1071979 VIII B 8478 BStBl II S 567 und vom 25101979 IV B 6879 BStBl 1980 II S 66)

- Feststellungsbescheiden die Anteile einzelner Gesellschafter auf 0 euro feststellen und angefochten werden weil diese Gesellschafter den Ansatz von Verlustanteilen begehren (BFH-Beschluss vom 22101980 I S 180 BStBl 1981 II S 99)

- Feststellungsbescheiden die eine Mitunternehmerschaft einzelner Beteiligter verneinen (BFH-Beschluss vom 1071980 IV B 7779 BStBl II S 697)

- negativen Gewinn-Verlustfeststellungsbescheiden dh Bescheiden die den Erlass eines Gewinn(Verlust-)feststellungsbescheids ablehnen (Beschluss des Groszligen Senats des BFH vom 1441987 GrS 285 BStBl II S 637)

- Bescheiden nach sect 15a Abs 4 EStG uumlber die Feststellung eines verrechenbaren Verlustes (BFH-Beschluss vom 231988 IV B 9587 BStBl II S 617)

Soweit in einem Grundlagenbescheid Feststellungen enthalten sind die Gegenstand eines anderen Feststellungsverfahrens waren ist die Vollziehung des Grundlagenbescheids nach sect 361 Abs 3 Satz 1 AO bzw sect 69 Abs 2 Satz 4 FGO auszusetzen (vgl AEAO zu sect 361 Nr 6)

Die Beschraumlnkungen des sect 361 Abs 2 Satz 4 AO bzw des sect 69 Abs 2 Satz 8 und Abs 3 Satz 4 FGO (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz) sind erst bei der Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids zu beachten (vgl AEAO zu sect 361 Nr 6 letzter Absatz)

52 Die Aussetzung der Vollziehung eines Feststellungsbescheids kann auf Gewinnanteile einzelner Gesellschafter beschraumlnkt werden auch wenn der Rechtsstreit die Gewinnanteile aller Gesellschafter beruumlhrt (BFH-Beschluss vom 7111968 IV B 4768 BStBl 1969 II S 85) Wird vorlaumlufiger Rechtsschutz nicht von der Gesellschaft sondern nur von einzelnen Gesellschaftern beantragt sind nur diese am Verfahren der Aussetzung der Vollziehung beteiligt eine Hinzuziehung der uumlbrigen Gesellschafter zum Verfahren ist nicht notwendig (BFH-Beschluumlsse vom 22101980 I S 180 BStBl 1981 II S 99 und vom 551981 VIII B 2680 BStBl II S 574)

53 Im Verwaltungsakt uumlber die Aussetzung der Vollziehung eines Feststellungsbescheids muumlssen im Falle der gesonderten und einheitlichen Feststellung die ausgesetzten Besteuerungsgrundlagen auf die einzelnen Beteiligten aufgeteilt werden Auszligerdem sollte ggf darauf hingewiesen werden dass eine Erstattung von geleisteten Vorauszahlungen Steuerabzugsbetraumlgen und anzurechnender Koumlrperschaftsteuer im Rahmen der Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids grundsaumltzlich nicht erfolgt (AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz und Nr 6 letzter Absatz) Die Vollziehung eines negativen Feststellungsbescheids (vgl AEAO zu sect 361 Nr 51 vorletzter Beispielsfall) ist mit der Maszliggabe auszusetzen dass bis zur bestandskraumlftigenrechtskraumlftigen Entscheidung im Hauptverfahren von einem Verlust von x euro auszugehen sei der sich auf die Beteiligten wie folgt verteilehellip (Beschluss des Groszligen Senats des BFH vom 1441987 GrS 285 BStBl II S 637)

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54 Unterrichtungspflicht

541 Ist die Aussetzung der Vollziehung eines Grundlagenbescheids beantragt worden kann uumlber den Antrag aber nicht kurzfristig entschieden werden sollen die fuumlr die Erteilung der Folgebescheide zustaumlndigen Finanzaumlmter ggf Gemeinden unterrichtet werden

Wegen der Unterrichtung der Gemeinden uumlber anhaumlngige Einspruchsverfahren gegen Realsteuermessbescheide vgl AEAO zu sect 184

542 Die Wohnsitzfinanzaumlmter der Beteiligten sind von der Aussetzung der Vollziehung eines Feststellungsbescheids zu unterrichten In diese Mitteilungen ist ggf der Hinweis uumlber die grundsaumltzliche Nichterstattung von Steuerbetraumlgen (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz Nr 51 letzter Absatz und Nr 6 letzter Absatz) aufzunehmen Entsprechendes gilt fuumlr den Beginn und das Ende der Aussetzung der Vollziehung (vgl AEAO zu sect 361 Nr 813 und 821)

543 Wird die Vollziehung eines Realsteuermessbescheids ausgesetzt ist die Gemeinde hieruumlber zu unterrichten

6 Aussetzung der Vollziehung von Folgebescheiden

Nach der Aussetzung der Vollziehung eines Grundlagenbescheids ist die Vollziehung der darauf beruhenden Folgebescheide von Amts wegen auszusetzen und zwar auch dann wenn die Folgebescheide nicht angefochten wurden (sect 361 Abs 3 Satz 1 AO sect 69 Abs 2 Satz 4 FGO) Entsprechendes gilt wenn bei Rechtsbehelfen gegen auszligersteuerliche Grundlagenbescheide die aufschiebende Wirkung eintritt angeordnet oder wiederhergestellt oder die Vollziehung ausgesetzt wird

Ist der Folgebescheid vor Erlass des Grundlagenbescheids ergangen und beruumlcksichtigt er nach Auffassung des Steuerpflichtigen die noch gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen nicht oder - bei einer Schaumltzung nach sect 162 Abs 5 AO - in unzutreffender Houmlhe kann unter den allgemeinen Voraussetzungen die Vollziehung ausgesetzt werden Dies gilt entsprechend wenn Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Bekanntgabe eines ergangenen Grundlagenbescheids erhoben werden (BFH-Beschluss vom 2531986 III B 685 BStBl II S 477 und BFH-Urteil vom 1541988 III R 2685 BStBl II S 660)

Ein Antrag auf Vollziehungsaussetzung eines Einkommensteuerbescheids der mit Zweifeln an der Rechtmaumlszligigkeit der Entscheidungen in einem wirksam ergangenen positiven oder negativen Gewinnfeststellungsbescheid begruumlndet wird ist mangels Rechtsschutzbeduumlrfnisses unzulaumlssig (BFH-Urteil vom 29101987 VIII R 41383 BStBl 1988 II S 240) Zulaumlssig ist dagegen ein Antrag auf Vollziehungsaussetzung eines Folgebescheids der mit ernstlichen Zweifeln an der wirksamen Bekanntgabe eines Grundlagenbescheids begruumlndet wird (BFH-Beschluss vom 1541988 III R 2685 BStBl II S 660)

Bei der Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids sind ggf die Beschraumlnkungen des sect 361 Abs 2 Satz 4 AO bzw des sect 69 Abs 2 Satz 8 und Abs 3 Satz 4 FGO (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz) zu beachten Erst in diesem Verfahren ist ggf auch zu pruumlfen ob bdquowesentliche Nachteileldquo (vgl AEAO zu sect 361 Nr 461) vorliegen

7 Aufhebung der Vollziehung durch das Finanzamt

71 Die Finanzbehoumlrden sind befugt im Rahmen eines Verfahrens nach sect 361 AO oder nach sect 69 Abs 2 FGO auch die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen (sect 361 Abs 2 Satz 3 AO sect 69 Abs 2 Satz 7 FGO) Die Ausfuumlhrungen in den Nrn 21 bis 46 gelten entsprechend

72 Die Aufhebung der Vollziehung bewirkt die Ruumlckgaumlngigmachung bereits durchgefuumlhrter Vollziehungsmaszlignahmen Dies gilt auch soweit eine Steuer bdquofreiwilligldquo dh abgesehen vom Leistungsgebot ohne besondere Einwirkungen des Finanzamts (wie Mahnung Postnachnahme Beitreibungsmaszlignahmen) entrichtet worden ist (BFH-Beschluss vom 2271977 III B 3474 BStBl II S 838) Durch die Aufhebung der Vollziehung erhaumllt der Rechtsbehelfsfuumlhrer einen Erstattungsanspruch (sect 37 Abs 2 AO) in Houmlhe des Aufhebungsbetrags da der rechtliche Grund fuumlr die Zahlung nachtraumlglich weggefallen ist Durch Aufhebung der Vollziehung kann aber grundsaumltzlich nicht die Erstattung von geleisteten Vorauszahlungsbetraumlgen Steuerabzugsbetraumlgen oder anrechenbarer Koumlrperschaftsteuer erreicht werden (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz)

Beispiel

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte und entrichtete Vorauszahlungen 5000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 7000 euro

entrichtete Abschlusszahlung 3000 euro

An der Rechtmaumlszligigkeit der Steuerfestsetzung bestehen iHv 5000 euro ernstliche Zweifel der Sonderfall des Vorliegens bdquowesentlicher Nachteileldquo ist nicht gegeben Nach Aufhebung der Vollziehung ist ein

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Betrag iHv 3000 euro zu erstatten (15000 euro - festgesetzte Steuer - 5000 euro - festgesetzte Vorauszahlungen 7000 euro - anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -)

73 Wird die Vollziehung einer Steueranmeldung aufgehoben duumlrfen die entrichteten Steuerbetraumlge nur an den Anmeldenden erstattet werden Dies gilt auch wenn - wie zB in den Faumlllen des Lohnsteuerabzugs nach sect 38 EStG oder des Steuerabzugs nach sect 50a Abs 4 EStG - der Anmeldende lediglich Entrichtungspflichtiger nicht aber Steuerschuldner ist (BFH-Beschluss vom 1381997 I B 3097 BStBl II S 700)

74 Bei der Aufhebung der Vollziehung ist zu bestimmen ob die Aufhebung ruumlckwirken soll oder nicht Fuumlr die Beurteilung dieser Frage ist maszliggeblich ab welchem Zeitpunkt ernstliche Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des Verwaltungsakts erkennbar vorlagen (BFH-Beschluss vom 10121986 I B 12186 BStBl 1987 II S 389 vgl AEAO zu sect 361 Nr 811) Durch ruumlckwirkende Aufhebung der Vollziehung entfallen bereits entstandene Saumlumniszuschlaumlge (BFH-Beschluss vom 10121986 I B 12186 aaO) Vollstreckungsmaszlignahmen bleiben bestehen soweit nicht ihre Aufhebung ausdruumlcklich angeordnet (sect 257 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 Satz 3 AO) oder die Ruumlckwirkung der Aufhebung der Vollziehung verfuumlgt worden ist

8 Dauer der AussetzungAufhebung der Vollziehung

81 Beginn der AussetzungAufhebung der Vollziehung

811 Wird der Antrag auf AussetzungAufhebung der Vollziehung vor Faumllligkeit der strittigen Steuerforderung bei der Finanzbehoumlrde eingereicht und begruumlndet ist die Aussetzung Aufhebung der Vollziehung im Regelfall ab Faumllligkeitstag der strittigen Steuerbetraumlge auszusprechen vgl AEAO zu sect 361 Nr 74 Ein spaumlterer Zeitpunkt kommt in Betracht wenn der Steuerpflichtige - zB in Schaumltzungsfaumlllen - die Begruumlndung des Rechtsbehelfs oder des Aussetzungsantrags unangemessen hinausgezoumlgert hat und die Finanzbehoumlrde deshalb vorher keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts zu haben brauchte (vgl BFH-Beschluss vom 10121986 I B 12186 BStBl 1987 II S 389)

812 Wird die AussetzungAufhebung der Vollziehung nach Faumllligkeit der strittigen Steuerforderung beantragt und begruumlndet gilt Nr 811 Satz 2 entsprechend

813 Bei der AussetzungAufhebung der Vollziehung von Grundlagenbescheiden (vgl AEAO zu sect 361 Nr 5) ist als Beginn der AussetzungAufhebung der Vollziehung der Tag der Bekanntgabe des Grundlagenbescheids zu bestimmen wenn der Rechtsbehelf oder der Antrag auf AussetzungAufhebung der Vollziehung vor Ablauf der Einspruchsfrist begruumlndet wurde Bei spaumlter eingehender Begruumlndung gilt Nr 811 Satz 2 des AEAO zu sect 361 entsprechend

814 Trifft die Finanzbehoumlrde keine Aussage uumlber den Beginn der AussetzungAufhebung der Vollziehung wirkt die AussetzungAufhebung der Vollziehung ab Bekanntgabe der AussetzungsverfuumlgungAufhebungsverfuumlgung (sect 124 Abs 1 Satz 1 AO)

815 Der Beginn der AussetzungAufhebung der Vollziehung eines Folgebescheids (vgl AEAO zu sect 361 Nr 6 und 813) richtet sich nach dem Beginn der AussetzungAufhebung der Vollziehung des Grundlagenbescheids (vgl BFH-Beschluss vom 10121986 I B 12186 BStBl 1987 II S 389)

82 Ende der AussetzungAufhebung der Vollziehung

821 Die AussetzungAufhebung der Vollziehung ist grundsaumltzlich nur fuumlr eine Rechtsbehelfsstufe zu bewilligen (BFH-Beschluss vom 311978 VII S 1377 BStBl II S 157) Das Ende der AussetzungAufhebung der Vollziehung ist in der Verfuumlgung zu bestimmen Soweit nicht eine datumsmaumlszligige Befristung angebracht ist sollte das Ende bei Entscheidungen uumlber die AussetzungAufhebung der Vollziehung waumlhrend des auszligergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens auf einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bzw nach Verkuumlndung oder Zustellung des Urteils oder einen Monat nach dem Eingang einer Erklaumlrung uumlber die Ruumlcknahme des Rechtsbehelfs festgelegt werden Einer Aufhebung der AussetzungsshyAufhebungsverfuumlgung bedarf es in einem solchen Fall nicht Die AussetzungAufhebung der Vollziehung eines Folgebescheids ist bis zur Beendigung der AussetzungAufhebung der Vollziehung des Grundlagenbescheids und fuumlr den Fall dass der Rechtsbehelf gegen den Grundlagenbescheid zu einer Aumlnderung des Folgebescheids fuumlhrt bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des geaumlnderten Folgebescheids zu befristen

822 Wird der in der Vollziehung ausgesetzte Verwaltungsakt geaumlndert oder ersetzt erledigt sich die bisher gewaumlhrte AussetzungAufhebung der Vollziehung ohne dass es einer Aufhebung der Vollziehungsaussetzungs(aufhebungs)verfuumlgung bedarf Fuumlr eine eventuelle Nachzahlung der bisher in der Vollziehung ausgesetzten Betraumlge kann dem Steuerpflichtigen idR eine einmonatige Zahlungsfrist eingeraumlumt werden

In den Faumlllen des sect 365 Abs 3 AO bzw des sect 68 FGO ist auf der Grundlage des neuen Verwaltungsakts erneut uumlber die Aussetzung bzw Aufhebung der Vollziehung zu entscheiden Dies gilt auch wenn ein in

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der Vollziehung ausgesetzter Vorauszahlungsbescheid durch die Jahressteuerfestsetzung ersetzt wird (vgl AEAO zu sect 365 Nr 2)

9 Nebenbestimmungen zur AussetzungAufhebung der Vollziehung

91 Widerrufsvorbehalt

Der Verwaltungsakt uumlber die AussetzungAufhebung der Vollziehung ist grundsaumltzlich mit dem Vorbehalt des Widerrufs zu versehen

92 Sicherheitsleistung

921 Die Finanzbehoumlrde kann die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhaumlngig machen (sect 361 Abs 2 Satz 5 AO sect 69 Abs 2 Satz 3 FGO) Die Entscheidung hieruumlber ist nach pflichtgemaumlszligem Ermessen zu treffen

922 Die Anordnung der Sicherheitsleistung muss vom Grundsatz der Verhaumlltnismaumlszligigkeit bestimmt sein (BVerfG-Beschluss vom 24101975 1 BvR 26675 StRK FGO sect 69 R 171) Sie ist geboten wenn die wirtschaftliche Lage des Steuerpflichtigen die Steuerforderung als gefaumlhrdet erscheinen laumlsst (BFH-Beschluumlsse vom 831967 VI B 5066 BStBl III S 294 und vom 2261967 I B 767 BStBl III S 512) Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist zB gerechtfertigt wenn der Steuerbescheid nach erfolglosem Rechtsbehelf im Ausland vollstreckt werden muumlsste (BFH-Urteil vom 2781970 V R 10267 BStBl 1971 II S 1) Dies gilt auch wenn in einem Mitgliedstaat der EU zu vollstrecken waumlre es sei denn mit diesem Staat besteht ein Abkommen welches eine Vollstreckung unter gleichen Bedingungen wie im Inland gewaumlhrleistet (BFH-Beschluss vom 321977 V B 676 BStBl II S 351 zur zwischenstaatlichen Vollstreckungshilfe siehe BMF-Merkblatt vom 2922012 BStBl I S 244) Eine Sicherheitsleistung ist unzumutbar wenn die Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des Verwaltungsakts so bedeutsam sind dass mit groszliger Wahrscheinlichkeit seine Aufhebung zu erwarten ist (BFH-Beschluss vom 22121969 V B 11569 BStBl 1970 II S 127)

923 Kann ein Steuerpflichtiger trotz zumutbarer Anstrengung eine Sicherheit nicht leisten darf eine Sicherheitsleistung bei AussetzungAufhebung der Vollziehung wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts nicht verlangt werden AussetzungAufhebung der Vollziehung wegen unbilliger Haumlrte darf jedoch bei Gefaumlhrdung des Steueranspruchs nur gegen Sicherheitsleistung bewilligt werden (BFH-Beschluss vom 941968 I B 7367 BStBl II S 456)

924 Zur Sicherheitsleistung bei der Aussetzung der Vollziehung von Grundlagenbescheiden s sect 361 Abs 3 Satz 3 AO und sect 69 Abs 2 Satz 6 FGO Hiernach entscheiden uumlber die Sicherheitsleistung die fuumlr den Erlass der Folgebescheide zustaumlndigen Finanzaumlmter bzw Gemeinden Das fuumlr den Erlass des Grundlagenbescheids zustaumlndige Finanzamt darf jedoch anordnen dass die Aussetzung der Vollziehung von keiner Sicherheitsleistung abhaumlngig zu machen ist Das kann zB der Fall sein wenn der Rechtsbehelf wahrscheinlich erfolgreich sein wird

925 Zu den moumlglichen Arten der Sicherheitsleistung s sect 241 AO

926 Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist eine unselbstaumlndige Nebenbestimmung in Form einer aufschiebenden Bedingung sie kann daher nicht selbstaumlndig sondern nur zusammen mit der Entscheidung uumlber die AussetzungAufhebung der Vollziehung angefochten werden (BFH-Urteil vom 31101973 I R 24972 BStBl 1974 II S 118 und BFH-Beschluss vom 2061979 IV B 2079 BStBl II S 666) Eine AussetzungAufhebung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung wird erst wirksam wenn die Sicherheitsleistung erbracht worden ist In dem Verwaltungsakt uumlber die AussetzungAufhebung der Vollziehung ist deshalb eine Frist fuumlr die Sicherheitsleistung zu setzen Wird die Sicherheit innerhalb der Frist nicht erbracht ist der Steuerpflichtige auf die Rechtsfolgen hinzuweisen und zur Zahlung aufzufordern

10 Ablehnung der Vollziehungsaussetzung

Zur Erhebung von Saumlumniszuschlaumlgen nach Ablehnung eines Antrags auf Vollziehungsaussetzung vgl AEAO zu sect 240 Nr 6 Buchstabe b

Hat das Finanzamt einen Aussetzungsantrag abgelehnt ist idR unter Beachtung der Grundsaumltze des sect 258 AO (siehe Abschn 7 VollstrA) zu vollstrecken auch wenn die Entscheidung des Finanzamts vom Steuerpflichtigen angefochten worden ist Uumlber die Ablehnung des Aussetzungsbegehrens ist die Vollstreckungsstelle zu unterrichten

11 Rechtsbehelfe

Gegen die Entscheidung der Finanzbehoumlrde uumlber die Aussetzung Aufhebung der Vollziehung ist der Einspruch gegeben Das Gericht kann nur nach sect 69 Abs 3 FGO angerufen werden eine Klagemoumlglichkeit ist insoweit nicht gegeben (sect 361 Abs 5 AO sect 69 Abs 7 FGO)

Der Antrag auf AussetzungAufhebung der Vollziehung durch das Gericht ist nur zulaumlssig wenn die Finanzbehoumlrde einen Antrag auf Aussetzung Aufhebung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat Dies gilt nicht wenn die Finanzbehoumlrde uumlber den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder eine Vollstreckung droht (sect 69

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Abs 4 FGO) Eine teilweise Antragsablehnung iSd sect 69 Abs 4 Satz 1 FGO liegt auch vor wenn die Finanzbehoumlrde die AussetzungAufhebung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhaumlngig gemacht hat (vgl AEAO zu sect 361 Nr 92) nicht aber wenn eine im Uumlbrigen antragsgemaumlszlige AussetzungAufhebung der Vollziehung unter Widerrufsvorbehalt (vgl AEAO zu sect 361 Nr 91) gewaumlhrt wurde (BFH-Beschluss vom 1252000 VI B 26698 BStBl II S 536)

12 Aussetzungszinsen

Wegen der Erhebung von Aussetzungszinsen siehe sect 237 AO wegen der nur einjaumlhrigen Festsetzungsfrist vgl AEAO zu sect 237 Nr 4 und 8

AEAO zu sect 362 - Ruumlcknahme des Einspruchs

1 Fuumlr die Ruumlcknahme ist zum Schutze des Steuerpflichtigen die Schriftform vorgeschrieben Die Ruumlcknahme fuumlhrt nur zum Verlust des eingelegten Einspruchs nicht der Einspruchsmoumlglichkeit schlechthin Der Einspruch kann innerhalb der Einspruchsfrist erneut erhoben werden

2 Wird die Unwirksamkeit der Ruumlcknahme innerhalb eines Jahres bei der fuumlr die Einlegung des Einspruchs zustaumlndigen Finanzbehoumlrde (sect 362 Abs 1 Satz 2 sect 357 Abs 2 AO) geltend gemacht (sect 362 Abs 2 Satz 2 sect 110 Abs 3 AO) wird das urspruumlngliche Einspruchsverfahren wieder aufgenommen Es ist in der Sache zu entscheiden Erachtet die Behoumlrde die vorgetragenen Gruumlnde fuumlr die Unwirksamkeit der Einspruchsruumlcknahme nicht fuumlr stichhaltig wird der Einspruch als unzulaumlssig verworfen

AEAO zu sect 363 - Aussetzung und Ruhen des Verfahrens

1 Die nach sect 363 Abs 2 Satz 1 AO erforderliche Zustimmung des Einspruchsfuumlhrers zur Verfahrensruhe aus Zweckmaumlszligigkeitsgruumlnden sollte aus Gruumlnden der Klarheit immer schriftlich oder elektronisch erteilt werden

2 Voraussetzung fuumlr eine Verfahrensruhe nach sect 363 Abs 2 Satz 2 AO ist dass der Einspruchsfuumlhrer in der Begruumlndung seines Einspruchs die strittige auch fuumlr seinen Steuerfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage darlegt und sich hierzu konkret auf ein beim EuGH beim BVerfG oder bei einem obersten Bundesgericht anhaumlngiges Verfahren beruft (BFH-Urteile vom 2692006 X R 3905 BStBl 2007 II S 222 und vom 3092010 III R 3908 BStBl 2011 II S 11) Eine nach sect 363 Abs 2 Satz 2 AO eingetretene Verfahrensruhe endet wenn das Gerichtsverfahren auf das sich der Einspruchsfuumlhrer berufen hat abgeschlossen ist Dies gilt auch wenn gegen diese Gerichtsentscheidung Verfassungsbeschwerde erhoben wird und der Einspruchsfuumlhrer sich nicht auf dieses neue Verfahren beruft (BFH-Urteil vom 3092010 III R 3908 aaO) Endet demnach die Verfahrensruhe bedarf es insoweit keiner Fortsetzungsmitteilung nach sect 363 Abs 2 Satz 4 AO und somit grundsaumltzlich auch keiner Ermessensentscheidung (BFH-Urteil vom 2692006 X R 3905 aaO) soweit nicht im Einzelfall eine Verfahrensruhe aus Zweckmaumlszligigkeitsgruumlnden nach sect 363 Abs 2 Satz 1 AO angemessen erscheint

3 Sind die Voraussetzungen fuumlr eine Verfahrensaussetzung oder Verfahrensruhe erfuumlllt kann uumlber den Einspruch insoweit nicht entschieden werden und zwar weder durch eine Einspruchsentscheidung nochdurch den Erlass eines Aumlnderungsbescheids Uumlber Fragen die nicht Anlass der Verfahrensaussetzung oder Verfahrensruhe sind kann dagegen durch Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung (sect 367 Abs 2a AO) oder eines Teilabhilfebescheids entschieden werden Dabei wird idR zur Herbeifuumlhrung der Bestandskraft eine Teil-Einspruchsentscheidung zweckmaumlszligig sein (vgl AEAO zu sect 367 Nr 6) Auch der Erlass von Aumlnderungsbescheiden aus auszligerhalb des Einspruchsverfahrens liegenden Gruumlnden (zBFolgeaumlnderung gem sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO) bleibt zulaumlssig Aumlnderungsbescheide werden gem sect 365 Abs 3 AO Gegenstand des anhaumlngigen Verfahrens

4 Eine Fortsetzungsmitteilung gem sect 363 Abs 2 Satz 4 AO kann in saumlmtlichen Faumlllen des sect 363 Abs 2 AO ergehen Uumlber ihren Erlass ist nach pflichtgemaumlszligem Ermessen zu entscheiden die Ermessenserwaumlgungen sind dem Einspruchsfuumlhrer mitzuteilen (BFH-Urteil vom 2692006 X R 3905 BStBl 2007 II S 222) Ein zureichender Grund fuumlr den Erlass einer Fortsetzungsmitteilung liegt insbesondere dann vor wenn ein weiteres gerichtliches Musterverfahren herbeigefuumlhrt werden soll wenn bereits eine Entscheidung des EuGH des BVerfG oder des obersten Bundesgerichts in einem Parallelverfahren ergangen ist oder wenn das Begehren des Einspruchsfuumlhrers letztlich darauf abzielt seinen Steuerfall bdquooffen zu haltenldquo um von kuumlnftigen Aumlnderungen der houmlchstrichterlichen Rechtsprechung zu derzeit nicht strittigen Fragen zu bdquoprofitierenldquo (BFH-Urteil vom 2692006 X R 3905 aaO)

Teilt die Finanzbehoumlrde nach sect 363 Abs 2 Satz 4 AO die Fortsetzung des bisher ruhenden Einspruchsverfahrens mit soll sie vor Erlass einer Einspruchsentscheidung den Beteiligten Gelegenheit geben sich erneut zu aumluszligern

5 Zur Unterbrechung eines Einspruchsverfahrens durch eine Insolvenzeroumlffnung vgl AEAO zu sect 251 Nr 41 zur Aufnahme eines unterbrochenen Einspruchsverfahrens vgl AEAO zu sect 251 Nrn 53122 und 532 zur Erledigung eines Einspruchsverfahrens vgl AEAO zu sect 251 Nr 534

AEAO zu sect 364 - Mitteilung der Besteuerungsunterlagen

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Den Beteiligten sind die Besteuerungsunterlagen mitzuteilen wenn sie dies beantragt haben oder wenn die Einspruchsbegruumlndung dazu Anlass gibt Daruumlber hinaus kann ein Anspruch auf Auskunft und insbesondere auf Akteneinsicht bestehen vgl dazu im Einzelnen das BMF-Schreiben vom 17122008 BStBl 2009 I S 6 Hierbei ist sicherzustellen dass Verhaumlltnisse eines anderen nicht unbefugt offenbart werden Die Ablehnung eines Antrags auf Akteneinsicht ist mit dem Einspruch anfechtbar Fuumlr das finanzgerichtliche Verfahren gilt sect 78 FGO

AEAO zu sect 364a - Eroumlrterung des Sach- und Rechtsstands

1 sect 364a AO soll eine einvernehmliche Erledigung der Einspruchsverfahren foumlrdern und Streitfaumllle von den Finanzgerichten fernhalten Ziel einer muumlndlichen Eroumlrterung kann auch eine bdquotatsaumlchliche Verstaumlndigungldquo (vgl BMF-Schreiben vom 3072008 BStBl I S 831) sein

2 Einem Antrag auf muumlndliche Eroumlrterung soll grundsaumltzlich entsprochen werden Dies gilt nicht wenn bei mehr als 10 Beteiligten kein gemeinsamer Vertreter nach Absatz 2 bestellt wird oder wenn die beantragte Eroumlrterung offensichtlich nur der Verfahrensverschleppung dient

3 Antragsbefugt sind nur Einspruchsfuumlhrer nicht aber hinzugezogene Personen Hinzugezogene koumlnnen aber von Amts wegen zu einer muumlndlichen Eroumlrterung geladen werden (sect 364a Abs 1 Satz 2 und 3 AO)

4 Keine Verpflichtung zur muumlndlichen Eroumlrterung besteht wenn das Finanzamt dem Einspruch abhelfen will oder solange das Einspruchsverfahren nach sect 363 AO ausgesetzt ist oder ruht

5 Die muumlndliche Eroumlrterung kann in geeigneten Faumlllen auch telefonisch durchgefuumlhrt werden Im Hinblick auf die Pflicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses (sect 30 AO) muss sich das Finanzamt dann aber uumlber die Identitaumlt des Gespraumlchspartners vergewissern

AEAO zu sect 364b - Fristsetzung

1 sect 364b AO soll dem Missbrauch des Einspruchsverfahrens zu rechtsbehelfsfremden Zwecken entgegenwirken Von der Moumlglichkeit der Fristsetzung nach sect 364b AO sollte daher insbesondere in Einspruchsverfahren die einen Schaumltzungsbescheid nach Nichtabgabe der Steuererklaumlrung betreffen Gebrauch gemacht werden

2 Eine Fristsetzung nach sect 364b AO kann nur gegenuumlber einem Einspruchsfuumlhrer nicht gegenuumlber einem Hinzugezogenen (sect 360 AO) ergehen Die Frist soll mindestens einen Monat betragen Ein eventueller Nachpruumlfungsvorbehalt (sect 164 AO) ist spaumltestens mit der Fristsetzung aufzuheben

3 Erklaumlrungen und Beweismittel die erst nach Ablauf der vom Finanzamt - insbesondere unter Beachtung des Belehrungsgebots (sect 364b Abs 3 AO) - wirksam gesetzten Frist vorgebracht werden koumlnnen im Einspruchsverfahren allenfalls im Rahmen einer Verboumlserung nach sect 367 Abs 2 Satz 2 AO beruumlcksichtigt werden Auszligerhalb des Einspruchsverfahrens bestehende Korrekturvorschriften (zB sect 173 AO) bleiben zwar unberuumlhrt werden aber idR nicht einschlaumlgig sein

4 Geht ein Antrag auf Fristverlaumlngerung vor Fristablauf beim Finanzamt ein kann die Frist gem sect 109 AO verlaumlngert werden Geht der Antrag nach Ablauf der Frist beim Finanzamt ein kann nur nach sect 110 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewaumlhrt werden Uumlber Einwendungen gegen die Fristsetzung ist - soweit nicht abgeholfen wird - im Rahmen der Entscheidung uumlber den Einspruch gegen den Steuerbescheid zu entscheiden

5 Zu den Wirkungen einer nach sect 364b AO gesetzten Ausschlussfrist fuumlr ein nachfolgendes Klageverfahren vgl sect 76 Abs 3 FGO Die Finanzbehoumlrde kann trotz einer rechtmaumlszligigen Fristsetzung in einem nachfolgenden Klageverfahren einen Abhilfebescheid gem sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO erlassen

AEAO zu sect 365 - Anwendung von Verfahrensvorschriften

1 Die Aufklaumlrungspflicht der Einspruchsbehoumlrde wird von der Zumutbarkeit begrenzt (vgl AEAO zu sect 88 Nr 1)

Nach dem BFH-Urteil vom 11121984 VIII R 13176 BStBl 1985 II S 354 koumlnnen im Hinblick auf die Gesetzmaumlszligigkeit und Gleichmaumlszligigkeit der Besteuerung keine Vergleiche uumlber Steueranspruumlche abgeschlossen werden Eine tatsaumlchliche Verstaumlndigung uumlber schwierig zu ermittelnde tatsaumlchliche Umstaumlnde ist aber zulaumlssig und bindend (vgl BMF-Schreiben vom 3072008 BStBl I S 831)

2 Wird waumlhrend des Einspruchsverfahrens der angefochtene Verwaltungsakt geaumlndert oder ersetzt wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Einspruchsverfahrens (sect 365 Abs 3 Satz 1 AO) der Einspruch muss aber zulaumlssig sein (BFH-Urteil vom 1342000 V R 5699 BStBl II S 490) Dies gilt entsprechend wenn ein Verwaltungsakt wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gem sect 129 AO berichtigt wird oder wenn ein Verwaltungsakt an die Stelle eines angefochtenen - zB wegen eines Bekanntgabemangels - unwirksamen Verwaltungsakts tritt (sect 365 Abs 3 Satz 2 AO)

Bei einem Teilwiderruf oder einer Teilruumlcknahme bleibt der Verwaltungsakt - wenn auch eingeschraumlnkt - bestehen und der Einspruch damit ebenfalls anhaumlngig (BFH-Urteil vom 2811982 V R 10080 BStBl II S 292)

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Eine Ersetzung iSd sect 365 Abs 3 AO liegt auch vor wenn sich ein mit dem Einspruch angefochtener Vorauszahlungsbescheid mit Wirksamwerden der Jahressteuerfestsetzung erledigt (BFH-Urteil vom 4111999 V R 3598 BStBl 2000 II S 454)

Die Regelungen des sect 365 Abs 3 AO gelten nur fuumlr das Einspruchsverfahren insbesondere bleiben Beitreibungsmaszlignahmen nur auf der Grundlage eines wirksamen Verwaltungsakts zulaumlssig

Wegen des Erlasses eines Aumlnderungsbescheids vor oder nach Ergehen einer Teil-Einspruchsentscheidung vgl AEAO zu sect 367 Nr 65

AEAO zu sect 366 - Form Inhalt und Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung

1 Fuumlr die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung gilt sect 122 AO Wegen der Bekanntgabe an Bevollmaumlchtigte vgl AEAO zu sect 122 Nr 17

2 Eine foumlrmliche Zustellung der Einspruchsentscheidung ist nur erforderlich wenn sie ausdruumlcklich angeordnet wird (sect 122 Abs 5 Satz 1 AO) Sie sollte insbesondere dann angeordnet werden wenn ein eindeutiger Nachweis des Zugangs fuumlr erforderlich gehalten wird Zum Zustellungsverfahren vgl AEAO zu sect 122 Nrn 3 und 45

3 In den Gruumlnden der Einspruchsentscheidung sollen Wiedergabe des Tatbestandes und Darlegung der rechtlichen Erwaumlgungen der entscheidenden Behoumlrde getrennt sein Auf Zulaumlssigkeitsfragen ist nur einzugehen wenn hierzu begruumlndeter Anlass besteht etwa in den Faumlllen der sect 354 Abs 2 sect 362 Abs 2 AO oder bei ernsthaften Zweifeln am Vorliegen einzelner Zulaumlssigkeitsvoraussetzungen Hinweis auf sect 358 AO

Enthaumllt die Einspruchsentscheidung entgegen sect 366 Satz 1 AO keine oder eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung betraumlgt die Klagefrist nach sect 55 Abs 2 FGO ein Jahr statt eines Monats

AEAO zu sect 367 - Entscheidung uumlber den Einspruch

1 Jeder nach Erlass eines Verwaltungsakts eintretende Zustaumlndigkeitswechsel bewirkt auch eine Zustaumlndigkeitsaumlnderung im Einspruchsverfahren Die Einspruchsvorgaumlnge sind daher mit den uumlbrigen Akten abzugeben Die zunaumlchst zustaumlndige Behoumlrde kann jedoch unter Wahrung der Interessen der Beteiligten aus Zweckmaumlszligigkeitsgruumlnden das Einspruchsverfahren fortfuumlhren wenn das neu zustaumlndige Finanzamt zustimmt Zu den Auswirkungen eines Zustaumlndigkeitswechsels auf das Einspruchsverfahren siehe auch BMF-Schreiben vom 10101995 BStBl I S 664

2 Gem sect 132 AO gelten die Vorschriften uumlber Ruumlcknahme Widerruf Aufhebung und Aumlnderung von Verwaltungsakten auch waumlhrend des Einspruchsverfahrens Das Finanzamt kann daher einen angefochtenen Verwaltungsakt auch waumlhrend des Einspruchsverfahrens nach den Korrekturvorschriften zuruumlcknehmen widerrufen aufheben aumlndern oder ersetzen und zwar auch zum Nachteil des Einspruchsfuumlhrers Unabhaumlngig davon ob die Voraussetzungen der Korrekturvorschriften gegeben sind darf eine Verboumlserung nur erfolgen wenn dem Steuerpflichtigen zuvor Gelegenheit zur Aumluszligerung gegeben worden ist

Nimmt der Steuerpflichtige seinen Einspruch zuruumlck ist eine Aumlnderung zum Nachteil des Steuerpflichtigen nur noch moumlglich wenn dies nach den Vorschriften uumlber Aufhebung Aumlnderung Ruumlcknahme oder Widerruf von Verwaltungsakten zulaumlssig ist

3 Zu den Auswirkungen einer Teilabhilfe auf das Einspruchsverfahren vgl AEAO zu sect 365 Nr 2

Stellt ein Steuerpflichtiger nach Einspruchseinlegung einen Antrag bezuumlglich eines bisher nicht geltend gemachten Streitpunkts ist dieser Antrag als Erweiterung des Einspruchsantrags verbunden mit der Anregung dem Einspruch insoweit durch Erlass eines Teilabhilfebescheids stattzugeben auszulegen Ist der Antrag begruumlndet kann waumlhrend des Einspruchsverfahrens ein geaumlnderter Verwaltungsakt erlassen werden Dieser wird dann gem sect 365 Abs 3 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens Ist der Antrag unbegruumlndet ist uumlber ihn in der Einspruchsentscheidung zu befinden die Ablehnung durch gesonderten Verwaltungsakt ist waumlhrend eines anhaumlngigen Einspruchsverfahrens nicht zulaumlssig

4 Zur Moumlglichkeit der Aumlnderung eines im Einspruchsverfahren bestaumltigten oder geaumlnderten Verwaltungsakts vgl AEAO zu sect 172 Nrn 3 und 4

5 Es ist zulaumlssig den Vorbehalt der Nachpruumlfung (sect 164 AO) auch in der Entscheidung uumlber den Einspruch aufrechtzuerhalten (BFH-Urteil vom 1261980 IV R 2379 BStBl II S 527) In diesen Faumlllen braucht die Angelegenheit nicht umfassender gepruumlft zu werden als in dem Verfahren das dem Erlass der angefochtenen Vorbehaltsfestsetzung vorangegangen ist

Der Vorbehalt der Nachpruumlfung ist jedoch aufzuheben wenn im Einspruchsverfahren eine abschlieszligende Pruumlfung iSd sect 164 Abs 1 AO durchgefuumlhrt wird Die Aufhebung des Vorbehalts bedarf regelmaumlszligig keiner besonderen Begruumlndung Insbesondere kann insoweit auch ein Hinweis nach sect 367 Abs 2 Satz 2 AO unterbleiben (BFH-Urteil vom 1071996 I R 596 BStBl 1997 II S 5)

Es ist auch statthaft nach Hinweis auf die Verboumlserungsmoumlglichkeit einen Verwaltungsakt erstmalig in der Einspruchsentscheidung mit einer Nebenbestimmung zu versehen (BFH-Urteil vom 1261980 IV R

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2379 aaO) Ist ein Bescheid der auf einer Schaumltzung beruht ohne Nachpruumlfungsvorbehalt ergangen und wird nach Klageerhebung die Steuererklaumlrung eingereicht kann der daraufhin ergehende Aumlnderungsbescheid nur mit Zustimmung des Steuerpflichtigen unter Nachpruumlfungsvorbehalt gestellt werden (BFH-Urteil vom 30101980 IV R 168-17079 BStBl 1981 II S 150)

6 Teil-Einspruchsentscheidung

61 Der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung (sect 367 Abs 2a AO) steht im Ermessen der Finanzbehoumlrde muss aber sachdienlich sein Dies ist der Fall wenn ein Teil des Einspruchs entscheidungsreif ist waumlhrend uumlber einen anderen Teil des Einspruchs zunaumlchst nicht entschieden werden kann weil zB insoweit die Voraussetzungen fuumlr eine Verfahrensruhe nach sect 363 Abs 2 Satz 2 AO vorliegen oder hinsichtlich des nicht entscheidungsreifen Teils des Einspruchs noch Ermittlungen zur Sach- oder Rechtslage erforderlich sind Zu unbenannten Streitpunkten besteht grundsaumltzlich Entscheidungsreife es sei denn die umfassende Pruumlfung des Steuerfalls (sect 367 Abs 2 Satz 1 AO) ergibt Aufklaumlrungsbedarf (BFH-Urteil vom 1432012 X R 5009 BStBl II S 536)

Eine Teil-Einspruchsentscheidung wird somit insbesondere dann sachdienlich sein wenn

- der Einspruchsfuumlhrer strittige Rechtsfragen aufwirft die Gegenstand eines beim EuGH beim BVerfG oder bei einem obersten Bundesgericht anhaumlngigen Verfahrens sind

- der Einspruchsfuumlhrer sich auf dieses Verfahren beruft

- der Erlass einer Fortsetzungsmitteilung gem sect 363 Abs 2 Satz 4 AO (vgl AEAO zu sect 363 Nr 4) nicht in Betracht kommt und

- der Einspruch im Uumlbrigen entscheidungsreif ist

62 Eine Teil-Einspruchsentscheidung ist auch dann sachdienlich wenn sie dem Interesse der Finanzverwaltung an einer zeitnahen Entscheidung uumlber den entscheidungsreifen Teil eines Einspruchs dient der ersichtlich nur zu dem Zweck eingelegt wurde die Steuerfestsetzung nicht bestandskraumlftig werden zu lassen (BFH-Urteile vom 3092010 III R 3908 BStBl 2011 II S 11 und vom 1432012 X R 5009 BStBl II S 536) Um neuen Masseneinspruumlchen entgegenzuwirken soll in Faumlllen in denen mit dem Einspruch ausschlieszliglich das Ziel verfolgt wird im Hinblick auf anhaumlngige Gerichtsverfahren mit Breitenwirkung den angefochtenen Verwaltungsakt nicht bestandskraumlftig werden zu lassen moumlglichst zeitnah eine Teil-Einspruchsentscheidung erlassen werden wenn und soweit der Einspruch nicht durch die Beifuumlgung eines Vorlaumlufigkeitsvermerks gem sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 3 oder 4 AO erledigt werden kann

63 Es besteht keine uumlber sect 367 Abs 2 Satz 2 AO (bdquoVerboumlserungshinweisldquo) hinausgehende Verpflichtung dem Einspruchsfuumlhrer vor Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung rechtliches Gehoumlr zu gewaumlhren damit dieser pruumlfen kann ob er noch Einwendungen vortraumlgt Die Finanzbehoumlrde ist auch nicht verpflichtet dem Einspruchsfuumlhrer vor Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung eine Frist nach sect 364b Abs 1 Nr 1 AO zu setzen (BFH-Urteil vom 1432012 X R 5009 BStBl II S 536)

64 In der Teil-Einspruchsentscheidung ist genau zu bestimmen hinsichtlich welcher Teile des Verwaltungsakts Bestandskraft nicht eintreten soll um die Reichweite der Teil-Einspruchsentscheidung zu definieren Durch Angabe der betreffenden Besteuerungsgrundlage(n) wird hinreichend bestimmt hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll es ist nicht erforderlich und idR auch nicht moumlglich den Teil der Steuer zu beziffern dessen Festsetzung nicht bestandskraumlftig werden soll (BFH-Urteile vom 3092010 III R 3908 BStBl 2011 II S 11 und vom 1432012 X R 5009 BStBl II S 536) Die Bestimmung hinsichtlich welcher Teile des Verwaltungsakts Bestandskraft nicht eintreten soll ist Teil des Tenors der Teil-Einspruchsentscheidung und weder Nebenbestimmung noch Grundlagenbescheid Sie kann daher nur durch Klage gegen die Teil-Einspruchsentscheidung angegriffen werden Soweit anhaumlngige Verfahren vor dem EuGH dem BVerfG oder einem obersten Bundesgericht Anlass fuumlr eine Teil-Einspruchsentscheidung Verfahrensruhe sind (vgl AEAO zu sect 367 Nr 61 zweiter Absatz) sind diese nicht im Tenor sondern in der Begruumlndung der Teil-Einspruchsentscheidung zu benennen

Ist der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung sachdienlich (vgl AEAO zu sect 367 Nrn 61 und 62) ist das der Finanzbehoumlrde eingeraumlumte Entschlieszligungsermessen in einer Weise vorgepraumlgt dass es keiner uumlber die Darlegung der Sachdienlichkeit hinausgehenden Begruumlndung bedarf warum eine Teil-Einspruchsentscheidung erlassen wird (BFH-Urteile vom 3092010 III R 3908 und vom 1432012 X R 5009 jeweils aaO)

65 Ergeht vor Erlass der Teil-Einspruchsentscheidung ein Aumlnderungsbescheid wird dieser neue Bescheid Gegenstand des Einspruchsverfahrens (sect 365 Abs 3 AO) und somit auch Gegenstand der Teil-Einspruchsentscheidung Bei der Bestimmung inwieweit Bestandskraft nicht eintreten soll ist vom Inhalt des neuen Bescheids auszugehen Soll nach Ergehen der Teil-Einspruchsentscheidung ein Aumlnderungsbescheid erlassen werden ist zuvor zu pruumlfen inwieweit dem Aumlnderungsbescheid die Bindungswirkung der Teil-Einspruchsentscheidung entgegensteht

66 Die Teil-Einspruchsentscheidung hat nicht zur Folge dass stets noch eine foumlrmliche bdquoEnd-Einspruchsentscheidungldquo ergehen muss Das Einspruchsverfahren kann beispielsweise auch dadurch

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abgeschlossen werden dass die Finanzbehoumlrde dem Einspruch hinsichtlich der zunaumlchst bdquooffenldquo gebliebenen Frage abhilft der Steuerpflichtige seinen Einspruch zuruumlcknimmt oder eine Allgemeinverfuumlgung nach sect 367 Abs 2b AO ergeht Wird die wirksam ergangene Teil-Einspruchsentscheidung bestandskraumlftig kann im weiteren Verfahren uumlber den bdquonoch offenenldquo Teil der angefochtenen Steuerfestsetzung nicht mit Erfolg geltend gemacht werden die in der Teil-Einspruchsentscheidung vertretene Rechtsauffassung entspreche nicht dem Gesetz Dies ist auch in einem eventuellen Klageverfahren gegen eine bdquoEnd-Einspruchsentscheidungldquo zu beachten

7 Allgemeinverfuumlgung

71 Wegen der Erledigung von Masseneinspruumlchen und Massenantraumlgen durch eine Allgemeinverfuumlgung vgl sect 367 Abs 2b sowie sect 172 Abs 3 AO

72 Ergeht eine Allgemeinverfuumlgung nach sect 367 Abs 2b AO bleibt das Einspruchsverfahren im Uumlbrigen anhaumlngig Gegenstand des Einspruchsverfahrens ist der angefochtene Verwaltungsakt und nicht ein Teil der Besteuerungsgrundlagen oder ein einzelner Streitpunkt Auch wenn sich die Allgemeinverfuumlgung auf saumlmtliche vom Einspruchsfuumlhrer vorgebrachte Einwendungen erstreckt ist deshalb das Einspruchsverfahren im Uumlbrigen fortzufuumlhren Dies gilt nicht soweit bereits eine Teil-Einspruchsentscheidung (sect 367 Abs 2a AO) ergangen ist die den bdquonoch offen bleibendenldquo Teil des Einspruchs auf den Umfang beschraumlnkt hat der Gegenstand der Allgemeinverfuumlgung ist Uumlber die Rechtsfrage die Gegenstand der Allgemeinverfuumlgung war kann in einer eventuell notwendig werdenden Einspruchsentscheidung (sect 366 sect 367 Abs 1 AO) nicht erneut entschieden werden Zu beruumlcksichtigen ist dann dass fuumlr eine Klage nach einer Zuruumlckweisung des Einspruchs durch Allgemeinverfuumlgung und fuumlr eine Klage nach Erlass einer Einspruchsentscheidung durch die oumlrtlich zustaumlndige Finanzbehoumlrde unterschiedliche Fristen gelten

73 Unzulaumlssige Einspruumlche werden von einer nach sect 367 Abs 2b AO ergehenden Allgemeinverfuumlgung grundsaumltzlich nicht erfasst da der Ausgang des Verfahrens das bei einem der in sect 367 Abs 2b Satz 1 AO angefuumlhrten Gerichte anhaumlngig war fuumlr diese Einspruumlche idR nicht entscheidungserheblich ist Wenn dagegen die Frage der Zulaumlssigkeit eines Einspruchs Gegenstand des Verfahrens bei einem der in sect 367 Abs 2b Satz 1 AO angefuumlhrten Gerichte war kann eine Allgemeinverfuumlgung insoweit auch unzulaumlssige Einspruumlche erfassen Ansonsten sind unzulaumlssige Einspruumlche moumlglichst zeitnah durch Einspruchsentscheidung zu verwerfen falls sie vom Einspruchsfuumlhrer nicht zuruumlckgenommen werden

8 Insolvenzverfahren

Zur Verfahrensweise in Insolvenzfaumlllen vgl AEAO zu sect 251 Nrn 53 ff und Nr 14

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Anlage zum AEAO zu sect 46 AO

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Seite 2 22 Dezember 2009 - IV A 3 - S 00620810007-07 - BStBl 2010 I S 9

28 Juli 2010 - IV A 3 - S 00620810007-08 - BStBl I S 630

21 Dezember 2010 - IV A 3 - S 00620810007-09 - BStBl 2011 I S 2

17 Maumlrz 2011

11 Juli 2011

- IV A 3 - S 00620810007-10 shy

- IV A 3 - S 00620810007-11 -

BStBl I S 241

BStBl I S 706

17 Januar 2012 - IV A 3 - S 00620810007-12 - BStBl I S 83

- IV C 4 - S 0171070038-007 shy

30 Januar 2012

15 August 2012

- IV A 3 - S 00620810007-13 shy

- IV A 3 - S 00620810007-14 -

BStBl I S 147

BStBl I S 850

31 Januar 2013 - IV A 3 - S 00620810007-15 - BStBl I S 118

23 Juli 2013 - IV A 3 - S 00620810007-16 - BStBl I S 933 und

1 Oktober 2013 - IV A 3 - S 00620810007-17 - BStBl I S 1251

mit sofortiger Wirkung aufgehoben Dieses Schreiben und die Neufassung des AEAO werden

im Bundessteuerblatt Teil I veroumlffentlicht Sie stehen ab sofort fuumlr eine Uumlbergangszeit auf den

Internetseiten des Bundesministeriums der Finanzen wwwbundesfinanzministeriumde unter

der Rubrik SteuernWeitere SteuerthemenAbgabenordnungAO Anwendungserlass AEAO

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Im Auftrag

Dieses Dokument wurde elektronisch versandt und ist nur im Entwurf gezeichnet

Anwendungserlass zur Abgabenordnung

(AEAO)

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Eroumlrterungen mit den obersten Finanzbehoumlrden der Laumlnder gilt fuumlr die Anwendung der Abgabenordnung Folgendes

AEAO zu sect 1 - Anwendungsbereich

1 Der Anwendungsbereich beschraumlnkt sich auf die Steuern einschlieszliglich der Steuerverguumltungen Die AO gilt auch fuumlr Steuererstattungen diese sind als Umkehr der Steuerentrichtung bereits durch den Begriff der Steuer in den Anwendungsbereich mit einbezogen (sect 37 Abs 1 AO)

2 Fuumlr die von den Finanzbehoumlrden verwalteten durch Bundesrecht geregelten uumlbrigen oumlffentlichshyrechtlichen Abgaben Praumlmien und Zulagen wird die Geltung der AO durch die jeweiligen Rechtsvorschriften bestimmt Dies gilt insbesondere fuumlr die Wohnungsbaupraumlmien Eigenheimzulagen Arbeitnehmer-Sparzulagen und die Investitionszulagen

3 Die Vorschriften der AO sind grundsaumltzlich sinngemaumlszlig auch auf die steuerlichen Nebenleistungen (sect 3 Abs 4 AO) anzuwenden Ausgenommen sind die Bestimmungen uumlber die Festsetzung Auszligenpruumlfung Steuerfahndung und Steueraufsicht in besonderen Faumlllen (sectsect 155 bis 217 AO) soweit sie nicht ausdruumlcklich fuumlr anwendbar erklaumlrt worden sind (sect 155 Abs 3 Satz 2 sect 156 Abs 2 AO)

4 Die AO ist auch fuumlr die Angelegenheiten anzuwenden die nicht unmittelbar der Besteuerung dienen aber aufgrund der Verwaltungskompetenz fuumlr diese Steuern in den Zustaumlndigkeitsbereich der Finanzbehoumlrden fallen (zB Erteilung von Bescheinigungen in Steuersachen Ausstellung von Einkommensbescheinigungen fuumlr nichtsteuerliche Zwecke)

5 Wegen der Anwendung der AO bei der Leistung von Rechts- oder Amtshilfe wird auf die sectsect 111 ff AO hingewiesen

AEAO zu sect 3 - Steuern steuerliche Nebenleistungen

Steuerliche Nebenleistungen sind keine Steuern Sie sind in sect 3 Abs 4 AO abschlieszligend aufgezaumlhlt Wegen der Anwendung der AO auf steuerliche Nebenleistungen wird auf sect 1 AO hingewiesen

AEAO zu sect 4 - Gesetz

Bei der Auslegung von Steuergesetzen gelten die allgemeinen Auslegungsregeln und damit auch die wirtschaftliche Betrachtungsweise so wie sie ihren Niederschlag in der Rechtsprechung gefunden hat (vgl BVerfG vom 2411962 1 BvR 23260 BStBl I S 506)

AEAO zu sect 5 - Ermessen

1 Bei der Ausuumlbung des Ermessens sind nicht nur die in einzelnen gesetzlichen Bestimmungen vorgeschriebenen Voraussetzungen sondern auch die Grundsaumltze der Gleichmaumlszligigkeit der Besteuerung der Verhaumlltnismaumlszligigkeit der Mittel der Erforderlichkeit der Zumutbarkeit der Billigkeit und von Treu und Glauben sowie das Willkuumlrverbot und das Uumlbermaszligverbot zu beachten Verwaltungsvorschriften die die Ausuumlbung des Ermessens regeln sind fuumlr die Finanzbehoumlrden bindend

2 Wegen der Begruumlndung von Ermessensentscheidungen wird auf sect 121 AO wegen der Ruumlcknahme und des Widerrufs auf sectsect 130 und 131 AO hingewiesen

AEAO zu sect 7 - Amtstraumlger

1 Der Begriff des Amtstraumlgers ist ua im Zusammenhang mit dem Steuergeheimnis (sect 30 AO) der Haftungsbeschraumlnkung (sect 32 AO) der Ausschlieszligung und Ablehnung von Personen in einem Verwaltungsverfahren (sectsect 82 ff AO) und bei der Selbstanzeige (sect 371 Abs 2 AO) von Bedeutung Die Bestimmung entspricht sect 11 Abs 1 Nrn 2 und 3 StGB

2 Die in sect 7 Nrn 1 und 2 AO genannten Personen sind ohne Ruumlcksicht auf Art und Inhalt der ausgeuumlbten Taumltigkeit Amtstraumlger

3 Die in sect 7 Nr 3 AO aufgefuumlhrten Personen sind nur Amtstraumlger soweit sie Aufgaben der oumlffentlichen Verwaltung wahrnehmen Das sind Aufgaben bei deren Erledigung Angelegenheiten der Gemeinwesen und ihrer Mitglieder unmittelbar gebietend verbietend entscheidend oder sonst wie handelnd innerhalb der gesetzlichen Grenzen wahrgenommen werden Unter sect 7 Nr 3 AO fallen insbesondere Verwaltungsangestellte (zB Angestellte im Auszligenpruumlfungsdienst) soweit sie nicht lediglich als Hilfskraumlfte bei oumlffentlichen Aufgaben mitwirken (zB Registratur- und Schreibkraumlfte)

1

AEAO vor sectsect 8 9 - Wohnsitz gewoumlhnlicher Aufenthalt

1 Die Begriffe des Wohnsitzes (sect 8 AO) bzw des gewoumlhnlichen Aufenthaltes (sect 9 AO) haben insbesondere Bedeutung fuumlr die persoumlnliche Steuerpflicht natuumlrlicher Personen (vgl zu sect 1 EStG sect 2 ErbStG) oder fuumlr familienbezogene Entlastungen (zB Realsplitting nach sect 10 Abs 1 Nr 1 EStG) Sie stellen allein auf die tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse ab (BFH-Urteil vom 10111978 VI R 12776 BStBl 1979 II S 335)

Zwischenstaatliche Vereinbarungen enthalten dagegen zT Fiktionen die den sectsect 8 und 9 AO vorgehen (zB Art 14 des Protokolls uumlber die Vorrechte und Befreiungen der Europaumlischen Union vom 841965 Artikel X des NATO-Truppenstatuts iVm sect 68 Abs 4 AO sect 73 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut) Andere Abkommen enthalten persoumlnliche Steuerbefreiungen (zB Wiener Uumlbereinkommen vom 1841961 uumlber diplomatische Beziehungen und vom 2441963 uumlber konsularische Beziehungen) Fuumlr Auslandsbedienstete gelten traditionell Sonderregelungen zur Steuerpflicht (sect 1 Abs 2 EStG) Teilweise ist auch die Houmlhe der Einkuumlnfte Anknuumlpfungskriterium fuumlr den Umfang der Steuerpflicht (sect 1 Abs 3 EStG)

Der Begriff der Ansaumlssigkeit iSd DBA ist allein auf deren Anwendung (insbesondere hinsichtlich der Abkommensberechtigung und der Zuteilung der Besteuerungsrechte) beschraumlnkt und hat keine Auswirkung auf die persoumlnliche Steuerpflicht Die deutsche unbeschraumlnkte Steuerpflicht besteht daher auch dann wenn der Steuerpflichtige je eine Wohnung bzw einen gewoumlhnlichen Aufenthalt im Inland und im Ausland hat und nach dem anzuwendenden DBA im auslaumlndischen Vertragsstaat ansaumlssig ist (vgl BFH-Urteil vom 461975 I R 25073 BStBl II S 708)

2 Auch wenn ein Steuerpflichtiger im Inland keinen Wohnsitz (sect 8 AO) mehr hat kann er hier noch seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt (sect 9 AO) haben

AEAO zu sect 8 - Wohnsitz

1 Die Frage des Wohnsitzes ist bei EhegattenLebenspartnern und sonstigen Familienangehoumlrigen fuumlr jede Person gesondert zu pruumlfen Personen koumlnnen aber uumlber einen Familienangehoumlrigen einen Wohnsitz beibehalten Ein EhegatteLebenspartner der nicht dauernd getrennt lebt hat seinen Wohnsitz grundsaumltzlich dort wo seine Familie lebt (BFH-Urteil vom 621985 I R 2382 BStBl II S 331) Ein auslaumlndisches Kind das im Heimatland bei Verwandten untergebracht ist und dort die Schule besucht hat grundsaumltzlich keinen Wohnsitz im Inland Dies gilt auch dann wenn es sich in den Schulferien bei seinen Eltern im Inland aufhaumllt (BFH-Urteil vom 2241994 III R 2292 BStBl II S 887)

2 Die bloszlige Absicht einen Wohnsitz zu begruumlnden oder aufzugeben bzw die An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehoumlrde entfalten allein keine unmittelbare steuerliche Wirkung (BFH-Urteil vom 14111969 III R 9568 BStBl 1970 II S 153) IdR stimmen der buumlrgerlich-rechtliche aufgrund einer Willenserklaumlrung des Steuerpflichtigen von ihm selbst bestimmte Wohnsitz und der steuerlich maszliggebende Wohnsitz uumlberein Deshalb koumlnnen die An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehoumlrde im Allgemeinen als Indizien dafuumlr angesehen werden dass der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz unter der von ihm angegebenen Anschrift begruumlndet bzw aufgegeben hat

3 Mit Wohnung sind die objektiv zum Wohnen geeigneten Wohnraumlume gemeint Es genuumlgt eine bescheidene Bleibe Nicht erforderlich ist eine abgeschlossene Wohnung mit Kuumlche und separater Waschgelegenheit iSd Bewertungsrechts

4 Der Steuerpflichtige muss die Wohnung innehaben dh er muss tatsaumlchlich uumlber sie verfuumlgen koumlnnen und sie als Bleibe nicht nur voruumlbergehend benutzen (BFH-Urteile vom 2441964 VI 23662 U BStBl III S 462 und vom 631968 I 3865 BStBl II S 439) Es genuumlgt dass die Wohnung zB uumlber Jahre hinweg jaumlhrlich regelmaumlszligig zweimal zu bestimmten Zeiten uumlber einige Wochen benutzt wird (BFH-Urteil vom 23111988 II R 13987 BStBl 1989 II S 182) Anhaltspunkte dafuumlr koumlnnen die Ausstattung und Einrichtung sein nicht erforderlich ist dass sich der Steuerpflichtige waumlhrend einer Mindestanzahl von Tagen oder Wochen im Jahr in der Wohnung aufhaumllt (BFH-Urteil vom 1931997 I R 6996 BStBl II S 447) Wer eine Wohnung von vornherein in der Absicht nimmt sie nur voruumlbergehend (weniger als sechs Monate) beizubehalten und zu benutzen begruumlndet dort keinen Wohnsitz (BFH-Urteilvom 3081989 I R 21585 BStBl II S 956) Auch gelegentliches Uumlbernachten auf einem inlaumlndischenBetriebsgelaumlnde in einem Buumlro uAuml (sog Schlafstelle) kann dort keinen Wohnsitz begruumlnden (BFH-Urteil vom 621985 I R 2382 BStBl II S 331) Wer sich - auch in regelmaumlszligigen Abstaumlnden - in der Wohnung eines Angehoumlrigen oder eines Bekannten aufhaumllt begruumlndet dort ebenfalls keinen Wohnsitz (BFH-Urteil vom 24101969 IV 29064 BStBl 1970 II S 109) sofern es nicht wie im Fall einer Familienwohnung oder der Wohnung einer Wohngemeinschaft gleichzeitig die eigene Wohnung ist

5 Wer einen Wohnsitz im Ausland begruumlndet und seine Wohnung im Inland beibehaumllt hat auch im Inland einen Wohnsitz iSv sect 8 AO (BFH-Urteil vom 461975 I R 25073 BStBl II S 708) Bei einem ins Ausland versetzten Arbeitnehmer ist ein inlaumlndischer Wohnsitz widerlegbar zu vermuten wenn er seine Wohnung im Inland beibehaumllt deren Benutzung ihm moumlglich ist und die nach ihrer Ausstattung jederzeit als Bleibe dienen kann (BFH-Urteil vom 1751995 I R 894 BStBl 1996 II S 2) Das Innehaben der inlaumlndischen Wohnung kann nach den Umstaumlnden des Einzelfalles auch dann anzunehmen sein wenn der Steuerpflichtige sie waumlhrend eines Auslandsaufenthalts kurzfristig (bis zu sechs Monaten) vermietet

2

oder untervermietet um sie alsbald nach Ruumlckkehr im Inland wieder zu benutzen Zur Zustaumlndigkeit in diesen Faumlllen siehe sect 19 Abs 1 Satz 2 AO

6 Ein Wohnsitz iSv sect 8 AO besteht nicht mehr wenn die inlaumlndische Wohnung die inlaumlndischen Wohnungen aufgegeben wirdwerden Das ist zB der Fall bei Kuumlndigung und Aufloumlsung einer Mietwohnung bei nicht nur kurzfristiger Vermietung der Wohnung im eigenen Haus bzw der Eigentumswohnung Wird die inlaumlndische Wohnung zur bloszligen Vermoumlgensverwaltung zuruumlckgelassen endet der Wohnsitz mit dem Wegzug Bloszlige Vermoumlgensverwaltung liegt zB vor wenn ein ins Ausland versetzter Steuerpflichtiger bzw ein im Ausland lebender Steuerpflichtiger seine Wohnung sein Haus verkaufen oder langfristig vermieten will und dies in absehbarer Zeit auch tatsaumlchlich verwirklicht Eine zwischenzeitliche kurze Ruumlckkehr (zur Beaufsichtigung und Verwaltung der zuruumlckgelassenen Wohnung) fuumlhrt nicht dazu dass die zuruumlckgelassene Wohnung dadurch zum inlaumlndischen Wohnsitz wird

AEAO zu sect 9 - Gewoumlhnlicher Aufenthalt

1 Sofern nicht die besonderen Voraussetzungen des sect 9 Satz 3 AO vorliegen wird an den inlaumlndischen Aufenthalt waumlhrend eines zusammenhaumlngenden Zeitraums von mehr als sechs Monaten die unwiderlegbare Vermutung fuumlr das Vorhandensein eines gewoumlhnlichen Aufenthalts geknuumlpft Der Begriff bdquogewoumlhnlichldquo ist gleichbedeutend mit bdquodauerndldquo bdquoDauerndldquo erfordert keine ununterbrochene Anwesenheit sondern ist im Sinne von bdquonicht nur voruumlbergehendldquo zu verstehen (BFH-Urteil vom 3081989 I R 21585 BStBl II S 956) Bei Unterbrechungen der Anwesenheit kommt es darauf an ob noch ein einheitlicher Aufenthalt oder mehrere getrennte Aufenthalte anzunehmen sind Ein einheitlicher Aufenthalt ist gegeben wenn der Aufenthalt nach den Verhaumlltnissen fortgesetzt werden sollte und die Unterbrechung nur kurzfristig ist Als kurzfristige Unterbrechung kommen in Betracht Familienheimfahrten Jahresurlaub laumlngerer Heimaturlaub Kur und Erholung aber auch geschaumlftliche Reisen Der Tatbestand des gewoumlhnlichen Aufenthalts kann bei einem weniger als sechs Monate dauernden Aufenthalt verwirklicht werden wenn Inlandsaufenthalte nacheinander folgen die sachlich miteinander verbunden sind und der Steuerpflichtige von vornherein beabsichtigt nicht nur voruumlbergehend im Inland zu verweilen (BFH-Urteile vom 2771962 VI 15659 U BStBl III S 429 und vom 381977 I R 21075 BStBl 1978 II S 118)

2 Der gewoumlhnliche Aufenthalt im Inland ist zu verneinen wenn der Steuerpflichtige unter Benutzung einer im Ausland gelegenen Wohnung lediglich seine Taumltigkeit im Inland ausuumlbt (BFH-Urteil vom 2551988 I R 22582 BStBl II S 944) Grenzgaumlnger haben ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt grundsaumltzlich im Wohnsitzstaat (BFH-Urteile vom 1051989 I R 5085 BStBl II S 755 und vom 1071996 I R 496 BStBl 1997 II S 15) Dasselbe gilt fuumlr UnternehmerFreiberufler die regelmaumlszligig jeweils nach Geschaumlftsschluss zu ihrer Familienwohnung im Ausland zuruumlckkehren (BFH-Urteil vom 621985 I R 2382 BStBl II S 331) Wer allerdings regelmaumlszligig an Arbeitstagen am Arbeits-Geschaumlftsort im Inland uumlbernachtet und sich nur am Wochenende bzw an Feiertagen und im Urlaub zu seiner Wohnung im Ausland begibt hat an dem inlaumlndischen Arbeits-Geschaumlftsort jedenfalls seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt

3 Der gewoumlhnliche Aufenthalt kann nicht gleichzeitig an mehreren Orten bestehen Bei fortdauerndem Schwerpunktaufenthalt im Ausland begruumlnden kurzfristige Aufenthalte im Inland zB Geschaumlfts- Dienstreisen Schulungen keinen gewoumlhnlichen Aufenthalt im Inland Umgekehrt fuumlhren kurzfristige Auslandsaufenthalte bei fortdauerndem Schwerpunktaufenthalt im Inland nicht zur Aufgabe eines gewoumlhnlichen Aufenthalts im Inland

4 Der gewoumlhnliche Aufenthalt im Inland ist aufgegeben wenn der Steuerpflichtige zusammenhaumlngend mehr als sechs Monate im Ausland lebt es sei denn dass besondere Umstaumlnde darauf schlieszligen lassen dass die Beziehungen zum Inland bestehen bleiben Entscheidend ist dabei ob der Steuerpflichtige den persoumlnlichen und geschaumlftlichen Lebensmittelpunkt ins Ausland verlegt hat und ob er seinen Willen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zuruumlckzukehren endguumlltig aufgegeben hat (BFH-Urteil vom 2771962 VI 15659 U BStBl III S 429) Als Kriterien dafuumlr koumlnnen die familiaumlren beruflichen und gesellschaftlichen Bindungen herangezogen werden (zB Wohnung der Familienangehoumlrigen im Inland Sitz des Gewerbebetriebs im Inland) Haumllt sich der Steuerpflichtige zusammenhaumlngend laumlnger als ein Jahr im Ausland auf ist grundsaumltzlich eine Aufgabe des gewoumlhnlichen Aufenthalts im Inland anzunehmen

AEAO zu sect 12 - Betriebstaumltte

1 Die Begriffsbestimmung gilt auch fuumlr die freiberufliche Taumltigkeit und Steuerpflichtige mit Einkuumlnften aus Land- und Forstwirtschaft

2 Auch nicht sichtbare unterirdisch verlaufende Rohrleitungen (Pipelines) sind feste Geschaumlftseinrichtungen iSd sect 12 Satz 1 AO und damit Betriebstaumltten (BFH-Urteil vom 30101996 II R 1292 BStBl 1997 II S 12) Zu den Betriebstaumltten zaumlhlen auch bewegliche Geschaumlftseinrichtungen mit voruumlbergehend festem Standort (zB fahrbare Verkaufsstaumltten mit wechselndem Standplatz)

3 Staumltten der Erkundung von Bodenschaumltzen (zB Versuchsbohrungen) sind als Betriebstaumltten anzusehen wenn die Voraussetzungen des sect 12 Nr 8 AO erfuumlllt sind

3

4 sect 12 AO ist nicht anzuwenden soweit andere Rechtsvorschriften (zB DBA OECD-Musterabkommen EStG) abweichende Regelungen zum Begriff bdquoBetriebstaumltteldquo enthalten

AEAO zu sect 15 - Angehoumlrige

1 Dem Angehoumlrigenbegriff kommt uumlberwiegend verfahrensrechtliche Bedeutung zu Fuumlr das materielle Recht koumlnnen die Einzelsteuergesetze abweichende Regelungen treffen

2 sect 15 Abs 1 Nr 1 AO (Verlobte) setzt ein wirksames Eheversprechen voraus

3 Zu den Geschwistern iSd sect 15 Abs 1 Nr 4 AO gehoumlren auch die Halbgeschwister Das sind die Geschwister die einen Elternteil gemeinsam haben darunter fallen jedoch nicht die mit in eine Ehe gebrachten Kinder die keinen Elternteil gemeinsam haben

4 Das Angehoumlrigenverhaumlltnis iSd sect 15 Abs 1 Nr 5 AO besteht lediglich zu den Kindern der Geschwister (Neffen oder Nichten) nicht jedoch zwischen den Kindern der Geschwister untereinander (zB Vettern)

5 Die Ehegatten mehrerer Geschwister sind im Verhaumlltnis zueinander keine Angehoumlrigen iSd sect 15 Abs 1 Nr 6 AO Dasselbe gilt fuumlr Geschwister der Ehegatten

6 Fuumlr die Annahme eines Pflegeverhaumlltnisses gem sect 15 Abs 1 Nr 8 AO ist nicht erforderlich dass das Kind auszligerhalb der Pflege und Obhut seiner leiblichen Eltern steht Ein Pflegeverhaumlltnis kann zB auch zwischen einem Mann und einem Kind begruumlndet werden wenn der Mann mit der leiblichen Mutter des Kindes und diesem in haumluslicher Gemeinschaft lebt Die Unterhaltsgewaumlhrung ist nicht Merkmal dieses Pflegekinderbegriffes Soweit Bestimmungen in Einzelsteuergesetzen auch daran anknuumlpfen muumlssen dort besondere Regelungen getroffen sein

7 Durch die Annahme als Kind erhaumllt ein Kind die volle rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes des oder der Annehmenden Damit wird auch die Angehoumlrigeneigenschaft zwischen dem Kind und den Angehoumlrigen des oder der Annehmenden nach Maszliggabe des sect 15 Abs 1 AO begruumlndet Dieser Grundsatz gilt entsprechend bei aumlhnlichen familienrechtlichen Rechtsbeziehungen auslaumlndischen Rechts (Adoption)

8 Fuumlr die in sect 15 Abs 2 AO genannten Personen bleibt die Angehoumlrigeneigenschaft auch dann bestehen wenn die Beziehung die urspruumlnglich die Angehoumlrigeneigenschaft begruumlndete nicht mehr besteht lediglich bei Verlobten erlischt die Angehoumlrigeneigenschaft mit Aufhebung des Verloumlbnisses

AEAO zu sect 16 - Sachliche Zustaumlndigkeit

1 Die sachliche Zustaumlndigkeit betrifft den einer Behoumlrde dem Gegenstand und der Art nach durch Gesetz zugewiesenem Aufgabenbereich Neben dem Aufgabenkreis der durch das FVG bestimmt wird ergeben sich fuumlr die Finanzbehoumlrden auch Aufgabenzuweisungen aus der AO (zB sectsect 208 249 386 AO) und anderen Gesetzen (zB StBerG InvZulG EigZulG)

2 Im Rahmen des foumlderativen Aufbaus der Bundesrepublik ist die verbandsmaumlszligige Zustaumlndigkeit als besondere Art der sachlichen Zustaumlndigkeit zu beachten Nach der Rechtsprechung des BFH ist jedoch bei den nicht gebietsgebundenen Steuern (zB Einkommensteuer) die Verwaltungskompetenz nicht auf die Finanzaumlmter des verbandsmaumlszligig zustaumlndigen Bundeslandes beschraumlnkt Das Wohnsitzfinanzamt ist fuumlr die Besteuerung nach dem Einkommen auch fuumlr Besteuerungszeitraumlume zustaumlndig in denen der Steuerpflichtige in einem anderen Bundesland wohnte (BFH-Urteile vom 29101970 IV R 24769 BStBl 1971 II S 151 und vom 23111972 VIII R 4267 BStBl 1973 II S 198)

3 Wegen der Ruumlcknahme eines Verwaltungsakts einer sachlich unzustaumlndigen Behoumlrde wird auf sect 130 Abs 2 Nr 1 AO hingewiesen

AEAO zu sect 17 - Oumlrtliche Zustaumlndigkeit

1 Neben den Vorschriften im Dritten Abschnitt bestehen Sonderregelungen uumlber die oumlrtliche Zustaumlndigkeit zB in den sectsect 195 367 388 AO sowie in Einzelsteuergesetzen

2 Wegen der Folgen der Verletzung von Vorschriften uumlber die oumlrtliche Zustaumlndigkeit Hinweis auf sect 125 Abs 3 Nr 1 und sect 127 AO Zur mehrfachen oumlrtlichen Zustaumlndigkeit Hinweis auf sectsect 25 und 28 AO

AEAO zu sect 18 - Gesonderte Feststellung

1 Die Zustaumlndigkeitsvorschriften des sect 18 Abs 1 Nrn 1 bis 3 AO gelten fuumlr die Feststellung von Einheitswerten und Einkuumlnften aus Land- und Forstwirtschaft aus Gewerbebetrieb oder aus selbstaumlndiger Arbeit Bei den Einkuumlnften gilt dies sowohl in den Faumlllen der Beteiligung mehrerer Personen (sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe a AO) wie auch in den Faumlllen in denen der Betriebsort Ort der Geschaumlftsleitung bzw Ort der Taumltigkeit und der Wohnsitz auseinander fallen (sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO) Wegen der gesonderten Feststellung bei Zustaumlndigkeit mehrerer Finanzaumlmter in einer Gemeinde vgl AEAO zu sect 19 Nr 3

4

2 Die Regelung nach sect 18 Abs 1 Nr 4 AO bestimmt eine abweichende Zustaumlndigkeit fuumlr die gesonderte Feststellung der Einkuumlnfte aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermoumlgen idR ist nicht das Lagefinanzamt sondern das Finanzamt zustaumlndig von dessen Bezirk die Verwaltung ausgeht Entsprechendes regelt sect 18 Abs 1 Nr 4 AO fuumlr die Feststellung von sonstigem Vermoumlgen von Schulden und sonstigen Abzuumlgen (sect 180 Abs 1 Nr 3 AO) und fuumlr die Durchfuumlhrung von Feststellungen bei Bauherrengemeinschaften usw (V zu sect 180 Abs 2 AO)

3 Aus Vereinfachungsgruumlnden kann das Finanzamt bei der gesonderten Feststellung der Einkuumlnfte aus Vermietung und Verpachtung aus nur einem Grundstuumlck davon ausgehen dass die Verwaltung dieser Einkuumlnfte von dem Ort ausgeht in dem das Grundstuumlck liegt es sei denn die Steuerpflichtigen legen etwas anderes dar

4 Wird von der gesonderten Feststellung nach sect 180 Abs 3 AO abgesehen (zB Faumllle geringer Bedeutung) verbleibt es bei der fuumlr die Einzelsteuern getroffenen Zustaumlndigkeitsregelung

5 Die Regelung in sect 18 Abs 2 AO hat insbesondere Bedeutung fuumlr die gesonderte Feststellung von auslaumlndischen Einkuumlnften an denen mehrere im Inland steuerpflichtige Personen beteiligt sind Auf sect 25 AO wird hingewiesen

AEAO zu sect 19 - Steuern vom Einkommen und Vermoumlgen natuumlrlicher Personen

1 Bei verheirateten nicht dauernd getrennt lebenden Steuerpflichtigen ist bei mehrfachem Wohnsitz im Inland das Finanzamt des Aufenthalts der Familie fuumlr die Besteuerung nach dem Einkommen und Vermoumlgen zustaumlndig Insoweit sind fuumlr die Bestimmung der oumlrtlichen Zustaumlndigkeit die Kinder in die Betrachtung einzubeziehen

2 Nach sect 19 Abs 3 AO ist das Lage- Betriebs- oder Taumltigkeitsfinanzamt auch fuumlr die persoumlnlichen Steuern vom Einkommen und Vermoumlgen zustaumlndig wenn ein Steuerpflichtiger in einer Gemeinde (Stadt) mit mehreren Finanzaumlmtern einen land- und forstwirtschaftlichen oder gewerblichen Betrieb unterhaumllt bzw eine freiberufliche Taumltigkeit ausuumlbt In diesen Faumlllen ist keine gesonderte Feststellung durchzufuumlhren (sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO)

3 Wenn der Steuerpflichtige auszligerhalb des Bezirks seines Wohnsitzfinanzamtes aber in den Bezirken mehrerer Finanzaumlmter derselben Wohnsitzgemeinde Einkuumlnfte aus Land- und Forstwirtschaft Gewerbebetrieb oder freiberuflicher Taumltigkeit erzielt so koumlnnen nach sect 19 Abs 3 AO mehrere Finanzaumlmter zustaumlndig sein In diesen Faumlllen ist nach sect 25 AO zu verfahren Gesonderte Feststellungen sind nur von den Finanzaumlmtern vorzunehmen die den Steuerpflichtigen nicht zur Einkommensteuer und Vermoumlgensteuer veranlagen (sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO)

4 Zustaumlndigkeitsregelungen enthalten auch sect 20a AO iVm der ArbZustBauV sowie die Einzelsteuergesetze und das FVG

5 Das Vermoumlgen iSd sect 19 Abs 2 Satz 1 AO bestimmt sich nach sect 121 BewG aber abweichend von sect 121 Nr 4 BewG unabhaumlngig von der Houmlhe der prozentualen Beteiligung an der inlaumlndischen Kapitalgesellschaft Im Fall der Beteiligung an einer Grundbesitz verwaltenden Personengesellschaft ist fuumlr die Bestimmung der oumlrtlichen Zustaumlndigkeit die Belegenheit des Grundstuumlcks maszliggebend

AEAO zu sect 20 - Steuern vom Einkommen und Vermoumlgen der Koumlrperschaften Personenvereinigungen Vermoumlgensmassen

In den Faumlllen des sect 20 Abs 3 AO gilt Nr 5 des AEAO zu sect 19 entsprechend

AEAO zu sect 20a - Steuern vom Einkommen bei Bauleistungen

1 Liegen die Voraussetzungen des sect 20a Abs 1 Satz 1 AO vor beschraumlnkt sich die Zustaumlndigkeit nicht auf den Steuerabzug nach sectsect 48 ff EStG und auf Umsaumltze aus Bauleistungen sie erfasst die gesamte Besteuerung des Einkommens des Unternehmers (Einkommensteuer Koumlrperschaftsteuer) Das nach sect 20a Abs1 Satz 1 AO zustaumlndige Finanzamt ist auch fuumlr die Umsatzsteuer (sect 21 Abs 1 Satz 2 AO) und die Realsteuern (sect 22 Abs 1 Satz 2 AO) zustaumlndig Siehe auch Rz 100 des BMF-Schreiben vom 27122002 BStBl I S 1399

2 Zur Vermeidung eines erschwerten Verwaltungsvollzugs ist im Regelfall eine von der zentralen Zustaumlndigkeit nach sect 20a Abs 1 und 2 sect 21 Abs 1 Satz 2 und sect 22 Abs 1 Satz 2 AO abweichende Zustaumlndigkeitsvereinbarung nach sect 27 AO mit dem ortsnahen Finanzamt herbeizufuumlhren wenn

- das Unternehmen nur gelegentlich Bauleistungen iSv sect 48 Abs 1 Satz 3 EStG erbringt

- das Unternehmen Bauleistungen iSv sect 48 Abs 1 Satz 3 EStG erbringt die im Verhaumlltnis zum Gesamtumsatz nur von untergeordneter Bedeutung sind oder

- eine zentrale Zustaumlndigkeit weder fuumlr den Steuerpflichtigen noch fuumlr die Finanzbehoumlrden zweckmaumlszligig ist

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AEAO zu sect 21 ndash Umsatzsteuer

Die zentrale Zustaumlndigkeit nach sect 21 Abs 1 Satz 2 AO gilt bereits dann wenn auch nur ein Anknuumlpfungspunkt der gesetzlichen Kriterien Wohnsitz Sitz oder Geschaumlftsleitung im Ausland gegeben ist sect 21 Abs 1 Satz 2 AO hat daher Vorrang vor sect 21 Abs 1 Satz 1 AO

Die zentrale Zustaumlndigkeit nach sect 21 Abs 1 Satz 2 AO iVm der UStZustV ist insbesondere in den Faumlllen von Bedeutung in denen ein Unternehmen vom Ausland aus betrieben wird und der Unternehmer im Inland nicht einkommen- oder koumlrperschaftsteuerpflichtig ist Sie ist aber auch zu beachten wenn der Unternehmer im Inland auch zur Einkommen- oder Koumlrperschaftsteuer zu veranlagen ist

Ein Auseinanderfallen der oumlrtlichen Zustaumlndigkeiten fuumlr die Ertrags- und Umsatzbesteuerung kann allerdings zu einem erschwerten Verwaltungsvollzug fuumlhren zB bei Kapitalgesellschaften mit statutarischem Sitz im Ausland und Geschaumlftsleitung im Inland Betroffen sind beispielsweise Faumllle in denen ein bisher im Inland ansaumlssiges Unternehmen in eine britische bdquoprivate company limited by sharesldquo (Limited) umgewandelt wird oder eine Limited neu gegruumlndet wird die lediglich ihren statutarischen Sitz in Groszligbritannien hat aber allein oder uumlberwiegend im Inland unternehmerisch taumltig und unbeschraumlnkt koumlrperschaftsteuerpflichtig ist In diesen Faumlllen ist im Regelfall eine Zustaumlndigkeitsvereinbarung nach sect 27 AO herbeizufuumlhren nach der das fuumlr die Ertragsbesteuerung zustaumlndige ortsnahe Finanzamt auch fuumlr die Umsatzsteuer zustaumlndig wird (vgl auch AEAO zu sect 27 Nr 3)

AEAO zu sect 24 - Ersatzzustaumlndigkeit

1 Fuumlr den Fall dass sich die Zustaumlndigkeit nicht aus den anderen Vorschriften ableiten laumlsst ist die Finanzbehoumlrde zustaumlndig in deren Bezirk objektiv ein Anlass fuumlr eine Amtshandlung besteht Abgesehen von der Zustaumlndigkeit fuumlr Maszlignahmen zur Aufdeckung unbekannter Steuerfaumllle (sect 208 Abs 1 Nr 3 AO) ist hiernach auch die Zustaumlndigkeit fuumlr den Erlass von Haftungsbescheiden (sectsect 191 192 AO) zu bestimmen Wegen des Sachzusammenhangs ist mithin idR das Finanzamt des Steuerpflichtigen gleichzeitig fuumlr die Heranziehung des Haftenden oumlrtlich zustaumlndig

2 Kann die oumlrtliche Zustaumlndigkeit nicht sofort einwandfrei geklaumlrt werden ist bei unaufschiebbaren Maszlignahmen die Zustaumlndigkeit auf sect 29 AO zu stuumltzen

AEAO zu sect 25 - Mehrfache oumlrtliche Zustaumlndigkeit

Einigen sich bei mehrfacher oumlrtlicher Zustaumlndigkeit die Finanzbehoumlrden auf eine der oumlrtlich zustaumlndigen Finanzbehoumlrden so handelt es sich hierbei nicht um eine Zustaumlndigkeitsvereinbarung iSd sect 27 AO Der Zustimmung des Betroffenen bedarf es nicht

AEAO zu sect 26 - Zustaumlndigkeitswechsel

1 Der Steuerpflichtige kann sich auf den Zustaumlndigkeitswechsel nicht berufen solange keine der beiden beteiligten Finanzbehoumlrden von den die Zustaumlndigkeit veraumlndernden Tatsachen Kenntnis erlangt hat Wegen der Bedeutung der Zustaumlndigkeit fuumlr die Steuerberechtigung ist die Kenntnis uumlber die Umstaumlnde die die Zustaumlndigkeit aumlndern mit Angabe des Datums aktenkundig zu machen und unverzuumlglich der anderen Finanzbehoumlrde mitzuteilen

2 Die Fortfuumlhrung eines bereits begonnenen Verwaltungsverfahrens durch das bisher zustaumlndige Finanzamt ist zulaumlssig wenn das Finanzamt dessen Zustaumlndigkeit durch die veraumlnderten Umstaumlnde begruumlndet wird zustimmt Der Steuerpflichtige soll gehoumlrt werden er ist von der Fortfuumlhrung des Verwaltungsverfahrens zu benachrichtigen

3 Bei Verlegung des Wohnsitzes in den Bezirk eines anderen Finanzamtes unter gleichzeitiger Betriebsaufgabe sind von dem bisher fuumlr Personensteuern und Betriebssteuern zustaumlndigen Finanzamt nur die Personensteuerakten abzugeben Das bisher zustaumlndige Finanzamt ermittelt im Wege der Amtshilfe den Gewinn aus der Zeit bis zur Betriebsaufgabe und teilt ihn dem neuen Wohnsitzfinanzamt mit

Fuumlr die Betriebsteuern bleibt grundsaumltzlich das Betriebsfinanzamt zustaumlndig auch hinsichtlich der Erhebung und etwaigen Vollstreckung Ruumlckstaumlnde sind erforderlichenfalls im Wege der Amtshilfe beizutreiben Ausnahmsweise kommt eine Zustaumlndigkeitsvereinbarung nach sect 27 AO in Betracht wenn sich dies als zweckmaumlszligig erweist

4 Zu den Auswirkungen eines Zustaumlndigkeitswechsels auf das Rechtsbehelfsverfahren vgl AEAO zu sect 367 Nr 1 und BMF-Schreiben vom 10101995 BStBl I S 664

AEAO zu sect 27 - Zustaumlndigkeitsvereinbarung

1 Durch Vereinbarung zwischen den Finanzbehoumlrden kann auch auszliger in den Faumlllen des sect 26 Satz 2 AO die Zustaumlndigkeit einer an sich nicht zustaumlndigen Finanzbehoumlrde begruumlndet werden Voraussetzung fuumlr diese Zustaumlndigkeitsbegruumlndung ist die Zustimmung des Betroffenen Das Zustimmungserfordernis ist eingefuumlgt um der Verfassungsbestimmung des Art 101 Abs 1 Satz 2 GG zu genuumlgen weil an die Zustaumlndigkeit der Finanzbehoumlrde die Zustaumlndigkeit des Finanzgerichts anknuumlpft

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2 Eine bestimmte Form ist fuumlr die Zustimmung des Betroffenen nicht vorgeschrieben Die Zustimmung ist bedingungsfeindlich und kann nur mit Wirkung fuumlr die Zukunft widerrufen werden

3 Eine Zustaumlndigkeitsvereinbarung ist insbesondere in den Faumlllen herbeizufuumlhren in denen eine zentrale Zustaumlndigkeit nach sect 21 Abs 1 Satz 2 AO iVm der UStZustV weder fuumlr den Steuerpflichtigen noch fuumlr die Finanzbehoumlrden zweckmaumlszligig ist

Eine Zustaumlndigkeitsvereinbarung nach der das fuumlr die Ertragsbesteuerung zustaumlndige Finanzamt auch fuumlr die Umsatzsteuer zustaumlndig wird ist hiernach regelmaumlszligig herbeizufuumlhren zB

a) bei Steuerpflichtigen die ihr Unternehmen als Einzelunternehmer aus schlieszliglich oder uumlberwiegend im Inland betreiben und sowohl im Inland als auch im Ausland einen Wohnsitz haben

b) bei Kapitalgesellschaften mit statutarischem Sitz im Ausland und Geschaumlftsleitung im Inland die allein oder uumlberwiegend im Inland unternehmerisch taumltig sind (vgl AEAO zu sect 21)

4 Zur Zustaumlndigkeitsvereinbarung bei Unternehmen die Bauleistungen iSv sect 48 Abs 1 Satz 3 EStG erbringen vgl AEAO zu sect 20a Nr 2

AEAO zu sect 30 - Steuergeheimnis

Inhaltsuumlbersicht

1 Gegenstand des Steuergeheimnisses

2 Verpflichteter Personenkreis

3 Befugnis zur Offenbarung

4 Offenbarung zur Durchfuumlhrung eines steuerlichen Verfahrens (sect 30 Abs 4 Nr 1 AO)

5 Gesetzlich zugelassene Offenbarung (sect 30 Abs 4 Nr 2 AO)

6 Offenbarung mit Zustimmung des Betroffenen (sect 30 Abs 4 Nr 3 AO)

7 Offenbarung zur Durchfuumlhrung eines auszligersteuerlichen Strafverfahrens (sect 30 Abs 4 Nr 4 AO)

8 Offenbarung aus zwingendem oumlffentlichen Interesse (sect 30 Abs 4 Nr 5 AO)

9 Offenbarung vorsaumltzlich falscher Angaben (sect 30 Abs 5 AO)

10 Auskunft uumlber Anzeigeerstatter

1 Gegenstand des Steuergeheimnisses

11 Durch das Steuergeheimnis wird alles geschuumltzt was dem Amtstraumlger oder einer ihm gleichgestellten Person in einem der in sect 30 Abs 2 Nr 1 Buchstabe a bis c AO genannten Verfahren uumlber den Steuerpflichtigen oder andere Personen bekannt geworden ist Dabei macht es keinen Unterschied ob diese Tatsachen fuumlr die Besteuerung relevant sind oder nicht

12 Das Steuergeheimnis erstreckt sich auf die gesamten persoumlnlichen wirtschaftlichen rechtlichen oumlffentlichen und privaten Verhaumlltnisse einer natuumlrlichen oder juristischen Person Zu den Verhaumlltnissen zaumlhlen auch das Verwaltungsverfahren selbst die Art der Beteiligung am Verwaltungsverfahren und die Maszlignahmen die vom Beteiligten getroffen wurden So unterliegt zB auch dem Steuergeheimnis ob und bei welcher Finanzbehoumlrde ein Beteiligter steuerlich gefuumlhrt wird ob ein Steuerfahndungsverfahren oder eine Auszligenpruumlfung stattgefunden hat wer fuumlr einen Beteiligten im Verfahren aufgetreten ist und welche Antraumlge gestellt worden sind

13 Zum geschuumltzten Personenkreis gehoumlren nicht nur die Steuerpflichtigen sondern auch andere Personen deren Verhaumlltnisse einem Amtstraumlger in einem steuerlichen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren bekannt geworden sind Ob diese Personen in einem derartigen Verfahren auskunftspflichtig sind oder ihre Angaben ohne rechtliche Verpflichtung abgegeben haben ist fuumlr die Zuordnung zum geschuumltzten Personenkreis unerheblich (BFH-Urteil vom 821994 VII R 8892 BStBl II S 552) Zur Information des Steuerpflichtigen uumlber ein Auskunftsersuchen gegenuumlber Dritten vgl AEAO zu sect 93 Nr 126 Gesetzliche Pflichten des Dritten zur Unterrichtung des Steuerpflichtigen uumlber eine ihn betreffende Mitteilung an die Finanzbehoumlrden bleiben unberuumlhrt

14 Dem Steuergeheimnis unterliegt auch die Identitaumlt eines Anzeigeerstatters (vgl BFH-Beschluss vom 7122006 V B 16305 BStBl II 2007 S 275 mwN) Nach sect 30 Abs 4 Nr 4 Buchstabe b und Abs 5 AO kann allerdings eine Durchbrechung des Steuergeheimnisses zulaumlssig und in besonders gelagerten Einzelfaumlllen sogar geboten sein (vgl AEAO zu sect 30 Nr 10)

2 Verpflichteter Personenkreis

21 Das Steuergeheimnis haben Amtstraumlger und die in sect 30 Abs 3 AO genannten Personen zu wahren

22 Amtstraumlger sind die in sect 7 AO abschlieszligend aufgefuumlhrten Personen

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23 Den Amtstraumlgern sind nach sect 30 Abs 3 AO gleichgestellt ua die fuumlr den oumlffentlichen Dienst besonders Verpflichteten Nach sect 11 Abs 1 Nr 4 StGB ist dies wer ohne Amtstraumlger zu sein bei einer Behoumlrde oder bei einer sonstigen Stelle die Aufgaben der oumlffentlichen Verwaltung wahrnimmt oder bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluss Betrieb oder Unternehmen die fuumlr eine Behoumlrde oder fuumlr eine sonstige Stelle Aufgaben der oumlffentlichen Verwaltung ausfuumlhren beschaumlftigt oder fuumlr sie taumltig und auf die gewissenhafte Erfuumlllung seiner Obliegenheiten aufgrund eines Gesetzes foumlrmlich verpflichtet ist Rechtsgrundlage fuumlr die Verpflichtung ist das VerpflG Fuumlr eine Verpflichtung kommen zB Schreib- und Registraturkraumlfte ferner Mitarbeiter in Rechenzentren sowie Unternehmer und deren Mitarbeiter die Hilfstaumltigkeiten fuumlr die oumlffentliche Verwaltung erbringen (zB Datenerfassung Versendung von Erklaumlrungsvordrucken) in Betracht

24 Sachverstaumlndige stehen Amtstraumlgern nur dann gleich wenn sie von einer Behoumlrde oder einem Gericht hinzugezogen werden

3 Befugnis zur Offenbarung

Die Absaumltze 4 und 5 des sect 30 AO erlauben die Offenbarung der in sect 30 Abs 2 AO geschuumltzten Verhaumlltnisse Betriebs- und Geschaumlftsgeheimnisse nicht aber die Verwertung von Betriebs- und Geschaumlftsgeheimnissen Offenbarung ist jedes ausdruumlckliche oder konkludente Verhalten auf Grund dessen Verhaumlltnisse eines anderen bekannt werden koumlnnen Eine Offenbarung kann sich aus muumlndlichen schriftlichen oder elektronischen Erklaumlrungen aber auch aus anderen Handlungen (zB Gewaumlhrung von Akteneinsicht Kopfnicken usw) oder Unterlassungen ergeben Die Finanzbehoumlrde ist sofern eine der in sect 30 Abs 4 und 5 AO genannten Voraussetzungen vorliegt zur Offenbarung befugt jedoch nicht verpflichtet Es gelten die Grundsaumltze des sect 5 AO Bei der Entscheidung ob dem Steuergeheimnis unterliegende Verhaumlltnisse offenbart werden sollen ist zu beruumlcksichtigen dass das Steuergeheimnis auch dazu dient die Beteiligten am Besteuerungsverfahren zu wahrheitsgemaumlszligen Angaben zu veranlassen Ist die Befugnis zur Offenbarung nach sect 30 AO gegeben und besteht gleichzeitig ein Auskunftsanspruch der fuumlr sich allein das Steuergeheimnis nicht durchbricht zB sect 161 StPO so ist die Finanzbehoumlrde zur Auskunftserteilung verpflichtet

4 Offenbarung zur Durchfuumlhrung eines steuerlichen Verfahrens (sect 30 Abs 4 Nr 1 AO)

41 sect 30 Abs 4 Nr 1 AO laumlsst eine Offenbarung zur Durchfuumlhrung eines steuerlichen Verfahrens oder eines Steuerstraf- oder Buszliggeldverfahrens zu Es genuumlgt dass das Offenbaren fuumlr die Einleitung oder den Fortgang dieses Verfahrens nuumltzlich sein koumlnnte Die Zulaumlssigkeit ist nicht auf die Mitteilung von Tatsachen zwischen Finanzbehoumlrden beschraumlnkt (zB Mitteilungen zwischen Zollbehoumlrden und Steuerbehoumlrden zwischen Finanzaumlmtern und uumlbergeordneten Finanzbehoumlrden) Zulaumlssig ist auch die Mitteilung an andere Behoumlrden soweit sie unmittelbar der Durchfuumlhrung eines der oben genannten Verfahren dient zB Mitteilungen an die Denkmalschutzbehoumlrden im Bescheinigungsverfahren nach sect 7i EStG

Sofern Verwaltungsgerichte Verfahren in Steuersachen (insbesondere Realsteuersachen Kirchensteuersachen) zu entscheiden haben besteht eine Offenbarungsbefugnis wie gegenuumlber Finanzgerichten Bei verwaltungsgerichtlichen Streitigkeiten in anderen als steuerlichen Verfahren duumlrfen die Finanzbehoumlrden den Gerichten Auskuumlnfte nur dann erteilen wenn die Offenbarung nach sect 30 Abs 4 Nr 2 bis 5 AO zugelassen ist

42 Auskuumlnfte daruumlber ob eine Koumlrperschaft wegen Verfolgung gemeinnuumltziger mildtaumltiger oder kirchlicher Zwecke steuerbeguumlnstigt ist oder nicht sind dem Spender nur dann zu erteilen wenn

- er im Besteuerungsverfahren die Beruumlcksichtigung der geleisteten Spende beantragt (sect 30 Abs 4 Nr 1 iVm Abs 2 Nr 1 Buchstabe a AO)

- die Koumlrperschaft ihm den Tatsachen entsprechend mitgeteilt hat dass sie zur Entgegennahme steuerlich abzugsfaumlhiger Spenden berechtigt ist

- die Koumlrperschaft wahrheitswidrig behauptet sie sei zur Entgegennahme steuerlich abzugsfaumlhiger Spenden berechtigt (sect 30 Abs 4 Nr 1 iVm Abs 2 Nr 1 Buchstabe a AO vgl AEAO zu sect 85 AO) die Richtigstellung kann oumlffentlich erfolgen wenn die Koumlrperschaft ihre wahrheitswidrige Behauptung oumlffentlich verbreitet

Ansonsten ist der Spender bei Anfragen stets an die Koumlrperschaft zu verweisen sofern keine Zustimmung der Koumlrperschaft zur Auskunftserteilung vorliegt

43 Wird eine beantragte Steuerermaumlszligigung die von Einkommens- oder Vermoumlgensverhaumlltnissen Dritter abhaumlngt (zB nach sectsect 32 33a EStG) abgelehnt weil die Einkuumlnfte und Bezuumlge bzw das Vermoumlgen gesetzliche Betragsgrenzen uumlbersteigen ist dies dem Steuerpflichtigen ohne Angabe des genauen Betrags mitzuteilen Wird ein derartiger Ermaumlszligigungsantrag im Hinblick auf die eigenen Einkuumlnfte und Bezuumlge oder das Vermoumlgen des Dritten teilweise abgelehnt so darf dem Steuerpflichtigen die Houmlhe dieser Betraumlge mitgeteilt werden

44 Der Erbe tritt als Gesamtrechtsnachfolger in die rechtliche Stellung des Erblassers ein (sect 1922 BGB sect 45 Abs 1 Satz 1 AO) Die Auskuumlnfte die dem Erblasser aus den Steuerakten erteilt werden durften duumlrfen auch dem Erben erteilt werden Sind mehrere Erben vorhanden so ist jeder einzelne

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Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers Zur Auskunftserteilung bedarf es nicht der Zustimmung der uumlbrigen Miterben Der auskunftssuchende Erbe hat sich erforderlichenfalls durch Erbschein auszuweisen Vermaumlchtnisnehmer Pflichtteilsberechtigte sowie Erbersatzanspruchsberechtigte sind keine Gesamtrechtsnachfolger Ihnen darf daher keine Auskunft erteilt werden

45 Bei der Schaumltzung von Besteuerungsgrundlagen sind ggf die fuumlr Vergleichsbetriebe gefuumlhrten Steuerakten dem Finanzgericht vorzulegen damit das Finanzgericht uumlberpruumlfen kann ob gegen die Zahlen der Vergleichsbetriebe Bedenken bestehen Da der Steuerpflichtige jedoch gem sect 78 FGO das Recht hat die dem Finanzgericht vorgelegten Akten einzusehen hat die Vorlage an das Finanzgericht stets in anonymisierter Form zu erfolgen (vgl BFH-Urteil vom 18121984 VIII R 19582 BStBl 1986 II S 226) Das Finanzgericht darf die Verwertung der vom Finanzamt eingebrachten anonymisierten Daten uumlber Vergleichsbetriebe nicht schon im Grundsatz ablehnen (vgl BFH-Urteil vom 17102001 I R 10300 BStBl 2004 II S 171)

46 Zur Auskunftserteilung bei Betriebsuumlbernahme im Hinblick auf die Haftung vgl AEAO zu sect 75 Nr 6

47 Antraumlge auf Erteilung von Auskuumlnften uumlber die Besteuerung Dritter bei der Anwendung drittschuumltzender Normen (ua sectsect 64 bis 68 AO und sect 2 Abs 3 UStG) sind zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage grundsaumltzlich zulaumlssig (vgl BFH-Urteil vom 5102006 VII R 2403 BStBl 2007 II S 243) Ein solcher Auskunftsanspruch setzt allerdings voraus dass der Steuerpflichtige substantiiert und glaubhaft darlegt durch die unzutreffende Besteuerung des Konkurrenten konkret feststellbare und spuumlrbare Wettbewerbsnachteile zu erleiden und deshalb gegen die Steuerbehoumlrde mit Aussicht auf Erfolg ein subjektives oumlffentliches Recht auf steuerlichen Drittschutz geltend machen zu koumlnnen Die Auskuumlnfte sind auf das fuumlr die Rechtsverfolgung notwendige Maszlig zu beschraumlnken In der Auskunft duumlrfen deshalb nur Angaben uumlber die Art und Weise der Besteuerung der fuumlr die Konkurrenzsituation relevanten Umsaumltze der fraglichen oumlffentlichen Einrichtung gemacht werden nicht aber uumlber die Houmlhe dieser Umsaumltze und der hierauf festgesetzten Steuer Der betroffene Dritte soll gehoumlrt werden

48 Gerichtliche Verfahren im Vollstreckungsverfahren

481 Im Rahmen einer Drittwiderspruchsklage (sect 262 AO) darf die Vollstreckungsbehoumlrde (sect 249 Abs 1 Satz 3 AO) im Prozess Verhaumlltnisse des Vollstreckungsschuldners und anderer Personen nach sect 30 Abs 4 Nr 1 AO offenbaren soweit dies der Durchsetzung der Steueranspruumlche gegen den Vollstreckungsschuldner dient

482 Der Drittschuldner (vgl sect 309 AO) ist befugt Einwendungen gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung wozu auch die Geltendmachung der Unpfaumlndbarkeit von Forderungen (vgl sect 319 AO) gehoumlrt mit der Anfechtungsklage nach sect 40 Abs 1 FGO geltend zu machen Im finanzgerichtlichen Verfahren darf die Vollstreckungsbehoumlrde die Verhaumlltnisse des Vollstreckungsschuldners und anderer Personen nach sect 30 Abs 4 Nr 1 AO offenbaren soweit dies der Durchfuumlhrung des finanzgerichtlichen Verfahrens dient

483 Leistet der Drittschuldner (vgl sect 309 AO) nicht kann die Vollstreckungsbehoumlrde zivilgerichtlich gegen ihn vorgehen Dabei ist dem Vollstreckungsschuldner der Streit zu verkuumlnden (sect 316 Abs 3 AO iVm sect 841 ZPO) Die Klage gegen den Drittschuldner dient der Durchsetzung der Steueranspruumlche gegen den Vollstreckungsschuldner Die Vollstreckungsbehoumlrde darf daher im Prozess Verhaumlltnisse des Vollstreckungsschuldners des Drittschuldners und anderer Personen nach sect 30 Abs 4 Nr 1 AO offenbaren soweit dies der Durchsetzung der Steueranspruumlche dient

5 Gesetzlich zugelassene Offenbarung (sect 30 Abs 4 Nr 2 AO)

Auf sect 30 Abs 4 Nr 2 AO kann eine Offenbarung nur gestuumltzt werden wenn die Befugnis zum Offenbaren in einem Gesetz ausdruumlcklich enthalten ist Eine Bestimmung uumlber die allgemeine Pflicht zur Amtshilfe genuumlgt nicht Die Befugnis kann in der AO selbst (zB sect 31 AO) in anderen Steuergesetzen oder in auszligersteuerlichen Vorschriften enthalten sein

Zu den auszligersteuerlichen Vorschriften gehoumlren insbesondere

- sect 5 Abs 3 des Gesetzes uumlber den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen

- sect 236 Abs 1 und sect 379 Abs 2 des Gesetzes uumlber Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

- sect 88 Abs 3 des Aufenthaltsgesetzes

- sect 197 Abs 2 Satz 2 des Baugesetzbuches

- sect 49 des Beamtenstatusgesetzes und sect 115 des Bundesbeamtengesetzes

- sect 24 Abs 2 und 6 des Bundesdatenschutzgesetzes

- sect 39 des Erdoumllbevorratungsgesetzes

- sect 17 Satz 2 des Gesetzes uumlber das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen

- sect 14 Abs 4 und sect 153a Abs 1 Satz 2 der Gewerbeordnung

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- sect 3 Abs 5 des Guumlterkraftverkehrsgesetzes

- sect 8 Abs 2 des Gesetzes uumlber das Kreditwesen

- sect 4a Abs3 Satz 4 des Melderechtsrahmengesetzes

- sect 25 Abs 3 des Personenbefoumlrderungsgesetzes

- sect 7 Abs 2 des Gesetzes uumlber die Preisstatistik

- sect 27 Abs 1 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung offener Vermoumlgensfragen

- sect 21 Abs 4 SGB X

- sect 5 Abs 2 sect 10 Steuerberatungsgesetz

- sect 9 des Gesetzes uumlber Steuerstatistiken

- sect 492 Abs 3 der StPO iVm sectsect 385 399 AO

- sect 20 Abs 4 des Unterhaltssicherungsgesetzes

- sect 3a der Verfahrensordnung fuumlr Houmlfesachen

- sectsect 32 Abs 4 und sect 35 Abs 4 des Wohnraumfoumlrderungsgesetzes und sect 2 des Wohnungsbindungsgesetzes

- sect 2 des Verwaltungsdatenverwendungsgesetzes

- sect 36 Abs 2 Bundesrechtsanwaltsordnung

- sect 10 Abs 3 des Gesetzes uumlber die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung

- sect 18 Abs 2 Nr 2 des Wohnungseigentumsgesetzes

- sect 18 Abs 3a Bundesverfassungsschutzgesetz (vgl auch sect 51 Abs 3 Satz 3 AO)

- sect 2 Abs 4 und sect 8 Bundesarchivgesetz

- sect 36a Abs 3 Wirtschaftspruumlfungsordnung

- sect 64a Abs 2 Bundesnotarordnung

- sect 34 Abs 2 Patentanwaltsordnung

- sect 54 Abs 1 Satz 4 Gerichtskostengesetz

- sect 19 Abs 2 Satz 2 und Abs 4 Kostenordnung ggf iVm sect 141 oder sect 159 Kostenordnung und

- sect 6 Abs 5 Unterhaltsvorschussgesetz

6 Offenbarung bei Zustimmung des Betroffenen (sect 30 Abs 4 Nr 3 AO)

Nach sect 30 Abs 4 Nr 3 AO ist die Offenbarung zulaumlssig soweit der Betroffene zustimmt Betroffener ist nicht nur der Verfahrensbeteiligte selbst sondern auch jeder Andere dessen Verhaumlltnisse durch sect 30 AO geschuumltzt werden (zB Geschaumlftsfuumlhrer Geschaumlftspartner Arbeitnehmer Empfaumlnger von Zahlungen und anderen Vorteilen) Sind mehrere Personen betroffen so muumlssen alle ihre Zustimmung zur Offenbarung eines Sachverhalts erteilen Stimmen einzelne Personen nicht zu so duumlrfen die geschuumltzten Verhaumlltnisse derjenigen die ihre Zustimmung nicht erteilt haben nicht offenbart werden

7 Offenbarung zur Durchfuumlhrung eines auszligersteuerlichen Strafverfahrens (sect 30 Abs 4 Nr 4 AO)

71 Gem sect 30 Abs 4 Nr 4 Buchstabe a AO duumlrfen im Steuerstrafverfahren oder Steuerordnungswidrigkeitsverfahren gewonnene Erkenntnisse uumlber auszligersteuerliche Straftaten an Gerichte und Strafverfolgungsbehoumlrden fuumlr Zwecke der Strafverfolgung weitergeleitet werden Die Finanzbehoumlrden koumlnnen daher zB die Staatsanwaltschaft auch uumlber sog Zufallsfunde unterrichten Voraussetzung ist jedoch stets dass die Erkenntnisse im Steuerstraf- oder Buszliggeldverfahren selbst gewonnen wurden Kenntnisse die bereits vorher in einem anderen Verfahren (zB Veranlagungs- Auszligenpruumlfungs- oder Vollstreckungsverfahren) erlangt wurden duumlrfen den Strafverfolgungsbehoumlrden gegenuumlber nicht offenbart werden Sind die Tatsachen von dem Steuerpflichtigen (sect 33 AO) selbst oder der fuumlr ihn handelnden Person (sect 200 Abs 1 AO) der Finanzbehoumlrde mitgeteilt worden ist die Weitergabe zur Strafverfolgung wegen nichtsteuerlicher Straftaten nur zulaumlssig wenn der Steuerpflichtige zum Zeitpunkt der Abgabe der Mitteilung an die Finanzbehoumlrde die Einleitung des steuerlichen Straf- oder Buszliggeldverfahrens gekannt hat es sei denn einer der in sect 30 Abs 4 Nr 5 oder Abs 5 AO geregelten Faumllle laumlge vor

72 Gem sect 30 Abs 4 Nr 4 Buchstabe b AO ist eine Offenbarung von Kenntnissen zur Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens wegen einer nichtsteuerlichen Straftat uneingeschraumlnkt zulaumlssig wenn die Tatsachen der Finanzbehoumlrde ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung oder unter Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht bekannt geworden sind Tatsachen sind der Finanzbehoumlrde ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung bekannt geworden wenn die Auskunftsperson nicht zuvor

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durch die Finanzbehoumlrde zur Erteilung einer Auskunft aufgefordert worden ist Ein Verzicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht (siehe sectsect 101 ff AO) kann nur angenommen werden wenn dem Berechtigten sein Auskunftsverweigerungsrecht bekannt war dies setzt in den Faumlllen des sect 101 AO eine Belehrung voraus

8 Offenbarung aus zwingendem oumlffentlichen Interesse (sect 30 Abs 4 Nr 5 AO)

Eine Offenbarung ist gem sect 30 Abs 4 Nr 5 AO zulaumlssig soweit fuumlr sie ein zwingendes oumlffentliches Interesse besteht sect 30 Abs 4 Nr 5 AO enthaumllt eine beispielhafte Aufzaumlhlung von Faumlllen in denen ein zwingendes oumlffentliches Interesse zu bejahen ist Bei anderen Sachverhalten ist ein zwingendes oumlffentliches Interesse nur gegeben wenn sie in ihrer Bedeutung einem der in sect 30 Abs 4 Nr 5 AO erwaumlhnten Faumllle vergleichbar sind Liegt ein zwingendes oumlffentliches Interesse vor macht es fuumlr die Zulaumlssigkeit der Offenbarung keinen Unterschied ob die Finanzbehoumlrde aufgrund eigener Erkenntnisse von Amts wegen die zustaumlndige Behoumlrde informiert oder ob die zustaumlndige Behoumlrde unter Schilderung der Umstaumlnde die das Vorliegen eines zwingenden oumlffentlichen Interesses begruumlnden die Finanzbehoumlrde um Auskunft ersucht

81 Die Gewerbebehoumlrden koumlnnen bei Vorliegen eines zwingenden oumlffentlichen Interesses fuumlr Zwecke eines Gewerbeuntersagungsverfahrens uumlber die Verletzung steuerlicher Pflichten unterrichtet werden die mit der Ausuumlbung des Gewerbes das untersagt werden soll im Zusammenhang stehen (vgl im Einzelnen BMF-Schreiben vom 19122013 BStBl 2014 I S 19)

Zur Wahrung des Steuergeheimnisses gegenuumlber Parlamenten bzw einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages vgl BMF-Schreiben vom 13051987

82 Verbrechen iSd sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstabe a AO sind alle Straftaten die im Mindestmaszlig mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder daruumlber bedroht sind (sect 12 Abs 1 StGB) Als vorsaumltzliche schwere Vergehen gegen Leib und Leben oder gegen den Staat und seine Einrichtungen kommen nur solche Vergehen in Betracht die eine schwerwiegende Rechtsverletzung darstellen und dementsprechend mit Freiheitsstrafe bedroht sind

83 Unter den Begriff der Wirtschaftsstraftat iSd sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstabe b AO fallen Straftaten nicht schon deswegen weil sie nach sect 74c des GVG zur Zustaumlndigkeit des Landgerichts gehoumlren Es ist vielmehr in jedem Einzelfall unter Abwaumlgung der Interessen zu pruumlfen ob die besonderen Voraussetzungen des sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstabe b AO gegeben sind

84 sect 6 des SubvG wonach Behoumlrden von Bund und Laumlndern Tatsachen die sie dienstlich erfahren und die den Verdacht eines Subventionsbetrugs (sect 264 StGB) begruumlnden den Strafverfolgungsbehoumlrden mitzuteilen haben stellt keine Ermaumlchtigungsvorschrift iSd sect 30 Abs 4 Nr 2 AO dar Anzeigen an Strafverfolgungsbehoumlrden wegen des Verdachts eines Subventionsbetrugs sind daher nur zulaumlssig wenn ein zwingendes oumlffentliches Interesse an der Offenbarung besteht (sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstabe b AO) oder die Voraussetzungen des sect 30 Abs 5 AO vorliegen (vgl AEAO zu sect 30 Nr 9) Betrifft der Subventionsbetrug allerdings Investitionszulagen so sind entsprechende Tatsachen wie bei Steuerstraftaten den Buszliggeld- und Strafsachenstellen zu melden (vgl sect 14 InvZulG 2010 iVm sect 30 Abs 4 Nr 1 AO) Nach sect 31a AO besteht daneben eine Offenbarungsbefugnis gegenuumlber den fuumlr die Bewilligung Gewaumlhrung Ruumlckforderung Erstattung Weitergewaumlhrung oder fuumlr das Belassen einer Subvention zustaumlndigen Behoumlrden und Gerichten vgl im Einzelnen AEAO zu sect 31a Nr 43

85 Die Weitergabe von Informationen uumlber Verstoumlszlige gegen die Umweltschutzbestimmungen kommt insbesondere in Betracht wenn daran ein zwingendes oumlffentliches Interesse nach sect 30 Abs 4 Nr 5 AO besteht Dies ist nicht nur zur Verfolgung der in sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstaben a und b AO genannten Straftaten gegeben sondern auch zur Verfolgung anderer Straftaten die wegen ihrer Schwere und ihrer Auswirkungen auf die Allgemeinheit den genannten Regeltatbestaumlnden entsprechen Bei Verdacht eines besonders schweren Falles einer Umweltstraftat iSd sect 330 StGB oder einer schweren Gefaumlhrdung durch Freisetzung von Giften iSd sect 330a StGB ist ein zwingendes oumlffentliches Interesse fuumlr eine Offenbarung zu bejahen Keine Offenbarungsbefugnis besteht wenn lediglich der abstrakte Gefaumlhrdungstatbestand einer Umweltstraftat wie etwa sect 325 StGB (Luftverunreinigung) sect 325a StGB (Verursachen von Laumlrm Erschuumltterungen und nichtionisierenden Strahlen) bzw sect 326 StGB (umweltgefaumlhrdende Abfallbeseitigung) erfuumlllt ist Kann die Finanzbehoumlrde nicht beurteilen ob die vorgenannten Voraussetzungen fuumlr eine Weitergabe erfuumlllt sind hat sie zunaumlchst unter Anonymisierung des Sachverhalts eine sachkundige Stelle zur Klaumlrung einzuschalten Soweit Verstoumlszlige gegen Umweltschutzbestimmungen steuerliche Auswirkungen haben zB fuumlr die Anerkennung einer Teilwertabschreibung ergibt sich die Befugnis zur Weitergabe aus sect 30 Abs 4 Nr 1 AO sofern die Weitergabe zur Durchfuumlhrung des Besteuerungsverfahrens erforderlich ist Sieht die Finanzbehoumlrde die Notwendigkeit Angaben des Steuerpflichtigen zB uumlber schadstoffbelastete Wirtschaftsguumlter zu uumlberpruumlfen kann sie den Sachverhalt einer zustaumlndigen Fachbehoumlrde offenbaren Die Finanzbehoumlrde hat dabei zu pruumlfen ob es ausreicht den Sachverhalt der Fachbehoumlrde in anonymisierter Form vorzutragen Ist die Offenbarung der Identitaumlt des Steuerpflichtigen erforderlich soll sie die Fachbehoumlrde darauf hinweisen dass die Angaben des Steuerpflichtigen nach sect 30 Abs 2 Nr 1 Buchstabe c AO weiterhin dem Steuergeheimnis unterliegen Die Weitergabe von Erkenntnissen uumlber Verstoumlszlige gegen Umweltschutzbestimmungen kann gleichzeitig auf mehrere Offenbarungsgruumlnde gestuumltzt werden Eine Weitergabe von Erkenntnissen unter dem Gesichtspunkt des zwingenden oumlffentlichen Interesses ist

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deshalb auch dann zulaumlssig wenn der gleiche Sachverhalt bereits nach sect 30 Abs 4 Nr 1 AO offenbart worden ist Die Weitergabe von Informationen uumlber Verstoumlszlige gegen die Umweltschutzbestimmungen kann nicht auf das UIG gestuumltzt werden

86 Zu Mitteilungen an Disziplinarstellen zur Durchfuumlhrung dienstrechtlicher Maszlignahmen bei Beamten und Richtern vgl BMF-Schreiben vom 1232010 BStBl I S 222 geaumlndert durch BMF-Schreiben vom 2062011 BStBl I S 574 Die Regelungen dieses BMF-Schreibens sind bei vergleichbaren Verfehlungen sonstiger Angehoumlriger der Finanzverwaltung (Arbeitnehmer die weder Beamte noch Richter sind) entsprechend anzuwenden soweit dies zur Ergreifung vergleichbarer arbeitsrechtlicher Maszlignahmen (zB Abmahnung Kuumlndigung) fuumlhren kann Eine Steuerhinterziehung in erheblicher Houmlhe ist bei einem hoheitlich taumltigen Angestellten oder Tarifbeschaumlftigen einer Finanzbehoumlrde als wichtiger Grund zur fristlosen Kuumlndigung an sich auch dann geeignet wenn der Angestellte bzw Tarifbeschaumlftigte die Hinterziehung gem sect 371 AO selbst angezeigt hat (vgl BAG Urteile vom 2162001 2 AZR 32500 HFR 2003 S 183 und vom 1092009 2 AZR 25708 juris)

87 Die Finanzbehoumlrden sind verpflichtet den fuumlr die Bekaumlmpfung terroristischer Aktivitaumlten zustaumlndigen Stellen die nach sect 30 AO geschuumltzten Verhaumlltnisse auf deren Ersuchen mitzuteilen Fuumlr die Mitteilungen an die genannten Stellen besteht in diesen Faumlllen ein zwingendes oumlffentliches Interesse iSd sect 30 Abs 4 Nr 5 AO Die ersuchenden Stellen haben in ihrem Ersuchen zu versichern dass die erbetenen Daten fuumlr Ermittlungen und Aufklaumlrungsarbeiten im Zusammenhang mit der Bekaumlmpfung des Terrorismus erforderlich sind Eine bestimmte Form fuumlr die Auskunftsersuchen und die Erteilung der Auskuumlnfte ist nicht erforderlich Bei Zweifeln an der Identitaumlt des Auskunftsersuchenden haben sich die Finanzbehoumlrden vor Auskunftserteilung uumlber die Identitaumlt des Auskunftsersuchenden auf geeignete Weise zu vergewissern Zur Mitteilungspflicht zur Bekaumlmpfung der Geldwaumlsche und der Terrorismusfinanzierung vgl sect 31b AO

88 sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstabe c AO gestattet die Offenbarung zur Richtigstellung unwahrer Tatsachen die geeignet sind das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschuumlttern Diese Offenbarungsbefugnis begruumlndet ein Abwehrrecht der Verwaltung und dient damit nicht dem Aufklaumlrungsinteresse der Oumlffentlichkeit Die Verwaltung selbst hat zu entscheiden ob und in welchem Umfang sie richtig stellen will Sie hat dabei den Grundsatz der Verhaumlltnismaumlszligigkeit zu wahren und sich auf die zur Richtigstellungerforderliche Offenbarung zu beschraumlnken Eine Offenbarung zur Richtigstellung in der Oumlffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen gem sect 30 Abs 4 Nr 5 Buchstabe c AO kommt nur im Ausnahmefall in Betracht

89 Werden strafrechtlich geschuumltzte Individualrechtsguumlter eines Amtstraumlgers oder einer gleichgestellten Person iSd sect 30 Abs 3 AO verletzt ist die Durchbrechung des Steuergeheimnisses gem sect 30 Abs 4 Nr 5 AO zulaumlssig soweit dies fuumlr die Verfolgung des Deliktes erforderlich ist In Betracht kommen hierbei insbesondere

- falsche Verdaumlchtigung (sect 164 StGB)

- Beleidigung (sect 185 StGB)

- uumlble Nachrede (sect 186 StGB)

- Verleumdung (sect 187 StGB)

- Koumlrperverletzung (sectsect 223 224 229 StGB)

- Freiheitsberaubung (sect 239 StGB)

- Noumltigung (sect 240 StGB)

- Bedrohung (sect 241 StGB)

810 sect 30 Abs 4 Nr 5 AO gestattet die Offenbarung der Verhaumlltnisse eines anderen zur Verfolgung von

- Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (sect 113 Abs 1 StGB)

- Verstrickungsbruumlchen (sect 136 Abs 1 StGB)

- Siegelbruumlchen (sect 136 Abs 2 StGB) oder

- Vereitelung der Vollstreckung (sect 288 StGB)

im Besteuerungsverfahren durch die Finanzbehoumlrden gegenuumlber Gerichten oder Strafverfolgungsbehoumlrden Das zwingende oumlffentliche Interesse an der Offenbarung folgt daraus dass sich die strafrechtlich relevanten Handlungen gegen die Gesetzmaumlszligigkeit des Steuerverfahrens als Ganzes - Steuererhebung und Steuerverstrickung - richten

811 Liegen den Finanzbehoumlrden Erkenntnisse zu Insolvenzstraftaten iSd sectsect 283 bis 283c StGB oder zu Insolvenzverschleppungsstraftaten (sect 15a InsO) vor die sie im Besteuerungsverfahren erlangt haben so ist eine Offenbarung dieser Erkenntnisse an die Strafverfolgungsbehoumlrden nach sect 30 Abs 4 Nr 5 AO zulaumlssig

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812 Liegen den Finanzbehoumlrden Anhaltspunkte zu Misshandlungen von Kindern iSd sect 223 StGB und Misshandlungen von Schutzbefohlenen iSd sect 225 StGB vor die sie im Besteuerungs- bzw Steuerstrafverfahren erlangt haben ist eine Offenbarung dieser Kenntnisse an die Sozialbehoumlrden bzw Strafverfolgungsbehoumlrden nach sect 30 Abs 4 Nr 5 AO zulaumlssig

813 Soweit den Finanzbehoumlrden im Besteuerungsverfahren Erkenntnisse uumlber Verstoumlszlige gegen europaumlische Embargo-Verordnungen bekannt werden haben sie diese den fuumlr die Verfolgung derartiger Verstoumlszlige zustaumlndigen Behoumlrden mitzuteilen Die Offenbarung ist nach sect 30 Abs 4 Nr 5 AO zulaumlssig Der Stand der bestehenden Embargos sowie eine Liste der jeweils zustaumlndigen Ermittlungsbehoumlrde sind zu finden unter httpwwwbmwideBMWiNavigationAussenwirtschaftaussenwirtschaftsrechtdid=193616html

9 Offenbarung vorsaumltzlich falscher Angaben (sect 30 Abs 5 AO)

Die Unterrichtung der Strafverfolgungsbehoumlrden uumlber vorsaumltzlich falsche Angaben des Betroffenen gem sect 30 Abs 5 AO darf nur erfolgen wenn nach Auffassung der Finanzbehoumlrde durch die falschen Angaben ein Straftatbestand verwirklicht worden ist die Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens wegen dieser Tat ist nicht Voraussetzung fuumlr die Zulaumlssigkeit der Offenbarung Der Finanzbehoumlrde obliegt die Pruumlfung ob der Betroffene sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht einen Straftatbestand verwirklicht hat (BFH-Urteil vom 821994 VII R 8892 BStBl II S 552) sect 30 Abs 5 AO laumlsst eine Offenbarung nur gegenuumlber den Strafverfolgungsbehoumlrden zu

10 Auskunft uumlber Anzeigeerstatter

101 Durch das Steuergeheimnis wird auch der Name eines Anzeigeerstatters geschuumltzt wenn die Anzeige eines der in sect 30 Abs 2 Nr 1 Buchstabe a und b AO genannten Verfahrens ausloumlst oder innerhalb eines solchen Verfahrens erstattet oder ausgewertet wird Was fuumlr die Offenbarung des Namens des Anzeigeerstatters gilt muss in entsprechender Weise auch fuumlr die wortgetreue Offenbarung des Inhalts der Anzeige gelten Haumlufig wird man naumlmlich aus dem Inhalt einer Anzeige sei es aus einer bestimmten Wortwahl oder aus dem Gebrauch einzelner Formulierungen sei es aus stilistischen oder grammatikalischen Eigenheiten aus der Schrift oder aus der Strukturierung des gesamten Textes mit einiger Wahrscheinlichkeit Ruumlckschluumlsse auf den Verfasser der Anzeige ziehen koumlnnen (vgl BFH-Beschluss vom 28122006 VII B 4403 BFHNV 2007 S 853)

102 Hat der Anzeigeerstatter allerdings vorsaumltzlich falsche Angaben gemacht kann die Finanzbehoumlrde dies gem sect 30 Abs 5 AO den Strafverfolgungsbehoumlrden mitteilen Das Gleiche gilt gem sect 30 Abs 4 Nr 4 Buchstabe b AO wenn die Anzeige ohne Bestehen einer steuerlichen Verpflichtung erstattet worden ist und die Unterrichtung der Strafverfolgungsbehoumlrden der Durchfuumlhrung eines Strafverfahrens wegen einer Tat dient die keine Steuerstraftat ist (vgl AEAO zu sect 30 Nr 72)

103 Grundsaumltzlich besteht nur eine Befugnis aber keine Verpflichtung der Finanzbehoumlrde zu einer Unterrichtung der Strafverfolgungsbehoumlrden Im Hinblick auf den Persoumlnlichkeitsschutz des Verdaumlchtigten kann sich die Offenbarungsbefugnis im Einzelfall in eine Verpflichtung zur Unterrichtung der Strafverfolgungsbehoumlrden verdichten wenn der Anzeigeerstatter nach Auffassung der Finanzbehoumlrde durch vorsaumltzlich falsche Angaben Straftatbestaumlnde wie zB des sect 164 StGB (falsche Verdaumlchtigung) verwirklicht hat (vgl ua BFH-Urteil vom 821994 VII R 8892 BStBl II S 552)

104 Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht auch wenn die Voraussetzungen fuumlr eine Offenbarung nach sect 30 Abs 5 oder sect 30 Abs 4 Nr 4 Buchstabe b AO gegeben sind und die Strafverfolgungsbehoumlrde um Namensnennung aufgrund einer Strafanzeige des Steuerpflichtigen gegen Unbekannt im Ermittlungsverfahren nach sect 161 StPO ersucht Dem betroffenen Steuerpflichtigen selbst ist in diesen Faumlllen keine Auskunft uumlber die Identitaumlt des Anzeigeerstatters zu erteilen insbesondere sect 30 Abs 5 AO laumlsst eine Offenbarung nur gegenuumlber den Strafverfolgungsbehoumlrden zu

105 Auch im Fall eines Auskunftsersuchens der Strafverfolgungsbehoumlrde nach sect 161 StPO ist die Finanzbehoumlrde in den Faumlllen des sect 30 Abs 5 AO nur zur Auskunftserteilung berechtigt wenn sie nacheigener Uumlberpruumlfung der Auffassung ist dass der Anzeigeerstatter vorsaumltzlich falsche Angaben gemacht hat In diesem Fall ist die Finanzbehoumlrde zur Auskunftserteilung an die Strafverfolgungsbehoumlrde verpflichtet

106 Beantragt der betroffene Steuerpflichtige selbst bei der Finanzbehoumlrde Auskunft uumlber die Identitaumlt eines Anzeigeerstatters und liegen die Voraussetzungen des sect 30 Abs 4 Nr 4 Buchstabe b AO vor sind im Rahmen der Ermessensentscheidung das allgemeine Persoumlnlichkeitsrecht des Steuerpflichtigen gegen das allgemeine Persoumlnlichkeitsrecht des Anzeigeerstatters und den Zweck des Steuergeheimnisses - die moumlglichst vollstaumlndige Erschlieszligung der Steuerquellen - abzuwaumlgen Dem Informantenschutz und dem Zweck des Steuergeheimnisses kommt dabei ein houmlheres Gewicht als dem Persoumlnlichkeitsrecht des Steuerpflichtigen zu wenn sich die vertraulich mitgeteilten Informationen im Wesentlichen als zutreffend erwiesen und zu Steuernachforderungen fuumlhren (vgl BFH-Beschluss vom 7122006 V B 16305 BStBl 2007 II S 275 mwN) oder wenn sich bei einer Vielzahl von Angaben zumindest einige als steuerrechtlich bedeutsam erweisen wobei diese im Verhaumlltnis zu den anderen nicht voumlllig unmaszliggeblich sein duumlrfen (vgl BFH-Urteil vom 821994 VII R 8892 BStBl II S 552)

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AEAO zu sect 30a - Schutz von Bankkunden

1 sect 30a Abs 3 Satz 2 AO verbietet nicht generell und ausnahmslos die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen anlaumlsslich einer Bankenpruumlfung

sect 30a Abs 3 AO gilt nur fuumlr Guthabenkonten oder Depots bei deren Errichtung eine Identitaumltspruumlfung nach sect 154 Abs 2 AO vorgenommen worden ist Guthabenkonten oder Depots bei deren Errichtung keine Identitaumltspruumlfung nach sect 154 Abs 2 AO vorgenommen worden ist duumlrfen anlaumlsslich der Auszligenpruumlfung bei einem Kreditinstitut zwecks Nachpruumlfung der ordnungsgemaumlszligen Versteuerung festgestellt oder abgeschrieben werden Fuumlr die Ausschreibung von Kontrollmitteilungen gilt in diesen Faumlllen sect 194 Abs 3 AO

Zufallserkenntnisse die den Verdacht einer Steuerverkuumlrzung im Einzelfall begruumlnden koumlnnen auch hinsichtlich solcher Guthabenkonten oder Depots bei deren Errichtung eine Identitaumltspruumlfung vorgenommen worden ist dem zustaumlndigen Finanzamt mitgeteilt werden (BFH-Beschluss vom 282001 VII B 29099 BStBl II S 665) sect 30a Abs 3 AO entfaltet aber auch im Rahmen nicht strafrechtlich veranlasster typisch steuerrechtlicher Ermittlungen zur Gewinnung von Pruumlfmaterial fuumlr die Veranlagung keine bdquoSperrwirkungldquo wenn ein hinreichender Anlass fuumlr die Kontrollmitteilung besteht (BFH-Urteil vom 9122008 VII R 4707 BStBl 2009 II S 509) Eine Kontrollmitteilung ist dann bdquohinreichend veranlasstldquo wenn das zu pruumlfende Bankgeschaumlft Auffaumllligkeiten aufweist die es aus dem Kreis der alltaumlglichen und bankuumlblichen Geschaumlfte hervorheben oder eine fuumlr Steuerhinterziehung besonders anfaumlllige Art der Geschaumlftsabwicklung erkennen lassen wenn also eine erhoumlhte Wahrscheinlichkeit der Entdeckung unbekannter Steuerfaumllle besteht Der hinreichende Anlass fuumlr die Nachpruumlfung der steuerlichen Verhaumlltnisse muss sich anhand der konkreten Ermittlungen im Einzelfall und der in vergleichbaren Pruumlfsituationen gewonnenen verallgemeinerungsfaumlhigen Erkenntnisse nachvollziehbar ergeben

sect 194 Abs 3 AO bleibt hinsichtlich der Kreditkonten der Eigenkonten und der Konten pro Diverse durch sect 30a Abs 3 AO ebenfalls unberuumlhrt Erkenntnisse aus der Uumlberpruumlfung derartiger Konten fallen allerdings auch unter den Schutz des sect 30a Abs 3 AO soweit die entsprechenden Belege notwendigerweise auch zu einem legitimationsgepruumlften Guthabenkonto oder Depot gehoumlren (BFH-Urteil vom 9122008 VII R 4707 aaO)

Im Uumlbrigen steht sect 30a Abs 3 AO einer Auszligenpruumlfung nach sect 50b EStG bei den Kreditinstituten nicht entgegen

2 Fuumlr Auskunftsersuchen an Kreditinstitute gelten sectsect 93 und 208 AO Ermittlungen bdquoins Blaue hineinldquo sind unzulaumlssig (vgl BFH-Urteil vom 23101990 VIII R 186 BStBl 1991 II S 277 [278]) Auskuumlnfte koumlnnen bei hinreichendem Anlass verlangt werden (BFH-Urteile vom 29101986 VII R 8285 BStBl 1988 II S 359 und vom 2431987 VII R 3086 BStBl II S 484) Unter dieser Voraussetzung sind auch Auskunftsersuchen die sich auf eine Vielzahl von Einzelfaumlllen beziehen (Sammelauskunftsersuchen) zulaumlssig (vgl BFH-Urteil vom 24101989 VII R 187 BStBl 1990 II S 198)

Hingegen sind Sammelauskunftsersuchen uumlber Bestaumlnde von Konten einschlieszliglich Depotkonten sowie uumlber Gutschriften von Kapitalertraumlgen nach sect 30a Abs 2 AO unzulaumlssig

3 Die Anzeigepflicht der Kreditinstitute nach sect 33 ErbStG und die Auswertung der Anzeigen auch fuumlr Einkommensteuerzwecke bleiben durch sect 30a Abs 2 AO unberuumlhrt (BFH-Beschluss vom 241992 VIII B 12991 BStBl II S 616)

4 Bei Ermittlungen im Steuerstrafverfahren und im Buszliggeldverfahren wegen Steuerordnungswidrigkeiten findet sect 30a AO keine Anwendung

AEAO zu sect 31 - Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen

1 Die Finanzbehoumlrden sind nach sect 31 Abs 2 AO zur Offenbarung gegenuumlber der Bundesagentur fuumlr Arbeit der Kuumlnstlersozialkasse und den Traumlgern der gesetzlichen Sozialversicherung nur verpflichtet soweit die Angaben fuumlr die Feststellung der Versicherungspflicht oder die Festsetzung von Beitraumlgen benoumltigt werden Die Traumlger der Sozialversicherung die Bundesagentur fuumlr Arbeit und die Kuumlnstlersozialkasse haben dies bei Anfragen zu versichern

2 Sozialleistungstraumlger iSd sect 31 Abs 2 AO sind gem sect 12 SGB I die in sectsect 18 bis 29 SGB I genannten Koumlrperschaften Anstalten und Behoumlrden die entsprechende Dienst- Sach- und Geldleistungen gewaumlhren Hierzu gehoumlren zB neben den Agenturen fuumlr Arbeit und den sonstigen Dienststellen der Bundesagentur fuumlr Arbeit die gesetzlichen Krankenkassen (Orts- Betriebs- und Innungskrankenkassen landwirtschaftliche Krankenkassen die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und die Ersatzkassen) sowie hinsichtlich der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung die Regionaltraumlger der deutschen Rentenversicherung die Deutsche Rentenversicherung Bund und die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See hinsichtlich der knappschaftlichen Rentenversicherung die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und hinsichtlich der Alterssicherung der Landwirte die landwirtschaftlichen Alterskassen

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Nicht zu den Sozialleistungstraumlgern iSd sect 31 Abs 2 AO gehoumlren private Krankenversicherungen unddie Traumlger der berufstaumlndischen Versorgungsleistungen (zB Aumlrzte- Rechtsanwalts- und Architekten-Versorgungswerke)

Eine staumlndig aktualisierte Liste der auskunftsberechtigten Krankenkassen kann unter httpwwwgkvshyspitzenverbandde eingesehen werden

3 Auskuumlnfte gegenuumlber Krankenkassen bei freiwillig Versicherten

31 Die Finanzbehoumlrden sind gegenuumlber den gesetzlichen Krankenkassen hinsichtlich freiwillig Versicherter die hauptberuflich selbstaumlndig erwerbstaumltig sind grundsaumltzlich nicht nach sect 31 Abs 2 AO auskunftspflichtig Da bei diesem Personenkreis die Beitragsbemessungsgrenze als beitragspflichtige Einnahme gilt ist die Krankenkasse grundsaumltzlich nicht verpflichtet die sozialversicherungsrelevanten Verhaumlltnisse zu ermitteln

Der freiwillig Versicherte kann allerdings eine Beitragsreduzierung erreichen wenn er geringere Einnahmen nachweist (sect 240 Abs 4 Satz 2 SGB V) Die aus dem zuletzt vorgelegten Einkommensteuerbescheid abgeleitete Beitragsbemessung bleibt dann bis zur Erteilung des naumlchsten Einkommensteuerbescheids maszliggebend Erklaumlrt ein freiwillig Versicherter seiner Krankenkasse in derartigen Faumlllen auf Nachfrage ihm sei seit mehr als 18 Monaten kein Steuerbescheid zugegangen ist der Krankenkasse auf Ersuchen mitzuteilen ob innerhalb dieses Zeitraums ein Steuerbescheid erteilt wurde (unabhaumlngig davon welchen Veranlagungszeitraum er betrifft) bejahendenfalls ist auch dessen Datum und das jeweilige Veranlagungsjahr mitzuteilen

32 Bei anderen freiwillig Versicherten ist die Krankenkasse verpflichtet die sozialversicherungsrelevanten Verhaumlltnisse zu ermitteln Kommt der Versicherte seiner Mitwirkungspflicht nicht nach kann die Krankenkasse die Finanzbehoumlrden in diesen Faumlllen um Auskunft ersuchen Die nach sect 31 Abs 2 AO zulaumlssige Auskunft ist auf die zur Beitragsfestsetzung unbedingt notwendigen Angaben zu beschraumlnken (insbesondere Houmlhe einzelner Einkuumlnfte oder Summe der Einkuumlnfte)

33 Die Krankenkassen haben in ihren Ersuchen darzulegen welches Versicherungsverhaumlltnis besteht (vgl AEAO zu sect 31 Nrn 31 oder 32)

4 Bei Anfragen der Rentenversicherungstraumlger an die Finanzaumlmter auf Mitteilung von Besteuerungsgrundlagen nach sect 31 Abs 2 Satz 1 AO in Faumlllen der einkommensgerechten Beitragszahlung von versicherungspflichtigen Selbstaumlndigen (sect 165 SGB VI) ist von der Erforderlichkeit der Auskunft auszugehen wenn der Rentenversicherungstraumlger im Vordruck fuumlr Auskunftsersuchen an die Finanzaumlmter (Vordruck V001) versichert dass eigene Ermittlungsversuche im Umfang der gestellten Anfrage beim Versicherten (ua Aufforderung zur Vorlage des letzten Einkommensteuerbescheids und Erinnerung hieran) erfolglos geblieben sind

AEAO zu sect 31a - Mitteilungen zur Bekaumlmpfung der illegalen Beschaumlftigung und des Leistungsmissbrauchs

1 Allgemeines

Die Offenbarung erfolgt aufgrund einer Anfrage der fuumlr die in sect 31a AO genannten Verfahren zustaumlndigen Stellen Die zustaumlndigen Stellen haben in der Anfrage zu versichern dass die Offenbarung der Verhaumlltnisse fuumlr ein Verfahren iSd sect 31a Abs 1 AO erforderlich ist

Die Offenbarung erfolgt von Amts wegen wenn die Finanzbehoumlrden uumlber konkrete Informationen verfuumlgen die fuumlr die zustaumlndigen Stellen fuumlr ein Verfahren nach sect 31a Abs 1 AO erforderlich sind Es genuumlgt die Moumlglichkeit dass die konkreten Tatsachen fuumlr die Durchfuumlhrung eines Verfahrens nach sect 31a Abs 1 AO erforderlich sind ein konkreter Tatverdacht im strafprozessualen Sinne ist nicht notwendig Vorsorgliche Mitteilungen sind nicht vorzunehmen

Die Mitteilungspflicht der Finanzbehoumlrden bezieht sich nur auf die konkret vorhandenen Anhaltspunkte sie sind nicht zu zusaumltzlichen Ermittlungen verpflichtet Die Mitteilungspflicht des sect 31a AO gilt nur gegenuumlber den jeweils zustaumlndigen Stellen und schlieszligt nicht die Befugnis zur Gewaumlhrung vonAkteneinsicht oder die Uumlbersendung von Akten ein

Eine Mitteilungspflicht besteht nicht soweit deren Erfuumlllung mit einem unverhaumlltnismaumlszligigen Aufwand verbunden waumlre (sect 31a Abs 2 Satz 3 AO) Ein unverhaumlltnismaumlszligiger Aufwand liegt idR dann vor wenn der zur Erfuumlllung der Mitteilungspflicht erforderliche sachliche personelle oder zeitliche Aufwand erkennbar auszliger Verhaumlltnis zum angestrebten Erfolg der Mitteilung steht

2 Bekaumlmpfung von illegaler Beschaumlftigung oder Schwarzarbeit (sect 31 Abs 1 Nr 1 Buchstabe a AO)

21 Illegale Beschaumlftigung

Nach sect 16 Abs 2 SchwarzArbG liegt illegale Beschaumlftigung ua dann vor wenn Auslaumlnder ohne eine erforderliche Genehmigung arbeiten oder beschaumlftigt werden (illegale Arbeitnehmerbeschaumlftigung) oder Arbeitnehmer von einem Arbeitgeber an einen Dritten gewerbsmaumlszligig zur Arbeitsleistung uumlberlassen werden obwohl eine erforderliche Erlaubnis nach dem Arbeitnehmeruumlberlassungsgesetz nicht vorliegt oder die Uumlberlassung gesetzlich nicht gestattet ist (unerlaubte Arbeitnehmeruumlberlassung)

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22 Schwarzarbeit

Nach sect 1 Abs 2 SchwarzArbG leistet Schwarzarbeit wer Dienst- oder Werkleistungen erbringt oder ausfuumlhren laumlsst und dabei

1 als Arbeitgeber Unternehmer oder versicherungspflichtiger Selbststaumlndiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Melde- Beitrags- oder Aufzeichnungspflichten nicht erfuumlllt

2 als Steuerpflichtiger seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden steuerlichen Pflichten nicht erfuumlllt

3 als Empfaumlnger von Sozialleistungen seine sich auf Grund der Dienst- oder Werkleistungen ergebenden Mitteilungspflichten gegenuumlber dem Sozialleistungstraumlger nicht erfuumlllt

4 als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen seiner sich daraus ergebenden Verpflichtung zur Anzeige vom Beginn des selbststaumlndigen Betriebes eines stehenden Gewerbes (sect 14 der Gewerbeordnung) nicht nachgekommen ist oder die erforderliche Reisegewerbekarte (sect 55 der Gewerbeordnung) nicht erworben hat

5 als Erbringer von Dienst- oder Werkleistungen ein zulassungspflichtiges Handwerk als stehendes Gewerbe selbststaumlndig betreibt ohne in der Handwerksrolle eingetragen zu sein (sect 1 der Handwerksordnung)

23 Zustaumlndige Stellen

Zustaumlndig fuumlr die Pruumlfung und Bekaumlmpfung von illegaler Beschaumlftigung nach Nr 21 des AEAO zu sect 31a und Schwarzarbeit nach Nr 22 lfd Nr 1 und 2 des AEAO zu sect 31a sind die Behoumlrden der Zollverwaltung Arbeitsbereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) Die FKS pruumlft auch ob Verstoumlszlige gegen Mitteilungspflichten nach Nr 22 lfd Nr 3 des AEAO zu sect 31a vorliegen sofern diese Mitteilungspflichten Sozialleistungen nach dem SGB II dem SGB III oder Leistungen nach dem Altersteilzeitgesetz betreffen fuumlr Sozialleistungen nach dem SGB I sind die jeweiligen Leistungs- bzw Subventionsgeber zustaumlndig (vgl AEAO zu sect 31a Nr 42) Fuumlr die Verfolgung und Ahndung von Verstoumlszligen gegen die in Nr 22 lfd Nr 4 und 5 des AEAO zu sect 31a aufgefuumlhrten Pflichten sind die nach Landesrecht zustaumlndigen Behoumlrden zustaumlndig (sect 2 Abs 1a SchwarzArbG) Die Pruumlfung der Erfuumlllung steuerlicher Pflichten obliegt gem sect 2 Abs 1 Satz 2 SchwarzArbG weiterhin den Landesfinanzbehoumlrden Die FKS ist gem sect 2 Abs 1 Satz 3 SchwarzArbG zur Mitwirkung an diesen Pruumlfungen berechtigt Unabhaumlngig davon pruumlft die FKS gem sect 2 Abs 1 Satz 4 SchwarzArbG zur Erfuumlllung ihrer Mitteilungspflichten nach sect 6 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 3 Nr 4 SchwarzArbG ob Anhaltspunkte dafuumlr bestehen dass steuerlichen Pflichten aus Dienst- und Werkleistungen nicht nachgekommen wurde Ergeben sich bei der Pruumlfung der FKS Anhaltspunkte fuumlr Verstoumlszlige gegen die Steuergesetze so unterrichtet die FKS hieruumlber die zustaumlndigen Finanzbehoumlrden (sect 6 Abs 3 Nr 4 SchwarzArbG) Zur Durchfuumlhrung des SchwarzArbG fuumlhrt die FKS eine zentrale Pruumlfungs- und Ermittlungsdatenbank (sect 16 SchwarzArbG) Den Landesfinanzbehoumlrden wird auf Ersuchen Auskunft aus der zentralen Datenbank erteilt zur Durchfuumlhrung eines Steuerstraf- oder Steuerordnungswidrigkeitenverfahrens und fuumlr die Besteuerung soweit sie im Zusammenhang mit der Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen steht (sect 17 Abs 1 Nr 4 SchwarzArbG) Soweit durch eine Auskunft die Gefaumlhrdung des Untersuchungszwecks eines Ermittlungsverfahrens zu besorgen ist kann die fuumlr dieses Verfahren zustaumlndige Behoumlrde der Zollverwaltung oder die zustaumlndige Staatsanwaltschaft anordnen dass hierzu keine Auskunft erteilt werden darf (sect 17 Abs 1 Satz 2 SchwarzArbG) sect 478 Abs 1 Satz 1 und 2 StPO findet Anwendung wenn die Daten Verfahren betreffen die zu einem Strafverfahren gefuumlhrt haben (sect 17 Abs 1 Satz 3 SchwarzArbG)

24 Mitteilungen

Verfuumlgt die Finanzbehoumlrde uumlber Informationen die die FKS oder die nach Landesrecht zustaumlndigen Behoumlrden fuumlr die Erfuumlllung Ihrer Aufgaben zur Bekaumlmpfung illegaler Beschaumlftigung und Schwarzarbeit benoumltigt hat sie diese mitzuteilen Anhaltspunkte fuumlr einen moumlglichen Verstoszlig reichen fuumlr eine Mitteilung aus Ein unverhaumlltnismaumlszligiger Aufwand iSd sect 31a Abs 2 Satz 3 AO liegt bei den Mitteilungen an die FKS im Regelfall nicht vor

25 Verfahren FKS

Sowohl die Hauptzollaumlmter als auch die Landesfinanzbehoumlrden haben so genannte bdquoPartnerstellenldquo fuumlr die Zusammenarbeit der FKS mit den Finanzbehoumlrden eingerichtet Mitteilungen sind daher nicht direkt an die FKS zu richten sondern der jeweils oumlrtlichen bdquoPartnerstelle Steuerldquo zu uumlbermitteln Diese leitet die Mitteilungen dann an die jeweils oumlrtliche bdquoPartnerstelle FKSldquo weiter In begruumlndeten Einzelfaumlllen sind ausnahmsweise auch direkte Kontakte zwischen den Stellen der FKS und den Finanzaumlmtern moumlglich Hieruumlber sind die oumlrtlichen Partnerstellen zeitnah zu unterrichten

3 Entscheidung uumlber Arbeitnehmeruumlberlassung (sect 31a Abs 1 Nr 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa AO)

31 Arbeitnehmeruumlberlassung 16

Nach sect 1 Abs 1 AUumlG ist eine Erlaubnis erforderlich wenn ein Arbeitgeber (Verleiher) einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer (Leiharbeitnehmer) gewerbsmaumlszligig zur Arbeitsleistung uumlberlassen will ohnedass damit eine Arbeitsvermittlung nach sect 1 Abs 2 AUumlG und iSd sectsect 35 ff SGB III betrieben wird Die gewerbsmaumlszligige Arbeitnehmeruumlberlassung in Betrieben des Baugewerbes fuumlr Arbeiten die uumlblicherweise von Arbeitern verrichtet werden ist zwischen Betrieben des Baugewerbes gestattet wenn diese Betriebe von denselben Rahmen- und Sozialkassentarifvertraumlgen oder von deren Allgemeinverbindlichkeiten erfasst werden ansonsten ist sie unzulaumlssig (sect 1b AUumlG)

Die Erlaubnis zur Arbeitnehmeruumlberlassung haumlngt nach den Vorschriften des AUumlG ua von der Zuverlaumlssigkeit des Verleihers ab Diese Erlaubnis kann aus den in sectsect 3 4 und 5 AUumlG aufgefuumlhrten Gruumlnden versagt zuruumlckgenommen oder widerrufen werden Die Zuverlaumlssigkeitspruumlfung durch die Arbeitsbehoumlrde hat sich dabei auch auf das steuerliche Verhalten - insbesondere die Einhaltung der Vorschriften uumlber die Einbehaltung und Abfuumlhrung der Lohnsteuer - zu erstrecken (sect 3 Abs 1 Nr 1AUumlG)

32 Zustaumlndige Stellen

Zustaumlndig fuumlr die Durchfuumlhrung des AUumlG ist die Bundesagentur fuumlr Arbeit (sect 17 AUumlG)

33 Mitteilungen

Die Finanzbehoumlrden unterrichten die zustaumlndigen Dienststellen der Bundesagentur fuumlr Arbeit von Amts wegen uumlber jede Verletzung steuerlicher Pflichten eines Arbeitnehmerverleihers die mit der Ausuumlbung seiner gewerblichen Taumltigkeit im Zusammenhang steht es sei denn es handelt sich um Pflichtverletzungen die nach ihrem betragsmaumlszligigen Umfang und ihrer Bedeutung als geringfuumlgig anzusehen sind

Solche Pflichtverletzungen die nach ihrem betragsmaumlszligigen Umfang und ihrer Bedeutung als geringfuumlgig anzusehen sind sind jedoch auf Anfrage den Dienststellen der Bundesagentur fuumlr Arbeit mitzuteilen wenn in der Anfrage von ihnen bescheinigt wird dass die Informationen fuumlr ein nach sect 31a Abs 1 Nr 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa AO genanntes Verfahren erforderlich sind

Zu den mitzuteilenden Tatsachen gehoumlren zB

- die Nichtanmeldung von Lohnsteuer

- die verspaumltete Abgabe von Lohnsteuer-Anmeldungen

- die verspaumltete Abfuumlhrung oder Nichtabfuumlhrung der einbehaltenen Steuerabzugsbetraumlge

- bestehende Steuerruumlckstaumlnde soweit diese durch die gewerbliche Taumltigkeit ausgeloumlst wurden

- erhebliche Nachforderungen aus Lohnsteuer-Auszligenpruumlfungen

- wirtschaftliche Leistungsunfaumlhigkeit

34 Verfahren

Damit die Finanzbehoumlrden zwischen unerlaubter Arbeitnehmeruumlberlassung (vgl AEAO zu sect 31a Nr 21) und genehmigter Arbeitnehmeruumlberlassung unterscheiden und uumlberpruumlfen koumlnnen ob ein Verleiher seinen steuerlichen Pflichten nachkommt unterrichten die Dienststellen der Bundesagentur fuumlr Arbeit die Finanzbehoumlrden von Amts wegen uumlber die Erteilung Versagung Verlaumlngerung Ruumlcknahme und den Widerruf sowie das Erloumlschen der Erlaubnis zur gewerbsmaumlszligigen Arbeitnehmeruumlberlassung Die Dienststellen der Bundesagentur fuumlr Arbeit unterrichten die Finanzbehoumlrden ferner uumlber jeden Antrageines Unternehmers mit Sitz im Ausland auf Erteilung einer Erlaubnis nach dem AUumlG uumlber Anfragen von Unternehmen mit Sitz im Ausland ob ihre im Inland beabsichtigte Taumltigkeit erlaubnispflichtig sei und uumlber Anfragen inlaumlndischer Unternehmer ob einem bestimmten auslaumlndischen Unternehmen eine Erlaubnis nach dem AUumlG erteilt wurde

4 Entscheidung uumlber Leistungen aus oumlffentlichen Mitteln (sect 31a Abs 1 Nr 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb AO)

41 Leistungen aus oumlffentlichen Mitteln

Unter dem Begriff bdquoLeistungen aus oumlffentlichen Mittelnldquo sind alle Leistungen der oumlffentlichen Hand zu verstehen Insbesondere fallen darunter Sozialleistungen und Subventionen

411 Sozialleistungen

Sozialleistungen sind gem sect 11 SGB I die im SGB I vorgesehenen Dienst- Sach- und Geldleistungen Hierzu zaumlhlen die in sectsect 18 bis 29 SGB I und die in sect 68 SGB I aufgezaumlhlten Leistungen Sozialleistungen sind danach zB die Leistungen der Agenturen fuumlr Arbeit der gesetzlichen Krankenkassen der gesetzlichen Rentenversicherungstraumlger der Sozialaumlmter und der Unterhaltsvorschussbehoumlrden

412 Subventionen

Subventionen sind gem sect 1 Abs 1 SubvG iVm sect 264 Abs 7 StGB Leistungen die aus oumlffentlichen Mitteln nach Bundes- oder Landesrecht oder nach dem Recht der Europaumlischen Union an Betriebe oder

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Unternehmen wenigstens zum Teil ohne marktuumlbliche Gegenleistung gewaumlhrt werden und der Foumlrderung der Wirtschaft dienen sollen

Leistungsgrundlage fuumlr die Gewaumlhrung von Subventionen sind das Recht von Bund Laumlndern (zugleich auch Gemeinden) oder der Europaumlischen Union wobei es sich nicht um ein Gesetz handeln muss sondern auch auf Gesetz beruhende Haushaltsansaumltze genuumlgen Anhaltspunkte dafuumlr dass es sich bei der Zuwendung (Foumlrderung) um eine Subvention handelt ergeben sich regelmaumlszligig aus den Antragsunterlagen oder aus dem Bewilligungsbescheid

42 Zustaumlndige Stellen

Mitteilungen sind an die jeweilig zustaumlndigen Leistungs- bzw Subventionsgeber zu richten die fuumlr die Entscheidung uumlber die Bewilligung Gewaumlhrung Ruumlckforderung Erstattung Weitergewaumlhrung oder das Belassen der Leistung aus oumlffentlichen Mitteln zustaumlndig sind

43 Mitteilungen

Liegt eine Anfrage der Bewilligungsbehoumlrde nicht vor muumlssen sich konkrete Anhaltspunkte aus der Buchfuumlhrung den Aufzeichnungen oder den Unterlagen des Steuerpflichtigen ergeben (zB ein entsprechender Bewilligungsbescheid bei einer Auszligenpruumlfung) Vorsorgliche Mitteilungen aufgrund bloszliger Vermutungen sind nicht vorzunehmen

Von Amts wegen hat eine Offenbarung insbesondere zu erfolgen wenn konkrete Anhaltspunkte es moumlglich erscheinen lassen dass

- aufgrund eines Verwaltungsakts Sozialleistungen zu Unrecht in Anspruch genommen werden oder genommen wurden oder

- Sozialleistungen zu erstatten sind oder

- Tatsachen subventionserheblich iSd sect 264 Abs 8 StGB sind Subventionserheblich sind auch Tatsachen die sich auf die Foumlrderung nach der Gemeinschaftsaufgabe bdquoVerbesserung der regionalen Wirtschaftstrukturldquo (GA Foumlrderung) beziehen

Es genuumlgt die Moumlglichkeit dass die gewaumlhrten Subventionen oder Sozialleistungen zuruumlckgefordert werden koumlnnen Ein konkreter Tatverdacht im strafprozessualen Sinne (zB Subventionsbetrug) ist nicht erforderlich Es ist nicht Aufgabe des Finanzamts zur Feststellung von Leistungsmissbraumluchen uumlber dieUumlberpruumlfung steuerlicher Sachverhalte hinausgehende oder zusaumltzliche Ermittlungen vorzunehmen

Die Entscheidung ob tatsaumlchlich ein Leistungsmissbrauch vorliegt trifft die informierte Stelle

5 Ruumlckgewaumlhr einer Leistung aus oumlffentlichen Mitteln (sect 31a Abs 1 Nr 2 AO)

Die Offenbarung ist zulaumlssig wenn sie fuumlr die Geltendmachung eines Anspruchs auf Ruumlckgewaumlhr einer Forderung aus oumlffentlichen Mitteln erforderlich ist Hierunter ist sowohl die Durchsetzung insbesondere die Vollstreckung von nach sect 31a Abs 1 Nr 1 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb AO bereits festgesetzten Ruumlckforderungen von Leistungen aus oumlffentlichen Mitteln zB durch die fuumlr die Vollstreckung zustaumlndigen Hauptzollaumlmter als auch die privatrechtliche Ruumlckabwicklung von Leistungen oder Subventionen aus oumlffentlichen Mitteln durch die zustaumlndigen Stellen zu verstehen Eine Offenbarung ist insbesondere auch zulaumlssig fuumlr die Ruumlckforderung von Zahlungen der gesetzlichenKrankenkassen und Ersatzkassen gegenuumlber Aumlrzten Zahnaumlrzten Apothekern und Krankenhaumlusern auf Grund von Abrechnungsbetruumlgereien Die Mitteilungen erfolgen im Regelfall nur aufgrund einer Anfrage der zustaumlndigen Stelle bzw auf Anfrage des Betroffenen Die Mitteilungen sind an die fuumlr die Vollstreckung zustaumlndigen Stellen bzw an die fuumlr die Ruumlckgewaumlhrung der Leistung aus oumlffentlichen Mitteln zustaumlndigen Stellen (zB Sozialleistungstraumlger Gewaumlhrer von Foumlrdermitteln oder Subventionsgeber) zu richten

AEAO zu sect 31b - Mitteilungen zur Bekaumlmpfung der Geldwaumlsche und der Terrorismusfinanzierung

1 Sind der Finanzbehoumlrde Tatsachen bekannt geworden die darauf hindeuten dass es sich bei Vermoumlgenswerten die mit einer Transaktion oder Geschaumlftsbeziehung im Zusammenhang stehen um den Gegenstand einer Straftat nach sect 261 StGB (Geldwaumlsche) handelt oder dass die Vermoumlgenswerte im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung stehen hat sie diese nach sect 31b Satz 2 AO unverzuumlglich der zustaumlndigen Strafverfolgungsbehoumlrde (zB Staatsanwaltschaft Polizei) und gleichzeitig der beim Bundeskriminalamt eingerichteten Zentralstelle fuumlr Verdachtsmeldungen (Financial Intelligence Unit - FIU -) mitzuteilen Die maszliggeblichen Fakten sollen grundsaumltzlich in der Verdachtsmeldung selbst wiedergegeben werden

Die Verdachtsmeldung ist zu richten an

Bundeskriminalamt

Zentralstelle fuumlr Verdachtsmeldungen

- Referat SO 32 -

18

65173 Wiesbaden

Tel 061155-18615

Fax 061155-45300

E-Mail FIUbkabundde

Die Meldung soll grundsaumltzlich per Fax erfolgen Von der Beifuumlgung umfangreicher Anlagen ist regelmaumlszligig abzusehen

2 Den Finanzbehoumlrden obliegt die Pruumlfung im Einzelfall ob ein meldepflichtiger Verdachtsfall gem sect 31b AO vorliegt (Beurteilungsspielraum) Fuumlr das Vorliegen eines meldepflichtigen Verdachts ist es ausreichend dass objektiv erkennbare Anhaltspunkte fuumlr das Vorliegen von Tatsachen die auf eine Geldwaumlsche-Straftat schlieszligen lassen sprechen und ein krimineller Hintergrund iSd sect 261 StGB nicht ausgeschlossen werden kann Die zur Verdachtsmeldung verpflichtete Finanzbehoumlrde muss nicht das Vorliegen saumlmtlicher Tatbestandsmerkmale des sect 261 StGB einschlieszliglich der der Geldwaumlsche zugrunde liegenden Vortat pruumlfen Vielmehr ist der Sachverhalt nach allgemeinen Erfahrungen und beruflichem Erfahrungswissen unter dem Blickwinkel seiner Ungewoumlhnlichkeit und Auffaumllligkeit im jeweiligen geschaumlftlichen Kontext zu wuumlrdigen Wenn eine Geldwaumlsche aufgrund dieser Erfahrungen nahe liegt oder ein Sachverhalt darauf schlieszligen laumlsst besteht demnach eine solche Meldepflicht Hinsichtlich des Vortatenkatalogs reicht der Verdacht auf die illegale Herkunft der Gelder schlechthin aus Die Finanzbehoumlrde muss vor einer Meldung nach sect 31b AO nicht pruumlfen ob eine strafrechtliche Verurteilung in Betracht kommt

Diese Grundsaumltze gelten bei Erkenntnissen uumlber eine Terrorismusfinanzierung entsprechend

3 Tatsachen die auf eine Ordnungswidrigkeit iSd sect 17 GwG schlieszligen lassen (vgl sect 31b Satz 3 AO) sind nur mitzuteilen wenn die Ordnungswidrigkeit nicht bereits offensichtlich verjaumlhrt ist Die Ordnungswidrigkeiten nach sect 17 GwG verjaumlhren nach sect 31 Abs 2 Nummer 1 OWiG regelmaumlszligig nach drei Jahren

4 Die Finanzbehoumlrden haben bei Vorermittlungen der Strafverfolgungsbehoumlrden (einschlieszliglich der Zollfahndung) wegen Geldwaumlscheverdachts oder Verdachts der Terrorismusfinanzierung auf deren Anfrage nach sect 31b Satz 1 AO die erforderlichen Auskuumlnfte zu erteilen

5 Der Betroffene ist uumlber eine beabsichtigte oder erstattete Meldung oder ein daraufhin eingeleitetes Ermittlungsverfahren nicht zu informieren da ansonsten dessen Zweck gefaumlhrdet wuumlrde (analog sect 12 GwG)

AEAO zu sect 32 - Haftungsbeschraumlnkung fuumlr Amtstraumlger

Die Vorschrift enthaumllt keine selbstaumlndige Haftungsgrundlage sie schraumlnkt vielmehr die sich aus anderen Bestimmungen ergebende Haftung fuumlr Amtstraumlger ein Disziplinarmaszlignahmen sind keine Strafen iSd Vorschrift

AEAO zu sect 33 - Steuerpflichtiger

1 Zu den Pflichten die nach sect 33 Abs 1 AO den Steuerpflichtigen auferlegt werden gehoumlren Eine Steuer als Steuerschuldner Haftender oder fuumlr Rechnung eines anderen (sect 43 AO) zu entrichten die Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklaumlrung (sect 149 AO) zur Mitwirkung und Auskunft in eigener Steuersache (sectsect 90 93 200 AO) zur Fuumlhrung von Buumlchern und Aufzeichnungen (sectsect 140 ff AO) zur ordnungsgemaumlszligen Kontenfuumlhrung (sect 154 AO) oder zur Sicherheitsleistung (sect 241 AO)

2 Nicht unter den Begriff des Steuerpflichtigen faumlllt (sect 33 Abs 2 AO) wer in einer fuumlr ihn fremden Steuersache taumltig wird oder werden soll Das sind neben Bevollmaumlchtigten und Beistaumlnden (sectsect 80 123 183 AO) diejenigen die Auskunft zu erteilen (sect 93 AO) Urkunden (sect 97 AO) oder Wertsachen (sect 100 AO) vorzulegen Sachverstaumlndigengutachten zu erstatten (sect 96 AO) oder das Betreten von Grundstuumlcken oder Raumlumen zu gestatten (sect 99 AO) oder Steuern aufgrund vertraglicher Verpflichtung zu entrichten haben (sect 192 AO)

3 Unter Steuergesetzen sind alle Gesetze zu verstehen die steuerrechtliche Vorschriften enthalten auch wenn diese nur einen Teil des Gesetzes umfassen

AEAO zu sect 34 - Pflichten der gesetzlichen Vertreter und der Vermoumlgensverwalter

1 Die gesetzlichen Vertreter natuumlrlicher und juristischer Personen die Geschaumlftsfuumlhrer nichtrechtsfaumlhiger Personenvereinigungen oder Vermoumlgensmassen (sect 34 Abs 1 AO) sowie die Vermoumlgensverwalter im Rahmen ihrer Verwaltungsbefugnis (sect 34 Abs 3 AO) treten in ein unmittelbares Pflichtenverhaumlltnis zur Finanzbehoumlrde Sie haben alle Pflichten zu erfuumlllen die den von ihnen Vertretenen auferlegt sind Dazu gehoumlren zB die Buchfuumlhrungs- Erklaumlrungs- Mitwirkungs- oder Auskunftspflichten (sectsect 140 ff 90 93 AO) die Verpflichtung Steuern zu zahlen und die Vollstreckung in dieses Vermoumlgen zu dulden (sect 77 AO)

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2 Hat eine nichtrechtsfaumlhige Personenvereinigung oder Vermoumlgensmasse keinen Geschaumlftsfuumlhrer so kann sich die Finanzbehoumlrde unmittelbar an jedes Mitglied oder an jeden Gesellschafter halten ohne dass vorher in jedem Fall eine Aufforderung zur Bestellung von Bevollmaumlchtigten ergehen muss Die Finanzbehoumlrde kann auch mehrere Mitglieder (Gesellschafter) zugleich zur Pflichterfuumlllung auffordern

3 Hat eine GmbH keinen Geschaumlftsfuumlhrer (fuumlhrungslose GmbH) und befindet sie sich nicht in Liquidation oder im Insolvenzverfahren wird die Gesellschaft fuumlr den Fall dass ihr gegenuumlber Willenserklaumlrungen abgegeben oder Schriftstuumlcke zugestellt werden nach sect 35 Abs 1 GmbHG durch die Gesellschafter vertreten Hat eine AG keinen Vorstand (fuumlhrungslose AG) und befindet sie sich nicht in Liquidation oder im Insolvenzverfahren wird die Gesellschaft fuumlr den Fall dass ihr gegenuumlber Willenserklaumlrungen abgegeben oder Schriftstuumlcke zugestellt werden nach sect 78 Abs 1 AktG durch den Aufsichtsrat vertreten Diese Vertretung gilt auch fuumlr die Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 281)

Die besonderen Vertreter einer fuumlhrungslosen GmbH oder AG sind allerdings nur Passivvertreter und duumlrfen grundsaumltzlich keine aktiven Handlungen vornehmen Daher liegt keine umfassende gesetzliche Vertretung der Gesellschaft iSd sect 34 Abs 1 AO vor Sobald aktive Handlungen der Gesellschaft - wie zB die Begleichung einer Steuerschuld - erforderlich sind muumlssen die besonderen Vertreter einen Geschaumlftsfuumlhrer bzw Vorstand bestellen Gegebenenfalls kann die Finanzbehoumlrde beim Registergericht auch die Bestellung eines Notgeschaumlftsfuumlhrers beantragen Von dieser Moumlglichkeit sollte aber nur Gebrauch gemacht werden wenn kein Verfuumlgungsberechtigter iSd sect 35 AO vorhanden ist (vgl AEAO zu sect 35 Nr 1) die Gesellschaft nicht vermoumlgenslos ist und auch kuumlnftig Steuerverwaltungsaktegegenuumlber der Gesellschaft zu vollziehen sind Das Amt des Notgeschaumlftsfuumlhrers endet mit der Bestellung des ordentlichen Geschaumlftsfuumlhrers der Erledigung der dem Notgeschaumlftsfuumlhrer zugewiesenen Aufgabe oder mit der Abberufung durch das bestellende Gericht Zur Inanspruchnahme des bisherigen Geschaumlftsfuumlhrers als Haftungsschuldner vgl AEAO zu sect 69

4 Wegen der steuerlichen Pflichten des Insolvenzverwalters und des bdquostarkenldquo vorlaumlufigen Insolvenzverwalters wenn dem Schuldner ein allgemeines Verfuumlgungsverbot auferlegt worden ist (sect 22 Abs 1 InsO) vgl AEAO zu sect 34 Nr 1 Wegen der verfahrensrechtlichen Stellung des Insolvenzverwalters vgl im Uumlbrigen AEAO zu sect 251 Nr 42

AEAO zu sect 35 - Pflichten des Verfuumlgungsberechtigten

1 Tatsaumlchlich verfuumlgungsberechtigt ist derjenige der wirtschaftlich uumlber Mittel die einem anderen gehoumlren verfuumlgen kann Dies kann auch der Alleingesellschafter einer GmbH ohne Geschaumlftsfuumlhrer sein (BFH-Urteil vom 27111990 VII R 2089 BStBl 1991 II S 284 vgl AEAO zu sect 34 Nr 3)

2 Rechtlich ist zur Erfuumlllung von Pflichten in der Lage wer im Auszligenverhaumlltnis rechtswirksam handeln kann Auf etwaige Beschraumlnkungen im Innenverhaumlltnis (Auftrag Vollmacht) kommt es nicht an Bevollmaumlchtigte werden von dieser Bestimmung nur betroffen wenn sie tatsaumlchlich und rechtlich verfuumlgungsberechtigt sind

3 Der Sicherungsnehmer einer Sicherungsuumlbereignung oder Sicherungsabtretung ist grundsaumltzlich kein Verfuumlgungsberechtigter iSd Vorschrift da er im Regelfall zur Verwertung des Sicherungsgutes lediglich zum Zweck seiner Befriedigung befugt und insoweit einem Pfandrechtsglaumlubiger vergleichbar ist Im Einzelfall kann jedoch die Rechtsstellung des Sicherungsnehmers weitergehen wenn er sich zB eigene Mitsprache- oder Verfuumlgungsrechte im Betrieb des Sicherungsgebers vorbehalten hat so dass er auch wirtschaftlich uumlber die Mittel des Sicherungsgebers verfuumlgen kann Das kann dann der Fall sein wenn sich ein Glaumlubiger zur Sicherstellung seiner Anspruumlche die gesamten Kundenforderungen mit dem Recht zur Einziehung abtreten laumlsst und aus diesen Forderungen nur diejenigen Mittel frei gibt die er zur Unternehmensfortfuumlhrung des Sicherungsgebers fuumlr erforderlich haumllt

AEAO zu sect 36 - Erloumlschen der Vertretungsmacht

Auch nach dem Erloumlschen der Vertretungs- oder Verfuumlgungsmacht gleichguumlltig worauf dies beruht hat der gesetzliche Vertreter Vermoumlgensverwalter oder Verfuumlgungsberechtigte die nach sectsect 34 und 35 AO bestehenden Pflichten zu erfuumlllen soweit sie vor dem Erloumlschen entstanden sind und er zur Erfuumlllung noch in der Lage ist Daraus ergibt sich ua dass sich der zur Auskunft fuumlr einen Beteiligten Verpflichtete nach dem Erloumlschen der Vertretungs- oder Verfuumlgungsmacht nicht auf ein evtl Auskunftsverweigerungsrecht (sectsect 101 103 104 AO) berufen kann Auch entsteht kein Entschaumldigungsanspruch (sect 107 AO)

AEAO zu sect 37 - Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis

Inhaltsuumlbersicht

1 Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (sect 37 Abs 1 AO) 2 Erstattungsanspruch nach sect 37 Abs 2 AO 21 Ruumlckforderungsanspruch des Finanzamts 22 Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen 221 Allgemeines

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222 Erstattungsanspruch bei Gesamtschuldnern 23 Erstattungsanspruch bei der Einkommensteuer

1 Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (sect 37 Abs 1 AO)

sect 37 Abs 1 AO enthaumllt eine abschlieszligende Aufzaumlhlung der Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis Die Anspruumlche aus Strafen und Geldbuszligen gehoumlren nicht zu den Anspruumlchen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis

2 Erstattungsanspruch nach sect 37 Abs 2 AO

sect 37 Abs 2 AO enthaumllt eine allgemeine Umschreibung des oumlffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs der einem Steuerpflichtigen oder Steuerglaumlubiger dadurch erwaumlchst dass eine Leistung aus dem Steuerschuldverhaumlltnis ohne rechtlichen Grund erfolgt ist oder der Grund hierfuumlr spaumlter wegfaumlllt Eine Zahlung ist ohne rechtlichen Grund geleistet wenn sie den materiell-rechtlichen Anspruch uumlbersteigt (BFH-Urteile vom 621996 VII R 5095 BStBl 1997 II S 112 und vom 15101997 II R 5694 BStBl II S 796) sect 37 Abs 2 Satz 1 AO gilt sowohl fuumlr den Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen gegen das Finanzamt als auch fuumlr den umgekehrten Fall der Ruumlckforderung einer an den Steuerpflichtigen oder einen Dritten rechtsgrundlos geleisteten Steuererstattung durch das Finanzamt (vgl BFH-Urteil vom 2232011 VII R 4210 BStBl II S 607)

Ein nach materiellem Recht bestehender Erstattungsanspruch kann allerdings nur durchgesetzt werden wenn ein entgegenstehender Verwaltungsakt iSd sect 218 Abs 1 AO aufgehoben oder geaumlndert worden ist maszliggebend istbei mehrfacher Aumlnderung der letzte Verwaltungsakt (BFH-Urteil vom 621996 VII R 5095 aaO) Im Uumlbrigen vgl AEAO zu sect 218

21 Ruumlckforderungsanspruch des Finanzamts

Schuldner eines abgabenrechtlichen Ruumlckforderungsanspruchs (Erstattungsverpflichteter) ist derjenige zu dessen Gunsten erkennbar die Zahlung geleistet wurde (Leistungsempfaumlnger) die zuruumlckverlangt wird In der Regel ist dies derjenige demgegenuumlber die Finanzbehoumlrde ihre - vermeintliche oder tatsaumlchlich bestehende - abgabenrechtliche Verpflichtung erfuumlllen will

Der Empfaumlnger der Steuererstattung oder Steuerverguumltung (Zahlungsempfaumlnger) ist aber nicht in allen Faumlllen auch der Leistungsempfaumlnger

War ein Dritter tatsaumlchlicher Empfaumlnger einer Zahlung ist er dann nicht Leistungsempfaumlnger wenn er lediglich als Zahlstelle unmittelbarer Vertreter oder Bote fuumlr den Erstattungsberechtigten (vgl AEAO zu sect 37 Nr 22) aufgetreten bzw von diesem benannt worden ist oder das Finanzamt an ihn aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungsberechtigten eine Steuererstattung ausgezahlt hat (BFH-Urteil vom 6121988 VII R 20683 BStBl 1989 II S 223) Denn in einem solchen Fall will das Finanzamt erkennbar nicht mit befreiender Wirkung zu dessen Gunsten leisten sondern es erbringt seine Leistung mit dem Willen eine Forderung des steuerlichen Rechtsinhabers zu erfuumlllen (vgl BFH-Urteil vom 2281980 VI R 10277 BStBl 1981 II S 44) Mithin ist nicht der Zahlungsempfaumlnger sondern der nach materiellem Steuerrecht Erstattungsberechtigte als Leistungsempfaumlnger iSd sect 37 Abs 2 AO anzusehen (BFH-Beschluss vom 841986 VII B 12885 BStBl II S 511)

Ungeachtet des Willens des Finanzamts an den Rechtsinhaber der Erstattungsforderung eine Leistung zu erbringen ist aber der tatsaumlchliche Empfaumlnger der Zahlung des Finanzamts in folgenden Faumlllen Leistungsempfaumlnger und Schuldner des Ruumlckforderungsanspruchs weil insoweit keine Leistung mit befreiender Wirkung gegenuumlber dem Erstattungsberechtigten erfolgt ist

- Ein vermeintlicher Bote Vertreter oder Bevollmaumlchtigter nimmt Erstattungszahlungen des Finanzamts entgegen obwohl keine Weisung oder Vollmacht des Erstattungsberechtigten besteht (vgl BFH-Beschluss vom 2741998 VII B 29697 BStBl II S 499)

- Das Finanzamt nimmt an einen am Steuerschuldverhaumlltnis nicht beteiligten Dritten eine Zahlung in der irrigen Annahme vor er sei von dem Erstattungsberechtigten ermaumlchtigt fuumlr diesen Zahlungen entgegenzunehmen in Wahrheit besteht jedoch eine diesbezuumlgliche Rechtsbeziehung zwischen dem Zahlungsempfaumlnger und dem Erstattungsberechtigten nicht

- Das Finanzamt leistet ohne rechtlichen Grund an einen Dritten weil es sich beispielsweise uumlber die Person des Erstattungsberechtigten irrt oder den Erstattungsbetrag auf ein Bankkonto uumlberweist dessen Inhaber nicht der Erstattungsberechtigte sondern der Dritte ist

Hat das Finanzamt eine Uumlberweisung an das vom Steuerpflichtigen benannte Konto bei dem von ihm genannten Kreditinstitut gerichtet ist der Steuerpflichtige Leistungsempfaumlnger und damit im Fall einer Ruumlckforderung Ruumlckgewaumlhrschuldner Dabei ist unbeachtlich wie das Kreditinstitut mit dem in Empfang genommenen Betrag verfahren ist (vgl BFH-Urteil vom 1892012 VII R 5311 BStBl 2013 II S 270)

Ein Kreditinstitut ist naumlmlich auch dann nur Zahlstelle und nicht Leistungsempfaumlnger iSd sect 37 Abs 2 AO wenn es den vom Finanzamt an den Steuerpflichtigen uumlberwiesenen Betrag auf ein bereits gekuumlndigtes aber noch nicht abgerechnetes Girokonto des Steuerpflichtigen oder ein internes Zwischenkonto verbucht und nach Rechnungsabschluss an den fruumlheren Kontoinhaber bzw dessen Insolvenzverwalter ausgezahlt oder den Uumlberweisungsbetrag mit einem fortbestehenden Schuldensaldo auf dem betreffenden Konto verrechnet hat

Das Kreditinstitut ist auch dann nicht zur Ruumlckzahlung des vom Finanzamt uumlberwiesenen Betrages verpflichtet wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt fuumlr die Uumlberweisung ein anderes Konto benannt hatte (vgl BFH-Urteile vom 10112009 VII R 609 BStBl 2010 II S 255 und vom 22112011 VII R 2711 BStBl 2012 II S 167) Die

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Zahlung auf das unzutreffende Konto hat gegenuumlber dem Steuerpflichtigen zwar - anders als wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt eine Kontoaumlnderung nicht mitgeteilt hat (BFH-Urteil vom 10111987 VII R 17184 BStBl 1988 II S 41) - unmittelbar keine Erfuumlllungswirkung Das Finanzamt kann aber mit seinem Ruumlckforderungsanspruch nach sect 37 Abs 2 Satz 1 AO (gegen den Steuerpflichtigen als Leistungsempfaumlnger) gegen den Anspruch auf erneute Zahlung aufrechnen und letzteren somit zum Erloumlschen bringen

22 Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen

221 Allgemeines

Erstattungsberechtigter ist derjenige auf dessen Rechnung die Zahlung geleistet worden ist auch wenn tatsaumlchlich ein Dritter die Zahlung geleistet hat Es kommt nicht darauf an von wem oder mit wessen Mitteln gezahlt worden ist Maszliggeblich ist vielmehr wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt erkennbar hervorgetreten ist getilgt werden sollte (BFH-Urteil vom 3092008 VII R 1808 BStBl 2009 II S 38 mwN) Den Finanzbehoumlrden wird damit nicht zugemutet im Einzelfall die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen dem Steuerschuldner und einem zahlenden Dritten daraufhin zu uumlberpruumlfen wer von ihnen - im Innenverhaumlltnis - auf die zu erstattenden Betraumlge materiell-rechtlich einen Anspruch hat (BFH-Urteil vom 2571989 VII R 11887 BStBl 1990 II S 41)

222 Erstattungsanspruch bei Gesamtschuldnern

Personen die gem sect 44 AO Gesamtschuldner sind sind nicht Gesamtglaumlubiger eines Erstattungsanspruchs nach sect 37 Abs 2 AO (BFH-Urteil vom 19101982 VII R 5580 BStBl 1983 II S 162) Erstattungsberechtigter ist der Gesamtschuldner auf dessen Rechnung die Zahlung erfolgt ist

Laumlsst sich aus den dem Finanzamt bei Zahlung erkennbaren Umstaumlnden nicht entnehmen wessen Steuerschuld der zahlende Gesamtschuldner begleichen wollte ist grundsaumltzlich davon auszugehen dass der Gesamtschuldner nur seine eigene Steuerschuld tilgen wollte (vgl BFH-Urteil vom 1821997 VII R 11795 BFHNV S 482 mwN) Ist eine Zahlung aber erkennbar fuumlr gemeinsame Rechnung der Gesamtschuldner geleistet worden so sind diese grundsaumltzlich nach Koumlpfen erstattungsberechtigt

23 Erstattungsanspruch bei der Einkommensteuer

Zu Besonderheiten bei Bestimmung des Einkommensteuer-Erstattungsanspruchs - insbesondere bei Ehegatten oder Lebenspartnern - vgl BMF-Schreiben vom 3112013 BStBl I S 70

AEAO zu sect 38 - Entstehung der Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis

1 Der Steueranspruch entsteht in dem Zeitpunkt in dem der Tatbestand verwirklicht wird an den das Gesetz eine bestimmte Leistungspflicht knuumlpft soweit nicht im Gesetz eine abweichende Regelung getroffen worden ist (zB sect 36 Abs 1 EStG sect 30 KStG sect 13 Abs 1 UStG sect 18 GewStG sect 9 Abs 2 GrStG sect 9 ErbStG) Das gilt nicht nur fuumlr den Steueranspruch sondern auch fuumlr den Steuerverguumltungsanspruch und den Steuererstattungsanspruch (zB zur Lohnsteuer vgl AEAO zu sect 46 Nr 1) Der auf einem Verlustruumlcktrag nach sect 10d Abs 1 EStG beruhende Erstattungsanspruch entsteht erst mit Ablauf des Veranlagungszeitraums in dem der Verlust entstanden ist (BFH-Urteil vom 662000 VII R 10498 BStBl II S 491) Der Erstattungsanspruch nach sect 37 Abs 2 AO entsteht in dem Zeitpunkt in dem die den materiell-rechtlichen Anspruch aus dem Steuerschuldverhaumlltnis uumlbersteigende Leistung erbracht wurde oder der rechtliche Grund fuumlr die Leistung entfallen ist

2 Von der Entstehung der Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis zu unterscheiden sind

- die Festsetzung durch Steuerbescheid (sectsect 155 ff AO)

- die Faumllligkeit (sect 220 AO) sowie

- die Verwirklichung im Erhebungsverfahren (sectsect 218 ff AO)

AEAO zu sect 39 - Zurechnung

1 sect 39 Abs 2 Nr 1 Satz 1 AO definiert den Begriff des wirtschaftlichen Eigentums iSd Rechtsprechung des BFH (zB BFH-Urteile vom 1291991 III R 23390 BStBl 1992 II S 182 und vom 1161997 XI R 7796 BStBl II S 774) insbesondere zur ertragsteuerlichen Behandlung von Leasing-Vertraumlgen Beispiele fuumlr die Anwendung des Grundsatzes des sect 39 Abs 2 Nr 1 Satz 1 AO enthaumllt Satz 2 Der landwirtschaftliche Paumlchter ist grundsaumltzlich nicht als wirtschaftlicher Eigentuumlmer zu behandeln

2 Fuumlr die anteilige Zurechnung von Wirtschaftsguumltern die mehreren zur gesamten Hand zustehen sind die jeweiligen Steuergesetze sowie die allgemeinen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen maszliggebend Eine Ermittlung der Anteile erfolgt nur soweit eine getrennte Zurechnung fuumlr die Besteuerung erforderlich ist

AEAO zu sect 41 - Unwirksame Rechtsgeschaumlfte

1 Ein unwirksames oder anfechtbares Rechtsgeschaumlft ist fuumlr Zwecke der Besteuerung als guumlltig zu behandeln soweit die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis bestehen lassen Soweit ausnahmsweise die ruumlckwirkende Aufhebung eines vollzogenen Vertrages steuerlich zu beruumlcksichtigen ist wird auf die

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in Einzelsteuergesetzen geregelten Besonderheiten (zB sect 17 UStG) hingewiesen zur verfahrensmaumlszligigen Abwicklung Hinweis auf sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO

2 Nach sect 41 Abs 2 AO sind zB Scheinarbeitsverhaumlltnisse zwischen EhegattenLebenspartnern oder die Begruumlndung eines Scheinwohnsitzes fuumlr die Besteuerung ohne Bedeutung

3 Beteiligter ist nicht der Beteiligte iSd sect 78 AO sondern der am Vertrag Beteiligte

AEAO zu sect 42 - Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmoumlglichkeiten

1 Bei Anwendung des sect 42 Abs 1 Satz 2 AO ist zunaumlchst zu pruumlfen ob das im Einzelfall anzuwendende Einzelsteuergesetz fuumlr den vorliegenden Sachverhalt eine Regelung enthaumllt die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient Ob eine Regelung in einem Einzelsteuergesetz der Verhinderung der Steuerumgehung dient ist nach dem Wortlaut der Regelung und dem Sinnzusammenhang nach der systematischen Stellung im Gesetz sowie nach der Entstehungsgeschichte der Regelung zu beurteilen

Liegt danach eine Regelung vor die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient gilt Folgendes

- Ist der Tatbestand der Regelung erfuumlllt bestimmen sich die Rechtsfolgen allein nach dieser Vorschrift nicht nach sect 42 Abs 1 Satz 3 iVm Abs 2 AO In diesem Fall ist unerheblich ob auch die Voraussetzungen des sect 42 Abs 2 AO vorliegen

- Ist der Tatbestand der Regelung dagegen nicht erfuumlllt ist in einem weiteren Schritt zu pruumlfen ob ein Missbrauch iSd sect 42 Abs 2 AO vorliegt Allein das Vorliegen einer einzelgesetzlichen Regelung die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient schlieszligt die Anwendbarkeit des sect 42 Abs 1 Satz 3 iVm Abs 2 AO damit nicht aus

2 Sofern ein Missbrauch iSd sect 42 Abs 2 AO vorliegt entsteht der Steueranspruch bei allen vom Sachverhalt Betroffenen so wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgaumlngen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht (sect 42 Abs 1 Satz 3 AO)

21 Ein Missbrauch iSd sect 42 Abs 2 AO liegt vor wenn

- eine rechtliche Gestaltung gewaumlhlt wird die den wirtschaftlichen Vorgaumlngen nicht angemessen ist

- die gewaumlhlte Gestaltung beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem Steuervorteil fuumlhrt

- dieser Steuervorteil gesetzlich nicht vorgesehen ist und

- der Steuerpflichtige fuumlr die von ihm gewaumlhlte Gestaltung keine auszligersteuerlichen Gruumlnde nachweist die nach dem Gesamtbild der Verhaumlltnisse beachtlich sind

22 Ob eine rechtliche Gestaltung unangemessen ist ist fuumlr jede Steuerart gesondert nach den Wertungen des Gesetzgebers die den jeweiligen maszliggeblichen steuerrechtlichen Vorschriften zugrunde liegen zu beurteilen Das Bestreben Steuern zu sparen macht fuumlr sich allein eine Gestaltung noch nicht unangemessen Eine Gestaltung ist aber insbesondere dann auf ihre Angemessenheit zu pruumlfen wenn sie ohne Beruumlcksichtigung der beabsichtigten steuerlichen Effekte unwirtschaftlich umstaumlndlich kompliziert schwerfaumlllig gekuumlnstelt uumlberfluumlssig ineffektiv oder widersinnig erscheint Die Ungewoumlhnlichkeit einer Gestaltung begruumlndet allein noch keine Unangemessenheit

Indizien fuumlr die Unangemessenheit einer Gestaltung sind zum Beispiel

- die Gestaltung waumlre von einem verstaumlndigen Dritten in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung ohne den Steuervorteil nicht gewaumlhlt worden

- die Vor- oder Zwischenschaltung von Angehoumlrigen oder anderen nahe stehenden Personen oder Gesellschaften war rein steuerlich motiviert

- die Verlagerung oder Uumlbertragung von Einkuumlnften oder Wirtschaftsguumltern auf andere Rechtstraumlger war rein steuerlich motiviert

Bei einer grenzuumlberschreitenden Gestaltung ist nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl zB Urteil vom 1292006 Rs C-19604 EuGHE I S 7995) Unangemessenheit insbesondere dann anzunehmen wenn die gewaumlhlte Gestaltung rein kuumlnstlich ist und nur dazu dient die Steuerentstehung im Inland zu umgehen

23 Bei der Pruumlfung ob die gewaumlhlte Gestaltung zu Steuervorteilen fuumlhrt sind die steuerlichen Auswirkungen der gewaumlhlten Gestaltung mit der hypothetischen steuerlichen Auswirkung einer angemessenen Gestaltung zu vergleichen Dabei sind auch solche Steuervorteile zu beruumlcksichtigen die nicht beim handelnden Steuerpflichtigen selbst sondern bei Dritten eintreten Dritte iSd sect 42 Abs 2 Satz 1 AO sind nur solche Personen die in einer gewissen Naumlhe zum Steuerpflichtigen stehen Dies ist insbesondere dann anzunehmen wenn die Beteiligten Angehoumlrige des Steuerpflichtigen iSd sect 15 AO oder persoumlnlich oder wirtschaftlich mit ihm verbunden sind (zB nahe stehende Personen iSv H 36 KStH 2006 oder sect 1 Abs 2 AStG)

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24 Der in sect 42 Abs 2 AO verwendete Begriff des bdquogesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteilsldquo ist nicht deckungsgleich mit dem bdquonicht gerechtfertigten Steuervorteilldquo iSd sect 370 Abs 1 AO Steuervorteile iSd sect 42 Abs 2 AO sind daher nicht nur Steuerverguumltungen oder Steuererstattungen sondern auch geringere Steueranspruumlche

25 Der durch die gewaumlhlte Gestaltung begruumlndete Steuervorteil ist insbesondere dann gesetzlich vorgesehen wenn der Tatbestand einer Norm erfuumlllt ist mit der der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten durch steuerliche Anreize foumlrdern wollte

26 sect 42 Abs 2 Satz 2 AO eroumlffnet dem Steuerpflichtigen die Moumlglichkeit die bei Vorliegen des Tatbestands des sect 42 Abs 2 Satz 1 AO begruumlndete Annahme eines Missbrauchs durch Nachweis auszligersteuerlicher Gruumlnde zu entkraumlften Die vom Steuerpflichtigen nachgewiesenen auszligersteuerlichen Gruumlnde muumlssen allerdings nach dem Gesamtbild der Verhaumlltnisse beachtlich sein Sind die nachgewiesenen auszligersteuerlichen Gruumlnde nach dem Gesamtbild der Verhaumlltnisse im Vergleich zum Ausmaszlig der Unangemessenheit der Gestaltung und den vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Steuervorteilen nicht wesentlich oder sogar nur von untergeordneter Bedeutung sind sie nicht beachtlich In diesem Fall bleibt es bei der Annahme eines Missbrauchs nach sect 42 Abs 2 Satz 1 AO

3 Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmoumlglichkeiten nach sect 42 AO ist als solcher nicht strafbar Eine leichtfertige Steuerverkuumlrzung oder eine Steuerhinterziehung kann aber vorliegen wenn der Steuerpflichtige pflichtwidrig unrichtige oder unvollstaumlndige Angaben macht um das Vorliegen einer Steuerumgehung zu verschleiern

4 sect 42 AO in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2008 ist ab dem 112008 fuumlr Kalenderjahre die nach dem 31122007 beginnen anzuwenden Fuumlr Kalenderjahre die vor dem 112008 liegen ist sect 42 AO in der am 28122007 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden

AEAO zu sect 44 - Gesamtschuldner

Zur Steuerfestsetzung bei Gesamtschuldnern wird auf sect 122 Abs 6 und 7 AO sect 155 Abs 3 AO hingewiesen zur Inanspruchnahme eines Haftungsschuldners auf sect 219 AO wegen der Vollstreckung gegen Gesamtschuldner auf sect 342 Abs 2 AO wegen einer Beschraumlnkung der Vollstreckung in den Faumlllen der Zusammenveranlagung auf sectsect 268 bis 280 AO wegen der Erstattung an Gesamtschuldner vgl AEAO zu sect 37 Nr 222 und 23

AEAO zu sect 45 - Gesamtrechtsnachfolge

1 Ob eine Gesamtrechtsnachfolge (der gesetzlich angeordnete Uumlbergang des Vermoumlgens) iSd sect 45 Abs 1 AO vorliegt ist grundsaumltzlich nach dem Zivilrecht zu beurteilen Eine Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 liegt daher beispielsweise vor in Faumlllen der Erbfolge (sect 1922 Abs 1 BGB) der Anwachsung des Anteils am Gesellschaftsvermoumlgen bei Ausscheiden eines Gesellschafters (sect 738 Abs 1 Satz 1 BGB BFH-Urteile vom 2841965 II 962 U BStBl III S 422 und vom 1891980 V R 17574 BStBl 1981 II S 293) der Verschmelzung von Gesellschaften (sect 1 Abs 1 Nr 1 sectsect 2 ff UmwG) und der Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Volluumlbertragung (sect 1 Abs 1 Nr 3 sect 174 Abs 1 sectsect 175 176 178 180 ff UmwG) Abweichend von der zivilrechtlichen Betrachtung gilt aber in den vorgenannten Faumlllen der Anwachsung der Verschmelzung und der Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Volluumlbertragung sect 45 Abs 1 AO nicht in Bezug auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zur Pflicht eine Auszligenpruumlfung als Gesamtrechtsnachfolger zu dulden vgl aber AEAO zu sect 197 Nr 573

2 Ungeachtet der Anwendung der sectsect 15 16 und 20 ff UmwStG liegt eine Gesamtrechtsnachfolge i S d sect 45 Abs 1 AO nicht vor in Faumlllen einer Abspaltung oder Ausgliederung (sect 1 Abs 1 Nr 2 sectsect 123 ff UmwG BFH-Urteile vom 782002 I R 9900 BStBl 2003 II S 835 und vom 5112009 IV R 2908 HFR 2010 S 233) sowie einer Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Teiluumlbertragung (sect 1 Abs 1 Nr 3 sect 174 Abs 2 sectsect 175 177 179 184 ff 189 UmwG) In den Faumlllen einer Aufspaltung (sect 1 Abs 1 Nr 2 sect 123 Abs 1 UmwG) ist jedoch sect 45 Abs 1 AO sinngemaumlszlig anzuwenden dies gilt nicht in Bezug auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

Eine formwechselnde Umwandlung (sect 1 Abs 1 Nr 4 sectsect 190 ff UmwG) fuumlhrt grundsaumltzlich nicht zu einer Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO da lediglich ein Wechsel der Rechtsform einesRechtstraumlgers unter Wahrung seiner rechtlichen Identitaumlt vorliegt (sect 202 Abs 1 Nr 1 UmwG) Aumlndert sich aber durch den Formwechsel das Steuersubjekt (zB in Faumlllen der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft oder der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft) ist sect 45 Abs 1 AO sinngemaumlszlig anzuwenden

4 Zur Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten in Faumlllen einer Gesamtrechtsnachfolge sowie bei Abspaltung Ausgliederung oder Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Teiluumlbertragung vgl AEAO zu sect 122 Nrn 212 215 und 216 sowie AEAO zu sect 197 Nrn 8 und 9 Zu den ertragsteuerlichen Auswirkungen einer Umwandlung oder Einbringung vgl BMF-Schreiben vom 11112011 BStBl I S 1314

AEAO zu sect 46 - Abtretung Verpfaumlndung Pfaumlndung

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1 Der Glaumlubiger kann die Abtretung oder Verpfaumlndung der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde wirksam nur nach Entstehung des Anspruchs anzeigen Die Anzeige wirkt nicht auf den Zeitpunkt des Abtretungs- oder Verpfaumlndungsvertrages zuruumlck Vor Entstehung des Steueranspruchs sind Pfaumlndungen wirkungslos sie werden auch nicht mit Entstehung des Anspruchs wirksam Da zB der Einkommensteuererstattungsanspruch aus uumlberzahlter Lohnsteuer grundsaumltzlich mit Ablauf des fuumlr die Steuerfestsetzung maszliggebenden Erhebungszeitraums entsteht (sect 38 AO iVm sect 36 Abs 1 EStG) sind waumlhrend des betreffenden Erhebungszeitraums (bis 3112) angezeigte Lohnsteuer-Abtretungen bzw Verpfaumlndungen oder ausgebrachte Pfaumlndungen wirkungslos Ein auf einem Verlustruumlcktrag nach sect 10d Abs 1 EStG beruhender Erstattungsanspruch ist nur dann wirksam abgetreten gepfaumlndet oder verpfaumlndet wenn die Abtretung Verpfaumlndung oder Pfaumlndung erst nach Ablauf des Verlustentstehungsjahres angezeigt bzw ausgebracht worden ist (vgl AEAO zu sect 38 Nr 1 Satz 3) Der Anspruch auf Erstattungszinsen nach sect 233a AO entsteht erst wenn eine Steuerfestsetzung zu einer Steuererstattung fuumlhrt und die uumlbrigen Voraussetzungen des sect 233a AO in diesem Zeitpunkt erfuumlllt sind Eine vor der Steuerfestsetzung angezeigte Abtretung des Anspruchs auf Erstattungszinsen ist unwirksam (BFH-Urteil vom 1452002 VII R 601 BStBl II S 677)

2 Der geschaumlftsmaumlszligige Erwerb und die geschaumlftsmaumlszligige Einziehung von Erstattungs- oder Verguumltungsanspruumlchen ist nach sect 46 Abs 4 AO nur bei Sicherungsabtretungen und dabei auch nur Bankunternehmen gestattet (BFH-Urteil vom 23101985 VII R 19682 BStBl 1986 II S 124)

21 Geschaumlftsmaumlszligig iSv sect 46 Abs 4 AO handelt wer die Taumltigkeit - Erwerb von Erstattungs- oder Verguumltungsanspruumlchen - selbstaumlndig und in Wiederholungsabsicht ausuumlbt Dafuumlr getroffene organisatorische Vorkehrungen indizieren die Wiederholungsabsicht sie sind indes fuumlr deren Annahme keine notwendige Voraussetzung (vgl BFH-Urteil vom 13101994 VII R 394 BFHNV 1995 S 473) Eine entscheidende Rolle bei der Beurteilung der Geschaumlftsmaumlszligigkeit kann die Zahl der Erwerbsfaumllle und der Zeitraum ihres Vorkommens spielen

Allgemeine Festlegungen oder Beurteilungsmaszligstaumlbe lassen sich hierzu aber nicht aufstellen insoweit kommt es immer auf die Verhaumlltnisse des Einzelfalls an (vgl ua BFH-Urteile vom 13101994 VII R 394 aaO und vom 422005 VII R 5404 BStBl II 2006 S 348 jeweils mwN) Fuumlr die Annahme der Geschaumlftsmaumlszligigkeit reicht es indes nicht aus dass die - vereinzelte - Abtretung im Rahmen eines Handelsgeschaumlfts vorgenommen wurde

22 Die Abtretung eines Erstattungs- oder Verguumltungsanspruchs erfolgt nur dann zur bloszligen Sicherung wenn fuumlr beide Beteiligten der Sicherungszweck im Vordergrund steht Eine Sicherungsabtretung ist daher grundsaumltzlich dadurch gekennzeichnet dass der Abtretungsempfaumlnger die Forderung nicht behalten darf Er soll sie nur voruumlbergehend fuumlr den Abtretenden als Sicherheit fuumlr einen Anspruch gegen den Abtretenden innehaben

Deshalb kann eine Sicherungsabtretung regelmaumlszligig nur dann vorliegen wenn der Inhaber des Pfandrechts bei Faumllligkeit seines Anspruchs zunaumlchst versuchen muss Befriedigung aus seinem Anspruch selbst zu suchen Erst wenn dies nicht gelingt darf er auf die Sicherheit zuruumlckgreifen Eine Abtretung zur Sicherung ist dagegen nicht gegeben wenn der Abtretende seine Einwirkungsmoumlglichkeiten auf die abgetretene Forderung weitgehend aufgibt (vgl BFH-Urteil vom 321984 VII R 7282 BStBl II S 411)

Haben Abtretender und Abtretungsempfaumlnger eine direkte Begleichung der Forderung des Abtretungsempfaumlngers durch die Finanzbehoumlrde vereinbart liegt eine Sicherungsabtretung nur vor wenn der Sicherungszweck in einem solchen Maszlig uumlberwiegt dass andere Beweggruumlnde fuumlr die gewaumlhlte rechtliche Gestaltung ausscheiden Die gesamten Umstaumlnde des Einzelfalles unter denen die Geschaumlftsbeziehung begruumlndet worden ist sind fuumlr die Beurteilung heranzuziehen (vgl BFH-Urteil vom 2121989 VII R 786 BFHNV S 555 mwN)

23 Eine Sicherungsabtretung liegt nicht vor wenn der Abtretende den Abtretungsempfaumlnger ermaumlchtigt hat einen Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein mit der Einlegung von Rechtsbehelfen zu beauftragen und den Anspruch gegen den Steuerberater bzw Lohnsteuerhilfeverein auf Herausgabe der Steuerunterlagen an den Abtretungsempfaumlnger ebenfalls abgetreten hat (vgl BFH-Urteil vom 2121989 VII R 786 aaO) Gegen eine Sicherungsabtretung kann zB auch sprechen dass der Abtretende im Zeitpunkt der Abtretung arbeitslos ist und der Abtretungsempfaumlnger nicht mit einer Zahlung des Abtretenden aus anderen Mitteln rechnen kann

Eine Sicherungsabtretung liegt auch dann nicht vor wenn die der Abtretung zugrunde liegende Geschaumlftsbeziehung zwischen einem Steuerpflichtigen und einem Kreditinstitut nur zum Zweck der Kreditgewaumlhrung begruumlndet wurde und das Kreditinstitut die Erstattungsbetraumlge aufgrund des Darlehensvertrages nach Eingang der Betraumlge ohne Einwirkungsmoumlglichkeit des Steuerpflichtigen verrechnen und auf diese Weise das Darlehen tilgen darf In diesen Faumlllen liegt eine Abtretung bzw Verpfaumlndung erfuumlllungshalber vor

24 Auskuumlnfte daruumlber inwieweit einem Unternehmen das Betreiben von Bankgeschaumlften nach sect 32 Abs 1 KWG erlaubt worden ist koumlnnen bei der Bundesanstalt fuumlr Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFin) oder auch bei der Deutschen Bundesbank und ihren Hauptverwaltungen eingeholt werden

25 Verstoumlszlige gegen sect 46 Abs 4 AO koumlnnen als Steuerordnungswidrigkeit geahndet werden (sect 383 AO)

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3 Auch bei einem Verstoszlig gegen sect 46 Abs 4 Satz 1 AO oder bei sonstiger Unwirksamkeit des der Abtretung oder Verpfaumlndung zugrunde liegenden Rechtsgeschaumlfts kann die Finanzbehoumlrde nach erfolgter Anzeige mit befreiender Wirkung an den Abtretungsempfaumlnger zahlen soweit nicht Rechte anderer Glaumlubiger entgegenstehen

4 Mit der wirksam angezeigten Abtretung oder Verpfaumlndung (bzw ausgebrachten Pfaumlndung) geht nicht die gesamte Rechtsstellung des Steuerpflichtigen uumlber (BFH-Urteile vom 2131975 VI R 23871 BStBl II S 669 vom 1551975 V R 8470 BStBl 1976 II S 41 vom 2541978 VII R 275 BStBl II S 465 undvom 2711993 II S 1092 BFHNV S 350) Uumlbertragen wird nur der Zahlungsanspruch Auch nach einer Abtretung Pfaumlndung oder Verpfaumlndung ist der Steuerbescheid nur dem Steuerpflichtigen bekannt zu geben Der neue Glaumlubiger des Erstattungsanspruchs kann nicht den Steuerbescheid anfechten Dem neuen Glaumlubiger des Erstattungsanspruchs muss nur mitgeteilt werden ob und ggf in welcher Houmlhe sich aus der Veranlagung ein Erstattungsanspruch ergeben hat und ob und ggf in welcher Houmlheaufgrund der Abtretung Pfaumlndung oder Verpfaumlndung an ihn zu leisten ist Uumlber Streitigkeiten hieruumlber ist durch Verwaltungsakt nach sect 218 Abs 2 AO zu entscheiden Der neue Glaumlubiger des Erstattungsanspruchs ist nicht befugt einen Antrag auf Einkommensteuerveranlagung gem sect 46 Abs 2 Nr 8 EStG zu stellen (vgl BFH-Urteil vom 1881998 VII R 11497 BStBl 1999 II S 84) Dievorstehenden Saumltze gelten entsprechend fuumlr Faumllle einer Uumlberleitung von Steuererstattungsanspruumlchen gem sect 93 SGB XII Fuumlr die Uumlberleitung von Steuererstattungsanspruumlchen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ist sect 93 SGB XII entsprechend anzuwenden (sect 7 Abs 3 AsylbLG) Fuumlr Faumllle des Uumlbergangs von Steuererstattungsanspruumlchen im Wege des gesetzlichen Forderungsuumlbergangs im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung fuumlr Arbeitsuchende nach sect 33 SGB II gelten die vorstehenden Saumltze entsprechend Dieser Antrag ist ein von den Rechtswirkungen des sect 46 AO nicht erfasstes houmlchstpersoumlnliches steuerliches Gestaltungsrecht Die vorstehenden Saumltze gelten entsprechend fuumlr Faumllle einer Uumlberleitung von Steuererstattungsanspruumlchen gem sect 90 BSHG

5 Fehlt in der Abtretungsanzeige nach der die Erstattungsanspruumlche aus der Zusammenveranlagung abgetreten worden sind die Unterschrift eines Ehegatten oder Lebenspartners so wird dadurch die Wirksamkeit der Abtretung des Anspruchs soweit er auf den Ehegatten bzw Lebenspartner entfaumlllt der die Anzeige unterschrieben hat nicht beruumlhrt (BFH-Urteil vom 1331997 VII R 3996 BStBl II S 522) Zum Erstattungsanspruch bei zusammenveranlagten Ehegatten oder Lebenspartnern vgl AEAO zu sect 37 Nr 2

6 Fuumlr die Anzeige der Abtretung oder Verpfaumlndung eines Erstattungs- oder Verguumltungsanspruches wird der in der Anlage abgedruckte Vordruck bestimmt Die mit BMF-Schreiben vom 2372013 BStBl I S 933 veroumlffentlichte Fassung des Vordrucks kann weiterhin verwendet werden

7 Die auf einem vollstaumlndig ausgefuumlllten amtlichen Vordruck erklaumlrte vom Abtretenden und vom Abtretungsempfaumlnger jeweils eigenhaumlndig unterschriebene Abtretungsanzeige kann der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde auch per Telefax uumlbermittelt werden (vgl BFH-Urteil vom 862010 VII R 3909 BStBl II S 839) Dies gilt entsprechend wenn eine Abtretungsanzeige iSd Satzes 1 eingescannt per E Mail uumlbermittelt wird Die Anzeige der Abtretung wird wirksam sobald die Kenntnisnahme durch die Finanzbehoumlrde moumlglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist (sect 130 Abs 1 Satz 1 BGB) Dies bedeutet Eintritt der Wirksamkeit bei Uumlbermittlung

- waumlhrend der uumlblichen Dienststunden der Finanzbehoumlrde im Zeitpunkt der vollstaumlndigen Uumlbermittlung

- auszligerhalb der uumlblichen Dienststunden der Finanzbehoumlrde zum Zeitpunkt des Dienstbeginns am naumlchsten Arbeitstag

AEAO zu sect 47 - Erloumlschen

Auszliger in den aufgezaumlhlten Faumlllen koumlnnen entstandene Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis auch auf andere Weise erloumlschen zB bei Zwangsgeldern durch Erbfolge (sect 45 Abs 1 AO) oder durch Verzicht auf Erstattung (sect 37 Abs 2 AO)

AEAO zu sect 48 - Leistung durch Dritte Haftung Dritter

Die Vorschrift eroumlffnet die Moumlglichkeit dass alle Leistungen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (sect 37 AO) gegenuumlber der Finanzbehoumlrde auch durch Dritte bewirkt werden oder sich Dritte hierzu vertraglich verpflichten koumlnnen Der Steuerpflichtige wird in diesen Faumlllen von seiner eigenen Leistungspflicht nicht befreit Derartige rechtsgeschaumlftliche Verpflichtungsgeschaumlfte (zB Buumlrgschaft Schuldversprechen oder kumulative Schulduumlbernahme) koumlnnen auf einem Vertrag zwischen Steuerglaumlubiger und Schulduumlbernehmer oder auf einemVertrag zwischen Steuerschuldner und Uumlbernehmer zugunsten des Steuerglaumlubigers beruhen In beiden Faumlllen sind die sich hieraus ergebenden Anspruumlche der Finanzbehoumlrde privatrechtlicher nicht oumlffentlich-rechtlicher Natur und koumlnnen gem sect 192 AO nur nach den Vorschriften des buumlrgerlichen Rechts durchgesetzt werden Diese Vorschriften gelten auch fuumlr steuerliche Nebenleistungen (sect 3 Abs 4 AO)

AEAO zu sect 51 - Allgemeines

Zu sect 51 Abs 1 AO

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1 Unter Koumlrperschaften iSd sect 51 AO fuumlr die eine Steuerverguumlnstigung in Betracht kommen kann sind Koumlrperschaften Personenvereinigungen und Vermoumlgensmassen iSd KStG zu verstehen Dazu gehoumlren auch die juristischen Personen des oumlffentlichen Rechts mit ihren Betrieben gewerblicher Art (sect 1 Abs 1 Nr 6 sect 4 KStG) nicht aber die juristischen Personen des oumlffentlichen Rechts als solche

2 Regionale Untergliederungen (Landes- Bezirks- Ortsverbaumlnde) von Groszligvereinen sind als nichtrechtsfaumlhige Vereine (sect 1 Abs 1 Nr 5 KStG) selbstaumlndige Steuersubjekte iSd Koumlrperschaftsteuerrechts wenn sie

a) uumlber eigene satzungsmaumlszligige Organe (Vorstand Mitgliederversammlung) verfuumlgen und uumlber diese auf Dauer nach auszligen im eigenen Namen auftreten und

b) eine eigene Kassenfuumlhrung haben

Die selbstaumlndigen regionalen Untergliederungen koumlnnen nur dann als gemeinnuumltzig behandelt werden wenn sie eine eigene Satzung haben die den gemeinnuumltzigkeitsrechtlichen Anforderungen entspricht Zweck Aufgaben und Organisation der Untergliederungen koumlnnen sich auch aus der Satzung des Hauptvereins ergeben

3 Uumlber die Befreiung von der Koumlrperschaftsteuer nach sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG wegen Foumlrderung steuerbeguumlnstigter Zwecke ist stets fuumlr einen bestimmten Veranlagungszeitraum zu entscheiden (Grundsatz der Abschnittsbesteuerung) Eine Koumlrperschaft kann nur dann nach dieser Vorschrift von der Koumlrperschaftsteuer befreit werden wenn sie in dem zu beurteilenden Veranlagungszeitraum alle Voraussetzungen fuumlr die Steuerbeguumlnstigung erfuumlllt Die spaumltere Erfuumlllung einer der Voraussetzungen fuumlr die Steuerbeguumlnstigung kann nicht auf fruumlhere abgelaufene Veranlagungszeitraumlume zuruumlckwirken

4 Wird eine bisher steuerpflichtige Koumlrperschaft nach sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG von der Koumlrperschaftsteuer befreit ist eine Schlussbesteuerung nach sect 13 KStG durchzufuumlhren

5 Fuumlr die Steuerbeguumlnstigung einer Koumlrperschaft reichen Betaumltigungen aus mit denen die Verwirklichung der steuerbeguumlnstigten Satzungszwecke nur vorbereitet wird Die Taumltigkeiten muumlssen ernsthaft auf die Erfuumlllung eines steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecks gerichtet sein Die bloszlige Absicht zu einem ungewissen Zeitpunkt einen der Satzungszwecke zu verwirklichen genuumlgt nicht (BFH-Urteil vom 2372003 I R 2902 BStBl II S 930)

6 Die Koumlrperschaftsteuerbefreiung einer Koumlrperschaft die nach ihrer Satzung steuerbeguumlnstigte Zwecke verfolgt endet wenn die eigentliche steuerbeguumlnstigte Taumltigkeit eingestellt und uumlber das Vermoumlgen der Koumlrperschaft das Konkurs- oder Insolvenzverfahren eroumlffnet wird (BFH-Urteil vom 1652007 I R 1406 BStBl II S 808)

Zu sect 51 Abs 2 AO

7 Verwirklicht die Koumlrperschaft ihre foumlrderungswuumlrdigen Zwecke nur auszligerhalb von Deutschland setzt die Steuerbeguumlnstigung - neben den sonstigen Voraussetzungen der sectsect 51 ff AO - zusaumltzlich den so genannten Inlandsbezug nach sect 51 Abs 2 AO idF des JStG 2009 vom 19122008 (BGBl I S 2794) voraus Dieser liegt zum einen vor wenn natuumlrliche Personen die ihren Wohnsitz oder ihren gewoumlhnlichen Aufenthalt im Inland haben gefoumlrdert werden Auf die Staatsangehoumlrigkeit der natuumlrlichen Personen kommt es dabei nicht an

Falls durch die Taumltigkeit im Ausland keine im Inland lebenden Personen gefoumlrdert werden ist ein Inlandsbezug gegeben wenn die Taumltigkeit der Koumlrperschaft neben der Verwirklichung der steuerbeguumlnstigten Zwecke auch zur Verbesserung des Ansehens Deutschlands im Ausland beitragen kann Dabei bedarf es keiner spuumlrbaren oder messbaren Auswirkung auf das Ansehen Deutschlands im Ausland Bei im Inland ansaumlssigen Koumlrperschaften ist der moumlgliche Beitrag zum Ansehen Deutschlands im Ausland - ohne besonderen Nachweis - bereits dadurch erfuumlllt dass sie sich personell finanziell planend schoumlpferisch oder anderweitig an der Foumlrderung gemeinnuumltziger und mildtaumltiger Zwecke im Ausland beteiligen (Indizwirkung) Der Feststellung der positiven Kenntnis aller im Ausland Beguumlnstigten oder aller Mitwirkenden von der Beteiligung deutscher Organisationen bedarf es dabei nicht

Auslaumlndische Koumlrperschaften koumlnnen den Inlandsbezug ebenfalls erfuumlllen beispielsweise indem sie ihre steuerbeguumlnstigten Zwecke zum Teil auch in Deutschland verwirklichen oder - soweit sie nur im Ausland taumltig sind - auch im Inland lebende natuumlrliche Personen foumlrdern selbst wenn die Personen sich zu diesem Zweck im Ausland aufhalten Bei der Tatbestandsalternative des moumlglichen Ansehensbeitrags zugunsten Deutschlands entfaumlllt zwar bei auslaumlndischen Koumlrperschaften die Indizwirkung die Erfuumlllung dieser Tatbestandsalternative durch auslaumlndische Einrichtungen ist aber nicht grundsaumltzlich ausgeschlossen

Der nach sect 51 Abs 2 AO bei Auslandsaktivitaumlten zusaumltzlich geforderte Inlandsbezug wirkt sich nicht auf die Auslegung der weiteren fuumlr die Anerkennung der Gemeinnuumltzigkeit notwendigen Voraussetzungen aus Deren Vorliegen ist weiterhin unabhaumlngig von der Frage ob die Taumltigkeit im In- oder Ausland ausgeuumlbt wird zu pruumlfen Der Inlandsbezug hat somit insbesondere keine Auswirkung auf Inhalt und Umfang der in den sectsect 52 bis 53 AO beschriebenen foumlrderungswuumlrdigen Zwecke Daher koumlnnen beispielsweise kirchliche Zwecke weiterhin nur zugunsten inlaumlndischer Religionsgemeinschaften die Koumlrperschaften des oumlffentlichen Rechts sind verfolgt werden andererseits kann die Foumlrderung der

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Religion nach sect 52 Abs 2 Satz 1 Nr 2 AO wie bisher auch im Ausland erfolgen auch kann wie bisher zB eine hilflose Person im Ausland unterstuumltzt werden (sect 53 Nr 1 AO)

Mit der Pruumlfung des Inlandsbezugs selbst ist keine zusaumltzliche inhaltliche Pruumlfung der Taumltigkeit der Koumlrperschaft verbunden Das heiszligt es ist weder ein weiteres Mal zu ermitteln ob die Koumlrperschaft gemeinnuumltzige oder mildtaumltige Zwecke iSd sectsect 52 und 53 AO foumlrdert noch kommt es darauf an ob die Taumltigkeit mit den im Ausland geltenden Wertvorstellungen uumlbereinstimmt und somit nach auslaumlndischen Maszligstaumlben ein Beitrag zum Ansehen Deutschlands geleistet werden kann Falls die Verfolgung der in den sectsect 52 und 53 AO genannten foumlrderungswuumlrdigen Zwecke zu bejahen ist ist daher davon auszugehen dass eine solche Taumltigkeit dem Ansehen Deutschlands im Ausland nicht entgegensteht Der Inlandsbezug wird fuumlr die Anerkennung der Gemeinnuumltzigkeit ab Veranlagungszeitraum 2009 vorausgesetzt

Zu sect 51 Abs 3 AO

8 Der Ausschluss so genannter extremistischer Koumlrperschaften von der Steuerbeguumlnstigung ist nunmehr in sect 51 Abs 3 AO gesetzlich geregelt

9 Die Ergaumlnzung des sect 51 AO soll klarstellen dass eine Koumlrperschaft nur dann als steuerbeguumlnstigt behandelt werden kann wenn sie weder nach ihrer Satzung und ihrer tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung Bestrebungen iSd sect 4 des BVerfSchG verfolgt noch dem Gedanken der Voumllkerverstaumlndigung zuwiderhandelt sect 4 BVerfSchG ist im Zusammenhang mit sect 3 BVerfSchG zu lesen der die Aufgaben der Verfassungsschutzbehoumlrden des Bundes und der Laumlnder und die Voraussetzungen fuumlr ein Taumltigwerden des Verfassungsschutzes festlegt Die Aufgabe besteht in der Sammlung und Auswertung von Informationen uumlber die in sect 3 Abs 1 BVerfSchG erwaumlhnten verfassungsfeindlichen Bestrebungen die sect 4 BVerfSchG zum Teil definiert So beinhaltet sect 4 BVerfSchG im ersten Absatz eine Legaldefinition von Bestrebungen

a) gegen den Bestand des Bundes oder eines Landes

b) gegen die Sicherheit des Bundes oder eines Landes

c) gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung

Im zweiten Absatz des sect 4 BVerfSchG werden die grundlegenden Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aufgefuumlhrt

Gem sect 51 Abs 3 Satz 1 AO ist eine Steuerverguumlnstigung auch ausgeschlossen wenn die Koumlrperschaft dem Gedanken der Voumllkerverstaumlndigung zuwiderhandelt Diese Regelung nimmt Bezug auf sect 3 Abs 1 Nr 4 BVerfSchG der wiederum auf Artikel 9 Abs 2 GG (gegen den Gedanken der Voumllkerverstaumlndigung gerichtete Bestrebungen) sowie Artikel 26 Abs 1 GG (Stoumlrung des friedlichen Zusammenlebens der Voumllker) verweist

10 Die Regelung des sect 51 Abs 3 Satz 2 AO gilt in allen offenen Faumlllen Der Tatbestand des sect 51 Abs 3 Satz 2 AO ist nur bei solchen Organisationen erfuumlllt die im Verfassungsschutzbericht des Bundes oder eines Landes fuumlr den zu beurteilenden Veranlagungszeitraum ausdruumlcklich als extremistisch eingestuft werden (BFH-Urteil vom 1142012 I R 1111 BStBl 2013 II S 146) Hat das Finanzamt die Koumlrperschaft bisher als steuerbeguumlnstigt behandelt und wird spaumlter ein Verfassungsschutzbericht veroumlffentlicht in dem die Koumlrperschaft als extremistisch aufgefuumlhrt wird kommt ggf eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO in Betracht

11 Bei Organisationen die nicht unter sect 51 Abs 3 Satz 2 AO fallen ist eine Pruumlfung nach sect 51 Abs 3 Satz 1 AO vorzunehmen (vgl Nr 9 des AEAO zu sect 51) Insbesondere eine Erwaumlhnung als bdquoVerdachtsfallldquo oder eine nur beilaumlufige Erwaumlhnung im Verfassungsschutzbericht aber auch sonstige Erkenntnisse bieten im Einzelfall Anlass zu weitergehenden Ermittlungen der Finanzbehoumlrde zB auch durch Nachfragen bei den Verfassungsschutzbehoumlrden

12 Die Finanzbehoumlrden sind befugt und verpflichtet den Verfassungsschutzbehoumlrden Tatsachen iSd sect 51 Abs 3 Satz 3 AO unabhaumlngig davon mitzuteilen welchen Besteuerungszeitraum diese Tatsachen betreffen

AEAO zu sect 52 - Gemeinnuumltzige Zwecke

1 Die Gemeinnuumltzigkeit einer Koumlrperschaft setzt voraus dass ihre Taumltigkeit der Allgemeinheit zugute kommt (sect 52 Abs 1 Satz 1 AO) Dies ist nicht gegeben wenn der Kreis der gefoumlrderten Personen infolge seiner Abgrenzung insbesondere nach raumlumlichen oder beruflichen Merkmalen dauernd nur klein sein kann (sect 52 Abs 1 Satz 2 AO) Hierzu gilt Folgendes

11 Allgemeines

Ein Verein dessen Taumltigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugute kommt (insbesondere Sportvereine und Vereine die in sect 52 Abs 2 Nr 23 AO genannte Freizeitbetaumltigungen foumlrdern) foumlrdert nicht die Allgemeinheit wenn er den Kreis der Mitglieder durch hohe Aufnahmegebuumlhren oder Mitgliedsbeitraumlge (einschlieszliglich Mitgliedsumlagen) klein haumllt

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Bei einem Verein dessen Taumltigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugute kommt ist eine Foumlrderung der Allgemeinheit iSd sect 52 Abs 1 AO anzunehmen wenn

a) die Mitgliedsbeitraumlge und Mitgliedsumlagen zusammen im Durchschnitt 1023 euro je Mitglied und Jahr und

b) die Aufnahmegebuumlhren fuumlr die im Jahr aufgenommenen Mitglieder im Durchschnitt 1534 euro nicht uumlbersteigen

12 Investitionsumlage

Es ist unschaumldlich fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit eines Vereins dessen Taumltigkeit in erster Linie seinen Mitgliedern zugute kommt wenn der Verein neben den oa Aufnahmegebuumlhren und Mitgliedsbeitraumlgen (einschlieszliglich sonstiger Mitgliedsumlagen) zusaumltzlich eine Investitionsumlage nach folgender Maszliggabe erhebt

Die Investitionsumlage darf houmlchstens 5113 euro innerhalb von 10 Jahren je Mitglied betragen Die Mitglieder muumlssen die Moumlglichkeit haben die Zahlung der Umlage auf bis zu 10 Jahresraten zu verteilen Die Umlage darf nur fuumlr die Finanzierung konkreter Investitionsvorhaben verlangt werden Unschaumldlich ist neben der zeitnahen Verwendung der Mittel fuumlr Investitionen auch die Ansparung fuumlr kuumlnftige Investitionsvorhaben im Rahmen von nach sect 62 Abs 1 Nr 1 AO zulaumlssigen Ruumlcklagen und die Verwendung fuumlr die Tilgung von Darlehen die fuumlr die Finanzierung von Investitionen aufgenommen worden sind Die Erhebung von Investitionsumlagen kann auf neu eintretende Mitglieder (und ggf nachzahlende Jugendliche vgl Nr 1312 des AEAO zu sect 52) beschraumlnkt werden

Investitionsumlagen sind keine steuerlich abziehbaren Spenden

13 Durchschnittsberechnung

Der durchschnittliche Mitgliedsbeitrag und die durchschnittliche Aufnahmegebuumlhr sind aus dem Verhaumlltnis der zu beruumlcksichtigenden Leistungen der Mitglieder zu der Zahl der zu beruumlcksichtigenden Mitglieder zu errechnen

131 Zu beruumlcksichtigende Leistungen der Mitglieder

1311 Grundsatz

Zu den maszliggeblichen Aufnahmegebuumlhren bzw Mitgliedsbeitraumlgen gehoumlren alle Geld- und geldwerten Leistungen die ein Buumlrger aufwenden muss um in den Verein aufgenommen zu werden bzw in ihm verbleiben zu koumlnnen Umlagen die von den Mitgliedern erhoben werden sind mit Ausnahme zulaumlssiger Investitionsumlagen (vgl Nr 12 des AEAO zu sect 52) bei der Berechnung der durchschnittlichen Aufnahmegebuumlhren oder Mitgliedsbeitraumlge zu beruumlcksichtigen

1312 Sonderentgelte und Nachzahlungen

So genannte Spielgeldvorauszahlungen die im Zusammenhang mit der Aufnahme in den Verein zu entrichten sind gehoumlren zu den maszliggeblichen Aufnahmegebuumlhren Sonderumlagen und Zusatzentgelte die Mitglieder zB unter der Bezeichnung Jahresplatzbenutzungsgebuumlhren zahlen muumlssen sind bei der Durchschnittsberechnung als zusaumltzliche Mitgliedsbeitraumlge zu beruumlcksichtigen

Wenn jugendliche Mitglieder die zunaumlchst zu guumlnstigeren Konditionen in den Verein aufgenommen worden sind bei Erreichen einer Altersgrenze Aufnahmegebuumlhren nach zu entrichten haben sind diese im Jahr der Zahlung bei der Berechnung der durchschnittlichen Aufnahmegebuumlhr zu erfassen

1313 Auswaumlrtige Mitglieder

Mitgliedsbeitraumlge und Aufnahmegebuumlhren die auswaumlrtige Mitglieder an andere gleichartige Vereine entrichten sind nicht in die Durchschnittsberechnungen einzubeziehen Dies gilt auch dann wenn die Mitgliedschaft in dem anderen Verein Voraussetzung fuumlr die Aufnahme als auswaumlrtiges Mitglied oder die Spielberechtigung in der vereinseigenen Sportanlage ist

1314 Juristische Personen und Unternehmen in anderer Rechtsform

Leistungen die juristische Personen und Unternehmen in anderer Rechtsform fuumlr die Erlangung und den Erhalt der eigenen Mitgliedschaft in einem Verein aufwenden (so genannte Firmenmitgliedschaften) sind bei den Durchschnittsberechnungen nicht zu beruumlcksichtigen (vgl Nr 132 des AEAO zu sect 52)

1315 Darlehen

Darlehen die Mitglieder dem Verein im Zusammenhang mit ihrer Aufnahme in den Verein gewaumlhren sind nicht als zusaumltzliche Aufnahmegebuumlhren zu erfassen Wird das Darlehen zinslos oder zu einem guumlnstigeren Zinssatz als er auf dem Kapitalmarkt uumlblich ist gewaumlhrt ist der jaumlhrliche Zinsverzicht als zusaumltzlicher Mitgliedsbeitrag zu beruumlcksichtigen Dabei kann typisierend ein uumlblicher Zinssatz von 55 angenommen werden (BFH-Urteil vom 13111996 I R 15293 BStBl 1998 II S 711) Als zusaumltzlicher Mitgliedsbeitrag sind demnach pro Jahr bei einem zinslosen Darlehen 55 des Darlehensbetrags und bei einem zinsguumlnstigen Darlehen der Betrag den der Verein weniger als bei einer Verzinsung mit 55 zu zahlen hat anzusetzen

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Diese Grundsaumltze gelten auch wenn Mitgliedsbeitraumlge oder Mitgliedsumlagen (einschlieszliglich Investitionsumlagen) als Darlehen geleistet werden

1316 Beteiligung an Gesellschaften

Kosten fuumlr den zur Erlangung der Spielberechtigung notwendigen Erwerb von Geschaumlftsanteilen an einer Gesellschaft die neben dem Verein besteht und die die Sportanlagen errichtet oder betreibt sind mit Ausnahme des Agios nicht als zusaumltzliche Aufnahmegebuumlhren zu erfassen

Ein Sportverein kann aber mangels Unmittelbarkeit dann nicht als gemeinnuumltzig behandelt werden wenn die Mitglieder die Sportanlagen des Vereins nur bei Erwerb einer Nutzungsberechtigung von einer neben dem Verein bestehenden Gesellschaft nutzen duumlrfen

1317 Spenden

Wenn Buumlrger im Zusammenhang mit der Aufnahme in einen Sportverein als Spenden bezeichnete Zahlungen an den Verein leisten ist zu pruumlfen ob es sich dabei um freiwillige unentgeltliche Zuwendungen dh um Spenden oder um Sonderzahlungen handelt zu deren Leistung die neu eintretenden Mitglieder verpflichtet sind

Sonderzahlungen sind in die Berechnung der durchschnittlichen Aufnahmegebuumlhr einzubeziehen Dies gilt auch wenn kein durch die Satzung oder durch Beschluss der Mitgliederversammlung festgelegter Rechtsanspruch des Vereins besteht die Aufnahme in den Verein aber faktisch von der Leistung einer Sonderzahlung abhaumlngt

Eine faktische Verpflichtung ist regelmaumlszligig anzunehmen wenn mehr als 75 der neu eingetretenen Mitglieder neben der Aufnahmegebuumlhr eine gleich oder aumlhnlich hohe Sonderzahlung leisten Dabei bleiben passive oder foumlrdernde jugendliche und auswaumlrtige Mitglieder sowie Firmenmitgliedschaften auszliger Betracht Fuumlr die Beurteilung der Frage ob die Sonderzahlungen der neu aufgenommenen Mitglieder gleich oder aumlhnlich hoch sind sind die von dem Mitglied innerhalb von drei Jahren nach seinem Aufnahmeantrag oder wenn zwischen dem Aufnahmeantrag und der Aufnahme in den Verein ein ungewoumlhnlich langer Zeitraum liegt nach seiner Aufnahme geleisteten Sonderzahlungen soweit es sich dabei nicht um von allen Mitgliedern erhobene Umlagen handelt zusammenzurechnen

Die 75-Grenze ist eine widerlegbare Vermutung fuumlr das Vorliegen von Pflichtzahlungen Maszliggeblich sind die tatsaumlchlichen Verhaumlltnisse des Einzelfalls Sonderzahlungen sind deshalb auch dann als zusaumltzliche Aufnahmegebuumlhren zu behandeln wenn sie zwar von weniger als 75 der neu eingetretenen Mitglieder geleistet werden diese Mitglieder aber nach den Umstaumlnden des Einzelfalls zu den Zahlungen nachweisbar verpflichtet sind

Die vorstehenden Grundsaumltze einschlieszliglich der 75-Grenze gelten fuumlr die Abgrenzung zwischen echten Spenden und Mitgliedsumlagen entsprechend Pflichtzahlungen sind in diesem Fall in die Berechnung des durchschnittlichen Mitgliedsbeitrags einzubeziehen

Nicht bei der Durchschnittsberechnung der Aufnahmegebuumlhren und Mitgliedsbeitraumlge zu beruumlcksichtigen sind Pflichteinzahlungen in eine zulaumlssige Investitionsumlage (vgl Nr 12 des AEAO zu sect 52)

Fuumlr Leistungen bei denen es sich um Pflichtzahlungen (zB Aufnahmegebuumlhren Mitgliedsbeitraumlge Abloumlsezahlungen fuumlr Arbeitsleistungen und Umlagen einschlieszliglich Investitionsumlagen) handelt duumlrfen keine Zuwendungsbestaumltigungen iSd sect 50 EStDV ausgestellt werden Die Grundsaumltze des BFH-Urteils vom 13121978 I R 3978 BStBl 1979 II S 482 sind nicht anzuwenden soweit sie mit den vorgenannten Grundsaumltzen nicht uumlbereinstimmen

132 Zu beruumlcksichtigende Mitglieder

Bei der Berechnung des durchschnittlichen Mitgliedsbeitrags ist als Divisor die Zahl der Personen anzusetzen die im Veranlagungszeitraum (Kalenderjahr) Mitglieder des Vereins waren Dabei sind auch die Mitglieder zu beruumlcksichtigen die im Laufe des Jahres aus dem Verein ausgetreten oder in ihn aufgenommen worden sind Voraussetzung ist dass eine Dauermitgliedschaft bestanden hat bzw die Mitgliedschaft auf Dauer angelegt ist

Divisor bei der Berechnung der durchschnittlichen Aufnahmegebuumlhr ist die Zahl der Personen die in dem Veranlagungszeitraum auf Dauer neu in den Verein aufgenommen worden sind Bei den Berechnungen sind grundsaumltzlich auch die foumlrdernden oder passiven jugendlichen und auswaumlrtigen Mitglieder zu beruumlcksichtigen Unter auswaumlrtigen Mitgliedern sind regelmaumlszligig Mitglieder zu verstehen die ihren Wohnsitz auszligerhalb des Einzugsgebiets des Vereins haben undoder bereits ordentliches Mitglied in einem gleichartigen anderen Sportverein sind und die deshalb keine oder geringere Mitgliedsbeitraumlge oder Aufnahmegebuumlhren zu zahlen haben Nicht zu erfassen sind juristische Personen oder Firmen in anderer Rechtsform sowie die natuumlrlichen Personen die infolge der Mitgliedschaft dieser Organisationen Zugang zu dem Verein haben

Die nicht aktiven Mitglieder sind nicht zu beruumlcksichtigen wenn der Verein ihre Einbeziehung in die Durchschnittsberechnung missbraumluchlich ausnutzt Dies ist zB anzunehmen wenn die Zahl der nicht aktiven Mitglieder ungewoumlhnlich hoch ist oder festgestellt wird dass im Hinblick auf die

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Durchschnittsberechnung gezielt nicht aktive Mitglieder beitragsfrei oder gegen geringe Beitraumlge aufgenommen worden sind Entsprechendes gilt fuumlr die Einbeziehung auswaumlrtiger Mitglieder in die Durchschnittsberechnung

2 Bei sect 52 Abs 2 AO handelt es sich grundsaumltzlich um eine abschlieszligende Aufzaumlhlung gemeinnuumltziger Zwecke Die Allgemeinheit kann allerdings auch durch die Verfolgung von Zwecken die hinsichtlich der Merkmale die ihre steuerrechtliche Foumlrderung rechtfertigen mit den in sect 52 Abs 2 AO aufgefuumlhrten Zwecken identisch sind gefoumlrdert werden

21 Jugendliche iSd sect 52 Abs 2 Nr 4 AO bzw des sect 68 Nr 1 Buchstabe b AO sind alle Personen vor Vollendung des 27 Lebensjahres

22 Die Foumlrderung von Kunst und Kultur umfasst die Bereiche der Musik der Literatur der darstellenden und bildenden Kunst und schlieszligt die Foumlrderung von kulturellen Einrichtungen wie Theater und Museen sowie von kulturellen Veranstaltungen wie Konzerte und Kunstausstellungen ein Zur Foumlrderung von Kunst und Kultur gehoumlrt auch die Foumlrderung der Pflege und Erhaltung von Kulturwerten Kulturwerte sind Gegenstaumlnde von kuumlnstlerischer und sonstiger kultureller Bedeutung Kunstsammlungen und kuumlnstlerische Nachlaumlsse Bibliotheken Archive sowie andere vergleichbare Einrichtungen

23 Die Foumlrderung der Denkmalpflege bezieht sich auf die Erhaltung und Wiederherstellung von Bau- und Bodendenkmaumllern die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften anerkannt sind Die Anerkennung ist durch eine Bescheinigung der zustaumlndigen Stelle nachzuweisen

24 Zur Foumlrderung des Andenkens an Verfolgte Kriegs- und Katastrophenopfer gehoumlrt auch die Errichtung von Ehrenmalen und Gedenkstaumltten

Zur Foumlrderung der Tier- bzw Pflanzenzucht gehoumlrt auch die Foumlrderung der Erhaltung vom Aussterben bedrohter Nutztierrassen und Nutzpflanzen

Die Foumlrderung des Einsatzes fuumlr nationale Minderheiten im Sinne des durch Deutschland ratifizierten Rahmenabkommens zum Schutz nationaler Minderheiten und die Foumlrderung des Einsatzes fuumlr die gem der von Deutschland ratifizierten Charta der Regional- und Minderheitensprachen geschuumltzten Sprachen sind - je nach Betaumltigung im Einzelnen - Foumlrderung von Kunst und Kultur Foumlrderung der Heimatpflege und Heimatkunde oder Foumlrderung des traditionellen Brauchtums Bei den nach der Charta geschuumltzten Sprachen handelt es sich um die Regionalsprache Niederdeutsch sowie die Minderheitensprachen Daumlnisch Friesisch Sorbisch und das Romanes der deutschen Sinti und Roma

25 Unter dem Begriff bdquobuumlrgerschaftliches Engagementldquo versteht man eine freiwillige nicht auf das Erzielen eines persoumlnlichen materiellen Gewinns gerichtete auf die Foumlrderung der Allgemeinheit hin orientierte kooperative Taumltigkeit Die Anerkennung der Foumlrderung des buumlrgerschaftlichen Engagements zugunsten gemeinnuumltziger mildtaumltiger und kirchlicher Zwecke dient der Hervorhebung der Bedeutung die ehrenamtlicher Einsatz fuumlr unsere Gesellschaft hat Eine Erweiterung der gemeinnuumltzigen Zwecke ist damit nicht verbunden

26 Durch sect 52 Abs 2 Satz 2 AO wird die Moumlglichkeit eroumlffnet Zwecke auch dann als gemeinnuumltzig anzuerkennen wenn diese nicht unter den Katalog des sect 52 Abs 2 Satz 1 AO fallen Die Anerkennung der Gemeinnuumltzigkeit solcher gesellschaftlicher Zwecke wird bundeseinheitlich abgestimmt

3 Internetvereine koumlnnen wegen Foumlrderung der Volksbildung als gemeinnuumltzig anerkannt werden sofern ihr Zweck nicht der Foumlrderung der (privat betriebenen) Datenkommunikation durch Zurverfuumlgungstellung von Zugaumlngen zu Kommunikationsnetzwerken sowie durch den Aufbau die Foumlrderung und den Unterhalt entsprechender Netze zur privaten und geschaumlftlichen Nutzung durch die Mitglieder oder andere Personen dient Freiwilligenagenturen koumlnnen regelmaumlszligig wegen der Foumlrderung der Bildung (sect 52 Abs 2 Nr 7 AO) als gemeinnuumltzig behandelt werden weil das Schwergewicht ihrer Taumltigkeit in der Aus- und Weiterbildung der Freiwilligen liegt (BMF-Schreiben vom 1592003 BStBl I S 446)

4 Bei Koumlrperschaften die Privatschulen betreiben oder unterstuumltzen ist zwischen Ersatzschulen und Ergaumlnzungsschulen zu unterscheiden Die Foumlrderung der Allgemeinheit ist bei Ersatzschulen stets anzunehmen weil die zustaumlndigen Landesbehoumlrden die Errichtung und den Betrieb einer Ersatzschule nur dann genehmigen duumlrfen wenn eine Sonderung der Schuumller nach den Besitzverhaumlltnissen der Eltern nicht gefoumlrdert wird (Art 7 Abs 4 Satz 3 GG und die Privatschulgesetze der Laumlnder) Bei Ergaumlnzungsschulen kann eine Foumlrderung der Allgemeinheit dann angenommen werden wenn in der Satzung der Koumlrperschaft festgelegt ist dass bei mindestens 25 der Schuumller keine Sonderung nach den Besitzverhaumlltnissen der Eltern iSd Art 7 Abs 4 Satz 3 GG und der Privatschulgesetze der Laumlnder vorgenommen werden darf

5 Nachbarschaftshilfevereine Tauschringe und aumlhnliche Koumlrperschaften deren Mitglieder kleinere Dienstleistungen verschiedenster Art gegenuumlber anderen Vereinsmitgliedern erbringen (zB kleinere Reparaturen Hausputz Kochen Kinderbetreuung Nachhilfeunterricht haumlusliche Pflege) sind grundsaumltzlich nicht gemeinnuumltzig weil regelmaumlszligig durch die gegenseitige Unterstuumltzung in erster Linie eigenwirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder gefoumlrdert werden und damit gegen den Grundsatz der Selbstlosigkeit (sect 55 Abs 1 AO) verstoszligen wird Solche Koumlrperschaften koumlnnen jedoch gemeinnuumltzig sein wenn sich ihre Taumltigkeit darauf beschraumlnkt alte und hilfebeduumlrftige Menschen in Verrichtungen des taumlglichen Lebens zu unterstuumltzen und damit die Altenhilfe gefoumlrdert bzw mildtaumltige Zwecke (sect 53 AO)

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verfolgt werden Soweit sich der Zweck der Koumlrperschaften zusaumltzlich auf die Erteilung von Nachhilfeunterricht und Kinderbetreuung erstreckt koumlnnen sie auch wegen Foumlrderung der Jugendhilfe anerkannt werden Voraussetzung fuumlr die Anerkennung der Gemeinnuumltzigkeit solcher Koumlrperschaften ist dass die aktiven Mitglieder ihre Dienstleistungen als Hilfspersonen der Koumlrperschaft (sect 57 Abs 1 Satz 2 AO) ausuumlben

Vereine deren Zweck die Foumlrderung esoterischer Heilslehren ist z B Reiki-Vereine koumlnnen nicht wegen Foumlrderung des oumlffentlichen Gesundheitswesens oder der oumlffentlichen Gesundheitspflege als gemeinnuumltzig anerkannt werden

6 Ein wesentliches Element des Sports (sect 52 Abs 2 Nr 21 AO) ist die koumlrperliche Ertuumlchtigung Motorsport faumlllt unter den Begriff des Sports (BFH-Urteil vom 29101997 I R 1397 BStBl 1998 II S 9) ebenso Ballonfahren Dagegen sind Skat (BFH-Urteil vom 1722000 I R 108 10998 BFHNV S 1071) Bridge Gospiel Gotcha Paintball IPSC-Schieszligen und Tipp-Kick kein Sport iSd Gemeinnuumltzigkeitsrechts Dies gilt auch fuumlr Amateurfunk Modellflug und Hundesport die jedoch eigenstaumlndige gemeinnuumltzige Zwecke sind (sect 52 Abs 2 Nr 23 AO) Schuumltzenvereine koumlnnen auch dann als gemeinnuumltzig anerkannt werden wenn sie nach ihrer Satzung neben dem Schieszligsport (als Hauptzweck) auch das Schuumltzenbrauchtum (vgl Nr 11 des AEAO zu sect 52) foumlrdern Die Durchfuumlhrung von volksfestartigen Schuumltzenfesten ist kein gemeinnuumltziger Zweck

7 Die Foumlrderung des bezahlten Sports ist kein gemeinnuumltziger Zweck weil dadurch eigenwirtschaftliche Zwecke der bezahlten Sportler gefoumlrdert werden Sie ist aber unter bestimmten Voraussetzungen unschaumldlich fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit eines Sportvereins (s sectsect 58 Nr 8 und sect 67a AO)

8 Eine steuerbeguumlnstigte allgemeine Foumlrderung des demokratischen Staatswesens ist nur dann gegeben wenn sich die Koumlrperschaft umfassend mit den demokratischen Grundprinzipien befasst und diese objektiv und neutral wuumlrdigt Ist hingegen Zweck der Koumlrperschaft die politische Bildung der es auf der Grundlage der Normen und Vorstellungen einer rechtsstaatlichen Demokratie um die Schaffung und Foumlrderung politischer Wahrnehmungsfaumlhigkeit und politischen Verantwortungsbewusstseins geht liegt Volksbildung vor Diese muss nicht nur in theoretischer Unterweisung bestehen sie kann auch durch den Aufruf zu konkreter Handlung ergaumlnzt werden Keine politische Bildung ist demgegenuumlber die einseitige Agitation die unkritische Indoktrination oder die parteipolitisch motivierte Einflussnahme (BFH-Urteil vom 2391999 XI R 6398 BStBl 2000 II S 200)

9 Die Foumlrderung von Freizeitaktivitaumlten auszligerhalb des Bereichs des Sports ist nur dann als Foumlrderung der Allgemeinheit anzuerkennen wenn die Freizeitaktivitaumlten hinsichtlich der Merkmale die ihre steuerrechtliche Foumlrderung rechtfertigen mit den im Katalog des sect 52 Abs 2 Nr 23 AO genannten Freizeitgestaltungen identisch sind Es reicht nicht aus dass die Freizeitgestaltung sinnvoll und einer der in sect 52 Abs 2 Nr 23 AO genannten aumlhnlich ist (BFH-Urteil vom 1491994 I R 15393 BStBl 1995 II S 499) Die Foumlrderung des Baus und Betriebs von Schiffs- Auto- Eisenbahn- und Drachenflugmodellen ist identisch im vorstehenden Sinne mit der Foumlrderung des Modellflugs die Foumlrderung des CB-Funkens mit der Foumlrderung des Amateurfunkens Diese Zwecke sind deshalb als gemeinnuumltzig anzuerkennen Nicht identisch im vorstehenden Sinne mit den in sect 52 Abs 2 Nr 23 AO genannten Freizeitaktivitaumlten und deshalb nicht als eigenstaumlndige gemeinnuumltzige Zwecke anzuerkennen sind zB die Foumlrderung des Amateurfilmens und -fotografierens des Kochens von Brett- und Kartenspielen und des Sammelns von Gegenstaumlnden wie Briefmarken Muumlnzen und Autogrammkarten sowie die Taumltigkeit von Reise- und Touristik- Sauna- Geselligkeits- Kosmetik- und Oldtimer-Vereinen Bei Vereinen die das Amateurfilmen und -fotografieren foumlrdern und bei Oldtimer-Vereinen kann aber eine Steuerbeguumlnstigung wegen der Foumlrderung von Kunst oder (technischer) Kultur in Betracht kommen

10 Obst- und Gartenbauvereine foumlrdern idR die Pflanzenzucht iSd sect 52 Abs 2 Nr 23 AO Die Foumlrderung der Bonsaikunst ist Pflanzenzucht die Foumlrderung der Aquarien- und Terrarienkunde ist Tierzucht iSd Vorschrift

11 Historische Schuumltzenbruderschaften koumlnnen wegen der Foumlrderung der Brauchtumspflege (vgl Nr 6 des AEAO zu sect 52) Freizeitwinzervereine wegen der Foumlrderung der Heimatpflege die Teil der Brauchtumspflege ist als gemeinnuumltzig behandelt werden Dies gilt auch fuumlr Junggesellen- und Burschenvereine die das traditionelle Brauchtum einer bestimmten Region foumlrdern zB durch das Setzen von Maibaumlumen (Maiclubs) Die besondere Nennung des traditionellen Brauchtums als gemeinnuumltziger Zweck in sect 52 Abs 2 Nr 23 AO bedeutet jedoch keine allgemeine Ausweitung des Brauchtumsbegriffs iSd Gemeinnuumltzigkeitsrechts Studentische Verbindungen zB Burschenschaften aumlhnliche Vereinigungen zB Landjugendvereine Country- und Westernvereine und Vereine deren Hauptzweck die Veranstaltung von oumlrtlichen Volksfesten (zB Kirmes Kaumlrwa Schuumltzenfest) ist sind deshalb idR nicht gemeinnuumltzig

12 Bei Tier- und Pflanzenzuchtvereinen Freizeitwinzervereinen sowie Junggesellen- oder Burschenvereinen ist besonders auf die Selbstlosigkeit (sect 55 AO) und die Ausschlieszliglichkeit (sect 56 AO) zu achten Eine Koumlrperschaft ist zB nicht selbstlos taumltig wenn sie in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke ihrer Mitglieder foumlrdert Sie verstoumlszligt zB gegen das Gebot der Ausschlieszliglichkeit wenn die Durchfuumlhrung von Festveranstaltungen (zB Winzerfest Maiball) Satzungszweck ist Bei der Pruumlfung der tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung von Freizeitwinzer Junggesellen- und Burschenvereinen ist auszligerdem

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besonders darauf zu achten dass die Foumlrderung der Geselligkeit nicht im Vordergrund der Vereinstaumltigkeit steht

13 Soldaten- und Reservistenvereine verfolgen idR gemeinnuumltzige Zwecke iSd sect 52 Abs 2 Nr 23 AO wenn sie aktive und ehemalige Wehrdienstleistende Zeit- und Berufssoldaten betreuen zB uumlber mit dem Soldatsein zusammenhaumlngende Fragen beraten Moumlglichkeiten zu sinnvoller Freizeitgestaltungbieten oder beim Uumlbergang in das Zivilleben helfen Die Pflege der Tradition durch Soldaten- und Reservistenvereine ist weder steuerbeguumlnstigte Brauchtumspflege noch Betreuung von Soldaten und Reservisten iSd sect 52 Abs 2 Nr 23 AO Die Foumlrderung der Kameradschaft kann neben einem steuerbeguumlnstigten Zweck als Vereinszweck genannt werden wenn sich aus der Satzung ergibt dass damit lediglich eine Verbundenheit der Vereinsmitglieder angestrebt wird die aus der gemeinnuumltzigen Vereinstaumltigkeit folgt (BFH-Urteil vom 1131999 V R 57 5896 BStBl II S 331)

14 Einrichtungen die mit ihrer Taumltigkeit auf die Erholung arbeitender Menschen ausgerichtet sind (zB der Betrieb von Freizeiteinrichtungen wie Campingplaumltze oder Bootsverleihe) koumlnnen nicht als gemeinnuumltzig anerkannt werden es sei denn dass das Gewaumlhren von Erholung einem besonders schutzwuumlrdigen Personenkreis (zB Kranken oder der Jugend) zugute kommt oder in einer bestimmten Art und Weise (zB auf sportlicher Grundlage) vorgenommen wird (BFH-Urteile vom 22111972 I R 2171 BStBl 1973 II S 251 und vom 3091981 III R 280 BStBl 1982 II S 148) Wegen Erholungsheimen wird auf sect 68 Nr 1 Buchstabe a AO hingewiesen

15 Politische Zwecke (Beeinflussung der politischen Meinungsbildung Foumlrderung politischer Parteien u dgl) zaumlhlen grundsaumltzlich nicht zu den gemeinnuumltzigen Zwecken iSd sect 52 AO

Eine gewisse Beeinflussung der politischen Meinungsbildung schlieszligt jedoch die Gemeinnuumltzigkeit nicht aus (BFH-Urteil vom 2981984 I R 20381 BStBl II S 844) Eine politische Taumltigkeit ist danach unschaumldlich fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit wenn eine gemeinnuumltzige Taumltigkeit nach den Verhaumlltnissen im Einzelfall zwangslaumlufig mit einer politischen Zielsetzung verbunden ist und die unmittelbare Einwirkung auf die politischen Parteien und die staatliche Willensbildung gegenuumlber der Foumlrderung des gemeinnuumltzigen Zwecks weit in den Hintergrund tritt Eine Koumlrperschaft foumlrdert deshalb auch dann ausschlieszliglich ihren steuerbeguumlnstigten Zweck wenn sie gelegentlich zu tagespolitischen Themen im Rahmen ihres Satzungszwecks Stellung nimmt Entscheidend ist dass die Tagespolitik nicht Mittelpunkt der Taumltigkeit der Koumlrperschaft ist oder wird sondern der Vermittlung der steuerbeguumlnstigten Ziele der Koumlrperschaft dient (BFH-Urteil vom 23111988 I R 1188 BStBl 1989 II S 391)

Dagegen ist die Gemeinnuumltzigkeit zu versagen wenn ein politischer Zweck als alleiniger oder uumlberwiegender Zweck in der Satzung einer Koumlrperschaft festgelegt ist oder die Koumlrperschaft tatsaumlchlich ausschlieszliglich oder uumlberwiegend einen politischen Zweck verfolgt

AEAO zu sect 53 - Mildtaumltige Zwecke

1 Der Begriff mildtaumltige Zwecke umfasst auch die Unterstuumltzung von Personen die wegen ihres seelischen Zustands hilfebeduumlrftig sind Das hat beispielsweise fuumlr die Telefonseelsorge Bedeutung

2 Voumlllige Unentgeltlichkeit der mildtaumltigen Zuwendung wird nicht verlangt Die mildtaumltige Zuwendung darf nur nicht des Entgelts wegen erfolgen

3 Eine Koumlrperschaft zu deren Satzungszwecken die Unterstuumltzung von hilfebeduumlrftigen Verwandten der Mitglieder Gesellschafter Genossen oder Stifter gehoumlrt kann nicht als steuerbeguumlnstigt anerkannt werden Bei einer derartigen Koumlrperschaft steht nicht die Foumlrderung mildtaumltiger Zwecke sondern die Foumlrderung der Verwandtschaft im Vordergrund Ihre Taumltigkeit ist deshalb nicht wie es sect 53 AO verlangt auf die selbstlose Unterstuumltzung hilfebeduumlrftiger Personen gerichtet Dem steht bei Stiftungen sect 58 Nr 6 AO nicht entgegen Diese Vorschrift ist lediglich eine Ausnahme von dem Gebot der Selbstlosigkeit (sect 55 AO) begruumlndet aber keinen eigenstaumlndigen gemeinnuumltzigen Zweck Bei der tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung ist die Unterstuumltzung von hilfebeduumlrftigen Angehoumlrigen grundsaumltzlich nicht schaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung Die Verwandtschaft darf jedoch kein Kriterium fuumlr die Foumlrderleistungen der Koumlrperschaft sein

4 Hilfen nach sect 53 Nr 1 AO (Unterstuumltzung von Personen die infolge ihres koumlrperlichen geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind) duumlrfen ohne Ruumlcksicht auf die wirtschaftliche Unterstuumltzungsbeduumlrftigkeit gewaumlhrt werden Bei der Beurteilung der Beduumlrftigkeit iSd sect 53 Nr 1 AO kommt es nicht darauf an dass die Hilfebeduumlrftigkeit dauernd oder fuumlr laumlngere Zeit besteht Hilfeleistungen wie beispielsweise Essen auf Raumldern koumlnnen daher steuerbeguumlnstigt durchgefuumlhrt werden Bei Personen die das 75 Lebensjahr vollendet haben kann koumlrperliche Hilfebeduumlrftigkeit ohne weitere Nachpruumlfung angenommen werden

5 sect 53 Nr 2 AO legt die Grenzen der wirtschaftlichen Hilfebeduumlrftigkeit fest Danach koumlnnen ohne Verlust der Steuerbeguumlnstigung Personen unterstuumltzt werden deren Bezuumlge das Vierfache beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden das Fuumlnffache des Regelsatzes der Sozialhilfe iSd sect 28 SGB XII (jeweilige Regelbedarfsstufe) nicht uumlbersteigen Etwaige Mehrbedarfszuschlaumlge zum Regelsatz sind nicht zu beruumlcksichtigen Leistungen fuumlr die Unterkunft werden nicht gesondert beruumlcksichtigt Fuumlr die Begriffe Einkuumlnfte und Bezuumlge sind die Ausfuumlhrungen R 33a1 EStR maszliggeblich

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6 Zu den Bezuumlgen iSd sect 53 Nr 2 AO zaumlhlen neben den Einkuumlnften iSd sect 2 Abs 1 EStG auch alle anderen fuumlr die Bestreitung des Unterhalts bestimmten oder geeigneten Bezuumlge aller Haushaltsangehoumlrigen Hierunter fallen auch solche Einnahmen die im Rahmen der steuerlichen Einkunftsermittlung nicht erfasst werden also sowohl nicht steuerbare als auch fuumlr steuerfrei erklaumlrte Einnahmen (BFH-Urteil vom 281974 VI R 14871 BStBl 1975 II S 139) Gezahlte und empfangene Unterhaltsleistungen sind bei der Einkommensberechnung zu beruumlcksichtigen

Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Hilfebeduumlrftigkeit von unverheirateten minderjaumlhrigen Schwangeren und minderjaumlhrigen Muumlttern die ihr leibliches Kind bis zur Vollendung seines 6 Lebensjahres betreuen und die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehoumlren sind die Bezuumlge und das Vermoumlgen der Eltern oder des Elternteils nicht zu beruumlcksichtigen

7 Bei Renten zaumlhlt der uumlber den von sect 53 Nr 2 Buchstabe a AO erfassten Anteil hinausgehende Teil der Rente zu den Bezuumlgen iSd sect 53 Nr 2 Buchstabe b AO

8 Bei der Feststellung der Bezuumlge iSd sect 53 Nr 2 Buchstabe b AO sind aus Vereinfachungsgruumlnden insgesamt 180 euro im Kalenderjahr abzuziehen wenn nicht houmlhere Aufwendungen die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit den entsprechenden Einnahmen stehen nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden

9 Als Vermoumlgen das zur nachhaltigen Verbesserung des Unterhalts ausreicht und dessen Verwendung fuumlr den Unterhalt zugemutet werden kann (sect 53 Nr 2 Satz 2 AO) ist in der Regel ein Vermoumlgen mit einem gemeinen Wert (Verkehrswert) von mehr als 15500 euro anzusehen Dabei bleiben auszliger Ansatz

- Vermoumlgensgegenstaumlnde deren Veraumluszligerung offensichtlich eine Verschleuderung bedeuten wuumlrde oder die einen besonderen Wert zB Erinnerungswert fuumlr die unterstuumltzte Person haben oder zu seinem Hausrat gehoumlren

- ein angemessenes Hausgrundstuumlck iSd sect 90 Abs 2 Nr 8 SGB XII das die unterstuumltzte Person allein oder zusammen mit Angehoumlrigen denen es nach dem Tod der unterstuumltzten Person weiter als Wohnraum dienen soll bewohnt

Die Grenze bezieht sich auch bei einem Mehrpersonenhaushalt auf jede unterstuumltzte Person H 33a1 (Geringes Vermoumlgen - bdquoSchonvermoumlgenldquo) EStH gilt entsprechend

10 Erbringt eine Koumlrperschaft ihre Leistungen an wirtschaftlich hilfebeduumlrftige Personen muss sie anhand ihrer Unterlagen nachweisen koumlnnen dass die Houmlhe der Einkuumlnfte und Bezuumlge sowie das Vermoumlgen der unterstuumltzten Personen die Grenzen des sect 53 Nr 2 AO nicht uumlbersteigen Eine Erklaumlrung in der von der unterstuumltzten Person nur das Unterschreiten der Grenzen des sect 53 Nr 2 AO mitgeteilt wird reicht allein nicht aus Eine Berechnung der maszliggeblichen Einkuumlnfte und Bezuumlge sowie eine Berechnung des Vermoumlgens sind stets beizufuumlgen

11 Auf diesen Nachweis ist zu verzichten wenn die Leistungsempfaumlnger Leistungen nach dem SGB II SGB XII WoGG sect 27a BVG oder nach sect 6a BKKG beziehen Bei Beantragung dieser Sozialleistungen pruumlft die zustaumlndige Sozialbehoumlrde sowohl die Vermoumlgens- als auch die Einkommensverhaumlltnisse der antragstellenden Personen Verfuumlgen sie uumlber ausreichend finanzielle Mittel (Einkommen oder einzusetzendes Vermoumlgen) dann werden die beantragten Leistungen nicht bewilligt

Es ist also ausreichend wenn Empfaumlnger der in sect 53 Nr 2 Satz 6 AO benannten Leistungen ihren fuumlr den Empfangszeitraum maszliggeblichen Leistungsbescheid oder eine Bescheinigung des Sozialleistungstraumlgers uumlber den Leistungsbezug bei der Koumlrperschaft einreichen Die Koumlrperschaft hat eine Ablichtung des Bescheids oder der Bestaumltigung aufzubewahren

Es ist also ausreichend wenn Empfaumlnger von Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII ihren fuumlr den Empfangszeitraum maszliggeblichen Leistungsbescheid oder eine Bescheinigung des Sozialleistungstraumlgers uumlber den Leistungsbezug bei der Koumlrperschaft einreichen Die Koumlrperschaft hat eine Ablichtung des Bescheids oder der Bestaumltigung aufzubewahren

12 Beantragt eine Koumlrperschaft die Befreiung von der Nachweispflicht nach sect 53 Nr 2 Satz 8 AO muss sie nachweisen dass aufgrund ihrer besonderen Art der gewaumlhrten Unterstuumltzungsleistung sichergestellt ist dass nur wirtschaftlich hilfebeduumlrftige Personen unterstuumltzt werden

Auf die Nachweisfuumlhrung kann verzichtet werden wenn aufgrund der Art der Unterstuumltzungsleistungen typischerweise davon auszugehen ist dass nur beduumlrftige Menschen unterstuumltzt werden Hierbei sind die besonderen Gegebenheiten vor Ort sowie Inhalte und Bewerbungen des konkreten Leistungsangebotes zu beruumlcksichtigen Im Regelfall muumlssen Kleiderkammern Suppenkuumlchen Obdachlosenasyle und die sogenannten Tafeln keine Nachweise erbringen

Dagegen reicht die pauschale Behauptung dass die Leistungen sowieso nur von Hilfebeduumlrftigen in Anspruch genommen werden nicht aus Werden zB bei einem Sozialkaufhaus Leistungen an jeden erbracht der sie in Anspruch nehmen moumlchte dann kommt eine Befreiung nicht in Betracht

Der Bescheid uumlber den Nachweisverzicht kann befristet ergehen oder mit anderen Nebenbestimmungen (sect 120 AO) versehen werden Treten Aumlnderungen im rechtlichen oder tatsaumlchlichen Bereich ein dann

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gelten die Absaumltze 3 bis 5 des sect 60a AO entsprechend Dies gilt auch bei materiell-rechtlich fehlerhaften Bescheiden (vgl Nrn 6 bis 8 des AEAO zu sect 60a)

AEAO zu sect 54 - Kirchliche Zwecke

Ein kirchlicher Zweck liegt nur vor wenn die Taumltigkeit darauf gerichtet ist eine Religionsgemeinschaft des oumlffentlichen Rechts zu foumlrdern Bei Religionsgemeinschaften die nicht Koumlrperschaften des oumlffentlichen Rechts sind kann wegen Foumlrderung der Religion eine Anerkennung als gemeinnuumltzige Koumlrperschaft in Betracht kommen

AEAO zu sect 55 - Selbstlosigkeit

Zu sect 55 Abs 1 Nr 1 AO

1 Eine Koumlrperschaft handelt selbstlos wenn sie weder selbst noch zugunsten ihrer Mitglieder eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt Ist die Taumltigkeit einer Koumlrperschaft in erster Linie auf Mehrung ihres eigenen Vermoumlgens gerichtet so handelt sie nicht selbstlos Eine Koumlrperschaft verfolgt zB in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke wenn sie ausschlieszliglich durch Darlehen ihrer Gruumlndungsmitglieder finanziert ist und dieses Fremdkapital satzungsgemaumlszlig tilgen und verzinsen muss (BFH-Urteile vom 13121978 I R 3978 BStBl 1979 II S 482 vom 2641989 I R 20985 BStBl II S 670 und vom 2861989 I R 8685 BStBl 1990 II S 550)

2 Nach sect 55 Abs 1 AO duumlrfen saumlmtliche Mittel der Koumlrperschaft nur fuumlr die satzungsmaumlszligigen Zwecke verwendet werden (Ausnahmen siehe sect 58 AO) Auch der Gewinn aus dem Zweckbetrieb und aus demsteuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb (sect 64 Abs 2 AO) sowie der Uumlberschuss aus der Vermoumlgensverwaltung duumlrfen nur fuumlr die satzungsmaumlszligigen Zwecke verwendet werden Dies schlieszligt die Bildung von Ruumlcklagen im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb und im Bereich der Vermoumlgensverwaltung nicht aus

3 Es ist grundsaumltzlich nicht zulaumlssig Mittel des ideellen Bereichs (insbesondere Mitgliedsbeitraumlge Spenden Zuschuumlsse Ruumlcklagen) Gewinne aus Zweckbetrieben Ertraumlge aus der Vermoumlgensverwaltung und das entsprechende Vermoumlgen fuumlr einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb zu verwenden zB zum Ausgleich eines Verlustes Fuumlr das Vorliegen eines Verlustes ist das Ergebnis des einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs (sect 64 Abs 2 AO) maszliggeblich Eine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs fuumlr den Ausgleich des Verlustes eines einzelnen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs liegt deshalb nicht vor soweit der Verlust bereits im Entstehungsjahr mit Gewinnen anderer steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetriebe verrechnet werden kann Verbleibt danach ein Verlust ist keine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs fuumlr dessen Ausgleich anzunehmen wenn dem ideellen Bereich in den sechs vorangegangenen Jahren Gewinne des einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs in mindestens gleicher Houmlhe zugefuumlhrt worden sind Insoweit ist der Verlustausgleich im Entstehungsjahr als Ruumlckgabe fruumlherer durch das Gemeinnuumltzigkeitsrecht vorgeschriebener Gewinnabfuumlhrungen anzusehen

4 Ein nach ertragsteuerlichen Grundsaumltzen ermittelter Verlust eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs ist unschaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung der Koumlrperschaft wenn er ausschlieszliglich durch die Beruumlcksichtigung von anteiligen Abschreibungen auf gemischt genutzte Wirtschaftsguumlter entstanden ist und wenn die folgenden Voraussetzungen erfuumlllt sind

- Das Wirtschaftsgut wurde fuumlr den ideellen Bereich angeschafft oder hergestellt und wird nur zur besseren Kapazitaumltsauslastung und Mittelbeschaffung teil- oder zeitweise fuumlr den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb genutzt Die Koumlrperschaft darf nicht schon im Hinblick auf eine zeit- oder teilweise Nutzung fuumlr den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb ein groumlszligeres Wirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt haben als es fuumlr die ideelle Taumltigkeit notwendig war

- Die Koumlrperschaft verlangt fuumlr die Leistungen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs marktuumlbliche Preise

- Der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetrieb bildet keinen eigenstaumlndigen Sektor eines Gebaumludes (zB Gaststaumlttenbetrieb in einer Sporthalle)

Diese Grundsaumltze gelten entsprechend fuumlr die Beruumlcksichtigung anderer gemischter Aufwendungen (zB zeitweiser Einsatz von Personal des ideellen Bereichs in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb) bei der gemeinnuumltzigkeitsrechtlichen Beurteilung von Verlusten

5 Der Ausgleich des Verlustes eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs mit Mitteln des ideellen Bereichs ist auszligerdem unschaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung wenn

- der Verlust auf einer Fehlkalkulation beruht

- die Koumlrperschaft innerhalb von 12 Monaten nach Ende des Wirtschaftsjahres in dem der Verlust entstanden ist dem ideellen Taumltigkeitsbereich wieder Mittel in entsprechender Houmlhe zufuumlhrt und

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- die zugefuumlhrten Mittel nicht aus Zweckbetrieben aus dem Bereich der steuerbeguumlnstigten Vermoumlgensverwaltung aus Beitraumlgen oder aus anderen Zuwendungen die zur Foumlrderung der steuerbeguumlnstigten Zwecke der Koumlrperschaft bestimmt sind stammen (BFH-Urteil vom 13111996 I R 15293 BStBl 1998 II S 711)

Die Zufuumlhrungen zu dem ideellen Bereich koumlnnen demnach aus dem Gewinn des (einheitlichen) steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs der in dem Wirtschaftsjahr nach der Entstehung des Verlustes erzielt wird geleistet werden Auszligerdem duumlrfen fuumlr den Ausgleich des Verlustes Umlagen und Zuschuumlsse die dafuumlr bestimmt sind verwendet werden Derartige Zuwendungen sind jedoch keine steuerbeguumlnstigten Spenden

6 Eine fuumlr die Steuerbeguumlnstigung schaumldliche Verwendung von Mitteln fuumlr den Ausgleich von Verlusten des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs liegt auch dann nicht vor wenn dem Betrieb die erforderlichen Mittel durch die Aufnahme eines betrieblichen Darlehens zugefuumlhrt werden oder bereits in dem Betrieb verwendete ideelle Mittel mittels eines Darlehens das dem Betrieb zugeordnet wird innerhalb der Frist von 12 Monaten nach dem Ende des Verlustentstehungsjahres an den ideellen Bereich der Koumlrperschaft zuruumlckgegeben werden Voraussetzung fuumlr die Unschaumldlichkeit ist dass Tilgung und Zinsen fuumlr das Darlehen ausschlieszliglich aus Mitteln des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs geleistet werden

Die Belastung von Vermoumlgen des ideellen Bereichs mit einer Sicherheit fuumlr ein betriebliches Darlehen (zB Grundschuld auf einer Sporthalle) fuumlhrt grundsaumltzlich zu keiner anderen Beurteilung Die Eintragung einer Grundschuld bedeutet noch keine Verwendung des belasteten Vermoumlgens fuumlr den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb

7 Steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften unterhalten steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe regelmaumlszligig nur um dadurch zusaumltzliche Mittel fuumlr die Verwirklichung der steuerbeguumlnstigten Zwecke zu beschaffen Es kann deshalb unterstellt werden dass etwaige Verluste bei Betrieben die schon laumlngere Zeit bestehen auf einer Fehlkalkulation beruhen Bei dem Aufbau eines neuen Betriebs ist eine Verwendung von Mitteln des ideellen Bereichs fuumlr den Ausgleich von Verlusten auch dann unschaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung wenn mit Anlaufverlusten zu rechnen war Auch in diesem Fall muss die Koumlrperschaft aber idR innerhalb von drei Jahren nach dem Ende des Entstehungsjahres des Verlustes dem ideellen Bereich wieder Mittel die gemeinnuumltzigkeitsunschaumldlich dafuumlr verwendet werden duumlrfen zufuumlhren

8 Die Regelungen in Nrn 3 bis 7 des AEAO zu sect 55 gelten entsprechend fuumlr die Vermoumlgensverwaltung

9 Mitglieder duumlrfen keine Zuwendungen aus Mitteln der Koumlrperschaft erhalten Dies gilt nicht soweit es sich um Annehmlichkeiten handelt wie sie im Rahmen der Betreuung von Mitgliedern allgemein uumlblich und nach allgemeiner Verkehrsauffassung als angemessen anzusehen sind

10 Keine Zuwendung iSd sect 55 Abs 1 Nr 1 AO liegt vor wenn der Leistung der Koumlrperschaft eine Gegenleistung des Empfaumlngers gegenuumlbersteht (zB bei Kauf- Dienst- und Werkvertraumlgen) und die Werte von Leistung und Gegenleistung nach wirtschaftlichen Grundsaumltzen gegeneinander abgewogen sind

11 Ist einer Koumlrperschaft zugewendetes Vermoumlgen mit vor der Uumlbertragung wirksam begruumlndeten Anspruumlchen (zB Nieszligbrauch Grund- oder Rentenschulden Vermaumlchtnisse aufgrund testamentarischer Bestimmungen des Zuwendenden) belastet deren Erfuumlllung durch die Koumlrperschaft keine nach wirtschaftlichen Grundsaumltzen abgewogene Gegenleistung fuumlr die Uumlbertragung des Vermoumlgens darstellt mindern die Anspruumlche das uumlbertragene Vermoumlgen bereits im Zeitpunkt des Uumlbergangs Wirtschaftlich betrachtet wird der Koumlrperschaft nur das nach der Erfuumlllung der Anspruumlche verbleibende Vermoumlgen zugewendet Die Erfuumlllung der Anspruumlche aus dem zugewendeten Vermoumlgen ist deshalb keine Zuwendung iSd sect 55 Abs 1 Nr 1 AO Dies gilt auch wenn die Koumlrperschaft die Anspruumlche aus ihrem anderen zulaumlssigen Vermoumlgen einschlieszliglich der Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO erfuumlllt

12 Soweit die vorhandenen fluumlssigen Vermoumlgensmittel nicht fuumlr die Erfuumlllung der Anspruumlche ausreichen darf die Koumlrperschaft dafuumlr auch Ertraumlge verwenden Ihr muumlssen jedoch ausreichende Mittel fuumlr die Verwirklichung ihrer steuerbeguumlnstigten Zwecke verbleiben Diese Voraussetzung ist als erfuumlllt anzusehen wenn fuumlr die Erfuumlllung der Verbindlichkeiten houmlchstens ein Drittel des Einkommens der Koumlrperschaft verwendet wird Die Ein-Drittel-Grenze umfasst bei Rentenverpflichtungen nicht nur die uumlber den Barwert hinausgehenden sondern die gesamten Zahlungen Sie bezieht sich auf den Veranlagungszeitraum

13 sect 58 Nr 6 AO enthaumllt eine Ausnahmeregelung zu sect 55 Abs 1 Nr 1 AO fuumlr Stiftungen Diese ist nur anzuwenden wenn eine Stiftung Leistungen erbringt die dem Grunde nach gegen sect 55 Abs 1 Nr 1 AO verstoszligen also zB freiwillige Zuwendungen an den in sect 58 Nr 6 AO genannten Personenkreis leistetoder fuumlr die Erfuumlllung von Anspruumlchen dieses Personenkreises aus der Uumlbertragung von Vermoumlgen nicht das belastete oder anderes zulaumlssiges Vermoumlgen sondern Ertraumlge einsetzt Im Unterschied zu anderen Koumlrperschaften kann eine Stiftung unter den Voraussetzungen des sect 58 Nr 6 AO auch dann einen Teil ihres Einkommens fuumlr die Erfuumlllung solcher Anspruumlche verwenden wenn ihr dafuumlr ausreichende fluumlssige Vermoumlgensmittel zur Verfuumlgung stehen Der Grundsatz dass der wesentliche Teil des Einkommens fuumlr die Verwirklichung der steuerbeguumlnstigten Zwecke verbleiben muss gilt aber auch fuumlr Stiftungen

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Daraus folgt dass eine Stiftung insgesamt houmlchstens ein Drittel ihres Einkommens fuumlr unter sect 58 Nr 6 AO fallende Leistungen und fuumlr die Erfuumlllung von anderen durch die Uumlbertragung von belastetem Vermoumlgen begruumlndeten Anspruumlchen verwenden darf

14 Die Vergabe von Darlehen aus Mitteln die zeitnah fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke zu verwenden sind ist unschaumldlich fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit wenn die Koumlrperschaft damit selbst unmittelbar ihre steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecke verwirklicht Dies kann zB der Fall sein wenn die Koumlrperschaft im Rahmen ihrer jeweiligen steuerbeguumlnstigten Zwecke Darlehen im Zusammenhang mit einer Schuldnerberatung zur Abloumlsung von Bankschulden Darlehen an Nachwuchskuumlnstler fuumlr die Anschaffung von Instrumenten oder Stipendien fuumlr eine wissenschaftliche Ausbildung teilweise als Darlehen vergibt Voraussetzung ist dass sich die Darlehensvergabe von einer gewerbsmaumlszligigen Kreditvergabe dadurch unterscheidet dass sie zu guumlnstigeren Bedingungen erfolgt als zu den allgemeinen Bedingungen am Kapitalmarkt (zB Zinslosigkeit Zinsverbilligung)

Die Vergabe von Darlehen aus zeitnah fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke zu verwendenden Mitteln an andere steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften ist im Rahmen des sect 58 Nrn 1 und 2 AO zulaumlssig (mittelbare Zweckverwirklichung) wenn die andere Koumlrperschaft die darlehensweise erhaltenen Mittel unmittelbar fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke innerhalb der fuumlr eine zeitnahe Mittelverwendung vorgeschriebenen Frist verwendet

Darlehen die zur unmittelbaren Verwirklichung der steuerbeguumlnstigten Zwecke vergeben werden sind im Rechnungswesen entsprechend kenntlich zu machen Es muss sichergestellt und fuumlr die Finanzbehoumlrde nachpruumlfbar sein dass die Ruumlckfluumlsse dh Tilgung und Zinsen wieder zeitnah fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke verwendet werden

15 Aus Mitteln die nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen (Vermoumlgen einschlieszliglich der zulaumlssigen Zufuumlhrungen und der zulaumlssig gebildeten Ruumlcklagen) darf die Koumlrperschaft Darlehen nach folgender Maszliggabe vergeben

Die Zinsen muumlssen sich in dem auf dem Kapitalmarkt uumlblichen Rahmen halten es sei denn der Verzicht auf die uumlblichen Zinsen ist eine nach den Vorschriften des Gemeinnuumltzigkeitsrechts und der Satzung der Koumlrperschaft zulaumlssige Zuwendung (zB Darlehen an eine ebenfalls steuerbeguumlnstigte Mitgliedsorganisation oder eine hilfebeduumlrftige Person) Bei Darlehen an Arbeitnehmer aus dem Vermoumlgen kann der (teilweise) Verzicht auf eine uumlbliche Verzinsung als Bestandteil des Arbeitslohns angesehen werden wenn dieser insgesamt also einschlieszliglich des Zinsvorteils angemessen ist und der Zinsverzicht auch von der Koumlrperschaft als Arbeitslohn behandelt wird (zB Abfuumlhrung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeitraumlgen)

Maszlignahmen fuumlr die eine Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 1 AO gebildet worden ist duumlrfen sich durch die Gewaumlhrung von Darlehen nicht verzoumlgern

16 Die Vergabe von Darlehen ist als solche kein steuerbeguumlnstigter Zweck Sie darf deshalb nicht Satzungszweck einer steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft sein Es ist jedoch unschaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung wenn die Vergabe von zinsguumlnstigen oder zinslosen Darlehen nicht als Zweck sondern als Mittel zur Verwirklichung des steuerbeguumlnstigten Zwecks in der Satzung der Koumlrperschaft aufgefuumlhrt ist

17 Eine Koumlrperschaft kann nicht als steuerbeguumlnstigt behandelt werden wenn ihre Ausgaben fuumlr die allgemeine Verwaltung einschlieszliglich der Werbung um Spenden einen angemessenen Rahmen uumlbersteigen (sect 55 Abs 1 Nrn 1 und 3 AO) Dieser Rahmen ist in jedem Fall uumlberschritten wenn eine Koumlrperschaft die sich weitgehend durch Geldspenden finanziert diese - nach einer Aufbauphase - uumlberwiegend zur Bestreitung von Ausgaben fuumlr Verwaltung und Spendenwerbung statt fuumlr die Verwirklichung der steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecke verwendet (BFH-Beschluss vom 2391998 I B 8298 BStBl 2000 II S 320) Die Verwaltungsausgaben einschlieszliglich Spendenwerbung sind bei der Ermittlung der Anteile ins Verhaumlltnis zu den gesamten vereinnahmten Mitteln (Spenden Mitgliedsbeitraumlge Zuschuumlsse Gewinne aus wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben usw) zu setzen

Fuumlr die Frage der Angemessenheit der Verwaltungsausgaben kommt es entscheidend auf die Umstaumlnde des jeweiligen Einzelfalls an Eine fuumlr die Steuerbeguumlnstigung schaumldliche Mittelverwendung kann deshalb auch schon dann vorliegen wenn der prozentuale Anteil der Verwaltungsausgaben einschlieszliglich der Spendenwerbung deutlich geringer als 50 ist

18 Waumlhrend der Gruumlndungs- oder Aufbauphase einer Koumlrperschaft kann auch eine uumlberwiegende Verwendung der Mittel fuumlr Verwaltungsausgaben und Spendenwerbung unschaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung sein Die Dauer der Gruumlndungs- oder Aufbauphase waumlhrend der dies moumlglich ist haumlngt von den Verhaumlltnissen des Einzelfalls ab

Der in dem BFH-Beschluss vom 2391998 I B 8298 BStBl 2000 II S 320 zugestandene Zeitraum von vier Jahren fuumlr die Aufbauphase in der houmlhere anteilige Ausgaben fuumlr Verwaltung und Spendenwerbung zulaumlssig sind ist durch die Besonderheiten des entschiedenen Falles begruumlndet (insbesondere zweite Aufbauphase nach Aberkennung der Steuerbeguumlnstigung) Er ist deshalb als Obergrenze zu verstehen IdR ist von einer kuumlrzeren Aufbauphase auszugehen

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19 Die Steuerbeguumlnstigung ist auch dann zu versagen wenn das Verhaumlltnis der Verwaltungsausgaben zu den Ausgaben fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke zwar insgesamt nicht zu beanstanden eine einzelne Verwaltungsausgabe (zB das Gehalt des Geschaumlftsfuumlhrers oder der Aufwand fuumlr die Mitglieder- und Spendenwerbung) aber nicht angemessen ist (sect 55 Abs 1 Nr 3 AO)

20 Bei den Kosten fuumlr die Beschaumlftigung eines Geschaumlftsfuumlhrers handelt es sich grundsaumltzlich um Verwaltungsausgaben Eine Zuordnung dieser Kosten zu der steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit ist nur insoweit moumlglich als der Geschaumlftsfuumlhrer unmittelbar bei steuerbeguumlnstigten Projekten mitarbeitet Entsprechendes gilt fuumlr die Zuordnung von Reisekosten

21 Eine Unternehmergesellschaft iSd sect 5a Abs 1 GmbHG idF des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekaumlmpfung von Missbraumluchen (MoMiG) vom 23102008 (BGBl I S 2026) ist nach sect 5a Abs 3 GmbHG idF des MoMiG gesetzlich verpflichtet von ihrem um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresuumlberschuss bis zum Erreichen des Stammkapitals von 25000 euro mindestens 25 in eine gesetzliche Ruumlcklage einzustellen Mit der Bildung dieser Ruumlcklage verstoumlszligt die Unternehmergesellschaft grundsaumltzlich nicht gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung

Zu sect 55 Abs 1 Nrn 2 und 4 AO

22 Die in sect 55 Abs 1 Nrn 2 und 4 AO genannten Sacheinlagen sind Einlagen iSd Handelsrechts fuumlr die dem Mitglied Gesellschaftsrechte eingeraumlumt worden sind Insoweit sind also nur Kapitalgesellschaften nicht aber Vereine angesprochen Unentgeltlich zur Verfuumlgung gestellte Vermoumlgensgegenstaumlnde fuumlr die keine Gesellschaftsrechte eingeraumlumt sind (Leihgaben Sachspenden) fallen nicht unter sect 55 Abs 1 Nrn 2 und 4 AO Soweit Kapitalanteile und Sacheinlagen von der Vermoumlgensbindung ausgenommen werden kann von dem Gesellschafter nicht die Spendenbeguumlnstigung des sect 10b EStG (sect 9 Abs 1 Nr 2 KStG) in Anspruch genommen werden Eingezahlte Kapitalanteile iSd sect 55 Abs 1 Nr 2 und 4 AO liegen nicht vor soweit fuumlr die Kapitalerhoumlhung Gesellschaftsmittel verwendet wurden (zB nach sect 57c GmbHG)

Zu sect 55 Abs 1 Nr 3 AO

23 Bei Vorstandsmitgliedern von Vereinen sind Taumltigkeitsverguumltungen gemeinnuumltzigkeitsrechtlich nur zulaumlssig wenn eine entsprechende Satzungsregelung besteht Zu Einzelheiten bei Zahlungen an den Vorstand steuerbeguumlnstigter Vereine siehe BMF-Schreiben vom 14102009 BStBl I S 1318

Diese Regelung gilt fuumlr Stiftungen entsprechend

Zu sect 55 Abs 1 Nr 4 AO

24 Eine wesentliche Voraussetzung fuumlr die Annahme der Selbstlosigkeit bildet der Grundsatz der Vermoumlgensbindung fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke im Falle der Beendigung des Bestehens der Koumlrperschaft oder des Wegfalles des bisherigen Zwecks (sect 55 Abs 1 Nr 4 AO)

Hiermit soll verhindert werden dass gemeinnuumltzigkeitsrechtlich gebundenes Vermoumlgen spaumlter zu nicht beguumlnstigten Zwecken verwendet wird Die satzungsmaumlszligigen Anforderungen an die Vermoumlgensbindung sind in sect 61 AO geregelt

25 Eine Koumlrperschaft ist nur dann steuerbeguumlnstigt iSd sect 55 Abs 1 Nr 4 Satz 2 AO wenn sie nach sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG von der Koumlrperschaftsteuer befreit ist Als Empfaumlnger des Vermoumlgens der Koumlrperschaft kommen neben inlaumlndischen Koumlrperschaften auch die in sect 5 Abs 2 Nr 2 KStG aufgefuumlhrten Koumlrperschaften in Betracht

Zu sect 55 Abs 1 Nr 5 AO

26 Die Koumlrperschaft muss ihre Mittel grundsaumltzlich zeitnah fuumlr ihre steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecke verwenden Verwendung in diesem Sinne ist auch die Verwendung der Mittel fuumlr die Anschaffung oder Herstellung von Vermoumlgensgegenstaumlnden die satzungsmaumlszligigen Zwecken dienen (zB Bau eines Altenheims Kauf von Sportgeraumlten oder medizinischen Geraumlten)

Die Bildung von Ruumlcklagen ist nur unter den Voraussetzungen des sect 62 AO zulaumlssig Davon unberuumlhrt bleiben Ruumlcklagen in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb und Ruumlcklagen im Bereich der Vermoumlgensverwaltung (vgl Nr 2 des AEAO zu sect 55)

27 Eine zeitnahe Mittelverwendung ist gegeben wenn die Mittel spaumltestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren fuumlr die steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecke verwendet werden Am Ende des Kalender- oder Wirtschaftsjahres noch vorhandene Mittel muumlssen in der Bilanz oder Vermoumlgensaufstellung der Koumlrperschaft zulaumlssigerweise dem Vermoumlgen oder einer zulaumlssigen Ruumlcklage zugeordnet oder als im zuruumlckliegenden Jahr zugeflossene Mittel die in den folgenden zwei Jahren fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke zu verwenden sind ausgewiesen sein Soweit Mittel nicht schon im Jahr des Zuflusses fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke verwendet oder zulaumlssigerweise dem Vermoumlgen zugefuumlhrt werden ist ihre zeitnahe Verwendung nachzuweisen zweckmaumlszligigerweise durch eine Nebenrechnung (Mittelverwendungsrechnung)

28 Nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung unterliegt das Vermoumlgen der Koumlrperschaften auch soweit es durch Umschichtungen innerhalb des Bereichs der Vermoumlgensverwaltung entstanden ist (zB

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Verkauf eines zum Vermoumlgen gehoumlrenden Grundstuumlcks einschlieszliglich des den Buchwert uumlbersteigenden Teils des Preises) Auszligerdem kann eine Koumlrperschaft die in sect 62 Abs 3 und 4 AO bezeichneten Mittel ohne fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit schaumldliche Folgen ihrem Vermoumlgen zufuumlhren

Werden Vermoumlgensgegenstaumlnde veraumluszligert die satzungsmaumlszligigen Zwecken dienen und aus zeitnah zu verwendenden Mitteln angeschafft worden sind sind die Veraumluszligerungserloumlse zeitnah iSd sect 55 Abs 1 Nr 5 AO zu verwenden Werden derartige Vermoumlgensgegenstaumlnde in den Bereich der Vermoumlgensverwaltung oder in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb uumlberfuumlhrt lebt die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung in Houmlhe des Verkehrswerts dieser Vermoumlgensgegenstaumlnde wieder auf

29 Die Verlaumlngerung der Mittelverwendungsfrist um ein weiteres Jahr durch das Gesetz zur Staumlrkung des Ehrenamtes vom 2132013 (BGBl I S 556) gilt fuumlr alle Mittel der Koumlrperschaft die nach dem 31122011 vereinnahmt wurden

Zu sect 55 Abs 2 AO

30 Wertsteigerungen bleiben fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke gebunden Bei der Ruumlckgabe des Wirtschaftsguts selbst hat der Empfaumlnger die Differenz in Geld auszugleichen

Zu sect 55 Abs 3 AO

31 Die Regelung nach der sich die Vermoumlgensbindung nicht auf die eingezahlten Kapitalanteile der Mitglieder und den gemeinen Wert der von den Mitgliedern geleisteten Sacheinlagen erstreckt gilt bei Stiftungen fuumlr die Stifter und ihre Erben sinngemaumlszlig (sect 55 Abs 3 erster Halbsatz AO) Es ist also zulaumlssig das Stiftungskapital und die Zustiftungen von der Vermoumlgensbindung auszunehmen und im Falle des Erloumlschens der Stiftung an den Stifter oder seine Erben zuruumlckfallen zu lassen Fuumlr solche Stiftungen und Zustiftungen kann aber vom Stifter nicht die Spendenverguumlnstigung nach sect 10b EStG (sect 9 Abs 1 Nr 2 KStG) in Anspruch genommen werden

32 Die Vorschrift des sect 55 Abs 3 zweiter Halbsatz AO die sich nur auf Stiftungen und Koumlrperschaften des oumlffentlichen Rechts bezieht beruumlcksichtigt die Regelung im EStG wonach die Entnahme eines Wirtschaftsgutes mit dem Buchwert angesetzt werden kann wenn das Wirtschaftsgut den in sect 6 Abs 1 Nr 4 Satz 4 EStG genannten Koumlrperschaften unentgeltlich uumlberlassen wird Dies hat zur Folge dass der Zuwendende bei der Aufhebung der Stiftung nicht den gemeinen Wert der Zuwendung sondern nur den dem urspruumlnglichen Buchwert entsprechenden Betrag zuruumlckerhaumllt Stille Reserven und Wertsteigerungen bleiben hiernach fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke gebunden Bei Ruumlckgabe des Wirtschaftsgutes selbst hat der Empfaumlnger die Differenz in Geld auszugleichen

AEAO zu sect 56 - Ausschlieszliglichkeit

1 Das Ausschlieszliglichkeitsgebot des sect 56 AO besagt dass eine Koumlrperschaft nicht steuerbeguumlnstigt ist wenn sie neben ihrer steuerbeguumlnstigten Zielsetzung weitere Zwecke verfolgt und diese Zwecke nicht steuerbeguumlnstigt sind Im Zusammenhang mit der Vermoumlgensverwaltung und wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben die Nicht-Zweckbetriebe sind folgt daraus dass deren Unterhaltung der Steuerbeguumlnstigung einer Koumlrperschaft entgegensteht wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und in diesem Sinne neben die Verfolgung des steuerbeguumlnstigten Zwecks der Koumlrperschaft tritt Die Vermoumlgensverwaltung sowie die Unterhaltung eines Nicht-Zweckbetriebs sind aus der Sicht des Gemeinnuumltzigkeitsrechts nur dann unschaumldlich wenn sie um des steuerbeguumlnstigten Zwecks willen erfolgen indem sie zB der Beschaffung von Mitteln zur Erfuumlllung der steuerbeguumlnstigten Aufgabe dienen Ist die Vermoumlgensverwaltung bzw der wirtschaftliche Geschaumlftsbetrieb dagegen nicht dem steuerbeguumlnstigten Zweck untergeordnet sondern ein davon losgeloumlster Zweck oder gar Hauptzweck der Betaumltigung der Koumlrperschaft so scheitert deren Steuerbeguumlnstigung an sect 56 AO In einem solchen Fall kann die Betaumltigung der Koumlrperschaft nicht in einen steuerfreien und in einen steuerpflichtigen Teil aufgeteilt werden vielmehr ist dann die Koumlrperschaft insgesamt als steuerpflichtig zu behandeln Bei steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaften insbesondere Mittelbeschaffungskoumlrperschaften die sich im Rahmen ihrer tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung an die in ihrer Satzung enthaltene Pflicht zur Verwendung saumlmtlicher Mittel fuumlr die satzungsmaumlszligigen Zwecke halten ist das Ausschlieszliglichkeitsgebot selbst dann als erfuumlllt anzusehen wenn sie sich vollstaumlndig aus Mitteln eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs oder aus der Vermoumlgensverwaltung finanzieren Auf das BFH-Urteil vom 442007 I R 7605 BStBl II S 631 wird hingewiesen

2 Eine Koumlrperschaft darf mehrere steuerbeguumlnstigte Zwecke nebeneinander verfolgen ohne dass dadurch die Ausschlieszliglichkeit verletzt wird Die verwirklichten steuerbeguumlnstigten Zwecke muumlssen jedoch saumlmtlich satzungsmaumlszligige Zwecke sein Will demnach eine Koumlrperschaft steuerbeguumlnstigte Zwecke die nicht in die Satzung aufgenommen sind foumlrdern so ist eine Satzungsaumlnderung erforderlich die den Erfordernissen des sect 60 AO entsprechen muss

AEAO zu sect 57 - Unmittelbarkeit

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1 Die Vorschrift stellt in Absatz 1 klar dass die Koumlrperschaft die steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecke selbst verwirklichen muss damit Unmittelbarkeit gegeben ist (wegen der Ausnahmen Hinweis auf sect 58 AO)

2 Das Gebot der Unmittelbarkeit ist gem sect 57 Abs 1 Satz 2 AO auch dann erfuumlllt wenn sich die steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft einer Hilfsperson bedient Hierfuumlr ist es erforderlich dass nach den Umstaumlnden des Falles insbesondere nach den rechtlichen und tatsaumlchlichen Beziehungen die zwischen der Koumlrperschaft und der Hilfsperson bestehen das Wirken der Hilfsperson wie eigenes Wirken der Koumlrperschaft anzusehen ist dh die Hilfsperson nach den Weisungen der Koumlrperschaft einen konkreten Auftrag ausfuumlhrt Hilfsperson kann eine natuumlrliche Person Personenvereinigung oder juristische Person sein Die Koumlrperschaft hat durch Vorlage entsprechender Vereinbarungen nachzuweisen dass sie den Inhalt und den Umfang der Taumltigkeit der Hilfsperson im Innenverhaumlltnis bestimmen kann Die Taumltigkeit der Hilfsperson muss den Satzungsbestimmungen der Koumlrperschaft entsprechen Diese hat nachzuweisen dass sie die Hilfsperson uumlberwacht Die weisungsgemaumlszlige Verwendung der Mittel ist von ihr sicherzustellen

Die Steuerbeguumlnstigung einer Koumlrperschaft die nur uumlber eine Hilfsperson das Merkmal der Unmittelbarkeit erfuumlllt (sect 57 Abs 1 Satz 2 AO) ist unabhaumlngig davon zu gewaumlhren wie die Hilfsperson gemeinnuumltzigkeitsrechtlich behandelt wird

Die Steuerbeguumlnstigung einer Hilfsperson ist nicht ausgeschlossen wenn die Koumlrperschaft mit ihrer Hilfspersonentaumltigkeit nicht nur die steuerbeguumlnstigte Taumltigkeit einer anderen Koumlrperschaft unterstuumltzt sondern zugleich eigene steuerbeguumlnstigte Satzungszwecke verfolgt

Keine Hilfspersonentaumltigkeit sondern eine eigene unmittelbare Taumltigkeit liegt auch dann vor wenn der auftraggebenden Person dadurch nicht nach sect 57 Abs 1 Satz 2 AO die Gemeinnuumltzigkeit vermittelt wird zB Taumltigkeiten im Auftrag von juristischen Personen des oumlffentlichen Rechts (Hoheitsbereich) voll steuerpflichtigen Koumlrperschaften oder natuumlrlichen Personen

3 Ein Zusammenschluss iSd sect 57 Abs 2 AO ist gegeben wenn die Einrichtung ausschlieszliglich allgemeine aus der Taumltigkeit und Aufgabenstellung der Mitgliederkoumlrperschaften erwachsene Interessen wahrnimmt Nach sect 57 Abs 2 AO wird eine Koumlrperschaft in der steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften zusammengefasst sind einer Koumlrperschaft gleichgestellt die unmittelbar steuerbeguumlnstigte Zwecke verfolgt Voraussetzung ist dass jede der zusammengefassten Koumlrperschaften saumlmtliche Voraussetzungen fuumlr die Steuerbeguumlnstigung erfuumlllt Verfolgt eine solche Koumlrperschaft selbst unmittelbar steuerbeguumlnstigte Zwecke ist die bloszlige Mitgliedschaft einer nicht steuerbeguumlnstigten Organisation fuumlr die Steuerbeguumlnstigung unschaumldlich Die Koumlrperschaft darf die nicht steuerbeguumlnstigte Organisation aber nicht mit Rat und Tat foumlrdern (z B Zuweisung von Mitteln Rechtsberatung)

AEAO zu sect 58 - Steuerlich unschaumldliche Betaumltigungen

Zu sect 58 Nr 1 AO

1 Diese Ausnahmeregelung ermoumlglicht es Koumlrperschaften als steuerbeguumlnstigt anzuerkennen die andere Koumlrperschaften foumlrdern und dafuumlr Spenden sammeln oder auf andere Art Mittel beschaffen (Mittelbeschaffungskoumlrperschaften) Die Beschaffung von Mitteln muss als Satzungszweck festgelegt sein Ein steuerbeguumlnstigter Zweck fuumlr den Mittel beschafft werden sollen muss in der Satzung angegeben sein Es ist nicht erforderlich die Koumlrperschaften fuumlr die Mittel beschafft werden sollen in der Satzung aufzufuumlhren Die Koumlrperschaft fuumlr die Mittel beschafft werden muss nur dann selbst steuerbeguumlnstigt sein wenn sie eine unbeschraumlnkt steuerpflichtige Koumlrperschaft des privaten Rechts ist Werden Mittel fuumlr nicht unbeschraumlnkt steuerpflichtige Koumlrperschaften beschafft muss die Verwendung der Mittel fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke ausreichend nachgewiesen werden

Zu sect 58 Nr 2 AO

2 Die teilweise (nicht uumlberwiegende) Weitergabe eigener Mittel (auch Sachmittel) ist unschaumldlich Fuumlr die Ermittlung der maximal zulaumlssigen Houmlhe der Mittelweitergabe ist das Nettovermoumlgen (Vermoumlgenswerte abzuumlglich Verbindlichkeiten) der Koumlrperschaft im jeweiligen Veranlagungszeitraum maszliggebend Auf die im jeweiligen Veranlagungszeitraum zeitnah zu verwendenden Mittel kommt es nicht an

Als Mittelempfaumlnger kommen in Betracht

- inlaumlndische steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften

- die in sect 5 Abs 2 Nr 2 KStG aufgefuumlhrten Koumlrperschaften

- juristische Personen des oumlffentlichen Rechts

Ausschuumlttungen und sonstige Zuwendungen einer steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft sind unschaumldlich wenn die Gesellschafter oder Mitglieder als Beguumlnstigte ausschlieszliglich steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften sind Entsprechendes gilt fuumlr Ausschuumlttungen und sonstige Zuwendungen an juristische Personen des oumlffentlichen Rechts die die Mittel fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke verwenden

Die Verwendung der zugewendeten Mittel hat iSd sect 55 Abs 1 Nr 5 AO zu erfolgen Wird dagegen verstoszligen liegt eine Mittelfehlverwendung bei der Empfaumlngerkoumlrperschaft vor

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Nicht zeitnah zu verwendende Mittel der Geberkoumlrperschaft (z B freie Ruumlcklage) unterliegen jedoch auch bei der Empfaumlngerkoumlrperschaft nicht dem Gebot der zeitnahen Mittelverwendung

Zu sect 58 Nr 3 AO

3 Die Weitergabe der Gewinne aus wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben (einschlieszliglich Zweckbetriebe) der Uumlberschuumlsse aus der Vermoumlgensverwaltung sowie houmlchstens 15 der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel zur Vermoumlgensausstattung einer anderen Koumlrperschaft ist unschaumldlich Maszliggebend fuumlr die Ermittlung dieser Grenzen sind die Verhaumlltnisse des vorangegangenen Kalender- oder Wirtschaftsjahres

Folgende Voraussetzungen muumlssen erfuumlllt sein

- Bei der Empfaumlngerkoumlrperschaft handelt es sich um eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft oder eine juristische Person des oumlffentlichen Rechts

- Die aus den Vermoumlgensertraumlgen zu verwirklichenden steuerbeguumlnstigten Zwecke der Empfaumlngerkoumlrperschaft muumlssen uumlbereinstimmen mit den steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecken der gebenden Koumlrperschaft Der mit den weitergegebenen Mitteln verfolgte Zweck muss sowohl von der Geber- als auch von der Empfaumlngerkoumlrperschaft gefoumlrdert werden Beide Koumlrperschaften koumlnnen daneben aber auch noch weitere Zwecke foumlrdern

- Die zugewandten Mittel und deren Ertraumlge duumlrfen nicht fuumlr weitere Mittelweitergaben nach sect 58 Nr 3 AO zur Vermoumlgensausstattung verwendet werden

- Die zugewandten Mittel und Ertraumlge unterliegen bei der Empfaumlngerkoumlrperschaft der steuerbeguumlnstigten Mittelverwendungspflicht Erfolgt eine Verwendung fuumlr andere Zwecke liegt eine Mittelfehlverwendung bei der Empfaumlngerkoumlrperschaft vor

In diesem Sinne ist auch die Vermoumlgensausstattung einer steuerbeguumlnstigten Kapitalgesellschaft (zB gGmbH) die denselben steuerbeguumlnstigten Zweck verfolgt durch die Hingabe von Kapital bei Neugruumlndung oder im Rahmen einer Kapitalerhoumlhung erlaubt nicht aber der Erwerb von Anteilen an einer bereits bestehenden Koumlrperschaft

Zu sect 58 Nr 4 AO

4 Eine steuerlich unschaumldliche Betaumltigung liegt auch dann vor wenn nicht nur Arbeitskraumlfte sondern zugleich Arbeitsmittel (zB Krankenwagen) zur Verfuumlgung gestellt werden

Zu sect 58 Nr 5 AO

5 Zu den bdquoRaumlumenldquo iSd sect 58 Nr 5 AO gehoumlren beispielsweise auch Sportstaumltten Sportanlagen und Freibaumlder

Zu sect 58 Nr 6 AO

6 Eine Stiftung darf einen Teil ihres Einkommens - houmlchstens ein Drittel - dazu verwenden die Graumlber des Stifters und seiner naumlchsten Angehoumlrigen zu pflegen und deren Andenken zu ehren In diesem Rahmen ist auch gestattet dem Stifter und seinen naumlchsten Angehoumlrigen Unterhalt zu gewaumlhren

Unter Einkommen ist die Summe der Einkuumlnfte aus den einzelnen Einkunftsarten des sect 2 Abs 1 EStG zu verstehen unabhaumlngig davon ob die Einkuumlnfte steuerpflichtig sind oder nicht Positive und negative Einkuumlnfte sind zu saldieren Die Verlustverrechnungsbeschraumlnkungen des EStG sind dabei mit Ausnahme der des sect 15a EStG unbeachtlich

Bei der Ermittlung der Einkuumlnfte sind von den Einnahmen die damit zusammenhaumlngenden Aufwendungen einschlieszliglich der Abschreibungsbetraumlge abzuziehen

Zur steuerrechtlichen Beurteilung von Ausgaben fuumlr die Erfuumlllung von Verbindlichkeiten die durch dieUumlbertragung von belastetem Vermoumlgen begruumlndet worden sind wird auf die Nrn 12 bis 14 des AEAO zu sect 55 hingewiesen

7 Der Begriff des naumlchsten Angehoumlrigen ist enger als der Begriff des Angehoumlrigen nach sect 15 AO Er umfasst

- Ehegatten

- Eltern Groszligeltern Kinder Enkel (auch falls durch Adoption verbunden)

- Geschwister

- Pflegeeltern Pflegekinder

8 Unterhalt Grabpflege und Ehrung des Andenkens muumlssen sich in angemessenem Rahmen halten Damit ist neben der relativen Grenze von einem Drittel des Einkommens eine gewisse absolute Grenze festgelegt Maszligstab fuumlr die Angemessenheit des Unterhalts ist der Lebensstandard des Zuwendungsempfaumlngers Leistungen mit Ausschuumlttungscharakter zB in Houmlhe eines Prozentsatzes der Ertraumlge sind unzulaumlssig

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9 sect 58 Nr 6 AO enthaumllt lediglich eine Ausnahmeregelung zu sect 55 Abs 1 Nr 1 AO fuumlr Stiftungen (vgl Nr 14 des AEAO zu sect 55) begruumlndet jedoch keinen eigenstaumlndigen steuerbeguumlnstigten Zweck Eine Stiftung zu deren Satzungszwecken die Unterstuumltzung von hilfebeduumlrftigen Verwandten des Stifters gehoumlrt kann daher nicht unter Hinweis auf sect 58 Nr 6 AO als steuerbeguumlnstigt behandelt werden

Zu sect 58 Nr 7 AO

10 Gesellige Zusammenkuumlnfte die im Vergleich zur steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit nicht von untergeordneter Bedeutung sind schlieszligen die Steuerverguumlnstigung aus

Zu sect 58 Nr 9 AO

11 Diese Ausnahmeregelung ermoumlglicht es den ausschlieszliglich von einer oder mehreren Gebietskoumlrperschaften errichteten rechtsfaumlhigen und nichtrechtsfaumlhigen Stiftungen die Erfuumlllung ihrer steuerbeguumlnstigten Zwecke mittelbar durch Zuschuumlsse an Wirtschaftsunternehmen zu verwirklichen Diese mittelbare Zweckverwirklichung muss in der Satzung festgelegt sein Die Verwendung der Zuschuumlsse fuumlr steuerbeguumlnstigte Satzungszwecke muss nachgewiesen werden

Zu sect 58 Nr 10 AO

12 Die Verwendung von Mitteln zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften schlieszligt die Steuerverguumlnstigungen nicht aus (sect 58 Nr 10 AO) Die Herkunft der Mittel ist dabei ohne Bedeutung sect 58 Nr 10 AO ist nicht auf den erstmaligen Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften anzuwenden Hierfuumlr koumlnnen ua freie Ruumlcklagen nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO eingesetzt werden

Die Houmlchstgrenze fuumlr die Zufuumlhrung zu der freien Ruumlcklage vermindert sich um den Betrag den die Koumlrperschaft zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung anKapitalgesellschaften ausgibt oder bereitstellt Uumlbersteigt der fuumlr die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendete oder bereitgestellte Betrag die Houmlchstgrenze ist auch in den Folgejahren eine Zufuumlhrung zu der freien Ruumlcklage erst wieder moumlglich wenn die fuumlr eine freie Ruumlcklage verwendbaren Mittel insgesamt die fuumlr die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendeten oder bereitgestellten Mittel uumlbersteigen

Beispiel

Die Koumlrperschaft erzielt im Jahr 01 folgende Uumlberschuumlsse bzw vereinnahmt folgende Mittel iSdm sect 55 Abs 1 Nr 5 AO

Uumlberschuss Vermoumlgensverwaltung 21000 euro

Mittel iSd sect 55 Abs 1 Nr 5 AO 30000 euro

Im Jahr 01 werden 2500 euro fuumlr den Erwerb von Anteilen zum Erhalt der prozentualen Beteiligung eingesetzt

Ermittlung der freien Ruumlcklage im Jahr 01 unter Beachtung des sect 62 Abs 1 Nr 3 AO

Freie Ruumlcklage Uumlberschuss Vermoumlgensverwaltung 21000 euro 7000 euro Mittel iSd sect 55 Abs 1 Nr 5 AO 30000 euro 3000 euro Gesamt 10000 euro

Der Houmlchstbetrag fuumlr die freie Ruumlcklage im Jahr 01 iHv 10000 euro ist um die Mittel zu kuumlrzen die fuumlr den Erwerb der Anteile zum Erhalt der prozentualen Beteiligung eingesetzt wurden

Im Jahr 01 kann eine freie Ruumlcklage demnach nur in Houmlhe von 7500 euro gebildet werden

Zu sect 58 Nr 2 bis 10 AO

13 Die in sect 58 Nrn 2 bis 8 AO genannten Ausnahmetatbestaumlnde koumlnnen auch ohne entsprechende Satzungsbestimmung verwirklicht werden Entgeltliche Taumltigkeiten nach sect 58 Nrn 4 5 oder 7 AO begruumlnden einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb oder Vermoumlgensverwaltung (zB Raumuumlberlassung) Bei den Regelungen des sect 58 Nrn 6 und 9 AO kommt es jeweils nicht auf die Bezeichnung der Koumlrperschaft als Stiftung sondern auf die tatsaumlchliche Rechtsform an Dabei ist es unmaszliggeblich ob es sich um eine rechtsfaumlhige oder nichtrechtsfaumlhige Stiftung handelt

AEAO zu sect 59 - Voraussetzung der Steuerverguumlnstigung

1 Die Vorschrift bestimmt ua dass die Steuerverguumlnstigung nur gewaumlhrt wird wenn ein steuerbeguumlnstigter Zweck (sectsect 52 bis 54 AO) die Selbstlosigkeit (sect 55 AO) und die ausschlieszligliche und unmittelbare Zweckverfolgung (sectsect 56 57 AO) durch die Koumlrperschaft aus der Satzung direkt hervorgehen Eine weitere satzungsmaumlszligige Voraussetzung in diesem Sinn ist die in sect 61 AO geforderte Vermoumlgensbindung Das Unterhalten wirtschaftlicher Geschaumlftsbetriebe (sect 14 Saumltze 1 und 2 und sect 64 AO) die keine Zweckbetriebe (sectsect 65 bis 68 AO) sind und die Vermoumlgensverwaltung (sect 14 Satz 3 AO)

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duumlrfen nicht Satzungszweck sein Die Erlaubnis zur Unterhaltung eines Nichtzweckbetriebs und die Vermoumlgensverwaltung in der Satzung koumlnnen zulaumlssig sein (BFH-Urteil vom 18122002 I R 1502 BStBl 2003 II S 384) Bei Koumlrperschaften die ausschlieszliglich Mittel fuumlr andere Koumlrperschaften oder juristische Personen des oumlffentlichen Rechts beschaffen (sect 58 Nr 1 AO) kann in der Satzung auf das Gebot der Unmittelbarkeit verzichtet werden

2 Bei mehreren Betrieben gewerblicher Art einer juristischen Person des oumlffentlichen Rechts ist fuumlr jeden Betrieb gewerblicher Art eine eigene Satzung erforderlich

3 Ein besonderes Anerkennungsverfahren ist im steuerlichen Gemeinnuumltzigkeitsrecht nicht vorgesehen Ob eine Koumlrperschaft steuerbeguumlnstigt ist entscheidet das Finanzamt im Veranlagungsverfahren durch Steuerbescheid (ggf Freistellungsbescheid) Dabei hat es von Amts wegen die tatsaumlchlichen und rechtlichen Verhaumlltnisse zu ermitteln die fuumlr die Steuerpflicht und fuumlr die Bemessung der Steuer wesentlich sind Eine Koumlrperschaft bei der nach dem Ergebnis dieser Pruumlfung die gesetzlichen Voraussetzungen fuumlr die steuerliche Behandlung als steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft vorliegen muss deshalb auch als solche behandelt werden und zwar ohne Ruumlcksicht darauf ob ein entsprechender Antrag gestellt worden ist oder nicht Ein Verzicht auf die Behandlung als steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft ist somit fuumlr das Steuerrecht unbeachtlich

4 Wird bei einer Koumlrperschaft die bereits nach sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG steuerbefreit war oder eine vorlaumlufige Bescheinigung erhalten hat im Rahmen der Veranlagung festgestellt dass die Satzung nicht den Anforderungen des Gemeinnuumltzigkeitsrechts genuumlgt duumlrfen aus Vertrauensschutzgruumlnden hieraus keine nachteiligen Folgerungen fuumlr die Vergangenheit gezogen werden Die Koumlrperschaft ist trotz der fehlerhaften Satzung fuumlr abgelaufene Veranlagungszeitraumlume und fuumlr das Kalenderjahr in dem die Satzung beanstandet wird als steuerbeguumlnstigt zu behandeln Dies gilt nicht wenn bei der tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung gegen Vorschriften des Gemeinnuumltzigkeitsrechts verstoszligen wurde

Die Vertreter der Koumlrperschaft sind aufzufordern die zu beanstandenden Teile der Satzung so zu aumlndern dass die Koumlrperschaft die satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen fuumlr die Steuerverguumlnstigung erfuumlllt Hierfuumlr ist eine angemessene Frist zu setzen Vereinen soll dabei in der Regel eine Beschlussfassung in der naumlchsten ordentlichen Mitgliederversammlung ermoumlglicht werden Wird die Satzung innerhalb der gesetzten Frist entsprechend den Vorgaben des Finanzamts geaumlndert ist die Steuerverguumlnstigung fuumlr das der Beanstandung der Satzung folgende Kalenderjahr auch dann anzuerkennen wenn zu Beginn des Kalenderjahres noch keine ausreichende Satzung vorgelegen hat

Die vorstehenden Grundsaumltze gelten nicht wenn die Koumlrperschaft die Satzung geaumlndert hat und eine geaumlnderte Satzungsvorschrift zu beanstanden ist In diesen Faumlllen fehlt es an einer Grundlage fuumlr die Gewaumlhrung von Vertrauensschutz

AEAO zu sect 60 - Anforderungen an die Satzung

1 Die Satzung muss so praumlzise gefasst sein dass aus ihr unmittelbar entnommen werden kann ob dieVoraussetzungen der Steuerbeguumlnstigung vorliegen (formelle Satzungsmaumlszligigkeit) Die bloszlige Bezugnahme auf Satzungen oder andere Regelungen Dritter genuumlgt nicht (BFH-Urteil vom 1941989I R 388 BStBl II S 595)

2 Die Satzung muss die in der Mustersatzung bezeichneten Festlegungen enthalten soweit sie fuumlr diejeweilige Koumlrperschaft im Einzelfall einschlaumlgig sind

Unter anderem sind in folgenden Faumlllen Abweichungen vom Wortlaut der Mustersatzung moumlglich

a) Bei Mittelbeschaffungskoumlrperschaften (sect 58 Nr 1 AO) kann entgegen sect 1 der Mustersatzung auf das Gebot der Unmittelbarkeit verzichtet werden (vgl Nr 1 des AEAO zu sect 59)

b) Insbesondere bei Stiftungen ist der in sect 3 der Mustersatzung verwendete Begriff bdquoMitgliederldquo durch eine andere geeignete Formulierung zu ersetzen (vgl sect 55 Abs 3 AO)

c) Koumlrperschaften deren Gesellschafter oder Mitglieder steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften sind undoder juristische Personen des oumlffentlichen Rechts die die Mittel fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke verwenden koumlnnen auf die Regelung in sect 3 Satz 2 der Mustersatzung verzichten

d) sect 5 der Mustersatzung kann in Satzungen von Vereinen ohne die Formulierung bdquoAufhebungldquo verwendet werden

Derselbe Aufbau und dieselbe Reihenfolge der Bestimmungen wie in der Mustersatzung werden nicht verlangt

3 Die Bestimmung dass die Satzung die in der Mustersatzung bezeichneten Festlegungen enthalten muss(sect 60 Abs 1 Satz 2 AO) gilt fuumlr Koumlrperschaften die nach dem 31122008 gegruumlndet werden oder die ihre Satzung mit Wirkung nach diesem Zeitpunkt aumlndern Die Satzung einer Koumlrperschaft die bereits vor dem 112009 bestanden hat braucht nicht allein zur Anpassung an die Festlegungen in der Mustersatzung geaumlndert zu werden

4 Eine Satzung braucht nicht allein deswegen geaumlndert zu werden weil in ihr auf Vorschriften des StAnpGoder der GemV verwiesen oder das Wort bdquoselbstlosldquo nicht verwandt wird

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5 Ordensgemeinschaften haben eine den Ordensstatuten entsprechende zusaumltzliche Erklaumlrung nach demMuster der Anlage zu Nr 5 des AEAO zu sect 60 abzugeben die die zustaumlndigen Organe der Orden bindet

6 Die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung (vgl sect 63 AO) muss mit der Satzung uumlbereinstimmen

7 Die satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen fuumlr die Anerkennung der Steuerbeguumlnstigung muumlssen

- bei der Koumlrperschaftsteuer vom Beginn bis zum Ende des Veranlagungszeitraums

- bei der Gewerbesteuer vom Beginn bis zum Ende des Erhebungszeitraums

- bei der Grundsteuer zum Beginn des Kalenderjahres fuumlr das uumlber die Steuerpflicht zu entscheiden ist (sect 9 Abs 2 GrStG)

- bei der Umsatzsteuer zu den sich aus sect 13 Abs 1 UStG ergebenden Zeitpunkten

- bei der Erbschaftsteuer zu den sich aus sect 9 ErbStG ergebenden Zeitpunkten

erfuumlllt sein

8 Wird bei Neugruumlndungsfaumlllen die Feststellung nach sect 60a AO abgelehnt und wird im gleichen Veranlagungszeitraum eine Satzung vorgelegt die den gemeinnuumltzigkeitsrechtlichen Bestimmungen genuumlgt kann die Steuerbeguumlnstigung erst ab dem darauffolgenden Veranlagungszeitraum gewaumlhrt werden Dies gilt nicht wenn die Koumlrperschaft in der Zwischenzeit keine nach auszligen gerichteten Taumltigkeiten entfaltet und keine Mittelverwendung stattgefunden hat

Bei Koumlrperschaften die bereits vor Beginn des laufenden Veranlagungszeitraums existierten und erstmaligdie Steuerbeguumlnstigung oder die Feststellung nach sect 60a AO beantragen kann die Steuerbeguumlnstigung erst ab dem darauffolgenden Veranlagungszeitraum gewaumlhrt werden

AEAO zu sect 60a - Feststellung der satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen

1 Das Verfahren nach sect 60a AO loumlst die sogenannte vorlaumlufige Bescheinigung ab Die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen (sectsect 179 ff AO) hat nicht unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung (sect 164 AO) zu erfolgen

Zu sect 60a Abs 1 AO

2 Haumllt die Satzung einer Koumlrperschaft die satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen nach den sectsect 51 59 60 und61 AO ein wird dies durch einen Bescheid gesondert festgestellt Diese Feststellung der Satzungsmaumlszligigkeit ist fuumlr die Besteuerung der Koumlrperschaft und der Steuerpflichtigen die Zuwendungenin Form von Spenden und Mitgliedsbeitraumlgen an die Koumlrperschaft erbringen bindend

Die Voraussetzungen fuumlr die Feststellungen nach sect 60a AO liegen auch dann vor wenn die Koumlrperschaft bereits vor dem 112009 bestand und daher eine Anpassung an die Mustersatzung (Anlage 1 zu sect 60 AO) bisher nicht vornehmen musste (Art 97 sect 1 f EGAO siehe auch Nr 3 des AEAO zu sect 60) Liegen imZeitpunkt der Entscheidung uumlber die gesonderte Feststellung bereits Erkenntnisse vor dass dietatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung der Koumlrperschaft den Anforderungen des sect 51 AO nicht entsprechen wird ist die Feststellung nach sect 60a Abs 1 AO abzulehnen

3 Das Verfahren nach sect 60a AO ist ein Annexverfahren zur Koumlrperschaftsteuerveranlagung EineFeststellung nach sect 60a AO ist fuumlr Koumlrperschaften ausgeschlossen die weder unbeschraumlnkt iSd sect 1KStG noch beschraumlnkt iSd sect 2 KStG steuerpflichtig sind

4 Die Feststellung der satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen kann bereits vor einer Registereintragung odereiner AnerkennungGenehmigung der Koumlrperschaft erfolgen sofern zu diesem Zeitpunkt bereits eineKoumlrperschaftsteuerpflicht besteht

Eine Feststellung darf erst nach einem wirksamen Organbeschluss beispielsweise uumlber die Satzungerfolgen

Zu sect 60a Abs 2 AO

5 Die Feststellung erfolgt auf Antrag der Koumlrperschaft oder von Amts wegen bei der Veranlagung zur Koumlrperschaftsteuer wenn bisher noch keine Feststellung erfolgt ist

Zu sect 60a Abs 3 AO

6 Werden die Vorschriften auf denen die Feststellung beruht aufgehoben oder geaumlndert dann entfaumlllt die Bindungswirkung des Feststellungsbescheids ab diesem Zeitpunkt

Zu sect 60a Abs 4 AO

7 Treten bei den Verhaumlltnissen die fuumlr die Feststellung erheblich waren Aumlnderungen ein so ist dieseFeststellung ab dem Zeitpunkt der Aumlnderung der Verhaumlltnisse aufzuheben Fuumlr die Feststellung erheblichsind alle Bestimmungen die fuumlr das Vorliegen der formellen Voraussetzungen gem sectsect 51 59 60 und 61AO von Bedeutung sind (gemeinnuumltzigkeitsrechtliche Bestimmungen) Dies sind beispielsweise

- Aumlnderungen der Zwecke

- Anpassung an die Mustersatzung

- Aumlnderung der Vermoumlgensbindung

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Aumlndert eine Koumlrperschaft gemeinnuumltzigkeitsrechtlich relevante Bestimmungen ihrer Satzung so ist diebisherige Feststellung mit Datum des Inkrafttretens der Satzungsaumlnderung aufzuheben ZivilrechtlicheAumlnderungen ohne steuerliche Relevanz sind unerheblich Wird auf Antrag der Koumlrperschaft bei steuerlichnicht relevanten Satzungsaumlnderungen eine Feststellung vorgenommen scheidet eine Aufhebung dervorherigen Feststellung aus

Zu sect 60a Abs 5 AO

8 Beruht die Feststellung der satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen auf einem materiellen Fehler kann sie mit Wirkung fuumlr die Zukunft aufgehoben werden Die Feststellung wird dann ab dem Jahr aufgehobendas auf die Bekanntgabe der Aufhebungsentscheidung folgt Stellt sich also beispielsweise im Mai des Jahres 01 heraus dass der Feststellung der satzungsmaumlszligigen Voraussetzungen ein materieller Fehlerzu Grunde liegt und ergeht der Bescheid zur Aufhebung der Feststellung nach sect 60a AO im August 01 tritt die Aufhebung zum 1 Januar 02 in Kraft Die Regelung des sect 176 AO ist dabei entsprechend anzuwenden Dies gilt allerdings nicht fuumlr die Kalenderjahre die nach der Verkuumlndung der maszliggeblichenEntscheidung eines obersten Gerichtshofes des Bundes beginnen

AEAO zu sect 61 - Satzungsmaumlszligige Vermoumlgensbindung

1 Die Vorschrift stellt klar dass die zu den Voraussetzungen der Selbstlosigkeit zaumlhlende Bindung des Vermoumlgens fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke vor allem im Falle der Aufloumlsung der Koumlrperschaft aus der Satzung genau hervorgehen muss (Mustersatzung sect 5) Als Empfaumlnger des Vermoumlgens kommen in Betracht

- inlaumlndische steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften

- die in sect 5 Abs 2 Nr 2 KStG aufgefuumlhrten Koumlrperschaften

- juristische Personen des oumlffentlichen Rechts

2 Wird die satzungsmaumlszligige Vermoumlgensbindung aufgehoben gilt sie von Anfang an als steuerlich nicht ausreichend Die Regelung greift auch ein wenn die Bestimmung uumlber die Vermoumlgensbindung erst zu einem Zeitpunkt geaumlndert wird in dem die Koumlrperschaft nicht mehr als steuerbeguumlnstigt anerkannt ist Die entsprechenden steuerlichen Folgerungen sind durch Steuerfestsetzung ruumlckwirkend zu ziehen

3 Bei Verstoumlszligen gegen den Grundsatz der Vermoumlgensbindung bildet die Festsetzungsverjaumlhrung (sectsect 169 ff AO) keine Grenze Vielmehr koumlnnen nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO auch Steuerbescheide noch geaumlndert werden die Steuern betreffen die innerhalb von zehn Jahren vor der erstmaligen Verletzung der Vermoumlgensbindungsregelung entstanden sind Es kann demnach auch dann noch zugegriffen werden wenn zwischen dem steuerfreien Bezug der Ertraumlge und dem Wegfall der Steuerbeguumlnstigung ein Zeitraum von mehr als fuumlnf Jahren liegt selbst wenn in der Zwischenzeit keine Ertraumlge mehr zugeflossen sind

Beispiel

Eine gemeinnuumltzige Koumlrperschaft hat in den Jahren 01 bis 11 steuerfreie Einnahmen aus einem Zweckbetrieb bezogen und diese teils fuumlr gemeinnuumltzige Zwecke ausgegeben und zum Teil in eine Ruumlcklage eingestellt Eine in 11 vollzogene Satzungsaumlnderung sieht jetzt vor dass bei Aufloumlsung des Vereins das Vermoumlgen an die Mitglieder ausgekehrt wird In diesem Fall muss das Finanzamt fuumlr die Veranlagungszeitraumlume 01 ff Steuerbescheide erlassen welche die Nachversteuerung aller genannten Einnahmen vorsehen wobei es unerheblich ist ob die Einnahmen noch im Vereinsvermoumlgen vorhanden sind

4 Verstoumlszlige gegen sect 55 Abs 1 bis 3 AO begruumlnden die Moumlglichkeit einer Nachversteuerung im Rahmen der Festsetzungsfrist

5 Die Nachversteuerung gem sect 61 Abs 3 AO greift nicht nur bei gemeinnuumltzigkeitsschaumldlichenAumlnderungen satzungsrechtlicher Bestimmungen uumlber die Vermoumlgensbindung ein sondern erfasst auch die Faumllle in denen die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung gegen die von sect 61 AO geforderte Vermoumlgensbindung verstoumlszligt (sect 63 Abs 2 AO)

Beispiel

Eine gemeinnuumltzige Koumlrperschaft verwendet bei ihrer Aufloumlsung oder bei Aufgabe ihres beguumlnstigten Satzungszweckes ihr Vermoumlgen entgegen der Vermoumlgensbindungsbestimmung in der Satzung nicht fuumlr beguumlnstigte Zwecke

6 Verstoumlszlige der tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung gegen sect 55 Abs 1 Nrn 1 bis 3 AO koumlnnen so schwerwiegend sein dass sie einer Verwendung des gesamten Vermoumlgens fuumlr satzungsfremde Zwecke gleichkommen Auch in diesen Faumlllen ist eine Nachversteuerung nach sect 61 Abs 3 AO moumlglich (vgl auch BFH-Urteil vom 12102010 I R 5909 BStBl II 2012 S 226)

7 Bei der nachtraumlglichen Besteuerung ist so zu verfahren als ob die Koumlrperschaft von Anfang an uneingeschraumlnkt steuerpflichtig gewesen waumlre sect 13 Abs 3 KStG ist nicht anwendbar

AEAO zu sect 62 - Ruumlcklagen und Vermoumlgensbildung

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1 Im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb koumlnnen Ruumlcklagen durch Zufuumlhrung des Gewinns gebildet werden Die Ruumlcklagen muumlssen bei vernuumlnftiger kaufmaumlnnischer Beurteilung wirtschaftlich begruumlndet sein (entsprechend sect 14 Abs 1 Nr 4 KStG) Es muss ein konkreter Anlass gegeben sein der auch aus objektiver unternehmerischer Sicht die Bildung der Ruumlcklage im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb rechtfertigt (zB eine geplante Betriebsverlegung Werkserneuerung oder Kapazitaumltsausweitung) Eine fast vollstaumlndige Zufuumlhrung des Gewinns zu einer Ruumlcklage im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb ist nur dann unschaumldlich fuumlr die Steuerbeguumlnstigung wenn die Koumlrperschaft nachweist dass die betriebliche Mittelverwendung zur Sicherung ihrer Existenz geboten war (BFH-Urteil vom 1571998 I R 15694 BStBl 2002 II S 162)

Im Bereich der Vermoumlgensverwaltung koumlnnen Ruumlcklagen durch Zufuumlhrung der Uumlberschuumlsse aus der Vermoumlgensverwaltung nur fuumlr die Durchfuumlhrung konkreter Reparatur- oder Erhaltungsmaszlignahmen an Vermoumlgensgegenstaumlnden iSd sect 21 EStG gebildet werden Die Maszlignahmen fuumlr deren Durchfuumlhrung die Ruumlcklage gebildet wird muumlssen notwendig sein um den ordnungsgemaumlszligen Zustand des Vermoumlgensgegenstandes zu erhalten oder wiederherzustellen und in einem angemessenen Zeitraum durchgefuumlhrt werden koumlnnen (zB geplante Erneuerung eines undichten Daches)

Zu sect 62 Abs 1 AO

2 Die Bildung einer Ruumlcklage kann nicht damit begruumlndet werden dass die Uumlberlegungen zur Verwendung der Mittel noch nicht abgeschlossen sind

Zu sect 62 Abs 1 Nr 1 AO

3 Bei der Bildung der Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 1 und 2 AO kommt es nicht auf die Herkunft der Mittel an Der Ruumlcklage duumlrfen also auch zeitnah zu verwendende Mittel wie zB Spenden zugefuumlhrt werden

4 Voraussetzung fuumlr die Bildung einer Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 1 AO ist in jedem Fall dass diese erforderlich ist um die steuerbeguumlnstigten satzungsmaumlszligigen Zwecke der Koumlrperschaft nachhaltig erfuumlllen zu koumlnnen Das Bestreben ganz allgemein die Leistungsfaumlhigkeit der Koumlrperschaft zu erhalten reicht fuumlr eine steuerlich unschaumldliche Ruumlcklagenbildung nach dieser Vorschrift nicht aus (hierfuumlr koumlnnen nur freie Ruumlcklagen nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO gebildet werden vgl Nrn 13 bis 17 des AEAO zu sect 62) Vielmehr muumlssen die Mittel fuumlr bestimmte - die steuerbeguumlnstigten Satzungszwecke verwirklichende -Vorhaben angesammelt werden fuumlr deren Durchfuumlhrung bereits konkrete Zeitvorstellungen bestehen Besteht noch keine konkrete Zeitvorstellung ist eine Ruumlcklagenbildung dann zulaumlssig wenn die Durchfuumlhrung des Vorhabens glaubhaft und bei den finanziellen Verhaumlltnissen der steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft in einem angemessenen Zeitraum moumlglich ist Die Bildung von Ruumlcklagen fuumlr periodisch wiederkehrende Ausgaben (zB Loumlhne Gehaumllter Mieten) in Houmlhe des Mittelbedarfs fuumlr eine angemessene Zeitperiode zur Sicherstellung der Liquiditaumlt ist zulaumlssig (so genannte Betriebsmittelruumlcklage) Ebenfalls unschaumldlich ist die vorsorgliche Bildung einer Ruumlcklage zur Bezahlung von Steuern auszligerhalb eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs solange Unklarheit daruumlber besteht ob die Koumlrperschaft insoweit in Anspruch genommen wird Eine beabsichtigte Vermoumlgensausstattung nach sect 58 Nr 3 AO rechtfertigt keine Ruumlcklagenbildung nach sect 62 Abs 1 Nr 1 AO

5 Die Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 1 AO kann unabhaumlngig von dem Vorhandensein und der Houmlhe einer Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO (freie Ruumlcklage) gebildet werden

Zu sect 62 Abs 1 Nr 2 AO

6 Eine Wiederbeschaffungsruumlcklage fuumlr Fahrzeuge und andere Wirtschaftsguumlter fuumlr deren Anschaffung die laufenden Einnahmen nicht ausreichen ist nach sect 62 Abs 1 Nr 2 AO zulaumlssig Eine Wiederbeschaffungsabsicht liegt nur vor wenn tatsaumlchlich eine Neuanschaffung des einzelnen Wirtschaftsguts geplant und in einem angemessenen Zeitraum moumlglich ist Im Regelfall ist als Nachweis fuumlr die Wiederbeschaffungsabsicht ausreichend dass die Ruumlcklage gebildet wurde Diese Nachweiserleichterung gilt nicht fuumlr Immobilien Reicht die Zufuumlhrung von Mitteln in Houmlhe der Abschreibungen fuumlr eine beabsichtigte Wiederbeschaffung nicht aus dann koumlnnen auch houmlhere Mittel der Ruumlcklage zugefuumlhrt werden Der Nachweis daruumlber ist durch die Koumlrperschaft zu erbringen

7 Die Regelungen in den vorstehenden Textziffern zu sect 62 Abs 1 Nr 1 und 2 AO gelten auch fuumlr Mittelbeschaffungskoumlrperschaften iSd sect 58 Nr 1 AO (BFH-Urteil vom 1391989 I R 1985 BStBl 1990 II S 28) Voraussetzung ist jedoch dass die Ruumlcklagenbildung dem Zweck der Beschaffung von Mitteln fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke einer anderen Koumlrperschaft entspricht Diese Voraussetzung ist zB erfuumlllt wenn die Mittelbeschaffungskoumlrperschaft wegen zeitlicher Verzoumlgerung der von ihr zu finanzierenden steuerbeguumlnstigten Maszlignahmen angehalten ist die beschafften Mittel zunaumlchst zu thesaurieren

8 Unterhaumllt eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb so koumlnnen dessen Ertraumlge der Ruumlcklage erst nach Versteuerung zugefuumlhrt werden

Zu sect 62 Abs 1 Nr 3 AO

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9 Der freien Ruumlcklage (sect 62 Abs 1 Nr 3 AO) darf jaumlhrlich houmlchstens ein Drittel des Uumlberschusses der Einnahmen uumlber die Ausgaben aus der Vermoumlgensverwaltung zugefuumlhrt werden Unter Ausgaben sind Aufwendungen zu verstehen die dem Grunde nach Werbungskosten sind

10 Daruumlber hinaus kann die Koumlrperschaft houmlchstens 10 ihrer sonstigen nach sect 55 Abs 1 Nr 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel einer freien Ruumlcklage zufuumlhren Mittel iSd Vorschrift sind die Uumlberschuumlsse bzw Gewinne aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben und Zweckbetrieben sowie die Bruttoeinnahmen aus dem ideellen Bereich Bei Anwendung der Regelungen des sect 64 Abs 5 und 6 AO koumlnnen in die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der Ruumlcklage statt der geschaumltzten bzw pauschal ermittelten Gewinne die tatsaumlchlichen Gewinne einbezogen werden

Verluste aus Zweckbetrieben sind mit entsprechenden Uumlberschuumlssen zu verrechnen daruumlber hinaus gehende Verluste mindern die Bemessungsgrundlage nicht Das gilt entsprechend fuumlr Verluste aus dem einheitlichen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb Ein Uumlberschuss aus der Vermoumlgensverwaltung ist shyunabhaumlngig davon inwieweit er in eine Ruumlcklage eingestellt wurde - nicht in die Bemessungsgrundlage fuumlr die Zufuumlhrung aus den sonstigen zeitnah zu verwendenden Mitteln einzubeziehen Ein Verlust aus der Vermoumlgensverwaltung mindert die Bemessungsgrundlage nicht

11 Wird der jaumlhrliche Houmlchstbetrag der Mittel die in die freie Ruumlcklage haumltten eingestellt werden koumlnnen in einem Jahr nicht ausgeschoumlpft koumlnnen Mittel in Houmlhe des nicht ausgeschoumlpften Betrages zusaumltzlich in den beiden Folgejahren in die freie Ruumlcklage eingestellt werden

Eine Koumlrperschaft haumltte im Jahr 01 beispielsweise 30000 euro in die freie Ruumlcklage einstellen koumlnnen Tatsaumlchlich stellte sie aber nur 25000 euro ein In den naumlchsten beiden Jahren kann die Koumlrperschaft zusaumltzlich zu dem fuumlr das jeweilige Jahr zulaumlssigen Betrag nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO noch weitere 5000 euro in die freie Ruumlcklage des jeweiligen Jahres einstellen Die Koumlrperschaft kann diesen Betrag auf beide Jahre aufteilen (02 3000 euro 03 2000 euro) oder den ganzen Betrag (entweder 02 oder 03) in die Ruumlcklage einstellen

Die steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft muss die freie Ruumlcklage waumlhrend der Dauer ihres Bestehens nicht aufloumlsen Die in die Ruumlcklage eingestellten Mittel koumlnnen auch dem Vermoumlgen zugefuumlhrt werden

Zu sect 62 Abs 1 Nr 4 AO

12 Die Ansammlung von Mitteln zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften ist zulaumlssig (sect 62 Abs 1 Nr 4 AO) Die Herkunft der Mittel ist dabei ohne Bedeutung sect 62 Abs 1 Nr 4 AO ist nicht auf den erstmaligen Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften anzuwenden Hierfuumlr koumlnnen ua freie Ruumlcklagen nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO eingesetzt werden

13 Die Houmlchstgrenze fuumlr die Zufuumlhrung zu der freien Ruumlcklage mindert sich um den Betrag den die Koumlrperschaft zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften ausgibt oder in die Ruumlcklage einstellt Uumlbersteigt der fuumlr die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendete oder in eine Ruumlcklage eingestellte Betrag die Houmlchstgrenze ist auch in den Folgejahren eine Zufuumlhrung zu der freien Ruumlcklage erst wieder moumlglich wenn die fuumlr eine freie Ruumlcklage verwendbaren Mittel insgesamt die fuumlr die Erhaltung der Beteiligungsquote verwendeten oder in die Ruumlcklage eingestellten Mittel uumlbersteigen Die Zufuumlhrung von Mitteln zu Ruumlcklagen nach sect 62 Abs 1 Nrn 1 und 2 AO beruumlhrt die Houmlchstgrenze fuumlr die Bildung freier Ruumlcklagen dagegen nicht

Beispiel

Beispiel fuumlr eine Ruumlcklagenbildung nach sect 62 Abs 1 Nrn 3 und 4 AO

VZ 01

Spenden 10000 euro

Einnahmen aus Vermoumlgensverwaltung 12000 euro

Ausgaben in der Vermoumlgensverwaltung 9000 euro

Gewinne aus

‐ Zweckbetrieben 2500 euro ‐ steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben 3000 euro

10 von (10000 euro + 2500 euro + 3000 euro) = 1550 euro

≙ Potenzial zur Ruumlcklagenbildung nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO 2550 euro

Tatsaumlchliche Ruumlcklagenbildung im VZ 01

13 von (12000 euro - 9000 euro) = 1000 euro

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nach sect 62 Abs 1 Nr 4 AO 3000 euro

nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO

Uumlberhang nach sect 62 Abs 1 Nr 4 im Verhaumlltnis zu Nr 3 AO 450 euro

0 euro

VZ 02

Spenden 20000 euro

Einnahmen aus Vermoumlgensverwaltung 16000 euro

Ausgaben in der Vermoumlgensverwaltung 10000 euro

Gewinne aus

- Zweckbetrieben 1000 euro

- steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben 5000 euro

10 von (20000 euro + 1000 euro + 5000 euro) = 2600 euro

13 von (16000 euro - 10000 euro) = 2000 euro

abzgl Uumlberhang nach sect 62 Abs 1 Nr 4 im Verhaumlltnis zu Nr 3 AO 450 euro

≙ Potenzial zur Ruumlcklagenbildung nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO 4150 euro

Tatsaumlchliche Ruumlcklagenbildung im VZ 02

nach sect 62 Abs 1 Nr 4 AO 1000 euro

nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO 3150 euro

Zu sect 62 Abs 2 AO

14 Ruumlcklagen sind in der Frist des sect 55 Abs 1 Nr 5 Satz 3 AO zu bilden Nur tatsaumlchlich vorhandene Mittel koumlnnen in eine Ruumlcklage eingestellt werden Ob die Voraussetzungen fuumlr die Bildung einer Ruumlcklage vorliegen hat die steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft dem zustaumlndigen Finanzamt im Einzelnen darzulegen Weiterhin muss sie die Ruumlcklagen nach sect 62 Abs 1 AO in ihrer Rechnungslegung - ggf in einer Nebenrechnung - gesondert ausweisen damit eine Kontrolle jederzeit und ohne besonderen Aufwand moumlglich ist (BFH-Urteil vom 20121978 I R 2176 BStBl 1979 II S 496)

Entfaumlllt der Grund fuumlr die Bildung einer Ruumlcklage nach sect 62 Absatz 1 Nrn 1 2 und 4 AO so ist diese unverzuumlglich aufzuloumlsen Die dadurch freigewordenen Mittel sind innerhalb der Frist des sect 55 Abs 1 Nr 5 Satz 3 AO zu verwenden

Die freigewordenen Mittel koumlnnen auch in die Ruumlcklagen nach sect 62 Abs 1 Nrn 1 2 und 4 AO eingestellt werden Bei diesen Mitteln handelt es sich nicht um sonstige nach sect 55 Abs 1 Nr 5 AO zeitnah zu verwendende Mittel (sectsect 58 Nr 3 62 Abs 1 Nr 3 AO)

15 Vorstehende Grundsaumltze gelten fuumlr Ruumlcklagen im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb und fuumlr Ruumlcklagen im Bereich der Vermoumlgensverwaltung entsprechend

Zu sect 62 Abs 3 AO

16 Die in sect 62 Abs 3 AO genannten Zuwendungen koumlnnen dem Vermoumlgen zugefuumlhrt werden Die Aufzaumlhlung ist abschlieszligend Unter Sachzuwendungen die ihrer Natur nach zum Vermoumlgen gehoumlren sind Wirtschaftsguumlter zu verstehen die ihrer Art nach von der Koumlrperschaft im ideellen Bereich im Rahmen der Vermoumlgensverwaltung oder im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb genutzt werden koumlnnen

Werden Mittel nach dieser Vorschrift dem Vermoumlgen zugefuumlhrt sind sie aus der Bemessungsgrundlage fuumlr Zufuumlhrungen von sonstigen zeitnah zu verwendenden Mitteln nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO herauszurechnen

Zu sect 62 Abs 4 AO

17 Stiftungen duumlrfen im Jahr ihrer Errichtung und in den drei folgenden Kalenderjahren Uumlberschuumlsse und Gewinne aus der Vermoumlgensverwaltung aus Zweckbetrieb und aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben ganz oder teilweise ihrem Vermoumlgen zufuumlhren Fuumlr sonstige Mittel zB Zuwendungen und Zuschuumlsse gilt diese Regelung dagegen nicht

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Liegen in einem Kalenderjahr positive und negative Ergebnisse aus der Vermoumlgensverwaltung aus den Zweckbetrieben und dem einheitlichen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb vor ist eine Zufuumlhrung zum Vermoumlgen auf den positiven Betrag begrenzt der nach der Verrechnung der Ergebnisse verbleibt

AEAO zu sect 63 - Anforderungen an die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung

1 Den Nachweis dass die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung den notwendigen Erfordernissen entspricht hat die Koumlrperschaft durch ordnungsmaumlszligige Aufzeichnungen (insbesondere Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben Taumltigkeitsbericht Vermoumlgensuumlbersicht mit Nachweisen uumlber die Bildung und Entwicklung der Ruumlcklagen) zu fuumlhren Die Vorschriften der AO uumlber die Fuumlhrung von Buumlchern und Aufzeichnungen (sectsect 140 ff AO) sind zu beachten Die Vorschriften des Handelsrechts einschlieszliglich der entsprechenden Buchfuumlhrungsvorschriften gelten nur sofern sich dies aus der Rechtsform der Koumlrperschaft oder aus ihrer wirtschaftlichen Taumltigkeit ergibt Bei der Verwirklichung steuerbeguumlnstigter Zwecke im Ausland besteht eine erhoumlhte Nachweispflicht (sect 90 Abs 2 AO)

2 Hat das Finanzamt eine Frist nach sect 63 Abs 4 AO gesetzt gilt die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung als ordnungsgemaumlszlig wenn die Koumlrperschaft die Mittel innerhalb der gesetzten Frist fuumlr steuerbeguumlnstigte Zwecke verwendet

3 Die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung umfasst auch die Ausstellung steuerlicher Zuwendungsbestaumltigungen Zuwendungsbestaumltigungen duumlrfen nur dann ausgestellt werden wenn die Voraussetzungen des sect 63 Abs 5 AO vorliegen Die Erlaubnis wird an die Erteilung eines Feststellungsbescheids nach sect 60a Abs 1 AO eines Freistellungsbescheids oder eine Anlage zum Koumlrperschaftsteuerbescheid geknuumlpft Ist der Bescheid nach sect 60a AO aumllter als drei Jahre oder ist der Freistellungsbescheid - beziehungsweise sind die Anlagen zum Koumlrperschaftsteuerbescheid - aumllter als fuumlnf Jahre darf die Koumlrperschaft keine Zuwendungsbestaumltigungen mehr ausstellen

Bei Missbraumluchen auf diesem Gebiet zB durch die Ausstellung von Gefaumllligkeitsbestaumltigungen ist die Steuerbeguumlnstigung zu versagen

4 Liegen neuere Erkenntnisse nach Bekanntgabe einer Feststellung nach sect 60a AO eines Freistellungsbescheids oder einer Anlage zum Koumlrperschaftsteuerbescheid vor dass auf Grund der tatsaumlchlichen Geschaumlftsfuumlhrung der Koumlrperschaft die Steuerbeguumlnstigung voraussichtlich nicht gewaumlhrt werden kann kann eine Steuerfestsetzung (ggf mit 0 euro) erfolgen

Dies kann durch einen Vorauszahlungsbescheid oder einen Koumlrperschaftsteuerbescheid geschehen in dem jeweils von der vollen Steuerpflicht ausgegangen wird Dies hat zur Folge dass die Koumlrperschaft nicht mehr berechtigt ist Zuwendungsbestaumltigungen auszustellen

Die Koumlrperschaft ist auf eine moumlgliche Haftungsinanspruchnahme nach sect 10b Abs 4 EStG hinzuweisen

5 Die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung muss sich im Rahmen der verfassungsmaumlszligigen Ordnung halten da die Rechtsordnung als selbstverstaumlndlich das gesetzestreue Verhalten aller Rechtsunterworfenen voraussetzt Als Verstoszlig gegen die Rechtsordnung der die Steuerbeguumlnstigung ausschlieszligt kommt auch eine Steuerverkuumlrzung in Betracht (BFH-Urteil vom 2792001 V R 1799 BStBl 2002 II S 169) Die verfassungsmaumlszligige Ordnung wird schon durch die Nichtbefolgung von polizeilichen Anordnungen durchbrochen (BFH-Urteil vom 2981984 I R 21581 BStBl 1985 II S 106) Gewaltfreier Widerstand zB Sitzblockaden gegen geplante Maszlignahmen des Staates verstoumlszligt grundsaumltzlich nicht gegen die verfassungsmaumlszligige Ordnung (vgl BVerfG-Beschluss vom 1011995 1 BvR 71889 1 BvR 71989 1 BvR 72289 1 BvR 72389 BVerfGE 92 S 1 bis 25)

AEAO zu sect 64 - Steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe

Zu sect 64 Abs 1 AO

1 Als Gesetz das die Steuerverguumlnstigung teilweise naumlmlich fuumlr den wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb (sect 14 Saumltze 1 und 2 AO) ausschlieszligt ist das jeweilige Steuergesetz zu verstehen also sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG sect 3 Nr 6 GewStG sect 12 Abs 2 Nr 8 Satz 2 UStG sect 3 Abs 1 Nr 3b GrStG iVm A 12 Abs 4 GrStR

2 Wegen des Begriffs bdquoWirtschaftlicher Geschaumlftsbetriebldquo wird auf sect 14 AO hingewiesen Zum Begriff der bdquoNachhaltigkeitldquo bei wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben siehe BFH-Urteil vom 2181985 I R 6080 BStBl 1986 II S 88 Danach ist eine Taumltigkeit grundsaumltzlich nachhaltig wenn sie auf Wiederholung angelegt ist Es genuumlgt wenn bei der Taumltigkeit der allgemeine Wille besteht gleichartige oder aumlhnliche Handlungen bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen Wiederholte Taumltigkeiten liegen auch vor wenn der Grund zum Taumltigwerden auf einem einmaligen Entschluss beruht die Erledigung aber mehrere (Einzel-)Taumltigkeiten erfordert Die Einnahmen aus der Verpachtung eines vorher selbst betriebenen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs unterliegen solange der Koumlrperschaft- und Gewerbesteuer bis die Koumlrperschaft die Betriebsaufgabe erklaumlrt (BFH-Urteil vom 442007 I R 5506 BStBl II S 725)

3 Ob eine an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft beteiligte steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft gewerbliche Einkuumlnfte bezieht wird im gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid der

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Personengesellschaft bindend festgestellt (BFH-Urteil vom 2771988 I R 11384 BStBl 1989 II S 134) Ob ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb oder ein Zweckbetrieb (sectsect 65 bis 68 AO) vorliegt ist dagegen bei der Koumlrperschaftsteuerveranlagung der steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft zu entscheiden Die Beteiligung einer gemeinnuumltzigen Koumlrperschaft an einer gewerblich gepraumlgten vermoumlgensverwaltenden Personengesellschaft stellt keinen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb dar (BFH-Urteil vom 2552011 I R 6010 BStBl 2012 II S858) Die Beteiligung einer steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft an einer Kapitalgesellschaft ist grundsaumltzlich Vermoumlgensverwaltung (sect 14 Satz 3 AO) Sie stellt jedoch einen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb dar wenn mit ihr tatsaumlchlich ein entscheidender Einfluss auf die laufende Geschaumlftsfuumlhrung der Kapitalgesellschaft ausgeuumlbt wird oder ein Fall der Betriebsaufspaltung vorliegt (vgl BFH-Urteil vom 3061971 I R 5770 BStBl II S 753 H 157 (4) bis H 157 (6) EStH 2011) Besteht die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft die selbst ausschlieszliglich der Vermoumlgensverwaltung dient so liegt auch bei Einflussnahme auf die Geschaumlftsfuumlhrung kein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb vor (vgl R 16 Abs 5 KStR) Dies gilt auch bei Beteiligung an einer steuerbeguumlnstigten Kapitalgesellschaft Die Grundsaumltze der Betriebsaufspaltung sind nicht anzuwenden wenn sowohl das Betriebs- als auch das Besitzunternehmen steuerbeguumlnstigt sind Dies gilt aber nur insoweit als die uumlberlassenen wesentlichen Betriebsgrundlagen bei dem Betriebsunternehmen nicht in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb eingesetzt werden

4 Bei der Ermittlung des Gewinns aus dem wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb sind die Betriebsausgaben zu beruumlcksichtigen die durch den Betrieb veranlasst sind Dazu gehoumlren Ausgaben die dem Betrieb unmittelbar zuzuordnen sind weil sie ohne den Betrieb nicht oder zumindest nicht in dieser Houmlhe angefallen waumlren

5 Bei so genannten gemischt veranlassten Kosten die sowohl durch die steuerfreie als auch durch die steuerpflichtige Taumltigkeit veranlasst sind scheidet eine Beruumlcksichtigung als Betriebsausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs grundsaumltzlich aus wenn sie ihren primaumlren Anlass im steuerfreien Bereich haben Werden zB Werbemaszlignahmen bei sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen durchgefuumlhrt sind die Veranstaltungskosten soweit sie auch ohne die Werbung entstanden waumlren keine Betriebsausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs bdquoWerbungldquo (BFH-Urteil vom 2731991 I R 3189 BStBl 1992 II S 103 zur pauschalen Gewinnermittlung bei Werbung im Zusammenhang mit der steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit einschlieszliglich Zweckbetrieben vgl Nrn 28 ff des AEAO zu sect 64)

6 Unabhaumlngig von ihrer primaumlren Veranlassung ist eine anteilige Beruumlcksichtigung von gemischt veranlassten Aufwendungen (einschlieszliglich Absetzung fuumlr Abnutzung) als Betriebsausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs dann zulaumlssig wenn ein objektiver Maszligstab fuumlr die Aufteilung der Aufwendungen (zB nach zeitlichen Gesichtspunkten) auf den ideellen Bereich einschlieszliglich der Zweckbetriebe und den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb besteht

Danach ist zB bei der Gewinnermittlung fuumlr den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb bdquoGreenfeeldquo von steuerbeguumlnstigten Golfvereinen - abweichend von den Grundsaumltzen des BFH-Urteils vom 2731991 I R 3189 BStBl 1992 II S 103 - wegen der Abgrenzbarkeit nach objektiven Maszligstaumlben (zB im Verhaumlltnis der Nutzung der Golfanlage durch vereinsfremde Spieler zu den Golf spielenden Vereinsmitgliedern im Kalenderjahr) trotz primaumlrer Veranlassung durch den ideellen Bereich des Golfvereins ein anteiliger Betriebsausgabenabzug der Aufwendungen (zB fuumlr Golfplatz- und Personalkosten) zulaumlssig Bei gemeinnuumltzigen Musikvereinen sind Aufwendungen die zu einem Teil mit Auftritten ihrer Musikgruppen bei eigenen steuerpflichtigen Festveranstaltungen zusammenhaumlngen anteilig als Betriebsausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs abzuziehen Derartige Aufwendungen sind zB Kosten fuumlr Notenmaterial Uniformen und Verstaumlrkeranlagen die sowohl bei Auftritten die unentgeltlich erfolgen oder Zweckbetriebe sind als auch bei Auftritten im Rahmen eines eigenen steuerpflichtigen Betriebs eingesetzt werden Als Maszligstab fuumlr die Aufteilung kommt die Zahl der Stunden die einschlieszliglich der Proben auf die jeweiligen Bereiche entfallen in Betracht

Auch die Personal- und Sachkosten fuumlr die allgemeine Verwaltung koumlnnen grundsaumltzlich im wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb abgezogen werden soweit sie bei einer Aufteilung nach objektiven Maszligstaumlben teilweise darauf entfallen Bei Kosten fuumlr die Errichtung und Unterhaltung von Vereinsheimen gibt es idR keinen objektiven Aufteilungsmaszligstab

7 Unter Sponsoring wird uumlblicherweise die Gewaumlhrung von Geld oder geldwerten Vorteilen durch Unternehmen zur Foumlrderung von Personen Gruppen undoder Organisationen in sportlichen kulturellen kirchlichen wissenschaftlichen sozialen oumlkologischen oder aumlhnlich bedeutsamen gesellschaftspolitischen Bereichen verstanden mit der regelmaumlszligig auch eigene unternehmensbezogene Ziele der Werbung oder Oumlffentlichkeitsarbeit verfolgt werden Leistungen eines Sponsors beruhen haumlufig auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Sponsor und dem Empfaumlnger der Leistungen (Sponsoring-Vertrag) in dem Art und Umfang der Leistungen des Sponsors und des Empfaumlngers geregelt sind

8 Die im Zusammenhang mit dem Sponsoring erhaltenen Leistungen koumlnnen bei einer steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft steuerfreie Einnahmen im ideellen Bereich steuerfreie Einnahmen aus der Vermoumlgensverwaltung oder Einnahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs sein

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Die steuerliche Behandlung der Leistungen beim Empfaumlnger haumlngt grundsaumltzlich nicht davon ab wie die entsprechenden Aufwendungen beim leistenden Unternehmen behandelt werden Fuumlr die Abgrenzung gelten die allgemeinen Grundsaumltze

9 Danach liegt kein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb vor wenn die steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft dem Sponsor nur die Nutzung ihres Namens zu Werbezwecken in der Weise gestattet dass der Sponsor selbst zu Werbezwecken oder zur Imagepflege auf seine Leistungen an die Koumlrperschaft hinweist

Ein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb liegt auch dann nicht vor wenn der Empfaumlnger der Leistungen zB auf Plakaten Veranstaltungshinweisen in Ausstellungskatalogen oder in anderer Weise auf die Unterstuumltzung durch einen Sponsor lediglich hinweist Dieser Hinweis kann unter Verwendung des Namens Emblems oder Logos des Sponsors jedoch ohne besondere Hervorhebung erfolgen Entsprechende Sponsoringeinnahmen sind nicht als Einnahmen aus der Vermoumlgensverwaltung anzusehen Eine Zufuumlhrung zur freien Ruumlcklage nach sect 62 Abs 1 Nr 3 AO ist daher lediglich iHv 10 der Einnahmen nicht aber iHv einem Drittel des daraus erzielten Uumlberschusses moumlglich

10 Ein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb liegt dagegen vor wenn die Koumlrperschaft an den Werbemaszlignahmen mitwirkt Dies ist zB der Fall wenn die Koumlrperschaft dem Sponsor das Recht einraumlumt in einem von ihr herausgegebenen Publikationsorgan Werbeanzeigen zu schalten einschlaumlgige sponsorbezogene Themen darzustellen und bei Veranstaltungen der Koumlrperschaft deren Mitglieder uumlber diese Themen zu informieren und dafuumlr zu werben (vgl BFH-Urteil vom 7112007 I R 4206 BStBl 2008 II S 949) Der wirtschaftliche Geschaumlftsbetrieb kann kein Zweckbetrieb (sectsect 65 bis 68 AO) sein Soweit Sponsoringeinnahmen unmittelbar in einem aus anderen Gruumlnden steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb anfallen sind sie diesem zuzurechnen

Zu sect 64 Abs 2 AO

11 Die Regelung dass bei steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaften mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe als ein Betrieb zu behandeln sind gilt auch fuumlr die Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens der Koumlrperschaft und fuumlr die Beurteilung der Buchfuumlhrungspflicht nach sect 141 Abs 1 AO Fuumlr die Frage ob die Grenzen fuumlr die Buchfuumlhrungspflicht uumlberschritten sind kommt es also auf dieWerte (Einnahmen Uumlberschuss) des Gesamtbetriebs an

12 sect 55 Abs 1 Nr 1 Satz 2 und Nr 3 AO gilt auch fuumlr den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb Das bedeutet ua dass Verluste und Gewinnminderungen in den einzelnen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben nicht durch Zuwendungen an Mitglieder oder durch unverhaumlltnismaumlszligig hohe Verguumltungen entstanden sein duumlrfen

13 Bei einer Koumlrperschaft die mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe unterhaumllt ist fuumlr die Frage ob gemeinnuumltzigkeitsschaumldliche Verluste vorliegen nicht auf das Ergebnis des einzelnen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs sondern auf das zusammengefasste Ergebnis aller steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebe abzustellen Danach ist die Gemeinnuumltzigkeit einer Koumlrperschaft gefaumlhrdet wenn die steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebe insgesamt Verluste erwirtschaften (vgl Nrn 4 ff des AEAO zu sect 55)

In den Faumlllen des sect 64 Abs 5 und 6 AO ist nicht der geschaumltzte bzw pauschal ermittelte Gewinn sondern das Ergebnis zu beruumlcksichtigen das sich bei einer Ermittlung nach den allgemeinen Regelungen ergeben wuumlrde (vgl Nrn 4 bis 6 des AEAO zu sect 64)

Zu sect 64 Abs 3 AO

14 Die Houmlhe der Einnahmen aus den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben bestimmt sich nach den Grundsaumltzen der steuerlichen Gewinnermittlung Bei steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaften die den Gewinn nach sect 4 Abs 1 oder sect 5 EStG ermitteln kommt es deshalb nicht auf den Zufluss iSd sect 11 EStG an so dass auch Forderungszugaumlnge als Einnahmen zu erfassen sind Bei anderen steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaften sind die im Kalenderjahr zugeflossenen Einnahmen (sect 11 EStG) maszliggeblich Ob die Einnahmen die Besteuerungsgrenze uumlbersteigen ist fuumlr jedes Jahr gesondert zu pruumlfen Nicht leistungsbezogene Einnahmen sind nicht den fuumlr die Besteuerungsgrenze maszliggeblichen Einnahmen zuzurechnen (vgl Nr 16 des AEAO zu sect 64)

15 Zu den Einnahmen iSd sect 64 Abs 3 AO gehoumlren leistungsbezogene Einnahmen einschlieszliglich Umsatzsteuer aus dem laufenden Geschaumlft wie Einnahmen aus dem Verkauf von Speisen und Getraumlnken Dazu zaumlhlen auch erhaltene Anzahlungen

16 Zu den leistungsbezogenen Einnahmen iSd Nr 15 des AEAO zu sect 64 gehoumlren zB nicht

a) der Erloumls aus der Veraumluszligerung von Wirtschaftsguumltern des Anlagevermoumlgens des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs

b) Betriebskostenzuschuumlsse sowie Zuschuumlsse fuumlr die Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsguumltern des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs

c) Investitionszulagen

d) der Zufluss von Darlehen

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e) Entnahmen iSd sect 4 Abs 1 EStG

f) die Aufloumlsung von Ruumlcklagen

g) erstattete Betriebsausgaben zB Umsatzsteuer

h) Versicherungsleistungen mit Ausnahme des Ersatzes von leistungsbezogenen Einnahmen

17 Ist eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft an einer Personengesellschaft oder Gemeinschaft beteiligt sind fuumlr die Beurteilung ob die Besteuerungsgrenze uumlberschritten wird die anteiligen (Brutto-)Einnahmen aus der Beteiligung - nicht aber der Gewinnanteil - maszliggeblich Bei Beteiligung einer steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft an einer Kapitalgesellschaft sind die Bezuumlge iSd sect 8b Abs 1 KStG und die Erloumlse aus der Veraumluszligerung von Anteilen iSd sect 8b Abs 2 KStG als Einnahmen iSd sect 64 Abs 3 AO zu erfassen wenn die Beteiligung einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb darstellt (vgl Nr 3 des AEAO zu sect 64) oder in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb gehalten wird

18 In den Faumlllen des sect 64 Abs 5 und 6 AO sind fuumlr die Pruumlfung ob die Besteuerungsgrenze iSd sect 64 Abs 3 AO uumlberschritten wird die tatsaumlchlichen Einnahmen anzusetzen

19 Einnahmen aus sportlichen Veranstaltungen die nach sect 67a Abs 1 Satz 1 AO oder - bei einer Option -Abs 3 kein Zweckbetrieb sind gehoumlren zu den Einnahmen iSd sect 64 Abs 3 AO

Beispiel

Ein Sportverein der auf die Anwendung des sect 67a Abs 1 Satz 1 AO (Zweckbetriebsgrenze) verzichtet hat erzielt im Jahr 01 folgende Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben

Sportliche Veranstaltungen an denen kein bezahlter Sportler teilgenommen hat 40000 euro

Sportliche Veranstaltungen an denen bezahlte Sportler des Vereins teilgenommen haben 20000 euro

Verkauf von Speisen und Getraumlnken 5000 euro

Die Einnahmen aus wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben die keine Zweckbetriebe sind betragen 25000 euro (20000 euro + 5000 euro) Die Besteuerungsgrenze von 35000 euro wird nicht uumlberschritten

20 Eine wirtschaftliche Betaumltigung verliert durch das Unterschreiten der Besteuerungsgrenze nicht den Charakter des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs Das bedeutet dass kein Beginn einer teilweisen Steuerbefreiung iSd sect 13 Abs 5 KStG vorliegt und dementsprechend keine Schlussbesteuerung durchzufuumlhren ist wenn Koumlrperschaft- und Gewerbesteuer wegen sect 64 Abs 3 AO nicht mehr erhoben werden

21 Bei Koumlrperschaften mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr sind fuumlr die Frage ob die Besteuerungsgrenze uumlberschritten wird die in dem Wirtschaftsjahr erzielten Einnahmen maszliggeblich

22 Der allgemeine Grundsatz des Gemeinnuumltzigkeitsrechts dass fuumlr die steuerbeguumlnstigten Zwecke gebundene Mittel nicht fuumlr den Ausgleich von Verlusten aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben verwendet werden duumlrfen wird durch sect 64 Abs 3 AO nicht aufgehoben Unter diesem Gesichtspunkt braucht jedoch bei Unterschreiten der Besteuerungsgrenze der Frage der Mittelverwendung nicht nachgegangen zu werden wenn bei uumlberschlaumlgiger Pruumlfung der Aufzeichnungen erkennbar ist dass in dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb (sect 64 Abs 2 AO) keine Verluste entstanden sind

23 Verluste und Gewinne aus Jahren in denen die maszliggeblichen Einnahmen die Besteuerungsgrenze nicht uumlbersteigen bleiben bei dem Verlustabzug (sect 10d EStG) auszliger Ansatz Ein ruumlck- und vortragbarer Verlust kann danach nur in Jahren entstehen in denen die Einnahmen die Besteuerungsgrenze uumlbersteigen Dieser Verlust wird nicht fuumlr Jahre verbraucht in denen die Einnahmen die Besteuerungsgrenze von 35000 euro nicht uumlbersteigen

Zu sect 64 Abs 4 AO

24 sect 64 Abs 4 AO gilt nicht fuumlr regionale Untergliederungen (Landes- Bezirks- Ortsverbaumlnde) steuerbeguumlnstigter Koumlrperschaften

Zu sect 64 Abs 5 AO

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25 sect 64 Abs 5 AO gilt nur fuumlr Altmaterialsammlungen (Sammlung und Verwertung von Lumpen Altpapier Schrott) Die Regelung gilt nicht fuumlr den Einzelverkauf gebrauchter Sachen (Gebrauchtwarenhandel) Basare und aumlhnliche Einrichtungen sind deshalb nicht beguumlnstigt (vgl BFH-Urteil vom 1122009 I R 7308 BStBl II S 516)

26 sect 64 Abs 5 AO ist nur anzuwenden wenn die Koumlrperschaft dies beantragt (Wahlrecht)

27 Der branchenuumlbliche Reingewinn ist bei der Verwertung von Altpapier mit 5 und bei der Verwertung von ua Altmaterial mit 20 der Einnahmen anzusetzen

Zu sect 64 Abs 6 AO

28 Bei den genannten steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben ist der Besteuerung auf Antrag der Koumlrperschaft ein Gewinn von 15 der Einnahmen zugrunde zu legen Der Antrag gilt jeweils fuumlr alle gleichartigen Taumltigkeiten in dem betreffenden Veranlagungszeitraum Er entfaltet keine Bindungswirkung fuumlr folgende Veranlagungszeitraumlume

29 Nach sect 64 Abs 6 Nr 1 AO kann der Gewinn aus Werbemaszlignahmen pauschal ermittelt werden wenn sie im Zusammenhang mit der steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit einschlieszliglich Zweckbetrieben stattfinden Beispiele fuumlr derartige Werbemaszlignahmen sind die Trikot- oder Bandenwerbung bei Sportveranstaltungen die ein Zweckbetrieb sind oder die aktive Werbung in Programmheften oder auf Plakaten bei kulturellen Veranstaltungen Dies gilt auch fuumlr Sponsoring iSd Nr 10 des AEAO zu sect 64

30 Soweit Werbeeinnahmen nicht im Zusammenhang mit der ideellen steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit oder einem Zweckbetrieb erzielt werden zB Werbemaszlignahmen bei einem Vereinsfest oder bei sportlichenVeranstaltungen die wegen Uumlberschreitens der Zweckbetriebsgrenze des sect 67a Abs 1 AO oder wegen des Einsatzes bezahlter Sportler ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb sind ist sect 64 Abs 6 AO nicht anzuwenden

31 Nach sect 64 Abs 6 Nr 2 AO kann auch der Gewinn aus dem Totalisatorbetrieb der Pferderennvereine mit 15 der Einnahmen angesetzt werden Die maszliggeblichen Einnahmen ermitteln sich wie folgt

Wetteinnahmen

abzgl Rennwettsteuer (Totalisatorsteuer)

abzgl Auszahlungen an die Wetter

Zu sect 64 Abs 5 und 6 AO

32 Wird in den Faumlllen des sect 64 Abs 5 oder 6 AO kein Antrag auf Schaumltzung des Uumlberschusses oder auf pauschale Gewinnermittlung gestellt ist der Gewinn nach den allgemeinen Regeln durch Gegenuumlberstellung der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben zu ermitteln (vgl Nrn 4 bis 6 des AEAO zu sect 64)

33 Wird der Uumlberschuss nach sect 64 Abs 5 AO geschaumltzt oder nach sect 64 Abs 6 AO pauschal ermittelt sind dadurch auch die damit zusammenhaumlngenden tatsaumlchlichen Aufwendungen der Koumlrperschaft abgegolten sie koumlnnen nicht zusaumltzlich abgezogen werden

34 Wird der Uumlberschuss nach sect 64 Abs 5 AO geschaumltzt oder nach sect 64 Abs 6 AO pauschal ermittelt muss die Koumlrperschaft die mit diesen Einnahmen im Zusammenhang stehenden Einnahmen und Ausgaben gesondert aufzeichnen Die genaue Houmlhe der Einnahmen wird zur Ermittlung des Gewinns nach sect 64 Abs 5 bzw 6 AO benoumltigt Die mit diesen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben zusammenhaumlngenden Ausgaben duumlrfen das Ergebnis der anderen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebe nicht mindern

35 Die in den Bruttoeinnahmen ggf enthaltene Umsatzsteuer gehoumlrt nicht zu den maszliggeblichen Einnahmen iSd sect 64 Abs 5 und 6 AO

AEAO zu sect 65 - Zweckbetrieb

1 Der Zweckbetrieb ist ein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb iSv sect 14 AO Jedoch wird ein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich dem beguumlnstigten Bereich der Koumlrperschaft zugerechnet

2 Ein Zweckbetrieb muss tatsaumlchlich und unmittelbar satzungsmaumlszligige Zwecke der Koumlrperschaft verwirklichen die ihn betreibt Es genuumlgt nicht wenn er beguumlnstigte Zwecke verfolgt die nicht satzungsmaumlszligige Zwecke der ihn tragenden Koumlrperschaft sind Ebenso wenig genuumlgt es wenn er der Verwirklichung beguumlnstigter Zwecke nur mittelbar dient zB durch Abfuumlhrung seiner Ertraumlge (BFH-Urteil vom 2181985 I R 6080 BStBl 1986 II S 88) Ein Zweckbetrieb muss deshalb in seiner Gesamtrichtung mit den ihn begruumlndenden Taumltigkeiten und nicht nur mit den durch ihn erzielten Einnahmen den steuerbeguumlnstigten Zwecken dienen (BFH-Urteil vom 2641995 I R 3593 BStBl II S 767)

3 Weitere Voraussetzung eines Zweckbetriebes ist dass die Zwecke der Koumlrperschaft nur durch ihn erreicht werden koumlnnen Die Koumlrperschaft muss den Zweckbetrieb zur Verwirklichung ihrer

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satzungsmaumlszligigen Zwecke unbedingt und unmittelbar benoumltigen Dies ist zB nicht der Fall beim Betrieb einer Beschaffungsstelle (zentraler Ein- und Verkauf von Ausruumlstungsgegenstaumlnden Auftragsbeschaffung etc) da dieser weder unentbehrlich noch das einzige Mittel zur Erreichung des steuerbeguumlnstigten Zwecks ist

4 Der Wettbewerb eines Zweckbetriebes zu nicht beguumlnstigten Betrieben derselben oder aumlhnlicher Art muss auf das zur Erfuumlllung der steuerbeguumlnstigten Zwecke unvermeidbare Maszlig begrenzt sein Wettbewerb iSd sect 65 Nr 3 AO setzt nicht voraus dass die Koumlrperschaft auf einem Gebiet taumltig ist in der sie tatsaumlchlich in Konkurrenz zu steuerpflichtigen Betrieben derselben oder aumlhnlicher Art tritt Der Sinn und Zweck des sect 65 Nr 3 AO liegt in einem umfaumlnglichen Schutz des Wettbewerbs der auch den potentiellen Wettbewerb umfasst (vgl BFH-Urteile vom 27101993 I R 6091 BStBl 1994 II S 573 und vom 2912009 V R 4606 BStBl II S 560) Ein Zweckbetrieb ist daher - entgegen dem BFH-Urteil vom 3032000 V R 3099 BStBl II S 705 - bereits dann nicht gegeben wenn ein Wettbewerb mit steuerpflichtigen Unternehmen lediglich moumlglich waumlre ohne dass es auf die tatsaumlchliche Wettbewerbssituation vor Ort ankommt Unschaumldlich ist dagegen der uneingeschraumlnkte Wettbewerb zwischen Zweckbetrieben die demselben steuerbeguumlnstigten Zweck dienen und ihn in der gleichen oder in aumlhnlicher Form verwirklichen

AEAO zu sect 66 - Wohlfahrtspflege

1 Die Bestimmung enthaumllt eine Sonderregelung fuumlr wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe die sich mit der Wohlfahrtspflege befassen

2 Die Wohlfahrtspflege darf nicht des Erwerbs wegen ausgefuumlhrt werden Damit ist keine Einschraumlnkung gegenuumlber den Voraussetzungen der Selbstlosigkeit gegeben wie sie in sect 55 AO bestimmt sind

3 Die Taumltigkeit muss auf die Sorge fuumlr notleidende oder gefaumlhrdete Menschen gerichtet sein Notleidend bzw gefaumlhrdet sind Menschen die eine oder beide der in sect 53 Nrn 1 und 2 AO genannten Voraussetzungen erfuumlllen Es ist nicht erforderlich dass die gesamte Taumltigkeit auf die Foumlrderung notleidender bzw gefaumlhrdeter Menschen gerichtet ist Es genuumlgt wenn zwei Drittel der Leistungen einer Einrichtung notleidenden bzw gefaumlhrdeten Menschen zugute kommen Auf das Zahlenverhaumlltnis von gefaumlhrdeten bzw notleidenden und uumlbrigen gefoumlrderten Menschen kommt es nicht an

4 Eine Einrichtung der Wohlfahrtspflege liegt regelmaumlszligig vor bei haumluslichen Pflegeleistungen durch eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft im Rahmen des Siebten oder Elften Buches Sozialgesetzbuch des Bundessozialhilfegesetzes oder des Bundesversorgungsgesetzes

5 Die Belieferung von Studentinnen und Studenten mit Speisen und Getraumlnken in Mensa- und Cafeteria-Betrieben von Studentenwerken ist als Zweckbetrieb zu beurteilen Der Verkauf von alkoholischen Getraumlnken Tabakwaren und sonstigen Handelswaren darf jedoch nicht mehr als 5 des Gesamtumsatzes ausmachen Auch bei anderen steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaften kann entsprechend der Beurteilung bei den Studentenwerken der Betrieb einer Cafeteria fuumlr Studierende auf dem Campus ein Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege sein Entsprechendes gilt fuumlr die Grundversorgung von Schuumllerinnen und Schuumllern mit Speisen und Getraumlnken an Schulen

6 Der Krankentransport von Personen fuumlr die waumlhrend der Fahrt eine fachliche Betreuung bzw der Einsatz besonderer Einrichtungen eines Krankentransport- oder Rettungswagens erforderlich ist oder moumlglicherweise notwendig wird ist als Zweckbetrieb zu beurteilen Die steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaften uumlben ihren Rettungsdienst und Krankentransport entgegen der Annahme des BFH in seinem Beschluss vom 1892007 I R 3006 BStBl 2009 II S 126 regelmaumlszligig nicht des Erwerbs wegen und zur Beschaffung zusaumltzlicher Mittel aus sondern verfolgen damit ihren satzungsmaumlszligigen steuerbeguumlnstigten Zweck der Sorge fuumlr Not leidende oder gefaumlhrdete Menschen Sind die uumlbrigen Voraussetzungen erfuumlllt koumlnnen deshalb auch Leistungen wie der Krankentransport und der Rettungsdienst die Wohlfahrtsverbaumlnde zu denselben Bedingungen wie private gewerbliche Unternehmen anbieten beguumlnstigte Einrichtungen der Wohlfahrtspflege sein Dagegen erfuumlllt die bloszlige Befoumlrderung von Personen fuumlr die der Arzt eine Krankenfahrt (Befoumlrderung in Pkwlsquos Taxen oder Mietwagen) verordnet hat nicht die Kriterien nach sect 66 Abs 2 AO

7 Werden die Leistungen unter gleichen Bedingungen sowohl gegenuumlber hilfebeduumlrftigen als auch nicht hilfebeduumlrftigen Personen erbracht ist ein einheitlicher wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb bdquoEinrichtung der Wohlfahrtspflegeldquo anzunehmen Dieser ist als Zweckbetrieb zu behandeln wenn die 23-Grenze des sect 66 AO erfuumlllt wird Die Einhaltung dieser Tatbestandsvoraussetzung ist nachzuweisen Bei Kleiderkammern Suppenkuumlchen Obdachlosenasylen und den sogenannten Tafeln kann auf den Nachweis der 23-Grenze verzichtet werden wenn ein Bescheid nach sect 53 Nr 2 Satz 8 AO vorliegt

8 Gesellige Veranstaltungen sind als steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe zu behandeln Veranstaltungen bei denen zwar auch die Geselligkeit gepflegt wird die aber in erster Linie zur Betreuung behinderter Personen durchgefuumlhrt werden koumlnnen unter den Voraussetzungen der sectsect 65 66 AO Zweckbetrieb sein

AEAO zu sect 67a - Sportliche Veranstaltungen

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Allgemeines

1 Sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins sind grundsaumltzlich ein Zweckbetrieb wenn die Einnahmen einschlieszliglich der Umsatzsteuer aus allen sportlichen Veranstaltungen des Vereins die Zweckbetriebsgrenze von 45000 euro im Jahr nicht uumlbersteigen (sect 67a Abs 1 Satz 1 AO) Uumlbersteigen die Einnahmen die Zweckbetriebsgrenze von 45000 euro liegt grundsaumltzlich ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb vor

Der Verein kann auf die Anwendung der Zweckbetriebsgrenze verzichten (sect 67a Abs 2 AO) Die steuerliche Behandlung seiner sportlichen Veranstaltungen richtet sich dann nach sect 67a Abs 3 AO

2 Unter Sportvereinen iSd Vorschrift sind alle gemeinnuumltzigen Koumlrperschaften zu verstehen bei denen die Foumlrderung des Sports (sect 52 Abs 2 Nr 21 AO) Satzungszweck ist die tatsaumlchliche Geschaumlftsfuumlhrung muss diesem Satzungszweck entsprechen (sect 59 AO) sect 67a AO gilt also zB auch fuumlr Sportverbaumlnde Sie gilt auch fuumlr Sportvereine die Fuszligballveranstaltungen unter Einsatz ihrer Lizenzspieler nach der bdquoLizenzordnung Spielerldquo der Organisation Die Liga-Fuszligballverband eV - Ligaverband durchfuumlhren

3 Als sportliche Veranstaltung ist die organisatorische Maszlignahme eines Sportvereins anzusehen die es aktiven Sportlern (die nicht Mitglieder des Vereins zu sein brauchen) ermoumlglicht Sport zu treiben (BFH-Urteil vom 2571996 V R 795 BStBl 1997 II S 154) Eine sportliche Veranstaltung liegt auch dann vor wenn ein Sportverein in Erfuumlllung seiner Satzungszwecke im Rahmen einer Veranstaltung einer anderen Person oder Koumlrperschaft eine sportliche Darbietung erbringt Die Veranstaltung bei der die sportliche Darbietung praumlsentiert wird braucht keine steuerbeguumlnstigte Veranstaltung zu sein (BFH-Urteil vom 451994 XI R 10990 BStBl II S 886)

4 Sportreisen sind als sportliche Veranstaltungen anzusehen wenn die sportliche Betaumltigung wesentlicher und notwendiger Bestandteil der Reise ist (zB Reise zum Wettkampfort) Reisen bei denen die Erholung der Teilnehmer im Vordergrund steht (Touristikreisen) zaumlhlen dagegen nicht zu den sportlichen Veranstaltungen selbst wenn anlaumlsslich der Reise auch Sport getrieben wird

5 Die Ausbildung und Fortbildung in sportlichen Fertigkeiten gehoumlrt zu den typischen und wesentlichen Taumltigkeiten eines Sportvereins Sportkurse und Sportlehrgaumlnge fuumlr Mitglieder und Nichtmitglieder von Sportvereinen (Sportunterricht) sind daher als bdquosportliche Veranstaltungenldquo zu beurteilen Es ist unschaumldlich fuumlr die Zweckbetriebseigenschaft dass der Verein mit dem Sportunterricht in Konkurrenz zu gewerblichen Sportlehrern (zB Reitlehrer Skilehrer Tennislehrer Schwimmlehrer) tritt weil sect 67a AO als die speziellere Vorschrift dem sect 65 AO vorgeht Die Beurteilung des Sportunterrichts als sportliche Veranstaltung haumlngt nicht davon ab ob der Unterricht durch Beitraumlge Sonderbeitraumlge oder Sonderentgelte abgegolten wird

6 Der Verkauf von Speisen und Getraumlnken - auch an Wettkampfteilnehmer Schiedsrichter Kampfrichter Sanitaumlter usw - und die Werbung gehoumlren nicht zu den sportlichen Veranstaltungen Diese Taumltigkeiten sind gesonderte steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe Nach sect 64 Abs 2 AO ist es jedoch moumlglich Uumlberschuumlsse aus diesen Betrieben mit Verlusten aus sportlichen Veranstaltungen die steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe sind zu verrechnen

7 Wird fuumlr den Besuch einer sportlichen Veranstaltung die Zweckbetrieb ist mit Bewirtung ein einheitlicher Eintrittspreis bezahlt so ist dieser - ggf im Wege der Schaumltzung - in einen Entgeltsanteil fuumlr den Besuch der sportlichen Veranstaltung und in einen Entgeltsanteil fuumlr die Bewirtungsleistungen aufzuteilen

8 Zur Zulaumlssigkeit einer pauschalen Gewinnermittlung beim steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb bdquoWerbungldquo wird auf Nrn 28 bis 35 des AEAO zu sect 64 hingewiesen

9 Die entgeltliche Uumlbertragung des Rechts zur Nutzung von Werbeflaumlchen in vereinseigenen oder gemieteten Sportstaumltten (zB an der Bande) sowie von Lautsprecheranlagen an Werbeunternehmer ist als steuerfreie Vermoumlgensverwaltung (sect 14 Satz 3 AO) zu beurteilen Voraussetzung ist jedoch dass dem Paumlchter (Werbeunternehmer) ein angemessener Gewinn verbleibt Es ist ohne Bedeutung ob die sportlichen Veranstaltungen bei denen der Werbeunternehmer das erworbene Recht nutzt Zweckbetrieb oder wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb sind

Die entgeltliche Uumlbertragung des Rechts zur Nutzung von Werbeflaumlchen auf der Sportkleidung (zB auf Trikots Sportschuhen Helmen) und auf Sportgeraumlten ist stets als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb zu behandeln

10 Die Unterhaltung von Club-Haumlusern Kantinen Vereinsheimen oder Vereinsgaststaumltten ist keine bdquosportliche Veranstaltungldquo auch wenn diese Einrichtungen ihr Angebot nur an Mitglieder richten

11 Bei Vermietung von Sportstaumltten einschlieszliglich der Betriebsvorrichtungen fuumlr sportliche Zwecke ist zwischen der Vermietung auf laumlngere Dauer und der Vermietung auf kurze Dauer (zB stundenweise Vermietung auch wenn die Stunden fuumlr einen laumlngeren Zeitraum im Voraus festgelegt werden) zu unterscheiden Zur Vermietung oumlffentlicher Schwimmbaumlder an Schwimmvereine und zur Nutzung durch Schulen fuumlr den Schwimmunterricht siehe Nr 13 des AEAO zu sect 67a

12 Die Vermietung auf laumlngere Dauer ist dem Bereich der steuerfreien Vermoumlgensverwaltung zuzuordnen so dass sich die Frage der Behandlung als sportliche Veranstaltung iSd sect 67a AO dort nicht stellt

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Die Vermietung von Sportstaumltten und Betriebsvorrichtungen auf kurze Dauer schafft lediglich die Voraussetzungen fuumlr sportliche Veranstaltungen Sie ist jedoch selbst keine sportliche Veranstaltung sondern ein wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb eigener Art Dieser ist als Zweckbetrieb iSd sect 65 AO anzusehen wenn es sich bei den Mietern um Mitglieder des Vereins handelt Bei der Vermietung auf kurze Dauer an Nichtmitglieder tritt der Verein dagegen in groumlszligerem Umfang in Wettbewerb zu nicht beguumlnstigten Vermietern als es bei Erfuumlllung seiner steuerbeguumlnstigten Zwecke unvermeidbar ist (sect 65 Nr 3 AO) Diese Art der Vermietung ist deshalb als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb zu behandeln

13 Durch den Betrieb eines oumlffentlichen Schwimmbads werden gemeinnuumltzige Zwecke (oumlffentliche Gesundheitspflege und Sport) unabhaumlngig davon gefoumlrdert ob das Schwimmbad von einem Verein oder von einer juristischen Person des oumlffentlichen Rechts als Betrieb gewerblicher Art unterhalten wird

Die verschiedenen Taumltigkeiten eines gemeinnuumltzigen Schwimmvereins sind wie folgt zu beurteilen

a) Schulschwimmen

Die Vermietung des Schwimmbads auf laumlngere Dauer an die Traumlger der Schulen ist als Vermoumlgensverwaltung anzusehen Eine Vermietung auf laumlngere Dauer ist in Anlehnung an Abschnitt 4123 Absatz 2 UStAE bei stundenweiser Nutzungsmoumlglichkeit des Schwimmbads durch die Schulen anzunehmen wenn die Nutzung mehr als ein Schulhalbjahr (mindestens sechs Monate) erfolgt Unselbstaumlndige Nebenleistungen des Vereins wie Reinigung des Schwimmbads gehoumlren mit zur Vermoumlgensverwaltung

b) Vereinsschwimmen

Das Vereinsschwimmen und die Durchfuumlhrung von Schwimmkursen sind nach Maszliggabe des sect 67a AO Zweckbetriebe (sportliche Veranstaltungen) Dabei ist es ohne Bedeutung ob die Teilnehmer an den Schwimmkursen Mitglieder des Vereins oder Vereinsfremde sind

c) Jedermannschwimmen

Das Jedermannschwimmen ist insgesamt als Zweckbetrieb iSd sect 65 AO anzusehen wenn die nicht unmittelbar dem Schwimmen dienenden Angebote (zB Sauna Solarium) von untergeordneter Bedeutung sind Schwimmbaumlder die danach als Zweckbetriebe beguumlnstigt sind stehen in keinem schaumldlichen Wettbewerb zu steuerpflichtigen Schwimmbaumldern (sect 65 Nr 3 AO) weil sie idR anders strukturiert sind (so genannte Spaszligbaumlder) und sich ihre Angebote erheblich von dem im Wesentlichen auf das Schwimmen begrenzten Angebot der Vereinsschwimmbaumlder unterscheiden

14 Werden im Zusammenhang mit der Vermietung von Sportstaumltten und Betriebsvorrichtungen auch bewegliche Gegenstaumlnde zB Tennisschlaumlger oder Golfschlaumlger uumlberlassen stellt die entgeltlicheUumlberlassung dieser Gegenstaumlnde ein Hilfsgeschaumlft dar das das steuerliche Schicksal der Hauptleistung teilt (BFH-Urteil vom 3032000 V R 3099 BStBl II S 705) Bei der alleinigen Uumlberlassung von Sportgeraumlten zB eines Flugzeugs bestimmt sich die Zweckbetriebseigenschaft danach ob die Sportgeraumlte Mitgliedern oder Nichtmitgliedern des Vereins uumlberlassen werden

15 sect 3 Nr 26 EStG gilt nicht fuumlr Einnahmen die ein nebenberuflicher Uumlbungsleiter etc fuumlr eine Taumltigkeit in einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb bdquosportliche Veranstaltungenldquo erhaumllt

16 Werden sportliche Veranstaltungen die im vorangegangenen Veranlagungszeitraum Zweckbetrieb waren zu einem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb oder umgekehrt ist grundsaumltzlich sect 13 Abs 5 KStG anzuwenden

Zu sect 67a Abs 1 AO

17 Bei der Anwendung der Zweckbetriebsgrenze von 45000 euro sind alle Einnahmen der Veranstaltungen zusammenzurechnen die in dem maszliggeblichen Jahr nach den Regelungen der Nrn 1 bis 15 des AEAO zu sect 67a als sportliche Veranstaltungen anzusehen sind Zu diesen Einnahmen gehoumlren insbesondereEintrittsgelder Startgelder Zahlungen fuumlr die Uumlbertragung sportlicher Veranstaltungen in Rundfunk und Fernsehen Lehrgangsgebuumlhren und Abloumlsezahlungen Zum allgemeinen Einnahmebegriff wird auf die Nrn 15 und 16 des AEAO zu sect 64 hingewiesen

18 Die Bezahlung von Sportlern in einem Zweckbetrieb iSd sect 67a Abs 1 Satz 1 AO ist zulaumlssig (sect 58 Nr 8 AO) Dabei ist die Herkunft der Mittel mit denen die Sportler bezahlt werden ohne Bedeutung

19 Die Zahlung von Abloumlsesummen ist in einem Zweckbetrieb iSd sect 67a Abs 1 Satz 1 AO uneingeschraumlnkt zulaumlssig

20 Bei Spielgemeinschaften von Sportvereinen ist - unabhaumlngig von der Qualifizierung der Einkuumlnfte im Feststellungsbescheid fuumlr die Gemeinschaft - bei der Koumlrperschaftsteuerveranlagung der beteiligten Sportvereine zu entscheiden ob ein Zweckbetrieb oder ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb gegeben ist Dabei ist fuumlr die Beurteilung der Frage ob die Zweckbetriebsgrenze des sect 67a Abs 1 Satz 1 AO uumlberschritten wird die Houmlhe der anteiligen Einnahmen (nicht des anteiligen Gewinns) maszliggeblich

Zu sect 67a Abs 2 AO

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21 Ein Verzicht auf die Anwendung des sect 67a Abs 1 Satz 1 AO ist auch dann moumlglich wenn die Einnahmen aus den sportlichen Veranstaltungen die Zweckbetriebsgrenze von 45000 euro nicht uumlbersteigen

22 Die Option nach sect 67a Abs 2 AO kann bis zur Unanfechtbarkeit des Koumlrperschaftsteuerbescheids widerrufen werden Die Regelungen in Abschnitt 192 Abs 2 und 6 UStAE sind entsprechend anzuwenden Der Widerruf ist - auch nach Ablauf der Bindungsfrist - nur mit Wirkung ab dem Beginn eines Kalender- oder Wirtschaftsjahres zulaumlssig

Zu sect 67a Abs 3 AO

23 Verzichtet ein Sportverein gem sect 67a Abs 2 AO auf die Anwendung der Zweckbetriebsgrenze (sect 67a Abs 1 Satz 1 AO) sind sportliche Veranstaltungen ein Zweckbetrieb wenn an ihnen kein bezahlter Sportler des Vereins teilnimmt und der Verein keinen vereinsfremden Sportler selbst oder im Zusammenwirken mit einem Dritten bezahlt Auf die Houmlhe der Einnahmen oder Uumlberschuumlsse dieser sportlichen Veranstaltungen kommt es bei Anwendung des sect 67a Abs 3 AO nicht an Sportliche Veranstaltungen an denen ein oder mehrere Sportler teilnehmen die nach sect 67a Abs 3 Satz 1 Nr 1 oder 2 AO als bezahlte Sportler anzusehen sind sind steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe Es kommt nach dem Gesetz nicht darauf an ob ein Verein eine Veranstaltung von vornherein als steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb angesehen oder ob er - aus welchen Gruumlnden auch immer - zunaumlchst irrtuumlmlich einen Zweckbetrieb angenommen hat

24 Unter Veranstaltungen iSd sect 67a Abs 3 AO sind bei allen Sportarten grundsaumltzlich die einzelnen Wettbewerbe zu verstehen die in engem zeitlichen und oumlrtlichen Zusammenhang durchgefuumlhrt werden Bei einer Mannschaftssportart ist also nicht die gesamte Meisterschaftsrunde sondern jedes einzelne Meisterschaftsspiel die zu beurteilende sportliche Veranstaltung Bei einem Turnier haumlngt es von der Gestaltung im Einzelfall ab ob das gesamte Turnier oder jedes einzelne Spiel als eine sportliche Veranstaltung anzusehen ist Dabei ist von wesentlicher Bedeutung ob fuumlr jedes Spiel gesondert Eintritt erhoben wird und ob die Einnahmen und Ausgaben fuumlr jedes Spiel gesondert ermittelt werden

25 Sportkurse und Sportlehrgaumlnge fuumlr Mitglieder und Nichtmitglieder von Sportvereinen sind bei Anwendung des sect 67a Abs 3 AO als Zweckbetrieb zu behandeln wenn kein Sportler als Auszubildender teilnimmt der wegen seiner Betaumltigung in dieser Sportart als bezahlter Sportler iSd sect 67a Abs 3 AO anzusehen ist Die Bezahlung von Ausbildern beruumlhrt die Zweckbetriebseigenschaft nicht

26 Ist ein Sportler in einem Kalenderjahr als bezahlter Sportler anzusehen sind alle in dem Kalenderjahr durchgefuumlhrten sportlichen Veranstaltungen des Vereins an denen der Sportler teilnimmt ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr ist das abweichende Wirtschaftsjahr zugrunde zu legen Es kommt nicht darauf an ob der Sportler die Merkmale des bezahlten Sportlers erst nach Beendigung der sportlichen Veranstaltung erfuumlllt Die Teilnahme unbezahlter Sportler an einer Veranstaltung an der auch bezahlte Sportler teilnehmen hat keinen Einfluss auf die Behandlung der Veranstaltung als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb

27 Die Verguumltungen oder anderen Vorteile muumlssen in vollem Umfang aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben oder von Dritten geleistet werden (sect 67a Abs 3 Satz 3 AO) Eine Aufteilung der Verguumltungen ist nicht zulaumlssig Es ist also zB steuerlich nicht zulaumlssig Verguumltungen an bezahlte Sportler bis zu 400 euro im Monat als Ausgaben des steuerbeguumlnstigten Bereichs und nur die 400 euro uumlbersteigenden Verguumltungen als Ausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs bdquosportliche Veranstaltungenldquo zu behandeln

28 Auch die anderen Kosten muumlssen aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb bdquosportliche Veranstaltungenldquo anderen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben oder von Dritten geleistet werden Dies gilt auch dann wenn an der Veranstaltung neben bezahlten Sportlern auch unbezahlte Sportler teilnehmen Die Kosten eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs bdquosportliche Veranstaltungenldquo sind also nicht danach aufzuteilen ob sie auf bezahlte oder auf unbezahlte Sportler entfallen Etwaiger Aufwandsersatz an unbezahlte Sportler fuumlr die Teilnahme an einer Veranstaltung mit bezahlten Sportlern ist als eine Ausgabe dieser Veranstaltung zu behandeln Aus Vereinfachungsgruumlnden ist es aber nicht zu beanstanden wenn die Aufwandspauschale (vgl Nr 32 des AEAO zu sect 67a) an unbezahlte Sportler nicht als Betriebsausgabe des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs behandelt sondern aus Mitteln des ideellen Bereichs abgedeckt wird

29 Trainingskosten (zB Verguumltungen an Trainer) die sowohl unbezahlte als auch bezahlte Sportler betreffen sind nach den im Einzelfall gegebenen Abgrenzungsmoumlglichkeiten aufzuteilen Als solche kommen beispielsweise in Betracht der jeweilige Zeitaufwand oder - bei gleichzeitigem Training unbezahlter und bezahlter Sportler - die Zahl der trainierten Sportler oder Mannschaften Soweit eine Abgrenzung anders nicht moumlglich ist sind die auf das Training unbezahlter und bezahlter Sportler entfallenden Kosten im Wege der Schaumltzung zu ermitteln

30 Werden bezahlte und unbezahlte Sportler einer Mannschaft gleichzeitig fuumlr eine Veranstaltung trainiert die als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb zu beurteilen ist sind die gesamten Trainingskosten dafuumlr Ausgaben des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs Die Vereinfachungsregelung in Nr 28 letzter Satz des AEAO zu sect 67a gilt entsprechend

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31 Sportler des Vereins iSd sect 67a Abs 3 Satz 1 Nr 1 AO sind nicht nur die (aktiven) Mitglieder des Vereins sondern alle Sportler die fuumlr den Verein auftreten zB in einer Mannschaft des Vereins mitwirken Fuumlr Verbaumlnde gilt Nr 38 des AEAO zu sect 67a

32 Zahlungen an einen Sportler des Vereins bis zu insgesamt 400 euro je Monat im Jahresdurchschnitt sind fuumlr die Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft der sportlichen Veranstaltungen - nicht aber bei der Besteuerung des Sportlers - ohne Einzelnachweis als Aufwandsentschaumldigung anzusehen Werden houmlhere Aufwendungen erstattet sind die gesamten Aufwendungen im Einzelnen nachzuweisen Dabei muss es sich um Aufwendungen persoumlnlicher oder sachlicher Art handeln die dem Grunde nach Werbungskosten oder Betriebsausgaben sein koumlnnen

Die Regelung gilt fuumlr alle Sportarten

33 Die Regelung uumlber die Unschaumldlichkeit pauschaler Aufwandsentschaumldigungen bis zu 400 euro je Monat im Jahresdurchschnitt gilt nur fuumlr Sportler des Vereins nicht aber fuumlr Zahlungen an andere Sportler Einem anderen Sportler der in einem Jahr nur an einer Veranstaltung des Vereins teilnimmt kann also nicht ein Betrag bis zu 4800 euro als pauschaler Aufwandsersatz dafuumlr gezahlt werden Vielmehr fuumlhrt in den Faumlllen des sect 67a Abs 3 Satz 1 Nr 2 AO jede Zahlung an einen Sportler die uumlber eine Erstattung des tatsaumlchlichen Aufwands hinausgeht zum Verlust der Zweckbetriebseigenschaft der Veranstaltung

34 Zuwendungen der Stiftung Deutsche Sporthilfe Frankfurt und vergleichbarer Einrichtungen der Sporthilfe an Spitzensportler sind idR als Ersatz von besonderen Aufwendungen der Spitzensportler fuumlr ihren Sport anzusehen Sie sind deshalb nicht auf die zulaumlssige Aufwandspauschale von 400 euro je Monat im Jahresdurchschnitt anzurechnen Weisen Sportler die tatsaumlchlichen Aufwendungen nach so muss sich der Nachweis auch auf die Aufwendungen erstrecken die den Zuwendungen der Stiftung Deutsche Sporthilfe und vergleichbarer Einrichtungen gegenuumlber stehen

35 Bei der Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft einer Sportveranstaltung nach sect 67a Abs 3 AO ist nicht zu unterscheiden ob Verguumltungen oder andere Vorteile an einen Sportler fuumlr die Teilnahme an sich oder fuumlr die erfolgreiche Teilnahme gewaumlhrt werden Entscheidend ist dass der Sportler aufgrund seiner Teilnahme Vorteile hat die er ohne seine Teilnahme nicht erhalten haumltte Auch die Zahlung eines Preisgeldes das uumlber eine Aufwandsentschaumldigung hinausgeht begruumlndet demnach einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb

36 Bei einem so genannten Spielertrainer ist zu unterscheiden ob er fuumlr die Trainertaumltigkeit oder fuumlr die Ausuumlbung des Sports Verguumltungen erhaumllt Wird er nur fuumlr die Trainertaumltigkeit bezahlt oder erhaumllt er fuumlr die Taumltigkeit als Spieler nicht mehr als den Ersatz seiner Aufwendungen (vgl Nr 32 des AEAO zu sect 67a) ist seine Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen unschaumldlich fuumlr die Zweckbetriebseigenschaft

37 Unbezahlte Sportler werden wegen der Teilnahme an Veranstaltungen mit bezahlten Sportlern nicht selbst zu bezahlten Sportlern Die Ausbildung dieser Sportler gehoumlrt nach wie vor zu der steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit eines Sportvereins es sei denn sie werden zusammen mit bezahlten Sportlern fuumlr eine Veranstaltung trainiert die ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb ist (vgl Nr 30 des AEAO zu sect 67a)

38 Sportler die einem bestimmten Sportverein angehoumlren und die nicht selbst unmittelbar Mitglieder eines Sportverbandes sind werden bei der Beurteilung der Zweckbetriebseigenschaft von Veranstaltungen des Verbandes als andere Sportler iSd sect 67a Abs 3 Satz 1 Nr 2 AO angesehen Zahlungen der Vereine an Sportler im Zusammenhang mit sportlichen Veranstaltungen der Verbaumlnde (zB Laumlnderwettkaumlmpfe) sind in diesen Faumlllen als bdquoZahlungen von Dritten im Zusammenwirken mit dem Vereinldquo (hier Verband) zu behandeln

39 Abloumlsezahlungen die einem steuerbeguumlnstigten Sportverein fuumlr die Freigabe von Sportlern zuflieszligen beeintraumlchtigen seine Gemeinnuumltzigkeit nicht Die erhaltenen Betraumlge zaumlhlen zu den Einnahmen aus dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb bdquosportliche Veranstaltungenldquo wenn der den Verein wechselnde Sportler in den letzten zwoumllf Monaten vor seiner Freigabe bezahlter Sportler iSd sect 67a Abs 3 Satz 1 Nr 1 AO war Ansonsten gehoumlren sie zu den Einnahmen aus dem Zweckbetrieb bdquosportliche Veranstaltungenldquo

40 Zahlungen eines steuerbeguumlnstigten Sportvereins an einen anderen (abgebenden) Verein fuumlr dieUumlbernahme eines Sportlers sind unschaumldlich fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit des zahlenden Vereins wenn sieaus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieben fuumlr die Uumlbernahme eines Sportlers gezahlt werden der beim aufnehmenden Verein in den ersten zwoumllf Monaten nach dem Vereinswechsel als bezahlter Sportler iSd sect 67a Abs 3 Satz 1 Nr 1 AO anzusehen ist Zahlungen fuumlr einen Sportler der beim aufnehmenden Verein nicht als bezahlter Sportler anzusehen ist sind bei Anwendung des sect 67a Abs 3 AO nur dann unschaumldlich fuumlr die Gemeinnuumltzigkeit des zahlenden Vereins wenn lediglich die Ausbildungskosten fuumlr den den Verein wechselnden Sportler erstattet werden Eine derartige Kostenerstattung kann bei Zahlungen bis zur Houmlhe von 2557 euro je Sportler ohne weiteres angenommen werden Bei houmlheren Kostenerstattungen sind saumlmtliche Ausbildungskosten im Einzelfall nachzuweisenDie Zahlungen mindern nicht den Uumlberschuss des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetriebs bdquosportliche Veranstaltungenldquo

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Zur steuerlichen Behandlung von Abloumlsezahlungen bei Anwendung der Zweckbetriebsgrenze des sect 67a Abs 1 Satz 1 AO vgl Nrn 17 und 19 des AEAO zu sect 67a

AEAO zu sect 68 - Einzelne Zweckbetriebe

Allgemeines

1 sect 68 AO enthaumllt einen gesetzlichen Katalog einzelner Zweckbetriebe und geht als spezielle Norm der Regelung des sect 65 AO vor (BFH-Urteil vom 462003 I R 2502 BStBl 2004 II S 660) Die beispielhafte Aufzaumlhlung von Betrieben die ihrer Art nach Zweckbetriebe sein koumlnnen gibt wichtige Anhaltspunkte fuumlr die Auslegung der Begriffe Zweckbetrieb (sect 65 AO) im Allgemeinen und Einrichtungen der Wohlfahrtspflege (sect 66 AO) im Besonderen

Zu sect 68 Nr 1 AO

2 Wegen der Begriffe bdquoAlten- Altenwohn- und Pflegeheimeldquo Hinweis auf sect 1 des Heimgesetzes Eine fuumlr die Allgemeinheit zugaumlngliche Cafeteria ist ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb Soweit eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft Leistungen im Rahmen der haumluslichen Pflege erbringt liegt idR ein Zweckbetrieb nach sect 66 AO vor (vgl Nr 4 des AEAO zu sect 66)

3 Bei Kindergaumlrten Kinder- Jugend- und Studentenheimen sowie bei Schullandheimen und Jugendherbergen muumlssen die gefoumlrderten Personen die Voraussetzungen nach sect 53 AO nicht erfuumlllen Jugendherbergen verlieren ihre Zweckbetriebseigenschaft nicht wenn auszligerhalb ihres satzungsmaumlszligigen Zwecks der Umfang der Beherbergung alleinreisender Erwachsener 10 der Gesamtbeherbergungen nicht uumlbersteigt (BFH-Urteil vom 1811995 V R 139 14292 BStBl II S 446)

Zu sect 68 Nr 2 AO

4 Von sect 68 Nr 2 Buchstabe b AO werden nur solche Selbstversorgungseinrichtungen umfasst die den darin genannten Handwerksbetrieben vergleichbar sind Werden auch Leistungen gegenuumlber Auszligenstehenden erbracht sind nur solche Einrichtungen der steuerbeguumlnstigten Koumlrperschaft beguumlnstigt die nicht regelmaumlszligig ausgelastet sind und deshalb gelegentlich auch Leistungen an Auszligenstehende erbringen nicht aber solche die uumlber Jahre hinweg Leistungen an Auszligenstehende ausfuumlhren und hierfuumlr auch personell entsprechend ausgestattet sind (vgl BFH-Urteil vom 2912009 V R 4606 BStBl II S 560 und BMF-Schreiben vom 1242011 BStBl I S 538) Auszligenstehende im Sinne dieser Regelung sind auch Arbeitnehmer der Koumlrperschaft Bei Lieferungen und Leistungen an Auszligenstehende tritt die Koumlrperschaft mit Dritten in Leistungsbeziehung Solange der Umfang dieser Geschaumlfte an Dritte hierzu gehoumlren auch Leistungsempfaumlnger die selbst eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft iSd sect 68 Nr 2 AO sind (BFH-Urteil vom 18101990 V R 3585 BStBl 1991 II S 157) nicht mehr als 20 der gesamten Lieferungen und Leistungen der beguumlnstigten Koumlrperschaft ausmachen bleibt die Zweckbetriebseigenschaft erhalten

Zu sect 68 Nr 3 AO

5 Der Begriff bdquoWerkstatt fuumlr behinderte Menschenldquo bestimmt sich nach sect 136 SGB IX Werkstaumltten fuumlr behinderte Menschen beduumlrfen der foumlrmlichen Anerkennung Anerkennungsbehoumlrde ist die Bundesagentur fuumlr Arbeit die im Einvernehmen mit dem uumlberoumlrtlichen Traumlger der Sozialhilfe uumlber die Anerkennung einer Einrichtung als Werkstatt fuumlr behinderte Menschen durch Anerkennungsbescheid entscheidet (sect 142 SGB IX)

Laumlden oder Verkaufsstellen von Werkstaumltten fuumlr behinderte Menschen sind grundsaumltzlich als Zweckbetriebe zu behandeln wenn dort Produkte verkauft werden die von der - den Laden oder die Verkaufsstelle betreibenden - Werkstatt fuumlr behinderte Menschen oder einer anderen Werkstatt fuumlr behinderte Menschen iSd sect 68 Nr 3a AO hergestellt worden sind Werden von dem Laden oder der Verkaufsstelle der Werkstatt fuumlr behinderte Menschen auch zugekaufte Waren die nicht von ihr oder von anderen Werkstaumltten fuumlr behinderte Menschen hergestellt worden sind weiterverkauft liegt insoweit ein gesonderter steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb vor

Zu den Zweckbetrieben gehoumlren auch die von den Traumlgern der Werkstaumltten fuumlr behinderte Menschen betriebenen Kantinen weil die besondere Situation der behinderten Menschen auch waumlhrend der Mahlzeiten eine Betreuung erfordert

6 Integrationsprojekte iSd sect 132 SGB IX sind rechtlich und wirtschaftlich selbstaumlndige Unternehmen (Integrationsunternehmen) oder unternehmensinterne oder von oumlffentlichen Arbeitgebern iSd sect 73 Abs 3 SGB IX gefuumlhrte Betriebe (Integrationsbetriebe) oder Abteilungen (Integrationsabteilungen) zur Beschaumlftigung schwerbehinderter Menschen deren Teilhabe an einer sonstigen Beschaumlftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgrund von Art oder Schwere der Behinderung oder wegen sonstiger Umstaumlnde voraussichtlich auf besondere Schwierigkeiten stoumlszligt Waumlhrend Integrationsprojekte iSd sect 132 SGB IX mindestens 25 und houmlchstens 50 besonders betroffene schwerbehinderte Menschen beschaumlftigen sollen um sozialrechtlich als Integrationsprojekt anerkannt werden zu koumlnnen bedarf es fuumlr die steuerliche Eignung als Zweckbetrieb nach sect 68 Nr 3 Buchstabe c AO einer Beschaumlftigungsquote von mindestens 40 dieser Personengruppe Fuumlr Integrationsprojekte wird anders als bei Werkstaumltten

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fuumlr behinderte Menschen kein foumlrmliches Anerkennungsverfahren durchgefuumlhrt Als Nachweis fuumlr die Eigenschaft als Integrationsprojekt dient der Bescheid des zustaumlndigen Integrationsamtes uumlber erbrachte Leistungen nach sect 134 SGB IX (Leistungsbescheid) Zusaumltzlich ist fuumlr die steuerliche Beurteilung als Integrationsprojekt nach sect 68 Nr 3 Buchstabe c AO eine Beschaumlftigungsquote von mindestens 40 der o g Personengruppe nachzuweisen Die Beschaumlftigungsquote wird nach den Grundsaumltzen des sect 75 SGB IX berechnet Es werden also grundsaumltzlich nur die Beschaumlftigten des Integrationsprojektes beruumlcksichtigt die auf Arbeitsplaumltzen iSd sect 73 SGB IX beschaumlftigt sind (siehe sect 75 Abs 1 SGB IX) Teilzeitbeschaumlftigte die mit einer woumlchentlichen Arbeitszeit von weniger als 18 Stunden beschaumlftigt sind sind damit nicht beruumlcksichtigungsfaumlhig es sei denn die (geringere) Teilzeitbeschaumlftigung ist auf Grund der Art und Schwere der Behinderung notwendig (sect 75 Abs2 Satz 3 SGB IX) Ein uumlber diese Grenze hinausgehend Teilzeitbeschaumlftigter wird voll angerechnet Verfuumlgt ein Integrationsprojekt uumlber wenigstens 20 Arbeitsplaumltze und ist damit beschaumlftigungspflichtig (vgl sect 71 Abs 1 SGB IX) kann das Vorliegen der Voraussetzungen der 40-Quote uumlber die Anzeige nach sect 80 Abs 2 SGB IX gefuumlhrt werden

7 Zusaumltzliche Beschaumlftigungsmoumlglichkeiten fuumlr (schwer-)behinderte Menschen schaffen Handelsbetriebe die als wohnortnahe Einzelhandelsgeschaumlfte beispielsweise mit einem Lebensmittelvollsortiment und entsprechendem Einsatz von Fachpersonal betrieben werden Mit dieser Beschaumlftigungsform soll behinderten Menschen eine Moumlglichkeit zur Teilhabe am Arbeitsleben auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch auszligerhalb von Werkstaumltten fuumlr behinderte Menschen geboten werden

Handelsbetriebe die keine Laumlden oder Verkaufsstellen von Werkstaumltten fuumlr behinderte Menschen iSd Nr 5 darstellen koumlnnen als Integrationsprojekt (vgl Nr 6 des AEAO zu sect 68) oder als zusaumltzlicher Arbeitsbereich zusaumltzlicher Betriebsteil oder zusaumltzliche Betriebsstaumltte einer (anerkannten) Werkstatt fuumlr behinderte Menschen gegruumlndet werden Im letzteren Fall muss die Werkstatt fuumlr behinderte Menschen bei den Anerkennungsbehoumlrden (sect 142 SGB IX) die Erweiterung der anerkannten Werkstatt um den zusaumltzlichen Arbeitsbereich den Betriebsteil oder die zusaumltzliche Betriebsstaumltte bdquoHandelsbetriebldquo anzeigen und um deren Einbeziehung in die Anerkennung nach sect 142 SGB IX ersuchen Die Anerkennungsbehoumlrden pruumlfen ob die anerkannte Werkstatt fuumlr behinderte Menschen auch mit einer solchen Erweiterung insgesamt noch die Anerkennungsvoraussetzungen als Werkstatt fuumlr behinderte Menschen nach sect 142 SGB IX erfuumlllt

Handelsbetriebe die von den Sozialbehoumlrden als Integrationsprojekte gefoumlrdert werden stellen grundsaumltzlich einen steuerbeguumlnstigten Zweckbetrieb nach sect 68 Nr 3 Buchstabe c AO dar wenn die Beschaumlftigungsquote von 40 der Personengruppe erreicht ist

Die von den Sozialbehoumlrden vorgenommene sozialrechtliche Einordnung dieser Handelsbetriebe als Teil einer Werkstatt fuumlr behinderte Menschen (sect 68 Nr 3 Buchstabe a AO) oder als Integrationsprojekt (sect 68 Nr 3 Buchstabe c AO) soll von der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde regelmaumlszligig uumlbernommen werden Dem zustaumlndigen Finanzamt obliegt aber die abschlieszligende rechtsverbindliche Entscheidung im Einzelfall Dabei kommt den Bescheiden der Sozialbehoumlrden (Anerkennungsbescheid nach sect 142 SGB IX bzw Bescheid uumlber erbrachte Leistungen nach sect 134 SGB IX) grundsaumltzlich Tatbestandswirkung zu Die Bescheide stellen aber keine Grundlagenbescheide iSv sect 171 Abs 10 AO dar

8 Einrichtungen fuumlr Beschaumlftigungs- und Arbeitstherapie die der Eingliederung von behinderten Menschen dienen sind besondere Einrichtungen in denen eine Behandlung von behinderten Menschen aufgrund aumlrztlicher Indikationen erfolgt Waumlhrend eine Beschaumlftigungstherapie ganz allgemein das Ziel hat koumlrperliche oder psychische Grundfunktionen zum Zwecke der Wiedereingliederung in das Alltagsleben wiederherzustellen zielt die Arbeitstherapie darauf ab die besonderen Faumlhigkeiten und Fertigkeiten auszubilden zu foumlrdern und zu trainieren die fuumlr eine Teilnahme am Arbeitsleben erforderlich sind Beschaumlftigungs- und Arbeitstherapie sind vom medizinischen Behandlungszweck gepraumlgt und erfolgen regelmaumlszligig auszligerhalb eines Beschaumlftigungsverhaumlltnisses zum Traumlger der Therapieeinrichtung Ob eine entsprechende Einrichtung vorliegt ergibt sich aufgrund der Vereinbarungen uumlber Art und Umfang der Heilbehandlung und Rehabilitation zwischen dem Traumlger der Einrichtung und den Leistungstraumlgern

Zu sect 68 Nr 4 AO

9 Beguumlnstigte Einrichtungen sind insbesondere Werkstaumltten die zur Fuumlrsorge von blinden und koumlrperbehinderten Menschen unterhalten werden

Zu sect 68 Nr 6 AO

10 Lotterien und Ausspielungen sind ein Zweckbetrieb wenn sie von den zustaumlndigen Behoumlrden genehmigt sind oder nach den jeweiligen landesrechtlichen Bestimmungen wegen des geringen Umfangs der Ausspielung oder Lotterieveranstaltung per Verwaltungserlass pauschal als genehmigt gelten Die sachlichen Voraussetzungen und die Zustaumlndigkeit fuumlr die Genehmigung bestimmen sich nach den lotterierechtlichen Verordnungen der Laumlnder Der Gesetzeswortlaut laumlsst es offen in welchem Umfang solche Lotterien veranstaltet werden duumlrfen Da eine besondere Einschraumlnkung fehlt ist auch eine umfangreiche Taumltigkeit so lange unschaumldlich als die allgemein durch das Gesetz gezogenen Grenzen nicht uumlberschritten werden Die jaumlhrliche Organisation einer Tombola durch eine Mittelbeschaffungskoumlrperschaft ist im Rahmen der Gesamtbetrachtung selbst dann als

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steuerbeguumlnstigter Zweckbetrieb nach sect 68 Nr 6 AO zu beurteilen wenn die Koumlrperschaft die Mittel uumlberwiegend aus der Ausrichtung der Tombola erzielt

11 Zur Ermittlung des Reinertrags duumlrfen den Einnahmen aus der Lotterieveranstaltung oder Ausspielung nur die unmittelbar damit zusammenhaumlngenden Ausgaben gegenuumlbergestellt werden Fuumlhrt eine steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaft eine Lotterieveranstaltung durch die nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz nicht genehmigungsfaumlhig ist zB eine Ausspielung anlaumlsslich einer geselligen Veranstaltung handelt es sich insoweit nicht um einen Zweckbetrieb nach sect 68 Nr 6 AO

Zu sect 68 Nr 7 AO

12 Wegen der Breite des Spektrums die die Foumlrderung von Kunst und Kultur umfasst ist die im Gesetz enthaltene Aufzaumlhlung der kulturellen Einrichtungen nicht abschlieszligend

13 Kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen iSd sect 68 Nr 7 AO koumlnnen nur vorliegen wenn die Foumlrderung der Kultur Satzungszweck der Koumlrperschaft ist Sie sind stets als Zweckbetrieb zu behandeln Das BFH-Urteil vom 451994 XI R 10990 BStBl II S 886 zu sportlichen Darbietungen eines Sportvereins (vgl Nr 3 des AEAO zu sect67a) gilt fuumlr kulturelle Darbietungen entsprechend Demnach liegt auch dann eine kulturelle Veranstaltung der Koumlrperschaft vor wenn diese eine Darbietung kultureller Art im Rahmen einer Veranstaltung praumlsentiert die nicht von der Koumlrperschaft selbst organisiert wird und die ihrerseits keine kulturelle Veranstaltung iSd sect 68 Nr 7 AO darstellt Wenn zB ein steuerbeguumlnstigter Musikverein der der Foumlrderung der volkstuumlmlichen Musik dient gegen Entgelt im Festzelt einer Brauerei ein volkstuumlmliches Musikkonzert darbietet gehoumlrt der Auftritt des Musikvereins als kulturelle Veranstaltung zum Zweckbetrieb

14 Der Verkauf von Speisen und Getraumlnken und die Werbung bei kulturellen Veranstaltungen gehoumlren nicht zu dem Zweckbetrieb Diese Taumltigkeiten sind gesonderte wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe Wird fuumlr den Besuch einer kulturellen Veranstaltung mit Bewirtung ein einheitliches Entgelt entrichtet so ist dieses - ggf im Wege der Schaumltzung - in einen Entgeltsanteil fuumlr den Besuch der Veranstaltung (Zweckbetrieb) und fuumlr die Bewirtungsleistungen (wirtschaftlicher Geschaumlftsbetrieb) aufzuteilen

Zu sect 68 Nr 9 AO

15 Auf das BMF-Schreiben vom 2291999 BStBl I S 944 wird verwiesen Abweichend von Tz I5 letzter Satz des genannten BMF-Schreibens kann bei einer Forschungseinrichtung auf die sect 68 Nr 9 AO anzuwenden ist deren Traumlger die Finanzierungsvoraussetzungen der Vorschrift jedoch nicht erfuumlllt nicht zwingend davon ausgegangen werden dass sie in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt Nach den Grundsaumltzen des BFH-Urteils vom 442007 I R 7605 BStBl II S 631 ist unter Beruumlcksichtigung der gesamten Umstaumlnde des Einzelfalls zu pruumlfen ob sich die Auftragsforschung von der steuerbeguumlnstigten Taumltigkeit trennen laumlsst Ist in diesem Fall die Auftragsforschung von untergeordneter Bedeutung kann der Traumlger der Einrichtung nach sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG gleichwohl steuerbefreit sein und die Auftragsforschung lediglich einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb (sect 64 AO) darstellen Die Steuerbefreiung nach sect 5 Abs 1 Nr 9 KStG geht nur dann verloren wenn die Auftragsforschung als eigenstaumlndiger Zweck neben die Eigenforschung (Grundlagenforschung) tritt und somit gegen das Gebot der Ausschlieszliglichkeit des sect 56 AO verstoszligen wird

AEAO zu sect 69 - Haftung der Vertreter

1 Bevollmaumlchtigte Beistaumlnde und Vertreter (sectsect 80 und 81 AO) haften nur wenn sie gleichzeitig Vertreter oder Verfuumlgungsberechtigte iSd sectsect 34 und 35 AO (zB Vermoumlgensverwalter Konkursverwalter Insolvenzverwalter Testamentsvollstrecker) sind

2 Die Haftung wird durch Erlass eines Haftungsbescheids gem sect 191 AO geltend gemacht Wegen der Einwendungen des Haftenden gegen den urspruumlnglichen Steuerbescheid Hinweis auf sect 166 AO wegen des Leistungsgebots vgl AEAO zu sect 219 wegen der Verpflichtung zur Anhoumlrung der zustaumlndigen Berufskammern vgl AEAO zu sect 191

AEAO zu sect 70 - Haftung des Vertretenen

Die Vorschrift hat vor allem Bedeutung auf dem Gebiet des Zoll- und Verbrauchsteuerrechts im Bereich der Besitz- und Verkehrsteuern kommt ihre Anwendung insbesondere bei Abzugsteuern in Betracht Fuumlr Handlungen eines Arbeitnehmers wird nur gehaftet wenn dieser zu dem in den sectsect 34 und 35 AO genannten Personenkreis gehoumlrt

AEAO zu sect 71 - Haftung des Steuerhinterziehers und des Steuerhehlers

Die fuumlr den Erlass des Haftungsbescheids zustaumlndige Stelle der Finanzbehoumlrde hat im Einvernehmen mit der fuumlr Straf- und Buszliggeldsachen zustaumlndigen Stelle zu pruumlfen ob der objektive und subjektive Tatbestand der einschlaumlgigen Strafvorschrift gegeben ist Eine vorherige strafgerichtliche Verurteilung ist nicht erforderlich Ebenso wenig sind Selbstanzeige (sect 371 AO) Eintritt der Strafverfolgungsverjaumlhrung oder sonstige

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Verfahrenshindernisse von Bedeutung An Entscheidungen im strafgerichtlichen Verfahren ist die Finanzbehoumlrde nicht gebunden (BFH-Urteil vom 10101972 VII R 11769 BStBl 1973 II S 68)

AEAO zu sect 73 - Haftung bei Organschaft

1 Die Haftung bezieht sich auf die Steuern fuumlr die die Organschaft gilt Besteht zB nur hinsichtlich der Umsatzsteuer Organschaft so erstreckt sich die Haftung der Tochtergesellschaft nicht auch auf die Koumlrperschaftsteuer oder Gewerbesteuer der Muttergesellschaft

2 Ob eine Organschaft vorliegt richtet sich nach dem jeweiligen Steuergesetz das fuumlr die einzelne Steuer von Bedeutung ist (zB sect 14 KStG sect 2 Abs 2 Nr 2 UStG sect 2 Abs 2 GewStG)

AEAO zu sect 74 - Haftung des Eigentuumlmers von Gegenstaumlnden

1 Der Eigentuumlmer der Gegenstaumlnde haftet persoumlnlich aber beschraumlnkt auf die dem Unternehmen zur Verfuumlgung gestellten Gegenstaumlnde Das Haftungsobjekt ist dabei nicht auf den (im Zeitpunkt der Haftungsinanspruchnahme noch) im Eigentum des Beteiligten stehenden Gegenstand beschraumlnkt sondern umfasst auch ein dafuumlr ggf erhaltenes Surrogat (Veraumluszligerungserloumls Schadenersatz Tauschgegenstand oAuml) wenn der Gegenstand im Zeitraum der Steuerschuldentstehung dem Unternehmen gedient hat (vgl BFH-Urteil vom 22112011 VII R 6310 BStBl 2012 II S 223) Gegenstand der Haftung koumlnnen auch immaterielle Wirtschaftsguumlter sein wenn in dieses Vermoumlgen vollstreckt werden kann (BFH-Urteil vom 2352012 VII R 2810 BStBl II S 763)

Zur Haftung wenn der Gegenstand nicht im Eigentum des Haftenden sondern im Eigentum einer Gesellschaft steht an der der Haftende beteiligt ist vgl BFH-Urteile vom 10111983 V R 1879 BStBl 1984 II S 127 (GbR) und vom 2352012 VII R 2810 BStBl 2012 II S 763 (KG)

2 Der Eigentuumlmer haftet fuumlr die Steuern und Anspruumlche auf Erstattung von Steuerverguumltungen bei denen sich die Steuerpflicht auf den Betrieb des Unternehmens gruumlndet und die waumlhrend des Bestehens der wesentlichen Beteiligung entstanden sind auf die Faumllligkeit kommt es nicht an Hierzu gehoumlren die Steuern bzw Anspruumlche fuumlr die der in den Einzelsteuergesetzen bezeichnete Tatbestand an den Betrieb eines Unternehmens geknuumlpft ist (zB Umsatzsteuer - auch bei Eigenverbrauch - Gewerbesteuer Verbrauchsteuer bei Herstellungsbetrieben Ruumlckforderung von Investitionszulage) nicht dagegen zB Personensteuern (zB Einkommen- Koumlrperschaft- und Erbschaftsteuer) Zoumllle Abschoumlpfungen oder Steuerabzugsbetraumlge (zB Lohnsteuer) Die Haftung erstreckt sich nicht auf die steuerlichen Nebenleistungen (sect 3 Abs 4 AO)

3 Eine wesentliche Beteiligung liegt auch dann vor wenn der betroffene Eigentuumlmer nur mittelbar zB uumlber eine Tochtergesellschaft oder einen Treuhaumlnder beteiligt ist

4 Einer wesentlichen Beteiligung steht es gleich wenn jemand ohne entsprechende Vermoumlgensbeteiligung auf das Unternehmen einen beherrschenden Einfluss tatsaumlchlich und in einer Weise ausuumlbt die dazu beitraumlgt dass faumlllige Betriebsteuern nicht entrichtet werden es genuumlgt nicht wenn eine Person nur die Moumlglichkeit hat beherrschenden Einfluss auszuuumlben

AEAO zu sect 75 - Haftung des Betriebsuumlbernehmers

Inhaltsuumlbersicht

1 Art der Haftung

2 Haftungsschuldner

3 Haftungstatbestand

31 Uumlbereignung eines Unternehmens oder gesondert gefuumlhrten Betriebes

32 Uumlbereignung der wesentlichen Betriebsgrundlagen

33 Lebendes Unternehmen

34 Haftungsausschluss fuumlr Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und im Vollstreckungsverfahren

4 Umfang der Haftung

41 Sachliche Beschraumlnkung

42 Zeitliche Beschraumlnkung

43 Gegenstaumlndliche Beschraumlnkung der Haftung

5 Verjaumlhrung

6 Auskunftserteilung bei Betriebsuumlbernahme

1 Art der Haftung

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sect 75 AO begruumlndet eine persoumlnliche keine dingliche Haftung die jedoch ihrem Gegenstand nach auf den Bestand des uumlbereigneten Unternehmens bzw Teilbetriebes beschraumlnkt ist

2 Haftungsschuldner

Haftungsschuldner ist der an der Geschaumlftsveraumluszligerung beteiligte Erwerber Als Erwerber kommt jeder in Betracht der Traumlger von Rechten und Pflichten sein kann

3 Haftungstatbestand

Haftungstatbestand ist die Uumlbereignung eines Unternehmens oder eines in der Gliederung eines Unternehmens gesondert gefuumlhrten Betriebes im Ganzen

31 Uumlbereignung eines Unternehmens oder gesondert gefuumlhrten Betriebes

Unternehmen ist jede wirtschaftliche Einheit oder organisatorische Zusammenfassung persoumlnlicher oder sachlicher Mittel zur Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke dh ein Unternehmen iSd sect 2 Abs 1 UStG (BFH-Urteile vom 1451970 V R 11766 BStBl II S 676 vom 28111973 I R 12971 BStBl 1974 II S 145 vom 27111979 VII R 1279 BStBl 1980 II S 258 vom 1151993 VII R 8692 BStBl II S 700 und vom 731996 VII B 24295 BFHNV S 726)

Ein gesondert gefuumlhrter Betrieb iSd sect 75 AO ist ein mit gewisser Selbstaumlndigkeit ausgestatteter organisch geschlossener Teil eines Gesamtbetriebes der fuumlr sich allein lebensfaumlhig ist Fehlt es hieran so kommt eine Haftung - ohne Ruumlcksicht auf den Umfang der uumlbernommenen Wirtschaftsguumlter - nicht in Betracht (BFH-Urteile vom 1531984 IV R 18981 BStBl II S 486 vom 3121985 VII R 18683 BFHNV 1986 S 315 und vom 2941993 IV R 8892 BFHNV 1994 S 694) Ob ein Betriebsteil die fuumlr die Annahme eines gesondert gefuumlhrten Betriebes erforderliche Selbstaumlndigkeit besitzt ist nach dem Gesamtbild der Verhaumlltnisse zu entscheiden Als Abgrenzungsmerkmale sind ua von Bedeutung Raumlumliche Trennung vom Hauptbetrieb gesonderte Buchfuumlhrung eigenes Personal eigene Verwaltung selbstaumlndige Organisation eigenes Anlagevermoumlgen ungleichartige betriebliche Taumltigkeit und eigener Kundenstamm Diese Merkmale die nicht saumlmtlich vorliegen muumlssen haben unterschiedliches Gewicht je nachdem ob es sich um einen Handels- Dienstleistungs- oder Fertigungsbetrieb handelt (vgl BFH-Urteile vom 23111988 X R 186 BStBl 1989 II S 376 und vom 2941993 IV R 8892 aaO) Bei Einzelhandelsfilialen reicht es fuumlr die Annahme eines gesondert gefuumlhrten Betriebes regelmaumlszligig nicht aus dass die Filiale vom Hauptbetrieb raumlumlich getrennt ist und uumlber eigenes Personal eine selbstaumlndige Kassenfuumlhrung und einen eigenen Kundenkreis verfuumlgt Es muss hinzukommen dass die Filiale uumlber selbstaumlndige Wareneinkaufsbeziehungen und eine selbstaumlndige Preisgestaltung verfuumlgt (BFH-Urteile vom 1291979 I R 14676 BStBl 1980 II S 51 vom 1221992 XI R 2190 BFHNV S 516 und vom 2941993 IV R 8892 aaO)

32 Uumlbereignung der wesentlichen Betriebsgrundlagen

Die Uumlbereignung des Unternehmens im Ganzen setzt voraus dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen von dem Veraumluszligerer auf den Erwerber dergestalt uumlbergehen dass dieser in der Lage ist wirtschaftlich wie ein Eigentuumlmer daruumlber zu verfuumlgen und so das Unternehmen fortzufuumlhren (BFH-Urteile vom 1831986 VII R 14681 BStBl II S 589 und vom 10121991 VII R 5789 BFHNV 1992 S 712) Welche Wirtschaftsguumlter wesentliche Betriebsgrundlage sind haumlngt letztendlich von der Art des Betriebes ab und ist nach den Umstaumlnden des Einzelfalls zu entscheiden in Betracht kommen zB Geschaumlftsgrundstuumlcke -raumlume und -einrichtung das Warenlager Maschinen Nutzungs- und Gebrauchsrechte oder der Kundenstamm Maszliggeblich ist das tatsaumlchliche Ergebnis der Uumlbertragung nicht etwa vertraglich getroffene Vereinbarungen (BFH-Urteil vom 23101985 VII R 14281 BFHNV 1986 S 381) Eine Haftung kommt nicht in Betracht sofern der fruumlhere Betriebsinhaber eine wesentliche Betriebsgrundlage zuruumlckbehaumllt und spaumlter uumlbereignet (BFH-Urteil vom 681985 VII R 18982 BStBl II S 651)

Eine Betriebsuumlbereignung iSd sect 75 AO setzt bei Grundstuumlcken die zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens gehoumlren und im Eigentum des Betriebsinhabers stehen voraus dass sie nach den Vorschriften des BGB an den Erwerber uumlbereignet werden Die Vermietung oder Verpachtung eines solchen Grundstuumlcks durch den fruumlheren Betriebsinhaber an den fortfuumlhrenden Unternehmer vermag die Haftung nicht zu begruumlnden (BFH-Urteile vom 1831986 VII R 14681 BStBl II S 589 und vom 29101985 VII R 19482 BFHNV 1987 S 358) Das Gleiche gilt wenn der fruumlhere Unternehmer den ihm gehoumlrenden Haumllfteanteil des Betriebsgrundstuumlcks als wesentliche Grundlage des Betriebes nicht an die als Haftungsschuldner in Betracht kommende GmbH sondern an deren Alleingesellschafter und alleinigen Geschaumlftsfuumlhrer uumlbereignet (BFH-Urteil vom 1631982 VII R 10579 BStBl II S 483)

Umfassen die wesentlichen Betriebsgrundlagen Wirtschaftsguumlter die nicht im buumlrgerlich-rechtlichen Sinne uumlbereignet werden koumlnnen (zB Erfahrungen Geheimnisse Beziehungen zu Kunden Lieferanten und Mitarbeitern) genuumlgt es wenn diese lediglich im wirtschaftlichen Sinne uumlbereignet werden so dass der Erwerber ein eigentuumlmeraumlhnliches Herrschaftsverhaumlltnis erlangt (BFH-Urteile vom 27111979 VII R 1279 BStBl 1980 II S 258 vom 1631982 VII R 10579 BStBl II S 483 und vom 351994 VII B 26593 BFHNV S 762)

Gehoumlren zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen auch Nutzungsrechte zB Miet- oder Pachtrechte die nicht nach buumlrgerlich-rechtlichen Grundsaumltzen uumlbereignet werden koumlnnen so reicht es fuumlr die

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Uumlbertragung solcher Rechte aus dass der Betriebsuumlbernehmer unter Mitwirkung des bisherigen Betriebsinhabers mit dem Vermieter oder Verpaumlchter einen entsprechenden Nutzungsvertrag abschlieszligt Fuumlr die Mitwirkung des bisherigen Betriebsinhabers ist es ausreichend wenn dieser in irgendeiner tatsaumlchlichen Art und Weise in den Abschluss des neuen Nutzungsvertrages eingeschaltet war sei es dass er den Eintritt des Betriebsuumlbernehmers in den alten Vertrag oder den Neuabschluss des Nutzungsvertrages initiierte vermittelte befuumlrwortete oder auch nur billigte (BFH-Urteil vom 2121989 VII R 16485 BFHNV S 617 und BFH-Beschluss vom 1951998 VII B 28197 BFHNV 1999 S 4)

Ein auf fremdem Grundstuumlck unterhaltener Betrieb ist erst dann uumlbereignet wenn der Pachtvertrag mit dem Grundstuumlckseigentuumlmer auf den Erwerber uumlbergeleitet ist Dies gilt auch dann wenn andere Betriebsgrundlagen bereits vorher auf den Erwerber uumlbergegangen sind (BFH-Urteil vom 1721988 VII R 9785 BFHNV S 755)

Fuumlr die Haftung des Betriebsuumlbernehmers kommt es nur darauf an dass das wirtschaftliche Eigentum an den wesentlichen Betriebsgrundlagen dh die Moumlglichkeit uumlber den Einsatz der Gegenstaumlnde allein entscheiden zu koumlnnen vom bisherigen Unternehmer auf den Erwerber uumlbergeht Die Haftung des Betriebsuumlbernehmers kommt daher auch dann in Betracht wenn der Erwerber das wirtschaftliche Herrschaftsverhaumlltnis uumlber im fremden Sicherungseigentum stehendes Betriebsvermoumlgen durch Vereinbarung mit dem bisherigen Unternehmer erlangt (BFH-Urteil vom 2291992 VII R 73-7491 BFHNV 1993 S 215) Eine Haftung des Betriebsuumlbernehmers scheidet dagegen aus wenn der Erwerber das (wirtschaftliche) Eigentum durch Erwerb vom Sicherungsnehmer erlangt ohne dass der fruumlhere Betreiber des Unternehmens an dem Geschaumlft in irgendeiner Weise beteiligt war (BFH-Urteil vom 1911988 VII R 7485 BFHNV S 479 und BFH-Beschluss vom 351994 VII B 26593 BFHNV S 762)

Eine Uumlbereignung in mehreren Teilakten ist eine Uumlbertragung im Ganzen wenn die einzelnen Teile im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen und der Wille auf Erwerb des Unternehmens gerichtet ist (BFH-Urteile vom 1631982 VII R 10579 BStBl II S 483 vom 1721988 VII R 9785 BFHNV S 755 und vom 351994 VII B 26593 BFHNV S 762)

33 Lebendes Unternehmen

Der Haftung des Betriebsuumlbernehmers stehen Uumlberschuldung Zahlungsunfaumlhigkeit bzw Insolvenzreife des bisherigen Unternehmens nicht entgegen Die Haftung des Erwerbers ist davon abhaumlngig dass er ein lebendes Unternehmen erwirbt Dazu ist erforderlich dass der Erwerber das Unternehmen ohne nennenswerte finanzielle Aufwendungen fortfuumlhren oder sofern der Betrieb des Unternehmens vor dem Erwerb bereits eingestellt war ohne groszligen Aufwand wieder in Gang setzen kann (BFH-Urteile vom 1831986 VII R 14681 BStBl II S 589 vom 1151993 VII R 8692 BStBl II S 700 und vom 10121991 VII R 5789 BFHNV 1992 S 712)

Die Haftung des Erwerbers wird nicht dadurch ausgeschlossen dass dieser den Betrieb nur dann in der bisherigen Weise fortfuumlhren kann wenn er an die Stelle des Veraumluszligerers in das Vertragsnetz eines anderen Unternehmens eintritt (BFH-Urteil vom 2751986 VII R 18383 BStBl II S 654)

Die Abweisung des Antrags des bisherigen Betriebsinhabers auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse kann ein Indiz dafuumlr sein dass ein lebendes Unternehmen nicht mehr vorhanden ist sie ist aber kein Kriterium das eine Haftung des Betriebsuumlbernehmers generell ausschlieszligt (vgl BFH-Urteile vom 2291992 VII R 73-7491 BFHNV 1993 S 215)

34 Haftungsausschluss fuumlr Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und im Vollstreckungsverfahren

Fuumlr Erwerbe aus einer Insolvenzmasse und im Vollstreckungsverfahren scheidet eine Haftung des Betriebsuumlbernehmers aus (sect 75 Abs 2 AO) Aus einer Insolvenzmasse wird ein Unternehmen erworben wenn der Erwerb nach Eroumlffnung und vor Einstellung oder Aufhebung des Insolvenzverfahrens getaumltigt wird Ist die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden so greift der Haftungsausschluss nach sect 75 Abs 2 AO nicht ein (vgl BFH-Urteil vom 237 1998 VII R 14397 BStBl II S 765)

Ein Erwerb im Vollstreckungsverfahren liegt vor wenn dieser im Rahmen der Verwertung also der Zwangsversteigerung (sect 17 ZVG) der besonderen Verwertung (sect 65 ZVG) der Versteigerung (sect 814 ZPO) der anderweitigen Verwertung (sect 825 ZPO) oder der Verwertung nach den sectsect 296 305 AO erfolgt

Einen daruumlber hinausgehenden Haftungsausschluss durch private Vereinbarung etwa vergleichbar des sect 25 Abs 2 HGB laumlsst die oumlffentlich-rechtliche Natur der Haftung nach sect 75 AO nicht zu

4 Umfang der Haftung

41 Sachliche Beschraumlnkung

Der Uumlbernehmer eines Unternehmens oder gesondert gefuumlhrten Betriebes haftet nur

- fuumlr die im Betrieb begruumlndeten Steuern (zB Umsatzsteuer - ausschlieszliglich der Einfuhrumsatzsteuer gem sect 1 Abs 1 Nr 4 UStG und der Umsatzsteuer wegen unberechtigten Steuerausweises gem sect 14c Abs 2 UStG - pauschalierte Lohnsteuer Gewerbesteuer) er haftet

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dagegen insbesondere nicht fuumlr Einkommensteuer Koumlrperschaftsteuer Erbschaftsteuer Grundsteuer Grunderwerbsteuer und Kraftfahrzeugsteuer

- fuumlr Anspruumlche auf Erstattung von Steuerverguumltungen sowie Praumlmien und Zulagen auf die die Vorschriften fuumlr Steuerverguumltungen entsprechend anwendbar sind wobei der Erstattungsanspruch aus einer betriebsbedingten Steuerverguumltung bzw Praumlmie oder Zulage resultieren muss (insbesondere Ruumlckforderung der Investitionszulage)

- fuumlr Steuerabzugsbetraumlge insbesondere Lohnsteuer Kapitalertragsteuer Abzugsbetraumlge nach sectsect 48 50a EStG

Nach dem BFH-Urteil vom 2811982 V S 1381 BStBl II S 490 umfasst die Haftung auch die durch die Unternehmensveraumluszligerung entstandene Umsatzsteuerschuld Zwar unterliegt eine Unternehmensveraumluszligerung gem sect 1 Abs 1a UStG nicht mehr der Umsatzsteuer Die Haftung umfasst aber auch die in diesen Faumlllen unberechtigt ausgewiesene nach sect 14c Abs 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer

Steuerliche Nebenleistungen (sect 3 Abs 4 AO) sind von der Haftung ausgenommen

42 Zeitliche Beschraumlnkung

Voraussetzung fuumlr die Haftung ist dass die Steuern und Erstattungsanspruumlche seit dem Beginn des letzten vor der wirtschaftlichen Uumlbereignung liegenden Kalenderjahres entstanden (sect 38 AO) sind und innerhalb eines Jahres nach Anmeldung (sect 138 AO) des Betriebes bei der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde durch den Erwerber festgesetzt oder angemeldet worden sind Die Jahresfrist beginnt fruumlhestens mit dem Zeitpunkt der Betriebsuumlbernahme Die Faumllligkeit der Anspruumlche ist unerheblich

Es reicht aus wenn die Steuern gegenuumlber dem Veraumluszligerer innerhalb der Jahresfrist festgesetzt worden sind der Haftungsbescheid kann spaumlter erlassen werden

43 Gegenstaumlndliche Beschraumlnkung der Haftung

Die Haftung beschraumlnkt sich auf das uumlbernommene Vermoumlgen (einschlieszliglich Surrogate) Darunter ist das uumlbernommene Aktivvermoumlgen zu verstehen Schulden sind nicht abzuziehen Der Haftungsschuldner haftet nicht in Houmlhe des Wertes des uumlbernommenen Vermoumlgens sondern mit diesem Vermoumlgen

Der Umfang der Haftung ist ausreichend bestimmt (sect 119 Abs 1 AO) wenn im Haftungsbescheid der Vermoumlgenswert angegeben wird auf den die Haftung beschraumlnkt ist (BFH-Urteil vom 2291992 VII R 73-7491 BFHNV 1993 S 215) Alternativ koumlnnen die einzelnen uumlbernommenen Gegenstaumlnde aufgefuumlhrt werden Handelt es sich um eine groumlszligere Anzahl von Gegenstaumlnden koumlnnen diese in einer besonderen Anlage zum Haftungsbescheid angegeben werden Es genuumlgt jedoch auch im Haftungsbescheid auf den Uumlbergabevertrag Bezug zu nehmen sofern sich aus diesem die uumlbernommenen Gegenstaumlnde in eindeutig abgrenzbarer Weise ergeben

5 Verjaumlhrung

Die Festsetzungsfrist betraumlgt 4 Jahre (sect 191 Abs 3 Satz 2 AO)

6 Auskunftserteilung bei Betriebsuumlbernahme

Ersucht ein Kaufinteressent das Finanzamt um Auskunft uumlber Ruumlckstaumlnde an Betriebssteuern und Steuerabzugsbetraumlgen fuumlr die eine Haftung in Frage kommt so kann diese Auskunft nur erteilt werden wenn der Betriebsinhaber zustimmt (sect 30 Abs 4 Nr 3 AO) Der anfragende Kaufinteressent ist ggf auf die erforderliche Zustimmung sowie darauf hinzuweisen dass der Erwerber auch dann nach sect 75 Abs 1 AO haftet wenn ihm bei der Uumlbereignung die Steuerschulden des Veraumluszligerers nicht bekannt sind

Der haftungsbegruumlndende Tatbestand ist mit der Eigentumsuumlbertragung verwirklicht Da Steuerschuldner und Haftender nach sect 44 Abs 1 AO Gesamtschuldner sind darf dem Erwerber nach erfolgter Eigentumsuumlbertragung eine Auskunft uumlber etwaige bekannte Steuerruumlckstaumlnde des Veraumluszligerers insoweit erteilt werden als eine Haftung nach sect 75 Abs 1 AO in Betracht kommt Es ist nicht erforderlich dass gegen den Erwerber bereits ein Haftungsbescheid ergangen ist

AEAO zu sect 77 - Duldungspflicht

1 Eine Duldungspflicht kommt vor allem bei den in den sectsect 34 und 35 AO genannten Personen in Betracht Als oumlffentliche Last ruht auf dem Grundbesitz die Grundsteuer (sect 12 GrStG)

2 Zum Erlass eines Duldungsbescheids wird auf sect 191 AO hingewiesen wegen weiterer Vorschriften uumlber die Duldung der Zwangsvollstreckung auf die sectsect 262 264 und 265 AO

AEAO zu sect 78 - Beteiligte

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Unter Beteiligten sind idR die Steuerpflichtigen (sect 33 Abs 1 AO) zu verstehen Der Beteiligtenbegriff des sect 78 AO gilt nicht im Zerlegungs- und Einspruchsverfahren (sectsect 186 359 AO vgl BFH-Beschluss vom 2831979 I B 7978 BStBl II S 538)

AEAO zu sect 80 - Bevollmaumlchtigte und Beistaumlnde

1 Die Finanzbehoumlrde soll den schriftlichen Nachweis einer Vollmacht nur verlangen wenn begruumlndete Zweifel an der Vertretungsmacht bestehen dieser Nachweis kann auch in elektronischer Form (sect 87a Abs 3 AO) erbracht werden Bei Angehoumlrigen der steuerberatenden Berufe die fuumlr den Steuerpflichtigen handeln wird eine ordnungsgemaumlszlige Bevollmaumlchtigung vermutet

2 Eine Vollmacht ermaumlchtigt zwar nicht zum Empfang von Erstattungen oder Verguumltungen Der Bevollmaumlchtigte kann jedoch in anderer Weise uumlber das Guthaben des Steuerpflichtigen verfuumlgen indem er zB namens des Steuerpflichtigen gegenuumlber der Finanzbehoumlrde aufrechnet (sect 226 AO) Erstattungen an Bevollmaumlchtigte oder andere Personen sind zulaumlssig wenn der Steuerpflichtige eine entsprechende Zahlungsanweisung erteilt die Finanzbehoumlrde ist jedoch nicht zur Zahlung an sie verpflichtet

3 Bei der Unterzeichnung von Steuererklaumlrungen ist wenn die Einzelsteuergesetze die eigenhaumlndige Unterschrift vorsehen eine Vertretung durch Bevollmaumlchtigte nur unter den Voraussetzungen des sect 150 Abs 3 AO zulaumlssig

4 Der Schriftwechsel und die Verhandlungen im Besteuerungsverfahren sind mit dem Bevollmaumlchtigten zu fuumlhren Nur bei Vorliegen besonderer Gruumlnde soll sich die Finanzbehoumlrde an den Beteiligten selbst wenden zB um ihn um Auskuumlnfte zu bitten die nur er selbst als Wissenstraumlger geben kann In diesem Fall ist der Bevollmaumlchtigte zu unterrichten Inwieweit Verwaltungsakte insbesondere Steuerbescheide gegenuumlber dem Bevollmaumlchtigten bekannt zu geben sind richtet sich nach sect 122 AO

5 Mit der Bestellung eines Bevollmaumlchtigten verliert der Steuerpflichtige nicht die Moumlglichkeit selbst rechtswirksame Erklaumlrungen gegenuumlber der Finanzbehoumlrde abzugeben Er kann zB auch einen von dem Bevollmaumlchtigten eingelegten Einspruch zuruumlcknehmen

6 Verfahrenshandlungen die ein Bevollmaumlchtigter oder Beistand vor seiner Zuruumlckweisung vorgenommen hat sind wirksam

AEAO zu sect 81 - Bestellung eines Vertreters von Amts wegen

Die Finanzbehoumlrden haben im Allgemeinen keinen Anlass die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen zu beantragen Wegen der Bekanntgabe von Verwaltungsakten an Beteiligte im Ausland vgl AEAO zu sect 122 Nr 184

AEAO zu sect 82 - Ausgeschlossene Personen

1 Wegen der Rechtsfolgen bei einem Verstoszlig gegen diese Vorschrift wird auf sectsect 125 und 127 AO hingewiesen

2 Hilfe in Steuersachen iSd sect 82 Abs 1 Nr 4 AO leisten nicht nur diejenigen die nach dem StBerG ausdruumlcklich dazu befugt sind sondern auch sonstige Personen die ohne gesetzliche Befugnis Hilfe in Steuersachen leisten Zur Hilfe in Steuersachen zaumlhlen auch die nicht dem Erlaubnisvorbehalt des sect 2 StBerG unterliegenden mechanischen Buchfuumlhrungsarbeiten und die Erstattung wissenschaftlicher Gutachten (sect 6 StBerG)

3 Zum Begriff des Amtstraumlgers Hinweis auf sect 7 AO

AEAO zu sect 83 - Besorgnis der Befangenheit

1 Das in sect 83 AO vorgeschriebene Verfahren ist nicht nur dann durchzufuumlhren wenn der Amtstraumlger tatsaumlchlich befangen ist oder sich fuumlr befangen haumllt sondern schon dann wenn ein vernuumlnftiger Grund vorliegt der den Beteiligten von seinem Standpunkt aus befuumlrchten lassen koumlnnte dass der Amtstraumlger nicht unparteiisch sachlich entscheiden werde

2 Die Entscheidung ob sich ein Amtstraumlger der Mitwirkung an einem Verwaltungsverfahren zu enthalten hat trifft der Behoumlrdenleiter bzw der von ihm Beauftragte oder die Aufsichtsbehoumlrde Uumlber die Zulaumlssigkeit der Mitwirkung des Amtstraumlgers im Verwaltungsverfahren ist ggf im Rechtsbehelfsverfahren uumlber den Verwaltungsakt zu entscheiden

AEAO zu sect 85 - Besteuerungsgrundsaumltze

1 Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen dem Steuerermittlungsverfahren das der Festsetzung der Steuer gegenuumlber einem bestimmten Steuerpflichtigen dient und dem Steueraufsichtsverfahren in dem die Finanzbehoumlrden gegenuumlber allen Steuerpflichtigen daruumlber wachen dass die Steuern nicht verkuumlrzt werden Die Finanzbehoumlrden koumlnnen sich sowohl bei Ermittlungen die sich gegen einen bestimmten Steuerpflichtigen richten als auch bei der Erforschung unbekannter Steuerfaumllle der Beweismittel des

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sect 92 AO bedienen Sie koumlnnen mit der Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfaumllle auch die Steuerfahndung beauftragen (sect 208 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AO)

2 Die Finanzbehoumlrde hat die Grundlagen der Besteuerung bei jeder Veranlagung ohne Ruumlcksicht auf die Behandlung desselben Sachverhalts in Vorjahren selbststaumlndig festzustellen und die Rechtslage neu zu beurteilen Sie ist an die Sach- oder Rechtsbehandlung in fruumlheren Veranlagungszeitraumlumen nicht gebunden Etwas anderes gilt nur dann wenn dem Steuerpflichtigen wirksam eine bestimmte Behandlung zugesagt worden ist (vgl sect 89 Abs 2 AO und sectsect 204 ff AO) oder die Finanzbehoumlrde durch ihr fruumlheres Verhalten auszligerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat (vgl BFH-Urteil vom 3091997 IX R 8094 BStBl 1998 II S 771 mwN) Fehlt es hieran gebieten es die Grundsaumltze der Gesetzmaumlszligigkeit der Verwaltung und der Gleichmaumlszligigkeit der Besteuerung dass die Finanzbehoumlrde eine als falsch erkannte Auffassung vom fruumlhestmoumlglichen Zeitpunkt an aufgibt auch wenn der Steuerpflichtige auf sie vertraut haben sollte Diese Verpflichtung besteht auch wenn die fehlerhafte Auffassung in einem Pruumlfungsbericht niedergelegt worden ist oder wenn die Finanzbehoumlrde uumlber eine laumlngere Zeitspanne eine rechtsirrige fuumlr den Steuerpflichtigen guumlnstige Auffassung vertreten hat Die Finanzbehoumlrde ist selbst dann nicht an eine bei einer fruumlheren Veranlagung zugrunde gelegte Auffassung gebunden wenn der Steuerpflichtige im Vertrauen darauf disponiert hat (vgl BFH-Urteil vom 21101992 X R 9988 BStBl 1993 II S 289 mwN)

3 Die Finanzbehoumlrde kann nach pflichtgemaumlszligem Ermessen bdquobetriebsnahe Veranlagungenldquo durchfuumlhren Die betriebsnahen Veranlagungen gehoumlren zum Steuerfestsetzungsverfahren wenn sie ohne Pruumlfungsanordnung mit Einverstaumlndnis des Steuerpflichtigen an Ort und Stelle durchgefuumlhrt werden es gelten die allgemeinen Verfahrensvorschriften uumlber Besteuerungsgrundsaumltze und Beweismittel (sectsect 85 88 und 90 ff AO) Eine betriebsnahe Veranlagung bewirkt keine Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 4 AO (BFH-Urteil vom 671999 VIII R 1797 BStBl 2000 II S 306)

4 Der gesetzliche Auftrag bdquosicherzustellenldquo dass Steuern nicht verkuumlrzt werden usw weist auf die Befugnis zu Maszlignahmen auszligerhalb eines konkreten Besteuerungsverfahrens hin So sind denFinanzbehoumlrden allgemeine Hinweise an die Oumlffentlichkeit oder aumlhnliche vorbeugende Maszlignahmen gegenuumlber Einzelnen zur Erfuumlllung des gesetzlichen Auftrags gestattet Auf der Grundlage des sect 85 AO koumlnnen auch im Wege der Amtshilfe andere Behoumlrden ersucht werden Auftraumlge nur zu erteilen wenn eine von der Finanzbehoumlrde erteilte Bescheinigung in Steuersachen die Bewertung ermoumlglicht dass der Bewerber seinen steuerlichen Pflichten im Wesentlichen nachkommt Wegen der allgemeinen Mitteilungspflicht von Behoumlrden und Rundfunkanstalten wird auf die Mitteilungsverordnung hingewiesen

AEAO zu sect 87 - Amtssprache

1 Bei Eingaben in fremder Sprache soll die Finanzbehoumlrde zunaumlchst pruumlfen ob eine zur Bearbeitungausreichende Uumlbersetzung durch eigene Bedienstete oder im Wege der Amtshilfe ohne Schwierigkeiten beschafft werden kann Uumlbersetzungen sind nur im Rahmen des Notwendigen nicht aus Prinzip anzufordern Die Finanzbehoumlrde kann auch Schriftstuumlcke in fremder Sprache entgegennehmen und in einer fremden Sprache verhandeln wenn der Amtstraumlger uumlber entsprechende Sprachkenntnisse verfuumlgt Antraumlge die ein Verwaltungsverfahren ausloumlsen und fristwahrende Eingaben sollen in ihren wesentlichen Teilen in deutscher Sprache aktenkundig gemacht werden Verwaltungsakte sind grundsaumltzlich in deutscher Sprache bekannt zu geben

2 Wegen der Fuumlhrung von Buumlchern in einer fremden Sprache Hinweis auf sect 146 Abs 3 AO

AEAO zu sect 87a - Elektronische Kommunikation

Inhaltsuumlbersicht

1 Zugangseroumlffnung

2 Zugang

3 Elektronisch signierte Dokumente

4 Beweis durch elektronische Dokumente

1 Zugangseroumlffnung

Die Uumlbermittlung elektronischer Dokumente an die Finanzbehoumlrden und an die Steuerpflichtigen ist zulaumlssig soweit der Empfaumlnger hierfuumlr einen Zugang eroumlffnet (sect 87a Abs 1 Satz 1 AO) Die Zugangseroumlffnung kann durch ausdruumlckliche Erklaumlrung oder konkludent sowie generell oder nur fuumlr bestimmte Faumllle erfolgen Vorbehaltlich einer ausdruumlcklichen gesetzlichen Anordnung besteht weder fuumlr die Steuerpflichtigen noch fuumlr die Finanzbehoumlrden ein Zwang zur Uumlbermittlung elektronischer Dokumente

Finanzbehoumlrden die eine E-Mail-Adresse angeben erklaumlren damit ihre Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Dokumente fuumlr die Uumlbermittlung elektronisch signierter Dokumente (vgl AEAO zu sect 87a Nr 3) muss der Zugang gesondert eroumlffnet werden Wegen der elektronischen Uumlbermittlung von Steuererklaumlrungsdaten Hinweis auf sect 150 Abs 1 Satz 2 AO und die Steuerdaten-Uumlbermittlungsverordnung

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Bei natuumlrlichen oder juristischen Personen die eine gewerbliche oder berufliche Taumltigkeit selbstaumlndig ausuumlben und die auf einem im Verkehr mit der Finanzbehoumlrde verwendeten Briefkopf in einer Steuererklaumlrung oder in einem Antrag an die Finanzbehoumlrde ihre E-Mail-Adresse angegeben oder sich per E-Mail an die Finanzbehoumlrde gewandt haben kann idR davon ausgegangen werden dass sie damit konkludent ihre Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Dokumente erklaumlrt haben Bei Steuerpflichtigen die keine gewerbliche oder berufliche Taumltigkeit selbstaumlndig ausuumlben (zB Arbeitnehmer) ist dagegen derzeit nur bei Vorliegen einer ausdruumlcklichen aber nicht formgebundenen Einverstaumlndniserklaumlrung von einer Zugangseroumlffnung iSd sect 87a Abs 1 Satz 1 AO auszugehen

2 Zugang

Ein elektronisches Dokument ist zugegangen sobald die fuumlr den Empfang bestimmte Einrichtung es in fuumlr den Empfaumlnger bearbeitbarer Weise aufgezeichnet hat (sect 87a Abs 1 Satz 2 AO) Ob und wann der Empfaumlnger das bearbeitbare Dokument tatsaumlchlich zur Kenntnis nimmt ist fuumlr den Zeitpunkt des Zugangs unbeachtlich Zur widerlegbaren Vermutung des Tags des Zugangs elektronischer Verwaltungsakte vgl sect 122 Abs 2a AO und sect 123 Saumltze 2 und 3 AO Ein fuumlr den Empfaumlnger nicht bearbeitbares Dokument ist nicht iSd sect 87a Abs 1 Satz 2 AO zugegangen und loumlst somit noch keine Rechtsfolgen (zB die Wahrung einer Antrags- oder Rechtsbehelfsfrist oder das Wirksamwerden eines Verwaltungsakts) aus Zum Verfahren nach Uumlbermittlung eines nicht bearbeitbaren elektronischen Dokuments vgl sect 87a Abs 2 AO

3 Elektronisch signierte Dokumente

Soweit durch Gesetz die Schriftform vorgeschrieben ist kann dieser Form grundsaumltzlich auch durch Uumlbermittlung in elektronischer Form entsprochen werden Hierbei muss das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur iSd sect 2 Nr 3 des Signaturgesetzes (BStBl 2001 I S 351) versehen sein (sect 87a Abs 3 und 4 AO)

sect 87a Abs 3 AO gilt auch wenn eine eigenhaumlndige Unterschrift gesetzlich vorgeschrieben ist In diesem Fall ist das Dokument von derjenigen Person elektronisch zu signieren die zur eigenhaumlndigen Unterschrift verpflichtet ist bzw in den Faumlllen des sect 150 Abs 3 AO von der bevollmaumlchtigten Person

Elektronische Dokumente die mit einem Wahlnamen signiert worden sind dem die Funktion des buumlrgerlichen Namens zukommt sind von den Finanzbehoumlrden nicht unter Berufung auf sect 87a Abs 3 Satz 3 AO zuruumlckzuweisen

4 Beweis durch elektronische Dokumente

Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand eines Beweises wird der Beweis durch Vorlegung oderUumlbermittlung der Datei angetreten Befindet sich das vorzulegende elektronische Dokument weder im Besitz des Steuerpflichtigen noch im Besitz der Finanzbehoumlrde gilt hinsichtlich der Vorlage- bzwUumlbermittlungspflicht Dritter sect 97 AO entsprechend (sect 87a Abs 5 Satz 1 AO) Die Finanzbehoumlrde hat bei ihrem Herausgabeverlangen anzugeben dass das elektronische Dokument fuumlr die Besteuerung einer anderen Person benoumltigt wird (sect 97 Abs 1 Satz 2 AO) Sie kann das elektronische Dokument an Amtsstelle oder bei dem Dritten einsehen wenn dieser damit einverstanden ist (sect 97 Abs 2 Satz 1 AO) Der Dritte hat ggf auf seine Kosten diejenigen Hilfsmittel zur Verfuumlgung zu stellen die erforderlich sind um das Dokument lesbar zu machen (sect 97 Abs 2 Satz 2 i V m sect 147 Abs 5 AO)

Der Anschein der Echtheit eines mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz uumlbermittelten Dokuments der sich aufgrund der Pruumlfung nach dem Signaturgesetz ergibt kann nur durch Tatsachen erschuumlttert werden die ernstliche Zweifel daran begruumlnden dass das Dokument mit dem Willen des Signaturschluumlssel-Inhabers uumlbermittelt wurde (sect 87a Abs 5 Satz 2 AO) Fuumlr die Beurteilung der Frage wann bdquoernstliche Zweifelldquo vorliegen koumlnnen die Auslegungsgrundsaumltze zu sect 361 Abs 2 Satz 2 AO (vgl AEAO zu sect 361 Nr 25) herangezogen werden Fuumlr die Widerlegung der Echtheitsvermutung ist daher erforderlich dass die vorgetragenen Tatsachen ergeben dass die Wahrscheinlichkeit dass das Dokument nicht mit dem Willen des Signaturschluumlssel-Inhabers uumlbermittelt worden ist zumindest ebenso hoch ist wie die Wahrscheinlichkeit dass das uumlbermittelte Dokument dem Willen des Signaturschluumlssel-Inhabers entspricht

Die Vermutung des sect 87a Abs 5 Satz 2 AO gilt nicht wenn das uumlbermittelte elektronische Dokument mit einer bdquoeinfachenldquo elektronischen Signatur (sect 2 Nr 1 des Signaturgesetzes) mit einer bdquofortgeschrittenen elektronischen Signaturldquo (sect 2 Nr 2 des Signaturgesetzes) oder mit einer Signatur iSd sect 87a Abs 6 AO versehen worden ist

AEAO zu sect 88 - Untersuchungsgrundsatz

1 Die Finanzbehoumlrden haben alle notwendigen Maszlignahmen zu ergreifen um die entscheidungserheblichen Tatsachen aufzuklaumlren Sie bestimmen Art und Umfang der Ermittlungen nach den Umstaumlnden des Einzelfalles Der Grundsatz der Verhaumlltnismaumlszligigkeit ist zu beachten Die Ermittlungshandlungen duumlrfen danach zu dem angestrebten Erfolg nicht erkennbar auszliger Verhaumlltnis stehen Sie sollen so gewaumlhlt werden dass damit unter Beruumlcksichtigung der Verhaumlltnisse des Einzelfalles ein moumlglichst geringer Eingriff in die Rechtssphaumlre des Beteiligten oder Dritter verbunden ist Der Gewaumlhrung rechtlichen Gehoumlrs kommt besondere Bedeutung zu

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Trotz des in sect 85 AO festgelegten Legalitaumltsprinzips koumlnnen bei den Entscheidungen der Finanzbehoumlrden Erwaumlgungen einbezogen werden die im Ergebnis Zweckmaumlszligigkeitserwaumlgungen gleichzustellen sind (BVerfG-Beschluss vom 2061973 1 BvL 9-1071 BStBl II S 720) Fuumlr die Anforderungen die an die Aufklaumlrungspflicht der Finanzbehoumlrden zu stellen sind darf die Erwaumlgung eine Rolle spielen dass die Aufklaumlrung einen nicht mehr vertretbaren Zeitaufwand erfordert Dabei kann auf das Verhaumlltnis zwischen voraussichtlichem Arbeitsaufwand und steuerlichem Erfolg abgestellt werden Die Finanzaumlmter duumlrfen auch beruumlcksichtigen in welchem Maszlige sie durch ein zu erwartendes finanzgerichtliches Verfahren belastet werden sofern sie bei vorhandenen tatsaumlchlichen oder rechtlichen Zweifeln dem Begehren des Steuerpflichtigen nicht entsprechen und zu seinem Nachteil entscheiden In Faumlllen erschwerter Sachverhaltsermittlung dient es unter bestimmten Voraussetzungen der Effektivitaumlt der Besteuerung und allgemein dem Rechtsfrieden wenn sich die Beteiligten uumlber die Annahme eines bestimmten Sachverhalts und uumlber eine bestimmte Sachbehandlung einigen koumlnnen (BFH-Urteil vom 11121984 VIII R 13176 BStBl 1985 II S 354) Vgl hierzu BMF-Schreiben vom 3072008 BStBl I S 831

2 Die Aufklaumlrungspflicht der Finanzbehoumlrden wird durch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten (sect 90 AO) begrenzt Die Finanzbehoumlrden sind nicht verpflichtet den Sachverhalt auf alle moumlglichen Fallgestaltungen zu erforschen Fuumlr den Regelfall kann davon ausgegangen werden dass die Angaben des Steuerpflichtigen in der Steuererklaumlrung vollstaumlndig und richtig sind (BFH-Urteil vom 1741969 V R 2166 BStBl II S 474) Die Finanzbehoumlrde kann den Angaben eines Steuerpflichtigen Glauben schenken wenn nicht greifbare Umstaumlnde vorliegen die darauf hindeuten dass seine Angaben falsch oder unvollstaumlndig sind (BFH-Urteil vom 1171978 VIII R 12075 BStBl 1979 II S 57) Sie verletzt ihre Aufklaumlrungspflicht nur wenn sie Tatsachen oder Beweismittel auszliger Acht laumlsst und offenkundigen Zweifelsfragen nicht nachgeht die sich ihr den Umstaumlnden nach ohne weiteres aufdraumlngen mussten (BFH-Urteile vom 1611964 V 9461 U BStBl III S 149 und vom 13111985 II R 20882 BStBl 1986 II S 241)

3 Im Rahmen der Pruumlfung zugunsten des Steuerpflichtigen muss die Finanzbehoumlrde ihrer Pflicht zur Fuumlrsorge fuumlr den Steuerpflichtigen (sect 89 AO) gerecht werden So ist auch die Verjaumlhrung von Amts wegen zu beruumlcksichtigen

AEAO zu sect 89 - Beratung Auskunft

Inhaltsuumlbersicht

1 Beratung des Steuerpflichtigen

2 Auskuumlnfte nach sect 89 Abs 1 Satz 2 AO

3 Verbindliche Auskuumlnfte nach sect 89 Abs 2 AO

31 Allgemeines

32 Antragsteller

33 Zustaumlndigkeit fuumlr die Erteilung verbindlicher Auskuumlnfte

34 Form Inhalt und Voraussetzungen des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft

3 5 Erteilung einer verbindlichen Auskunft

36 Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft

37 Rechtsbehelfsmoumlglichkeiten

4 Gebuumlhren fuumlr die Bearbeitung von Antraumlgen auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft (sect 89 Abs 3 bis 7 AO)

41 Gebuumlhrenpflicht

42 Gegenstandswert

43 Zeitgebuumlhr

44 Gebuumlhrenfestsetzung

45 Ermaumlszligigung der Gebuumlhr

5 Anwendung der StAuskV

1 Beratung des Steuerpflichtigen

11 In sect 89 Abs 1 Satz 1 AO sind Erklaumlrungen und Antraumlge gemeint die sich bei dem gegebenen Sachverhalt aufdraumlngen Im Uumlbrigen ist es Sache des Steuerpflichtigen sich uumlber die Antragsmoumlglichkeiten zu unterrichten ggf durch Ruumlckfrage beim Finanzamt (sect 89 Abs 1 Satz 2 AO) Die Finanzaumlmter waumlren uumlberfordert wenn sie darauf zu achten haumltten ob der Steuerpflichtige jede sich ihm bietende Moumlglichkeit Steuern zu sparen ausgenutzt hat (BFH-Urteil vom 2211960 VI 17559 U BStBl III S 178)

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12 Kann bei einem eindeutigen Verstoszlig der Finanzbehoumlrden gegen die Fuumlrsorgepflicht nach sect 89 Abs 1 Satz 1 AO dem Steuerpflichtigen nicht durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (sect 110 AO) oderdurch Aumlnderung des bestandskraumlftigen Steuerbescheids nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO geholfen werden so kann es geboten sein die zu Unrecht festgesetzte Steuer wegen sachlicher Unbilligkeit (sect 227 AO) zu erlassen

2 Auskuumlnfte nach sect 89 Abs 1 Satz 2 AO

In sect 89 Abs 1 Satz 2 AO sind Auskuumlnfte uumlber das Verfahren (zB Fristberechnung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Aussetzung der Vollziehung) gemeint Die Erteilung von Auskuumlnften materieller Art ist den Finanzbehoumlrden gestattet hierauf besteht jedoch kein Anspruch

3 Verbindliche Auskuumlnfte nach sect 89 Abs 2 AO

31 Allgemeines

Die Finanzaumlmter und das Bundeszentralamt fuumlr Steuern koumlnnen unter den Voraussetzungen des sect 89 Abs 2 Satz 1 AO und der StAuskV auf Antrag verbindliche Auskuumlnfte uumlber die steuerliche Beurteilung von genau bestimmten noch nicht verwirklichten Sachverhalten erteilen wenn daran im Hinblick auf die erheblichen steuerlichen Auswirkungen ein besonderes Interesse besteht

32 Antragsteller

321 Antragsteller einer verbindlichen Auskunft iSd sect 89 Abs 2 AO (und zugleich Gebuumlhrenschuldner iSd des sect 89 Abs 3 bis 5 AO) ist derjenige in dessen Namen der Antrag gestellt wird Zur Antragstellung durch Personenmehrheiten vgl sect 1 Abs 2 StAuskV Antragsteller und Steuerpflichtiger muumlssen nicht identisch sein

322 Antragsteller und Steuerpflichtiger sind in der Regel identisch wenn der Steuerpflichtige dessen kuumlnftige Besteuerung Gegenstand der verbindlichen Auskunft sein soll bei Antragstellung bereits existiert Eine dritte Person hat in diesen Faumlllen im Regelfall kein eigenes berechtigtes Interesse an einer Auskunftserteilung hinsichtlich der Besteuerung eines anderen bereits existierenden Steuerpflichtigen

323 Existiert der Steuerpflichtige bei Antragstellung noch nicht kann bei berechtigtem Interesse auch ein Dritter Antragsteller sein (sect 1 Abs 3 StAuskV) Berechtigter Antragsteller einer verbindlichen Auskunft uumlber die kuumlnftige Besteuerung einer noch nicht existierenden Kapitalgesellschaft kann die Person koumlnnen die Personen gemeinsam sein die diese Kapitalgesellschaft gruumlnden und dann (gemeinsam) zu mindestens 50 an der Gesellschaft beteiligt sein willwollen Entsprechendes gilt fuumlr Auskunftsantraumlge einer Vorgruumlndungsgesellschaft Die einem Dritten wegen seines berechtigten Interesses erteilte verbindliche Auskunft entfaltet gegenuumlber dem kuumlnftigen Steuerpflichtigen auch dann Bindungswirkung wenn die tatsaumlchlichen Beteiligungsverhaumlltnisse bei Verwirklichung des Sachverhalts von den bei Antragstellung geplanten Beteiligungsverhaumlltnissen abweichen soweit die Beteiligungsverhaumlltnisse fuumlr die steuerrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung sind

324 sect 1 Abs 3 StAuskV geht der Regelung in sect 1 Abs 2 StAuskV als lex specialis vor Deshalb muss ein Auskunftsantrag fuumlr eine noch zu gruumlndende Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft nicht von allen kuumlnftigen Gesellschaftern gemeinsam gestellt werden

33 Zustaumlndigkeit fuumlr die Erteilung verbindlicher Auskuumlnfte

Nach sect 89 Abs 2 Satz 2 AO ist das Finanzamt fuumlr die Erteilung einer verbindlichen Auskunft zustaumlndig das bei Verwirklichung des dem Antrag zugrunde liegenden Sachverhalts fuumlr die Besteuerung oumlrtlich zustaumlndig sein wuumlrde Abweichend hiervon ist allerdings bei Antragstellern fuumlr die im Zeitpunkt der Antragstellung nach sectsect 18 bis 21 AO kein Finanzamt zustaumlndig ist auf dem Gebiet der Steuern die von den Landesfinanzbehoumlrden im Auftrag des Bundes verwaltet werden nach sect 89 Abs 2 Satz 3 AO das Bundeszentralamt fuumlr Steuern fuumlr die Auskunftserteilung zustaumlndig

331 Zustaumlndigkeit des Bundeszentralamts fuumlr Steuern nach sect 89 Abs 2 Satz 3 AO

3311 Die Sonderregelung des sect 89 Abs 2 Satz 3 AO geht der allgemeinen Regelung in sect 89 Abs 2 Satz 2 AO vor Sie gilt allerdings nur fuumlr Steuern die von den Landesfinanzbehoumlrden im Auftrag des Bundes verwaltet werden Fuumlr andere von den Finanzaumlmtern verwaltete Steuern sowie fuumlr die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung kann das Bundeszentralamt fuumlr Steuern auch dann keine verbindliche Auskunft erteilen wenn im Zeitpunkt der Antragstellung nach sectsect 18 bis 21 AO kein Finanzamt fuumlr die Besteuerung des Antragstellers zustaumlndig ist

3312 sect 89 Abs 2 Satz 3 AO stellt auf die aktuellen Verhaumlltnisse des Antragstellers im Zeitpunkt der Antragstellung ab waumlhrend sect 89 Abs 2 Satz 2 AO auf kuumlnftige (geplante) Verhaumlltnisse des Steuerpflichtigen (dh der Person deren kuumlnftige Besteuerung Gegenstand der verbindlichen Auskunft ist) abstellt

3313 sect 89 Abs 2 Satz 3 AO ist fuumlr jede Steuerart gesondert anzuwenden Bei einem Antragsteller fuumlr den im Zeitpunkt der Antragstellung ein Finanzamt fuumlr eine von den Landesfinanzbehoumlrden im Auftrag des Bundes verwaltete Steuer zustaumlndig ist ist das Bundeszentralamt fuumlr Steuern fuumlr die Auskunftserteilung nur hinsichtlich solcher von den Landesfinanzbehoumlrden im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern zustaumlndig fuumlr die im Zeitpunkt der Antragstellung noch kein Finanzamt zustaumlndig ist

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3314 Beispiel

Die im Ausland ansaumlssige natuumlrliche Person A unterliegt im Zeitpunkt der Antragstellung im Inland nur der Umsatzsteuer Fuumlr die Umsatzbesteuerung des A ist in diesem Zeitpunkt nach sect 21 Abs 1 Satz 2 AO iVm der UStZustV das Finanzamt U zustaumlndig A beantragt eine verbindliche Auskunft nach sect 89 Abs 2 Satz 1 AO uumlber Einkommen- und Umsatzsteuer

- Fuumlr die verbindliche Auskunft uumlber Einkommensteuer ist nach sect 89 Abs 2 Satz 3 AO das Bundeszentralamt fuumlr Steuern zustaumlndig

- Fuumlr die verbindliche Auskunft uumlber Umsatzsteuer ist nach sect 89 Abs 2 Satz 2 AO das Finanzamt zustaumlndig das bei Verwirklichung des vorgetragenen Sachverhalts nach sect 21 AO (ggf iVm der UStZustV) fuumlr die Umsatzbesteuerung des A oumlrtlich zustaumlndig sein wuumlrde

3315 Bei Anwendung des sect 89 Abs 2 Satz 3 AO kommt es nicht darauf an ob der Antragsteller im Inland bereits bei einem Finanzamt gefuumlhrt wird Entscheidend ist ob nach den Verhaumlltnissen zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Finanzamt oumlrtlich zustaumlndig ist dh ob vom Antragsteller bereits steuerrelevante Sachverhalte im Inland verwirklicht wurden Unerheblich ist ob das oumlrtlich zustaumlndige Finanzamt hiervon bereits Kenntnis hat bzw ob es bereits ein Besteuerungsverfahren durchgefuumlhrt hat

3316 Das Bundeszentralamt fuumlr Steuern kann unter den Voraussetzungen des sect 89 Abs 2 Satz 3 AO auch dann eine verbindliche Auskunft erteilen wenn der Ort an dem der vorgetragene Sachverhalt im Inland verwirklicht werden soll noch nicht feststeht

3317 Betrifft eine verbindliche Auskunft mehrere Steuerarten und sind hierfuumlr zum Teil das Bundeszentralamt fuumlr Steuern und im Uumlbrigen ein oder mehrere Finanzaumlmter zustaumlndig sollen sich die beteiligten Finanzbehoumlrden untereinander abstimmen um widerspruumlchliche verbindliche Auskuumlnfte zu vermeiden

332 Zustaumlndigkeit eines Finanzamts nach sect 89 Abs 2 Satz 2 AO

3321 Die Zustaumlndigkeitsregelung des sect 89 Abs 2 Satz 2 AO gilt bei den von den Landesfinanzbehoumlrden im Auftrag des Bundes verwalteten Steuern nur soweit nicht das Bundeszentralamt fuumlr Steuern nach sect 89 Abs 2 Satz 3 AO zustaumlndig ist (vgl AEAO zu sect 89 Nr 331) Fuumlr andere von den Finanzaumlmtern verwaltete Steuern sowie fuumlr die Gewerbesteuermessbetragsfestsetzung richtet sich die Zustaumlndigkeit fuumlr die Erteilung einer verbindlichen Auskunft immer nach sect 89 Abs 2 Satz 2 AO

3322 Die Zustaumlndigkeit nach sect 89 Abs 2 Satz 2 AO knuumlpft an die kuumlnftigen steuerlichen Verhaumlltnisse des Steuerpflichtigen bei Verwirklichung des Sachverhaltes an Das hiernach fuumlr die Auskunftserteilung zustaumlndige Finanzamt muss nicht mit dem Finanzamt identisch sein das zum Zeitpunkt der Antragstellung fuumlr die Besteuerung des Steuerpflichtigen zustaumlndig ist Wird eine verbindliche Auskunft berechtigterweise durch einen Dritten beantragt (vgl AEAO zu sect 89 Nr 323) ist ebenso unerheblich welches Finanzamt fuumlr seine Besteuerung zustaumlndig ist

3323 Betrifft eine verbindliche Auskunft mehrere Steuerarten und sind hierfuumlr jeweils unterschiedliche Finanzaumlmter nach sect 89 Abs 2 Satz 2 AO zustaumlndig soll eine Zustaumlndigkeitsvereinbarung nach sect 27 AO herbeigefuumlhrt werden wenn die unterschiedliche Zustaumlndigkeit weder fuumlr den Steuerpflichtigen noch fuumlr die Finanzbehoumlrden zweckmaumlszligig ist Eine derartige Zustaumlndigkeitsvereinbarung kann auch schon vor Verwirklichung des geplanten Sachverhaltes getroffen werden Sofern keine Zustaumlndigkeitsvereinbarung herbeigefuumlhrt werden kann sollen sich die beteiligten Finanzaumlmter untereinander abstimmen um widerspruumlchliche verbindliche Auskuumlnfte zu vermeiden (vgl AEAO zu sect 89 Nr 3317)

34 Form Inhalt und Voraussetzungen des Antrags auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft

341 Der Antrag muss schriftlich gestellt werden und die in sect 1 Abs 1 StAuskV bezeichneten Angaben enthalten Zusaumltzlich soll der Antragsteller nach sect 89 Abs 4 Satz 2 AO Angaben zum Gegenstandswert der Auskunft machen

342 Im Auskunftsantrag ist der ernsthaft geplante und zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht verwirklichte Sachverhalt ausfuumlhrlich und vollstaumlndig darzulegen (sect 1 Abs 1 Nr 2 StAuskV) Es ist unschaumldlich wenn bereits mit vorbereitenden Maszlignahmen begonnen wurde solange der dem Auskunftsantrag zugrunde gelegte Sachverhalt im Wesentlichen noch nicht verwirklicht wurde und noch anderweitige Dispositionen moumlglich sind

343 Der Antragsteller muss sein eigenes steuerliches Interesse darlegen (sect 1 Abs 1 Nr 3 StAuskV) Auszliger in den Faumlllen des sect 1 Abs 3 StAuskV ist ein Auskunftsantrag mit Wirkung fuumlr Dritte nicht zulaumlssig Denn eine dritte Person hat kein eigenes berechtigtes Interesse an einer Auskunftserteilung hinsichtlich der Besteuerung eines anderen bereits existierenden Steuerpflichtigen

344 Im Auskunftsantrag sind konkrete Rechtsfragen darzulegen (sect 1 Abs 1 Nr 5 StAuskV) Es reicht nicht aus allgemeine Fragen zu den bei Verwirklichung des geplanten Sachverhalts eintretenden steuerlichen Rechtsfragen darzulegen

35 Erteilung einer verbindlichen Auskunft

351 Der Auskunft ist der vom Antragsteller vorgetragene Sachverhalt zugrunde zu legen Das Finanzamt ist nicht verpflichtet eigens fuumlr die zu erteilende Auskunft Ermittlungen durchzufuumlhren es soll aber dem

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Antragsteller Gelegenheit zum ergaumlnzenden Sachvortrag geben wenn dadurch eine Entscheidung in der Sache ermoumlglicht werden kann Die Erteilung einer verbindlichen Auskunft fuumlr alternative Gestaltungsvarianten ist nicht zulaumlssig

352 Die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist ausgeschlossen wenn der Sachverhalt im Wesentlichen bereits verwirklicht ist Uumlber Rechtsfragen die sich aus einem bereits abgeschlossenen Sachverhalt ergeben ist ausschlieszliglich im Rahmen des Veranlagungs- oder Feststellungsverfahrens zu entscheiden Das gilt auch wenn der Sachverhalt zwar erst nach Antragstellung aber vor der Entscheidung uumlber den Antrag verwirklicht wird

353 Eine Auskunft kann auch erteilt werden wenn der Antragsteller eine Auskunft fuumlr die ernsthaft geplante Umgestaltung eines bereits vorliegenden Sachverhalts begehrt Das gilt insbesondere bei Sachverhalten die wesentliche Auswirkungen in die Zukunft haben (zB Dauersachverhalte) Bei Dauersachverhalten richtet sich das zeitliche Ausmaszlig der Bindungswirkung nach dem Auskunftsantrag soweit die Finanzbehoumlrde nicht aus materiell-rechtlichen Gruumlnden von den zeitlichen Vorstellungen des Antragstellers abweicht (zB wegen Verlaumlngerung oder Verkuumlrzung des Abschreibungszeitraumes) und deshalb ihre Auskunft fuumlr einen anderen Zeitraum erteilt

354 Verbindliche Auskuumlnfte sollen nicht erteilt werden in Angelegenheiten bei denen die Erzielung eines Steuervorteils im Vordergrund steht (zB Pruumlfung von Steuersparmodellen Feststellung der Grenzpunkte fuumlr das Handeln eines ordentlichen Geschaumlftsleiters) Die Befugnis nach pflichtgemaumlszligem Ermessen auch in anderen Faumlllen die Erteilung verbindlicher Auskuumlnfte abzulehnen bleibt unberuumlhrt (zB wenn zu dem Rechtsproblem eine gesetzliche Regelung eine houmlchstrichterliche Entscheidung oder eine Verwaltungsanweisung in absehbarer Zeit zu erwarten ist)

355 Anders als die fruumlhere Auskunft mit Bindungswirkung nach Treu und Glauben ist die verbindliche Auskunft nach sect 89 Abs 2 AO ein Verwaltungsakt Die verbindliche Auskunft (auch wenn sie nicht der Rechtsauffassung des Antragstellers entspricht) und die Ablehnung der Erteilung einer verbindlichen Auskunft sind schriftlich zu erteilen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen Die Bekanntgabe richtet sich nach sect 122 AO und den Regelungen zu sect 122 AO In den Faumlllen des sect 1 Abs 2 StAuskV ist die Auskunft allen Beteiligten gegenuumlber einheitlich zu erteilen und dem von ihnen bestellten Empfangsbevollmaumlchtigten bekannt zu geben

356 Die verbindliche Auskunft hat zu enthalten

- den ihr zugrunde gelegten Sachverhalt dabei kann auf den im Antrag dargestellten Sachverhalt Bezug genommen werden

- die Entscheidung uumlber den Antrag die zugrunde gelegten Rechtsvorschriften und die dafuumlr maszliggebenden Gruumlnde dabei kann auf die im Antrag dargelegten Rechtsvorschriften und Gruumlnde Bezug genommen werden

- eine Angabe daruumlber fuumlr welche Steuern und fuumlr welchen Zeitraum die verbindliche Auskunft gilt

357 Die verbindliche Auskunft regelt dabei lediglich wie die Finanzbehoumlrde eine ihr zur Pruumlfung gestellte hypothetische Gestaltung gegenwaumlrtig beurteilt Es besteht kein Anspruch auf einen bestimmten rechtmaumlszligigen Inhalt einer verbindlichen Auskunft (vgl BFH-Urteil vom 2922012 IX R 1111 BStBl II S 651)

358 Ist vor einer Entscheidung uumlber die Erteilung einer verbindlichen Auskunft die Anhoumlrung eines Beteiligten oder die Mitwirkung einer anderen Behoumlrde oder eines Ausschusses vorgesehen so darf die verbindliche Auskunft erst nach Anhoumlrung der Beteiligten oder nach Mitwirkung dieser Behoumlrde oder des Ausschusses erteilt werden

36 Bindungswirkung einer verbindlichen Auskunft

361 Die von der nach sect 89 Abs 2 Satz 2 und 3 AO zustaumlndigen Finanzbehoumlrde erteilte verbindliche Auskunft ist fuumlr die Besteuerung des Antragstellers nur dann bindend wenn der spaumlter verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht (sect 2 Abs 1 Satz 1 StAuskV) Die Bindungswirkung tritt daher nicht ein wenn der tatsaumlchlich verwirklichte Sachverhalt mit dem bei der Beantragung der verbindlichen Auskunft vorgetragenen Sachverhalt in wesentlichen Punkten nicht uumlbereinstimmt Eine vom Bundeszentralamt fuumlr Steuern nach sect 89 Abs 2 Satz 3 AO rechtmaumlszligig erteilte verbindliche Auskunft bindet auch das Finanzamt das bei Verwirklichung des der Auskunft zugrunde liegenden Sachverhalts zustaumlndig ist

362 Im Fall der Gesamtrechtsnachfolge geht die Bindungswirkung entsprechend sect 45 AO auf den Rechtsnachfolger uumlber Bei Einzelrechtsnachfolge erlischt die Bindungswirkung Die Bindungswirkung tritt daher nicht ein wenn der Sachverhalt nicht durch den Antragsteller sondern durch einen Dritten verwirklicht wurde der nicht Gesamtrechtsnachfolger des Antragstellers ist

363 Ist die verbindliche Auskunft zuungunsten des Steuerpflichtigen rechtswidrig tritt nach sect 2 Abs 1 Satz 2 StAuskV keine Bindungswirkung ein In diesem Fall ist die Steuer nach Maszliggabe der Gesetze und den in diesem Zeitpunkt geltenden Verwaltungsanweisungen zutreffend festzusetzen Die Frage ob sich die

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(rechtswidrige) verbindliche Auskunft zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt ist durch einen Vergleich zwischen zugesagter und rechtmaumlszligiger Behandlung zu beantworten und kann sich nur auf die konkret erteilte Auskunft beziehen

364 Die Bindungswirkung der verbindlichen Auskunft entfaumlllt nach sect 2 Abs 2 StAuskV ohne Zutun der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde ab dem Zeitpunkt in dem die Rechtsvorschriften auf denen die Auskunft beruht aufgehoben oder geaumlndert werden Wird die verbindliche Auskunft in diesem Fall zur Klarstellung aufgehoben hat dies nur deklaratorische Wirkung

365 Eine verbindliche Auskunft nach sect 89 Abs 2 AO kann unter den Voraussetzungen der sectsect 129 bis 131 AO berichtigt zuruumlckgenommen und widerrufen werden Die Korrektur einer verbindlichen Auskunft mit Wirkung fuumlr die Vergangenheit kommt danach insbesondere in Betracht wenn

- die Auskunft durch unlautere Mittel wie arglistige Taumluschung Drohung oder Bestechung erwirkt worden ist oder

- die Rechtswidrigkeit der Auskunft dem Beguumlnstigten bekannt oder infolge grober Fahrlaumlssigkeit nicht bekannt war

Ist die verbindliche Auskunft von einer sachlich oder oumlrtlich unzustaumlndigen Behoumlrde erlassen worden entfaltet sie von vornherein keine Bindungswirkung

366 Uumlber die Faumllle der sectsect 129 bis 131 AO hinaus kann eine verbindliche Auskunft nach sect 2 Abs 3 StAuskV auch mit Wirkung fuumlr die Zukunft aufgehoben oder geaumlndert werden wenn sich herausstellt dass die erteilte Auskunft unrichtig war

Eine verbindliche Auskunft ist materiell rechtswidrig und damit rechtswidrig iSd sect 2 Abs 3 StAuskV wenn sie ohne Rechtsgrundlage oder unter Verstoszlig gegen materielle Rechtsnormen erlassen wurde oder ermessensfehlerhaft ist Fuumlr die Beurteilung der Rechtmaumlszligigkeit oder Rechtswidrigkeit kommt es auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens also der Bekanntgabe der verbindlichen Auskunft an

Eine Aumlnderung der Rechtsprechung stellt keine Aumlnderung der Rechtslage dar weil sie die bisherige Rechtsauffassung nur richtig stellt also die von Anfang an bestehende Rechtslage klarstellt Daher ist eine verbindliche Auskunft von vornherein unrichtig iSd sect 2 Abs 3 StAuskV wenn sie von einem nach ihrer Bekanntgabe ergangenen FG- oder BFH-Urteil oder einer spaumlter ergangenen Verwaltungsanweisung abweicht Sie ist nicht unrichtig geworden ihre Unrichtigkeit wurde lediglich erst nachtraumlglich erkannt

Die Aufhebung oder Aumlnderung nach sect 2 Abs 3 StAuskV steht im Ermessen der Finanzbehoumlrde EineAufhebung oder Aumlnderung mit Wirkung fuumlr die Zukunft ist zB sachgerecht wenn sich die steuerrechtliche Beurteilung des der verbindlichen Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalts durch die Rechtsprechung oder durch eine Verwaltungsanweisung zum Nachteil des Steuerpflichtigen geaumlndert hat

Dem Vertrauensschutz wird dadurch Rechnung getragen dass die Aufhebung oder Aumlnderung nur mit Wirkung fuumlr die Zukunft erfolgen darf War der Sachverhalt im Zeitpunkt der Bekanntgabe der Aufhebung oder Aumlnderung bereits im Wesentlichen verwirklicht bleibt die Bindungswirkung bestehen wenn der spaumlter verwirklichte Sachverhalt von dem der Auskunft zugrunde gelegten Sachverhalt nicht oder nur unwesentlich abweicht

367 Der Steuerpflichtige ist vor einer Korrektur der verbindlichen Auskunft zu houmlren (sect 91 Abs 1 AO)

368 Im Einzelfall kann es aus Billigkeitsgruumlnden gerechtfertigt sein von einem Widerruf der verbindlichen Auskunft abzusehen oder die Wirkung des Widerrufs zu einem spaumlteren Zeitpunkt eintreten zu lassen Eine solche Billigkeitsmaszlignahme wird in der Regel jedoch nur dann geboten sein wenn sich der Steuerpflichtige nicht mehr ohne erheblichen Aufwand bzw unter betraumlchtlichen Schwierigkeiten von den im Vertrauen auf die Auskunft getroffenen Dispositionen oder eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen zu loumlsen vermag

369 Die Regelungen in Nrn 361 bis 368 des AEAO zu sect 89 gelten in den Faumlllen des sect 1 Abs 3 StAuskV fuumlr die Person Personenvereinigung oder Vermoumlgensmasse die den Sachverhalt verwirklicht hat entsprechend

37 Rechtsbehelfsmoumlglichkeiten

Gegen die erteilte verbindliche Auskunft wie auch gegen die Ablehnung der Erteilung einer verbindlichen Auskunft ist der Einspruch gegeben (sect 347 AO) Im auszligergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren ist die Sache in vollem Umfang d h auch in materiell-rechtlicher Hinsicht zu pruumlfen (sect 367 Abs 2 AO) Weicht die Finanzbehoumlrde bei der Erteilung der verbindlichen Auskunft vom Rechtsstandpunkt des Antragstellers ab (sog Negativauskunft) ist der Inhalt der erteilten verbindlichen Auskunft im gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren nur auf seine sachliche Richtigkeit hin zu pruumlfen d h darauf ob die Finanzbehoumlrde den zur Pruumlfung gestellten Sachverhalt zutreffend erfasst hat und die gegenwaumlrtige rechtliche Einordnung des zur Pruumlfung gestellten Sachverhalts in sich schluumlssig und nicht evident rechtsfehlerhaft ist Eine materiell-rechtliche Uumlberpruumlfung der finanzbehoumlrdlichen Auffassung durch das

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Gericht bleibt mangels Bindungswirkung der Negativauskunft (vgl Nr 363 des AEAO zu sect 89) einem Rechtsbehelfsverfahren gegen den spaumlteren SteuerbescheidFeststellungsbescheid vorbehalten (vgl BFH-Urteil vom 2922012 IX R 1111 BStBl II S 651)

4 Gebuumlhren fuumlr die Bearbeitung von Antraumlgen auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft (sect 89 Abs 3 bis 7 AO)

41 Gebuumlhrenpflicht

411 sect 89 Abs 3 bis 7 AO in der Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 1112011 (BGBl I S 2131) ist erstmals auf Antraumlge anzuwenden die nach dem 4112011 bei der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde eingegangen sind (Art 97 sect 25 EGAO) Fuumlr Antraumlge die nach dem 18122006 und vor dem 5112011 bei der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde eingegangen sind richtet sich die Gebuumlhrenerhebung nach sect 89 Abs 3 bis 5 AO in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007 vom 13122006 (BGBl I S 2878)

412 Gebuumlhren sind nicht nur zu erheben wenn die beantragte Auskunft erteilt wird sect 89 Abs 3 Satz 1 AO ordnet eine Gebuumlhrenpflicht fuumlr die Bearbeitung eines Auskunftsantrags an Gebuumlhren sind daher grundsaumltzlich auch dann zu entrichten wenn die Finanzbehoumlrde in ihrer verbindlichen Auskunft eine andere Rechtsauffassung als der Antragsteller vertritt wenn sie die Erteilung einer verbindlichen Auskunft ablehnt oder wenn der Antrag zuruumlckgenommen wird Zur Moumlglichkeit einer Gebuumlhrenermaumlszligigung vgl AEAO zu sect 89 Nr 45

413 Die Gebuumlhr wird fuumlr jeden Antrag auf verbindliche Auskunft festgesetzt Es handelt sich jeweils um einen Antrag soweit sich die rechtliche Beurteilung eines Sachverhalts auf einen Steuerpflichtigen bezieht Dieser Sachverhalt kann sich auf mehrere Steuerarten auswirken In den Faumlllen des sect 1 Abs 2 StAuskV gelten die Gesellschafter und die Gesellschaft bei der Gebuumlhrenberechnung als ein Steuerpflichtiger In Umwandlungsfaumlllen ist jeder abgebende uumlbernehmende oder entstehende Rechtstraumlger eigenstaumlndig zu beurteilen

414 Die Gebuumlhrenpflicht gilt nicht fuumlr Antraumlge auf verbindliche Zusagen auf Grund einer Auszligenpruumlfung nach sectsect 204 ff AO oder fuumlr Lohnsteueranrufungsauskuumlnfte nach sect 42e EStG Sie gilt auch nicht fuumlr Anfragen die keine verbindliche Auskunft des Finanzamts iSd sect 89 Abs 2 AO zum Ziel haben

42 Gegenstandswert

421 Die Gebuumlhr richtet sich grundsaumltzlich nach dem Wert den die Auskunft fuumlr den Antragsteller hat (Gegenstandswert sect 89 Abs 4 Satz 1 AO)

422 Maszliggebend fuumlr die Bestimmung des Gegenstandswerts ist die steuerliche Auswirkung des vom Antragsteller dargelegten Sachverhalts Die steuerliche Auswirkung ist in der Weise zu ermitteln dass der Steuerbetrag der bei Anwendung der vom Antragsteller vorgetragenen Rechtsauffassung entstehen wuumlrde dem Steuerbetrag gegenuumlberzustellen ist der entstehen wuumlrde wenn die Finanzbehoumlrde eine entgegengesetzte Rechtsauffassung vertreten wuumlrde

423 Bei Dauersachverhalten ist auf die durchschnittliche steuerliche Auswirkung eines Jahres abzustellen (vgl auch AEAO zu sect 89 Nr 353)

424 Die Gebuumlhr wird nach sect 89 Abs 5 Satz 1 AO in entsprechender Anwendung des sect 34 GKG mit einem Gebuumlhrensatz von 10 erhoben sect 34 GKG in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 2372013 (BGBl I S 2586) ist dabei in entsprechender Anwendung des sect 71 Abs 1 GKG erstmals auf Antraumlge anzuwenden die nach dem 3172013 bei der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde eingegangen sind Fuumlr Antraumlge die vor dem 182013 bei der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde eingegangen sind ist sect 34 GKG in der bis zum 3172013 geltenden Fassung weiterhin entsprechend anzuwenden

Der Gegenstandswert ist in entsprechender Anwendung des sect 39 Abs 2 GKG auf 30 Mio euro begrenzt (sect 89 Abs 5 Satz 2 AO) Die Gebuumlhr betraumlgt damit houmlchstens 91456 euro bei ab dem 182013 gestellten Antraumlgen houmlchstens 109736 euro Betraumlgt der Gegenstandswert weniger als 10000 euro wird keine Gebuumlhr erhoben (sect 89 Abs 5 Satz 3 AO)

425 Der Antragsteller soll den Gegenstandswert und die fuumlr seine Bestimmung maszliggeblichen Umstaumlnde bereits in seinem Auskunftsantrag darlegen (sect 89 Abs 4 Satz 2 AO) Diese Darlegung erfordert schluumlssige und nachvollziehbare Angaben fehlen derartige Angaben oder sind sie unzureichend ist der Antragsteller hierauf hinzuweisen und um entsprechende Ergaumlnzung seines Antrags oder um Erlaumluterung zu bitten warum er keine Angaben machen kann

426 Den Angaben des Antragstellers ist im Regelfall zu folgen Eine Ermittlung des Gegenstandswerts durch das Finanzamt ist nur dann geboten wenn der Antragsteller keine Angaben machen kann oder wenn seine Angaben zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis fuumlhren wuumlrden (sect 89 Abs 4 Satz 3 AO)

427 Will das Finanzamt von dem erklaumlrten Gegenstandswert abweichen oder konnte der Antragsteller keine Angaben zum Gegenstandswert machen ist dem Antragsteller vor Erlass des Gebuumlhrenbescheids rechtliches Gehoumlr (sect 91 AO) zu gewaumlhren Die Bearbeitung des Auskunftsantrags soll bis zum Eingang

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der Stellungnahme des Antragstellers houmlchstens aber bis zum Ablauf der (regelmaumlszligig einmonatigen) Frist zur Stellungnahme zuruumlckgestellt werden

43 Zeitgebuumlhr

431 Beziffert der Antragsteller den Gegenstandswert nicht und ist der Gegenstandswert auch nicht durch Schaumltzung bestimmbar ist eine Zeitgebuumlhr zu berechnen (sect 89 Abs 6 Satz 1 1 Halbsatz AO) Die Zeitgebuumlhr betraumlgt 50 euro je angefangene halbe Stunde Bearbeitungszeit (sect 89 Abs 6 Satz 1 2 Halbsatz AO) Betraumlgt bei der Gebuumlhrenbemessung nach dem Zeitwert die Bearbeitungszeit weniger als zwei Stunden wird keine Gebuumlhr erhoben (sect 89 Abs 6 Satz 2 AO)

432 Wird eine solche Zeitgebuumlhr erhoben ist der zeitliche Aufwand fuumlr die Bearbeitung des Antrags auf verbindliche Auskunft zu dokumentieren Zur Bearbeitungszeit rechnen nur die Zeiten in denen der vorgetragene Sachverhalt ermittelt und dessen rechtliche Wuumlrdigung gepruumlft wurde Waren vorgesetzte Finanzbehoumlrden wegen der besonderen Bedeutung des Einzelfalls oder der grundsaumltzlichen Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen hinzuzuziehen ist die dortige Bearbeitungszeit ebenfalls zu beruumlcksichtigen soweit sie dem konkreten Auskunftsantrag individuell zuzuordnen ist

44 Gebuumlhrenfestsetzung

441 Die Gebuumlhr ist durch schriftlichen Bescheid gegenuumlber dem Antragsteller festzusetzen Bekanntgabevollmachten sind zu beachten Der Antragsteller hat die Gebuumlhr innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Bescheids zu entrichten (sect 89 Abs 3 Satz 2 AO)

Auf die Gebuumlhr sind die Vorschriften der AO grundsaumltzlich sinngemaumlszlig anzuwenden (vgl im Einzelnen AEAO zu sect 1 Nr 3) Die Gebuumlhrenfestsetzung kann nach sectsect 129 bis 131 AO korrigiert werden Gegen die Gebuumlhrenfestsetzung ist der Einspruch gegeben (sect 347 AO)

442 Die Entscheidung uumlber den Antrag auf verbindliche Auskunft soll bis zur Zahlung der Gebuumlhr zuruumlckgestellt werden wenn der Zahlungseingang nicht gesichert erscheint In derartigen Faumlllen ist im Gebuumlhrenbescheid darauf hinzuweisen dass uumlber den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft erst nach Zahlungseingang entschieden wird

45 Ermaumlszligigung der Gebuumlhr

451 Die Gebuumlhr nach sect 89 Abs 3 bis 6 AO entsteht auch fuumlr die Bearbeitung eines Antrags auf verbindliche Auskunft der die formalen Voraussetzungen nicht erfuumlllt (Beispiel der Antrag beinhaltet keine ausfuumlhrliche Darlegung des Rechtsproblems oder keine eingehende Begruumlndung des Rechtsstandpunkts des Antragstellers) Vor einer Ablehnung eines Antrags aus formalen Gruumlnden hat die Finanzbehoumlrde den Antragsteller auf diese Maumlngel und auf die Moumlglichkeit der Ergaumlnzung oder Ruumlcknahme des Antrags hinzuweisen

452 Wird ein Antrag vor Bekanntgabe der Entscheidung uumlber den Antrag auf verbindliche Auskunft zuruumlckgenommen kann die Gebuumlhr ermaumlszligigt werden (sect 89 Abs 7 Satz 2 AO) Hierbei ist wie folgt zu verfahren

- Hat die Finanzbehoumlrde noch nicht mit der Bearbeitung des Antrags begonnen ist die Gebuumlhr auf Null zu ermaumlszligigen In diesem Fall kann aus Vereinfachungsgruumlnden bereits von der Erteilung eines Gebuumlhrenbescheids abgesehen werden

- Hat die Finanzbehoumlrde bereits mit der Bearbeitung des Antrags begonnen ist der bis zur Ruumlcknahme des Antrags angefallene Bearbeitungsaufwand angemessen zu beruumlcksichtigen und die Gebuumlhr anteilig zu ermaumlszligigen

5 Anwendung der StAuskV

Die StAuskV gilt fuumlr alle verbindlichen Auskuumlnfte die ab Inkrafttreten des sect 89 Abs 2 AO (1292006) erteilt worden sind Fuumlr Auskuumlnfte mit Bindungswirkung nach Treu und Glauben die bis zum 1192006 erteilt worden sind sind die Regelungen in Nrn 4 und 5 des BMF-Schreibens vom 29122003 BStBl I S 742 weiter anzuwenden

AEAO zu sect 90 - Mitwirkungspflichten der Beteiligten

1 Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Pflichten gem sect 90 Abs 2 AO und ist der Sachverhalt nicht anderweitig aufklaumlrbar so kann zu seinem Nachteil von einem Sachverhalt ausgegangen werden fuumlr den unter Beruumlcksichtigung der Beweisnaumlhe des Steuerpflichtigen und seiner Verantwortung fuumlr die Aufklaumlrung des Sachverhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht Insbesondere dann wenn die Mitwirkungspflicht sich auf Tatsachen und Beweismittel aus dem alleinigen Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen bezieht koumlnnen aus seiner Pflichtverletzung fuumlr ihn nachteilige Schlussfolgerungen gezogen werden (BFH-Beschluss vom 1731997 I B 12395 BFHNV S 730)

2 Zu den Folgen der Verletzung der Aufzeichnungs- und Vorlagepflicht nach sect 90 Abs 3 AO vgl sect 162 Abs 3 und 4 AO

3 Zu den Grundsaumltzen fuumlr die Pruumlfung der Einkunftsabgrenzung zwischen nahe stehenden Personen mit grenzuumlberschreitenden Geschaumlftsbeziehungen in Bezug auf Ermittlungs- und Mitwirkungspflichten

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Berichtigungen sowie auf Verstaumlndigungs- und EU-Schiedsverfahren (Verwaltungsgrundsaumltze-Verfahren) vgl BMF-Schreiben vom 1242005 BStBl I S 570

AEAO zu sect 91 - Anhoumlrung Beteiligter

1 Im Besteuerungsverfahren aumluszligert sich der Beteiligte zu den fuumlr die Entscheidung erheblichen Tatsachen regelmaumlszligig in der Steuererklaumlrung Will die Finanzbehoumlrde von dem erklaumlrten Sachverhalt zuungunsten des Beteiligten wesentlich abweichen so muss sie den Beteiligten hiervon vor Erlass des Steuerbescheids oder sonstigen Verwaltungsakts unterrichten Der persoumlnlichen (ggf fernmuumlndlichen) Kontaktaufnahme mit dem Steuerpflichtigen kommt hierbei besondere Bedeutung zu Sind die steuerlichen Auswirkungen der Abweichung nur gering so genuumlgt es die Abweichung im Steuerbescheid zu erlaumlutern

2 Eine versehentlich unterbliebene Anhoumlrung der Beteiligten kann nach Erlass des Steuerbescheids nachgeholt und die Fehlerhaftigkeit des Bescheids dadurch geheilt werden (sect 126 Abs 1 Nr 3 AO)

3 Ist die erforderliche Anhoumlrung eines Beteiligten unterblieben und dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versaumlumt worden so ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewaumlhren (sect 126 Abs 3 iVm sect 110 AO) Die unterlassene Anhoumlrung ist im Allgemeinen nur dann fuumlr die Versaumlumung der Einspruchsfrist ursaumlchlich wenn die notwendigen Erlaumluterungen auch im Verwaltungsakt selbst unterblieben sind (BFH-Urteil vom 13121984 VIII R 1981 BStBl 1985 II S 601)

4 Zur Erteilung von Auskuumlnften uumlber zu einer Person gespeicherten Daten einschlieszliglich der Akteneinsicht im Steuerfestsetzungsverfahren vgl BMF-Schreiben vom 17122008 BStBl 2009 I S 6

5 Wegen des zwingenden oumlffentlichen Interesses (sect 91 Abs 3 AO) Hinweis auf sect 30 Abs 4 Nr 5 und sect 106 AO deren Grundsaumltze entsprechend anzuwenden sind

AEAO zu sect 92 - Beweismittel

Die Finanzbehoumlrden sind verpflichtet die Steuern nach Maszliggabe der Gesetze gleichmaumlszligig festzusetzen und zu erheben (sect 85 AO) Sie muumlssen dazu den steuererheblichen Sachverhalt von Amts wegen aufklaumlren (sect 88 AO) Hierbei sind sie auf die gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkung der Beteiligten (sect 90 AO) angewiesen

Es besteht dabei zwar keine Verpflichtung der Finanzbehoumlrden in jedem Fall alle Angaben des Beteiligten auf Vollstaumlndigkeit und Richtigkeit zu pruumlfen (vgl AEAO zu sect 88) soweit die Finanzbehoumlrde im Einzelfall jedoch Anlass dazu sieht hat sie die Angaben des Beteiligten zu uumlberpruumlfen Anderenfalls ergaumlbe sich eine Steuerbelastung die nahezu allein auf der Erklaumlrungsbereitschaft und der Ehrlichkeit des einzelnen Beteiligten beruhte (vgl BVerfG-Urteil vom 2761991 2 BvR 149389 BStBl II S 654)

Die Finanzbehoumlrde kann sich zur Ermittlung des steuerrelevanten Sachverhalts aller Beweismittel bedienen die sie nach pflichtgemaumlszligem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts fuumlr erforderlich haumllt (sect 92 AO) Die Erforderlichkeit der Beweiserhebung ist von der Finanzbehoumlrde nach den Umstaumlnden des jeweiligen Einzelfalles im Wege der Prognose zu beurteilen

AEAO zu sect 93 - Auskunftspflicht der Beteiligten und anderer Personen

1 Auskunftsersuchen nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO

Auskunftsersuchen nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO sind im gesamten Besteuerungsverfahren dh auch im Rechtsbehelfsverfahren oder im Vollstreckungsverfahren (sect 249 Abs 2 Satz 1 AO BFH-Urteil vom 2222000 VII R 7398 BStBl II S 366) moumlglich Im Rahmen der Auszligenpruumlfung und der Steuerfahndung sind die Regelungen in sectsect 200 208 210 und 211 AO zu beachten Im Steuerstraf- und shybuszliggeldverfahren gelten nach sect 385 Abs 1 und sect 410 Abs 1 AO die Vorschriften der StPO und des OWiG

11 Allgemeines Voraussetzungen

111 Voraussetzung fuumlr ein Auskunftsersuchen nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO ist dass die Heranziehung eines Auskunftspflichtigen im Einzelfall aufgrund hinreichender konkreter Umstaumlnde oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen geboten ist (vgl BFH-Urteile vom 29101986 VII R 8285 BStBl 1988 II S 359 und vom 1831987 II R 3586 BStBl II S 419) Unter dieser Voraussetzung sind grundsaumltzlich auch Sammelauskunftsersuchen zulaumlssig (vgl BFH-Urteil vom 24101989 VII R 187 BStBl 1990 II S 198) Unzulaumlssig sind Auskunftsersuchen bdquoins Blaue hineinldquo (vgl BFH-Urteil vom 23101990 VIII R 186 BStBl 1991 II S 277) Daruumlber hinaus muumlssen die Auskunft zur Sachverhaltsaufklaumlrung geeignet und notwendig die Pflichterfuumlllung fuumlr den Betroffenen moumlglich und dessen Inanspruchnahme geeignet erforderlich und zumutbar sein (vgl BFH-Urteile vom 29101986 VII R 8285 und vom 24101989 VII R 187 jeweils aaO) Die Erforderlichkeit eines Auskunftsersuchens ist von der zustaumlndigen Finanzbehoumlrde nach den Umstaumlnden des Einzelfalles und unter Beruumlcksichtigung allgemeiner Erfahrungen im Wege der Prognose zu beurteilen Die Erforderlichkeit setzt keinen begruumlndeten Verdacht voraus dass steuerrechtliche Unregelmaumlszligigkeiten vorliegen es genuumlgt wenn aufgrund konkreter Momente oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen ein Auskunftsersuchen angezeigt ist (vgl BFH-Urteil vom 1731992 VII R 12291 BFHNV S 791)

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112 Die Finanzaumlmter koumlnnen Auskunftsersuchen an die Beteiligten (sect 78 AO) aber auch an andere Personen richten wenn das Ersuchen zur Feststellung eines fuumlr die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlich ist

113 Im Auskunftsersuchen ist anzugeben woruumlber Auskunft erteilt werden soll und fuumlr die Besteuerung welcher Person die Auskunft angefordert wird (sect 93 Abs 2 Satz 1 AO) Zur Begruumlndung des Ersuchens reicht im Allgemeinen die Angabe der Rechtsgrundlage sowie bei einem Auskunftsersuchen an einen Dritten der Hinweis aus dass die Sachverhaltsaufklaumlrung durch die Beteiligten nicht zum Ziele gefuumlhrt hat oder keinen Erfolg verspricht Eine Begruumlndung des Auskunftsersuchens hinsichtlich der Frage warum die Finanzbehoumlrde einen bestimmten Auskunftspflichtigen vor einem anderen Auskunftsverpflichteten in Anspruch nimmt ist nur erforderlich wenn gewichtige Anhaltspunkte dafuumlr bestehen dass der andere vorrangig in Anspruch zu nehmen sein koumlnnte (BFH-Urteil vom 2222000 VII R 7398 BStBl II S 366)

114 Auskunftsersuchen nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO sind Verwaltungsakte iSd sect 118 AO Fuumlr Auskunftsersuchen ist keine bestimmte Form vorgesehen (sect 119 Abs 2 AO) Regelmaumlszligig ist jedoch Schriftform angebracht (vgl sect 93 Abs 2 Satz 2 AO) Im Auskunftsersuchen ist eine angemessene Frist zur Auskunftserteilung zu bestimmen sowie anzugeben in welcher Form die Auskunft erteilt werden soll (vgl sect 93 Abs 4 AO)

12 Zulaumlssigkeit von Auskunftsersuchen an Dritte

121 Die Auskunftspflicht anderer Personen ist wie die prozessuale Zeugenpflicht eine allgemeine Staatsbuumlrgerpflicht und verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl BFH-Urteil vom 2222000 VII R 7398 BStBl II S 366 und Beschluss des BVerfG vom 15112000 1 BvR 121300 BStBl 2002 II S 142) Eine Auskunftspflicht besteht nicht soweit dem Dritten ein Auskunftsverweigerungsrecht zusteht (vgl sectsect 101 bis 103 AO) Zu Auskunftsersuchen gegenuumlber Telekommunikationdienstleistern vgl AEAO zu sect 93 Nr 127

122 An Dritte soll mit Auskunftsersuchen erst herangetreten werden wenn die Sachverhaltsaufklaumlrung durch die Beteiligten selbst nicht zum Ziel fuumlhrt oder keinen Erfolg verspricht (sect 93 Abs 1 Satz 3 AO) Unerheblich ist dabei worauf dies zuruumlckzufuumlhren ist Ob die Voraussetzungen des sect 93 Abs 1 Satz 3 AO vorliegen entscheidet die Finanzbehoumlrde im Einzelfall anhand einer Prognoseentscheidung nach pflichtgemaumlszligem Ermessen (vgl BFH-Urteil vom 2222000 VII R 7398 aaO)

Die Sachaufklaumlrung durch die Beteiligten hat nicht zum Ziel gefuumlhrt wenn sie zwar versucht worden ist aber letztlich nicht gelungen ist Unerheblich ist dabei insbesondere ob die Beteiligten den Sachverhalt nicht aufklaumlren konnten oder wollten

Die Sachaufklaumlrung durch die Beteiligten verspricht keinen Erfolg wenn sie nach den Umstaumlnden des Einzelfalles oder nach den bisherigen Erfahrungen der Finanzbehoumlrde mit den Beteiligten nicht zu erwarten ist

123 Auskunftsersuchen an Dritte koumlnnen insbesondere geboten sein wenn die Beteiligten keine eigenen Kenntnisse uumlber den relevanten Sachverhalt besitzen und eine Auskunft daher ohne Hinzuziehung Dritter nicht erteilt werden kann in diesem Fall ist das Auskunftsersuchen unmittelbar an denjenigen zu richten der uumlber die entsprechenden Kenntnisse verfuumlgt Ein Auskunftsersuchen an einen Dritten kann aber auch geboten sein wenn eine Auskunft des Beteiligten aufgrund konkreter Umstaumlnde von vorneherein als unwahr zu werten waumlre

124 Auskunftsbegehren duumlrfen auch dann an Dritte gerichtet werden wenn der Steuerpflichtige unbekannt ist und ein hinreichender Anlass aufgrund konkreter Umstaumlnde oder allgemeiner auch branchenspezifischer Erfahrungen besteht (BFH-Urteil vom 4102006 VIII R 5304 BStBl 2007 II S 227) sect 93 Abs 1 AO ist nicht auf die Faumllle beschraumlnkt in denen Anhaltspunkte vorliegen die die Annahme rechtfertigen dass moumlglicherweise eine Steuerschuld entstanden oder die Steuer verkuumlrzt worden ist Nur wenn klar und eindeutig jeglicher Anhaltspunkt fuumlr die Steuererheblichkeit fehlt ist ein Auskunftsverlangen unzulaumlssig (vgl BFH-Urteil vom 23101990 VIII R 186 BStBl 1991 II S 277)

125 Ein Dritter kann sich seinen Auskunftspflichten nicht mit dem Hinweis auf die Moumlglichkeit entziehen auch andere seien zur gewuumlnschten Auskunft in der Lage sect 93 Abs 1 Satz 3 AO sieht keine Rangfolge vor welche von mehreren - moumlglicherweise - als Auskunftspflichtige in Betracht kommenden Personen in Anspruch zu nehmen ist (vgl BFH-Urteil vom 2222000 VII R 7398 aaO)

Die Auswahl hat nach pflichtgemaumlszligem Ermessen zu erfolgen Dabei ist auch eine Interessenabwaumlgung zwischen den besonderen Belastungen denen ein Auskunftsverpflichteter ausgesetzt ist und dem Interesse der Allgemeinheit an der moumlglichst gleichmaumlszligigen Festsetzung und Erhebung der Steueranspruumlche vorzunehmen Die Beantwortung eines Auskunftsersuchens ist idR auch dann zumutbar wenn mit dessen Befolgung eine nicht unverhaumlltnismaumlszligige Beeintraumlchtigung eigenwirtschaftlicher Interessen verbunden ist (vgl BVerfG-Beschluss vom 15112000 1 BvR 121300 aaO)

126 Vor Befragung eines Dritten soll der Beteiligte falls der Ermittlungszweck nicht gefaumlhrdet wird uumlber die Moumlglichkeit eines Auskunftsersuchens gegenuumlber Dritten informiert werden um es gegebenenfalls abwenden zu koumlnnen und damit zu verhindern dass seine steuerlichen Verhaumlltnisse Dritten bekannt

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werden Falls der Ermittlungszweck nicht gefaumlhrdet wird ist der Beteiligte uumlber das Auskunftsersuchen zu informieren

127 Bestandsdaten gem sect 3 Nr 3 TKG wie Name Anschrift Bankverbindung und Rufnummer des Anschlussinhabers unterliegen - im Gegensatz zu Verbindungsdaten - nicht dem Fernmeldegeheimnis nach sect 88 TKG sect 88 Abs 3 Satz 3 TKG steht daher einer Auskunftserteilung aufgrund von Auskunftsersuchen der Finanzbehoumlrden nicht entgegen

Richten die Finanzbehoumlrden im Besteuerungsverfahren derartige Auskunftsersuchen an Unternehmen und Personen die geschaumlftsmaumlszligig Telekommunikationsdienste erbringen oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirken sind diese Unternehmen daher zur Auskunftserteilung verpflichtet Art und Umfang der Auskunftserteilung bestimmt sich dabei ausschlieszliglich nach sect 93 AO (ggf iVm sect 208 Abs 1 Satz 1 Nr 3 und Satz 3 AO) Entgegenstehende Regelungen in Allgemeinen Geschaumlftsbedingungen der og Unternehmen und Personen treten demgegenuumlber zuruumlck

128 Koumlnnen Bank- und Depotverbindungen des Steuerpflichtigen sowohl durch einen Kontenabruf als auch durch ein Auskunftsersuchen an Dritte ermittelt werden ist bei der Auswahl des Ermittlungsinstruments auch zu beruumlcksichtigen dass ein Kontenabruf den Betroffenen im Einzelfall weniger beeintraumlchtigen kann als Auskunftsersuchen gegenuumlber Dritten Denn anders als bei Auskunftsersuchen nach sect 93 Abs 1 AO erfaumlhrt bei Kontenabrufen kein Dritter von den steuerlichen Verhaumlltnissen des Betroffenen insbesondere vom Vorliegen von Steuerruumlckstaumlnden Die Kreditinstitute duumlrfen von der Durchfuumlhrung eines Kontenabrufs keine Kenntnis erlangen (sect 93b Abs 4 AO iVm sect 24c Abs 1 Satz 6 KWG) Daher kann ein Kontenabruf auch nicht zu negativen Folgen fuumlr einen Bankkunden fuumlhren

129 sect 30a AO steht einem Auskunftsersuchen an Kreditinstitute nicht entgegen (sect 30a Abs 5 AO vgl AEAO zu sect 30a Nr 2 AO)

2 Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 AO in der ab dem 112009 geltenden Fassung

21 Die Finanzbehoumlrde kann unter den Voraussetzungen des sect 93 Abs 7 AO bei den Kreditinstituten uumlber das Bundeszentralamt fuumlr Steuern folgende Bestandsdaten zu Konten- und Depotverbindungen abrufen

- die Nummer eines Kontos das der Verpflichtung zur Legitimationspruumlfung iSd sect 154 Abs 2 Satz 1 AO unterliegt oder eines Depots

- der Tag der Errichtung und der Tag der Aufloumlsung des Kontos oder Depots

- der Name sowie bei natuumlrlichen Personen der Tag der Geburt des Inhabers und eines Verfuumlgungsberechtigten sowie

- der Name und die Anschrift eines abweichend wirtschaftlich Berechtigten (sect 1 Abs 6 GwG)

Kontenbewegungen und Kontenstaumlnde koumlnnen auf diesem Weg nicht ermittelt werden

Die Verpflichtung der Kreditinstitute Daten fuumlr einen Kontenabruf durch das Bundeszentralamt fuumlr Steuern bereitzuhalten ergibt sich unmittelbar aus sect 93b AO iVm sect 24c KWG und bedarf daher keines Verwaltungsakts

22 Ein Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 AO ist nur in den gesetzlich abschlieszligend aufgezaumlhlten Faumlllen moumlglich

221 Steuerpflichtige deren persoumlnlicher Steuersatz niedriger ist als der Abgeltungsteuersatz koumlnnen nach sect 32d Abs 6 EStG beantragen dass ihre Einkuumlnfte nach sect 20 EStG im Rahmen einer Einkommensteuerveranlagung ihrem individuellen niedrigeren Steuersatz unterworfen werden (Guumlnstigerpruumlfung) In diesem Fall muss der Steuerpflichtige saumlmtliche Kapitalertraumlge erklaumlren (sect 32d Abs 6 Satz 2 und 3 EStG) Die Finanzbehoumlrden muumlssen daher pruumlfen koumlnnen ob neben den erklaumlrten Einkuumlnften noch andere Einkuumlnfte nach sect 20 EStG vorliegen (vgl sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 1 AO)

222 In den Faumlllen des sect 2 Abs 5b Satz 2 EStG ist - letztmals fuumlr den Veranlagungszeitraum 2011 - die Kenntnis aller vom Steuerpflichtigen erzielten Kapitalertraumlge iSd sect 32d Abs 1 und sect 43 Abs 5 EStG erforderlich Die Finanzbehoumlrden muumlssen deshalb pruumlfen koumlnnen ob neben erklaumlrten Einnahmen bisher nicht erklaumlrte Kapitalertraumlge vorliegen (vgl sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 2 AO in der bis 31122011 geltenden Fassung) Die am 31122011 geltende Fassung des sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 2 AO ist nach Art 97 sect 26 EGAO fuumlr Veranlagungszeitraumlume vor 2012 weiterhin anzuwenden

223 sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 3 AO dient der Verifikation von Einkuumlnften nach sect 20 und sect 23 Abs 1 EStG fuumlr die Veranlagungszeitraumlume bis einschlieszliglich 2008

224 Nach sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 4 AO ist ein Kontenabruf zulaumlssig wenn er zur Erhebung (einschlieszliglich der Vollstreckung) von bundesgesetzlich geregelten Steuern mithin auch von Landessteuern die durch Bundesgesetz geregelt sind erforderlich ist (zur Erforderlichkeit vgl AEAO zu sect 93 Nr 23) Bei der Geltendmachung von Haftungsanspruumlchen ist ein Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 4 AO nur zur Erhebung (einschlieszliglich der Vollstreckung) von Haftungsanspruumlchen zulaumlssig nicht zur Vorbereitung der Festsetzung eines Haftungsanspruchs

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225 In den Faumlllen der Nrn 221 bis 223 des AEAO zu sect 93 ist ein Kontenabruf nur zulaumlssig wenn er im Einzelfall zur Festsetzung der Einkommensteuer erforderlich ist (vgl dazu AEAO zu sect 93 Nr 23) Des Weiteren darf in den Faumlllen der Nrn 221 bis 224 des AEAO zu sect 93 ein Abrufersuchen nur dann erfolgen wenn ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziel gefuumlhrt hat oder keinen Erfolg verspricht (sect 93 Abs 7 Satz 2 AO) Da im Vollstreckungsverfahren eine Gefaumlhrdung der Ermittlungszwecke zu befuumlrchten ist wenn der saumlumige Steuerschuldner vor einem Kontenabruf individuell informiert wuumlrde muss eine Information des Betroffenen vor Durchfuumlhrung eines Kontenabrufs nach sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 4 AO unterbleiben (vgl sect 93 Abs 9 Satz 3 Nr 1 AO) Es reicht aus dass saumlumige Steuerschuldner in der Zahlungserinnerung auf die Moumlglichkeiten der Zwangsvollstreckung (einschlieszliglich der Moumlglichkeit eines Kontenabrufs) hingewiesen werden (sect 93 Abs 9 Satz 1 zweiter Halbsatz AO)

226 Daruumlber hinaus ist ein Kontenabruf nur mit Zustimmung des Steuerpflichtigen zulaumlssig (sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 5 AO) Der Steuerpflichtige kann seine Zustimmung zu einem Kontenabruf auf Aufforderung der Finanzverwaltung oder unaufgefordert erteilen

Wenn die Finanzbehoumlrde eine Uumlberpruumlfung der Angaben des Steuerpflichtigen mittels eines Kontenabrufs fuumlr erforderlich haumllt weil sie Zweifel daran hat ob die Angaben des Steuerpflichtigen vollstaumlndig und richtig sind kann sie ihn nach sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 5 AO auffordern zur Aufklaumlrung des Sachverhalts einem Kontenabruf zuzustimmen

In Betracht kommen insbesondere Faumllle in denen aufgeklaumlrt werden soll ob der Steuerpflichtige betriebliche Erloumlse zutreffend in seiner Buchfuumlhrung erfasst hat oder ob steuerpflichtige Einnahmen auf bdquoprivaterdquo Konten geflossen sind Die Finanzbehoumlrden koumlnnen den Steuerpflichtigen auch dann zur Zustimmung zu einem Kontenabruf auffordern wenn noch kein strafrechtlicher Anfangsverdacht vorliegt

Erteilt der Steuerpflichtige trotz Aufforderung die Zustimmung zu einem Kontenabruf nicht und bestehen tatsaumlchliche Anhaltspunkte fuumlr die Unrichtigkeit oder Unvollstaumlndigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermoumlgensmehrungen sind die Besteuerungsgrundlagen nach sect 162 Abs 2 Satz 2 AO zu schaumltzen (vgl auch AEAO zu sect 162 Nr 6)

227 Fuumlr Besteuerungsverfahren auf die die AO nach sect 1 AO nicht unmittelbar anwendbar ist ist ein Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 AO nicht zulaumlssig Fuumlr strafrechtliche Zwecke kann ein Kontenabruf nur nach sect 24c KWG erfolgen Der Kontenabruf entspricht einer elektronischen Einnahme des Augenscheins und stellt einen Realakt dar

23 Ein Kontenabruf steht im Ermessen der Finanzbehoumlrde und kann nur anlassbezogen und zielgerichtet erfolgen und muss sich auf eine eindeutig bestimmte Person beziehen Bei der Ausuumlbung des Ermessens sind die Grundsaumltze der Gleichmaumlszligigkeit der Besteuerung der Verhaumlltnismaumlszligigkeit der Mittel der Erforderlichkeit der Zumutbarkeit der Billigkeit und von Treu und Glauben sowie dasWillkuumlrverbot und das Uumlbermaszligverbot zu beachten (vgl AEAO zu sect 5 Nr 1 AO)

Die Erforderlichkeit die von der Finanzbehoumlrde im Einzelfall im Wege einer Prognose zu beurteilen ist setzt keinen begruumlndeten Verdacht dafuumlr voraus dass steuerrechtliche Unregelmaumlszligigkeiten vorliegen Es genuumlgt vielmehr wenn aufgrund konkreter Momente oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen ein Kontenabruf angezeigt ist (vgl BVerfG-Beschluss vom 13620071 BvR 155003 1 BvR 235704 1 BvR 60305 BStBl II S 896)

24 Die Verantwortung fuumlr die Zulaumlssigkeit des Datenabrufs und der Datenuumlbermittlung traumlgt die ersuchende Finanzbehoumlrde (sect 93b Abs 3 AO) Das Bundeszentralamt fuumlr Steuern darf lediglich pruumlfen ob das Ersuchen plausibel ist

25 Ein Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 AO ist auch zulaumlssig um Konten oder Depots zu ermitteln hinsichtlich derer der Steuerpflichtige zwar nicht Verfuumlgungsberechtigter aber wirtschaftlich Berechtigter ist Dies gilt auch dann wenn der Verfuumlgungsberechtigte nach sect 102 AO die Auskunft verweigern koumlnnte (zB im Fall von Anderkonten von Anwaumllten) Denn ein Kontenabruf erfolgt bei dem Kreditinstitut und nicht bei dem Berufsgeheimnistraumlger Das Kreditinstitut hat aber kein Auskunftsverweigerungsrecht und muss daher auch nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO Auskunft geben daruumlber ob bei festgestellten Konten eines Berufsgeheimnistraumlgers eine andere Person wirtschaftlich Berechtigter ist Das Vertrauensverhaumlltnis zwischen dem Berufsgeheimnistraumlger und seinem Mandanten bleibt dadurch unberuumlhrt

Ein Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 AO ist auch im Besteuerungsverfahren eines Berufsgeheimnistraumlgers iSd sect 102 AO grundsaumltzlich zulaumlssig Bei der gebotenen Ermessensentscheidung (vgl AEAO zu sect 93 Nr 23) ist in diesem Fall zusaumltzlich eine Guumlterabwaumlgung zwischen der besonderen Bedeutung der Verschwiegenheitspflicht des Berufgeheimnistraumlgers und der Bedeutung der Gleichmaumlszligigkeit der Besteuerung unter Beruumlcksichtigung des Verhaumlltnismaumlszligigkeitsprinzips vorzunehmen (vgl BVerfG-Urteil vom 3032004 2 BvR 152001 2 BvR 152101 BVerfGE S 110 226 und BFH-Urteil vom 2622004 IVR 5001 BStBl II S 502) Uumlber Anderkonten eines Berufsgeheimnistraumlgers iSd sect 102 AO die durch einen Kontenabruf im Besteuerungsverfahren des Berufsgeheimnistraumlgers festgestellt werden sind keine Kontrollmitteilungen zu fertigen

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26 Ob die Sachaufklaumlrung durch den Beteiligten zum Ziel fuumlhrt oder Erfolg verspricht oder ob dies nicht zutrifft ist eine Frage der Beweiswuumlrdigung (vgl AEAO zu sect 93 Nr 14) Diese Beweiswuumlrdigung obliegt der Finanzbehoumlrde

Die Finanzbehoumlrde soll zunaumlchst dem Beteiligten Gelegenheit geben Auskunft uumlber seine Konten und Depots zu erteilen und ggf entsprechende Unterlagen (zB Konto- oder Depotauszuumlge) vorzulegen es sei denn der Ermittlungszweck wuumlrde dadurch gefaumlhrdet Hierbei soll auch bereits darauf hingewiesen werden dass die Finanzbehoumlrde unter den Voraussetzungen des sect 93 Abs 7 AO einen Kontenabruf durchfuumlhren lassen oder bei Verweigerung der Zustimmung zu einem Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 5 AO die Besteuerungsgrundlagen nach sect 162 Abs 2 Satz 2 AO schaumltzen kann wenn die Sachaufklaumlrung durch den Beteiligten nicht zum Ziel fuumlhrt

27 Hat sich durch einen Kontenabruf herausgestellt dass Konten oder Depots vorhanden sind die der Beteiligte auf Nachfrage (vgl AEAO zu sect 93 Nr 26) nicht angegeben hat ist er uumlber das Ergebnis des Kontenabrufs zu informieren (sect 93 Abs 9 Satz 2 AO) Hierbei ist der Beteiligte darauf hinzuweisen dass die Finanzbehoumlrde das betroffene Kreditinstitut nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO um Auskunft ersuchen kann wenn ihre Zweifel durch die Auskunft des Beteiligten nicht ausgeraumlumt werden

Wuumlrde durch eine vorhergehende Information des Beteiligten der Ermittlungszweck gefaumlhrdet (sect 93 Abs 9 Satz 3 Nr 1 AO) oder ergibt sich aus den Umstaumlnden des Einzelfalles dass eine Aufklaumlrung durch den Beteiligten selbst nicht zu erwarten ist kann sich die Finanzbehoumlrde nach sect 93 Abs 1 Satz 1 AO unmittelbar an die betreffenden Kreditinstitute wenden (vgl AEAO zu sect 93 Nrn 14 und 17) bzw andere erforderliche Maszlignahmen ergreifen In diesen Faumlllen ist der Beteiligte nachtraumlglich uumlber die Durchfuumlhrung des Kontenabrufs zu informieren

28 Wurden die Angaben des Beteiligten durch einen Kontenabruf bestaumltigt ist der Beteiligte gleichwohl uumlber die Durchfuumlhrung des Kontenabrufs zu informieren zB durch eine Erlaumluterung im Steuerbescheid bdquoEs wurde ein Kontenabruf nach sect 93 Abs 7 AO durchgefuumlhrtldquo

29 Die Rechtmaumlszligigkeit eines Kontenabrufs nach sect 93 Abs 7 AO kann vom Finanzgericht im Rahmen der Uumlberpruumlfung des Steuerbescheids oder eines anderen Verwaltungsakts zu dessen Vorbereitung der Kontenabruf vorgenommen wurde oder isoliert im Wege der Leistungs- oder (Fortsetzungs-) Feststellungsklage uumlberpruumlft werden (vgl BVerfG-Beschluss vom 422005 2 BvR 30804 NJW 2005 S 1637 unter Absatz-Nr 19)

3 Kontenabruf nach sect 93 Abs 8 AO

Ab dem 1882007 duumlrfen die fuumlr die Verwaltung der in sect 93 Abs 8 Satz 1 AO abschlieszligend aufgezaumlhlten Gesetze zustaumlndigen Behoumlrden das Bundeszentralamt fuumlr Steuern ohne Zwischenschaltung der Finanzaumlmter ersuchen bei den Kreditinstituten die in sect 93b Abs 1 AO bezeichneten Daten abzurufen

AEAO zu sect 93a - Allgemeine Mitteilungspflichten

Wegen der allgemeinen Mitteilungspflichten (Kontrollmitteilungen) der Behoumlrden und der Rundfunkanstalten an die Finanzbehoumlrden Hinweis auf die Mitteilungsverordnung Die Verpflichtung der Behoumlrden und der Rundfunkanstalten zu Mitteilungen Auskuumlnften (insbesondere Einzelauskuumlnften nach sect 93 AO) Anzeigen (zB gem sect 116 AO) und zur Amtshilfe (sectsect 111 ff AO) aufgrund anderer Vorschriften bleibt unberuumlhrt Mitteilungspflichten die sich aus Vertraumlgen oder Auflagen in Verwaltungsakten ergeben (zB besondere Bedingungen in Zuwendungsbescheiden nach Maszliggabe des Haushaltsrechts) bleiben ebenfalls unberuumlhrt

Die Mitteilungspflichten fuumlr Zwecke der Feststellung von Einheitswerten des Grundbesitzes sowie fuumlr Zwecke der Grundsteuer sind in sect 29 Abs 3 BewG geregelt

AEAO zu sect 95 - Versicherung an Eides Statt

Aus der Weigerung eines Steuerpflichtigen eine Tatsachenbehauptung durch eidesstattliche Versicherung zubekraumlftigen koumlnnen fuumlr ihn nachteilige Folgerungen gezogen werden Im Uumlbrigen wird auf sect 162 AO hingewiesen

AEAO zu sect 99 - Betreten von Grundstuumlcken und Raumlumen

Es duumlrfen auch Grundstuumlcke Raumlume usw betreten werden die nicht dem Steuerpflichtigen gehoumlren sondern im Eigentum oder Besitz einer anderen Person stehen Von der Besichtigung bdquobetroffeneldquo Personen sind alle die an dem Grundstuumlck usw entweder Besitzrechte haben sie tatsaumlchlich nutzen oder eine sonstige tatsaumlchliche Verfuumlgungsbefugnis haben Wohnraumlume duumlrfen im Besteuerungsverfahren nicht gegen den Willen des Inhabers betreten werden (siehe aber sect 210 Abs 2 und sect 287 AO)

AEAO zu sect 101 - Auskunfts- und Eidesverweigerungsrecht der Angehoumlrigen

1 Der Beteiligte (Steuerpflichtige) selbst hat kein Auskunftsverweigerungsrecht sect 393 Abs 1 AO ist zu beachten

2 Ist nach sect 101 Abs 1 Satz 2 AO erforderliche Belehrung unterblieben duumlrfen die auf der Aussage des Angehoumlrigen beruhenden Kenntnisse nicht verwertet werden (BFH-Urteil vom 31101990 II R 18087

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BStBl 1991 II S 204) es sei denn der Angehoumlrige stimmt nachtraumlglich zu oder wiederholt nach Belehrung seine Aussage (vgl auch BFH-Urteil vom 7111985 IV R 685 BStBl 1986 II S 435)

AEAO zu sect 104 - Verweigerung der Erstattung eines Gutachtens und der Vorlage von Urkunden

Trotz ihres Auskunftsverweigerungsrechts sind die Angehoumlrigen der steuerberatenden Berufe verpflichtet alle Urkunden und Wertsachen insbesondere Geschaumlftsbuumlcher und sonstige Aufzeichnungen die sie fuumlr den Steuerpflichtigen aufbewahren oder fuumlhren auf Verlangen der Finanzbehoumlrde unter den gleichen Voraussetzungen vorzulegen wie der Steuerpflichtige selbst

AEAO zu sect 107 - Entschaumldigung der Auskunftspflichtigen und Sachverstaumlndigen

1 Die Entschaumldigungspflicht wird nur ausgeloumlst wenn die Finanzbehoumlrde Auskunftspflichtige Vorlagepflichtige oder Sachverstaumlndige durch Verwaltungsakt zu Beweiszwecken herangezogen hat Freiwillig erteilte Auskuumlnfte oder vorgelegte Unterlagen und Sachverstaumlndigengutachten fuumlhren selbst dann nicht zu einer Entschaumldigung wenn die Finanzbehoumlrde sie verwertet

2 Fuumlr die Duldung der Einnahme des Augenscheins (sect 98 AO) besteht kein Anspruch auf eine Entschaumldigung nach sect 107 AO

3 Fuumlr die Vorlage von Urkunden (sect 97 AO) besteht in entsprechender Anwendung des sect 24 des Justizverguumltungs- und -entschaumldigungsgesetzes nur dann ein Anspruch auf Entschaumldigung nach sect 107 AO wenn das Vorlageersuchen ab dem 3062013 gestellt wurde

4 Bei Vorlageersuchen die vor dem 3062013 gestellt wurden gilt zur Entschaumldigung des Vorlagepflichtigen Folgendes

Bei einem kombinierten Auskunfts- und Vorlageersuchen hat der ersuchte Dritte nach sect 107 AO aF Anspruch auf Ersatz aller seiner mit dem Ersuchen zusammenhaumlngenden Aufwendungen dh auch jener die ihm im Zusammenhang mit der Vorlage von Urkunden entstanden sind (BFH-Urteil vom 2431987 VII R 11384 BStBl 1988 II S 163)

Ein (reines) Vorlageverlangen iSd sect 97 AO das nach sect 107 aF AO keinen Kostenerstattungsanspruch ausloumlst liegt vor wenn die Finanzbehoumlrde die vorzulegenden Unterlagen so konkret und eindeutig benennt dass sich die geforderte Taumltigkeit des Vorlageverpflichteten auf rein mechanische Hilfstaumltigkeiten wie das Heraussuchen und Lesbarmachen der angeforderten Unterlagen beschraumlnkt Das setzt bei der Anforderung von Bankunterlagen voraus dass die Finanzbehoumlrde die Konten- und Depotnummern benennt oder vergleichbar konkrete Angaben zu sonstigen Bankverbindungen macht (BFH-Urteil vom 882006 VII R 2905 BStBl 2007 II S 80)

AEAO zu sect 108 - Fristen und Termine

1 Fristen sind abgegrenzte bestimmte oder jedenfalls bestimmbare Zeitraumlume (BFH-Urteil vom 14102003 IX R 6898 BStBl II S 898) Termine sind bestimmte Zeitpunkte an denen etwas geschehen soll oder zu denen eine Wirkung eintritt bdquoFaumllligkeitstermineldquo geben das Ende einer Frist an

2 sect 108 Abs 3 AO gilt auch fuumlr die Dreitage-Regelungen (sect 122 Abs 2 Nr 1 Abs 2a sect 123 Satz 2 AO sect 4 Abs 2 VwZG) die Monats-Regelungen (sect 122 Abs 2 Nr 2 sect 123 Satz 2 AO) und die Zweiwochen-Regelung (sect 122 Abs 4 Satz 3 AO) zum Zeitpunkt der Bekanntgabe eines Verwaltungsakts (BFH-Urteil vom 14102003 IX R 6898 BStBl II S 898)

AEAO zu sect 110 - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand

1 sect 110 Abs 1 AO erfasst nur verfahrensrechtliche und materiell-rechtliche Fristen die bdquoeinzuhaltenldquo sind das sind Handlungs- und Erklaumlrungsfristen die Beteiligte (sect 78 AO) oder Dritte gegenuumlber der Finanzbehoumlrde zu wahren haben Nicht wiedereinsetzungsfaumlhig sind dagegen die gesetzlichen Fristen die von den Finanzbehoumlrden als Verwaltungstraumlger im Verwaltungsverfahren zu beachten sind So faumlllt unter sect 110 AO nicht der Ablauf von Festsetzungsfristen (BFH-Urteil vom 2412008 VII R 307 BStBl II S 462) Soweit das Gesetz eine Fristverlaumlngerung vorsieht (sect 109 Abs 1 AO) kommt nicht Wiedereinsetzung sondern ruumlckwirkende Fristverlaumlngerung in Betracht

2 Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach unterlassener Anhoumlrung eines Beteiligten bzw wegen fehlender Begruumlndung des Verwaltungsakts (sect 126 Abs 3 AO) vgl AEAO zu sect 91 Nr 3 und AEAO zu sect 121 Nr 3 Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Einspruchseinlegung bei einer unzustaumlndigen Behoumlrde vgl AEAO zu sect 357 Nr 2

3 Abweichend von sect 110 Abs 2 AO betraumlgt im finanzgerichtlichen Verfahren die Frist fuumlr den Antrag auf Wiedereinsetzung und die Nachholung der versaumlumten Rechtshandlung zwei Wochen (sect 56 Abs 2 FGO)

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AEAO zu sect 111 - Amtshilfepflicht

1 Die sectsect 111 ff AO sind auch dann anzuwenden wenn sich Finanzbehoumlrden untereinander Amtshilfe leisten

2 Fuumlr Verbaumlnde und berufsstaumlndische Vertretungen besteht soweit sie nicht Behoumlrden sind oder unterhalten keine Beistandspflicht Sie sind jedoch ebenso wie die in sect 111 Abs 3 AO erwaumlhnten Institutionen im Rahmen der sectsect 88 92 ff AO zur Auskunftserteilung und Vorlage von Urkunden verpflichtet

AEAO zu sect 112 - Voraussetzungen und Grenzen der Amtshilfe

Andere Behoumlrden die von den Finanzbehoumlrden im Besteuerungsverfahren um Amtshilfe ersucht werden koumlnnen die Amtshilfe nur unter den Voraussetzungen dieser Vorschrift ablehnen Die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und des SGB X uumlber die Amtshilfe sind insoweit nicht anwendbar

AEAO zu sect 117 - Zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe in Steuersachen

1 Die Voraussetzungen unter denen die Finanzbehoumlrden fuumlr deutsche Besteuerungszwecke die Hilfe auslaumlndischer Behoumlrden in Anspruch nehmen duumlrfen richten sich nach deutschem Recht insbesondere den sectsect 85 ff AO

2 Gem sect 117 Abs 2 AO koumlnnen die Finanzbehoumlrden zwischenstaatliche Rechts- und Amtshilfe leisten aufgrund

a) innerstaatlich anwendbarer voumllkerrechtlicher Vereinbarungen Derartige Vereinbarungen enthalten vor allem die Doppelbesteuerungsabkommen und die Abkommen im Zollbereich Uumlber den Stand der Doppelbesteuerungsabkommen veroumlffentlicht das BMF jaumlhrlich im BStBlTeil I eine Uumlbersicht

b) innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der Europaumlischen Union (im Zollbereich und im Bereich der indirekten Steuern) Als Rechtsgrundlagen kommen unmittelbar geltende Verordnungen in Betracht Hinweis auf die Verordnung (EG) Nr 17982003 des Rates vom 7102003 uumlber die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehoumlrden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr 21892 (Amtsblatt Nr L 264 vom 15102003 S 1)

c) des EU-Amtshilfe-Gesetzes und des EU-Beitreibungsgesetzes

3 Wegen der Voraussetzungen und der Durchfuumlhrung der zwischenstaatlichen Amtshilfe wird auf folgende Merkblaumltter verwiesen

- Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe durch Informationsaustausch in Steuersachen (BMF-Schreiben vom 2552012 BStBl I S 599)

- Merkblatt zur zwischenstaatlichen Amtshilfe bei der Steuererhebung (Beitreibung) (BMF-Schreiben vom 2312014 BStBl I S 188)

AEAO zu sect 118 - Begriff des Verwaltungsakts

Da auch die Steuerbescheide Verwaltungsakte sind gelten die sectsect 118 ff AO auch fuumlr die Steuerbescheide soweit in den sectsect 155 ff AO nichts anderes bestimmt ist Ausgenommen sind insbesondere die sectsect 130 und 131 AO die kraft ausdruumlcklicher Regelung (sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe d AO) als Rechtsgrundlage fuumlr die Aufhebung oder Aumlnderung von Steuerbescheiden ausgeschlossen sind

AEAO zu sect 120 - Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt

1 Nebenbestimmungen sind zulaumlssig bei Verwaltungsakten die auf einer Ermessensentscheidung der Finanzbehoumlrden beruhen (zB Fristverlaumlngerung Stundung Erlass Aussetzung der Vollziehung) Bei gebundenen Verwaltungsakten (zB Steuerbescheiden) sind gesetzlich ausdruumlcklich zugelassene Nebenbestimmungen der Vorbehalt der Nachpruumlfung (sect 164 AO) die Vorlaumlufigkeitserklaumlrung (sect 165 AO) und die Sicherheitsleistung (sect 165 Abs 1 Satz 4 AO)

2 Nebenbestimmungen muumlssen inhaltlich hinreichend bestimmt sein (sect 119 Abs 1 AO) Anderenfalls sind sie nichtig Wegen der Rechtsfolgen bei Nichtigkeit der Nebenbestimmung Hinweis auf sect 125 Abs 4 AO

3 Wegen der unterschiedlichen Folgen die sich aus der Nichterfuumlllung einer Nebenbestimmung ergeben koumlnnen ist die Nebenbestimmung im Verwaltungsakt genau zu bezeichnen (zB bdquounter der aufschiebenden Bedingungldquo bdquounter dem Vorbehalt des Widerrufsldquo)

4 Der Widerrufsvorbehalt ermoumlglicht den Widerruf rechtmaumlszligiger Verwaltungsakte nach sect 131 Abs 2 Nr 1 AO Er ist aber fuumlr sich allein kein hinreichender Grund zum Widerruf sondern laumlsst den Widerruf nur im Rahmen pflichtgemaumlszligen Ermessens zu

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AEAO zu sect 121 - Begruumlndung des Verwaltungsakts

1 Die Vorschrift gilt fuumlr alle Verwaltungsakte einschlieszliglich der Steuerbescheide

2 Besteht eine Pflicht den Verwaltungsakt zu begruumlnden so muss die Begruumlndung nur den Umfang haben der erforderlich ist damit der Adressat des Verwaltungsakts die Gruumlnde fuumlr die Entscheidung der Finanzbehoumlrde verstehen kann Die Begruumlndung von Ermessensentscheidungen soll erkennen lassen dass die Finanzbehoumlrde ihr Ermessen ausgeuumlbt hat und von welchen Gesichtspunkten sie bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist

3 Das Fehlen der vorgeschriebenen Begruumlndung macht den Verwaltungsakt fehlerhaft Dieser Mangel kann nach sect 126 Abs 1 und 2 AO geheilt werden oder gem sect 127 AO unbeachtlich sein Wurde wegen der fehlenden Begruumlndung die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsakts versaumlumt so ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewaumlhren (sect 126 Abs 3 iVm sect 110 AO vgl auch AEAO zu sect 91 Nr 3)

AEAO zu sect 122 - Bekanntgabe des Verwaltungsakts

Inhaltsuumlbersicht

1 Allgemeines

11 Bekanntgabe von Verwaltungsakten

12 Steuerbescheide

13 Bezeichnung des Inhaltsadressaten

14 Bezeichnung des Bekanntgabeadressaten

15 Bezeichnung des Empfaumlngers

16 Anschriftenfeld

17 Uumlbermittlung an Bevollmaumlchtigte

18 Form der Bekanntgabe

2 Bekanntgabe von Bescheiden

21 Bekanntgabe von Bescheiden an Ehegatten

22 Bekanntgabe an gesetzliche Vertreter natuumlrlicher Personen

23 Bescheide an Ehegatten mit Kindern oder Alleinstehende mit Kindern

24 Personengesellschaften (Gemeinschaften)

25 Bescheide uumlber gesonderte und einheitliche Feststellungen

26 Grundsteuermessbescheide Grunderwerbsteuerbescheide

27 Personengesellschaften (Gemeinschaften) in Liquidation

28 Bekanntgabe an juristische Personen

29 Bekanntgabe in Insolvenzfaumlllen

210 Verbraucherinsolvenzverfahren

211 Zwangsverwaltung

212 Gesamtrechtsnachfolge (zB Erbfolge)

213 Testamentsvollstreckung Nachlassverwaltung Nachlasspflegschaft

214 Haftende

215 Spaltung

216 Formwechselnde Umwandlung

3 Besonderheiten des Zustellungsverfahrens

31 Zustellungsarten

32 Zustellung an mehrere Beteiligte

33 Zustellung an Bevollmaumlchtigte

34 Zustellung an Ehegatten

4 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern

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41 Unwirksamkeit des Verwaltungsakts wegen inhaltlicher Maumlngel

42 Wirksamkeit des Verwaltungsakts trotz inhaltlicher Maumlngel

43 Unwirksamkeit des Verwaltungsakts wegen eines Bekanntgabemangels

44 Wirksame Bekanntgabe

45 Fehler bei foumlrmlichen Zustellungen

46 Fehlerhafte Bekanntgabe von Grundlagenbescheiden

47 Bekanntgabe von gesonderten und einheitlichen Feststellungen an einzelne Beteiligte

1 Allgemeines

11 Bekanntgabe von Verwaltungsakten

Voraussetzung fuumlr die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts ist dass er inhaltlich hinreichend bestimmt ist (sect 119 Abs 1 AO) und dass er demjenigen fuumlr den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird bekannt gegeben wird (sect 124 Abs 1 AO) Deshalb ist beim Erlass eines Verwaltungsakts festzulegen

- an wen er sich richtet (AEAO zu sect 122 Nr 13 - Inhaltsadressat)

- wem er bekannt gegeben werden soll (AEAO zu sect 122 Nr 14 - Bekanntgabeadressat)

- welcher Person er zu uumlbermitteln ist (AEAO zu sect 122 Nr 15 - Empfaumlnger) und

- ob eine besondere Form der Bekanntgabe erforderlich oder zweckmaumlszligig ist (AEAO zu sect 122 Nr 18)

112 Verfahrensrechtlich ist zu unterscheiden zwischen dem Rechtsbegriff der Bekanntgabe als Wirksamkeitsvoraussetzung den Formen der Bekanntgabe (muumlndliche schriftliche elektronische oder oumlffentliche Bekanntgabe oder Bekanntgabe in anderer Weise) und den technischen Vorgaumlngen bei der Uumlbermittlung des Inhalts eines Verwaltungsakts Die Bekanntgabe setzt den Bekanntgabewillen des fuumlr den Erlass des Verwaltungsakts zustaumlndigen Bediensteten voraus (BFH-Urteile vom 2761986 VI R 2383 BStBl II S 832 und vom 24111988 V R 12383 BStBl 1989 II S 344) Zur Aufgabe des Bekanntgabewillens vgl AEAO zu sect 124 Nrn 5 und 6

113 Mit dem Rechtsbegriff bdquoBekanntgabeldquo nicht gleichbedeutend sind die Bezeichnungen fuumlr die technischen Vorgaumlnge bei der Uumlbermittlung eines verfuumlgten Verwaltungsakts (zB bdquoAufgabe zur Postldquo bdquoZusendungldquo bdquoZustellungldquo bdquoortsuumlbliche Bekanntmachungldquo bdquoZugangldquo) auch wenn diese Begriffe zugleich eine gewisse rechtliche Bedeutung haben Die technischen Vorgaumlnge beduumlrfen soweit das Gesetz daran Rechtsfolgen knuumlpft einer Dokumentation um nachweisen zu koumlnnen dass wann und wie die Bekanntgabe erfolgt ist

114 Die nachfolgenden Grundsaumltze uumlber die Bekanntgabe von Steuerbescheiden (vgl AEAO zu sect 122 Nr 12) gelten entsprechend fuumlr andere Verwaltungsakte (zB Haftungsbescheide Pruumlfungsanordnungen Androhungen und Festsetzungen von Zwangsgeldern vgl AEAO zu sect 122 Nr 181) Zur Adressierung und Bekanntgabe von Pruumlfungsanordnungen vgl AEAO zu sect 197 zur Adressierung und Bekanntgabe von Zwangsgeldandrohungen und Zwangsgeldfestsetzungen vgl BFH-Urteil vom 23111999 VII R 3899 BStBl 2001 II S 463

12 Steuerbescheide

Steuerfestsetzungen sind nur dann eine Grundlage fuumlr die Verwirklichung von Anspruumlchen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis wenn sie gem sect 122 Abs 1 Satz 1 AO als Steuerbescheid demjenigen Beteiligten bekannt gegeben worden sind fuumlr den sie bestimmt sind oder der von ihnen betroffen wird Die folgenden Grundsaumltze regeln wie der Steuerschuldner als Inhaltsadressat und ggf der Bekanntgabeadressat und der Empfaumlnger zu bezeichnen sind und wie der Bescheid zu uumlbermitteln ist

13 Bezeichnung des Inhaltsadressaten

131 Der Inhaltsadressat muss im Bescheid so eindeutig bezeichnet werden dass Zweifel uumlber seine Identitaumlt nicht bestehen Inhaltsadressat eines Steuerbescheids ist der Steuerschuldner

132 Im Allgemeinen wird eine natuumlrliche Person als Inhaltsadressat durch Vornamen und Familiennamen genuumlgend bezeichnet Nur bei Verwechslungsmoumlglichkeiten insbesondere bei haumlufiger vorkommenden Namen sind weitere Angaben erforderlich (zB Wohnungsanschrift Geburtsdatum Berufsbezeichnung Namenszusaumltze wie bdquoseniorldquo oder bdquojuniorldquo) Bei juristischen Personen und Handelsgesellschaften ergibt sich der zutreffende bdquoNameldquo aus Gesetz Satzung Register oder aumlhnlichen Quellen (bei Handelsgesellschaften Firma gem sect 17 HGB) wegen der Bezeichnung von Ehegatten vgl AEAO zu sect 122 Nr 212 wegen der Bezeichnung der nichtrechtsfaumlhigen Personenvereinigungen vgl AEAO zu sect 122 Nrn 24 2412

14 Bezeichnung des Bekanntgabeadressaten

84

141 Die Person der ein Verwaltungsakt bekannt zu geben ist wird als Bekanntgabeadressat bezeichnet Bei Steuerfestsetzungen ist dies idR der Steuerschuldner als Inhaltsadressat weil der Steuerbescheid seinem Inhalt nach fuumlr ihn bestimmt ist oder er von ihm betroffen wird (sect 122 Abs 1 Satz 1 AO)

142 Als Bekanntgabeadressat kommen jedoch auch Dritte in Betracht wenn sie fuumlr den Inhaltsadressaten (Steuerschuldner) steuerliche Pflichten zu erfuumlllen haben Dabei handelt es sich in erster Linie um Faumllle in denen die Bekanntgabe an den Steuerschuldner nicht moumlglich oder nicht zulaumlssig ist (sect 79 AO)

Die Bekanntgabe ist insbesondere an folgende Dritte erforderlich

a) Eltern (sect 1629 BGB) Vormund (sect 1793 BGB) Pfleger (sectsect 1909 ff BGB) als gesetzliche Vertreter natuumlrlicher Personen (sect 34 Abs 1 AO)

b) Geschaumlftsfuumlhrer von nichtrechtsfaumlhigen Personenvereinigungen (zB Vorstaumlnde nichtsrechtsfaumlhiger Vereine sect 54 BGB)

c) Geschaumlftsfuumlhrer von Vermoumlgensmassen (zB nichtrechtsfaumlhige Stiftungen sectsect 86 26 BGB)

d) Vermoumlgensverwalter iSv sect 34 Abs 3 AO (zB Insolvenzverwalter Zwangsverwalter gerichtlich bestellte Liquidatoren Nachlassverwalter)

e) Verfuumlgungsberechtigte iSv sect 35 AO

f) fuumlr das Besteuerungsverfahren bestellte Vertreter iSv sect 81 AO

143 Ist der Bekanntgabeadressat nicht mit dem Inhaltsadressaten identisch (vgl AEAO zu sect 122 Nr 142) so ist er zusaumltzlich zum Inhaltsadressaten anzugeben Hinsichtlich der eindeutigen Bezeichnung gelten dieselben Grundsaumltze wie fuumlr die Bezeichnung des Inhaltsadressaten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 132) Das Vertretungsverhaumlltnis (vgl AEAO zu sect 122 Nr 142) ist im Bescheid anzugeben (vgl AEAO zu 122 Nr 16)

15 Bezeichnung des Empfaumlngers

151 Als Empfaumlnger wird derjenige bezeichnet dem der Verwaltungsakt tatsaumlchlich zugehen soll damit er durch Bekanntgabe wirksam wird IdR ist der Inhaltsadressat nicht nur Bekanntgabeadressat sondern auch bdquoEmpfaumlngerldquo des Verwaltungsakts

152 Es koumlnnen jedoch auch andere Personen Empfaumlnger sein wenn fuumlr sie eine Empfangsvollmacht des Bekanntgabeadressaten vorliegt oder wenn die Finanzbehoumlrde nach ihrem Ermessen den Verwaltungsakt einem Bevollmaumlchtigten uumlbermitteln will (vgl AEAO zu sect 122 Nr 17)

Beispiel

Die gesetzlichen Vertreter (Bekanntgabeadressaten) eines Minderjaumlhrigen (Steuerschuldner und damit Inhaltsadressat) haben einen Dritten (Empfaumlnger) bevollmaumlchtigt

Inhaltsadressat (Steuerschuldner)

Hans Huber

Bekanntgabeadressaten

Herrn Anton Huber Frau Maria Huber

als gesetzliche Vertreter des Hans Huber Moltkestraszlige 5 12203 Berlin

Empfaumlnger (Anschriftenfeld)

Herrn Steuerberater Anton Schulz Postfach 11 48 80335 Muumlnchen

Darstellung im Bescheid

(Die Angaben in Klammern werden im Bescheid nicht ausgedruckt Dies gilt auch fuumlr die uumlbrigen Beispiele)

Anschriftenfeld (Empfaumlnger)

Herrn Steuerberater Anton Schulz Postfach 11 48 80335 Muumlnchen

Bescheidkopf

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Fuumlr Herrn Anton Huber und Frau Maria Huber (Bekanntgabeadressaten) als gesetzliche Vertreter des Hans Huber (Steuerschuldner und Inhaltsadressat) Moltkestraszlige 5 2203 Berlin

153 Eine Empfangsvollmacht ist auch erforderlich wenn der Verwaltungsakt nur namentlich benannten Geschaumlftsfuumlhrern oder anderen Personen (zB dem Steuerabteilungsleiter) zugehen soll

Beispiel

Anschriftenfeld (Empfaumlnger)

Herrn Steuerabteilungsleiter Fritz Schulz iHs der Meyer GmbH Postfach 10 01 50859 Koumlln

Bescheidkopf

Fuumlr die Meyer GmbH (Inhalts- und Bekanntgabeadressat)

154 Zur Bekanntgabe nach sect 122 Abs 6 AO vgl AEAO zu sect 122 Nr 213 zur Bekanntgabe an einen gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten iSv sect 183 Abs 1 AO vgl AEAO zu sect 122 Nr 252

16 Anschriftenfeld

Der Empfaumlnger ist im Anschriftenfeld des Steuerbescheids mit seinem Namen und postalischer Anschrift zu bezeichnen Es reicht nicht aus den Empfaumlnger nur auf dem Briefumschlag und in den Steuerakten anzugeben weil sonst die ordnungsmaumlszligige Bekanntgabe nicht einwandfrei nachgewiesen werden kann Sind Inhaltsadressat (Steuerschuldner) Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger nicht dieselbe Person muss jeder im Steuerbescheid benannt werden Der Empfaumlnger ist im Anschriftenfeld anzugeben der Inhalts- und ggf der Bekanntgabeadressat sowie das Vertretungsverhaumlltnis muumlssen an anderer Stelle des Steuerbescheids aufgefuumlhrt werden (vgl zB bei Bekanntgabe an Minderjaumlhrige AEAO zu sect 122 Nr 222)

17 Uumlbermittlung an Bevollmaumlchtigte

171 Der einem Angehoumlrigen der steuerberatenden Berufe erteilte Auftrag zur Erstellung und Einreichung der Steuererklaumlrungen schlieszligt idR seine Bestellung als Empfangsbevollmaumlchtigter nicht ein (BFH-Urteil vom 3071980 I R 14879 BStBl 1981 II S 3) Aus der Mitwirkung eines Steuerberaters bei der Steuererklaumlrung folgt daher nicht dass die Finanzbehoumlrde einen Steuerbescheid dem Steuerberater zu uumlbermitteln hat Dasselbe gilt in Bezug auf die anderen zur Hilfe in Steuersachen befugten Personen und Vereinigungen (sectsect 3 4 StBerG)

172 Es liegt im Ermessen des Finanzamts ob es einen Steuerbescheid an den Steuerpflichtigen selbst oder an dessen Bevollmaumlchtigten bekannt gibt (sect 122 Abs 1 Satz 3 AO) Zur Ausuumlbung des Ermessens gilt Folgendes

Hat der Steuerpflichtige dem Finanzamt ausdruumlcklich mitgeteilt dass er seinen Vertreter auch zur Entgegennahme von Steuerbescheiden ermaumlchtigt sind diese grundsaumltzlich dem Bevollmaumlchtigten bekannt zu geben (BFH-Urteil vom 5102000 VII R 9699 BStBl 2001 II S 86) Dies gilt auch wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt eine Vollmacht vorgelegt hat nach der der Bevollmaumlchtigte berechtigt ist fuumlr den Steuerpflichtigen bdquorechtsverbindliche Erklaumlrungenldquo entgegenzunehmen (BFH-Urteil vom 23111999 VII R 3899 BStBl 2001 II S 463) Nur dann wenn im Einzelfall besondere Gruumlnde gegen die Bekanntgabe des Steuerbescheids an den Bevollmaumlchtigten sprechen kann der Steuerbescheid unmittelbar dem Steuerpflichtigen bekannt gegeben werden Derartige besondere Gruumlnde koumlnnen auch technischer Natur sein

Fehlt es an einer ausdruumlcklichen Benennung eines Empfangsbevollmaumlchtigten hat das Finanzamt aber bisher Verwaltungsakte dem Vertreter des Steuerpflichtigen uumlbermittelt so darf es sich nicht in Widerspruch zu seinem bisherigen Verhalten setzen und sich bei gleichliegenden Verhaumlltnissen ohne ersichtlichen Grund an den Steuerpflichtigen selbst wenden (vgl BFH-Urteile vom 1181954 II 23953 U BStBl III S 327 und vom 1341965 I 3664 U I 3764 U BStBl III S 389) In diesen Faumlllen ist jedoch eine schriftliche Vollmacht nachzufordern der Vollmachtnachweis kann auch in elektronischer Form (sect 87a Abs 3 AO) erbracht werden

Die im Einkommensteuererklaumlrungsvordruck erteilte Empfangsvollmacht gilt nur fuumlr Bescheide des betreffenden Veranlagungszeitraums Dagegen entfaltet die im Erklaumlrungsvordruck zur gesonderten und einheitlichen Feststellung erteilte Empfangsvollmacht nicht lediglich Wirkung fuumlr das Verfahren des entsprechenden Feststellungszeitraums sondern ist solange zu beachten bis sie durch Widerruf entfaumlllt (vgl BFH-Urteil vom 1812007 IV R 5305 BStBl II S 369)

86

Ein waumlhrend eines Klageverfahrens ergehender Aumlnderungsbescheid ist idR dem Prozessbevollmaumlchtigten bekannt zu geben (BFH-Urteile vom 551994 VI R 9893 BStBl II S 806 und vom 29101997 X R 3795 BStBl 1998 II S 266)

173 Wird ein Verwaltungsakt dem betroffenen Steuerpflichtigen bekannt gegeben und hierdurch eine von ihm erteilte Bekanntgabevollmacht zugunsten seines Bevollmaumlchtigten ohne besondere Gruumlnde nicht beachtet wird der Bekanntgabemangel durch die Weiterleitung des Verwaltungsakts an den Bevollmaumlchtigten geheilt Die Frist fuumlr einen auszligergerichtlichen Rechtsbehelf beginnt in dem Zeitpunkt in dem der Bevollmaumlchtigte den Verwaltungsakt nachweislich erhalten hat (BFH-Urteil vom 8121988 IV R 2487 BStBl 1989 II S 346)

174 Wegen der Zustellung an Bevollmaumlchtigte vgl AEAO zu sect 122 Nr 33

175 Hat der Steuerpflichtige einen Bevollmaumlchtigten benannt bleibt die Vollmacht so lange wirksam bis der Finanzbehoumlrde ein Widerruf zugeht (sect 80 Abs 1 AO) Die Wirksamkeit einer Vollmacht ist nur dann auf einen Besteuerungszeitraum oder einen einzelnen Bearbeitungsvorgang begrenzt wenn dies ausdruumlcklich in der Vollmacht erwaumlhnt ist oder sich aus den aumluszligeren Umstaumlnden ergibt (zB bei Einzelsteuerfestsetzungen) vgl aber auch AEAO zu sect 122 Nr 172

176 Wendet sich die Finanzbehoumlrde aus besonderem Grund an den Beteiligten selbst (zB um ihn um Auskuumlnfte zu bitten die nur er selbst als Wissenstraumlger geben kann oder um die Vornahme von Handlungen zu erzwingen) so soll der Bevollmaumlchtigte unterrichtet werden (sect 80 Abs 3 Satz 3 AO)

18 Form der Bekanntgabe

Schriftliche Verwaltungsakte insbesondere Steuerbescheide sind grundsaumltzlich durch die Post zu uumlbermitteln (vgl AEAO zu sect 122 Nr 182) sofern der Empfaumlnger im Inland wohnt oder soweit der auslaumlndische Staat mit der Postuumlbermittlung einverstanden ist (vgl AEAO zu sect 122 Nr 184) Ein Verwaltungsakt kann ferner durch Telefax (vgl AEAO zu sect 122 Nr 182) wirksam bekannt gegeben werden auch wenn fuumlr ihn die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben ist (BFH-Urteil vom 871998 I R 1796 BStBl 1999 II S 48) Eine foumlrmliche Zustellung ist nur erforderlich wenn dies gesetzlich vorgeschrieben ist oder die Finanzbehoumlrde von sich aus die Zustellung anordnet (vgl AEAO zu sect 122 Nr 183) Die Zustellung erfolgt nach den Vorschriften des Verwaltungzustellungsgesetzes (vgl AEAO zu sect 122 Nr 31) Unter den Voraussetzungen des sect 87a AO koumlnnen Verwaltungsakte auch elektronisch uumlbermittelt werden

181 Schriftform

Grundsaumltzlich ist die schriftliche Bekanntgabe eines Verwaltungsakts nur erforderlich wenn das Gesetz sie ausdruumlcklich vorsieht (fuumlr Steuerbescheide sect 157 AO fuumlr die Aufhebung des Vorbehalts der Nachpruumlfung sect 164 Abs 3 AO fuumlr Haftungs- und Duldungsbescheide sect 191 Abs 1 AO fuumlr Pruumlfungsanordnungen sect 196 AO fuumlr verbindliche Zusagen sect 205 Abs 1 AO fuumlr Pfaumlndungsverfuumlgungen sect 309 Abs 2 AO fuumlr Androhung von Zwangsmitteln sect 332 Abs 1 AO fuumlr Einspruchsentscheidungen sect 366 AO) Im Uumlbrigen reicht die muumlndliche Bekanntgabe eines steuerlichen Verwaltungsakts aus (zB bei Fristverlaumlngerungen Billigkeitsmaszlignahmen Stundungen) Aus Gruumlnden der Rechtssicherheit sollen Verwaltungsakte aber im Allgemeinen schriftlich erteilt werden Ein muumlndlicher Verwaltungsakt ist ggf schriftlich zu bestaumltigen (sect 119 Abs 2 AO)

182 Uumlbermittlung durch die Post oder durch Telefax

Der in sect 122 Abs 2 AO verwendete Begriff der bdquoPostldquo ist nicht auf die Deutsche Post AG (als Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost) beschraumlnkt sondern umfasst alle Unternehmen soweit sie Postdienstleistungen erbringen Wird ein schriftlicher Verwaltungsakt durch die Post uumlbermittelt so haumlngt die Wirksamkeit der Bekanntgabe nicht davon ab dass der Tag der Aufgabe des Verwaltungsakts zur Post in den Akten vermerkt wird Um den Bekanntgabezeitpunkt berechnen zu koumlnnen und im Hinblick auf die Regelung in sect 169 Abs 1 Satz 3 Nr 1 AO ist jedoch der Tag der Aufgabe zur Post in geeigneter Weise festzuhalten

Ein durch Telefax (einschlieszliglich Computerfax) bekannt gegebener Verwaltungsakt (vgl AEAO zu sect 122 Nr 18) ist ein iSd sect 122 Abs 2a AO elektronisch uumlbermittelter Verwaltungsakt Er gilt somit grundsaumltzlich am dritten Tag nach der Absendung als bekannt gegeben Die fuumlr elektronische Verwaltungsakte geltenden Regelungen des sect 87a AO sind auf ihn aber nicht anwendbar

183 Foumlrmliche Bekanntgabe (Zustellung)

Zuzustellen sind

- die Ladung zu dem Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (sect 284 Abs 6 AO)

- die Verfuumlgung uumlber die Pfaumlndung einer Geldforderung (sect 309 Abs 2 AO)

- die Arrestanordnung (sect 324 Abs 2 AO sect 326 Abs 4 AO)

Daruumlber hinaus kann die Finanzbehoumlrde die Zustellung anordnen (sect 122 Abs 5 Satz 1 AO) Diese Anordnung stellt keinen Verwaltungsakt dar (BFH-Urteil vom 1632000 III R 1999 BStBl II S 520)

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Wegen der Besonderheiten des Zustellungsverfahrens vgl Nr 3 wegen der Zustellung von Einspruchsentscheidungen vgl AEAO zu sect 366 Nr 2

184 Bekanntgabe an Empfaumlnger im Ausland

Mit Ausnahme der in Nr 3141 Satz 4 angefuumlhrten Staaten kann davon ausgegangen werden dass an Empfaumlnger (einschlieszliglich der Bevollmaumlchtigten BFH-Urteil vom 122000 VII R 4999 BStBl II S 334) im Ausland Steuerverwaltungsakte durch einfachen Brief durch Telefax oder - unter den Voraussetzungen des sect 87a AO - durch elektronische Uumlbermittlung bekannt gegeben werden koumlnnen

Ansonsten muss nach sect 123 AO sect 9 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nr 314) oder sect 10 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nr 315) verfahren werden wenn ein Verwaltungsakt an einen Empfaumlnger im Ausland bekannt zu geben ist

Welche der bestehenden Moumlglichkeiten einer Auslandsbekanntgabe gewaumlhlt wird liegt im pflichtgemaumlszligen Ermessen (sect 5 AO) der Finanzbehoumlrde Die Auswahl ist ua abhaumlngig von den gesetzlichen Erfordernissen (zB Zustellung vgl AEAO zu sect 122 Nr 183) und von dem Erfordernis im Einzelfall einen einwandfreien Nachweis des Zugangs des amtlichen Schreibens zu erhalten

2 Bekanntgabe von Bescheiden

21 Bekanntgabe von Bescheiden an Ehegatten

211 Allgemeines

Ehegatten sind im Fall der ESt- Zusammenveranlagung stets Gesamtschuldner (sect 44 AO) Gem sect 155 Abs 3 Satz 1 AO kann daher gegen sie ein zusammengefasster Steuerbescheid erlassen werden Dabei handelt es sich formal um die Zusammenfassung zweier Bescheide zu einer nur aumluszligerlich gemeinsamen Festsetzung Dies gilt auch fuumlr die Festsetzung von Verspaumltungszuschlaumlgen gegenuumlber zusammen veranlagten Ehegatten (BFH-Urteil vom 2881987 III R 23083 BStBl II S 836)

Bei anderen Steuerarten sind gegenuumlber Ehegatten zusammengefasste Steuerbescheide nur zulaumlssig wenn tatsaumlchlich Gesamtschuldnerschaft vorliegt Gesamtschuldnerschaft liegt nicht vor wenn es sich lediglich um gleichgeartete Steuervorgaumlnge handelt So liegen zB fuumlr die Grunderwerbsteuer zwei Steuerfaumllle vor wenn Ehegatten gemeinschaftlich ein Grundstuumlck erwerben An jeden Ehegatten ist fuumlr den auf ihn entfallenden Steuerbetrag ein gesonderter Steuerbescheid zu erteilen (BFH-Urteil vom 12101994 II R 6393 BStBl 1995 II S 174)

Leben Eheleute in einer konfessions- oder einer glaubensverschiedenen Ehe darf ein Kirchensteuerbescheid nur an den kirchensteuerpflichtigen Ehegatten gerichtet werden (BFH-Urteil vom 2961994 II R 6393 BStBl 1995 II S 510)

212 Bekanntgabe nach sect 122 Abs 7 AO

Bei Zusammenveranlagung von Ehegatten reicht es fuumlr die wirksame Bekanntgabe an beide Ehegatten aus wenn ihnen eine Ausfertigung des Steuerbescheids an die gemeinsame Anschrift uumlbermittelt wird Ebenso genuumlgt es wenn der Steuerbescheid in das Postfach eines Ehegatten eingelegt wird (BFH-Urteil vom 13101994 IV R 10093 BStBl 1995 II S 484)

Es handelt sich nicht um eine Bekanntgabe an einen der Ehegatten mit Wirkung fuumlr und gegen den anderen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 213) Beide Ehegatten sind Empfaumlnger des Steuerbescheids und daher im Anschriftenfeld aufzufuumlhren Diese vereinfachte Bekanntgabe ist auch dann moumlglich wenn eine gemeinsam abzugebende Erklaumlrung nicht eingereicht worden ist (zB bei Schaumltzung von Besteuerungsgrundlagen)

Beispiel fuumlr die Bekanntgabe eines Bescheies an Eheleute die eine gemeinsame Anschrift haben und zusammen zu veranlagen sind

Anschriftenfeld

Herrn Adam Meier oder Herrn und Frau Frau Eva Meier Adam u Eva Meier Hauptstraszlige 100 Hauptstraszlige 100 67433 Neustadt 67433 Neustadt

Die Angabe von besonderen Namensteilen eines der Eheleute (zB eines akademischen Grades oder eines Geburtsnamens) ist namensrechtlich geboten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 423)

Beispiel

Herrn Adam Meier Frau Dr Eva Schulze-Meier

213 Bekanntgabe nach sect 122 Abs 6 AO

Nach dieser Vorschrift ist die Uumlbermittlung des Steuerbescheids an einen der Ehegatten zugleich mit Wirkung fuumlr und gegen den anderen Ehegatten zulaumlssig soweit die Ehegatten einverstanden sind

88

Eine Bekanntgabe nach dieser Vorschrift kommt insbesondere in den Faumlllen in Betracht in denen die Bekanntgabe nicht nach sect 122 Abs 7 AO erfolgen kann weil die Ehegatten keine gemeinsame Anschrift haben

Im Bescheidkopf ist darauf hinzuweisen dass der Verwaltungsakt an den einen Ehegatten zugleich mit Wirkung fuumlr und gegen den anderen Ehegatten ergeht

Beispiel fuumlr die Bekanntgabe an einen der Ehegatten mit Einverstaumlndnis beider

Anschriftenfeld

Herrn Adam Meier Hauptstraszlige 100 67433 Neustadt

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie zugleich mit Wirkung fuumlr und gegen Ihre Ehefrau Eva Meier

214 Einzelbekanntgabe

Einzelbekanntgabe ist insbesondere erforderlich wenn

- keine gemeinsame Anschrift besteht und kein Einverstaumlndnis zur Bekanntgabe nach sect 122 Abs 6 AO vorliegt

- bekannt ist dass zwischen den Ehegatten ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen (zB bei offenbarer Interessenkollision der Eheleute bei getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten)

- dies nach sect 122 Abs 7 Satz 2 AO beantragt worden ist

Bei Einzelbekanntgabe ist der Empfaumlnger in dem jeweiligen Anschriftenfeld mit seinem Vor- und Familiennamen genau zu bezeichnen Dies gilt auch bei foumlrmlichen Zustellungen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 32) Dabei ist darauf zu achten dass nicht versehentlich eine nur fuumlr einen Ehegatten geltende Postanschrift (zB Firma oder Praxis) verwandt wird sondern fuumlr jeden Ehegatten seine persoumlnliche Anschrift Auch die kassenmaumlszligige Abrechnung und ggf das Leistungsgebot sind doppelt zu erteilen

Beispiel fuumlr die Bekanntgabe an den Ehemann

Anschriftenfeld (Empfaumlnger und Bekanntgabeadressat)

Herrn Adam Meier Hauptstraszlige 100 67433 Neustadt

Bescheidkopf (Inhaltsadressaten)

Fuumlr Herrn Adam Meier und Frau Eva Meier

In jede Bescheidausfertigung ist als Erlaumluterung aufzunehmen

bdquoIhrem Ehegatten wurde ein Bescheid gleichen Inhalts erteiltldquo

215 Sonderfaumllle

Betreiben beide Ehegatten gemeinsam einen Gewerbebetrieb oder sind sie gemeinsam Unternehmer iSd Umsatzsteuergesetzes so gelten fuumlr Bescheide uumlber Betriebsteuern die Grundsaumltze zu Nrn 24 und 25 des AEAO zu sect 122 Sind Ehegatten zB Miteigentuumlmer eines Grundstuumlcks oder eines selbstaumlndigen Wirtschaftsguts fuumlr das ein Einheitswert festgestellt wird so ist nach Nr 254 des AEAO zu sect 122 zu verfahren

Betreibt nur ein Ehegatte ein Gewerbe (oder eine Praxis als Freiberufler usw) so ist nur dieser Inhaltsadressat fuumlr Verwaltungsakte die ausschlieszliglich den Geschaumlftsbetrieb betreffen

22 Bekanntgabe an gesetzliche Vertreter natuumlrlicher Personen

221 Ist ein Inhaltsadressat (Steuerschuldner) bei Bekanntgabe des Bescheids geschaumlftsunfaumlhig oder beschraumlnkt geschaumlftsfaumlhig so ist Bekanntgabeadressat der gesetzliche Vertreter (Ausnahme vgl AEAO zu sect 122 Nr 223) Das Vertretungsverhaumlltnis muss aus dem Bescheid hervorgehen (BFH-Beschluss vom 1451968 II B 4167 BStBl II S 503) Der Inhaltsadressat (Steuerschuldner) ist dabei idR durch Angabe seines Vor- und Familiennamens eindeutig genug bezeichnet (vgl AEAO zu sect 122 Nr 132) Das Vertretungsverhaumlltnis ist ausreichend gekennzeichnet wenn Name und Anschrift des Vertreters genannt werden und angegeben wird dass ihm der Bescheid bdquoals gesetzlicher Vertreterldquo fuumlr den Inhaltsadressaten (Steuerschuldner) bekannt gegeben wird Ist der gesetzliche Vertreter nicht

89

gleichzeitig auch der Empfaumlnger so braucht er idR nur mit seinem Vor- und Familiennamen bezeichnet zu werden

222 Soweit nicht ausnahmsweise die gesetzliche Vertretung nur einem Elternteil zusteht sind die Eltern Bekanntgabeadressaten des Steuerbescheids fuumlr ihr minderjaumlhriges Kind Die Bekanntgabe an einen von beiden reicht jedoch aus um den Verwaltungsakt wirksam werden zu lassen Fuumlr die Zustellung von Verwaltungsakten ist es gem sect 6 Abs 3 VwZG ausreichend wenn der Verwaltungsakt einem von beiden Ehegatten zugestellt wird (BFH-Beschluss vom 1961974 VI B 2774 BStBl II S 640 und BFH-Urteil vom 22101976 VI R 13774 BStBl II S 762) Diese vom BFH fuumlr die foumlrmliche Zustellung von Verwaltungsakten aufgestellten Grundsaumltze sind auch bei der Bekanntgabe mit einfachem Brief anzuwenden

Wenn die Eltern bereits beide als Empfaumlnger des Steuerbescheids im Anschriftenfeld aufgefuumlhrt sind kann darauf verzichtet werden sie im Text des Bescheids noch einmal mit vollem Namen und in voller Anschrift als Bekanntgabeadressaten zu bezeichnen

Beispiel

Den Eltern Anton und Maria Huber steht gesetzlich gemeinsam die Vertretung fuumlr den minderjaumlhrigen Steuerschuldner Hans Huber zu Sie sind die Bekanntgabeadressaten fuumlr den Steuerbescheid an Hans Huber

Der Steuerbescheid ist zu uumlbermitteln an

Anschriftenfeld (Empfaumlnger)

Herrn Anton Huber Frau Maria Huber Moltkestraszlige 5 12203 Berlin

Bescheidkopf

Als gesetzliche Vertreter (Bekanntgabeadressaten) von Hans Huber (Steuerschuldner und Inhaltsadressat)

Bei Empfangsvollmacht vgl das Beispiel bei AEAO zu sect 122 Nr 152

223 Ermaumlchtigt der gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts den Minderjaumlhrigen zum selbstaumlndigen Betrieb eines Erwerbsgeschaumlfts so ist der Minderjaumlhrige fuumlr diejenigen Rechtsgeschaumlfte unbeschraumlnkt geschaumlftsfaumlhig die der Geschaumlftsbetrieb mit sich bringt (sect 112 BGB) Steuerbescheide die ausschlieszliglich diesen Geschaumlftsbetrieb betreffen sind daher nur dem Minderjaumlhrigen bekannt zu geben (vgl AEAO zu sect 122 Nr 14 - Bekanntgabeadressat -) Das Gleiche gilt bei einer Veranlagung nach sect 46 EStG wenn das Einkommen ausschlieszliglich aus Einkuumlnften aus nichtselbstaumlndiger Arbeit besteht und der gesetzliche Vertreter den Minderjaumlhrigen zur Eingehung des Dienstverhaumlltnisses ermaumlchtigt hat (sect 113 BGB) Von der Ermaumlchtigung kann im Regelfall ausgegangen werden

Hat der Minderjaumlhrige noch weitere Einkuumlnfte oder Vermoumlgenswerte und werden diese in die Festsetzung einbezogen so kann der Steuerbescheid nicht durch Bekanntgabe gegenuumlber dem minderjaumlhrigen Steuerschuldner wirksam werden Bekanntgabeadressat des Bescheids ist der gesetzliche Vertreter

23 Bescheide an Ehegatten mit Kindern oder Alleinstehende mit Kindern

231 Allgemeines

Sofern Ehegatten mit ihren Kindern oder Alleinstehende mit ihren Kindern Gesamtschuldner sind gelten fuumlr die Bekanntgabe von Bescheiden an diese Personen die Nrn 21 und 22 des AEAO zu 122 entsprechend Insbesondere kann auch nach sect 122 Abs 7 AO (gleichzeitige Bekanntgabe vgl hierzu AEAO zu sect 122 Nr 212) und sect 122 Abs 6 AO (einverstaumlndliche Bekanntgabe an einen der Beteiligten vgl AEAO zu sect 122 Nr 213) bekannt gegeben werden Hierbei sind die nachfolgenden Besonderheiten zu beachten

232 Bekanntgabe nach sect 122 Abs 7 AO

Hat ein Familienmitglied Einzelbekanntgabe beantragt so ist fuumlr die uumlbrigen Familienmitglieder gleichwohl eine Bekanntgabe nach sect 122 Abs 7 AO moumlglich In diesem Fall ist eine Ausfertigung des zusammengefassten Bescheids an den Antragsteller und eine weitere Ausfertigung an die uumlbrigen Familienmitglieder bekannt zu geben Im Bescheidkopf sind alle Steuerschuldner Beteiligten als Inhaltsadressaten namentlich aufzufuumlhren

24 Personengesellschaften (Gemeinschaften)

Zu den Personengesellschaften (Gemeinschaften) i S dieser Regelung zaumlhlen die Handelsgesellschaften (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2411) und die sonstigen nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigungen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2412)

90

Es ist zu unterscheiden zwischen Bescheiden die sich an die Gesellschaft richten und Bescheiden die sich an die Gesellschafter richten

241 Bescheide an die Gesellschaft (Gemeinschaft)

Steuerbescheide und Steuermessbescheide sind an die Gesellschaft zu richten wenn die Gesellschaft selbst Steuerschuldner ist Dies gilt zB fuumlr

a) die Umsatzsteuer (sect 13a UStG)

b) die Gewerbesteuer einschlieszliglich der Festsetzung des Messbetrags und der Zerlegung (sect 5 Abs 1 Satz 3 GewStG)

c) die Kraftfahrzeugsteuer wenn das Fahrzeug fuumlr die Gesellschaft zum Verkehr zugelassen ist (sect 7 KraftStG BFH-Urteil vom 2471963 II 862 HFR 1964 S 20)

d) die pauschale Lohnsteuer (sect 40 Abs 3 sect 40a Abs 5 und sect 40b Abs 5 EStG)

e) die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags wenn der Gesellschaft der Steuergegenstand zugerechnet worden ist (sect 10 Abs 1 GrStG)

f) die Grunderwerbsteuer soweit Gesamthandseigentum der Personengesellschaft besteht (insbesondere bei GbR OHG KG und ungeteilter Erbengemeinschaft BFH-Urteile vom 2841965 II 962 U BStBl III S 422 vom 27101970 II 7265 BStBl 1971 II S 278 vom 29111972 II R 2867 BStBl 1973 II S 370 vom 1121987 II R 10384 BStBl II S 325 und vom 12121996 II R 6193 BStBl 1997 II S 299)

g) die Koumlrperschaftsteuer bei koumlrperschaftsteuerpflichtigen nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigungen

und entsprechend fuumlr

h) Haftungsbescheide fuumlr Steuerabzugsbetraumlge

Da eine typisch oder atypisch stille Gesellschaft nicht selbst Steuerschuldnerin ist sind Steuerbescheide und Steuermessbescheide an den Inhaber des Handelsgeschaumlfts zu richten (BFH-Urteil vom 12111985 VIII R 36483 BStBl 1986 II S 311 R 51 Abs 2 GewStR 2009) Entsprechendes gilt bei einer verdeckten Mitunternehmerschaft (BFH-Urteil vom 16121997 VIII R 3290 BStBl 1998 II S 480)

Eine Europaumlische wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) kann selbst Steuerschuldnerin sein Dies gilt jedoch nicht fuumlr die Gewerbesteuer Schuldner der Gewerbesteuer sind die Mitglieder der Vereinigung (sect 5 Abs 1 Satz 4 GewStG) bei einer Bruchteilsgemeinschaft die Gemeinschafter an diese sind Gewerbesteuermessbescheide und Gewerbesteuerbescheide zu richten

2411 Handelsgesellschaften

Bei Handelsgesellschaften (OHG KG EWIV) sind Steuerbescheide der Gesellschaft unter ihrer Firma bekannt zu geben wenn sie Steuerschuldner und damit Inhaltsadressat ist Die Handelsgesellschaft kann im Wirtschaftsleben mit ihrer Firma eindeutig bezeichnet werden bei Zweifeln uumlber die zutreffende Bezeichnung ist das Handelsregister maszliggebend Ist eine Handelsgesellschaft Steuerschuldner und damit Inhaltsadressat genuumlgt deshalb zur Bezeichnung des Inhaltsadressaten die Angabe der Firma im Steuerbescheid (BFH-Urteil vom 16121997 VIII R 3290 BStBl 1998 II S 480) Ein zusaumltzlicher Hinweis auf Vertretungsbefugnisse oder einzelne Gesellschafter (zB bdquozu Haumlnden des Geschaumlftsfuumlhrers Meierldquo) ist zur Kennzeichnung des Inhaltsadressaten nicht erforderlich wegen der Bekanntgabe an namentlich benannte Geschaumlftsfuumlhrer usw vgl AEAO zu sect 122 Nrn 152 und 153

Beispiel

Ein Umsatzsteuerbescheid fuumlr die Firma Schmitz amp Soumlhne KG muss folgende Angaben enthalten

Steuerschuldner und Inhaltsadressat (zugleich Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Firma Schmitz amp Soumlhne KG Postfach 11 47 50853 Koumlln

Zur Bekanntgabe von Feststellungsbescheiden vgl AEAO zu sect 122 Nr 25

2412 Sonstige nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigungen

Zu den sonstigen nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigungen gehoumlren insbesondere die nicht eingetragenen Vereine Gesellschaften buumlrgerlichen Rechts Partnerschaftsgesellschaften Arbeitsgemeinschaften Erbengemeinschaften (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2126) und

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Bruchteilsgemeinschaften Sie haben formal keinen eigenen Namen und keine gesetzliche Vertretung koumlnnen aber ggf durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begruumlnden (BGH-Urteil vom 2912001 II ZR 33100 DB S 423 BFH-Beschluss vom 1982004 II B 2203 BFHNV 2005 S 156) In diesen Faumlllen ist bei Steuerbescheiden die an Personenvereinigungen gerichtet werden die Identitaumlt des Inhaltsadressaten (Steuerschuldners) durch Angabe des geschaumlftsuumlblichen Namens unter dem sie am Rechtsverkehr teilnehmen ausreichend gekennzeichnet (BFH-Urteile vom 2151971 II R 10384 BStBl II S 540 und vom 1121987 V R 11767 BStBl II S 325) Ein solcher Bescheid reicht nach sect 267 AO zur Vollstreckung in das Vermoumlgen der Personenvereinigung aus

Beispiel

Ein Umsatzsteuerbescheid fuumlr die Brennstoffhandlung Josef Muumlller Erben GbR muss folgende Angaben enthalten

Steuerschuldner und Inhaltsadressat (zugleich Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Brennstoffhandlung Josef Muumlller Erben GbR Postfach 11 11 54290 Trier

Hat die nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung keine Geschaumlftsadresse ist als Empfaumlnger eine natuumlrliche Person anzugeben (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2413)

Ein Umsatzsteuerbescheid hat sich bei Arbeitsgemeinschaften (ARGE) an diese als eine umsatzsteuerlich rechtsfaumlhige Personenvereinigung (Unternehmer) zu richten Es ist ausreichend und zweckmaumlszligig wenn der Bescheid der geschaumlftsfuumlhrenden Firma als der Bevollmaumlchtigten uumlbermittelt wird (BFH-Urteil vom 2151971 V R 11767 BStBl II S 540)

Beispiel

Anschriftenfeld (Empfaumlnger)

Firma Rheinische Betonbau GmbH amp Co KG Postfach 90 11 50890 Koumlln

Bescheidkopf Fuumlr ARGE Rheinbruumlcke Bonn (Inhalts- und Bekanntgabeadressat)

2413 Soweit bei Steuerbescheiden an Personenvereinigungen kein geschaumlftsuumlblicher Name vorhanden ist sind die Bescheide an alle Mitglieder (Gemeinschafter Gesellschafter) zu richten (BFH-Urteil vom 1731970 II 6563 BStBl II S 598 zur Erbengemeinschaft BFH-Urteil vom 29111972 II R 4267 BStBl 1973 II S 372) Ist die Bezeichnung der Mitglieder der nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigung durch die Aufzaumlhlung aller Namen im Kopf des Bescheids aus technischen Gruumlnden nicht moumlglich kann so verfahren werden dass neben einer Kurzbezeichnung im Bescheidkopf (Beispiel bdquoErbengemeinschaft Max Meierldquo bdquoBruchteilsgemeinschaft Goethestraszlige 100ldquo bdquoGbR Peter Muumlller unter anderemldquo bdquoKegelclub Alle Neuneldquo) die einzelnen Mitglieder in den Bescheiderlaumluterungen oder in einer Anlage zum Bescheid aufgefuumlhrt werden

Die Bescheide werden durch Bekanntgabe an ein vertretungsberechtigtes Mitglied gegenuumlber der Personenvereinigung wirksam Bei mehreren vertretungsberechtigten Mitgliedern reicht die Bekanntgabe an eines von ihnen (BFH-Urteile vom 1121987 II R 10384 BStBl II S 325 vom 2741993 VIII R 2792 BStBl 1994 II S 3 und vom 8111995 V R 6494 BStBl 1996 II S 256) Es genuumlgt wenn dem Bekanntgabeadressaten eine Ausfertigung des Steuerbescheids zugeht Ausfertigungen fuumlr alle Mitglieder sind i d R nicht erforderlich

Als Bekanntgabeadressat kommen vor allem der von den Mitgliedern bestellte Geschaumlftsfuumlhrer (sect 34 Abs 1 AO) oder die als Verfuumlgungsberechtigter auftretende Person (sect 35 AO) in Betracht Hat eine nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung keinen Geschaumlftsfuumlhrer kann der Bescheid einem der Mitglieder nach Wahl des Finanzamts bekannt gegeben werden (sect 34 Abs 2 AO) In den Bescheid ist folgender Erlaumluterungstext aufzunehmen bdquoDer Bescheid ergeht an Sie als Mitglied der GemeinschaftGesellschaft mit Wirkung fuumlr und gegen die Gemeinschaft Gesellschaftldquo

Im Bescheid ist zum Ausdruck zu bringen dass er dieser Person als Vertreter der Personenvereinigung bzw ihrer Mitglieder zugeht (sectsect 34 35 AO) Der Bekanntgabeadressat muss sich dabei aus dem Bescheid selbst ergeben die Angabe auf dem Briefumschlag der Postsendung reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 821974 III R 2773 BStBl II S 367)

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Beispiel

Bekanntgabeadressat

a) Herrn Peter Meier als Geschaumlftsfuumlhrer der Erbengemeinschaft Max Meier

b) Herrn Emil Krause fuumlr die Bruchteilsgemeinschaft Goethestraszlige 100

c) Herrn Karl Huber fuumlr die Grundstuumlcksgemeinschaft Karl und Maria Huber

d) Herrn Hans Schmidt als Vorsitzender des Kegelclubs bdquoAlle Neuneldquo

Ist fuumlr die Mitglieder einer Personenvereinigung kein gemeinsamer Bekanntgabeadressat vorhanden oder wird von der Bestimmung eines Bekanntgabeadressaten abgesehen so ist jedem der Mitglieder eine Ausfertigung des Steuerbescheids bekannt zu geben Soll auch in das Vermoumlgen einzelner Mitglieder vollstreckt werden vgl Abschn 33 VollstrA

242 Bescheide an Gesellschafter (Mitglieder)

Steuerbescheide und Feststellungsbescheide sind an die Gesellschafter (Mitglieder Gemeinschafter) zu richten wenn die einzelnen Beteiligten unmittelbar aus dem Steuerschuldverhaumlltnis in Anspruch genommen werden sollen oder ihnen der Gegenstand der Feststellung zugerechnet wird (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 25 und 26)

25 Bescheide uumlber gesonderte und einheitliche Feststellungen

251 Bescheide uumlber gesonderte und einheitliche Feststellungen richten sich nicht an die Personengesellschaft als solche sondern an die einzelnen Gesellschafter (Mitglieder) die den Gegenstand der Feststellung (zB Vermoumlgenswerte als Einheitswert oder Einkuumlnfte) anteilig zu versteuern haben und denen er deshalb insbesondere bei Feststellungen nach sect 180 Abs 1 Nr 1 Nr 2 Buchstabe a und Abs 2 AO zuzurechnen ist (sect 179 Abs 2 AO)

Es genuumlgt idR wenn im Bescheidkopf die Personengesellschaft als solche bezeichnet wird (Sammelbezeichnung) und sich alle Gesellschafter eindeutig als Betroffene (Inhaltsadressaten) aus dem fuumlr die Verteilung der Besteuerungsgrundlagen vorgesehenen Teil des Bescheids ergeben (BFH-Urteil vom 741987 VIII R 25984 BStBl II S 766) Aus einem kombinierten positiv-negativen Feststellungsbescheid muss eindeutig hervorgehen welchen Beteiligten Besteuerungsgrundlagen zugerechnet werden und fuumlr welche Beteiligte eine Feststellung abgelehnt wird (BFH-Urteil vom 741987 VIII R 25984 aaO)

Der einheitliche Feststellungsbescheid erlangt volle Wirksamkeit wenn er allen Feststellungsbeteiligten bekannt gegeben wird Mit seiner Bekanntgabe an einzelne Feststellungsbeteiligte entfaltet er nur diesen gegenuumlber Wirksamkeit (BFH-Urteile vom 741987 VIII R 25984 aaO vom 25111987 II R 22784 BStBl 1988 II S 410 und vom 2361988 IV R 3386 BStBl II S 979) Eine unterlassene oder unwirksame Bekanntgabe gegenuumlber einzelnen Feststellungsbeteiligten kann noch im Klageverfahren nachgeholt werden (vgl BFH-Urteil vom 1951983 IV R 12582 BStBl 1984 II S 15) Der Bescheid ist diesen mit unveraumlndertem Inhalt bekannt zu geben (vgl AEAO zu sect 122 Nr 471)

252 Gemeinsame Empfangsbevollmaumlchtigte

Alle Feststellungsbeteiligten sollen einen gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten bestellen der ermaumlchtigt ist den an saumlmtliche Gesellschafter (Gemeinschafter) gerichteten Feststellungsbescheid sonstige Verwaltungsakte und das Feststellungsverfahren betreffende Mitteilungen in Empfang zu nehmen (sect 183 Abs 1 Satz 1 AO) Das Finanzamt kann aber im Einzelfall zulassen dass ein gemeinsamer Empfangsbevollmaumlchtigter nur durch einen Teil der Feststellungsbeteiligten bestellt wird In diesem Fall ist der Feststellungsbescheid den uumlbrigen Feststellungsbeteiligten einzeln bekannt zu geben

Die Empfangsvollmacht nach sect 183 Abs 1 Satz 1 AO gilt fort auch bei Ausscheiden des Beteiligten aus der Gesellschaft oder bei ernstlichen Meinungsverschiedenheiten bis sie gegenuumlber dem Finanzamt widerrufen wird (sect 183 Abs 3 AO)

Ist kein gemeinsamer Empfangsbevollmaumlchtigter bestellt so gilt ein zur Vertretung der Gesellschaft oder der Feststellungsbeteiligten oder ein zur Verwaltung des Gegenstandes der Feststellung Berechtigter zB der vertraglich zur Vertretung berufene Geschaumlftsfuumlhrer einer Personenhandelsgesellschaft als Empfangsbevollmaumlchtigter (sect 183 Abs 1 Satz 2 AO) Bei einer Gesellschaft des buumlrgerlichen Rechts ist nach sect 183 Abs 1 Satz 2 AO jeder Gesellschafter zur Vertretung der Feststellungsbeteiligten und damit

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zum Empfang von Feststellungsbescheiden berechtigt sofern sich aus einem dem Finanzamt vorliegenden Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt (BFH-Urteil vom 2361988 IV R 3386 BStBl II S 979) Die Sonderregelung des sect 183 Abs 3 AO gilt in diesen Faumlllen nicht

In der Liquidationsphase einer Personengesellschaft ist der Liquidator Empfangsbevollmaumlchtigter iSd sect 183 Abs 1 Satz 2 AO Nach Abschluss der gesellschaftsrechtlichen Liquidation (vgl AEAO zu sect 122 Nr 271) kann von dieser Bekanntgabemoumlglichkeit nicht mehr Gebrauch gemacht werden (BFH-Urteil vom 26101989 IV R 2389 BStBl 1990 II S 333)

Bei der Bekanntgabe an einen Empfangsbevollmaumlchtigten ist nach sect 183 Abs 1 Satz 5 AO in dem Feststellungsbescheid stets darauf hinzuweisen dass die Bekanntgabe mit Wirkung fuumlr und gegen alle Feststellungsbeteiligten erfolgt (BFH-Urteile vom 2681982 IV R 3182 BStBl 1983 II S 23 und vom 2371985 VIII R 31582 BStBl 1986 II S 123)

Zur Zustellung an einen Empfangsbevollmaumlchtigten vgl AEAO zu sect 122 Nr 333

253 Ist ein Empfangsbevollmaumlchtigter iSd AEAO zu sect 122 Nr 252 nicht vorhanden kann das Finanzamt die Beteiligten zur Benennung eines Empfangsbevollmaumlchtigten auffordern Die Aufforderung ist an jeden Beteiligten zu richten Mit der Aufforderung ist gleichzeitig ein Beteiligter als Empfangsbevollmaumlchtigter vorzuschlagen und darauf hinzuweisen dass diesem kuumlnftig Verwaltungsakte mit Wirkung fuumlr und gegen alle Beteiligten bekannt gegeben werden soweit nicht ein anderer Empfangsbevollmaumlchtigter benannt wird (sect 183 Abs 1 Satz 4 AO) Die Sonderregelung des sect 183 Abs 3 AO gilt in diesen Faumlllen nicht

Bei der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids ist sect 183 Abs 1 Satz 5 AO zu beachten (vgl Nr 252 vorletzter Absatz)

254 Einheitswertbescheide an Eheleute Eltern mit Kindern und Alleinstehende mit Kindern

Bei der Bekanntgabe eines Bescheids uumlber Einheitswerte des Grundbesitzes an Eheleute die gemeinsam Eigentuumlmer sind sind die Eheleute einzeln als Beteiligte anzugeben (vgl Nr 251) Haben die Eheleute eine gemeinsame Anschrift und haben sie keinen Empfangsbevollmaumlchtigten benannt kann der Einheitswertbescheid beiden in einer Ausfertigung bekannt gegeben werden (sect 183 Abs 4 iVm sect 122 Abs 7 AO)

Haben die Eheleute gem sect 183 Abs 1 Satz 1 AO einen Empfangsbevollmaumlchtigten benannt ist der Bescheid an diesen bekannt zu geben Im Bescheid ist darauf hinzuweisen dass die Bekanntgabe mit Wirkung fuumlr und gegen beide Ehegatten erfolgt

In den uumlbrigen Faumlllen ist der Bescheid an beide Ehegatten getrennt bekannt zu geben

Dies gilt fuumlr Eheleute mit Kindern und Alleinstehende mit Kindern entsprechend

255 Ausnahmen von der Bekanntgabe an Empfangsbevollmaumlchtigte

Die in sect 183 Abs 1 AO zugelassene Vereinfachung darf nicht so weit gehen dass der Steuerpflichtige in seinen Rechten eingeschraumlnkt wird Diese Art der Bekanntgabe ist daher gem sect 183 Abs 2 AO unzulaumlssig soweit

a) ein Gesellschafter (Gemeinschafter) im Zeitpunkt der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids bereits ausgeschieden und dies dem fuumlr den Erlass des Feststellungsbescheids zustaumlndigen Finanzamt bekannt ist oder wegen einer entsprechenden Eintragung im Handelsregister als bekannt gelten muss (BFH-Urteil vom 14121978 IV R 22175 BStBl 1979 II S 503)

b) die Zusendung eines Feststellungsbescheids an einen Erben erforderlich wird der nicht in die Gesellschafterstellung des Rechtsvorgaumlngers eintritt (BFH-Urteil vom 2351973 I R 12171 BStBl II S 746) vgl AEAO zu sect 122 Nr 212

c) die Gesellschaft (Gemeinschaft) im Zeitpunkt der Zusendung des Bescheids nicht mehr besteht (BFH-Urteil vom 3031978 IV R 7274 BStBl II S 503)

d) uumlber das Vermoumlgen der Gesellschaft aber nicht ihrer Gesellschafter das Insolvenzverfahren eroumlffnet worden ist (vgl AEAO zu sect 251 Nr 44)

e) zwischen den Gesellschaftern (Gemeinschaftern) erkennbar ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen

f) durch einen Bescheid das Bestehen oder Nichtbestehen einer Gesellschaft (Gemeinschaft) erstmals mit steuerlicher Wirkung festgestellt wird und die Gesellschafter noch keinen Empfangsbevollmaumlchtigten iSd sect 183 Abs 1 AO benannt haben

In den Faumlllen a) und b) ist auch dem ausgeschiedenen Gesellschafter (Gemeinschafter) bzw dem Erben in den uumlbrigen Faumlllen jedem der Gesellschafter (Gemeinschafter) ein Bescheid bekannt zu geben

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In den Faumlllen a) c) d) und e) wirkt eine von den Beteiligten nach sect 183 Abs 1 Satz 1 AO erteilte Vollmacht bis zum Widerruf fort (sect 183 Abs 3 AO vgl BFH-Urteil vom 721995 IX R 393 BStBl II S 357) Der Widerruf wird dem Finanzamt gegenuumlber erst mit seinem Zugang wirksam

256 Soweit nach sect 183 Abs 2 Satz 1 AO Einzelbekanntgabe erforderlich wird ist grundsaumltzlich ein verkuumlrzter Feststellungsbescheid bekannt zu geben (sect 183 Abs 2 Satz 2 AO) Bei berechtigtem Interesse ist den Beteiligten allerdings der gesamte Inhalt des Feststellungsbescheids mitzuteilen (sect 183 Abs 2 Satz 3 AO)

26 Grundsteuermessbescheide Grunderwerbsteuerbescheide

261 Grundsteuermessbescheide sind in gleicher Weise bekannt zu geben wie Feststellungsbescheide uumlber Einheitswerte des Grundbesitzes (sect 184 Abs 1 AO) vgl AEAO zu sect 122 Nr 241 Buchstabe e

262 Zur Grunderwerbsteuer soweit Bruchteilseigentum besteht (zB geteilte Erbengemeinschaft) vgl AEAO zu sect 122 Nr 211 zur Grunderwerbsteuer soweit Gesamthandseigentum besteht vgl AEAO zu sect 122 Nr 241 Buchstabe f

27 Personengesellschaften (Gemeinschaften) in Liquidation

271 Bei der Liquidation einer Personengesellschaft ist zwischen der gesellschaftsrechtlichen und der steuerrechtlichen Liquidation zu unterscheiden Bei der gesellschaftsrechtlichen Liquidation ist die Personengesellschaft vollstaumlndig abgewickelt mit der Realisierung des Gesellschaftsvermoumlgens (= Verteilung an die Glaumlubiger und Ausschuumlttung des Restes an die Gesellschafter) Bei der steuerrechtlichen Liquidation ist die Personengesellschaft erst dann vollstaumlndig abgewickelt wenn alle gemeinsamen Rechtsbeziehungen also auch die Rechtsbeziehungen zwischen Personengesellschaft und Finanzamt unter den Gesellschaftern beseitigt sind (BFH-Urteil vom 1101992 IV R 6091 BStBl 1993 II S 82)

272 Befindet sich eine Handelsgesellschaft (OHG KG) in der gesellschaftsrechtlichen Liquidation so ist der Liquidator das einzige zur Geschaumlftsfuumlhrung und Vertretung befugte Organ der Abwicklungsgesellschaft Die Loumlschung im Handelsregister wirkt nur deklaratorisch (BFH-Urteil vom 2211985 VIII R 3784 BStBl II S 501) Verwaltungsakte sind dem Liquidator unter Angabe des Vertretungsverhaumlltnisses bekannt zu geben (vgl AEAO zu sect 122 Nr 14 BFH-Urteile vom 1661961 III 32958 U BStBl III S 349 und vom 2431987 X R 2880 BStBl 1988 II S 316) Bei mehreren Liquidatoren genuumlgt die Bekanntgabe an einen von ihnen (BFH-Urteil vom 8111995 V R 6494 BStBl 1996 II S 256 siehe auch sect 6 Abs 3 VwZG) Sind gegenuumlber einer GmbH amp Co KG nach Loumlschung im Handelsregister noch Verwaltungsakte zu erlassen ist die Bestellung eines Nachlassliquidators fuumlr die bereits im Handelsregister geloumlschte GmbH entbehrlich Die ehemaligen Kommanditisten vertreten hier als gesetzliche Liquidatoren die KG (sect 161 Abs 2 HGB iVm sect 146 Abs 1 Satz 1 HGB) Auch insoweit genuumlgt die Bekanntgabe an einen der Liquidatoren (sect 150 Abs 2 Satz 2 HGB iVm sect 125 Abs 2 Satz 3 HGB)

Bei einer Gesellschaft buumlrgerlichen Rechts steht mit der Aufloumlsung der Gesellschaft die Geschaumlftsfuumlhrung grundsaumltzlich allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu (sect 730 Abs 2 BGB)

273 Nach Beendigung der gesellschaftsrechtlichen Liquidation (vollstaumlndige Abwicklung) ist es idR unzweckmaumlszligig Verwaltungsakte noch gegenuumlber der Gesellschaft zu erlassen (zB Gewerbesteuermessbescheide) In diesen Faumlllen sind Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis gegenuumlber jedem einzelnen Gesellschafter (Gemeinschafter) durch Haftungsbescheid geltend zu machen

274 Wird eine Personengesellschaft ohne Liquidation durch Ausscheiden ihres vorletzten Gesellschafters und Anwachsung des Anteils am Gesamthandsvermoumlgen bei dem uumlbernehmenden Gesellschafter beendet gehen in der Gesellschaft entstandene Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (zB Umsatzsteuer Gewerbesteuer) auf den Gesamtrechtsnachfolger uumlber (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2122) In Bezug auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 25) tritt jedoch keine Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO ein (vgl AEAO zu sect 45 Nr 1)

28 Bekanntgabe an juristische Personen

2811 Der Steuerbescheid ist an die juristische Person zu richten und ihr unter ihrer Geschaumlftsanschrift bekannt zu geben Die Angabe des gesetzlichen Vertreters als Bekanntgabeadressat ist nicht erforderlich (BFH-Beschluss vom 781970 VI R 2467 BStBl II S 814)

Beispiel

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Muumlller GmbH Postfach 67 00 40210 Duumlsseldorf

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(Angaben wie bdquoz H des Geschaumlftsfuumlhrers Muumlllerldquo o Auml sind nicht erforderlich)

Zur Bekanntgabe an namentlich genannte Vertreter vgl AEAO zu sect 122 Nrn 152 und 153

2812 Eine fuumlhrungslose GmbH die sich nicht in Liquidation oder im Insolvenzverfahren befindet wird nach sect 35 Abs 1 GmbHG durch ihre Gesellschafter vertreten soweit ihr gegenuumlber ua Steuerverwaltungsakte bekannt gegeben oder zugestellt werden Eine fuumlhrungslose AG die sich nicht in Liquidation oder im Insolvenzverfahren befindet wird nach sect 78 Abs 1 AktG durch ihren Aufsichtsrat vertreten soweit ihr gegenuumlber u a Steuerverwaltungsakte bekannt gegeben oder zugestellt werden Vgl zu AEAO sect 34 Nr 3 Solange die fuumlhrungslose Gesellschaft uumlber eine Geschaumlftsadresse verfuumlgt koumlnnen ihr Steuerbescheide weiterhin unter dieser Anschrift bekannt gegeben werden Ein Hinweis auf die besondere gesetzliche Vertretung der Gesellschaft durch die Gesellschafter bzw den Vorstand ist nur erforderlich wenn keine Geschaumlftsanschrift mehr besteht und die Bekanntgabe an die Gesellschafter bzw die Aufsichtsratsmitglieder unter ihrer persoumlnlichen Anschrift erfolgen soll

282 Bekanntgabe an juristische Personen des oumlffentlichen Rechts

Die Grundsaumltze zu Nr 281 gelten auch fuumlr die Bekanntgabe von Steuerbescheiden an Koumlrperschaften des oumlffentlichen Rechts (BFH-Urteil vom 1881988 V R 19483 BStBl II S 932)

Juristische Personen des oumlffentlichen Rechts sind wegen jedes einzelnen von ihnen unterhaltenen Betriebs gewerblicher Art oder mehrerer zusammengefasster Betriebe gewerblicher Art Koumlrperschaftsteuersubjekt (BFH-Urteile vom 1331974 I R 771 BStBl II S 391 und vom 8111989 I R 18785 BStBl 1990 II S 242) Gegenstand der Gewerbesteuer ist gem sect 2 Abs 1 GewStG iVm sect 2 Abs 1 GewStDV der einzelne Betrieb gewerblicher Art sofern er einen Gewerbebetrieb iSd Einkommensteuergesetzes darstellt Steuerschuldner ist die juristische Person des oumlffentlichen Rechts (sect 5 Abs 1 Saumltze 1 und 2 GewStG) Im Gegensatz zur Umsatzsteuer sind daher fuumlr jeden Betrieb gewerblicher Art gesonderte Koumlrperschaftsteuer- und Gewerbesteuer(mess)bescheide erforderlich Damit eine entsprechende Zuordnung erleichtert wird ist es zweckmaumlszligig aber nicht erforderlich im Anschriftenfeld der Koumlrperschaftsteuer- und Gewerbesteuer(mess)bescheide einen Hinweis auf den jeweils betroffenen Betrieb gewerblicher Art anzubringen

Beispiel

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Gemeinde Mainwiesen - Friedhofsgaumlrtnerei - Postfach 12 34 61116 Mainwiesen

Der Hinweis auf den betroffenen Betrieb gewerblicher Art kann auch in den Erlaumluterungen zum Steuer(mess)bescheid angebracht werden

283 Juristische Personen in und nach Liquidation (Abwicklung)

2831 Bei einer in Liquidation (bei Aktiengesellschaften Abwicklung) befindlichen Gesellschaft ist der Steuerbescheid der Gesellschaft zH des Liquidators (Abwicklers) bekannt zu geben

Beispiel

Fuumlr die in Liquidation befindliche Muumlller GmbH (Inhaltsadressat) ist der Steuerberater Hans Schmidt als Liquidator (Bekanntgabeadressat) bestellt worden

Anschriftenfeld

Muumlller GmbH iL zH des Liquidators Herrn Steuerberater Hans Schmidt

2832 Steuerrechtlich wird auch eine im Handelsregister bereits geloumlschte juristische Person so lange als fortbestehend angesehen wie sie noch steuerrechtliche Pflichten zu erfuumlllen hat (BFH-Urteil vom 1101992 IV R 6091 BStBl 1993 II S 82) Zu ihrer steuerrechtlichen Vertretung bedarf es eines Liquidators der insoweit auch die steuerlichen Pflichten zu erfuumlllen hat (sect 34 Abs 3 AO) Ein Liquidator kann auch nur zum Zweck der Entgegennahme eines Steuerbescheids fuumlr die geloumlschte GmbH bestellt werden (BayObLG-Beschluss vom 221984 BReg 3 Z 19283 DB S 870) Das Finanzamt hat ggf die Neubestellung eines Liquidators beim Registergericht zu beantragen weil mit dem Erloumlschen der Firma auch das Amt des zunaumlchst bestellten Liquidators endet (BFH-Urteile vom 271969 I R 19067 BStBl II S 656 und vom 651977 III R 1975 BStBl II S 783) Die Neubestellung eines Liquidators ist nicht erforderlich wenn eine geloumlschte Kapitalgesellschaft durch einen Bevollmaumlchtigten vertreten wird der bereits vor Loumlschung bestellt wurde und dessen Bevollmaumlchtigung die Entgegennahme von Entscheidungen der Finanzbehoumlrde umfasst Eine vor Loumlschung erteilte Vollmacht wirkt insoweit fort (sect 80 Abs 2 AO vgl BFH-Urteil vom 2742000 I R 6598 BStBl II S 500 zu sect 86 ZPO) Wegen sect 80

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Abs 1 Satz 2 zweiter Halbsatz AO ist jedoch fuumlr etwaige Zahlungen an die im Handelsregister geloumlschte Gesellschaft die nachtraumlgliche Bestellung eines Liquidators erforderlich wenn nicht der Bevollmaumlchtigte bereits vor Loumlschung ausdruumlcklich zur Entgegennahme von Zahlungen fuumlr die Gesellschaft ermaumlchtigt worden ist (vgl AEAO zu sect 80 Nr 2)

29 Wegen der Bekanntgabe von Verwaltungsakten in Insolvenzfaumlllen vgl AEAO zu sect 251 Nrn 43 44 61 132 und 151

210 Wegen der Bekanntgabe von Verwaltungsakten im Verbraucherinsolvenzverfahren vgl AEAO zu sect 251 Nrn 122 und 123

211 Zwangsverwaltung

Mit Anordnung der Zwangsverwaltung verliert der Grundstuumlckseigentuumlmer (Schuldner) die Befugnis uumlber das beschlagnahmte Grundstuumlck zu verfuumlgen Bekanntgabeadressat von Verwaltungsakten die das beschlagnahmte Grundstuumlck betreffen (Grundsteuermessbescheid Grundsteuerbescheid Umsatzsteuerbescheid) ist daher der Zwangsverwalter Der dem Zwangsverwalter bekannt zu gebende Verwaltungsakt muss neben der Bezeichnung der der Zwangsverwaltung unterliegenden Grundstuumlcke auch die Person des Grundstuumlckseigentuumlmers (Inhaltsadressat) angeben (BFH-Urteil vom 2361988 V R 20383 BStBl II S 920)

Soweit die Wirkung von Steuerbescheiden uumlber die Zwangsverwaltung hinausgeht sind sie auch dem Grundstuumlckseigentuumlmer (Inhaltsadressat) bekannt zu geben Einheitswertbescheide uumlber zwangsverwaltete Grundstuumlcke sind sowohl dem Zwangsverwalter als auch dem Grundstuumlckseigentuumlmer (Inhaltsadressat) bekannt zu geben (RFH-Urteil vom 191939 RStBl S 1007)

Beispiel fuumlr die Bekanntgabe eines Einheitswertbescheids

Bekanntgabeadressaten

sind sowohl der Schuldner als auch der Zwangsverwalter

Anschriftenfeld (Empfaumlnger)

Herrn Herrn Rechtsanwalt

Josef Meier Helmut Muumlller Sophienstraszlige 20 Schellingstraszlige 40 80799 Muumlnchen 80799 Muumlnchen

Bescheidkopf

Als Zwangsverwalter des Grundstuumlcks Sophienstraszlige 20 (Grundstuumlckseigentuumlmer Josef Meier)

212 Gesamtrechtsnachfolge (zB Erbfolge)

2121 Zur Frage wann eine Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO vorliegt vgl AEAO zu sect 45 Bescheide die bereits vor Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge an den Rechtsvorgaumlnger gerichtet und ihm zugegangen waren wirken auch gegen den Gesamtrechtsnachfolger Er kann nur innerhalb der fuumlr den Rechtsvorgaumlnger maszliggeblichen Rechtsbehelfsfrist Einspruch einlegen sect 353 AO schreibt dies fuumlr Bescheide mit dinglicher Wirkung ausdruumlcklich auch vor soweit es sich um Einzelrechtsnachfolge handelt Die Regelung in sect 166 AO wonach unanfechtbare Steuerfestsetzungen auch gegenuumlber einem Gesamtrechtsnachfolger gelten bedeutet nicht dass gegenuumlber einem Gesamtrechtsnachfolger die Bekanntgabe zu wiederholen ist oder dass eine neue Rechtsbehelfsfrist laumluft Hat der Rechtsvorgaumlnger zwar den Steuertatbestand verwirklicht wurde ihm aber der Bescheid vor Eintritt der Rechtsnachfolge nicht mehr bekannt gegeben so ist der Bescheid an den Gesamtrechtsnachfolger zu richten (BFH-Urteil vom 1611974 I R 25470 BStBl II S 388)

2122 Bei einer Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO geht die Steuerschuld des Rechtsvorgaumlngers auf den Rechtsnachfolger uumlber In den Bescheidkopf ist der Hinweis aufzunehmen dass der Steuerschuldner als Gesamtrechtsnachfolger des Rechtsvorgaumlngers in Anspruch genommen wird Entsprechendes gilt wenn der Steuerschuldner zugleich aufgrund eines eigenen Steuerschuldverhaumlltnisses und als Gesamtrechtsnachfolger in Anspruch genommen wird

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Beispiel

Der Ehemann ist 08 verstorben Die Ehefrau ist Alleinerbin Fuumlr den Veranlagungszeitraum 07 soll ein zusammengefasster ESt-Bescheid bekannt gegeben werden

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Frau Eva Meier Hauptstraszlige 100 67433 Neustadt

Bescheidkopf

Dieser Steuerbescheid ergeht an Sie zugleich als Alleinerbin nach Ihrem Ehemann

Beispiel

Die Meier-OHG mit den Gesellschaftern Max und Emil Meier ist durch Austritt des Gesellschafters Emil Meier aus der OHG und gleichzeitige Uumlbernahme des Gesamthandsvermoumlgens durch Max Meier ohne Liquidation erloschen (vollbeendet) Nach dem Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters soll ein Umsatzsteuerbescheid fuumlr einen Zeitraum vor dem Ausscheiden fuumlr die erloschene OHG ergehen

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Herrn Max Meier Hauptstraszlige 101 67433 Neustadt

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie als Gesamtrechtsnachfolger der Meier-OHG

Beispiel

Die A-GmbH ist unter Aufloumlsung ohne Abwicklung auf die B-GmbH verschmolzen worden

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

B-GmbH Hauptstraszlige 101 67433 Neustadt

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie als Gesamtrechtsnachfolgerin der A-GmbH

2123 Das Finanzamt kann gegen Gesamtrechtsnachfolger (zB mehrere Erben) Einzelbescheide nach sect 155 Abs 1 AO oder einen nach sect 155 Abs 3 AO zusammengefassten Steuerbescheid erlassen (BFH-Urteile vom 24111967 III 263 BStBl 1968 II S 163 und vom 2831973 I R 10071 BStBl II S 544) Grundsaumltzlich ist ein zusammengefasster Bescheid zu erlassen der an die Gesamtrechtsnachfolger als Gesamtschuldner zu richten und jedem von ihnen bekannt zu geben ist soweit nicht nach sect 122 Abs 6 AO (vgl AEAO zu sect 122 Nr 213) verfahren werden kann (sect 122 Abs 1 AO und BFH-Urteil vom 2431970 I R 14169 BStBl II S 501) Der Steuerbescheid ist nur wirksam wenn die Gesamtrechtsnachfolger an die sich der Bescheid richtet namentlich als Inhaltsadressaten aufgefuumlhrt sind

Im Einzelfall koumlnnen sich die Gesamtrechtsnachfolger gegen die sich der Bescheid als Inhaltsadressaten richtet auch durch Auslegung des Bescheids ergeben zB durch die Bezugnahme auf einen den Betroffenen bekannten Betriebspruumlfungsbericht (BFH-Urteil vom 17112005 III R 803 BStBl 2006 II S 287) Die Ermittlung des Inhaltsadressaten durch Auslegung kann jedoch einen Mangel der fehlenden Bestimmtheit des Steuerschuldners nicht heilen Fuumlr eine Auslegung an wen der Steuerbescheid sich richtet ist zB dann kein Raum wenn in einem Einkommensteuerbescheid ohne namentliche Anfuumlhrung der Beteiligten eine Erbengemeinschaft als Inhaltsadressat benannt (zB bdquoErbengemeinschaft nach Herrn Adam Meierldquo) und zugleich der Hinweis auf die Gesamtrechtsnachfolge unterblieben ist (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2122) Die Angabe wer die Steuer schuldet (sect 157 Abs 1 Satz 2 AO) fehlt hier denn eine Erbengemeinschaft kann nicht Schuldnerin der Einkommensteuer sein

Aus Gruumlnden der Rechtsklarheit sind die Inhaltsadressaten grundsaumltzlich namentlich aufzufuumlhren (vgl die Beispiele zum AEAO zu sect 122 Nr 2124) von dem Verweis auf fuumlr die Betroffenen bekannte Umstaumlnde ist nur ausnahmsweise Gebrauch zu machen

98

Es ist unschaumldlich nur einen oder mehrere aus einer groumlszligeren Zahl von Gesamtrechtsnachfolgern auszuwaumlhlen weil es nicht zwingend erforderlich ist einen Steuerbescheid an alle Gesamtrechtsnachfolger zu richten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 445) Betrifft der zusammengefasste Bescheid Eheleute Eheleute mit Kindern oder Alleinstehende mit Kindern kann auch von der Sonderregelung des sect 122 Abs 7 AO (vgl AEAO zu sect 122 Nr 212) Gebrauch gemacht werden

2124 Beispiele

11 Der Steuerschuldner Adam Meier ist im Jahr 08 verstorben

Erben sind seine Kinder Konrad Ludwig und Martha Meier zu gleichen Teilen Die Steuerbescheide fuumlr das Jahr 07 (ESt USt GewSt) koumlnnen erst im Jahr 09 dh nach dem Tode des Adam Meier ergehen

Die Erben Konrad Ludwig und Martha Meier sind durch Gesamtrechtsnachfolge Steuerschuldner (Inhaltsadressaten) geworden (sect 45 Abs 1 AO) sie haben jeder fuumlr sich fuumlr die gesamte Steuerschuld einzustehen (sect 45 Abs 2 AO sect 44 Abs 1 AO)

Gegen die Miterben koumlnnen zusammengefasste Bescheide nach sect 155 Abs 3 AO ergehen Jedem Erben ist eine Ausfertigung des zusammengefassten Bescheids an die Wohnanschrift zu uumlbermitteln Die Bekanntgabe an einen Erben mit Wirkung fuumlr und gegen alle anderen Erben ist in diesem Fall nur unter den Voraussetzungen des sect 122 Abs 6 AO (vgl Beispiel 12) moumlglich Der Bescheid wird gegenuumlber dem Erben dem er bekannt gegeben wurde auch wirksam wenn er dem oder den anderen Miterben nicht bekannt gegeben wurde Um eine Zwangsvollstreckung in den ungeteilten Nachlass zu ermoumlglichen ist aber die Bekanntgabe des Bescheids an jeden einzelnen Miterben notwendig (sect 265 AO iVm sect 747 ZPO)

Anschriftenfeld (jeweils in gesonderten Ausfertigungen)

Herrn Konrad Meier Sternstraszlige 15 53111 Bonn

Herrn Ludwig Meier Koumlnigstraszlige 200 40212 Duumlsseldorf

Frau Martha Meier Sophienstraszlige 3 80333 Muumlnchen

Bescheidkopf

Fuumlr Konrad Ludwig und Martha Meier als Miterben nach Adam Meier Den anderen Miterben wurde ein Bescheid gleichen Inhalts erteilt Die Erben sind Gesamtschuldner (sect 44 AO)

12 Wie Beispiel 11 jedoch ist Konrad Meier mit Einverstaumlndnis von Ludwig und Martha Meier Empfaumlnger des Steuerbescheids (einverstaumlndliche Bekanntgabe nach sect 122 Abs 6 AO)

Anschriftenfeld

Herrn Konrad Meier Sternstraszlige 15 53111 Bonn

Bescheidkopf

Der Steuerbescheid ergeht an Sie als Miterben nach Adam Meier zugleich mit Wirkung fuumlr und gegen die Miterben Ludwig und Martha Meier Die Erben sind Gesamtschuldner (sect 44 AO)

13 Wie Beispiel 11 jedoch sind die Erben Eheleute oder nahe Familienangehoumlrige unter gemeinschaftlicher Anschrift iSd sect 122 Abs 7 AO Es genuumlgt die Bekanntgabe einer Ausfertigung des Steuerbescheids an die gemeinsame Anschrift

Anschriftenfeld

Konrad Meier Ludwig Meier Martha Meier Sternstraszlige 15 53111 Bonn

Bescheidkopf

99

Der Steuerbescheid ergeht an Sie als Miterben nach Adam Meier Die Erben sind Gesamtschuldner (sect 44 AO)

21 Der Steuerschuldner Herbert Muumlller ist im Jahr 08 verstorben Erben sind seine Ehefrau Anna Muumlller und die gemeinsamen Kinder Eva Muumlller und Thomas Muumlller Der ESt-Bescheid fuumlr das Jahr 07 kann erst nach dem Tod des Herbert Muumlller ergehen Herbert und Anna Muumlller sind zusammen zu veranlagen

Anna Muumlller ist Gesamtschuldner zunaumlchst als zusammenveranlagter Ehegatte (sect 26b EStG iVm sect 44 AO) sowie gemeinsam mit den Kindern Eva und Thomas Muumlller als Erben des verstorbenen Herbert Muumlller (sect 45 Abs 1 AO) Sie haben jeder fuumlr sich fuumlr die gesamte Steuerschuld einzustehen (sect 45 Abs 2 AO sect 44 Abs 1 AO)

Gegen die Beteiligten Anna Muumlller Eva Muumlller und Thomas Muumlller koumlnnen zusammengefasste Bescheide nach sect 155 Abs 3 AO ergehen Jedem Beteiligten ist eine Ausfertigung des zusammengefassten Bescheids an seine Wohnanschrift zu uumlbermitteln Der Bescheid wird gegen einen Beteiligten dem er bekannt gegeben wurde auch wirksam wenn er einem oder mehreren anderen Beteiligten nicht bekannt gegeben wurde (siehe aber sect 265 AO iVm sect 747 ZPO vgl Beispiel 11)

Anschriftenfeld (jeweils in gesonderten Ausfertigungen)

Frau Anna Muumlller Hohe Straszlige 27 50667 Koumlln

Frau Eva Muumlller Wilhelmstraszlige 19 53111 Bonn

Herrn Thomas Muumlller Sophienstraszlige 35 80333 Muumlnchen

Bescheidkopf

Fuumlr Anna Muumlller und die Erben nach Herbert Muumlller Anna Muumlller Eva Muumlller und Thomas Muumlller Alle Beteiligten sind Gesamtschuldner (sect 44 AO)

22 Wie Beispiel 21 jedoch ist Anna Muumlller mit Einverstaumlndnis von Eva und Thomas Muumlller Empfaumlnger des Bescheids (sect 122 Abs 6 AO)

Anschriftenfeld

Frau Anna Muumlller Hohe Straszlige 27 50667 Koumlln

Bescheidkopf

Fuumlr Anna Muumlller und die Erben nach Herbert Muumlller Anna Muumlller Eva Muumlller und Thomas Muumlller Der Bescheid ergeht an Sie zugleich mit Wirkung fuumlr und gegen die Miterben Alle Beteiligten sind Gesamtschuldner (sect 44 AO)

23 Wie Beispiel 21 jedoch leben alle Beteiligten unter gemeinsamer Anschrift iSv sect 122 Abs 7 AO (in Koumlln Hohe Straszlige 27) Es genuumlgt die Bekanntgabe einer Ausfertigung des Steuerbescheids an die gemeinsame Anschrift

Anschriftenfeld

Anna Muumlller Eva Muumlller Thomas Muumlller Hohe Straszlige 27 50667 Koumlln

Bescheidkopf

Fuumlr Anna Muumlller und die Erben nach Herbert Muumlller Anna Muumlller Eva Muumlller und Thomas Muumlller Alle Beteiligten sind Gesamtschuldner (sect 44 AO)

2125 Zur Bekanntgabe von Bescheiden bei unbekannten Erben vgl AEAO zu sect 122 Nr 21313

100

2126 Ist eine Erbengemeinschaft Unternehmer oder selbstaumlndiger Rechtstraumlger so ist ein Steuerbescheid (zB uumlber Umsatzsteuer oder Grunderwerbsteuer) an sie als Erbengemeinschaft zu richten (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 24 und 2412) Hat die Erbengemeinschaft keinen Namen und keinen gesetzlichen Vertreter muss sie zur zweifelsfreien Identifizierung der Gemeinschaft und ihrer Gemeinschafter grundsaumltzlich durch den Namen des Erblassers und der einzelnen Miterben charakterisiert werden (BFH-Urteil vom 29111972 II R 4267 BStBl 1973 II S 372) Zur Ermittlung der Inhaltsadressaten durch Auslegung gelten die Ausfuumlhrungen in Nr 2123 des AEAO zu sect 122 entsprechend

2127 Vollstreckung in den Nachlass

Ist ein Steuerbescheid bereits zu Lebzeiten des Erblassers wirksam geworden und will die Finanzbehoumlrde wegen der Steuerschuld vollstrecken muss sie vor Beginn der Vollstreckung ein Leistungsgebot erlassen (vgl im Einzelnen Abschn 29 ff VollstrA)

2128 Umwandlung von Gesellschaften

Zum Erlass von Steuerverwaltungsakten in Spaltungsfaumlllen und in Faumlllen eines Formwechsels vgl AEAO zu sect 122 Nrn 215 und 216 sowie AEAO zu sect 45 Nrn 2 und 3

213 Testamentsvollstreckung Nachlassverwaltung Nachlasspflegschaft

2131 Der Testamentsvollstrecker ist nicht Vertreter der Erben sondern Traumlger eines durch letztwillige Verfuumlgung des Erblassers begruumlndeten Amts dessen Inhalt durch die letztwillige Verfuumlgung bestimmt wird (sectsect 2202 2197 ff BGB) Soweit die Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers reicht ist dem Erben die Verfuumlgungsbefugnis entzogen (sect 2211 BGB) Der Testamentsvollstrecker kann den Erben nicht persoumlnlich verpflichten und hat auch nicht dessen persoumlnliche Pflichten gegenuumlber den Finanzbehoumlrden zu erfuumlllen (BFH-Urteil vom 1641980 VII R 8179 BStBl II S 605)

21311 Hat der Erblasser selbst noch den Steuertatbestand verwirklicht ist aber gegen ihn kein Steuerbescheid mehr ergangen so ist der Steuerbescheid an den Erben als Inhaltsadressaten zu richten und diesem bekannt zu geben (vgl Beispiele AEAO zu sect 122 Nr 2124 BFH-Urteile vom 1521978 I R 3677 BStBl II S 491 und vom 831979 IV R 7576 BStBl II S 501) es sei denn der Testamentsvollstrecker ist zugleich Empfangsbevollmaumlchtigter des Erben Ist der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner Verwaltung des gesamten Nachlassvermoumlgens nach sect 2213 Abs 1 BGB zur Erfuumlllung von Nachlassverbindlichkeiten verpflichtet und soll er zur Erfuumlllung der Steuerschuld aus dem von ihm verwalteten Nachlass herangezogen werden kann der Steuerbescheid - auch - an ihn gerichtet werden (BFH-Urteil vom 3091987 II R 4284 BStBl 1988 II S 120) Geschieht dies nicht ist er durchUumlbersendung einer Ausfertigung des dem Erben oder dem Nachlasspfleger bekannt gegebenen Steuerbescheids in Kenntnis zu setzen Ggf ist er durch Duldungsbescheid (sect 191 Abs 1 AO) in Anspruch zu nehmen Seine persoumlnliche Haftung nach sect 69 iVm sect 34 Abs 3 AO bleibt davon unberuumlhrt

21312 Betrifft die Steuerpflicht Tatbestaumlnde nach dem Erbfall so ist der Erbe Steuerschuldner auch fuumlr Steuertatbestaumlnde die das Nachlassvermoumlgen betreffen Steuerbescheide uumlber Einkuumlnfte die dem Erben aus dem Nachlassvermoumlgen zuflieszligen sind dem Erben als Inhaltsadressaten und nicht dem Testamentsvollstrecker bekannt zu geben (BFH-Urteil vom 7101970 I R 14568 BStBl 1971 II S 119 BFH-Beschluss vom 29111995 X B 32894 BStBl 1996 II S 322) Dies gilt auch wenn der Testamentsvollstrecker ein Unternehmen im eigenen Namen weiterfuumlhrt (BFH-Urteil vom 1621977 I R 5374 BStBl II S 481 fuumlr GewSt-Messbescheide) Steht dem Testamentsvollstrecker nach sect 2213 Abs 1 BGB die Verwaltung des gesamten Nachlasses zu sind die drei letzten Saumltze der Nr 21311 des AEAO zu sect 122 entsprechend anzuwenden

21313 Sind der oder die Erben (noch) unbekannt so ist der Steuerbescheid gleichguumlltig ob der Steuertatbestand vom Erblasser selbst noch verwirklicht worden ist oder erst nach Eintritt des Erbfalls einem zu bestellenden Nachlasspfleger als gesetzlichem Vertreter bekannt zu geben Die Vertretungsbefugnis des Nachlasspflegers endet auch dann erst mit Aufhebung der Nachlasspflegschaft durch das Nachlassgericht wenn die Erben zwischenzeitlich bekannt wurden (BFH-Urteil vom 3031982 VIII R 22780 BStBl II S 687)

Der Testamentsvollstrecker ist nicht bereits kraft Amtes Vertreter des unbekannten Erben kann aber dazu bestellt werden (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2132)

2132 Der Nachlasspfleger ist gesetzlicher Vertreter des kuumlnftigen Erben falls dieser noch unbekannt ist oder die Annahme der Erbschaft noch ungewiss ist Er wird von Amts wegen oder auf Antrag eines Nachlassglaumlubigers vom Nachlassgericht bestellt (siehe sectsect 1960 1961 BGB sect 81 AO) Nr 22 ist entsprechend anzuwenden

2133 Nachlassverwaltung ist die Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassglaumlubiger (sect 1975 BGB) Die Stellung des Nachlassverwalters ist derjenigen des Testamentsvollstreckers vergleichbar Nr 21311 und Nr 21312 des AEAO zu sect 122 sind daher entsprechend anzuwenden (BFH-Urteil vom 561991 XI R 2689 BStBl II S 820)

2134 Erbschaftsteuerbescheide

101

21341 Ein Erbschaftsteuerbescheid ist nach sect 32 Abs 1 ErbStG dem Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter mit Wirkung fuumlr und gegen die Erben bekannt zu geben wenn er die Steuererklaumlrung fuumlr die Erben abgegeben hat Dies gilt auch wenn sich der Steueranspruch gegen die Erben nicht nur auf die Erbschaft iSd buumlrgerlichen Rechts gruumlndet Ein Erbschaftsteuerbescheid mit dem lediglich Erbschaftsteuer aufgrund des Erwerbs eines schuldrechtlichen Anspruchs erbrechtlicher Natur (zB Vermaumlchtnis Pflichtteilsrecht Erbersatzanspruch) undoder aufgrund Erwerbs infolge eines Vertrages des Erblassers zugunsten des Erwerbers auf den Todesfall festgesetzt wird kann hingegen dem Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter nicht mit Wirkung fuumlr und gegen den Steuerschuldner bekannt gegeben werden (BFH-Urteile vom 14111990 II R 25585 BStBl 1991 II S 49 und II R 5886 BStBl 1991 II S 52)

Ist der Erbschaftsteuerbescheid nach den vorgenannten Grundsaumltzen dem Testamentsvollstrecker bekannt zu geben muss der Bescheid mit hinreichender Bestimmtheit erkennen lassen dass er sich - ungeachtet der Verpflichtung des Testamentsvollstreckers fuumlr die Zahlung der Steuer zu sorgen (sect 32 Abs 1 Satz 2 ErbStG) - an den Erben als Steuerschuldner richtet (BFH-Urteil vom 1071991 VIII R 1690 BFHNV 1992 S 223) Der Bescheidvordruck ist daher in diesen Faumlllen wie folgt auszufuumlllen

Anschriftenfeld

Name und Anschrift des Testamentsvollstreckers

Bescheidkopf

Erbschaftsteuerbescheid uumlber den Erwerb des (Name des ErbenMiterben) aufgrund des Ablebens von

Erlaumluterungen

Der Bescheid wird Ihnen nach sect 32 Abs 1 Satz 1 ErbStG mit Wirkung fuumlr und gegen den oben bezeichneten Erben bekannt gegeben Dieser ist Steuerschuldner

21342 Die Bekanntgabe des Erbschaftsteuerbescheids an den Testamentsvollstrecker oder den Nachlassverwalter setzt auch die Rechtsbehelfsfrist fuumlr die Anfechtung durch den Erben in Lauf Dem Erben ist bei verspaumlteter Unterrichtung durch den Testamentsvollstrecker oder den Nachlassverwalter innerhalb der Jahresfrist des sect 110 Abs 3 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewaumlhren wobei dessen Verhalten ihm nicht zuzurechnen ist (BFH-Urteil vom 14111990 II R 5886 BStBl 1991 II S 52) Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter haben nach sect 32 Abs 1 Satz 2 ErbStG fuumlr die Entrichtung der Erbschaftsteuer der Erben zu sorgen

214 Haftende

2141 Der Steuerschuldner und der Haftende sind nach sect 44 Abs 1 AO zwar Gesamtschuldner diese Bestimmung fuumlhrt aber nicht zu einer voumllligen Gleichstellung Der Steuerbescheid ist an den Steuerschuldner zu richten Uumlber die Haftung ist durch selbstaumlndigen Haftungsbescheid zu entscheiden (sect 191 AO) und der Haftende durch Zahlungsaufforderung in Anspruch zu nehmen (sect 219 AO) Beide Maszlignahmen koumlnnen auch getrennt voneinander ausgefuumlhrt werden Die Zusendung einer Ausfertigung des Steuerbescheids reicht zur Inanspruchnahme des Haftenden nicht aus

2142 Der Haftungsbescheid muss eindeutig erkennen lassen gegen wen sich der Haftungsanspruch richtet

Beispiele fuumlr Lohnsteuerhaftungsbescheide bei Inanspruchnahme

a) b) des Arbeitgebers des Geschaumlftsfuumlhrers des Arbeitgebers

Haftungsschuldner als Haftungsschuldner als Inhaltsadressat Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger und Empfaumlnger

Herrn Meier GmbH Josef Meier

(Geschaumlftsfuumlhrer der Meier-GmbH) Sophienstraszlige 2 a Hansastr 100 80333 Muumlnchen 81373 Muumlnchen

(jeweils mit Angabe (jeweils mit Angabe des Haftungsgrundes des Haftungsgrundes

102

in der Erlaumluterung) in der Erlaumluterung)

Bei der Inanspruchnahme des Geschaumlftsfuumlhrers als Haftungsschuldner fuumlr Steuerschulden der von ihm vertretenen juristischen Person oder nichtrechtsfaumlhigen Personenvereinigung ist darauf zu achten dass die persoumlnliche Inanspruchnahme in der Adressierung und auch sonst im Bescheid eindeutig zum Ausdruck kommt Als postalische Anschrift ist im Haftungsbescheid idR die von der Firmenanschrift abweichende Wohnanschrift des Geschaumlftsfuumlhrers zu verwenden Wird ein Haftungsbescheid an den Geschaumlftsfuumlhrer durch die Post mit Zustellungsurkunde (vgl AEAO zu sect 122 Nr 311) ausnahmsweise unter der Firmenanschrift zugestellt ist im Kopf des Vordrucks bdquoZustellungsurkundeldquo in roter Schrift oder durch rotes Unterstreichen zu vermerken bdquoKeine Ersatzzustellungldquo

2143 Sollen wegen desselben Anspruchs mehrere Haftungsschuldner herangezogen werden kann in entsprechender Anwendung des sect 155 Abs 3 AO ein zusammengefasster Haftungsbescheid erlassen werden Fuumlr jeden Haftungsschuldner ist jedoch ein gesonderter Bescheid auszufertigen und bekannt zu geben um ihm gegenuumlber Wirksamkeit zu erlangen Dies gilt auch dann wenn der zusammengefasste Haftungsbescheid gegen Ehegatten gerichtet ist (BFH-Beschluss vom 22101975 I B 3875 BStBl 1976 II S 136)

Bei der Inanspruchnahme von mehreren Haftungsschuldnern wegen desselben Anspruchs sind im Haftungsbescheid alle als Haftungsschuldner herangezogenen Personen zu benennen Eine fehlende Angabe der uumlbrigen Haftungsschuldner fuumlhrt aber nicht ohne weiteres zur Unwirksamkeit der Haftungsbescheide (BFH-Urteil vom 5111980 II R 2578 BStBl 1981 II S 176) sondern kann im Rahmen des sect 126 AO nachgeholt werden Die einzelnen Haftungsschuldner werden durch die gemeinsame Inanspruchnahme zu Gesamtschuldnern (sect 44 AO) die Erfuumlllung durch einen der Gesamtschuldner wirkt auch fuumlr die uumlbrigen

215 Spaltung

In den Faumlllen einer Abspaltung Ausgliederung oder Vermoumlgensuumlbertragung nach dem UmwG liegt mit Ausnahme der Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Volluumlbertragung keine Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO vor (vgl AEAO zu sect 45 Nr 2) Die an einer Spaltung beteiligten Rechtstraumlger sind aber Gesamtschuldner fuumlr die Verbindlichkeiten des uumlbertragenden Rechtstraumlgers die vor dem Wirksamwerden der Spaltung begruumlndet worden sind (sect 133 Abs 1 Satz 1 UmwG) Der uumlbernehmende Rechtstraumlger kann daher durch Haftungsbescheid (im Falle der Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Volluumlbertragung durch Steuerbescheid) in Anspruch genommen werden

Bei einer Aufspaltung erlischt der uumlbertragende Rechtstraumlger mit der Registereintragung der Spaltung (sect 131 Abs 1 Nr 2 UmwG) Die Regelung uumlber die steuerliche Gesamtrechtsnachfolge (sect 45 Abs 1 AO) ist sinngemaumlszlig anzuwenden dies gilt nicht in Bezug auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (vgl AEAO zu sect 45 Nr 2)

Bei der Entscheidung ob ein uumlbernehmender Rechtstraumlger fuumlr Steuerverbindlichkeiten des uumlbertragenden Rechtstraumlgers in Anspruch zu nehmen ist soll idR eine im Spaltungs- und Uumlbernahmevertrag getroffene Zuweisung der Steuerverbindlichkeiten beruumlcksichtigt werden Enthaumllt der Spaltungs- und Uumlbernahmevertrag keine Zuweisung der Steuerverbindlichkeiten soll in Faumlllen der Abspaltung oder Ausgliederung idR zunaumlchst nur der uumlbertragende Rechtstraumlger in Anspruch genommen werden

Beispiel 1

Vom Vermoumlgen der Spalt-GmbH wurde ein Teil abgespalten und an die A-GmbH uumlbertragen Der Spaltungs- und Uumlbernahmevertrag enthaumllt keine Regelungen zur Zuweisung der Steuerverbindlichkeiten

Steuerbescheid an Spalt-GmbH

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

Spalt-GmbH Moltkestraszlige 5 12203 Berlin

Beispiel 2

Wie Beispiel 1 jedoch sollen die Spalt-GmbH und die A-GmbH als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden

Steuerbescheid an Spalt-GmbH

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

103

Spalt-GmbH Moltkestraszlige 5 12203 Berlin

Bescheidkopf

Der A-GmbH wurde ein Haftungsbescheid erteilt Die an der Abspaltung beteiligten Rechtstraumlger sind Gesamtschuldner (sect 44 AO sect 133 Abs 1 Satz 1 UmwG)

Haftungsbescheid an A-GmbH

Anschriftenfeld (Haftungsschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

A-GmbH Meiserstraszlige 4 80284 Muumlnchen

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie als partielle Nachfolgerin der Spalt-GmbH Der Spalt-GmbH wurde ein Steuerbescheid erteilt Die an der Abspaltung beteiligten Rechtstraumlger sind Gesamtschuldner (sect 44 AO sect 133 Abs 1 Satz 1 UmwG)

Beispiel 3

Die Spalt-GmbH wurde in die A-GmbH und die B-GmbH aufgespalten Im Spaltungs- und Uumlbernahmevertrag wurden die Steuerverbindlichkeiten der erloschenen Spalt-GmbH der A-GmbH zugewiesen

Steuerbescheid an A-GmbH

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

A-GmbH Meiserstraszlige 4 80284 Muumlnchen

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie als Nachfolgerin der durch Aufspaltung erloschenen Spalt-GmbH

Beispiel 4

Die Spalt-GmbH wurde in die A-GmbH und die B-GmbH aufgespalten Der Spaltungs- undUumlbernahmevertrag enthaumllt keine Regelungen zur Zuweisung der Steuerverbindlichkeiten der Spalt-GmbH Die A-GmbH und die B-GmbH sollen als Gesamtschuldner in Anspruch genommen werden

Steuerbescheid an A-GmbH

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

A-GmbH Meiserstraszlige 4 80284 Muumlnchen

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie als Nachfolgerin der durch Aufspaltung erloschenen Spalt-GmbH Der B-GmbH wurde ein Bescheid gleichen Inhalts erteilt Die an der Spaltung beteiligten Rechtstraumlger sind Gesamtschuldner (sect 44 AO sect 133 Abs 1 Satz 1 UmwG)

Steuerbescheid an B-GmbH

Anschriftenfeld (Steuerschuldner als Inhaltsadressat Bekanntgabeadressat und Empfaumlnger)

B-GmbH Hauptstr 101 67433 Neustadt

Bescheidkopf

Dieser Bescheid ergeht an Sie als Nachfolgerin der durch Aufspaltung erloschenen Spalt-GmbH Der A-GmbH wurde ein Bescheid gleichen Inhalts erteilt Die an der Spaltung beteiligten Rechtstraumlger sind Gesamtschuldner (sect 44 AO sect 133 Abs 1 Satz 1 UmwG)

104

216 Formwechselnde Umwandlung

Bei einer formwechselnden Umwandlung (sect 1 Abs 1 Nr 4 sectsect 190 ff UmwG) liegt lediglich ein Wechsel der Rechtsform eines Rechtstraumlgers unter Wahrung seiner rechtlichen Identitaumlt vor Aumlndert sich allerdings durch den Formwechsel das Steuersubjekt ist die Regelung des sect 45 Abs 1 AO uumlber die steuerliche Gesamtrechtsnachfolge sinngemaumlszlig anzuwenden (vgl AEAO zu sect 45 Nr 3)

Wird eine Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt sind Bescheide uumlber Steuern fuumlr die die Personengesellschaft Steuerschuldnerin war (vgl AEAO zu sect 122 Nr 241) nach der Umwandlung an die Kapitalgesellschaft zu richten und dieser bekannt zu geben Bescheide uumlber die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sind an die Gesellschafter der umgewandelten Personengesellschaft zu richten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 25) Wird eine Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft umgewandelt sind Bescheide uumlber Steuern fuumlr die die Kapitalgesellschaft Steuerschuldnerin war an die Personengesellschaft zu richten

3 Besonderheiten des Zustellungsverfahrens

31 Zustellungsarten

Die Zustellung richtet sich nach dem VwZG (sect 122 Abs 5 Satz 2 AO) Die vom Amtsgericht zu erlassende Anordnung eines persoumlnlichen Sicherheitsarrestes ist nach den Vorschriften der ZPO zuzustellen (sect 326 Abs 4 AO)

Das VwZG sieht die folgenden Zustellungsarten vor

- Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde (sect 3 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 311)

- Zustellung durch die Post mittels Einschreiben (sect 4 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 312)

- Zustellung (auch eines elektronischen Dokuments) durch die Behoumlrde gegen Empfangsbekenntnis (sect 5 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 313)

- Zustellung (auch eines elektronischen Dokuments) im Ausland (sect 9 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 314)

- Oumlffentliche Zustellung (sect 10 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 315)

Kommen mehrere Zustellungsarten in Betracht soll die kostenguumlnstigste gewaumlhlt werden sofern nicht besondere Umstaumlnde (zB Zweifel an der Annahmebereitschaft des Empfaumlngers vgl Nr 312) fuumlr eine Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde sprechen

Die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum VwZG vom 13121966 (BStBl I S 969) geaumlndert durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift vom 2741973 (BStBl I S 220) sind uumlberholt

311 Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde (sect 3 VwZG)

Soll ein Verwaltungsakt durch die Post mit Zustellungsurkunde zugestellt werden sind sect 3 VwZG sowie die dort angefuumlhrten Vorschriften der sectsect 177 bis 182 ZPO zu beachten bdquoPostldquo ist jeder Erbringer von Postdienstleistungen (sect 2 Abs 2 Satz 1 VwZG siehe auch sect 33 des Postgesetzes vom 22121997 BGBl I S 3294)

Die Finanzbehoumlrde hat der Post den Zustellungsauftrag das zuzustellende Dokument in einem verschlossenen Umschlag und einen vorbereiteten Vordruck einer Zustellungsurkunde zu uumlbergeben (sect 3 Abs 1 VwZG) Fuumlr die Zustellungsurkunde den Zustellungsauftrag und den verschlossenen Umschlag sind die in der Zustellungsvordruckverordnung vom 1222002 (BGBl I S 671 1019) geaumlndert durch Verordnung vom 2342004 (BGBl I S 619) bestimmten Vordrucke zu verwenden (sect 3 Abs 2 Satz 3 VwZG) Der vorbereitete Vordruck der Zustellungsurkunde muss den Empfaumlnger (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 15 und 16) und das Aktenzeichen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3111) des zuzustellenden Dokuments sowie die Anschrift der auftraggebenden Finanzbehoumlrde enthalten Fehlen diese Angaben auf der zuzustellenden Sendung ganz oder teilweise ist die Zustellung unwirksam auch wenn die Zustellungsurkunde den Anforderungen des sect 182 ZPO genuumlgt Gleiches gilt wenn auf der Sendung ein falsches Aktenzeichen angegeben ist

Ausnahmsweise kann als Zustellungsanschrift eine Postfachnummer gewaumlhlt werden In diesem Fall ist aber die tatsaumlchliche Zustellung beim Ruumlcklauf der Zustellungsurkunde zu uumlberwachen (BFH-Urteil vom 921983 II R 1079 BStBl II S 698) Bei Ersatzzustellung durch Niederlegung ist die Zustellung nicht wirksam wenn die Mitteilung uumlber die Niederlegung in das Postfach des Empfaumlngers eingelegt wird (BFH-Urteil vom 1721983 V R 7677 BStBl II S 528)

3111 Das auf der vorbereiteten Zustellungsurkunde und auf dem verschlossenen Umschlag anzugebende Aktenzeichen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 311) ist mit Abkuumlrzungen zu bilden Anhand des Aktenzeichens muss einerseits der Inhalt des zuzustellenden Dokuments einwandfrei zu identifizieren sein (BFH-Urteil vom 1832004 V R 1102 BStBl II S 540) andererseits muss das Aktenzeichen so gewaumlhlt werden dass es einem Dritten moumlglichst keinen Ruumlckschluss auf den Inhalt der Sendung zulaumlsst Die bloszlige Angabe der Steuernummer reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 13102005 IV R 4403 BStBl 2006 II S 214)

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Neben der Steuernummer und grundsaumltzlich neben dem Datum des zuzustellenden Verwaltungsakts sind die folgenden verwaltungsuumlblichen Abkuumlrzungen und Listennummern zu verwenden

Beispiele

Abkuumlrzung Inhalt der Sendung

21050 108 EStB 2005 StNr 21050 108 vom xxxxxxxx ESt-Bescheid 2005 vom xxxxxxxx

21050 108 VZB ESt 2006 StNr 21050 108 vom xxxxxxxx Vorauszahlungsbescheid fuumlr ESt 2006

vom xxxxxxxx

21050 108 HaB LSt 2005 StNr 21050 108 vom xxxxxxxx Haftungsbescheid fuumlr LSt 2005

vom xxxxxxxx

21050 108 NachB LSt StNr 21050 108 2005 vom xxxxxxxx Nachforderungsbescheid fuumlr LSt 2005

vom xxxxxxxx

21050 108 EE EStB 2005 StNr 21050 108 Einspruchsentscheidung in Sachen ESt-Bescheid 2005

21050 108 EE RbL StNr 21050 108 1502006 Einspruchsentscheidung fuumlr den in die

Rechtsbehelfsliste 2006 unter Nr 150 eingetragenen Einspruch

21050 108 PrA vom StNr 21050 108 xxxxxxxx Pruumlfungsanordnung vom xxxxxxxx

21050 108 Mitteilung StNr 21050 108 141 Abs 2 AO Mitteilung vom xxxxxxxx uumlber den vom xxxxxxxx Beginn der Buchfuumlhrungspflicht

21050 108 ZG-A StNr 21050 108 vom xxxxxxxx Verwaltungsakt uumlber die Androhung

eines Zwangsgeldes vom xxxxxxxx

Bei der Zustellung eines Bescheids uumlber die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen muss sich aus dem Aktenzeichen auch der Gegenstand der Feststellung ergeben (BFH-Urteil vom 13102005 IV R 4403 BStBl 2006 II S 214) Fuumlr die hinreichende Unterscheidung von gesonderten Feststellungen sind - neben den uumlbrigen Angaben wie Steuernummer und Datum des zuzustellenden Verwaltungsakts (vgl die vorstehenden Beispiele) - zweckmaumlszligigerweise die folgenden Kuumlrzel zu verwenden

Beispiele

Kuumlrzel Gegenstand

VF-ESt 311205 Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur ESt auf den 31122005

VF-KSt 311205 Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages zur KSt auf den 31122005

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VF-Gew 311205 Feststellung des vortragsfaumlhigen Gewerbeverlustes auf den 31122005

Fest2B 2005 Feststellung der negativen Einkuumlnfte aus der Beteiligung an Verlustzuweisungsgesellschaften nach sect 2b EStG iVm sect 10d Abs 4 EStG fuumlr 2005

ges Fest 2005 Gesonderte Feststellung gem sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO fuumlr 2005

Ges + einh Fest 2005 Gesonderte und einheitliche Feststellung iSv sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe a AO fuumlr 2005

3112 Sollen mehrere Verwaltungsakte (zB Einspruchsentscheidungen) verschiedenen Inhalts in einer Postsendung zugestellt werden muumlssen die gesetzlichen Form- und Beurkundungserfordernisse in Bezug auf jedes einzelne Schriftstuumlck gewahrt werden Das Aktenzeichen muss aus Angaben uumlber die einzelnen Schriftstuumlcke bestehen (BFH-Urteil vom 772004 X R 3302 BFHNV 2005 S 66) Enthaumllt die Sendung mehr Schriftstuumlcke als durch Aktenzeichen auf der Zustellungsurkunde undoder dem Umschlag bezeichnet ist nur die Zustellung des nicht bezeichneten Schriftstuumlcks unwirksam Der Zustellungsmangel kann jedoch nach sect 8 VwZG geheilt werden (vgl AEAO zu sect 122 Nr 452)

3113 Eine wirksame Zustellung an mehrere Personen gemeinsam ist nicht moumlglich sondern nur die Zustellung an einen bestimmten Zustellungsempfaumlnger In der Anschrift auf dem Briefumschlag und dementsprechend in der Zustellungsurkunde darf daher als Empfaumlnger nur eine Person angesprochen werden Das gilt auch fuumlr die Zustellung an Ehegatten (BFH-Urteil vom 861995 IV R 10494 BStBl II S 681) Eine mit der Anschrift bdquoHerrn Adam und Frau Eva Meierldquo versehene Sendung kann daher nicht wirksam zugestellt werden (vgl AEAO zu sect 122 zu Nr 34)

3114 Die Zustellungsurkunde ist eine oumlffentliche Urkunde iSd sect 418 Abs 1 ZPO (vgl sect 182 Abs 1 Satz 2 ZPO) und erbringt daher den vollen Beweis fuumlr die in ihr bezeugten Tatsachen Dieser ist aber nach sect 418 Abs 2 ZPO durch Gegenbeweis widerlegbar Dies erfordert den vollen Nachweis eines anderen Geschehensablaufs durch bloszlige Zweifel an der Richtigkeit der urkundlichen Feststellungen ist der Gegenbeweis nicht erbracht (BFH-Urteil vom 2891993 II R 3492 BFHNV 1994 S 291)

312 Zustellung durch die Post mittels Einschreiben (sect 4 VwZG)

Die durch sect 4 VwZG eroumlffnete Zustellungsmoumlglichkeit ist auf die Varianten bdquoEinschreiben mittelsUumlbergabeldquo und bdquoEinschreiben mit Ruumlckscheinldquo beschraumlnkt Die Zustellung mittels eines bdquoEinwurf-Einschreibensldquo ist somit nicht moumlglich Nicht nur Briefe sondern auch umfangreichere Sendungen zB Pakete koumlnnen mittels Einschreiben zugestellt werden soweit die Post (zum Begriff der bdquoPostldquo vgl AEAO zu sect 122 Nr 311) dies ermoumlglicht

Eine Zustellung durch Einschreiben mit Ruumlckschein gilt an dem Tag als bewirkt den der Ruumlckschein angibt Zum Nachweis der Zustellung genuumlgt der Ruumlckschein (sect 4 Abs 2 Satz 1 VwZG) Im Gegensatz zu der bei einer Zustellung nach sect 3 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nr 311) errichteten Zustellungsurkunde ist der Ruumlckschein keine oumlffentliche Urkunde iSd sect 418 ZPO Der von dem Ruumlckschein ausgehende Nachweis der Zustellung ist somit auf das Maszlig eines normalen Beweismittels eingeschraumlnkt Geht der Ruumlckschein nicht bei der die Zustellung veranlassenden Behoumlrde ein oder enthaumllt er kein Datum gilt die Zustellung am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt es sei denn dass der Verwaltungsakt nicht oder zu einem spaumlteren Zeitpunkt zugegangen ist im Zweifel hat die Behoumlrde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen (sect 4 Abs 2 Saumltze 2 und 3 VwZG)

Eine Zustellung mittels Einschreiben durch Uumlbergabe gilt am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt es sei denn dass der Verwaltungsakt nicht oder zu einem spaumlteren Zeitpunkt zugegangen ist Auch insoweit hat im Zweifel die Behoumlrde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen (sect 4 Abs 2 Saumltze 2 und 3 VwZG) Der Tag der Aufgabe zur Post ist in den Akten zu vermerken (sect 4 Abs 2 Satz 4 VwZG)

Fuumlr eine eventuelle Ersatzzustellung gelten nicht die sectsect 178 bis 181 ZPO sondern die einschlaumlgigen allgemeinen Geschaumlftsbedingungen des in Anspruch genommenen Postdienstleisters Verweigert der Empfaumlnger oder der Ersatzempfaumlnger die Annahme der eingeschriebenen Sendung wird sie als unzustellbar an den Absender zuruumlckgeschickt Im Gegensatz zur Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde (vgl AEAO zu sect 122 Nr 311) kann daher gegen den Willen des Empfaumlngers bzw Ersatzempfaumlngers eine Zustellung mittels Einschreiben nicht bewirkt werden

107

313 Zustellung gegen Empfangsbekenntnis (sect 5 VwZG)

Gegen Empfangsbekenntnis kann zugestellt werden

- indem die Behoumlrde den zuzustellenden Verwaltungsakt dem Empfaumlnger aushaumlndigt (sect 5 Abs 1 bis 3 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 3131)

- durch Uumlbermittlung auf andere Weise an Behoumlrden Koumlrperschaften Anstalten und Stiftungen des oumlffentlichen Rechts sowie an Angehoumlrige bestimmter Berufe (sect 5 Abs 4 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nrn 3132 3134 und 3135)

- durch elektronische Uumlbermittlung an andere Empfaumlnger unter den Voraussetzungen des sect 5 Abs 5 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 3133 bis 3135)

3131 In den Faumlllen des sect 5 Abs 1 VwZG ist das zuzustellende Dokument grundsaumltzlich in einem verschlossenen Umschlag auszuhaumlndigen Nur wenn keine schutzwuumlrdigen Interessen des Empfaumlngers entgegenstehen kann das Dokument auch offen ausgehaumlndigt werden Dies ist zB der Fall wenn das Dokument durch den fachlich zustaumlndigen Bediensteten selbst - etwa bei Erscheinen des Empfaumlngers in den Dienstraumlumen - ausgehaumlndigt wird

Bei einer Ersatzzustellung gem sect 5 Abs 2 Nr 3 VwZG ist wegen des Verweises auf sect 181 ZPO fuumlr die Mitteilung uumlber die Niederlegung der Vordruck gem Anlage 4 der Zustellungsvordruckverordnung vom 1222002 (BGBl I S 671) zu verwenden

3132 Nach sect 5 Abs 4 VwZG kann an Behoumlrden Koumlrperschaften Anstalten und Stiftungen des oumlffentlichen Rechts an Rechtsanwaumllte Patentanwaumllte Notare Steuerberater Steuerbevollmaumlchtigte Wirtschaftspruumlfer vereidigte Buchpruumlfer Steuerberatungsgesellschaften Wirtschaftspruumlfungsgesellschaften und Buchpruumlfungsgesellschaften auch auf andere Weise somit zB durch einfachen Brief oder elektronisch (auch durch Telefax) zugestellt werden sect 5 Abs 4 VwZG enthaumllt eine abschlieszligende Aufzaumlhlung des in Betracht kommenden Empfaumlngerkreises Abweichend von sect 174 Abs 1 ZPO darf daher an andere Personen bei denen aufgrund ihres Berufs von einer erhoumlhten Zuverlaumlssigkeit ausgegangen werden kann nicht nach sect 5 Abs 4 VwZG zugestellt werden in Betracht kommt aber eine elektronische Zustellung gem sect 5 Abs 5 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3133)

Ob eine elektronische Zustellung die Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur erfordert bestimmt sich danach ob fuumlr den zuzustellenden Verwaltungsakt die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben ist (sect 87a Abs 4 AO) Das elektronisch zuzustellende Dokument ist mit einem geeigneten Verfahren zu verschluumlsseln (sect 87a Abs 1 Satz 3 AO) Die Regelungen des sect 87a AO sind jedoch nicht anwendbar wenn die elektronische Zustellung durch Telefax erfolgt (vgl AEAO zu sect 122 Nr 182) Die Formerfordernisse der folgenden Nr 3133 des AEAO zu sect 122 gelten daher insoweit nicht

3133 Gem sect 5 Abs 5 VwZG kann ein Dokument auch an einen nicht in sect 5 Abs 4 VwZG genannten Empfaumlnger elektronisch zugestellt werden soweit der Empfaumlnger hierfuumlr einen Zugang eroumlffnet hat (zurbdquoZugangseroumlffnungldquo vgl AEAO zu sect 87a Nr 1) Fuumlr die Uumlbermittlung ist das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz zu versehen (sect 5 Abs 5 Satz 2 VwZG) also auch dann wenn fuumlr den zuzustellenden Verwaltungsakt die Schriftform nicht gesetzlich vorgeschrieben ist Es ist gegen unbefugte Kenntnisnahme Dritter zu schuumltzen (sect 5 Abs 5 Satz 2 VwZG) und mit einem geeigneten Verfahren zu verschluumlsseln (sect 87a Abs 1 Satz 3 AO)

3134 Bei der elektronischen Zustellung nach sect 5 Abs 4 oder Abs 5 VwZG ist die Uumlbermittlung mit demHinweis bdquoZustellung gegen Empfangsbekenntnisldquo einzuleiten Die Uumlbermittlung muss die absendende Behoumlrde den Namen und die Anschrift des Zustellungsadressaten (bdquoEmpfaumlngerldquo iSd Nr 15 des AEAO zu sect 122) sowie den Namen des Bediensteten erkennen lassen der das Dokument zur Uumlbermittlung aufgegeben hat (sect 5 Abs 6 VwZG) Beizufuumlgen ist ein vorbereitetes Formular fuumlr das Empfangsbekenntnis (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3135)

3135 Zum Nachweis der Zustellung in den Faumlllen des sect 5 Abs 4 und 5 VwZG genuumlgt das mit Datum und Unterschrift versehene Empfangsbekenntnis das an die Behoumlrde durch die Post oder elektronisch zuruumlckzusenden ist (sect 5 Abs 7 VwZG) Es kann auch durch Telefax uumlbermittelt werden Wird das Empfangsbekenntnis als elektronisches Dokument erteilt bedarf es einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz die in diesem Fall die Unterschrift ersetzt

Das datierte und unterschriebene Empfangsbekenntnis erbringt den vollen Beweis dafuumlr dass das darin bezeichnete Dokument an dem vom Empfaumlnger bezeichneten Tag tatsaumlchlich zugestellt worden ist ein Gegenbeweis ist aber zulaumlssig (BFH-Urteil vom 31102000 VIII R 1400 BStBl 2001 II S 156) Das Fehlen des Datums auf dem vom Empfaumlnger unterschriebenen Empfangsbekenntnis ist fuumlr die Rechtswirksamkeit der Zustellung unschaumldlich Maszliggebend fuumlr den durch die Zustellung ausgeloumlsten Beginn einer Frist ist der Zeitpunkt in dem der Aussteller des Empfangsbekenntnisses das Dokument als zugestellt entgegengenommen hat (BFH-Beschluss vom 2081982 VIII R 5882 BStBl 1983 II S 63)

Der Ruumlcklauf der Empfangsbekenntnisse ist in geeigneter Weise zu uumlberwachen Werden Empfangsbekenntnisse nicht zuruumlckgesandt ist zunaumlchst an die Ruumlckgabe zu erinnern Bleibt diese

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Erinnerung erfolglos ist der Verwaltungsakt auf andere Weise erneut zuzustellen es sei denn der Empfaumlnger hat das zuzustellende Dokument in Kenntnis der Zustellungsabsicht nachweislich entgegengenommen und behalten (BFH-Urteil vom 631990 II R 13187 BStBl II S 477) dies gilt aber nicht bei einer Zustellung nach sect 5 Abs 5 VwZG (vgl sect 8 VwZG)

314 Zustellung im Ausland (sect 9 VwZG)

3141 Soweit ein Verwaltungsakt im Ausland zuzustellen ist und nicht ein Fall des sect 9 Abs 1 Nr 3 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3142) vorliegt sollte vorrangig von der Moumlglichkeit der Zustellung durch Einschreiben mit Ruumlckschein (sect 9 Abs 1 Nr 1 VwZG) bzw der Zustellung elektronischer Dokumente (sect 9 Abs 1 Nr 4 VwZG) Gebrauch gemacht werden Beide Zustellungsarten setzen aber voraus dasssie bdquovoumllkerrechtlich zulaumlssigldquo sind Diese Formulierung umfasst nicht nur voumllkerrechtliche Uumlbereinkuumlnfte sondern auch etwaiges Voumllkergewohnheitsrecht ausdruumlckliches nichtvertragliches Einverstaumlndnis aber auch Tolerierung einer entsprechenden Zustellungspraxis durch den Staat in dem zugestellt werden soll Es kann davon ausgegangen werden dass eine Zustellung durch Einschreiben mit Ruumlckschein oder eine Zustellung elektronischer Dokumente zumindest toleriert wird und daher voumllkerrechtlich zulaumlssig ist dies gilt nicht hinsichtlich folgender Staaten Aumlgypten Argentinien China Republik Korea Kuwait Liechtenstein - soweit es sich um Steuern oder Besteuerungszeitraumlume handelt die nicht vom DBA mit Liechtenstein (BStBl 2013 I S 488) erfasst sind - Mexiko Russische Foumlderation San Marino Schweiz Sri Lanka Ukraine Venezuela

Zum Beweiswert eines Ruumlckscheins bei der Zustellung durch Einschreiben vgl sect 9 Abs 2 Satz 1 VwZG sowie AEAO zu sect 122 Nr 312

Bei einer Zustellung durch Uumlbermittlung elektronischer Dokumente sind neben der voumllkerrechtlichen Zulaumlssigkeit die Regelungen des sect 5 Abs 5 VwZG insbesondere die Erfordernisse einer bdquoZugangseroumlffnungldquo und einer qualifizierten elektronischen Signatur zu beachten vgl AEAO zu sect 122 Nr 3133 Zum Empfangsbekenntnis vgl sect 9 Abs 2 Satz 3 VwZG sowie AEAO zu sect 122 Nr 3135

3142 Zustellungsersuchen nach sect 9 Abs 1 Nr 2 VwZG (Zustellung durch die Behoumlrde des fremden Staates oder durch die zustaumlndige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland) oder nach sect 9 Abs 1 Nr 3 VwZG (Zustellung durch das Auswaumlrtige Amt) sind auf dem Dienstweg dem Bundeszentralamt fuumlr Steuern zuzuleiten Hierbei ist die Staatsangehoumlrigkeit des Empfaumlngers anzugeben weil diese fuumlr die Ausfuumlhrung der Zustellung maszliggeblich sein kann Ist die Staatsangehoumlrigkeit nicht bekannt so ist dies zu vermerken Ferner ist Folgendes zu beachten

- Der zuzustellende Verwaltungsakt muss in Maschinenschrift gefertigt sein und die vollstaumlndige auslaumlndische Anschrift des Empfaumlngers enthalten

- In dem Zustellungsersuchen sind die zuzustellenden Schriftstuumlcke einzeln aufzufuumlhren Sie sind genau und mit Datum zu bezeichnen

- Steuer- oder Haftungsbescheide muumlssen abgerechnet sein und erforderlichenfalls ein Leistungsgebot enthalten Wegen der Ungewissheit uumlber die Dauer des Zustellungsverfahrens sind etwaige Zahlungsfristen nicht datumsmaumlszligig zu bestimmen sondern vom Tag der Zustellung abhaumlngig zu machen (zB durch die Formulierung bdquoeinen Monat nach dem Tag der Zustellung dieses Bescheidsldquo)

- In der Rechtsbehelfsbelehrung ist - ggf unter Aumlnderung eines vorgedruckten Textes - daruumlber zu belehren dass der fuumlr den Beginn der Rechtsbehelfsfrist maszliggebliche Tag der Bekanntgabe der Tag der Zustellung ist

- Sind Verwaltungsakte an mehrere Empfaumlnger zuzustellen muumlssen jeweils gesonderte Zustellungsersuchen gestellt werden (vgl AEAO zu sect 122 Nr 32) Dies gilt auch bei Zustellungen an Ehegatten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 34)

3143 Von der durch sect 9 Abs 3 VwZG eingeraumlumten Moumlglichkeit bei einer Zustellung nach sect 9 Abs 1 Nr 2 oder Nr 3 VwZG anzuordnen dass ein inlaumlndischer Zustellungsbevollmaumlchtigter benannt wird sollte nur Gebrauch gemacht werden wenn zu erwarten ist dass kuumlnftig Verwaltungsakte erlassen werden fuumlr die das Gesetz die foumlrmliche Zustellung vorschreibt (vgl AEAO zu sect 122 Nr 183) Ansonsten ist vorrangig nach sect 123 AO zu verfahren soweit die Benennung eines inlaumlndischen Empfangsbevollmaumlchtigten fuumlr erforderlich oder zweckmaumlszligig gehalten wird

315 Oumlffentliche Zustellung (sect 10 VwZG)

Die oumlffentliche Zustellung kommt nur als bdquoletztes Mittelldquo der Bekanntgabe in Betracht wenn alle Moumlglichkeiten erschoumlpft sind das Dokument dem Empfaumlnger in anderer Weise zu uumlbermitteln

3151 Eine oumlffentliche Zustellung wegen eines unbekannten Aufenthaltsortes des Empfaumlngers (sect 10 Abs 1 Satz 1 Nr 1 VwZG) ist nicht bereits dann zulaumlssig wenn die Finanzbehoumlrde die Anschrift nicht kennt oder Briefe als unzustellbar zuruumlckkommen Die Anschrift des Empfaumlngers muss vielmehr allgemein unbekannt sein (BFH-Urteil vom 9122009 X R 5406 BStBl 2010 II S 732) Dies ist durch eine Erklaumlrung der zustaumlndigen Meldebehoumlrde oder auf andere Weise zu belegen Die bloszlige Feststellung dass sich der Empfaumlnger bei der Meldebehoumlrde abgemeldet hat ist nicht ausreichend Die

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Finanzbehoumlrde muss daher bevor sie durch oumlffentliche Bekanntmachung zustellt die nach Sachlage gebotenen und zumutbaren Ermittlungen anstellen Dazu gehoumlren insbesondere Nachforschungen bei der Meldebehoumlrde u U auch die Befragung von Angehoumlrigen oder des bisherigen Vermieters des Empfaumlngers Auch Hinweisen auf den mutmaszliglichen neuen Aufenthaltsort des Empfaumlngers muss durch Ruumlckfrage bei der dortigen Meldebehoumlrde nachgegangen werden

Eine Rechtspflicht der zustellenden Behoumlrde Anschriften im Ausland zu ermitteln ist regelmaumlszligig zu verneinen wenn ein Fall der bdquoAuslandsfluchtldquo vorliegt oder wenn sich der Empfaumlnger beim inlaumlndischen Melderegister bdquoins Auslandldquo ohne Angabe einer Anschrift abgemeldet hat oder sich in einer Weise verhaumllt die auf seine Absicht schlieszligen laumlsst seinen Aufenthaltsort zu verheimlichen Die Finanzbehoumlrde ist in diesen Faumlllen vorrangig nur zu Ermittlungsmaszlignahmen im Inland verpflichtet zB durch Nachfragen beim Einwohnermeldeamt und bei Kontaktpersonen des Empfaumlngers (BFH-Urteil vom 9122009 X R 5406 aaO) Ist aber zu vermuten dass sich der Steuerpflichtige in einem bestimmten anderen Land aufhaumllt sind die Ermittlungsmoumlglichkeiten des zwischenstaatlichen Auskunftsaustauschs nach dem BMF-Schreiben vom 2512006 BStBl I S 26 auszuschoumlpfen (BFH-Urteil vom 9122009 X R 5406 aaO)

Nicht zulaumlssig ist es beispielsweise eine oumlffentliche Zustellung bereits dann anzuordnen wenn eine versuchte Bekanntgabe unter einer Adresse die der Empfaumlnger angegeben hat einmalig fehlgeschlagen ist oder wenn lediglich die Vermutung besteht dass eine Adresse an die sich der Empfaumlnger bei der Meldebehoumlrde abgemeldet hat eine Scheinadresse ist (BFH-Urteil vom 662000 VII R 5599 BStBl II S 560 und BFH-Beschluss vom 1332003 VII B 19602 BStBl II S 609) Eine oumlffentliche Zustellung ist aber wirksam wenn die Finanzbehoumlrde durch unrichtige Auskuumlnfte Dritter zu der unrichtigen Annahme verleitet wurde der Empfaumlnger sei unbekannten Aufenthaltsortes sofern die Finanzbehoumlrde auf die Richtigkeit der ihr erteilten Auskunft vertrauen konnte (BFH-Beschluss vom 1332003 VII B 19602 aaO)

3152 Nach sect 10 Abs 1 Satz 1 Nr 2 VwZG kann oumlffentlich zugestellt werden wenn bei juristischen Personen die zur Anmeldung einer inlaumlndischen Geschaumlftsanschrift zum Handelsregister verpflichtet sind eine Zustellung weder unter der eingetragenen Anschrift noch unter einer im Handelsregister eingetragenen Anschrift einer fuumlr Zustellungen empfangsberechtigten Person oder einer ohne Ermittlungen bekannten anderen inlaumlndischen Anschrift moumlglich ist

3153 Nach sect 10 Abs 1 Satz 1 Nr 3 VwZG kommt eine oumlffentliche Zustellung in Betracht wenn eine Zustellung im Ausland (sect 9 VwZG vgl AEAO zu sect 122 Nr 314) nicht moumlglich ist oder keinen Erfolg verspricht Eine Zustellung im Ausland verspricht keinen Erfolg wenn sie grundsaumltzlich moumlglich waumlre ihre Durchfuumlhrung aber etwa wegen Kriegs Abbruchs der diplomatischen Beziehungen Verweigerung der Amtshilfe oder unzureichender Vornahme durch die oumlrtlichen Behoumlrden nicht zu erwarten ist Der Umstand dass die Ausfuumlhrung eines Zustellungsersuchens laumlngere Zeit in Anspruch nehmen wird rechtfertigt aber nicht die Anordnung einer oumlffentlichen Zustellung (BFH-Urteil vom 662000 VII R 5599 BStBl II S 560)

Sobald die auslaumlndische Anschrift des Steuerpflichtigen bekannt ist und eine Postverbindung besteht sind nach erfolgter oumlffentlicher Zustellung dem Steuerpflichtigen die Tatsache der oumlffentlichen Zustellung und der Inhalt des Verwaltungsakts (zB durch Beifuumlgen einer Ablichtung) mit einfachem Brief mitzuteilen Diese Mitteilung ist an Empfaumlnger in saumlmtlichen Staaten zulaumlssig da es sich hierbei mangels rechtlicher Regelung nicht um einen Verwaltungsakt handelt Wird der Mitteilung eine Kopie des Verwaltungsakts beigefuumlgt ist der Steuerpflichtige darauf hinzuweisen dass mit der Beifuumlgung dieser Kopie der Verwaltungsakt nicht erneut bekannt gegeben wird und die Rechtsfolgen des Verwaltungsakts (insbesondere der Beginn der Einspruchsfrist) bereits mit der oumlffentlichen Zustellung eingetreten sind

3154 Zur Durchfuumlhrung der oumlffentlichen Zustellung ist nicht der Inhalt (auch nicht der verfuumlgende Teil) des zuzustellenden Verwaltungsakts oumlffentlich bekannt zu geben sondern lediglich eine Benachrichtigung mit weitgehend neutralem Inhalt (sect 10 Abs 2 VwZG) Die Benachrichtigung muss die Behoumlrde fuumlr die zugestellt wird den Namen und die letzte bekannte Anschrift des Zustellungsempfaumlngers das Datum und das Aktenzeichen des Dokuments sowie die Stelle wo das Dokument eingesehen werden kann erkennen lassen (sect 10 Abs 2 Satz 2 VwZG) Fuumlr das in der Benachrichtigung anzugebende Aktenzeichen des zuzustellenden Dokuments (sect 10 Abs 2 Satz 2 Nr 3 VwZG) gelten die Ausfuumlhrungen in Nr 3111 des AEAO zu sect 122 entsprechend Die Benachrichtigung muss ferner den Hinweis enthalten dass das Dokument oumlffentlich zugestellt wird und Fristen in Lauf gesetzt werden koumlnnen nach deren Ablauf Rechtsverluste eintreten koumlnnen (sect 10 Abs 2 Satz 3 VwZG) Bei der Zustellung einer Ladung muss die Benachrichtigung den Hinweis enthalten dass das Dokument eine Ladung zu einem Termin enthaumllt dessen Versaumlumung Rechtsnachteile zur Folge haben kann (sect 10 Abs 2 Satz 4 VwZG) Die Benachrichtigung ist an der Stelle bekannt zu machen die von der Behoumlrde hierfuumlr allgemein bestimmt ist (zB durch Aushang im Dienstgebaumlude) Alternativ hierzu kann die Benachrichtigung auch durch Veroumlffentlichung im Bundesanzeiger bekannt gemacht werden (sect 10 Abs 2 Satz 1 VwZG) In den Akten ist zu vermerken wann und in welcher Weise die Benachrichtigung bekannt gemacht wurde (sect 10 Abs 2 Satz 5 VwZG)

Wird die Benachrichtigung uumlber die oumlffentliche Zustellung durch Aushang bekannt gemacht ist sie stets bis zu dem Zeitpunkt auszuhaumlngen zu dem die Zustellung nach sect 10 Abs 2 Satz 6 VwZG als bewirkt

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anzusehen ist Das gilt auch dann wenn der Empfaumlnger vor Fristablauf bei der Finanzbehoumlrde erscheint und ihm das zuzustellende Schriftstuumlck ausgehaumlndigt wird (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3155) Die Aushaumlndigung ist in den Akten zu vermerken

3155 Der Verwaltungsakt gilt zwei Wochen nach dem Tag der Bekanntmachung der Benachrichtigung als zugestellt (sect 10 Abs 2 Satz 6 VwZG) Dies gilt auch wenn dem Empfaumlnger vor Ablauf dieser zweiwoumlchigen Frist der Verwaltungsakt ausgehaumlndigt wurde Die Frist gem sect 10 Abs 2 Satz 6 VwZG bestimmt sich nach sect 108 Abs 1 AO iVm sectsect 187 Abs 1 188 Abs 2 BGB Danach ist bei der Berechnung einer Aushangfrist der Tag des Aushangs nicht mitzurechnen Die Frist endet mit Ablauf des Tages der dem Aushangtag kalendermaumlszligig entspricht Bei der Berechnung der Frist ist ggf sect 108 Abs 3 AO zu beachten (vgl AEAO zu sect 108 Nr 1)

32 Zustellung an mehrere Beteiligte

Soll ein Verwaltungsakt mehreren Beteiligten zugestellt werden so ist - soweit kein gemeinsamer Bevollmaumlchtigter vorhanden ist (vgl AEAO zu sect 122 Nr 33) - das Dokument jedem einzelnen gesondert zuzustellen (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 3113 und 3142) Zur Zustellung an Ehegatten vgl AEAO zu sect 122 Nr 34

33 Zustellung an Bevollmaumlchtigte (sect 7 VwZG)

331 Ist fuumlr das Verfahren ein Bevollmaumlchtigter bestellt kann an diesen zugestellt werden (sect 7 Abs 1 Satz 1 VwZG) Hat der Bevollmaumlchtigte eine schriftliche Vollmacht vorgelegt muss an diesen zugestellt werden (sect 7 Abs 1 Satz 2 VwZG) dies gilt auch wenn die Vollmacht in elektronischer Form (sect 87a Abs 3 AO) vorgelegt wurde Eine Zustellung direkt an dendie Beteiligten ist in diesem Falle unwirksam Haben mehrere Beteiligte einen gemeinsamen Verfahrensbevollmaumlchtigten bestellt genuumlgt es dem Bevollmaumlchtigten eine Ausfertigung des Dokuments mit Wirkung fuumlr alle Beteiligten zuzustellen (sect 7 Abs 1 Satz 3 VwZG BFH-Urteil vom 1381970 IV 4865 BStBl II S 839) Dies gilt auch wenn der Verfahrensbevollmaumlchtigte selbst Beteiligter ist und zugleich andere Beteiligte vertritt

332 Einem Zustellungsbevollmaumlchtigten mehrerer Beteiligter sind so viele Ausfertigungen oder Abschriften zuzustellen als Beteiligte vorhanden sind (sect 7 Abs 2 VwZG)

333 Haben mehrere Personen im Feststellungsverfahren einen gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten (sect 183 AO sect 6 der V zu sect 180 Abs 2 AO) so vertritt dieser die Feststellungsbeteiligten auch bei Zustellungen (sect 7 Abs 3 VwZG) Dem Empfangsbevollmaumlchtigten ist eine Ausfertigung des Dokuments zuzustellen und dabei darauf hinzuweisen dass die Bekanntgabe mit Wirkung fuumlr und gegen alle von ihm vertretenen Feststellungsbeteiligten erfolgt (sect 183 Abs 1 Satz 5 AO sect 6 Abs 1 Satz 5 der V zu sect 180 AO vgl AEAO zu sect 122 Nr 252)

334 Soll eine Einspruchsentscheidung zugestellt werden (vgl AEAO zu sect 366 Nr 2) hat die Finanzbehoumlrde diese dem Verfahrensbevollmaumlchtigten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 331) auch ohne Nachweis einer Vollmacht zuzustellen wenn dieser den Einspruch eingelegt und die Finanzbehoumlrde ihn als Bevollmaumlchtigten in der Einspruchsentscheidung aufgefuumlhrt hat (BFH-Urteil vom 25101963 III 760 U BStBl III S 600) Hat der Steuerpflichtige den Einspruch selbst eingelegt ist jedoch im weiteren Verlauf des Einspruchsverfahrens ein Bevollmaumlchtigter fuumlr den Steuerpflichtigen aufgetreten ist die Einspruchsentscheidung nur dann dem Bevollmaumlchtigten zuzustellen wenn eine Empfangsvollmacht vorliegt oder das Interesse des Steuerpflichtigen an einer Bekanntgabe gegenuumlber dem Bevollmaumlchtigten nach den Umstaumlnden des Einzelfalls eindeutig erkennbar ist (BFH-Urteil vom 2971987 I R 367 37983 BStBl 1988 II S 242)

34 Zustellung an Ehegatten

Der Grundsatz der Nr 32 des AEAO zu sect 122 ist auch bei der Zustellung an Ehegatten zu beachten

Haben beide Ehegatten gegen einen zusammengefassten Steuerbescheid (vgl AEAO zu sect 122 Nr 211) Einspruch eingelegt so ist - falls die Finanzbehoumlrde die foumlrmliche Zustellung angeordnet hat (vgl AEAO zu sect 122 Nr 183 und zu sect 366 Nr 2) - grundsaumltzlich jedem der Ehegatten je eine Ausfertigung der an beide zu richtenden einheitlichen Einspruchsentscheidung zuzustellen (BFH-Urteil vom 861995 IV R 10494 BStBl II S 681 vgl AEAO zu sect 122 Nr 3113) Dies gilt unabhaumlngig davon in welcher Weise (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 211 bis 215) der angefochtene Bescheid bekannt gegeben worden ist Bei einer Zustellung mittels Einschreiben (vgl AEAO zu sect 122 Nr 312) koumlnnen aber beide Ausfertigungen in einer an beide Eheleute gemeinsam adressierten Sendung zur Post gegeben werden (Urteil des FG Bremen vom 2361992 II 8791 K EFG S 758)

Tritt gegenuumlber der Finanzbehoumlrde nur einer der Ehegatten im Einspruchsverfahren auf so ist im Zweifel zu klaumlren ob dieser den Einspruch nur im eigenen Namen oder auch fuumlr den anderen Ehegatten fuumlhrt Bei Vorliegen einer bdquoVollmachtldquo ist zu unterscheiden ob der Einspruchsfuumlhrer Zustellungsbevollmaumlchtigter (vgl AEAO zu sect 122 Nr 332) oder Verfahrensbevollmaumlchtigter (vgl AEAO zu sect 122 Nr 331) ist Dem Ehegatten als Zustellungsbevollmaumlchtigten darf mit Wirkung auch fuumlr den anderen Ehegatten zugestellt werden wobei an ihn je eine Ausfertigung der Entscheidung fuumlr jeden Ehegatten zuzustellen ist Dem Ehegatten als Verfahrensbevollmaumlchtigten muss mit Wirkung fuumlr den anderen Ehegatten zugestellt werden wobei eine Ausfertigung genuumlgt

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4 Folgen von Verfahrens- und Formfehlern

41 Unwirksamkeit des Verwaltungsakts wegen inhaltlicher Maumlngel

Fehlen in einem Verwaltungsakt unverzichtbare wesentliche Bestandteile (siehe zum Steuerbescheid sect 157 Abs 1 Satz 2 AO) die dazu fuumlhren dass dieser inhaltlich nicht hinreichend bestimmt ist (sect 119 Abs 1 AO) so ist ein solcher Verwaltungsakt gem sect 125 Abs 1 AO nichtig und damit unwirksam (sect 124 Abs 3 AO) Eine Heilung derartiger Fehler ist nicht moumlglich vielmehr ist ein neuer Verwaltungsakt zu erlassen (BFH-Urteil vom 1771986 V R 9685 BStBl II S 834)

411 Wird der Steuerschuldner (Inhaltsadressat) im Steuerbescheid gar nicht falsch oder so ungenau bezeichnet dass Verwechslungen moumlglich sind ist der Verwaltungsakt wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nichtig und damit unwirksam Eine Heilung im weiteren Verfahren gegen den tatsaumlchlichen Schuldner ist nicht moumlglich es muss ein neuer Steuerbescheid mit richtiger Bezeichnung des Steuerschuldners (Inhaltsadressaten) verfuumlgt und bekannt gegeben werden (BFH-Urteil vom 1731970 II 6563 BStBl II S 598)

Ist dagegen im Steuerbescheid eine falsche Person eindeutig und zweifelsfrei als Steuerschuldner (Inhaltsadressat) angegeben und wurde der Bescheid dieser Person bekannt gegeben so ist der Bescheid nicht nichtig sondern rechtswidrig und damit lediglich anfechtbar (BFH-Beschluss vom 17111987 V B 11187 BFHNV 1988 S 682)

412 Konnte im Fall einer Gesamtrechtsnachfolge ein Steuerbescheid dem Rechtsvorgaumlnger (Erblasser) nicht mehr rechtswirksam bekannt gegeben werden ist der Bescheid an den Gesamtrechtsnachfolger als Steuerschuldner (Inhaltsadressaten) zu richten Ein gleichwohl an den Rechtsvorgaumlnger gerichteter Bescheid ist unwirksam (BFH-Urteil vom 2431970 I R 14169 BStBl II S 501 vgl AEAO zu sect 122 Nr 2121)

413 Ein Verwaltungsakt der dem Inhaltsadressaten selbst bekannt gegeben wird obwohl eine andere Person der zutreffende Bekanntgabeadressat ist (vgl AEAO zu sect 122 Nr 143) ist unwirksam (BFH-Beschluss vom 1451968 II B 4167 BStBl II S 503) Eine Heilung ist nicht moumlglich vielmehr ist ein neuer Verwaltungsakt mit Bezeichnung des zutreffenden Bekanntgabeadressaten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 143) zu erlassen Zu den Folgen einer nur fehlerhaften Bezeichnung des Bekanntgabeadressaten vgl AEAO zu sect 122 Nr 423

42 Wirksamkeit des Verwaltungsakts trotz inhaltlicher Maumlngel

421 Wird der richtige Steuerschuldner (Inhaltsadressat) lediglich ungenau bezeichnet ohne dass Zweifel an der Identitaumlt bestehen (zB falsche Bezeichnung der Rechtsform einer Gesellschaft OHG statt KG GbR statt OHG oAuml) so liegt kein Fall der inhaltlichen Unbestimmtheit vor Der Steuerbescheid ist daher nicht unwirksam die falsche Bezeichnung kann berichtigt werden (BFH-Urteile vom 2661974 II R 19972 BStBl II S 724 und vom 2691974 IV R 2471 BStBl 1975 II S 311 BFH-Beschluss vom 1831998 IV B 5097 BFHNV S 1255)

422 Ist in einem Feststellungsbescheid ein Beteiligter falsch bezeichnet weil Rechtsnachfolge eingetreten ist kann dies durch besonderen Bescheid gegenuumlber den Betroffenen berichtigt werden (sect 182 Abs 3 AO)

423 Die fehlerhafte Bezeichnung des Bekanntgabeadressaten macht den Bescheid nicht in jedem Fall unwirksam die Bekanntgabe kann aber fehlerhaft sein Die aus einer formell fehlerhaften Bezeichnung herruumlhrenden Maumlngel koumlnnen geheilt werden wenn der von der Finanzbehoumlrde zutreffend bestimmte aber fehlerhaft bezeichnete Bekanntgabeadressat tatsaumlchlich vom Inhalt des Bescheids Kenntnis erhaumllt

Beispiel

Der gesetzliche Vertreter (Bekanntgabeadressat) eines Minderjaumlhrigen (Steuerschuldner und Inhaltsadressat) wird irrtuumlmlich als Adam Meier bezeichnet obwohl es sich um Alfred Meier handelt dem der Verwaltungsakt auch tatsaumlchlich zugeht

Aus Gruumlnden der Rechtssicherheit soll im Zweifel die Bekanntgabe des Verwaltungsakts unter richtiger Angabe des Bekanntgabeadressaten wiederholt werden

424 Geringfuumlgige Abweichungen bei der Bezeichnung des Inhaltsadressaten des Bekanntgabeadressaten oder des Empfaumlngers die insbesondere bei auslaumlndischen Namen auf technischen Schwierigkeiten Lesefehlern usw beruhen machen den Bescheid weder unwirksam noch anfechtbar Dies gilt auch wenn bei einer juristischen Person ein unwesentlicher Namensbestandteil weggelassen oder abgekuumlrzt wird oder eine allgemein uumlbliche Kurzformel eines eingetragenen Namens verwendet wird Bei einem Verstoszlig gegen das Namensrecht (zB Abkuumlrzung uumlberlanger Namen Uumlbersehen von Adelspraumldikaten oder akademischen Graden) wird der Steuerbescheid dennoch durch Bekanntgabe wirksam wenn der Steuerschuldner (Inhaltsadressat) durch die verwendeten Angaben unverwechselbar bezeichnet wird

43 Unwirksamkeit des Verwaltungsakts wegen eines Bekanntgabemangels

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Ein Verwaltungsakt wird erst mit ordnungsmaumlszligiger Bekanntgabe wirksam (sect 122 Abs 1 sect 124 AO) Zur Heilung von Bekanntgabemaumlngeln vgl AEAO zu sect 122 Nr 444 zu Maumlngeln bei der foumlrmlichen Zustellung vgl AEAO zu sect 122 Nr 45

Wird ein inhaltlich richtiger Verwaltungsakt einem auf der Postsendung unrichtig ausgewiesenen Empfaumlnger uumlbermittelt (zB Briefumschlaumlge werden vertauscht) ist der Verwaltungsakt weder gegenuumlber dem richtigen noch gegenuumlber dem falschen Empfaumlnger wirksam

Beispiel

Das FA erlaumlsst einen fuumlr Herrn Konrad Meier Sternstraszlige 15 53111 Bonn bestimmten Einkommensteuerbescheid Der Bescheid weist im Anschriftenfeld die vorstehende Adresse aus wird aber in einen Briefumschlag eingelegt der an Herrn Ludwig Meier Koumlnigstraszlige 200 40212 Duumlsseldorf adressiert ist

Der Bescheid ist nicht wegen fehlender inhaltlicher Bestimmtheit nichtig weil aus ihm eindeutig hervorgeht wer Steuerschuldner (Inhaltsadressat) ist Er wurde jedoch nicht dem Beteiligten fuumlr den er bestimmt ist bekannt gegeben und ist damit nicht wirksam Die Unwirksamkeit des Bescheids kann unter entsprechender Anwendung des sect 125 Abs 5 AO foumlrmlich festgestellt werden Gegenuumlber dem richtigen BekanntgabeadressatenEmpfaumlnger wird er erst wirksam wenn die Bekanntgabe an diesen nachgeholt wird Leitet der falsche Empfaumlnger die Ausfertigung des Verwaltungsakts an den richtigen Empfaumlnger (Bekanntgabeadressaten) weiter wird der zunaumlchst vorliegende Bekanntgabemangel geheilt und der Verwaltungsakt wirksam (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 441 444 und 173)

44 Wirksame Bekanntgabe

441 Fehler beim technischen Ablauf der Uumlbermittlung des Verwaltungsakts und Verletzungen von Formvorschriften koumlnnen unbeachtlich sein (sect 127 AO) wenn der Betroffene den fuumlr ihn bestimmten Verwaltungsakt tatsaumlchlich zur Kenntnis genommen hat (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 423 und 444 zweiter Absatz) Andererseits kann eine Bekanntgabe im Rechtssinne unter bestimmten Voraussetzungen auch wirksam sein wenn der Betroffene selbst den Verwaltungsakt tatsaumlchlich nicht erhalten zur Kenntnis genommen oder verstanden hat Das Gesetz fingiert in diesen Faumlllen dieBekanntgabe (zB bei Uumlbermittlung an einen fuumlr den Betroffenen handelnden Bekanntgabeadressaten) Zu den Folgen der Nichtbeachtung einer Empfangsvollmacht vgl AEAO zu sect 122 Nr 173

442 Ein Feststellungsbescheid der im Anschriftenfeld eine im Zeitpunkt seines Erlasses bereits erloschene Personengesellschaft benennt ist wirksam bekannt gegeben wenn aus dem Gesamtinhalt des Bescheids erkennbar ist fuumlr welche Personen und in welcher Houmlhe Besteuerungsgrundlagen festgestellt werden und dieser Bescheid diesen Personen auch uumlbermittelt wird (BFH-Urteil vom 2741978 IV R 18774 BStBl 1979 II S 89)

443 Solange das Ausscheiden eines Gesellschafters im Handelsregister nicht eingetragen und dem Finanzamt auch sonst nicht bekannt geworden ist ist die Bekanntgabe des Feststellungsbescheids an einen Empfangsbevollmaumlchtigten iSd sect 183 AO auch dem ausgeschiedenen Gesellschafter gegenuumlber wirksam erfolgt (BFH-Urteile vom 3111959 I 259 U BStBl 1960 III S 96 und vom 14121978 IV R 22175 BStBl 1979 II S 503 vgl AEAO zu sect 122 Nrn 255 und 422)

444 Heilung von Bekanntgabemaumlngeln

Bekanntgabemaumlngel koumlnnen unter den Voraussetzungen des entsprechend anwendbaren sect 8 VwZG (vgl AEAO zu sect 122 Nr 451) geheilt werden (BFH-Urteil vom 29101997 X R 3795 BStBl 1998 II S 266)

Ein Verwaltungsakt kann trotz unrichtig angegebener Anschrift wirksam sein wenn der Bekanntgabeadressat die Sendung tatsaumlchlich erhaumllt (BFH-Urteil vom 121990 V R 7485 BFHNV 1991 S 2 fuumlr den Fall der Angabe einer unzutreffenden Hausnummer)

Wird dem Bekanntgabeadressaten eines Verwaltungsakts die Einspruchsentscheidung ordnungsgemaumlszlig bekannt gegeben so kommt es auf Bekanntgabemaumlngel des urspruumlnglichen Bescheids grundsaumltzlich nicht mehr an (BFH-Urteile vom 28101988 III R 5286 BStBl 1989 II S 257 und vom 1651990 X R 14787 BStBl II S 942) Der Fehler bei der Bekanntgabe wird jedoch nicht geheilt wenn der Einspruch in der Einspruchsentscheidung als unzulaumlssig verworfen wird (BFH-Urteil vom 2511994 VIII R 4592 BStBl II S 603)

445 Zusammengefasste Steuerbescheide

Zusammengefasste Steuerbescheide (sect 155 Abs 3 AO) koumlnnen gegenuumlber mehreren Beteiligten zu verschiedenen Zeitpunkten bekannt gegeben werden Eine unterlassene oder unwirksame Bekanntgabe kann jederzeit nachgeholt werden (BFH-Urteil vom 2551976 VIII R 6674 BStBl II S 606) der Ablauf der Festsetzungsfrist ist zu beachten Die Wirksamkeit eines Steuerbescheids gegenuumlber einem Beteiligten wird nicht dadurch beruumlhrt dass dieser Bescheid gegenuumlber einem anderen Beteiligten unwirksam ist Zur Bekanntgabe an Ehegatten vgl AEAO zu sect 122 Nr 21

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45 Fehler bei foumlrmlichen Zustellungen

451 Laumlsst sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen gilt es als in dem Zeitpunkt zugestellt in dem es dem Empfangsberechtigten tatsaumlchlich zugegangen ist im Fall des sect 5 Abs 5 VwZG (Zustellung eines elektronischen Dokuments vgl AEAO zu sect 122 Nrn 3133 und 3135) in dem Zeitpunkt in dem der Empfaumlnger das Empfangsbekenntnis zuruumlckgesendet hat (sect 8 VwZG) Dies gilt auch dann wenn durch die Zustellung eine Klagefrist in Lauf gesetzt wird (zB in den Faumlllen der behoumlrdlich angeordneten foumlrmlichen Zustellung einer Einspruchsentscheidung) Ein Zustellungsmangel ist nach sect 8 VwZG auch dann geheilt wenn der Empfaumlnger nachweislich nur eine Fotokopie des Verwaltungsakts erhalten hat (BFH-Urteil vom 1511991 VII R 8689 BFHNV 1992 S 81)

452 Zwingende Zustellungsvorschriften sind insbesondere bei der Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde (vgl AEAO zu sect 122 Nr 311) zu beachten Es muumlssen sowohl die Zustellungsart (zB Ersatzzustellung) als auch der Zustellungsort (Wohnung Geschaumlftsraum) richtig durch den Postbediensteten beurkundet werden (BFH-Urteil vom 10101978 VIII R 19774 BStBl 1979 II S 209) Das Aktenzeichen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3111) muss sowohl auf dem Briefumschlag als auch auf der Zustellungsurkunde angegeben sein (BFH-Urteil vom 24111977 IV R 11375 BStBl 1978 II S 467) Auch ein Verstoszlig gegen sect 10 VwZG bei der Anordnung einer oumlffentlichen Zustellung (vgl AEAO zu sect 122 Nr 315) kann unter den Voraussetzungen des sect 8 VwZG geheilt werden (BFH-Urteil vom 662000 VII R 5599 BStBl II S 560)

453 Eine wegen Formmangels unwirksame von der Finanzbehoumlrde angeordnete Zustellung eines Verwaltungsakts kann nicht in eine wirksame bdquoschlichteldquo Bekanntgabe iSd sect 122 Abs 1 AO umgedeutet werden (BFH-Urteile vom 2511994 VIII R 4592 BStBl II S 603 und vom 861995 IV R 10494 BStBl II S 681)

46 Fehlerhafte Bekanntgabe von Grundlagenbescheiden

Da ein Folgebescheid gem sect 155 Abs 2 AO vor Erlass eines notwendigen Grundlagenbescheids ergehen kann ist die Unwirksamkeit der Bekanntgabe eines Grundlagenbescheids fuumlr den bereits vorliegenden Folgebescheid ohne Bedeutung Erst wenn der Grundlagenbescheid wirksam bekannt gegeben worden ist sind daraus fuumlr den Folgebescheid Folgerungen zu ziehen (sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO)

47 Bekanntgabe von gesonderten und einheitlichen Feststellungen an einzelne Beteiligte

471 Ein Verwaltungsakt der an mehrere Beteiligte gerichtet ist (zB gesonderte und einheitliche Feststellung) aber nicht allen Beteiligten bekannt gegeben wird ist dadurch nicht unwirksam Mit der Bekanntgabe an einzelne Beteiligte ist der Verwaltungsakt als entstanden anzusehen er hat gegenuumlber diesen Beteiligten Wirksamkeit erlangt und kann insgesamt nicht mehr frei sondern nur bei Vorliegender gesetzlichen Aumlnderungsvorschriften geaumlndert werden (BFH-Urteile vom 3151978 I R 7676 BStBl II S 600 und vom 25111987 II R 22784 BStBl 1988 II S 410) Zur Nachholung der Bekanntgabe an die uumlbrigen Beteiligten vgl AEAO zu sect 122 Nr 251

472 Die einzelnen Gesellschafter sind nicht in ihren Rechten verletzt wenn ein gesonderter und einheitlicher Feststellungsbescheid anderen Gesellschaftern nicht oder nicht ordnungsgemaumlszlig bekannt gegeben worden ist (BFH-Urteil vom 12121978 VIII R 1076 BStBl 1979 II S 440)

AEAO zu sect 123 - Bestellung eines Empfangsbevollmaumlchtigten

1 Von der Moumlglichkeit zur Bestellung eines inlaumlndischen Empfangsbevollmaumlchtigten aufzufordern ist kein Gebrauch zu machen soweit der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz seinen gewoumlhnlichen Aufenthalt seinen Sitz oder seine Geschaumlftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europaumlischen Union hat

2 Von der Moumlglichkeit des sect 123 AO ist im Uumlbrigen grundsaumltzlich kein Gebrauch zu machen soweit Verwaltungsakte einem Empfaumlnger im Ausland unmittelbar zugestellt (vgl AEAO zu sect 122 Nr 3141) oder durch einfachen Brief bekannt gegeben werden duumlrfen (vgl AEAO zu sect 122 Nr 184) Eine Ausnahme kommt insbesondere in Betracht wenn dem Steuerpflichtigen in der Vergangenheit wiederholt Verwaltungsakte nicht mittels einfachen Briefs oder foumlrmlicher Zustellung bekannt gegeben werden konnten weil dieser die Annahme verweigert oder bereits mehrfach den Zugang von Steuerverwaltungsakten bestritten hat

3 Abweichend von sect 122 Abs 2 und 2a AO ist die Zugangsvermutung gem sect 123 Satz 3 AO nur dann widerlegt wenn feststeht dass das Schriftstuumlck oder das elektronische Dokument den Empfaumlnger nicht oder zu einem spaumlteren Zeitpunkt erreicht hat Zweifel gehen zu Lasten des Empfaumlngers

AEAO zu sect 124 - Wirksamkeit des Verwaltungsakts

1 Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam mit dem er bekannt gegeben wird Maszliggebend ist nicht die Aktenverfuumlgung der Finanzbehoumlrde sondern die Fassung die dem Beteiligten zugegangen ist

Bei der Auslegung des Verwaltungsakts kommt es gem dem entsprechend anzuwendenden sect 133 BGB nicht darauf an was die Finanzbehoumlrde mit ihren Erklaumlrungen gewollt hat sondern darauf wie der

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Betroffene nach den ihm bekannten Umstaumlnden den materiellen Gehalt der Erklaumlrungen unter Beruumlcksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte Im Zweifel ist das den Steuerpflichtigen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen (BFH-Urteil vom 27111996 X R 2095 BStBl 1997 II S 791)

2 Weicht der bekannt gegebene Verwaltungsakt von der Aktenverfuumlgung ab so liegt idR ein Schreib-oder Uumlbertragungsfehler vor der gem sect 129 AO berichtigt werden kann Sind die Voraussetzungen des sect 129 AO nicht gegeben hat die Finanzbehoumlrde alle Moumlglichkeiten einer Ruumlcknahme des Widerrufs der Aufhebung oder Aumlnderung des Verwaltungsakts zu pruumlfen

3 Bis zur Bekanntgabe wird der Verwaltungsakt nicht wirksam Er kann daher bis zu diesem Zeitpunkt ruumlckgaumlngig gemacht oder abgeaumlndert werden ohne dass die Voraussetzungen der sectsect 130 131 AO oder der sectsect 172 ff AO vorliegen muumlssen

4 Eine wirksame Bekanntgabe setzt voraus dass der zum Erlass befugte Bedienstete diese veranlasst und dass er mit dem Willen handelt den Bescheid bekannt zu geben (BFH-Urteil vom 24111988 V R 12383 BStBl 1989 II S 344) Der Bekanntgabewille wird dadurch gebildet dass der zeichnungsberechtigte Bedienstete die Aktenverfuumlgung des Verwaltungsakts abschlieszligend zeichnet und den Versand des Verwaltungsakts veranlasst oder dass die Bescheiderteilung in anderer Form abschlieszligend veranlasst und die Versendung des Bescheids angewiesen wird

5 Der Bekanntgabewille kann aufgegeben werden Die Aufgabe des Willens der Finanzbehoumlrde zur Bekanntgabe eines Verwaltungsakts fuumlhrt aber nur dann zu dessen Unwirksamkeit wenn der Wille aufgegeben wird bevor der Bescheid den Herrschaftsbereich der Verwaltung verlassen hat die Rechtzeitigkeit der Aufgabe des Bekanntgabewillens muss in den Akten hinreichend klar und eindeutig dokumentiert sein (BFH-Urteil vom 2382000 X R 2798 BStBl 2001 II S 662) Der Empfaumlnger des Verwaltungsakts ist unverzuumlglich schriftlich uumlber die Aufgabe des Bekanntgabewillens zu unterrichten Es ist unerheblich wenn der Empfaumlnger diese Mitteilung erst nach Zugang des Verwaltungsakts erhaumllt Der Aufgabe des Bekanntgabewillens kommt keine Bedeutung mehr zu wenn der Verwaltungsakt den Herrschaftsbereich der Finanzbehoumlrde bereits verlassen hat (BFH-Urteil vom 1281996 VI R 1894 BStBl II S 627)

6 Unabhaumlngig vom Zeitpunkt der Aufgabe des Bekanntgabewillens (vgl AEAO zu sect 124 Nr 5) wird ein Verwaltungsakt aber auch dann nicht wirksam wenn die Finanzbehoumlrde dem Empfaumlnger vor oder spaumltestens mit der Bekanntgabe des Verwaltungsakts mitteilt dieser Bescheid solle nicht gelten (vgl BFH-Urteil vom 2852009 III R 8406 BStBl II S 949) Wurde der Verwaltungsakt mit einfachem Brief versandt ist ein solcher Widerruf auch dann bis zum Ablauf des nach sect 122 Abs 2 AO fingierten Bekanntgabetages moumlglich wenn der Verwaltungsakt dem Empfaumlnger tatsaumlchlich fruumlher zugegangen sein sollte (vgl BFH-Urteil vom 1882009 X R 2506 BStBl II S 965) Der Widerruf bedarf nicht der Schriftform er muss aber in den Akten hinreichend klar und eindeutig dokumentiert sein

AEAO zu sect 125 - Nichtigkeit des Verwaltungsakts

1 Der nichtige Verwaltungsakt entfaltet keine Rechtswirkungen aus ihm darf nicht vollstreckt werden

2 Fehler bei der Anwendung des materiellen Rechts fuumlhren idR nicht zur Nichtigkeit sondern nur zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts

3 Der Betroffene kann die Nichtigkeit des Verwaltungsakts jederzeit auch noch nach Ablauf der Rechtsbehelfsfristen geltend machen Der Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit (sect 125 Abs 5 AO) ist nicht fristgebunden

AEAO zu sect 126 - Heilung von Verfahrens- und Formfehlern

1 Ein nachtraumlglich gestellter fristgebundener Antrag heilt den Verwaltungsakt nur wenn er innerhalb der fuumlr die Antragstellung vorgeschriebenen Frist nachgeholt wird

2 Wegen sect 126 Abs 1 Nr 3 AO wird auf sect 91 AO hingewiesen

3 Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach unterlassener Anhoumlrung eines Beteiligten bzw wegen fehlender Begruumlndung des Verwaltungsakts (sect 126 Abs 3 iVm sect 110 AO) vgl AEAO zu sect 91 Nr 3 und AEAO zu sect 121 Nr 3

AEAO zu sect 127 - Folgen von Verfahrens- und Formfehlern

1 Die Vorschrift gilt nur fuumlr die gesetzesgebundenen Verwaltungsakte Sie verhindert dass der Steuerpflichtige die Aufhebung eines Steuerbescheids allein deshalb beanspruchen kann weil der Finanzbehoumlrde bei der Steuerfestsetzung ein Verfahrensfehler (zB unterlassene Anhoumlrung) oder ein Formfehler (zB fehlende Begruumlndung) unterlaufen ist oder weil die Finanzbehoumlrde Vorschriften uumlber die oumlrtliche Zustaumlndigkeit nicht beachtet hat Die Vorschrift ist auch anwendbar wenn die Besteuerungsgrundlagen fuumlr einen Steuerbescheid geschaumltzt worden sind (BFH-Urteile vom 1921987 IV R 14384 BStBl II S 412 vom 1791997 II R 1595 BFHNV 1998 S 416 und vom 1121999 V R 4098 BStBl II S 382 sowie BFH-Beschluss vom 1881999 IV B 10898 BFHNV 2000 S 165) Sie ist

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nicht anwendbar bei Verletzung der Vorschriften uumlber die sachliche Zustaumlndigkeit (BFH-Urteil vom 2141993 X R 11291 BStBl II S 649)

2 sect 127 AO gilt nicht fuumlr Ermessensentscheidungen (BFH-Urteile vom 2061990 I R 15787 BStBl 1992 II S 43 vom 1851994 I R 2193 BStBl II S 697 und vom 15101998 V R 7797 BFHNV 1999 S 585) Wenn diese mit einem Verfahrens- oder Formfehler behaftet sind der nicht geheilt werden kann (sect 126 AO) muumlssen sie aufgehoben und - nach erneuter Ausuumlbung des Ermessens - nochmals erlassen werden falls der Beteiligte rechtzeitig einen Rechtsbehelf eingelegt hat Dies gilt nur dann nicht wenn der mit dem Rechtsbehelf geruumlgte Fehler die Entscheidung durch die zustaumlndige Finanzbehoumlrde unter keinen Umstaumlnden beeinflusst haben kann (BFH-Urteil vom 1871985 VI R 4181 BStBl 1986 II S 169)

3 Die Aufhebung eines Gewerbesteuermessbescheids kann regelmaumlszligig nicht allein deswegen beansprucht werden weil er von einem oumlrtlich unzustaumlndigen Finanzamt erlassen worden ist (BFH-Urteil vom 19112003 I R 8802 BStBl 2004 II S 751) Ein Bescheid uumlber die gesonderte Feststellung der unter Verletzung der in sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO herangezogenen Vorschriften uumlber die oumlrtliche Zustaumlndigkeit ergangen ist muss aufgehoben werden weil die Verletzung der sectsect 18 19 AO in der gem sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO getroffenen Zuordnung ein nicht heilbarer Rechtsfehler ist (BFH-Urteile vom 1541986 VIII R 32584 BStBl 1987 II S 195 und vom 1061999 IV R 6998 BStBl II S 691)

AEAO zu sect 129 - Offenbare Unrichtigkeit beim Erlass eines Verwaltungsakts

1 Aumlhnliche offenbare Unrichtigkeiten iSd sect 129 AO sind mechanische Versehen wie beispielsweiseEingabe- oder Uumlbertragungsfehler Eine offenbare Unrichtigkeit kann daher auch vorliegen wenn der Sachbearbeiter den Eingabewertbogen falsch ausfuumlllt oder Daten versehentlich nicht oder falsch in ein Computerprogramm eingibt

Ein mechanisches Versehen wird ferner angenommen wenn der Sachbearbeiter es versehentlich unterlassen hat die fuumlr die Veranlagung eines Jahres vorliegenden Unterlagen auszuwerten die ihm vom Steuerpflichtigen unterjaumlhrig uumlbersandt wurden (vgl BFH-Urteil vom 2752009 X R 4708 BStBl II S 946) Gleiches gilt fuumlr das Uumlbersehen einer fuumlr den Veranlagungszeitraum einschlaumlgigen Kontrollmitteilung eines relevanten Grundlagenbescheids (vgl dazu auch AEAO zu sect 175 Nr 12 2 Tiret) oder von Punkten eines Betriebspruumlfungsberichts bzw dessen widerspruumlchliche oder gar unterlassene Auswertung (vgl ua BFH-Urteil vom 27112003 V R 5202 BFHNV 2004 S 605)

2 Keine offenbaren Unrichtigkeiten iSv sect 129 AO sind Fehler bei der Auslegung oder (Nicht-) Anwendung einer Rechtsnorm unrichtige Tatsachenwuumlrdigung die unzutreffende Annahme eines in Wirklichkeit nicht vorliegenden Sachverhalts oder Fehlers die auf mangelnder Sachaufklaumlrung bzw der Nichtbeachtung feststehender Tatsachen beruhen Eine Berichtigung nach sect 129 AO ist ausgeschlossen wenn auch nur die ernsthafte und nicht nur theoretische Moumlglichkeit besteht dass ein derartiger Fehler vorliegt

3 Ein Fehler ist dann bdquooffenbarldquo iSd sect 129 AO wenn er auf der Hand liegt durchschaubar eindeutig oder augenfaumlllig ist dh sich fuumlr einen unvoreingenommenen Dritten ohne weiteres aus der Steuererklaumlrung deren Anlagen sowie den in den Akten befindlichen Unterlagen fuumlr das betreffende Veranlagungsjahr ergibt (vgl BFH-Urteil vom 2752009 X R 4708 BStBl II S 946) In den objektivierten Erkenntnishorizont des Dritten sind daneben regelmaumlszligig aber auch im konkreten Fall einschlaumlgige interne Arbeits- und Dienstanweisungen einzubeziehen (vgl ua BFH-Urteil vom 1362012 VI R 8510 BStBl 2013 II S 5) Es kommt nicht darauf an ob der Steuerpflichtige die Unrichtigkeit anhand des Bescheids und der ihm vorliegenden Unterlagen erkennen konnte

4 Die offenbare Unrichtigkeit muss beim Erlass des Verwaltungsakts unterlaufen sein Daher koumlnnen nur Fehler berichtigt werden die der Finanzbehoumlrde unterlaufen sind Eine offenbare Unrichtigkeit kann aber auch dann vorliegen wenn das Finanzamt eine in der Steuererklaumlrung oder dieser beigefuumlgten Anlagen enthaltene offenbare dh fuumlr das Finanzamt erkennbare Unrichtigkeit als eigene uumlbernimmt

Sind dem Steuerpflichtigen bei Erstellung seiner Steuererklaumlrung Fehler (insbesondere Schreib- oder Rechenfehler) unterlaufen und hat er demzufolge dem Finanzamt bestimmte Tatsachen nicht oder mit einem unzutreffenden Wert mitgeteilt kann der Steuerbescheid nicht nach sect 129 AO berichtigt werden da das Finanzamt den Fehler nicht erkennen und diesen sich somit auch nicht zu eigen machen konnteAllerdings kommt bei steuerermaumlszligigenden Tatsachen eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO in Betracht wenn den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden am nachtraumlglichen Bekanntwerden der zutreffenden Tatsachen trifft (vgl AEAO zu sect 173 Nr 5) und diese Tatsachen auch bei Erlass des urspruumlnglichen Steuerbescheids rechtserheblich waren (vgl AEAO zu sect 173 Nr 3) Dafuumlr dass die urspruumlngliche Nichterklaumlrung auf einem mechanischen Versehen beruht traumlgt der Steuerpflichtige die Beweislast (vgl AEAO zu sect 173 Nr 51 und 513) Die Form der Steuererklaumlrung ist hierbei unerheblich (vgl AEAO zu sect 173 Nr 56)

5 Bei einer Berichtigung nach sect 129 AO koumlnnen im Wege pflichtgemaumlszliger Ermessensausuumlbung unter sinngemaumlszliger Anwendung des sect 177 AO materielle Fehler korrigiert werden (BFH-Urteil vom 831989 X R 11687 BStBl II S 531)

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6 Die Berichtigung zugunsten und zuungunsten des Steuerpflichtigen ist

- bei Steuerfestsetzungen und Zinsbescheiden nur innerhalb der Festsetzungsfrist (sect 169 Abs 1 Satz 2 AO)

- bei Aufteilungsbescheiden nur bis zur Beendigung der Vollstreckung (sect 280 AO)

- bei Verwaltungsakten die sich auf Zahlungsanspruumlche richten bis zum Ablauf der Zahlungsverjaumlhrung (sect 228 AO)

- bei anderen Verwaltungsakten zeitlich unbeschraumlnkt

zulaumlssig Auf die besondere Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist nach sect 171 Abs 2 AO wird hingewiesen

7 Zur Korrektur von Haftungs- und Duldungsbescheiden vgl AEAO zu sect 191 Zur Anfechtungsbeschraumlnkung vgl AEAO zu sect 351 Nr 3

AEAO vor sectsect 130 131 - Ruumlcknahme und Widerruf von Verwaltungsakten

1 Die sectsect 130 bis 133 AO gelten fuumlr Ruumlcknahme oder Widerruf von Verwaltungsakten nur soweit keine Sonderregelungen bestehen (Hinweis auf sectsect 172 ff AO fuumlr Steuerbescheide sectsect 206 207 AO fuumlr verbindliche Zusagen sect 280 AO fuumlr Aufteilungsbescheide) Dabei bestehen hinsichtlich der Bestandskraft unanfechtbarer Verwaltungsakte Unterschiede zwischen beguumlnstigenden Verwaltungsakten und nicht beguumlnstigenden Verwaltungsakten

2 Beguumlnstigende Verwaltungsakte sind insbesondere

- Gewaumlhrung von Entschaumldigungen (sect 107 AO)

- Fristverlaumlngerungen (sect 109 AO)

- Gewaumlhrung von Buchfuumlhrungserleichterungen (sect 148 AO)

- Billigkeitsmaszlignahmen (sectsect 163 227 sect 234 Abs 2 AO)

- Verlegung des Beginns einer Auszligenpruumlfung (sect 197 Abs 2 AO)

- Stundungen (sect 222 AO)

- Einstellung oder Beschraumlnkung der Vollstreckung (sectsect 257 258 AO)

- Aussetzung der Vollziehung (sect 361 AO sect 69 Abs 2 FGO)

3 Nicht beguumlnstigende Verwaltungsakte sind insbesondere

- Ablehnung beantragter beguumlnstigender Verwaltungsakte

- Festsetzung von steuerlichen Nebenleistungen (sect 3 Abs 4 sect 218 Abs 1 AO)

- Ablehnung einer Erstattung von Nebenleistungen (sect 37 Abs 2 sect 218 Abs 2 AO)

- Auskunftsersuchen (sectsect 93 ff AO)

- Aufforderung zur Buchfuumlhrung (sect 141 Abs 2 AO)

- Haftungsbescheide (sect 191 AO)

- Duldungsbescheide (sect 191 AO)

- Pruumlfungsanordnungen (sect 196 AO)

- Anforderung von Saumlumniszuschlaumlgen (sect 240 AO)

- Pfaumlndungen (sect 281 AO)

4 Zur Korrektur von Haftungs- und Duldungsbescheiden vgl AEAO zu sect 191

AEAO zu sect 130 - Ruumlcknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts

1 Ein Verwaltungsakt ist rechtswidrig wenn er im Zeitpunkt seines Erlasses ganz oder teilweise gegen zwingende gesetzliche Vorschriften (sect 4 AO) verstoumlszligt ermessensfehlerhaft ist (vgl AEAO zu sect 5 AO)oder eine Rechtsgrundlage uumlberhaupt fehlt Eine nachtraumlgliche Aumlnderung der Sach- oder Rechtslage hingegen macht einen urspruumlnglich rechtmaumlszligigen Verwaltungsakt grundsaumltzlich nicht iSd sect 130 AO rechtswidrig es sei denn es laumlge ein Fall steuerrechtlicher Ruumlckwirkung vor welche den Verwaltungsakt erfasst (vgl BFH-Urteil vom 9122008 VII R 4307 BStBl 2009 II S 344) Besonders schwerwiegende Fehler haben die Nichtigkeit und damit die Unwirksamkeit zur Folge (sect 125 iVm sect 124 Abs 3 AO) Liegt kein Fall der Nichtigkeit vor so wird der rechtswidrige Verwaltungsakt zunaumlchst wirksam

2 Die Finanzbehoumlrde entscheidet im Rahmen ihres Ermessens ob sie eine Uumlberpruumlfung eines rechtswidrigen unanfechtbaren Verwaltungsakts vornehmen soll Die Finanzbehoumlrde braucht nicht in die

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Uumlberpruumlfung einzutreten wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf der Einspruchsfrist die Rechtswidrigkeit lediglich behauptet und Gruumlnde aus denen sich schluumlssig die Rechtswidrigkeit des belastenden Verwaltungsakts ergibt nicht naumlher bezeichnet (vgl BFH-Urteil vom 931989 VI R 10184 BStBl II S 749) Ist die Fehlerhaftigkeit eines Verwaltungsakts festgestellt so ist zunaumlchst die moumlgliche Nichtigkeit (sect 125 AO) danach die Moumlglichkeit der Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten (sect 129 AO) danach die Moumlglichkeit der Heilung von Verfahrens- und Formfehlern (sectsect 126 127 AO) danach die Moumlglichkeit der Umdeutung (sect 128 AO) und danach die Ruumlcknahme zu pruumlfen

3 Nicht beguumlnstigende rechtswidrige Verwaltungsakte koumlnnen jederzeit zuruumlckgenommen werden auch wenn die Einspruchsfrist abgelaufen ist Eine teilweise Ruumlcknahme ist zulaumlssig

Beispiel

Ein Verspaumltungszuschlag ist mit einem Betrag festgesetzt worden der mehr als 10 der festgesetzten Steuer ausmacht (Verstoszlig gegen sect 152 Abs 2 AO) Die Festsetzung kanninsoweit zuruumlckgenommen werden wie sie 10 uumlbersteigt sie bleibt im Uumlbrigen bestehen

4 Die Ruumlcknahme eines beguumlnstigenden rechtswidrigen Verwaltungsakts ist nur unter Einschraumlnkungen moumlglich (sect 130 Abs 2 und 3 AO) Unter einer Beguumlnstigung iSd Vorschriften ist jede Rechtswirkung zu verstehen an deren Aufrechterhaltung der vom Verwaltungsakt Betroffene ein schutzwuumlrdiges Interesse hat (BFH-Urteil vom 16101986 VII R 15983 BStBl 1987 II S 405) Sofern die Ruumlcknahme zulaumlssig und wirksam ist kann die Finanzbehoumlrde aufgrund des veraumlnderten Sachverhalts oder der veraumlnderten Rechtslage einen neuen Verwaltungsakt erlassen der fuumlr den Beteiligten weniger vorteilhaft ist

Beispiele

a) Ein Verspaumltungszuschlag ist unter Abweichung von der sonst beim Finanzamt uumlblichen Anwendung der Grundsaumltze des sect 152 AO auf 500 euro festgesetzt worden Eine Uumlberpruumlfung des Falles ergibt dass eine Festsetzung iHv 1000 euro richtig gewesen waumlre Die Ruumlcknahme der Festsetzung verbunden mit einer neuen houmlheren Festsetzung ist rechtlich zulaumlssig wenn die niedrige Festsetzung auf unrichtigen oder unvollstaumlndigen Angaben des Steuerpflichtigen beruhte (sect 130 Abs 2 Nr 3 AO)

b) Der Steuerpflichtige hat durch arglistige Taumluschung uumlber seine Vermoumlgens- und Liquiditaumltslage eine Stundung ohne Sicherheitsleistung erwirkt Die Finanzbehoumlrde kann die Stundungsverfuumlgung mit Wirkung fuumlr die Vergangenheit zuruumlcknehmen (sect 130 Abs 2 Nr 2 AO) fuumlr die Vergangenheit Saumlumniszuschlaumlge anfordern und eine in die Zukunft wirkende neue Stundung von einer Sicherheitsleistung abhaumlngig machen

5 sect 130 Abs 3 AO normiert keine Pruumlfungsfrist innerhalb derer die Finanzbehoumlrde ihr bekannte Tatsachen rechtlich zu bewerten und aus ihnen die gebotenen Schlussfolgerungen zu ziehen haumltte sondern lediglich eine Entscheidungsfrist Deshalb beginnt die Jahresfrist erst dann wenn die Finanzbehoumlrde tatsaumlchlich die Erkenntnis gewonnen hat dass ein Verwaltungsakt zuruumlckgenommen bzw widerrufen werden kann (vgl Beschluss des BVerwG vom 19121984 GrS 1 und 284 BVerwGE 70 S 356 und daran anschlieszligend die staumlndige Rechtsprechung des BFH vgl ua BFH-Urteil vom 9122008 VII R 4307 BStBl 2009 II S 344) Dies ist der Fall wenn die Finanzbehoumlrde ohne weitere Sachaufklaumlrung objektiv in der Lage ist unter sachgerechter Ausuumlbung ihres Ermessens uumlber Ruumlcknahme bzw Widerruf des Verwaltungsakts zu entscheiden

AEAO zu sect 131 - Widerruf eines rechtmaumlszligigen Verwaltungsakts

1 Ein Verwaltungsakt ist rechtmaumlszligig wenn er zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens (Bekanntgabe) dem Gesetz (sect 4 AO) entspricht Aumlndert sich der Sachverhalt durch nachtraumlglich eingetretene Tatsachen oder laumlsst das Gesetz in derselben Sache unterschiedliche Verwaltungsakte zu (Ermessensentscheidungen) so kann der rechtmaumlszligige Verwaltungsakt unter bestimmten Voraussetzungen mit Wirkung fuumlr die Zukunft widerrufen werden

2 sect 131 Abs 2 Nr 3 AO betrifft nur die Aumlnderung tatsaumlchlicher nicht rechtlicher Verhaumlltnisse Der Begriff bdquoTatsacheldquo bezeichnet in dieser Vorschrift dasselbe wie in sect 173 AO (vgl AEAO zu sect 173 Nr 1) bdquoTatsacheldquo ist auch die steuerrechtliche Beurteilung eines Sachverhalts in einem anderen Bescheid soweit dieser Bescheid Bindungswirkung fuumlr den zu widerrufenden Bescheid hat (vgl BFH-Urteile vom 1312005 II R 4802 BStBl II S 451 und vom 9122008 VII R 4307 BStBl 2009 II S 344) Das oumlffentliche Interesse iSd Vorschrift ist immer dann gefaumlhrdet wenn bei einem Festhalten an der getroffenen Entscheidung der Betroffene gegenuumlber anderen Steuerpflichtigen bevorzugt wuumlrde

3 Ein Steuererlass kann nicht widerrufen werden Die nachtraumlgliche Verbesserung der Liquiditaumlts- oder Vermoumlgenslage ist unbeachtlich Fuumlr die Ruumlcknahme gilt sect 130 Abs 2 und 3 AO

4 Ein rechtmaumlszligiger beguumlnstigender Verwaltungsakt darf jederzeit um einen weiteren rechtmaumlszligigen Verwaltungsakt ergaumlnzt werden

Beispiele

a) Verlaumlngerung oder Erhoumlhung einer Stundung

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b) weitere Fristverlaumlngerung

c) Gewaumlhrung ergaumlnzender Buchfuumlhrungserleichterungen

d) Erhoumlhung des zu erlassenden Steuerbetrages

5 Dementsprechend bedarf es bei demselben Sachverhalt nicht des Widerrufs wenn zu einem nicht beguumlnstigenden rechtmaumlszligigen Verwaltungsakt lediglich ein weiterer rechtmaumlszligiger Verwaltungsakt hinzutritt

Beispiele

a) Wegen einer Steuerschuld von 2500 euro sind Wertpapiere im Werte von 1500 euro gepfaumlndet worden Es wird eine weitere Pfaumlndung uumlber 1000 euro verfuumlgt

b) Die Pruumlfungsanordnung fuumlr eine Auszligenpruumlfung umfasst den Pruumlfungszeitraum 1993 bis 1995 Die Pruumlfungsanordnung wird auf den Besteuerungszeitraum 1996 ausgedehnt

c) Zur Klaumlrung eines steuerlich bedeutsamen Sachverhalts wird das Kreditinstitut X um Auskunft uumlber die Kontenstaumlnde des Steuerpflichtigen gebeten Im Zuge der Ermittlungen wird auch die Angabe aller baren Einzahlungen uumlber 5000 euro verlangt

AEAO zu sect 138 - Anzeigen uumlber die Erwerbstaumltigkeit

1 Die Verpflichtung die Eroumlffnung eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft eines gewerblichen Betriebs oder einer Betriebstaumltte anzuzeigen besteht nur gegenuumlber der Gemeinde in der dieser Betrieb oder die Betriebstaumltte eroumlffnet wird diese hat unverzuumlglich das zustaumlndige Finanzamt zu unterrichten Freiberuflich Taumltige haben die Aufnahme ihrer Erwerbstaumltigkeit dem Wohnsitzfinanzamt (sect 19 Abs 1 AO ggf Taumltigkeitsfinanzamt nach sect 19 Abs 3 AO) mitzuteilen Unter Eroumlffnung ist auch die Fortfuumlhrung eines Betriebs oder einer Betriebstaumltte durch den Rechtsnachfolger oder Erwerber zu verstehen (Hinweis auf sect 75 AO)

Die Meldefrist betraumlgt einen Monat Gewerbetreibende die nach sect 14 der GewO gegenuumlber der zustaumlndigen Behoumlrde (Ordnungs- bzw Gewerbeamt) anzeigepflichtig sind genuumlgen mit dieser Anzeige gleichzeitig ihrer steuerlichen Anzeigepflicht nach sect 138 Abs 1 AO Die Anzeige ist auf dem Vordruck zu erstatten der durch die Anlagen 1 2 und 3 zu sect 14 Abs 4 der GewO bestimmt worden ist Ein Durchschlag ist zur Weiterleitung an das zustaumlndige Finanzamt vorgesehen Steuerpflichtige die nicht unter die Anzeigepflicht nach der GewO fallen koumlnnen die Anzeige formlos erstatten Sie koumlnnen sich auch des Vordrucks gem der GewO bedienen

2 sect 138 Abs 2 AO verpflichtet alle Steuerpflichtigen Auslandsbeteiligungen innerhalb der Fristen nach sect 138 Abs 3 AO dem Finanzamt mitzuteilen Eine Verletzung dieser Verpflichtung kann als Steuergefaumlhrdung mit einem Buszliggeld geahndet werden (sect 379 Abs 2 Nr 1 AO) Naumlheres zu Inhalt und Form der Anzeigen bei Auslandsbeteiligungen regelt das BMF-Schreiben vom 1542010 BStBl I S 346

AEAO zu sect 140 - Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungspflichten nach anderen Gesetzen

Durch die Vorschrift werden die sog auszligersteuerlichen Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungsvorschriften die auch fuumlr die Besteuerung von Bedeutung sind fuumlr das Steuerrecht nutzbar gemacht In Betracht kommen einmal die allgemeinen Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungsvorschriften des Handels- Gesellschafts- und Genossenschaftsrechts Zum anderen fallen hierunter die Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungspflichten fuumlr bestimmte Betriebe und Berufe die sich aus einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen ergeben Auch auslaumlndische Rechtsnormen koumlnnen eine Buchfuumlhrungspflicht nach sect 140 AO begruumlnden (Rz 3 des BMF-Schreibens vom 1652011 BStBl I S 530) Verstoumlszlige gegen auszligersteuerliche Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungspflichten stehen den Verstoumlszligen gegen steuerrechtliche Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungsvorschriften gleich Hinweis auf sect 162 Abs 2 AO (Schaumltzung) sect 379 Abs 1 AO (Steuergefaumlhrdung) Aufzeichnungspflichten die fuumlr den Gesamthaushalt einer juristischen Person des oumlffentlichen Rechts bestehen (Doppik) fuumlhren nicht zu einer Verpflichtung zur Buchfuumlhrung fuumlr einzelne Betriebe gewerblicher Art (BMF-Schreiben vom 312013 BStBl I S 59)

AEAO zu sect 141 - Buchfuumlhrungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger

1 Die Vorschrift findet nur Anwendung wenn sich nicht bereits eine Buchfuumlhrungspflicht nach sect 140 AO ergibt Wird von dem Wahlrecht nach sect 241a HGB Gebrauch gemacht kann dennoch eine Buchfuumlhrungspflicht nach sect 141 AO bestehen Unter die Vorschrift fallen gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte nicht jedoch Freiberufler Gewerbliche Unternehmer sind solche Unternehmer die einen Gewerbebetrieb iSd sect 15 Abs 2 oder 3 EStG bzw des sect 2 Abs 2 oder 3 GewStG ausuumlben

Auslaumlndische Unternehmen fallen unter die Vorschrift jedenfalls dann wenn und soweit sie im Inland eine Betriebstaumltte unterhalten oder einen staumlndigen Vertreter bestellt haben (BFH-Urteil vom 1491994 I R 11693 BStBl 1995 II S 238) Die Buchfuumlhrungspflicht einer Personengesellschaft erstreckt sich auch auf das Sonderbetriebsvermoumlgen ihrer Gesellschafter Die Gesellschafter selbst sind insoweit nicht buchfuumlhrungspflichtig

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2 Die Finanzbehoumlrde kann die Feststellung iSd sect 141 Abs 1 AO im Rahmen eines Steuer- oder Feststellungsbescheids oder durch einen selbstaumlndigen feststellenden Verwaltungsakt treffen Die Feststellung kann aber auch mit der Mitteilung uumlber den Beginn der Buchfuumlhrungspflicht nach sect 141 Abs 2 AO verbunden werden und bildet dann mit ihr einen einheitlichen Verwaltungsakt (BFH-Urteil vom 2361983 IV R 382 BStBl II S 768)

3 Die Buchfuumlhrungsgrenzen beziehen sich grundsaumltzlich auf den einzelnen Betrieb (zum Begriff vgl BFH-Urteil vom 13101988 IV R 13685 BStBl 1989 II S 7) auch wenn der Steuerpflichtige mehrere Betriebe der gleichen Einkunftsart hat Eine Ausnahme gilt fuumlr steuerbeguumlnstigte Koumlrperschaften bei denen mehrere steuerpflichtige wirtschaftliche Geschaumlftsbetriebe als ein Betrieb zu behandeln sind (sect 64 Abs 2 AO) In den maszliggebenden Umsatz (sect 141 Abs 1 Nr 1 AO) sind auch die nicht steuerbaren Auslandsumsaumltze einzubeziehen (BFH-Urteil vom 7102009 II R 2308 BStBl 2010 II S 219) Sie sind ggf zu schaumltzen sect 162 AO gilt entsprechend Bei einem Dauerverlustbetrieb einer juristischen Persondes oumlffentlichen Rechts fuumlhrt allein das Uumlberschreiten der Umsatzgrenze nach sect 141 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO nicht zu einer Buchfuumlhrungspflicht wenn dieser mangels Gewinnerzielungsabsicht kein gewerbliches Unternehmen darstellt (BMF-Schreiben vom 922012 BStBl I S 184) Da die Gewinngrenze fuumlr die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (sect 141 Abs 1 Nr 5 AO) auf das Kalenderjahr abstellt werden bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr die zeitanteiligen Gewinne aus zwei Wirtschaftsjahren angesetzt Fuumlr die Bestimmung der Buchfuumlhrungsgrenzen nach sect 141 Abs 1 Nr 3 AO sind die Einzelertragswerte der im Einheitswert erfassten Nebenbetriebe bei der Ermittlung des Wirtschaftswertes der selbstbewirtschafteten Flaumlchen nicht anzusetzen (BFH-Urteil vom 671989 IV R 9787 BStBl 1990 II S 606)

4 Die Finanzbehoumlrde hat den Steuerpflichtigen auf den Beginn der Buchfuumlhrungspflicht hinzuweisen Diese Mitteilung soll dem Steuerpflichtigen mindestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahres bekannt gegeben werden von dessen Beginn ab die Buchfuumlhrungspflicht zu erfuumlllen ist Zur Bekanntgabe der Mitteilung uumlber den Beginn der Buchfuumlhrungspflicht bei ungeklaumlrter Unternehmereigenschaft der Ehegatten als Miteigentuumlmer der Nutzflaumlchen eines landwirtschaftlichen Betriebs Hinweis auf BFH-Urteile vom 2311986 IV R 10885 BStBl II S 539 und vom 26111987 IV R 2286 BStBl 1988 II S 238 Werden die Buchfuumlhrungsgrenzen nicht mehr uumlberschritten so wird der Wegfall der Buchfuumlhrungspflicht dann nicht wirksam wenn die Finanzbehoumlrde vor dem Erloumlschen derVerpflichtung wiederum das Bestehen der Buchfuumlhrungspflicht feststellt Beim einmaligen Uumlberschreiten der Buchfuumlhrungsgrenze soll auf Antrag nach sect 148 AO Befreiung von der Buchfuumlhrungspflicht bewilligt werden wenn nicht zu erwarten ist dass die Grenze auch spaumlter uumlberschritten wird Bei der Pruumlfung ob die in sect 141 Abs 1 Nr 4 und 5 AO aufgefuumlhrten Buchfuumlhrungsgrenzen uumlberschritten werden sind erhoumlhte Absetzungen fuumlr Abnutzung sowie Sonderabschreibungen unberuumlcksichtigt zu lassen (sect 7a Abs 6 EStG) Erhoumlhte Absetzungen fuumlr Abnutzung sind nur insoweit dem Gewinn zuzurechnen als diese die Absetzungsbetraumlge nach sect 7 Abs 1 oder 4 EStG uumlbersteigen (sect 7a Abs 3 EStG)

5 Die Buchfuumlhrungspflicht geht nach sect 141 Abs 3 AO kraft Gesetzes uumlber Es ist nicht Voraussetzung dass eine der in sect 141 Abs 1 Nrn 1 bis 5 AO aufgefuumlhrten Buchfuumlhrungsgrenzen uumlberschritten ist Als Eigentuumlmer bzw Nutzungsberechtigter kommen zB in Betracht Erwerber Erbe PaumlchterNieszligbraucher Eine Uumlbernahme des Betriebs im Ganzen liegt vor wenn seine Identitaumlt gewahrt bleibt Dies ist der Fall wenn die wesentlichen Grundlagen des Betriebs als einheitliches Ganzes erhalten bleiben Dies liegt nicht vor wenn nur der landwirtschaftliche nicht aber auch der forstwirtschaftliche Teilbetrieb uumlbernommen wird (BFH-Urteil vom 2421994 IV R 493 BStBl II S 677)

AEAO zu sect 143 - Aufzeichnung des Wareneingangs

1 Zur gesonderten Aufzeichnung des Wareneingangs sind nur gewerbliche Unternehmer (vgl AEAO zu sect 141 Nr 1) verpflichtet Land- und Forstwirte fallen nicht unter die Vorschrift Die Aufzeichnungspflicht besteht unabhaumlngig von der Buchfuumlhrungspflicht Bei buchfuumlhrenden Gewerbetreibenden genuumlgt es wenn sich die geforderten Angaben aus der Buchfuumlhrung ergeben

2 Besondere Aufzeichnungspflichten die in Einzelsteuergesetzen vorgeschrieben sind (zB nach sect 22 UStG) werden von dieser Vorschrift nicht beruumlhrt

AEAO zu sect 144 - Aufzeichnung des Warenausgangs

Zur gesonderten Aufzeichnung des Warenausgangs sind gewerbliche Unternehmer (vgl AEAO zu sect 141 Nr 1) sowie nach sect 144 Abs 5 AO auch buchfuumlhrungspflichtige Land- und Forstwirte verpflichtet Mit der Einbeziehungder buchfuumlhrungspflichtigen Land- und Forstwirte in die Vorschrift soll eine bessere Uumlberpruumlfung der Kaumlufer land-und forstwirtschaftlicher Produkte (zB Obst- oder Gemuumlsehaumlndler) ermoumlglicht werden Bei buchfuumlhrenden Unternehmern koumlnnen die Aufzeichnungspflichten im Rahmen der Buchfuumlhrung erfuumlllt werden Besondere Aufzeichnungspflichten zB nach sect 22 Abs 2 Nrn 1 bis 3 UStG bleiben unberuumlhrt Erleichterungen nach sect 14 Abs 6 UStG fuumlr die Ausstellung von Rechnungen (zB nach sectsect 31 33 UStDV) gelten auch fuumlr diese Vorschrift Bei Verstoszlig gegen die Aufzeichnungspflichten nach sect 144 AO kann eine Ordnungswidrigkeit nach sect 379 Abs 2 Nr 1a AO vorliegen

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AEAO zu sect 146 - Ordnungsvorschriften fuumlr die Buchfuumlhrung und fuumlr Aufzeichnungen

1 Nur der ordnungsmaumlszligigen Buchfuumlhrung kommt Beweiskraft zu (sect 158 AO) Verstoumlszlige gegen die Buchfuumlhrungsvorschriften (sectsect 140 bis 147 AO) koumlnnen zB die Anwendung von Zwangsmitteln nach sect 328 AO eine Schaumltzung nach sect 162 AO oder eine Ahndung nach sect 379 Abs 1 AO zur Folge haben Die Verletzung der Buchfuumlhrungspflichten ist unter den Voraussetzungen der sectsect 283 und 283b StGB (sog Insolvenzstraftaten) strafbar

2 Der Begriff bdquogeordnetldquo in sect 146 Abs 1 AO besagt dass jede sinnvolle Ordnung genuumlgt die einensachverstaumlndigen Dritten in den Stand setzt sich in angemessener Zeit einen Uumlberblick uumlber die Geschaumlftsvorfaumllle und uumlber die Lage des Unternehmens zu verschaffen

3 Die Festsetzung eines Verzoumlgerungsgelds gem sect 146 Abs 2b AO in Zusammenhang mit Mitwirkungsverstoumlszligen im Rahmen von Auszligenpruumlfungen ist nicht auf Faumllle beschraumlnkt bei denen die elektronische Buchfuumlhrung im Ausland gefuumlhrt undoder aufbewahrt wird Eine mehrfache Festsetzung eines Verzoumlgerungsgelds wegen fortdauernder Nichtvorlage derselben Unterlagen ist jedoch nicht zulaumlssig (BFH-Beschluumlsse vom 1662011 IV B 12010 BStBl II S 855 und vom 2862011 X B 3711 BFHNV S 1833) Wird die Verpflichtung nach Festsetzung des Verzoumlgerungsgelds erfuumlllt so ist der Vollzug nicht einzustellen

4 sect 146 Abs 5 AO enthaumllt die gesetzliche Grundlage fuumlr die sog bdquoOffene-Posten-Buchhaltungrdquo sowie fuumlr die Fuumlhrung der Buumlcher und sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf maschinell lesbaren Datentraumlgern (zB Magnetplatten Magnetbaumlnder CD DVD Blu-ray-Disk Flash-Speicher) Bei einer Buchfuumlhrung auf maschinell lesbaren Datentraumlgern (DV-gestuumltzte Buchfuumlhrung) muumlssen die Daten unverzuumlglich lesbar gemacht werden koumlnnen Es wird nicht verlangt dass der Buchungsstoff zu einem bestimmten Zeitpunkt (zB zum Ende des Jahres) lesbar gemacht wird Er muss ganz oder teilweise lesbar gemacht werden wenn die Finanzbehoumlrde es verlangt (sect 147 Abs 5 AO) Wer seine Buumlcher oder sonst erforderlichen Aufzeichnungen auf maschinell lesbaren Datentraumlgern fuumlhrt hat die Grundsaumltze ordnungsmaumlszligiger DV-gestuumltzter Buchfuumlhrungssysteme - GoBS - zu beachten (BMF-Schreiben vom 7111995 BStBl I S 738)

5 Es ist Aufgabe des Steuerpflichtigen selbst seine vorzulegenden Daten so zu organisieren dass bei einer zulaumlssigen Einsichtnahme in die steuerlich relevanten Datenbestaumlnde keine gesetzlich geschuumltzten Bereiche tangiert werden koumlnnen zum Beispiel bei Rechtsanwaumllten Steuerberatern Aumlrzten usw

AEAO zu sect 147 - Ordnungsvorschriften fuumlr die Aufbewahrung von Unterlagen

1 Die Aufbewahrungspflicht ist Bestandteil der Buchfuumlhrungs- und Aufzeichnungspflicht Wegen der Rechtsfolgen bei Verstoumlszligen vgl AEAO zu sect 146 Nr 1

2 Den in sect 147 Abs 1 Nr 1 AO aufgefuumlhrten Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen kommt bei DV-gestuumltzten Buchfuumlhrungen besondere Bedeutung zu Die Dokumentation hat nach Maszliggabe der Grundsaumltze ordnungsmaumlszligiger DV-gestuumltzter Buchfuumlhrungssysteme - GoBS - (BMF-Schreiben vom 7111995 BStBl I S 738) zu erfolgen

3 Bildtraumlger iSd sect 147 Abs 2 AO sind zB Fotokopien Mikrofilme Als andere Datentraumlger kommen zB Magnetbaumlnder Magnetplatten CD DVD Blu-ray-Disk Flash-Speicher in Betracht sect 147 Abs 2 AO enthaumllt auch die Rechtsgrundlage fuumlr das sog COM-Verfahren (Computer Output Microfilm) bei diesem Verfahren werden die Daten aus dem Computer direkt auf Mikrofilm ausgegeben Bei der Aufzeichnung von Schriftgut auf Mikrofilm sind die Mikrofilm-Grundsaumltze (BMF-Schreiben vom 121984 BStBl I S 155) zu beachten Die Lesbarmachung von in nicht lesbarer Form aufbewahrten Unterlagen richtet sich nach sect 147 Abs 5 AO

4 Zur Anwendung des sect 147 Abs 6 AO wird auf das BMF-Schreiben vom 1672001 BStBl I S 415 geaumlndert durch BMF-Schreiben vom 1492012 BStBl I S 930 bdquoGrundsaumltze zum Datenzugriff und zur Pruumlfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)ldquo hingewiesen

5 Zur Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschaumlften vgl BMF-Schreiben vom 26112010 BStBl I S 1342

AEAO zu sect 147a - Ordnungsvorschriften fuumlr die Aufbewahrung von Unterlagen

Kapitalertraumlge die nach sect 32d Abs 1 EStG mit einem besonderen Steuersatz besteuert wurden und der abgeltenden Wirkung nach sect 43 Abs 5 EStG unterlegen haben sind nicht in die Ermittlung der Summe derpositiven Uumlberschusseinkuumlnfte iSd sect 147a AO einzubeziehen Im Zusammenhang mit diesen Kapitalertraumlgen stehende Aufzeichnungen und Unterlagen uumlber Einnahmen und Werbungskosten sind nicht nach sect 147a AO aufbewahrungspflichtig

AEAO zu sect 148 - Bewilligung von Erleichterungen

Die Bewilligung von Erleichterungen kann sich nur auf steuerrechtliche Buchfuumlhrungs- Aufzeichnungs- oder Aufbewahrungspflichten erstrecken sect 148 AO laumlsst eine dauerhafte Befreiung von diesen Pflichten nicht zu Persoumlnliche Gruumlnde wie Alter und Krankheit des Steuerpflichtigen rechtfertigen regelmaumlszligig keine

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Erleichterungen (BFH-Urteil vom 1471954 II 6353 U BStBl III S 253) Eine Bewilligung soll nur ausgesprochen werden wenn der Steuerpflichtige sie beantragt

AEAO zu sect 150 - Form und Inhalt der Steuererklaumlrungen

Die Umsatzsteuer-Jahreserklaumlrung ist eine Steueranmeldung iSd sect 150 Abs 1 Satz 3 AO da der Unternehmer nach sect 18 Abs 3 UStG nach Ablauf eines Kalenderjahres eine Umsatzsteuererklaumlrung abzugeben hat in der erdie Umsatzsteuer oder den Uumlberschuss selbst berechnen muss Wegen der Festsetzung der Steuer bei einer Steueranmeldung vgl AEAO zu sect 167 wegen der Wirkung einer Steueranmeldung vgl AEAO zu sect 168 Zu den Grundsaumltzen fuumlr die Verwendung von Steuererklaumlrungsvordrucken vgl BMF-Schreiben vom 342012 BStBl I S 522

AEAO zu sect 151 - Aufnahme der Steuererklaumlrung an Amtsstelle

Eine Aufnahme der Steuererklaumlrung an Amtsstelle kommt idR nur bei geschaumlftlich unerfahrenen oder der deutschen Sprache unkundigen Steuerpflichtigen in Betracht die nicht faumlhig sind die Steuererklaumlrung selbst schriftlich abzugeben oder unter den Voraussetzungen des sect 150 Abs 1 Satz 2 AO elektronisch zu uumlbermitteln und auch nicht in der Lage sind die Hilfe eines Angehoumlrigen der steuerberatenden Berufe in Anspruch zu nehmen

AEAO zu sect 152 - Verspaumltungszuschlag

1 Der Verspaumltungszuschlag wird gegen den Erklaumlrungspflichtigen festgesetzt Wird die Steuererklaumlrung von einem gesetzlichen Vertreter oder einer sonstigen Person iSd sectsect 34 35 AO abgegeben so ist der Verspaumltungszuschlag gleichwohl grundsaumltzlich gegen den Steuerschuldner festzusetzen (vgl BFH-Urteil vom 1841991 IV R 12789 BStBl II S 675) Eine Festsetzung gegen den Vertreter kommt nur in Ausnahmefaumlllen (zB leichtere Beitreibbarkeit des Verspaumltungszuschlags gegen den Vertreter) in Betracht

2 Das Versaumlumnis ist regelmaumlszligig dann nicht entschuldbar wenn die Steuererklaumlrung wiederholt nicht oder wiederholt nicht fristgemaumlszlig abgegeben wurde oder eine von der Finanzbehoumlrde antragsgemaumlszlig bewilligte Fristverlaumlngerung (sect 109 AO) nicht eingehalten wurde

3 Der Verspaumltungszuschlag ist eine Nebenleistung (sect 3 Abs 4 AO) Er entsteht mit der Bekanntgabe seiner Festsetzung (sect 124 Abs 1 AO) und wird mit Ablauf der vom Finanzamt gesetzten Frist faumlllig (sect 220 Abs 2 AO) IdR ist dies die Zahlungsfrist fuumlr die Steuer (Ausnahme vgl AEAO zu 152 Nr 6) Wegen der Verjaumlhrung des Verspaumltungszuschlags wird auf sect 228 AO hingewiesen wegen der Ruumlcknahme und des Widerrufs auf sectsect 130 131 AO wegen der Haftung fuumlr Verspaumltungszuschlaumlge auf sectsect 69 ff AO

4 Ein Verspaumltungszuschlag kann auch bei verspaumlteter Abgabe oder bei Nichtabgabe von Erklaumlrungen zur gesonderten Feststellung (sect 180 AO) festgesetzt werden In diesem Fall sind bei der Bemessung des Verspaumltungszuschlags die steuerlichen Auswirkungen nach den Grundsaumltzen zu schaumltzen die die Rechtsprechung zur Bemessung des Streitwerts entwickelt hat Der Verspaumltungszuschlag ist abweichend von Nr 1 Satz 3 gegen denjenigen festzusetzen der nach sect 181 Abs 2 AO sect 3 Abs 1 der V zu sect 180 Abs 2 AO die Erklaumlrung zur gesonderten Feststellung abzugeben hat Bei mehreren Feststellungsbeteiligten ist es grundsaumltzlich ermessensfehlerfrei ihn gegen den Erklaumlrungspflichtigen festzusetzen der gegenuumlber dem Finanzamt bei der Erledigung der steuerlichen Angelegenheiten fuumlr die Gemeinschaft bzw die Beteiligten auftritt (vgl BFH-Urteil vom 2151987 IV R 13483 BStBl II S 764)

5 Bei verspaumlteter Abgabe einer Steueranmeldung (sect 168 AO) ist der Verspaumltungszuschlag durch besonderen Verwaltungsakt festzusetzen Einer besonderen Begruumlndung bedarf es hierbei idR nicht (sect 121 Abs 2 Nr 2 AO) Unabhaumlngig von der Faumllligkeit der Steuer ist in diesen Faumlllen jedoch eine Zahlungsfrist fuumlr den Verspaumltungszuschlag einzuraumlumen (sect 220 Abs 2 AO)

6 Nach sect 152 Abs 2 Satz 1 AO darf der Verspaumltungszuschlag houmlchstens 25000 euro betragen (zur Anwendung siehe Art 97 sect 8 Abs 2 und 3 EGAO) Ein Verspaumltungszuschlag iHv mehr als 5000 euro ist nur festzusetzen wenn mit einem Verspaumltungszuschlag iHv bis zu 5000 euro ein durch die verspaumltete Abgabe der Steuererklaumlrung (Steueranmeldung) entstandener Zinsvorteil nicht ausreichend abgeschoumlpft werden kann

7 Bei der Ermessensentscheidung sind saumlmtliche in sect 152 Abs 2 Satz 2 AO ausdruumlcklich und abschlieszligend aufgezaumlhlten Kriterien zu beachten das Fuumlr und Wider der Kriterien ist gegeneinander abzuwaumlgen (BFH-Urteil vom 2641989 I R 1085 BStBl II S 693) Wenngleich die Beurteilungsmerkmale grundsaumltzlich gleichwertig sind sind sie nicht notwendigerweise in jedem Fall in gleicher Weise zu gewichten Im Ergebnis kann je nach den Umstaumlnden des Einzelfalls ein Merkmal staumlrker als ein anderes hervortreten (BFH-Urteil vom 1161997 X R 1495 BStBl II S 642) oder auch ganz ohne Auswirkung auf die Bemessung bleiben

Danach gilt fuumlr die Anwendung des sect 152 Abs 2 Satz 2 AO grundsaumltzlich Folgendes (BFH-Urteil vom 1462000 X R 5698 BStBl 2001 II S 60 mwN)

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- Es ist nicht ermessensfehlerhaft wenn die Houmlhe des Verspaumltungszuschlags den durch die verspaumltete Abgabe der Erklaumlrung gezogenen Vorteil erheblich uumlbersteigt

- Da die Bemessung des Zuschlags nicht durch das Maszlig des gezogenen Vorteils begrenzt wird kommt es uU nicht entscheidend darauf an ob und in welcher Houmlhe letztlich ein Zinsvorteil erzielt wurde

- Ein Verspaumltungszuschlag kann auch festgesetzt werden obwohl es aufgrund von Anrechnungsbetraumlgen zu einer Erstattung gekommen ist oder wenn ein oder zwei der in sect 152 Abs 2 Satz 2 AO genannten und in jedem Fall zu pruumlfenden Voraussetzungen nicht erfuumlllt sind

- Es ist in schweren Faumlllen (zB bei erheblicher Fristuumlberschreitung schwerwiegendem Verschulden und hoher Steuerfestsetzung) nicht ermessensfehlerhaft den Verspaumltungszuschlag so zu bemessen dass er als angemessene Sanktion wirkt

- Bei der Beurteilung der Frage welche Vorteile der Steuerpflichtige aus der verspaumlteten oder unterlassenen Abgabe der Steuererklaumlrung gezogen hat ist zu beruumlcksichtigen dass Zinsvorteile bereits durch Zinsen nach sect 233a AO teilweise ausgeglichen sein koumlnnen

AEAO zu sect 154 - Kontenwahrheit

1 Das Verbot falsche oder erdichtete Namen zu verwenden richtet sich an denjenigen der als Kunde bei einem anderen ein Konto errichten lassen will oder Buchungen vornehmen laumlsst Wegen des Verbots im eigenen Geschaumlftsbetrieb falsche oder erdichtete Namen fuumlr Konten zu gebrauchen Hinweis auf sect 146 Abs 1 AO

2 Es ist zulaumlssig Konten auf den Namen Dritter zu errichten hierbei ist die Existenz des Dritten nachzuweisen Der ausdruumlcklichen Zustimmung des Dritten bedarf es nicht

3 Jeder der fuumlr einen anderen Konten fuumlhrt Wertsachen verwahrt oder von ihm als Pfand nimmt oder ihm ein Schlieszligfach uumlberlaumlsst hat sich Gewissheit uumlber die Person des Verfuumlgungsberechtigten zu verschaffen Die Vorschrift ist nicht auf Kreditinstitute beschraumlnkt sondern gilt auch im gewoumlhnlichen Geschaumlftsverkehr und fuumlr Privatpersonen Verboten ist die Abwicklung von Geschaumlftsvorfaumlllen uumlber sog CpD-Konten wenn der Name des Beteiligten bekannt ist oder unschwer ermittelt werden kann und fuumlr ihn bereits ein entsprechendes Konto gefuumlhrt wird

4 Das Kreditinstitut hat sich vor Erledigung von Auftraumlgen die uumlber ein Konto abgewickelt werden sollen bzw vor Uumlberlassung eines Schlieszligfachs Gewissheit uumlber die Person und Anschrift des (der) Verfuumlgungsberechtigten zu verschaffen Gewissheit uumlber die Person besteht im Allgemeinen nur wenn der vollstaumlndige Name das Geburtsdatum und der Wohnsitz bekannt sind Eine voruumlbergehende Anschrift (Hoteladresse) reicht nicht aus Bei einer juristischen Person (Koumlrperschaft des oumlffentlichen Rechts AG GmbH usw) reicht die Bezugnahme auf eine amtliche Veroumlffentlichung oder ein amtliches Register unter Angabe der Register-Nr aus Wird ein Konto auf den Namen eines verfuumlgungsberechtigten Dritten errichtet muumlssen die Angaben uumlber Person und Anschrift sowohl des Kontoinhabers als auch desjenigen der das Konto errichtet festgehalten werden Steht der Verfuumlgungsberechtigte noch nicht fest (zB der unbekannte Erbe) reicht es aus wenn das Kreditinstitut sich zunaumlchst Gewissheit uumlber die Person und Anschrift des das Konto Errichtenden (zB des Nachlasspflegers) verschafft die Legitimation des Kontoinhabers ist sobald wie moumlglich nachzuholen

5 Diese Angaben sind auf dem Kontostammblatt zu machen Es ist unzulaumlssig Name und Anschrift des Verfuumlgungsberechtigten lediglich in einer vertraulichen Liste zu fuumlhren und das eigentliche Konto nur mit einer Nummer zu kennzeichnen Die Fuumlhrung sog Nummernkonten bleibt verboten Bei Aufloumlsung des ersten Kontos muumlssen die Identifikationsmerkmale auf das zweite bzw weitere Konto bzw auf die betreffenden Kontounterlagen uumlbertragen werden

6 Das Kreditinstitut ist nach sect 154 Abs 2 Satz 2 AO verpflichtet ein besonderes alphabetisch gefuumlhrtes Namensverzeichnis der Verfuumlgungsberechtigten zu fuumlhren um jederzeit uumlber die Konten und Schlieszligfaumlcher eines Verfuumlgungsberechtigten Auskunft geben zu koumlnnen Eines derartigen Verzeichnisses bedarf es nicht wenn die Erfuumlllung der Verpflichtung auf andere Weise sichergestellt werden kann Die Verpflichtung besteht noch sechs Jahre nach Beendigung der Geschaumlftsbeziehung bei Bevollmaumlchtigten sechs Jahre nach Erloumlschen der Vollmacht

7 Verfuumlgungsberechtigte iSd vorstehenden Nummern sind sowohl der Glaumlubiger der Forderung und seine gesetzlichen Vertreter als auch jede Person die zur Verfuumlgung uumlber das Konto bevollmaumlchtigt ist(Kontovollmacht) Dies gilt entsprechend fuumlr die Verwahrung von Wertsachen sowie fuumlr die Uumlberlassung von Schlieszligfaumlchern Personen die aufgrund Gesetzes oder Rechtsgeschaumlfts zur Verfuumlgung berechtigt sind ohne dass diese Berechtigung dem Kreditinstitut usw mitgeteilt worden ist gelten insoweit nicht als Verfuumlgungsberechtigte

Nach dem Grundsatz der Verhaumlltnismaumlszligigkeit ist nicht zu beanstanden wenn in folgenden Faumlllen auf die Legitimationspruumlfung (Nrn 3 bis 5 des AEAO zu sect 154) und die Herstellung der Auskunftsbereitschaft (Nr 6 des AEAO zu sect 154) verzichtet wird

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a) bei Eltern als gesetzliche Vertreter ihrer minderjaumlhrigen Kinder wenn die Voraussetzungen fuumlr die gesetzliche Vertretung bei Kontoeroumlffnung durch amtliche Urkunden nachgewiesen werden

b) bei Vormundschaften und Pflegschaften einschlieszliglich Amtsvormundschaften und Amtspflegschaften sowie bei rechtlicher Betreuung (sectsect 1896 ff BGB)

c) bei Parteien kraft Amtes (Konkursverwalter Insolvenzverwalter Zwangsverwalter Nachlassverwalter Testamentsvollstrecker und aumlhnliche Personen)

d) bei Pfandnehmern (insbesondere in Bezug auf Mietkautionskonten bei denen die Einlage auf einem Konto des Mieters erfolgt und an den Vermieter verpfaumlndet wird)

e) bei Vollmachten auf den Todesfall (auch nach diesem Ereignis)

f) bei Vollmachten zur einmaligen Verfuumlgung uumlber ein Konto

g) bei Verfuumlgungsbefugnissen im Lastschriftverfahren (Abbuchungsauftragsverfahren und Einzugsermaumlchtigungsverfahren)

h) bei Vertretung juristischer Personen des oumlffentlichen Rechts (einschlieszliglich Eigenbetriebe)

i) bei Vertretung von Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen

j) bei den als Vertretern eingetragenen Personen die in oumlffentlichen Registern (Handelsregister Vereinsregister) eingetragene Firmen oder Personen vertreten

k) bei Vertretung von Unternehmen sofern schon mindestens fuumlnf Personen die in oumlffentliche Register eingetragen sind bzw bei denen eine Legitimationspruumlfung stattgefunden hat Verfuumlgungsbefugnis haben

l) bei vor dem 111992 begruumlndeten noch bestehenden oder bereits erloschenen Befugnissen

Unberuumlhrt bleibt die Befugnis der Finanzaumlmter im Besteuerungsverfahren Auskuumlnfte von Auskunftspersonen (sectsect 93 94 AO) einzuholen und die Vorlage von Unterlagen (sect 97 AO) zu verlangen sowie in einem Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder in einem Buszliggeldverfahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit die Befugnis zur Vernehmung von Zeugen oder zur Beschlagnahme von Unterlagen (sectsect 208 385 sect 399 Abs 2 sect 410 AO)

8 Bei einem Verstoszlig gegen sect 154 Abs 3 AO haftet der Zuwiderhandelnde nach Maszliggabe des sect 72 AO Waren uumlber ein Konto usw mehrere Personen verfuumlgungsberechtigt (mit Ausnahme der in Nr 7 Satz 4 des AEAO zu sect 154 genannten Faumllle) bedarf es uU der Zustimmung aller beteiligten Finanzaumlmter zur Herausgabe

9 Wegen der Ahndung einer Verletzung des sect 154 Abs 1 AO als Ordnungswidrigkeit Hinweis auf sect 379 Abs 2 Nr 2 AO

10 Die Verletzung der Verpflichtungen nach sect 154 Abs 2 AO fuumlhrt allein noch nicht unmittelbar zu einer Haftung oder Ahndung wegen Ordnungswidrigkeit Es kann sich jedoch um eine Steuergefaumlhrdung iSd sect 379 Abs 1 Nr 3 AO handeln soweit nicht sogar der Tatbestand des sect 370 AO erfuumlllt ist Wird festgestellt dass die nach sect 154 Abs 2 AO bestehenden Verpflichtungen nicht erfuumlllt sind soll die fuumlr Straf- und Buszliggeldsachen zustaumlndige Stelle unterrichtet werden Die Moumlglichkeit der Erzwingung der Verpflichtungen (sectsect 328 ff AO) bleibt unberuumlhrt

AEAO zu sect 155 - Steuerfestsetzung

1 Wegen Einzelheiten zur Bekanntgabe von Steuerbescheiden vgl AEAO zu sect 122 Wegen der Wirksamkeit von Steuerbescheiden wird auf sect 124 AO hingewiesen wegen formeller Fehler auf sectsect 126 bis 129 AO wegen Form und Inhalt auf sect 157 AO

2 Die volle oder teilweise Freistellung von der Steuer sowie die Ablehnung eines Antrags auf Festsetzung der Steuer erfolgt durch Steuerbescheid Daher ist zB die Erstattung von Kapitalertragsteuer aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen eine Steuerfestsetzung iSd Vorschrift Es gelten alle Verfahrensvorschriften die bei der Festsetzung von Steuern anzuwenden sind Fuumlr die Festsetzung sind insbesondere die Grundsaumltze uumlber die Festsetzungsfrist zu beachten (sectsect 169 ff sect 47 AO) Fuumlr die Aufhebung und Aumlnderung dieser Steuerbescheide sind die sectsect 172 ff AO maszliggebend

3 Anspruumlche des Steuerpflichtigen die auf Ruumlckzahlung eines uumlberzahlten Betrags gerichtet sind (zB bei Doppelzahlung) fallen nicht unter den Begriff der Verguumltung iSd Vorschrift Ein solcher Ruumlckzahlungsanspruch ist im Erhebungsverfahren geltend zu machen (Hinweis auf sect 218 Abs 2 AO)

4 Nach den Gesetzen in denen die Gewaumlhrung von Zulagen geregelt wird (zB die Investitionszulage die Eigenheimzulage oder die Arbeitnehmer-Sparzulage) und den Praumlmiengesetzen sind die fuumlr Steuerverguumltungen geltenden Vorschriften (sect 155 Abs 4 AO) auf Zulagen und Praumlmien entsprechend anzuwenden Die Gewaumlhrung erfolgt somit durch Festsetzung soweit nichts anderes vorgeschrieben ist (zB sectsect 4a 4b WoPG) Die Aufhebung oder Aumlnderung dieser Bescheide und insbesondere die

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Ruumlckforderung zu Unrecht gewaumlhrter Betraumlge regeln sich nach den fuumlr das Steuerfestsetzungsverfahren geltenden Vorschriften

AEAO zu sect 156 - Absehen von Steuerfestsetzung

Das Absehen von der Festsetzung bringt den Steueranspruch nicht zum Erloumlschen die Festsetzung kann innerhalb der Festsetzungsfrist nachgeholt werden Wegen der Kleinbetragsregelung fuumlr das Festsetzungsverfahren siehe die KBV (zur Anwendung siehe Art 97 sect 9a EGAO) Zur Kleinbetragsregelung fuumlr das Erhebungsverfahren siehe BMF-Schreiben vom 2232001 BStBl I S 242

AEAO zu sect 157 - Form und Inhalt der Steuerbescheide

1 Steuerbescheide die zwecks Bekanntgabe dem Steuerpflichtigen nicht selbst uumlbergeben werden sind mit Ruumlcksicht auf das Steuergeheimnis (sect 30 AO) in einem verschlossenen Umschlag zu versenden

2 Wegen der Begruumlndung des Steuerbescheids wird auf sect 121 AO hingewiesen wegen der Bekanntgabe auf sectsect 122 155 AO wegen der Wirksamkeit auf sect 124 AO wegen des Leistungsgebotes auf sect 254 AO wegen der Folgen bei unterbliebener oder unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung auf sect 356 AO

AEAO zu sect 158 - Beweiskraft der Buchfuumlhrung

Die Vorschrift enthaumllt eine gesetzliche Vermutung Sie verliert ihre Wirksamkeit mit der Folge der Schaumltzungsnotwendigkeit nach sect 162 AO wenn es nach Verprobung usw unwahrscheinlich ist dass das ausgewiesene Ergebnis mit den tatsaumlchlichen Verhaumlltnissen uumlbereinstimmt Fuumlr die formelle Ordnungsmaumlszligigkeit der Buchfuumlhrung ist das Gesamtbild aller Umstaumlnde im Einzelfall maszliggebend Eine Buchfuumlhrung kann trotz einzelner Maumlngel nach den sectsect 140 bis 148 AO aufgrund der Gesamtwertung als formell ordnungsmaumlszligig erscheinen Insoweit kommt der sachlichen Gewichtung der Maumlngel ausschlaggebende Bedeutung zu Eine Buchfuumlhrung ist erst dann formell ordnungswidrig wenn sie wesentliche Maumlngel aufweist oder die Gesamtheit aller (unwesentlichen) Maumlngel diesen Schluss fordert (BFH-Beschluss vom 2122008 X B 6908 mwN) Werden digitale Unterlagen bei Bargeschaumlften nicht entsprechend dem BMF-Schreiben vom 26112010 BStBl I S 1342 aufbewahrt kann dies ein schwerwiegender formeller Mangel der Ordnungsmaumlszligigkeit sein Die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit der Kassenbuchfuumlhrung erfordert dass ein schluumlssiger Nachweis hinsichtlich der Unveraumlnderbarkeit der Einzelbuchungen und deren Zusammenfuumlhrung bei der Erstellung steuerlicher Abschluumlsse gefuumlhrt werden kann Das Buchfuumlhrungsergebnis ist nicht zu uumlbernehmen soweit die Beanstandungen reichen Eine Vollschaumltzung an Stelle einer Zuschaumltzung kommt nur dann in Betracht wenn sich die Buchfuumlhrung in wesentlichen Teilen als unbrauchbar erweist

AEAO zu sect 159 - Nachweis der Treuhaumlnderschaft

Personen die zur Verweigerung der Auskunft aufgrund ihres Berufes berechtigt sind (sect 102 AO) insbesondere Angehoumlrige der steuerberatenden Berufe koumlnnen ein Aussageverweigerungsrecht nur mit der Einschraumlnkung des sect 104 Abs 2 AO in Anspruch nehmen Sie haften fuumlr steuerliche Folgen uU selbst gem sectsect 34 35 AO soweit ihnen die Wirtschaftsguumlter nicht nach sect 159 AO selbst zuzurechnen sind

AEAO zu sect 160 - Benennung von Glaumlubigern und Zahlungsempfaumlngern

1 Es steht im pflichtgemaumlszligen Ermessen des Finanzamts ob es sich den Glaumlubiger von Schulden oder den Empfaumlnger von Ausgaben vom Steuerpflichtigen benennen laumlsst (BFH-Urteile vom 25111986 VIII R 35082 BStBl 1987 II S 286 und vom 1031999 XI R 1098 BStBl II S 434) Liegen Anhaltspunkte fuumlr eine straf- oder buszliggeldbewehrte Vorteilszuwendung vor so ist die Benennung des Glaumlubigers oder des Empfaumlngers stets zu verlangen Zum einkommensteuerrechtlichen Abzugsverbot fuumlr die Zuwendung von Vorteilen iSd sect 4 Abs 5 Satz 1 Nr 10 EStG und zum Verhaumlltnis dieser Vorschrift zu sect 160 AO vgl BMF-Schreiben vom 10102002 (BStBl I S 1031)

Bei der Anwendung des sect 160 AO ist nach pflichtgemaumlszligem Ermessen zunaumlchst zu entscheiden ob ein Benennungsverlangen geboten ist Das Benennungsverlangen ist eine nicht selbstaumlndig anfechtbare Vorbereitungshandlung (BFH-Urteil vom 2041988 I R 6784 BStBl II S 927) Zur Belehrungspflicht wenn das Benennungsverlangen eine vermutete straf- oder buszliggeldbewehrte Vorteilszuwendung zum Gegenstand hat vgl Tz 30 des BMF-Schreibens vom 10102002 (aaO) Wegen der Stellung von Personen die aufgrund ihres Berufes zur Auskunftsverweigerung berechtigt sind vgl AEAO zu sect 159 Satz 1

2 Unterlaumlsst der Steuerpflichtige es trotz Aufforderung durch die Finanzbehoumlrde den Glaumlubiger der Schuld oder den Empfaumlnger der Ausgabe genau zu benennen so ist im Rahmen einer zweiten Ermessensentscheidung zu pruumlfen ob und in welcher Houmlhe der Abzug der Ausgaben bzw Schulden zu versagen ist Nach sect 160 Satz 1 AO ist der Abzug dann bdquoregelmaumlszligigldquo zu versagen (BFH-Urteil vom 1031999 XI R 1098 BStBl II S 434) Ist sowohl streitig ob der Houmlhe nach Betriebsausgaben vorliegen als auch ob die fehlende Benennung der Zahlungsempfaumlnger dem Abzug entgegensteht so ist zunaumlchst die Houmlhe der Betriebsausgaben zu ermitteln oder ggf zu schaumltzen Sodann ist zu pruumlfen ob und inwieweit die fehlende Benennung der Zahlungsempfaumlnger dem Abzug der Betriebsausgaben entgegensteht Die bei der Anwendung des sect 160 AO zu treffenden Ermessensentscheidungen koumlnnen

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eine unterlassene Schaumltzung nicht ersetzen (BFH-Urteil vom 2461997 VIII R 996 BStBl 1998 II S 51)

3 Werden Leistungen uumlber eine Domizilgesellschaft (Briefkastenfirma) abgerechnet so ist zunaumlchst zu pruumlfen ob der Steuerpflichtige uumlberhaupt eine Leistung von objektiv feststellbarem wirtschaftlichen Wert erhalten hat oder ob lediglich ein Scheingeschaumlft vorliegt Bei Leistungen an Domizilgesellschaften ist der Empfaumlngernachweis nur erbracht wenn die hinter der Gesellschaft stehenden Personen benannt werden (BFH-Beschluss vom 2581986 IV B 7686 BStBl 1987 II S 481) Das sind die Personen die anstelle der inaktiven Domizilgesellschaften bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Leistung gegenuumlber dem Steuerpflichtigen erbracht haben und denen damit auch die Gegenleistung zusteht Die Benennung lediglich formaler Anteilseigner (zB Treuhaumlnder) reicht nicht aus ebenso wenig wie die Erklaumlrung des Steuerpflichtigen nicht er sondern ein fremder Dritter stehe hinter der auslaumlndischen Gesellschaft (BFH-Beschluss vom 2581986 IV B 7686 aaO) Ungewissheiten hinsichtlich der Person des Empfaumlngers gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 1331985 I R 781 BStBl 1986 II S 318 und BFH-Beschluss vom 971986 I B 3686 BStBl 1987 II S 487) Auslaumlndische Verbotsnormen fuumlhren nicht dazu dass ein Offenlegungsverlangen von vornherein unverhaumlltnismaumlszligig oder unzumutbar wird (vgl BFH-Urteil vom 1641980 I R 7578 BStBl 1981 II S 492) sect 16 AStG bleibt unberuumlhrt

4 Bei Zahlungen an auslaumlndische Empfaumlnger soll das Finanzamt - soweit keine Anhaltspunkte fuumlr eine straf- oder buszliggeldbewehrte Vorteilszuwendung vorliegen - auf den Empfaumlngernachweis nach sect 160 AO verzichten wenn feststeht dass die Zahlung im Rahmen eines uumlblichen Handelsgeschaumlfts erfolgte der Geldbetrag ins Ausland abgeflossen ist und der Empfaumlnger nicht der deutschen Steuerpflicht unterliegt Hierzu ist der Empfaumlnger in dem Umfang zu bezeichnen dass dessen Steuerpflicht im Inland mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann Die bloszlige Moumlglichkeit einer im Inland nicht bestehenden Steuerpflicht reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 1331985 I R 781 BStBl 1986 II S 318) In geeigneten Faumlllen ist eine Erklaumlrung der mit dem Geschaumlft betrauten Personen sowie des verantwortlichen Organs des Unternehmens zu verlangen dass ihnen keine Umstaumlnde bekannt sind die fuumlr einen Ruumlckfluss der Zuwendung an einen inlaumlndischen Empfaumlnger sprechen Die Zulaumlssigkeit der Mitteilung von Erkenntnissen deutscher Finanzbehoumlrden im Rahmen des sect 117 AO bleibt hiervon unberuumlhrt

AEAO zu sect 162 - Schaumltzung von Besteuerungsgrundlagen

1 Bei der Schaumltzung der Besteuerungsgrundlagen in den Faumlllen des sect 155 Abs 2 AO handelt es sich um eine vorlaumlufige Maszlignahme des Wohnsitzfinanzamtes der ein Grundlagenbescheid nachfolgen muss (BFH-Urteil vom 2671983 VIII R 2879 BStBl 1984 II S 290)

2 Wegen der Pflicht zur Abgabe einer Steuererklaumlrung trotz Schaumltzung siehe sect 149 Abs 1 Satz 4 AO

3 Wegen der nur eingeschraumlnkten Offenlegung der Verhaumlltnisse von Vergleichsbetrieben vgl AEAO zu sect 30 Nr 45

4 Werden die Besteuerungsgrundlagen wegen Nichtabgabe der Steuererklaumlrung geschaumltzt ist die Steuer unter Nachpruumlfungsvorbehalt (sect 164 AO) festzusetzen wenn der Fall fuumlr eine eventuelle spaumltereUumlberpruumlfung offen gehalten werden soll Dies gilt zB wenn eine den Schaumltzungszeitraum umfassende Auszligenpruumlfung vorgesehen ist oder zu erwarten ist dass der Steuerpflichtige nach Erlass des Bescheids die Steuererklaumlrung nachreicht

Die unter Nachpruumlfungsvorbehalt stehende Steuerfestsetzung ist - sofern der Steuerpflichtige keinen Einspruch eingelegt bzw keinen Aumlnderungsantrag gestellt hat und auch keine Auszligenpruumlfung vorgesehen ist - bei der Veranlagung fuumlr das Folgejahr zu uumlberpruumlfen Dabei sind auch die in einem eventuellen Vollstreckungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse zu beruumlcksichtigen Der Nachpruumlfungsvorbehalt ist danach grundsaumltzlich aufzuheben auch wenn die Steuerfestsetzung nicht zu aumlndern ist

Zur Aufhebung des Nachpruumlfungsvorbehalts in Faumlllen einer Fristsetzung nach sect 364b AO vgl AEAO zu sect 364b Nr 2

5 Wegen der Befugnis zur Schaumltzung bei Verletzung der Mitwirkungspflicht nach sect 90 Abs 2 AO vgl AEAO zu sect 90 Nr 1

6 Die Besteuerungsgrundlagen sind nach sect 162 Abs 1 AO unter anderem dann zu schaumltzen wenn tatsaumlchliche Anhaltspunkte dafuumlr bestehen dass die vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermoumlgensmehrungen unrichtig oder unvollstaumlndig sind Hat der Steuerpflichtige in einem derartigen Fall die Zustimmung zu einem Kontenabruf verweigert (sect 93 Abs 7 Satz 1 Nr 5 AO) sind die nach Einschaumltzung der Finanzbehoumlrde nicht erklaumlrten steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermoumlgensmehrungen nach sect 162 Abs 2 Satz 2 AO dritte Alternative zu schaumltzen In diesem Fall kann zu Lasten des Steuerpflichtigen von einem Sachverhalt ausgegangen werden fuumlr den unter Beruumlcksichtigung seiner Beweisnaumlhe und seiner Verantwortung fuumlr die Aufklaumlrung des Sachverhalts eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht Gleiches gilt wenn ein mit Zustimmung des Steuerpflichtigen durchgefuumlhrter Kontenabruf keine neuen Erkenntnisse gebracht hat zB bei auf auslaumlndischen - und deswegen durch einen Kontenabruf nicht ermittelbaren - Konten zugeflossenen

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Einnahmen oder bei baren Einnahmen In diesen Faumlllen ist auch weiterhin eine Schaumltzung nach sect 162 AO moumlglich wenn Anhaltspunkte dafuumlr vorliegen dass die Angaben uumlber Einnahmen oder Betriebsvermoumlgensmehrungen nicht vollstaumlndig oder unzutreffend sind

AEAO zu sect 163 - Abweichende Festsetzung von Steuern aus Billigkeitsgruumlnden

1 sect 163 AO regelt Billigkeitsmaszlignahmen im Festsetzungsverfahren Billigkeitsmaszlignahmen im Erhebungsverfahren regelt sect 227 AO Die Unbilligkeit kann sich aus sachlichen oder aus persoumlnlichen Gruumlnden ergeben

2 Ein Antrag auf eine Billigkeitsmaszlignahme nach sect 163 AO kann auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung oder der entsprechenden gesonderten Feststellung gestellt werden

3 Die Entscheidung uumlber eine Billigkeitsmaszlignahme nach sect 163 AO stellt auch dann einen selbstaumlndigen Verwaltungsakt dar wenn sie mit der Steuerfestsetzung oder der entsprechenden gesonderten Feststellung verbunden wird Sie ist Grundlagenbescheid fuumlr den entsprechenden Steuer- oder Feststellungsbescheid (sect 171 Abs 10 AO) Wird eine Billigkeitsmaszlignahme erst nach Erlass des hiervon betroffenen Steuer- oder Feststellungsbescheids getroffen muss dieser Bescheid nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO entsprechend angepasst werden

4 Bei der Ermessensentscheidung ist der Zeitraum zwischen Entstehung des Steueranspruchs und der Antragstellung zu beruumlcksichtigen Es ist regelmaumlszligig ermessensgerecht eine Billigkeitsmaszlignahme nach sect 163 AO abzulehnen sobald fuumlr den Folgebescheid die Festsetzungs- oder Feststellungsfrist abgelaufen ist (BFH-Urteil vom 1731987 VII R 2684 BFHNV S 620)

Eine Billigkeitsmaszlignahme kann ausnahmsweise auch nach diesem Zeitpunkt getroffen werden wenn der ihr zugrunde liegende Antrag vor Ablauf der Festsetzungs- oder Feststellungsfrist gestellt worden war

5 Wegen der Auswirkungen einer Billigkeitsmaszlignahme bei den Steuern vom Einkommen auf die Gewerbesteuer Hinweis auf sect 184 Abs 2 AO Danach ist die niedrigere Festsetzung eines Messbetrags nach sect 163 Satz 1 AO nicht zulaumlssig wenn die Voraussetzungen dafuumlr nicht in einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung oder einer obersten Landesfinanzbehoumlrde festgelegt sind

6 Zum Einspruchsverfahren gegen die Entscheidung uumlber eine Billigkeitsmaszlignahme vgl AEAO zu sect 347 Nr 4

AEAO zu sect 164 - Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung

1 Der Vorbehalt der Nachpruumlfung ist eine Nebenbestimmung iSd sect 120 AO die im Steuerbescheid anzugeben ist Im Gegensatz zur vorlaumlufigen Steuerfestsetzung hat der Vorbehalt keine Auswirkung auf den Ablauf der Festsetzungsfrist Wegen der Wirkung einer Steueranmeldung als Vorbehaltsfestsetzung siehe sect 168 AO

2 Der Vorbehalt der Nachpruumlfung ist zulaumlssig bei allen Festsetzungen fuumlr die die Vorschriften uumlber das Steuerfestsetzungsverfahren gelten (zB bei Steuerverguumltungen Zulagen Praumlmien gesonderten Feststellungen Steuermessbetraumlgen Zinsen vgl AEAO zu sect 155) Zum Nachpruumlfungsvorbehalt in Schaumltzungsfaumlllen vgl AEAO zu sect 162 Nr 4

3 Solange ein Steuerfall nicht abschlieszligend gepruumlft ist kann die spaumltere Uumlberpruumlfung vorbehalten bleibenund die Steuer aufgrund der Angaben des Steuerpflichtigen oder aufgrund vorlaumlufiger Uumlberpruumlfung (vgl BFH-Urteil vom 481983 IV R 7983 BStBl 1984 II S 6) unter Vorbehalt der Nachpruumlfung festgesetzt werden Der Vorbehalt der Nachpruumlfung erfasst die Festsetzung insgesamt eine Beschraumlnkung auf Einzelpunkte oder Besteuerungsgrundlagen ist nicht zulaumlssig Eine Begruumlndung dafuumlr dass die Festsetzung unter Vorbehalt erfolgt ist nicht erforderlich

4 Solange der Vorbehalt wirksam ist bleibt der gesamte Steuerfall bdquooffenldquo die Steuerfestsetzung kann jederzeit - also auch nach Eintritt der Unanfechtbarkeit - und dem Umfang nach uneingeschraumlnkt von Amts wegen oder auch auf Antrag des Steuerpflichtigen aufgehoben oder geaumlndert werden Die Grundsaumltze des Vertrauensschutzes nach sect 176 AO sind aber zu beachten Dagegen wird ein aus dem Grundsatz von Treu und Glauben abgeleiteter Vertrauensschutz i d R nicht bestehen (vgl BFH-Urteil vom 2942008 VIII R 7505 BStBl II S 817)

5 Der Steuerpflichtige hat keinen Anspruch auf unverzuumlgliche Entscheidung uumlber seinen Antrag Die Entscheidung kann bis zur abschlieszligenden Pruumlfung des Steuerfalles - an Amtsstelle oder im Wege einer Auszligenpruumlfung - hinausgeschoben werden Sie hat jedoch in angemessener Zeit zu erfolgen Wegen des Ablaufs der Festsetzungsfrist bei Antragstellung Hinweis auf sect 171 Abs 3 AO

6 Wird eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung geaumlndert so ist in dem neuen Steuerbescheid zu vermerken ob dieser weiterhin unter Vorbehalt der Nachpruumlfung steht oder ob der Vorbehalt aufgehoben wird Fehlt ein derartiger Vermerk bleibt der Vorbehalt bestehen (BFH-Urteil vom 1491993 VIII R 993 BStBl 1995 II S 2) dies gilt nicht wenn die zu aumlndernde Festsetzung kraft Gesetzes unter Nachpruumlfungsvorbehalt steht (BFH-Urteil vom 2121999 V R 1999 BStBl 2000 II S 284) Die Aufhebung des Vorbehalts muss schriftlich oder in elektronischer Form (sect 87a Abs 4 AO)

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ergehen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen sein (sect 164 Abs 3 Satz 2 AO) Die Aufhebung des Nachpruumlfungsvorbehalts ist auch ohne abschlieszligende Pruumlfung des Steuerfalles zulaumlssig (BFH-Urteil vom 2851998 V R 10096 BStBl II S 502) und bedarf regelmaumlszligig keiner Begruumlndung (BFH-Urteil vom 1071996 I R 596 BStBl 1997 II S 5) Nach der Bekanntgabe der Aufhebung des Vorbehalts kann die Aufhebung oder Aumlnderung einer Steuerfestsetzung nicht mehr auf sect 164 Abs 2 AO gestuumltzt werden sectsect 172 ff AO bleiben unberuumlhrt

7 Wird der Vorbehalt nicht ausdruumlcklich aufgehoben entfaumlllt der Vorbehalt mit Ablauf der allgemeinen Festsetzungsfrist (sect 169 Abs 2 Satz 1 AO) Die Verlaumlngerung der Festsetzungsfrist fuumlr hinterzogene oder leichtfertig verkuumlrzte Steuern (sect 169 Abs 2 Satz 2 AO) verlaumlngert nicht die Wirksamkeit des Vorbehalts es ergeben sich aber Auswirkungen auf die Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 1 bis 6 9 und 11 bis 14 AO

8 Wegen des Einspruchs gegen eine Vorbehaltsfestsetzung vgl AEAO zu sect 367 Nr 5

AEAO zu sect 165 - Vorlaumlufige Steuerfestsetzung Aussetzung der Steuerfestsetzung

1 Eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 1 AO ist nur zulaumlssig soweit ungewiss ist ob der Tatbestand verwirklicht ist an den das Gesetz die Leistungspflicht knuumlpft Zweifel bei der Auslegung des Steuergesetzes reichen nicht aus Eine Steuerfestsetzung kann demgemaumlszlig nach sect 165 Abs 1 Satz 1 AO nur im Hinblick auf ungewisse Tatsachen nicht im Hinblick auf die steuerrechtliche Beurteilung von Tatsachen fuumlr vorlaumlufig erklaumlrt werden (BFH-Urteil vom 2541985 IV R 6483 BStBl II S 648) Vorlaumlufige Steuerfestsetzungen nach sect 165 Abs 1 Satz 1 AO sind insbesondere dann vorzunehmen wenn eine Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung nicht zweckmaumlszligig ist zB weil keine Nachpruumlfung des gesamten Steuerfalles mehr zu erwarten ist oder weil sie aus Rechtsgruumlnden nicht moumlglich ist (zB bei fortbestehender Ungewissheit nach einer Auszligenpruumlfung)

2 Die Tatsache dass ein Doppelbesteuerungsabkommen nach seinem Inkrafttreten voraussichtlich ruumlckwirkend anzuwenden sein wird rechtfertigt eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 1 AO um dem Steuerpflichtigen die Vorteile des Doppelbesteuerungsabkommens zu sichern

3 Eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 2 AO setzt voraus dass die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts bereits ergangen ist und die gesetzliche Neuregelung noch aussteht

4 Zweifel an der Vereinbarkeit einer der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Rechtsnorm mit houmlherrangigem Recht (insbesondere mit dem Grundgesetz oder dem Europaumlischen Unionsrecht) rechtfertigen nur dann eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AO wenn dieselbe Frage bereits Gegenstand eines Musterverfahrens bei dem Gerichtshof der Europaumlischen Union dem Bundesverfassungsgericht oder einem obersten Bundesgericht ist

Zum Rechtsschutzbeduumlrfnis fuumlr einen Einspruch gegen eine hinsichtlich des strittigen Punktes bereits vorlaumlufige Steuerfestsetzung vgl AEAO zu sect 350 Nr 6

5 Nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AO kann eine Steuer vorlaumlufig festgesetzt werden soweit eine im Fall des Steuerpflichtigen entscheidungserhebliche Rechtsfrage Gegenstand eines Verfahrens beim Bundesfinanzhof ist Hierbei handelt es sich auch um solche Faumllle in denen eine strittige Rechtsfrage nicht nur unter verfassungsrechtlichen Aspekten zu beurteilen ist (und deretwegen bereits eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AO erfolgt) sondern vom Bundesfinanzhof auf bdquoeinfachgesetzlichemldquo Wege dh durch Anwendung bzw Auslegung des einfachen Rechts entschieden werden koumlnnte

6 Die Entscheidung die Steuer vorlaumlufig festzusetzen steht in saumlmtlichen Faumlllen des sect 165 Abs 1 AO im Ermessen der Finanzbehoumlrde Von der Moumlglichkeit eine Steuer nach sect 165 Abs 1 Satz 2 AO vorlaumlufig festzusetzen ist nur Gebrauch zu machen soweit die Finanzbehoumlrden hierzu durch BMF-Schreiben oder gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehoumlrden der Laumlnder angewiesen worden sind

7 Die Vorlaumlufigkeit ist auf die ungewissen Voraussetzungen zu beschraumlnken und zu begruumlnden Die Begruumlndung kann nachgeholt werden (sect 126 Abs 1 Nr 2 AO) Wird eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung geaumlndert so ist in dem neuen Steuerbescheid zu vermerken ob und inwieweit dieser weiterhin vorlaumlufigist oder fuumlr endguumlltig erklaumlrt wird Durch einen Vorlaumlufigkeitsvermerk im Aumlnderungsbescheid wird der Umfang der Vorlaumlufigkeit neu bestimmt (BFH-Urteil vom 19101999 IX R 2398 BStBl 2000 II S 282)

8 Soweit wegen der Frage der Vereinbarkeit einer Rechtsnorm mit dem Grundgesetz eine Steuer nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AO vorlaumlufig festgesetzt worden ist sind Steuerbescheide auch dann nach sect 165 Abs 2 AO zu aumlndern wenn das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesfinanzhof die streitige Frage dadurch entscheidet dass das Gericht die vom Vorlaumlufigkeitsvermerk erfasste Rechtsnorm entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung verfassungskonform so auslegt dass das betreffende Steuergesetz mit houmlherrangigem Recht vereinbar ist und diese Auslegung zu einer Steuerminderung fuumlhrt (BFH-Urteil vom 3092010 III R 3908 BStBl 2011 II S 11) Dies gilt auch wenn der Vorlaumlufigkeitsvermerk insoweit zusaumltzlich auf sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AO gestuumltzt war

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Soweit eine Steuer (auch) nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 4 AO vorlaumlufig festgesetzt worden ist sind die Steuerbescheide (zudem) auch dann nach sect 165 Abs 2 AO zu aumlndern wenn der Bundesfinanzhof die vom Vorlaumlufigkeitsvermerk erfasste Rechtsnorm aufgrund einfachgesetzlicher Auslegung eines Steuergesetzes entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung auslegt diese Auslegung zu einer Steuerminderung fuumlhrt und dieses Urteil uumlber den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden ist

9 Die vorlaumlufige Steuerfestsetzung kann jederzeit fuumlr endguumlltig erklaumlrt werden Die Vorlaumlufigkeit bleibt bis dahin bestehen fuumlr den Ablauf der Festsetzungsfrist gilt sect 171 Abs 8 AO Wird die vorlaumlufige Steuerfestsetzung nach Beseitigung der Ungewissheit geaumlndert (sect 165 Abs 2 Satz 2 AO) sind im Rahmen des Aumlnderungsbetrages auch solche Fehler zu berichtigen die nicht mit dem Grund der Vorlaumlufigkeit zusammenhaumlngen (BFH-Urteil vom 232000 VI R 4897 BStBl II S 332)

10 In den Faumlllen des sect 165 Abs 1 Satz 2 AO ist eine Endguumlltigkeitserklaumlrung nicht erforderlich wenn sich die Steuerfestsetzung letztlich als zutreffend erweist und der Steuerpflichtige keine Entscheidung beantragt Die Vorlaumlufigkeit entfaumlllt in diesem Fall mit Ablauf der - ggf nach sect 171 Abs 8 Satz 2 AO verlaumlngerten - Festsetzungsfrist

11 Wird die vorlaumlufige Steuerfestsetzung auf Antrag des Steuerpflichtigen oder von Amts wegen fuumlrendguumlltig erklaumlrt oder wird der Vorlaumlufigkeitsvermerk in einem Aumlnderungsbescheid nicht wiederholt (vgl AEAO zu sect 165 Nr 7) kann gegen die insoweit nunmehr endguumlltige Steuerfestsetzung Einspruch eingelegt und ggf anschlieszligend Klage erhoben werden hinsichtlich der Auswirkungen der bisherigen Vorlaumlufigkeit der Steuerfestsetzung ergibt sich aus sect 351 Abs 1 AO keine Anfechtungsbeschraumlnkung (BFH-Urteil vom 3092010 III R 3908 BStBl 2011 II S 11) Der Umfang der Anfechtbarkeit bestimmt sich dabei nicht betragsmaumlszligig sondern in der Wirkung der fehlenden Bestandskraft der bisherigen Vorlaumlufigkeit In den Faumlllen der Vorlaumlufigkeit nach sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AO beschraumlnkt sich dieser Rechtsschutz dementsprechend auf die weitere verfassungsrechtliche Klaumlrung dieser Rechtsfrage (BFH-Urteil vom 3092010 III R 3908 aaO)

AEAO zu sect 167 - Steueranmeldung Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern

1 Die Selbstberechnung der Steuer (sect 150 Abs 1 Satz 3 AO) durch Steueranmeldung ist gesetzlich insbesondere vorgeschrieben fuumlr die Umsatzsteuer (Voranmeldung und Jahreserklaumlrung - sect 18 UStG) die Lohnsteuer (sect 41a EStG) die Kapitalertragsteuer (sect 45a EStG) den Steuerabzug nach sect 48 iVm sect 48a EStG oder nach sect 50a EStG die Versicherungsteuer (sect 8 VersStG) die Wettsteuer (sect 18 RennwLottAB) und fuumlr die Feuerschutzsteuer (sect 8 FeuerSchStG) Die Steueranmeldung ist Steuererklaumlrung iSd sect 150 AO Wegen der Wirkung einer Steueranmeldung siehe sect 168 AO

2 Eine Steueranmeldung iSd AO liegt nicht vor wenn ein Gesetz zwar die Selbstberechnung der Steuer durch den Steuerpflichtigen vorschreibt daneben aber eine foumlrmliche Steuerfestsetzung vorsieht zB sect 9 KraftStDV

3 Das Anerkenntnis des zum Steuerabzug Verpflichteten insbesondere des Arbeitgebers hinsichtlich der Lohnsteuer steht einer Steueranmeldung und damit einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung gleich (sect 167 Abs 1 Satz 3 sect 168 Satz 1 AO) Es ist deshalb nicht erforderlich gegen ihn einen Haftungsbescheid zu erlassen wenn er seiner Zahlungsverpflichtung aus dem Anerkenntnis nicht nachkommen will Der Entrichtungspflichtige kann sein Zahlungsanerkenntnis nur mit Zustimmung der Finanzbehoumlrde aumlndern oder widerrufen Nach einer abschlieszligenden Pruumlfung des Steuerfalls ist der Vorbehalt der Nachpruumlfung durch besonderen Bescheid aufzuheben (sect 164 Abs 2 und 3 AO)

4 Steueranmeldungen sind bei dem fuumlr die Besteuerung zustaumlndigen Finanzamt abzugeben Es treten aber keine Verspaumltungsfolgen ein wenn der Steuerpflichtige die Steueranmeldung und den Scheck fristgemaumlszlig bei dem fuumlr die Steuererhebung zustaumlndigen Finanzamt einreicht

5 Gibt jemand (zB ein Arbeitgeber) trotz seiner gesetzlichen Verpflichtung Steuern fuumlr Rechnung eines Dritten einzubehalten anzumelden und abzufuumlhren keine Steueranmeldung ab so kann gegen ihn ein Steuerbescheid aufgrund einer Schaumltzung ergehen Die Moumlglichkeit einen Haftungsbescheid zu erlassen steht dem nicht entgegen (vgl BFH-Urteil vom 772004 VI R 17100 BStBl II S 1087)

AEAO zu sect 168 - Wirkung einer Steueranmeldung

1 Eine Steueranmeldung die nicht zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer oder zu einer Steuerverguumltung fuumlhrt hat mit ihrem Eingang bei der Finanzbehoumlrde die Wirkung einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung Wegen der daraus sich ergebenden Folgen vgl AEAO zu sect 164 AO

Die faumlllige Steuer ist ohne besonderes Leistungsgebot nach Eingang der Anmeldung vollstreckbar (sect 249 Abs 1 sect 254 Abs 1 Satz 4 AO)

2 Eine erstmalige Steueranmeldung die zu einer Steuerverguumltung fuumlhrt (zB Vorsteueruumlberschuss) wirkt erst dann als Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung wenn dem Steuerpflichtigen die Zustimmung der Finanzbehoumlrde bekannt wird (sect 168 Satz 2 AO BFH-Urteil vom 2821996 XI R 4294 BStBl II S 660) Bis dahin ist sie als Antrag auf Steuerfestsetzung (sect 155 Abs 1 und 4 AO) anzusehen

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3 Auch eine berichtigte Steueranmeldung die zu einer Herabsetzung der bisher angemeldeten Steuer (Mindersoll) oder zu einer Erhoumlhung der bisher angemeldeten Steuerverguumltung fuumlhrt wirkt erst dann als Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung wenn dem Steuerpflichtigen die Zustimmung derFinanzbehoumlrde bekannt wird Bis dahin ist sie als Antrag auf Aumlnderung der Steuerfestsetzung nach sect 164 Abs 2 Satz 2 AO zu behandeln Wegen der Aumlnderung einer nicht mehr unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung stehenden Steuerfestsetzung vgl AEAO zu sect 168 Nr 12

4 Die kassenmaumlszligige Sollstellung eines Rotbetrags ist keine Zustimmung zur Anmeldung iSd sect 168 Satz 2 AO sie darf dem Anmeldenden nicht mitgeteilt werden Wird der Steuerpflichtige schriftlich bzw elektronisch uumlber die Zustimmung unterrichtet (zB zusammen mit einer Abrechnungsmitteilung) ist grundsaumltzlich davon auszugehen dass ihm die Zustimmung am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bzw nach der Absendung bekannt geworden ist Zur Faumllligkeit der Erstattung vgl AEAO zu sect 220 AO

5 Die Abgabe einer berichtigten Anmeldung mit Mindersoll hat keine Auswirkungen auf den Zeitpunkt der Faumllligkeit des urspruumlnglich angemeldeten Betrages Ebenso bleiben auf der Grundlage der urspruumlnglichen Steueranmeldung entstandene Saumlumniszuschlaumlge unberuumlhrt (sect 240 Abs 1 Satz 4 AO)

6 Will die Finanzbehoumlrde von der angemeldeten Steuer abweichen so ist eine Steuerfestsetzung vorzunehmen und daruumlber ein Steuerbescheid zu erteilen Die abweichende Festsetzung kann unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung oder unter den Voraussetzungen des sect 165 AO vorlaumlufig vorgenommen werden

7 Nach sect 18 Abs 2 UStG ist die fuumlr einen Voranmeldungszeitraum errechnete Umsatzsteuer eine Vorauszahlung Wird eine abweichende USt-Festsetzung durchgefuumlhrt steht diese als Vorauszahlungsbescheid nach sect 164 Abs 1 Satz 2 AO kraft Gesetzes unter Vorbehalt der Nachpruumlfung Dies gilt nicht bei einer von einer USt-Jahreserklaumlrung abweichenden Festsetzung in diesen Faumlllen muss die Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung besonders angeordnet und im Bescheid vermerkt werden (BFH-Urteil vom 2121999 V R 1999 BStBl 2000 II S 284)

8 Ergibt sich durch die anderweitige Festsetzung eine houmlhere Zahllast als angemeldet ist fuumlr den nachzuzahlenden Differenzbetrag eine Zahlungsfrist einzuraumlumen (sect 220 Abs 2) Auf sect 18 Abs 4 UStG wird hingewiesen Liegt der abweichenden Festsetzung eine Steueranmeldung mit Steuerverguumltung oder Mindersoll zugrunde so ist Faumllligkeitstag des gesamten Erstattungsbetrags der Tag der Bekanntgabe der anderweitigen Festsetzung (sect 220 Abs 2 AO)

9 Aus Vereinfachungsgruumlnden kann bei Steueranmeldungen die zu einer Steuerverguumltung oder zu einem Mindersoll fuumlhren die Zustimmung allgemein erteilt werden Auch in diesem Fall stehen die Anmeldungen erst dann einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung gleich wenn dem Steuerpflichtigen die Zustimmung bekannt wird Wird der Steuerpflichtige schriftlich bzw elektronisch uumlber die Zustimmung unterrichtet (zB zusammen mit einer Abrechnungsmitteilung) ist grundsaumltzlich davon auszugehen dass ihm die Zustimmung am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bzw nach der Absendung bekannt geworden ist

10 In den Faumlllen in denen keine allgemeine Zustimmung erteilt wird ist uumlber die Zustimmung oder Festsetzung alsbald zu entscheiden Auf die Bearbeitung in angemessener Zeit bzw auf die rechtzeitige Mitteilung von Hinderungsgruumlnden ist angesichts sect 347 Abs 1 Satz 2 AO besonders zu achten

11 Wird die Zustimmung zur Steueranmeldung nicht erteilt so ist der Antrag des Steuerpflichtigen auf Steuerfestsetzung (vgl AEAO zu sect 168 Nr 2) bzw auf Aumlnderung der Steuerfestsetzung nach sect 164 Abs 2 Satz 2 AO (vgl AEAO zu sect 168 Nr 3) durch Bescheid abzulehnen (sect 155 Abs 1 Satz 3 AO)

12 Fuumlhrt die berichtigte Anmeldung zu einer houmlheren Steuer oder zu einem geringeren Verguumltungsbetrag gilt Folgendes

- Steht die bisherige Steuerfestsetzung noch unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung bedarf es keiner Zustimmung der Finanzbehoumlrde die berichtigte Steueranmeldung steht bereits mit ihrem Eingang bei der Finanzbehoumlrde einer nach sect 164 Abs 2 AO geaumlnderten Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung gleich

- Steht die bisherige Steuerfestsetzung nicht oder nicht mehr unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung ist ein nach sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO geaumlnderter Bescheid zu erteilen

Zu pruumlfen ist ob die berichtigte Anmeldung eine Selbstanzeige (sect 371 AO) ist Wegen der Verlaumlngerung der Festsetzungsfrist Hinweis auf sect 171 Abs 9 AO

13 Eine Steueranmeldung die - ggf nach Zustimmung - einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung gleichsteht kann mit dem Einspruch angefochten werden (sect 347 Abs 1 Satz 1 AO) Wegen des Beginns der Einspruchsfrist wird auf sect 355 Abs 1 Satz 2 AO wegen des Beginns der Zahlungsverjaumlhrung auf sect 229 AO hingewiesen

AEAO vor sectsect 169 bis 171 - Festsetzungsverjaumlhrung

1 Durch Verjaumlhrung erloumlschen allgemein Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (sect 47 AO)

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Das Gesetz unterscheidet zwischen der Festsetzungsverjaumlhrung (sectsect 169 bis 171 AO) und der Zahlungsverjaumlhrung (sectsect 228 bis 232 AO)

2 Die Finanzbehoumlrde darf die Festsetzung von Steuern von Erstattungs- oder Verguumltungsanspruumlchen nurvornehmen soweit die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist Dies gilt auch fuumlr Aumlnderungen oder Aufhebungen von Steuerfestsetzungen sowie Berichtigungen wegen offenbarer Unrichtigkeit gleichguumlltig ob zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen Mit Ablauf der Festsetzungsfrist sind Anspruumlche des Steuerglaumlubigers aber auch Anspruumlche des Erstattungsberechtigten erloschen Zur Berichtigung (teil-)verjaumlhrter Steueranspruumlche im Zusammenhang mit einer Aufhebung Aumlnderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung wegen offenbarer Unrichtigkeit vgl AEAO zu sect 177 Nr 1

3 Eine Festsetzung usw die erst nach Eintritt der Festsetzungsverjaumlhrung erfolgt ist nicht nichtig (sect 125 Abs 1 AO) sondern nur anfechtbar erwaumlchst also ggf in Bestandskraft der Bescheid ist auch vollstreckbar

4 Die Festsetzungsverjaumlhrung schlieszligt Ermittlungshandlungen der Finanzbehoumlrde im Einzelfall (sectsect 88 92 ff 193 ff 208 Abs 1 Nr 2 AO) nicht aus (vgl BFH-Urteil vom 2371985 VIII R 4885 BStBl 1986 II S 433)

5 Die Bestimmungen uumlber die Festsetzungsverjaumlhrung gelten sinngemaumlszlig auch fuumlr die Festsetzung von Steuermessbetraumlgen (sect 184 Abs 1 AO) und fuumlr die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (sect 181 Abs 1 AO) sowie bei allen Festsetzungen fuumlr die die Vorschriften uumlber das Steuerfestsetzungsverfahren anzuwenden sind (s sect 155 AO) Auf steuerliche Nebenleistungen (sect 3 Abs 4 AO) finden sie nur Anwendung wenn dies besonders vorgeschrieben ist (sect 1 Abs 3 Satz 2 AO) wie zB bei Zinsen (sect 239 AO) Fuumlr die Kosten der Vollstreckung gilt die besondere Regelung des sect 346 AO

6 Fuumlr Verspaumltungszuschlaumlge (sect 152 AO) fehlt dagegen eine entsprechende Bestimmung (vgl AEAO zu sect 169 Nr 5 AO) Saumlumniszuschlaumlge (sect 240 AO) entstehen kraft Gesetzes sie unterliegen allein der Zahlungsverjaumlhrung (sectsect 228 ff AO)

AEAO zu sect 169 - Festsetzungsfrist

1 Die Festsetzungsfrist nach sect 169 Abs 1 Satz 3 Nr 1 AO ist nur gewahrt wenn der vor Ablauf der Frist zur Post gegebene bdquoSteuerbescheidldquo dem Empfaumlnger nach Fristablauf tatsaumlchlich zugeht (vgl Beschluss des Groszligen Senats des BFH vom 25112002 GrS 201 BStBl 2003 II S 548)

Zu den fuumlr die Steuerfestsetzung zustaumlndigen Finanzbehoumlrden sind auch die fuumlr die Finanzbehoumlrden arbeitenden Rechenzentren (sectsect 2 und 17 FVG) zu zaumlhlen wenn sie die Absendung an den Steuerpflichtigen vornehmen

Bei Steuermessbescheiden wird die Frist allein durch die Absendung der Mitteilungen an die Gemeinde (sect 184 Abs 3 AO) nicht gewahrt Die fristgerechte Absendung der Messbescheide ist Aufgabe der Gemeinden die insoweit fuumlr die Finanzbehoumlrden handeln

2 Die Festsetzungsfrist verlaumlngert sich auf zehn Jahre soweit eine Steuer hinterzogen und auf fuumlnf Jahre soweit die Steuer leichtfertig verkuumlrzt worden ist (sect 169 Abs 2 Satz 2 AO)

21 Zur Frage der Feststellung ob Steuern hinterzogen worden sind vgl AEAO zu sect 71 Entsprechendes gilt bezuumlglich leichtfertig verkuumlrzter Steuern

22 Die Verlaumlngerung der Festsetzungsfrist fuumlr hinterzogene oder leichtfertig verkuumlrzte Steuern verlaumlngert nicht die Wirksamkeit eines Vorbehalts der Nachpruumlfung (vgl AEAO zu sect 164 Nr 7) sect 169 Abs 2 Satz 2 AO ist auch dann anzuwenden wenn der Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung ergangen ist sect 164 Abs 4 Satz 2 AO regelt lediglich dass sect 169 Abs 2 Satz 2 und sect 171 Abs 7 8 und 10 AO bei Bestimmung des Ablaufs der fuumlr sect 164 Abs 4 Satz 1 AO maszliggeblichen Frist nicht anzuwenden sind

3 Wegen der Frist fuumlr die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (Feststellungsfrist) Hinweis auf sect 181 Abs 3 AO Fuumlr den Erlass von Haftungsbescheiden wird auf sect 191 Abs 3 AO hingewiesen

4 Bei Zinsen und Kosten der Vollstreckung betraumlgt die Festsetzungsfrist jeweils ein Jahr (sectsect 239 und 346 AO)

5 Verspaumltungszuschlaumlge unterliegen nicht der Festsetzungsverjaumlhrung (vgl AEAO vor sectsect 169 bis 171 Nr 2) Von der erstmaligen Festsetzung eines Verspaumltungszuschlags ist jedoch grundsaumltzlich abzusehen wenn die Festsetzungsfrist fuumlr die Steuer abgelaufen ist (vgl AEAO vor sect 152 Nr 3) Wird aber ein bereits vor Ablauf der fuumlr die Steuer geltenden Festsetzungsfrist festgesetzter Verspaumltungszuschlag nur aus formellen Gruumlnden oder aufgrund einer fehlerhaften Ermessensausuumlbung bezuumlglich seiner Houmlhe aufgehoben ist die Festsetzung eines Verspaumltungszuschlags auch nach Ablauf der fuumlr die Steuer geltenden Festsetzungsfrist zulaumlssig

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AEAO zu sect 170 - Beginn der Festsetzungsfrist

1 Fuumlr den Beginn der Festsetzungsfrist kommt es darauf an wann die Steuer (sect 37 AO) entstanden ist Der Zeitpunkt der Entstehung der Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis ist in sect 38 AO und in den Einzelsteuergesetzen (vgl AEAO zu sect 38 Nr1) geregelt Die Anlaufhemmung (sect 170 Abs 2 bis 6 AO) schiebt den Beginn der Festsetzungsfrist hinaus

2 Wegen des Beginns der Frist fuumlr die gesonderte Feststellung von Einheitswerten Hinweis auf sect 181 Abs 3 und 4 AO Fuumlr Haftungsbescheide gilt sect 191 Abs 3 AO Bei Zinsen und Kosten der Vollstreckung ergibt sich der Beginn der Festsetzungsfrist aus sect 239 Abs 1 Satz 2 bzw sect 346 Abs 2 Satz 2 AO Hinsichtlich der Verspaumltungszuschlaumlge vgl AEAO zu sect 169 Nr 5

3 Die Anlaufhemmung nach sect 170 Abs 2 AO gilt fuumlr saumlmtliche Besitz- und Verkehrsteuern fuumlr die auf Grund allgemeiner gesetzlicher Vorschrift (zB sect 181 Abs 2 AO sect 25 EStG sect 14a GewStG sect 31 KStG sect 18 UStG sect 31 ErbStG) oder auf Grund einer Aufforderung der Finanzbehoumlrde (sect 149 Abs 1 Satz 2 AO) eine Steuererklaumlrung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist gesetzliche Vorschrift ist auch eine Rechtsverordnung (sect 4 AO) Eine Berichtigungsanzeige nach sect 153 Abs 1 AO loumlst allerdings keine Anlaufhemmung aus (vgl BFH-Urteil vom 2211997 II B 4096 BStBl II S 266)

Ist der Steuerpflichtige berechtigt aber nicht verpflichtet eine Steuererklaumlrung abzugeben wie z B bei der Antragsveranlagung nach sect 46 Abs 2 Nr 8 EStG greift die Anlaufhemmung nach sect 170 Absatz 2 Satz 1 Nr 1 AO nicht (BFH-Urteil vom 1442011 VI R 5310 BStBl II S 746) Die Anlaufhemmung greift auch dann nicht wenn eine behoumlrdliche Aufforderung zur Abgabe einer Steuererklaumlrung dem Steuerpflichtigen erst nach dem Ablauf der Festsetzungsfrist des sect 169 Abs 2 AO zugeht oder eine Pflichtveranlagung begruumlndende Steuererklaumlrung erst nach dem Ablauf der Festsetzungsfrist des sect 169 Abs 2 AO abgegeben wird (BFH-Urteil vom 2832012 VI R 6810 BStBl II S 711)

AEAO zu sect 171 - Ablaufhemmung

1 Die Ablaufhemmung schiebt das Ende der Festsetzungsfrist hinaus Die Festsetzungsfrist endet in diesen Faumlllen meist nicht - wie im Normalfall - am Ende sondern im Laufe eines Kalenderjahres Wegen der Fristberechnung Hinweis auf sect 108 AO

2 Eine Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 3 AO setzt voraus dass der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist einen Antrag auf Steuerfestsetzung oder auf Korrektur einer Steuerfestsetzung stellt Ist innerhalb der Festsetzungsfrist kein Antrag des Steuerpflichtigen eingegangen kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach sect 110 Abs 1 AO mit dem Ziel einer ruumlckwirkenden Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 3 AO gewaumlhrt werden (vgl BFH-Urteil vom 2412008 VII R 307 BStBl II S 462)

Antraumlge auf Billigkeitsmaszlignahmen nach sectsect 163 oder 227 AO hemmen den Fristablauf nicht nach sect 171 Abs 3 AO eine Billigkeitsentscheidung nach sect 163 AO bewirkt aber als Grundlagenbescheid eine Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 10 AO (vgl BFH-Urteil vom 2192000 IV R 5499 BStBl 2001 II S 178)

Die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklaumlrung kann fuumlr sich allein eine Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 3 AO grundsaumltzlich nicht herbeifuumlhren (BFH-Urteil vom 1861991 VIII R 5489 BStBl 1992 II S 124 und BFH-Beschluss vom 1321995 V B 9594 BFHNV S 756) Dies gilt hinsichtlicheiner Umsatzsteuererklaumlrung auch dann wenn mit ihr ein Anspruch auf Auszahlung eines Uumlberschusses geltend gemacht wird (BFH-Urteil vom 1151995 V R 13693 BFHNV 1996 S 1) Auch in der Kombination von Erklaumlrungseinreichung und damit im Zusammenhang stehender Antragstellung (auf Durchfuumlhrung einer Festsetzung oder Feststellung) kann kein Antrag iSd sect 171 Abs 3 AO gesehen werden (BFH-Urteil vom 1552013 IX R 511 BStBl II S 143)

Selbstanzeigen (sectsect 371 378 Abs 3 AO) und Berichtigungserklaumlrungen (sect 153 AO) loumlsen keine Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 3 AO aus sie bewirken ausschlieszliglich eine Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 9 AO (vgl BFH-Urteil vom 872009 VIII R 507 BStBl 2010 II S 583)

2a Die Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 3a AO tritt auch dann ein wenn nach Ablauf der Festsetzungsfrist ein zulaumlssiger Rechtsbehelf eingelegt wird (sect 171 Abs 3a Satz 1 2 Halbsatz AO) Dies gilt auch dann wenn der Rechtsbehelf nach Gewaumlhrung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als fristgerecht zu behandeln ist die Grundsaumltze des BFH-Urteils vom 2412008 VII R 307 aaO (vgl AEAO zu sect 171 Nr 2) sind auf diesen Fall nicht uumlbertragbar

sect 171 Abs 3a Satz 3 AO hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist nur im Falle der gerichtlichen Kassation eines angefochtenen Bescheids (vgl BFH-Urteil vom 5102004 VII R 7703 BStBl 2005 II S 122 fuumlr Haftungsbescheide) Diese Ablaufhemmung gilt nicht im Fall der Aufhebung des Bescheids durch die Finanzbehoumlrde denn mit der Aufhebung eines Bescheids verliert er seine ablaufhemmende Wirkung Hebt die Finanzbehoumlrde allerdings in einem Verwaltungsakt den angefochtenen Bescheid unter gleichzeitigem Erlass eines neuen Bescheids auf ist der neue Bescheid noch innerhalb der nach sect 171 Abs 3a Satz 1 AO gehemmten Festsetzungsfrist ergangen (vgl BFH-Urteil vom 5102004 VII R 1803 BStBl 2005 II S 323 fuumlr Haftungsbescheide)

132

3 Ablaufhemmung wegen Beginn einer Auszligenpruumlfung (sect 171 Abs 4 AO)

31 Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird durch den Beginn einer Auszligenpruumlfung (vgl AEAO zu sect 198 Nrn 1 und 2) hinausgeschoben (sect 171 Abs 4 AO) Die Ablaufhemmung tritt nicht ein wenn eine zugrunde liegende Pruumlfungsanordnung unwirksam ist (BFH-Urteile vom 1041987 III R 20283 BStBl 1988 II S 165 und vom 1791992 V R 1786 BFHNV 1993 S 279)

32 Eine Auszligenpruumlfung hemmt den Ablauf der Festsetzungsfrist nur fuumlr Steuern auf die sich die Pruumlfungsanordnung erstreckt (BFH-Urteile vom 1871991 V R 5487 BStBl II S 824 und vom 2511996 V R 4295 BStBl II S 338) Wird die Auszligenpruumlfung spaumlter auf bisher nicht einbezogene Steuern ausgedehnt ist die Ablaufhemmung nur wirksam soweit vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Pruumlfungsanordnung erlassen (vgl AEAO zu sect 196 Nr 5) und mit der Auszligenpruumlfung auch insoweit ernsthaft begonnen wird (BFH-Urteil vom 221994 I R 5793 BStBl II S 377)

33 Bei einem Antrag des Steuerpflichtigen auf Verschiebung des Pruumlfungsbeginns (sect 197 Absatz 2 AO) wird der Ablauf der Festsetzungsfrist nach sect 171 Absatz 4 Satz 1 2 Alternative AO nur gehemmt wenn dieser Antrag fuumlr die Verschiebung ursaumlchlich war Wird der Beginn der Auszligenpruumlfung nicht maszliggeblich aufgrund eines Antrags des Steuerpflichtigen sondern aufgrund eigener Belange der Finanzbehoumlrde bzw aus innerhalb deren Sphaumlre liegenden Gruumlnden hinausgeschoben laumluft die Festsetzungsfrist ungeachtet des Antrags ab

331 Bei einem vom Steuerpflichtigen gestellten Antrag auf zeitlich befristetes Hinausschieben des Beginns der Auszligenpruumlfung entfaumlllt die Ablaufhemmung nach sect 171 Absatz 4 Satz 1 2 Alternative AO ruumlckwirkend wenn die Finanzbehoumlrde nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Eingang des Antrags mit der Pruumlfung beginnt (vgl BFH-Urteil vom 1732010 IV R 5407 BStBl 2011 II S 7)

Die Ablaufhemmung entfaumlllt dagegen nicht wenn der Steuerpflichtige einen unbefristeten bzw zeitlich unbestimmten Antrag gestellt hat also bspw beantragt hat wegen einer noch andauernden Vor-Betriebspruumlfung zunaumlchst deren Abschluss abzuwarten

332 Enthaumllt der Antrag des Steuerpflichtigen auf Verschiebung des Pruumlfungsbeginns keine zeitlichen Vorgaben (Antrag auf unbefristetes Hinausschieben) endet die Festsetzungsfrist mit Ablauf von zwei Jahren nachdem der Hinderungsgrund beseitigt ist und die Finanzbehoumlrde hiervon Kenntnis hat sofern nicht zuvor mit der Pruumlfung begonnen wurde (vgl BFH-Urteil vom 122012 I R 1811 BStBl II S 400)

34 Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird auch gehemmt wenn der Steuerpflichtige die Pruumlfungsanordnung angefochten hat und deren Vollziehung ausgesetzt wurde (vgl BFH-Urteile vom 2511989 X R 15887 BStBl II S 483 und vom 1761998 IX R 6595 BStBl 1999 II S 4) Dies gilt unabhaumlngig von der Dauer der Aussetzung der Vollziehung

35 Ermittlungen iSd sect 171 Abs 4 Satz 3 AO sind nur diejenigen Maszlignahmen eines Betriebspruumlfers die darauf gerichtet sind Besteuerungsgrundlagen zu uumlberpruumlfen oder bisher noch nicht bekannte Sachverhaltselemente festzustellen etwa indem der Pruumlfer Unterlagen anfordert den Steuerpflichtigen in irgendeiner anderen Weise zur Mitwirkung auffordert oder vom Steuerpflichtigen nachgereichte Unterlagen auswertet (vgl BFH-Urteil vom 2862011 VIII R 609 BFHNV S 1830) Die Zusammenstellung des Pruumlfungsergebnisses im Pruumlfungsbericht stellt keine den Ablauf der Festsetzungsfrist hinausschiebende Ermittlungshandlung dar (BFH-Urteil vom 872009 XI R 6407 BStBl 2010 II S 4)

4 Die Ablaufhemmung des sect 171 Abs 5 AO bei Ermittlungen der Steuerfahndung (Zollfahndung) umfasst - anders als im Fall des sect 171 Abs 4 AO - nicht den gesamten Steueranspruch vielmehr tritt die Hemmung nur in dem Umfang ein in dem sich die Ergebnisse der Ermittlungen auf die festzusetzende Steuer auswirken (BFH-Urteil vom 1441999 XI R 3096 BStBl II S 478)

5 Bei einer vorlaumlufigen Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 1 AO endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nachdem die Finanzbehoumlrde von der Beseitigung der Ungewissheit Kenntnis erhalten hat (sect 171 Abs 8 Satz 1 AO) Bei einer vorlaumlufigen Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 1 Satz 2 AO endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nachdem die Finanzbehoumlrde von der Beseitigung der Ungewissheit Kenntnis erlangt hat (sect 171 Abs 8 Satz 2 AO) Die Ablaufhemmung beschraumlnkt sich dabei auf den fuumlr vorlaumlufig erklaumlrten Teil der Steuerfestsetzung

Eine Ungewissheit die Anlass fuumlr eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung war ist beseitigt wenn die Tatbestandsmerkmale fuumlr die endguumlltige Steuerfestsetzung feststellbar sind bdquoKenntnisldquo iSd sect 171 Abs 8 AO verlangt positive Kenntnis der Finanzbehoumlrde von der Beseitigung der Ungewissheit ein bdquoKennen-muumlssenldquo von Tatsachen steht der Kenntnis nicht gleich (BFH-Urteil vom 2681992 II R 10790 BStBl 1993 II S 5)

6 sect 171 Abs 10 Satz 1 AO gewaumlhrt eine maximale Anpassungsfrist von zwei Jahren nach Bekanntgabe eines Grundlagenbescheids (vgl BFH-Urteil vom 1912005 X R 1404 BStBl II S 242) Der Zeitpunkt des Zugangs der verwaltungsinternen Mitteilung uumlber den Grundlagenbescheid bei der fuumlr den Erlass des Folgebescheids zustaumlndigen Finanzbehoumlrde ist fuumlr die Fristbestimmung ebenso unbeachtlich wie der Zeitpunkt an dem der Grundlagenbescheid unanfechtbar geworden ist Eine Anfechtung des Grundlagenbescheids fuumlhrt lediglich zur Hemmung der Feststellungsfrist (sect 181 Abs 1 Satz 1 iVm

133

sect 171 Abs 3a AO) nicht aber zur Hemmung der Festsetzungsfrist der Folgebescheide (vgl BFH-Urteil vom 1912005 X R 1404 aaO)

61 Werden Feststellungen im Grundlagenbescheid in einem Feststellungs- Einspruchs- oder Klageverfahren geaumlndert fuumlhrt dies zu einer erneuten Anpassungspflicht nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO und damit wiederum zu einer Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 10 Satz 1 AO Dagegen setzt ein Grundlagenbescheid der einen gleichartigen dem Inhaltsadressaten wirksam bekannt gegebenen Steuerverwaltungsakt in seinem verbindlichen Regelungsgehalt lediglich wiederholt oder eine Einspruchs- oder Gerichtsentscheidung die einen Grundlagenbescheid lediglich bestaumltigt keine neue Zwei-Jahresfrist in Lauf (vgl BFH-Urteile vom 13122000 X R 4296 BStBl 2001 II S 471 und vom 1912005 X R 1404 aaO)

62 Die Aufhebung des Vorbehalts der Nachpruumlfung eines Grundlagenbescheids steht dem Erlass eines geaumlnderten Grundlagenbescheids gleich Sie setzt daher die Zwei-Jahresfrist des sect 171 Abs 10 Satz 1 AO in Lauf Dies gilt auch dann wenn der Vorbehalt der Nachpruumlfung hinsichtlich des Grundlagenbescheids aufgehoben wird ohne dass eine sachliche Aumlnderung des Grundlagenbescheids erfolgt (BFH-Urteil vom 1141995 III B 7492 BFHNV S 943) Soweit ein Folgebescheid den nunmehr endguumlltigen Grundlagenbescheid noch nicht beruumlcksichtigt hat muss er selbst dann nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO korrigiert werden wenn der Vorbehalt der Nachpruumlfung des Grundlagenbescheidsaufgehoben wurde ohne dass eine sachliche Aumlnderung des Grundlagenbescheids erfolgt

63 Die Festsetzungsfrist fuumlr einen Folgebescheid laumluft nach sect 171 Abs 10 Satz 2 AO nicht ab solange der Ablauf der Festsetzungsfrist des von der Bindungswirkung nicht erfassten Teils der Steuer aufgrund einer Auszligenpruumlfung nach sect 171 Abs 4 AO gehemmt ist Diese Regelung ermoumlglicht es die Anpassung des Folgebescheids an einen Grundlagenbescheid (sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO) und die Auswertung der Ergebnisse der Auszligenpruumlfung zusammenzufassen

64 Bei der Entscheidung ob eine gesonderte Feststellung durchgefuumlhrt oder geaumlndert werden kann ist die Frage der Verjaumlhrung der von der Feststellung abhaumlngigen Steuern nicht zu pruumlfen Ist die Feststellungsfrist bereits abgelaufen die Steuerfestsetzung in einem Folgebescheid aber noch zulaumlssig so gilt sect 181 Abs 5 AO

65 Beispiele zur Anwendung des sect 171 Abs 10 Satz 1 AO1

Beispiel 1

Bei der im Jahr 03 durchgefuumlhrten ESt-Veranlagung 01 (Abgabe der Steuererklaumlrung im Jahr 03) wurden die Beteiligungseinkuumlnfte in erklaumlrter Houmlhe beruumlcksichtigt Ein von den erklaumlrten Werten abweichender Grundlagenbescheid wird am 4406 bekannt gegeben

Loumlsung

Obgleich die allgemeine Festsetzungsfrist gem sect 170 Abs 2 Satz 1 Nr 1 AO mit Ablauf des 311207 endet kann eine Anpassung des ESt-Bescheids 01 an den Grundlagenbescheid gem sect 171 Abs 10 Satz 1 AO bis zum Ablauf des 4408 erfolgen da insoweit die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids endet

Beispiel 2

Wie Beispiel 1 allerdings wird der Grundlagenbescheid am 4405 bekannt gegeben

Loumlsung

Eine Anpassung des ESt-Bescheids kann bis zum Ablauf der allgemeinen Festsetzungsfrist am 311207 erfolgen Ohne Bedeutung ist dass die Zwei-Jahresfrist des sect 171 Abs 10 Satz 1 AO bereits mit Ablauf des 4407 endet

Beispiel 3

Wie Beispiel 1 die Bekanntgabe des Grundlagenbescheids erfolgt in offener Feststellungsfrist jedoch nach Ablauf der allgemeinen Festsetzungsfrist am 4408

Loumlsung

Eine Anpassung des ESt-Bescheids 01 an den Grundlagenbescheid ist gem sect 171 Abs 10 Satz 1 AO bis zum Ablauf des 4410 moumlglich da die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheids endet

7 sect 171 Abs 14 AO verlaumlngert die Festsetzungsfrist bis zum Ablauf der Zahlungsverjaumlhrung fuumlr die Erstattung von rechtsgrundlos gezahlten Steuern Die Finanzbehoumlrde kann daher Steuerfestsetzungen die wegen Bekanntgabemaumlngeln unwirksam waren oder deren wirksame Bekanntgabe die Finanzbehoumlrde nicht nachweisen kann (vgl sect 122 Abs 2 Halbsatz 2 AO) noch nach Ablauf der

1 Es wird unterstellt dass kein Fristende auf einen Sonntag einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend faumlllt 134

regulaumlren Festsetzungsfrist nachholen soweit die Zahlungsverjaumlhrungsfrist fuumlr die bisher geleisteten Zahlungen noch nicht abgelaufen ist (vgl BFH-Urteil vom 1332001 VIII R 3700 BStBl II S 430)

AEAO vor sectsect 172 bis 177 - Bestandskraft

1 Die sectsect 172 ff AO regeln die Durchbrechung der materiellen Bestandskraft (Verbindlichkeit einer Verwaltungsentscheidung) Sie ist von der formellen Bestandskraft (Unanfechtbarkeit) zu unterscheiden Diese liegt vor soweit ein Verwaltungsakt nicht oder nicht mehr mit Rechtsbehelfen angefochten werden kann Unanfechtbarkeit bedeutet nicht Unabaumlnderbarkeit Dementsprechend koumlnnen auch Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung unanfechtbar werden (vgl BFH-Urteil vom 19121985 V R 16782 BStBl 1986 II S 420)

2 Die Vorschriften uumlber die materielle Bestandskraft gelten fuumlr Steuerfestsetzungen iSd sect 155 AO sowie fuumlr alle Festsetzungen fuumlr die die Vorschriften uumlber das Steuerfestsetzungsverfahren anzuwenden sind Keine Anwendung finden sie bei der Ruumlcknahme eines rechtswidrigen und dem Widerruf eines rechtmaumlszligigen beguumlnstigenden oder nicht beguumlnstigenden sonstigen Verwaltungsakts (vgl AEAO vor sectsect 130 131)

3 Die materielle Bestandskraft wird nur durchbrochen soweit es das Gesetz zulaumlsst Die Zulaumlssigkeit ergibt sich nicht nur aus der AO selbst (zB sectsect 164 165 172 bis 175a AO) sondern auch aus anderen Steuergesetzen (zB sect 10d Abs 1 EStG sect 35b GewStG sectsect 24 und 24a BewG sect 20 GrStG)

4 Steuerfestsetzungen unter Vorbehalt der Nachpruumlfung sowie Vorauszahlungsbescheide (sect 164 Abs 1 Satz 2 AO) und Steueranmeldungen (sect 150 Abs 1 Satz 2 sect 168 AO) die kraft Gesetzes unter Vorbehalt der Nachpruumlfung stehen sind unabhaumlngig von der formellen Bestandskraft nach sect 164 Abs 2 AO dem Umfang nach uneingeschraumlnkt aumlnderbar solange der Vorbehalt nicht aufgehoben worden oder entfallen ist sect 176 AO bleibt unberuumlhrt

5 Wegen der Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten Hinweis auf sect 129 AO

6 Zeitlich ist die Aufhebung Aumlnderung oder Berichtigung einer Steuerfestsetzung nur innerhalb der Festsetzungsfrist zulaumlssig (sect 169 AO)

7 Bei Aumlnderung oder Berichtigung von Steuerfestsetzungen sind die Vorschriften der KBV zu beachten

8 Ein steuerliches Wahlrecht liegt vor wenn ein Steuergesetz fuumlr einen bestimmten Tatbestand -ausnahmsweise - mehr als eine Rechtsfolge vorsieht und es dem Steuerpflichtigen uumlberlassen bleibt sich fuumlr eine dieser Rechtsfolgen zu entscheiden Uumlbt der Steuerpflichtige dieses Wahlrecht nicht oder nicht wirksam aus tritt die vom Gesetzgeber als Regelfall vorgesehene Rechtsfolge ein

Die Ausuumlbung des Wahlrechts (bdquoAntragldquo) ist eine empfangsbeduumlrftige Willenserklaumlrung Soweit im Gesetz keine besondere Form (zB Schriftform oder amtlicher Vordruck vgl sect 13a Abs 2 Satz 3 EStG sect 4a Abs 1 UStG) vorgeschrieben ist kann das Wahlrecht auch durch schluumlssiges Verhalten ausgeuumlbt werden (vgl BFH-Urteil vom 11121997 V R 5094 BStBl 1998 II S 420)

Setzt die Ausuumlbung des Wahlrechts die Zustimmung des Finanzamtes oder Dritter (vgl sect 10 Abs 1 Nr 1 EStG) voraus treten die Rechtswirkungen der vom Steuerpflichtigen getroffenen Wahl erst mit dieser Zustimmungserklaumlrung ein Dies gilt entsprechend wenn das Wahlrecht von mehreren Steuerpflichtigen einheitlich ausgeuumlbt werden muss (vgl zB sect 33a Abs 2 Satz 5 sect 33b Abs 5 Satz 3 EStG)

Soweit das Gesetz im Einzelfall keine bestimmte Frist (vgl zB sect 5a Abs 3 EStG sect 23 Abs 3 Satz 1 UStG) zur Ausuumlbung des Wahlrechtes (bdquoAntragsfristldquo) vorsieht kann das Wahlrecht grundsaumltzlich bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist ausgeuumlbt werden Die Bestandskraft des Steuerbescheids in dem sich das Wahlrecht auswirkt schraumlnkt allerdings die Wahlrechtsausuumlbung ein (su)

Umfang und Zeitpunkt des Eintritts der Bindungswirkung der Wahlrechtsausuumlbung richten sich danach ob der Gesetzgeber diesbezuumlglich ausdruumlckliche Regelungen getroffen hat (vgl zB sect 23 Abs 3 Satz 1 UStG Antrag bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung vgl AEAO vor sectsect 172 bis 177 Nr 1) Sieht das Gesetz einen unwiderruflichen Antrag vor (vgl zB sect 5a Abs 1 sect 10 Abs 1 Nr 1 Satz 2 EStG) wird die Willenserklaumlrung bereits mit ihrem Zugang beim Finanzamt wirksam und kann von diesem Zeitpunkt an nicht mehr zuruumlckgenommen oder widerrufen werden (vgl BFH-Urteil vom 1711995 IX R 3791 BStBl II S 410) Ausnahme Anfechtung nach sectsect 119 ff BGB Anderenfalls richtet sich die Bindungswirkung der ausgeuumlbten Wahl nach der Bestandskraft des Verwaltungsakts in dem sie sich ausgewirkt hat

Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung koumlnnen Wahlrechte grundsaumltzlich nur noch ausgeuumlbt oder widerrufen werden soweit die Steuerfestsetzung nach sectsect 129 164 165 172 ff AO oder nach entsprechenden Regelungen in den Einzelsteuergesetzen (vgl AEAO vor sectsect 172 bis 177 Nr 3) korrigiert werden kann (vgl BFH-Urteil vom 3082001 IV R 3099 BStBl 2002 II S 49 mwN) dabei sind sectsect 177 und 351 Abs 1 AO zu beachten Eine Ausnahme gilt fuumlr Wahlrechte fuumlr deren Ausuumlbung das Gesetz keine Frist vorsieht und fuumlr die es grundsaumltzlich auch keine Bindung an die einmal getroffene Wahl gibt wenn ihre Ausuumlbung die Besteuerungsgrundlagen unberuumlhrt laumlsst (zB das Veranlagungswahlrecht nach sect 26 EStG) diese Wahlrechte koumlnnen grundsaumltzlich bis zur Unanfechtbarkeit eines Aumlnderungsbescheids (erneut) ausgeuumlbt werden (vgl BFH-Urteile vom 1951999

135

XI R 9794 BStBl II S 762 und vom 2412002 III R 4900 BStBl II S 408 mwN) Die steuerrechtliche Wirkung von Wahlrechten die nur bis zur Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeuumlbt werden koumlnnen kann nach Eintritt dieses Zeitpunktes nicht nach sect 172 Abs 1 Nr 2 Buchstabe a AO beseitigt werden (vgl BFH-Urteil vom 18121973 VIII R 10169 BStBl 1974 II S 319) Die Wahlrechtsausuumlbung kann auch nicht durch einen Austausch gegen bisher nicht beruumlcksichtigte Besteuerungsgrundlagen ruumlckgaumlngig gemacht werden infolge der Bestandskraft der Steuerfestsetzung ist der Steuerpflichtige an seine Wahl gebunden (vgl BFH-Urteil vom 2521992 IX R 4191 BStBl II S 621)

Die nachtraumlgliche Ausuumlbung eines Wahlrechts oder der Widerruf eines bereits ausgeuumlbten Wahlrechts ist auch keine neue Tatsache iSd sect 173 AO sondern Verfahrenshandlung (vgl BFH-Urteil vom 2521992 IX R 4191 aaO) Sie ist ausnahmsweise ruumlckwirkendes Ereignis iSd sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO wenn sie selbst Merkmal des gesetzlichen Tatbestands ist (vgl BFH-Urteil vom 1271989 X R 884 BStBl II S 957 zum durch die Zustimmungserklaumlrung des Empfaumlngers qualifizierten Antrag nach sect 10 Abs 1 Nr 1 Satz 1 EStG) Zur Aumlnderung von Steuerfestsetzungen nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO bei nachtraumlglichem Antrag auf Anwendung des sect 33b EStG vgl BFH-Urteil vom 13121985 III R 20481 BStBl 1986 II S 245 und H 33b EStH

AEAO zu sect 172 - Aufhebung und Aumlnderung von Steuerbescheiden

1 Die Vorschrift gilt nur fuumlr Steuerbescheide nicht fuumlr Haftungs- Duldungs- und Aufteilungsbescheide (vgl AEAO vor sectsect 130 131)

2 sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO laumlsst die schlichte Aumlnderung eines Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen unter der Voraussetzung zu dass der Steuerpflichtige vor Ablauf der Einspruchsfrist die Aumlnderung beantragt oder ihr zugestimmt hat Der Antrag auf schlichte Aumlnderung bedarf keiner Form Antraumlge die nicht schriftlich oder elektronisch gestellt werden sind aktenkundig zu machen Nicht ausdruumlcklich als Einspruch bezeichnete vor Ablauf der Einspruchsfrist schriftlich oderelektronisch vorgetragene Aumlnderungsbegehren des Steuerpflichtigen koumlnnen regelmaumlszligig als schlichte Aumlnderungsantraumlge behandelt werden wenn der Antragsteller eine genau bestimmte Aumlnderung des Steuerbescheids beantragt und das Finanzamt dem Begehren entsprechen will Andernfalls ist ein Einspruch anzunehmen da der Einspruch die Rechte des Steuerpflichtigen umfassender und wirkungsvoller wahrt als der bloszlige Aumlnderungsantrag Hat der Steuerpflichtige sich fuumlr den Rechtsbehelf des Einspruchs entschieden so uumlberlagert der foumlrmliche Rechtsbehelf einen etwaigen danebengestellten Antrag auf schlichte Aumlnderung des Steuerbescheids (vgl BFH-Urteil vom 2791994 VIII R 3689 BStBl 1995 II S 353)

Das Finanzamt darf den Steuerbescheid aufgrund eines schlichten Aumlnderungsantrags nur in dem Umfange zugunsten des Steuerpflichtigen aumlndern als der Steuerpflichtige vor Ablauf der Einspruchsfristeine genau bestimmte Aumlnderung bezogen auf einen konkreten Lebenssachverhalt beantragt hat (vgl ua BFH-Urteil vom 20122006 X R 3005 BStBl II 2007 S 503 mwN) Es genuumlgt nicht dass der Steuerpflichtige lediglich die betragsmaumlszligige Auswirkung bzw den Aumlnderungsrahmen beziffert (zBHerabsetzung der Steuer auf bdquoNullldquo) oder dass ein auf Aumlnderung des Bescheids lautender allgemeiner Antrag des Steuerpflichtigen erst nach Ablauf der Einspruchsfrist hinsichtlich der einzelnen Korrekturpunkte konkretisiert wird (zB durch Nachreichen einer Steuererklaumlrung) Auch eineErweiterung des Aumlnderungsbegehrens ist nach Ablauf der Einspruchsfrist nicht mehr moumlglich (zur Erweiterung eines Einspruchsantrags vgl AEAO zu sect 367 Nr 3) Der Antragsteller kann allenfalls nach Ablauf der Einspruchsfrist Argumente oder Nachweise zur Begruumlndung eines rechtzeitig gestelltenhinreichend konkreten Aumlnderungsantrags nachreichen oder ergaumlnzen soweit hierdurch der durch denurspruumlnglichen Aumlnderungsantrag (Lebenssachverhalt) festgelegte Aumlnderungsrahmen nicht uumlberschritten wird Eine Antragserweiterung oder erneute Antragstellung ist nur innerhalb der Einspruchsfrist moumlglich

An das (fristgerechte) Vorbringen des Steuerpflichtigen ist das Finanzamt gebunden Es kann die Steuerfestsetzung nicht in vollem Umfang erneut uumlberpruumlfen und ggf verboumlsern Mit der beantragtenAumlnderung nicht in sachlichem oder rechtlichem Zusammenhang stehende materielle Fehler der Steuerfestsetzung koumlnnen aber ggf uumlber sect 177 AO berichtigt werden

Aussetzung der Vollziehung (sect 361 AO) ist aufgrund eines schlichten Aumlnderungsantrags nicht zulaumlssig allenfalls ist Stundung (sect 222 AO) moumlglich

3 Nach sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO kann ein Steuerbescheid zuungunsten des Steuerpflichtigen aufgehoben oder geaumlndert werden wenn dieser der Aufhebung oder Aumlnderung zustimmt oder er diese Korrektur beantragt hat Die Anzeige eines Steuerpflichtigen nach sect 153 AO stelltnoch keine Zustimmung zu einer Aumlnderung der Steuerfestsetzung zu seinen Ungunsten i S des sect 172Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO dar ggf kommt aber eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO in Betracht Empfangsbeduumlrftige Willenserklaumlrungen unterliegen den Auslegungsregelungen der sectsect 133 157 BGB Entscheidend ist wie der Erklaumlrungsempfaumlnger den objektiven Erklaumlrungswert der Erklaumlrung verstehen musste (vgl BFH-Urteile vom 862000 IV R 3799 BStBl 2001 II S 162 und vom 5102000 VII R 9699 BStBl 2001 II S 86)

4 sect 172 Abs 1 Satz 2 AO bestimmt dass auch ein durch Einspruchsentscheidung bestaumltigter oder geaumlnderter Verwaltungsakt nach den Vorschriften der sectsect 129 164 165 172 ff AO sowie nach entsprechenden Korrekturnormen in den Einzelsteuergesetzen (vgl AEAO vor sectsect 172 bis 177 Nr 3)

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korrigiert werden darf Gleiches gilt fuumlr einen im Einspruchsverfahren ergehenden Abhilfebescheid ( zB nach sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO) Zum Erlass eines Abhilfebescheids im Klageverfahren nach einer rechtmaumlszligigen Fristsetzung gem sect 364b AO vgl AEAO zu sect 364b Nr 5

5 Nach sect 172 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 1 AO ist eine schlichte Aumlnderung auch dann moumlglich wenn der zu aumlndernde Bescheid bereits durch Einspruchsentscheidung bestaumltigt oder geaumlndert worden ist Der Aumlnderungsantrag muss vor Ablauf der Klagefrist gestellt worden sein nach Ablauf dieser Frist ist er unzulaumlssig Die Wirkungen einer nach sect 364b Abs 2 AO gesetzten Ausschlussfrist duumlrfen allerdingsdurch eine schlichte Aumlnderung nicht unterlaufen werden (sect 172 Abs 1 Satz 3 Halbsatz 2 AO)

6 Zum Einspruchsverfahren gegen Entscheidungen uumlber die schlichte Aumlnderung vgl AEAO zu sect 347 Nr 2

AEAO zu sect 173 - Aufhebung oder Aumlnderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel

Inhaltsuumlbersicht

1 Tatsachen und Beweismittel

2 Nachtraumlgliches Bekanntwerden der Tatsachen oder Beweismittel

3 Rechtserheblichkeit der Tatsachen oder Beweismittel

4 Ermittlungsfehler des Finanzamts

5 Grobes Verschulden des Steuerpflichtigen

6 Unbeachtlichkeit des Verschuldens des Steuerpflichtigen

7 Aumlnderung von Schaumltzungsveranlagungen

8 Aumlnderungssperre (sect 173 Abs 2 AO)

9 Umfang der Aumlnderung

10 Anwendung des sect 173 AO in Feststellungsfaumlllen

1 Tatsachen und Beweismittel

11 Tatsache iSd sect 173 Abs 1 AO ist alles was Merkmal oder Teilstuumlck eines steuergesetzlichen Tatbestandes sein kann also Zustaumlnde Vorgaumlnge Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art (vgl BFH-Urteile vom 1101993 III R 5892 BStBl 1994 II S 346 vom 18121996 XI R 3696 BStBl 1997 II S 264 und vom 1411998 II R 997 BStBl II S 371) Zu den Tatsachen gehoumlren auch innere Tatsachen (zB die Absicht Einkuumlnfte bzw Gewinne zu erzielen) die nur anhand aumluszligerer Merkmale (Hilfstatsachen) festgestellt werden koumlnnen (vgl BFH-Urteil vom 6121994 IX R 1191 BStBl 1995 II S 192)

111 Tatsachen iSd sect 173 Abs 1 AO sind bei einer Schaumltzung die Schaumltzungsgrundlagen (nicht die Schaumltzung selbst vgl AEAO zu sect 173 Nr 7) Tatsachen sind auch vorgreifliche Rechtsverhaumlltnisse aus nichtsteuerlichen Rechtsgebieten (vgl BFH-Urteil vom 13101983 I R 1179 BStBl 1984 II S 181) Um Tatsachen und nicht um juristische Wertungen handelt es sich wenn ein Steuerpflichtiger zB unter der Bezeichnung bdquoKaufldquo bdquoVermietungldquo oder bdquoGeschaumlftsfuumlhrer-Gehaltldquo in der Steuererklaumlrung vorgreifliche Rechtsverhaumlltnisse geltend macht derartige Begriffe enthalten eine Zusammenfassung von Tatsachen die eine bestimmte rechtliche Wertung ausloumlsen (vgl BFH-Urteil vom 20121988 VIII R 12183 BStBl 1989 II S 585) Folglich kann ein Steuerbescheid nach sect 173 Abs 1 AO geaumlndert werden wenn sich aufgrund nachtraumlglich bekannt gewordener Tatsachen die vom Steuerpflichtigen uumlbernommene Wertung als unzutreffend erweist

112 Keine Tatsachen iSd sect 173 Abs 1 AO sind Rechtsnormen und Schlussfolgerungen aller Art insbesondere steuerrechtliche Bewertungen (vgl BFH-Urteil vom 27101992 VIII R 4189 BStBl 1993 II S 569) Ebenso stellen Entscheidungen des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm sowie nachtraumlgliche Gesetzesaumlnderungen keine neuen Tatsachen iSv sect 173 Abs 1 AO dar (vgl BFH-Urteile vom 1252009 IX R 4508 BStBl II S 891 und vom 1121994 III R 5092 BStBl II S 389) Gleiches gilt fuumlr die (ggf anderweitige) Ausuumlbung steuerlicher Wahlrechte oder die Nachholung eines Antrags (vgl zu sectsect 172 - 177 Nr 8 AO) Ein Antrag kann allerdings nachgeholt werden soweit die fuumlr seine Ausuumlbung relevanten Tatsachen als solche nachtraumlglich bekannt werden (vgl AEAO zu sect 173 Nr 32)

113 Bei Sachverhalten die bei verschiedenen Steuerpflichtigen steuerlich eigenstaumlndig zu beruumlcksichtigen sind weil die Steuergesetze im Regelfall keine korrespondierende Beruumlcksichtigung vorschreiben sind die fuumlr die einzelne Steuerfestsetzung relevanten Tatsachen und steuerrechtliche Bewertungen zu unterscheiden So geben Ergebnismitteilungen des Koumlrperschaftsteuer-Finanzamts an das fuumlr die Veranlagung der Anteilseigner zustaumlndige Finanzamt uumlber eine bei einer GmbH durchgefuumlhrte Auszligenpruumlfung rechtliche Schlussfolgerungen und Schaumltzungsergebnisse wieder sie stellen fuumlr sichjedoch keine Tatsachen dar die zu einer Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 AO berechtigen (BFH-Urteil vom 27101992 VIII R 4189 BStBl 1993 II S 569) Deshalb muumlssen den fuumlr die Veranlagung der

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Anteilseigner zustaumlndigen Finanzaumlmtern die entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt werden die bloszlige Mitteilung es seien verdeckte Gewinnausschuumlttungen festgestellt worden reicht nicht aus umeine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 AO zu rechtfertigen Vgl aber auch sect 32a KStG

12 Beweismittel ist jedes Erkenntnismittel das zur Aufklaumlrung eines steuerlich erheblichen Sachverhalts dient dh geeignet ist das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Tatsachen zu beweisen (BFH-Urteil vom 20121988 VIII R 12183 BStBl 1989 II S 585) Dazu gehoumlren Urkunden (Vertraumlge Geschaumlftspapiere ua) und Auskuumlnfte von Auskunftspersonen (vgl sect 92 AO) Ein Sachverstaumlndigengutachten ist nur Beweismittel soweit es die Erkenntnis neuer Tatsachen vermittelt und nicht lediglich Schlussfolgerungen enthaumllt (BFH-Urteil vom 27101992 VIII R 4189 BStBl 1993 II S 569)

13 Eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 AO setzt voraus dass die Tatsachen bei Erlass des zu aumlndernden Bescheids bereits vorhanden waren und vom Finanzamt haumltten beruumlcksichtigt werden koumlnnen (vgl BFH-Urteil vom 2671984 IV R 1083 BStBl II S 786) Nach dem Zeitpunkt der Steuerfestsetzung entstandene Tatsachen koumlnnen dagegen eine Aumlnderung nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO rechtfertigen wenn insoweit ein ruumlckwirkendes Ereignis vorliegt Eine nach dem Zeitpunkt der Steuerfestsetzung entstandene Hilfstatsache die fuumlr diesen Zeitpunkt zu einer veraumlnderten Wuumlrdigung inBezug auf eine innere Tatsache fuumlhrt rechtfertigt jedoch nur dann eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 AO wenn sie einen sicheren Schluss auf die (innere) Haupttatsache ermoumlglicht

14 Bei der Pruumlfung der Frage ob die Tatsache zu einer houmlheren oder niedrigeren Steuer fuumlhrt sind Steueranrechnungsbetraumlge unbeachtlich es ist vielmehr auf die festzusetzende Steuer abzustellen Das BFH-Urteil vom 1631990 VI R 9086 BStBl II S 610 betrifft den besonders gelagerten Fall einer Nettolohnvereinbarung und kann daher nicht verallgemeinert werden

2 Nachtraumlgliches Bekanntwerden der Tatsachen oder Beweismittel

21 Tatsachen oder Beweismittel werden nachtraumlglich bekannt wenn sie einem fuumlr die Steuerfestsetzung zustaumlndigen Bediensteten (BFH-Urteile vom 9111984 VI R 15783 BStBl 1985 II S 191 und vom 2061985 IV R 11482 BStBl II S 492) bekannt werden nachdem die Willensbildung uumlber die Steuerfestsetzung abgeschlossen worden ist (Abzeichnung der Verfuumlgung vgl BFH-Urteil vom 1831987 II R 22684 BStBl II S 416) Auf den Tag der Absendung des Steuerbescheids oder den Tag der Bekanntgabe kommt es nicht an Der im Einzelfall maszliggebliche Tag ist dem Steuerpflichtigen auf Verlangen mitzuteilen

22 Sofern im automatisierten Verfahren nachtraumlglich - noch vor der Absendung des Steuerbescheids - eine materiell-rechtliche Kontrolle der gesamten Steuerfestsetzung vorgenommen wird sind alle bis dahin bekannt gewordenen Tatsachen und Beweismittel zu beruumlcksichtigen (vgl BFH-Urteil vom 29111988 VIII R 22683 BStBl 1989 II S 259) Tatsachen und Beweismittel die dem Finanzamt bis zum Abschluss einer solchen Kontrolle bekannt geworden sind in dem zu erlassenden Steuerbescheid aber keine Beruumlcksichtigung gefunden haben koumlnnen zu einem spaumlteren Zeitpunkt nicht mehr Gegenstand einerAumlnderung nach sect 173 Abs 1 sein Um eine materiell-rechtliche Kontrolle des Steuerbescheids handelt es sich nicht wenn der Steuerbescheid vor seiner Absendung nur einer formellen Pruumlfung unterzogen wird die die Feststellung der ermittelten Tatsachen sowie deren rechtliche Wuumlrdigung unberuumlhrt laumlsst (zB Pruumlfung auf zutreffende Adressierung oder richtige Erfassung der Daten)

23 Eine Tatsache ist nicht schon dann bekannt wenn irgendeine Stelle des Finanzamts von ihr Kenntnis hat Es kommt vielmehr auf den Kenntnisstand der Personen an die innerhalb des Finanzamts dazu berufen sind den betreffenden Steuerfall zu bearbeiten (BFH-Urteile vom 2061985 IV R 11482 BStBl II S 492 vom 2041988 X R 4081 BStBl II S 804 und vom 1961990 VIII R 6987 BFHNV 1991 S 353)

231 Die Rechtsbehelfsstelle des Finanzamts muss bei der Entscheidung uumlber den Einspruch eines Steuerpflichtigen grundsaumltzlich auch Tatsachen verwerten die der Veranlagungsstelle bekannt sind Geschieht dies nicht so koumlnnen diese in der Einspruchsentscheidung nicht beruumlcksichtigten Tatsachen nach Abschluss des Einspruchsverfahrens nicht mehr Gegenstand eines Aumlnderungsbescheids nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO sein (BFH-Urteil vom 2331983 I R 18282 BStBl II S 548)

232 Nur dem Betriebspruumlfer bekannt gewordene Tatsachen sind der Veranlagungsstelle grundsaumltzlich nicht zuzurechnen (vgl BFH-Urteile vom 2841987 IX R 983 BFHNV 1988 S 151 vom 29101987 IV R 6985 BFHNV 1988 S 346 und vom 2041988 X R 4081 BStBl II S 804)

233 Fuumlr die Frage ob einem Finanzamt Tatsachen die zu einer erstmaligen Beruumlcksichtigung oder zu einer houmlheren Bewertung eines steuerpflichtigen Sachverhalts von Bedeutung sind iSv sect 173 Abs 1 Nr 1 AO nachtraumlglich bekannt geworden sind kommt es grundsaumltzlich allein auf die Kenntnis dieses Finanzamts an Ermittelt aber ein fuumlr die Erbschaft-Schenkungsteuer zustaumlndiges Finanzamt den Wert einer Beteiligung an einer Personengesellschaft allein dadurch dass es diesen aus einem von einem anderem Finanzamt erteilten Feststellungsbescheid uumlber den Wert des Betriebsvermoumlgens der Gesellschaft auf einen vorangegangenen Bewertungsstichtag ableitet so macht es sich damit die diesem zugrunde liegenden Kenntnisse zu eigen (BFH-Urteil vom 1411998 II R 997 BStBl II S 371)

234 Einmal bekannt gewordene Tatsachen werden durch den Wechsel in der Zustaumlndigkeit der Finanzbehoumlrde oder durch Wechsel des Bearbeiters nicht wieder unbekannt wenn der zunaumlchst

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zustaumlndige Bearbeiter die Tatsachen aktenkundig gemacht hat (vgl BFH-Urteil vom 15101993 III R 7492 BFHNV 1994 S 315)

235 Dem Finanzamt koumlnnen auch Tatsachen bekannt sein die sich aus aumllteren bereits archivierten Akten ergeben Voraussetzung dafuumlr ist jedoch dass zur Hinzuziehung solcher Vorgaumlnge nach den Umstaumlnden des Falles insbesondere nach dem Inhalt der zu bearbeitenden Steuererklaumlrungen oder der praumlsenten Akten eine besondere Veranlassung bestand (BFH-Urteil vom 1121998 I R 8297 BStBl II S 552)

236 Im Rahmen des sect 173 Abs 1 Nr 2 AO kann eine Tatsache nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen als bereits bekannt gelten wenn der zustaumlndige Bearbeiter sie lediglich haumltte kennen koumlnnen oder kennen muumlssen das Finanzamt kann sich in diesem Fall nicht auf sein eigenes Versaumlumnis oder Verschulden berufen (vgl BFH-Urteil vom 26111996 IX R 7795 BStBl 1997 II S 422)

24 Steuerbescheid iSv sect 173 Abs 1 AO ist auch ein Bescheid der einen schon ergangenen Steuerbescheid inhaltlich abaumlndert Tatsachen die zu einer houmlheren Besteuerung fuumlhren kann das Finanzamt deshalb in einem weiteren Aumlnderungsbescheid nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO nur beruumlcksichtigen wenn sie ihm nach Erlass des Aumlnderungsbescheids bekannt geworden sind EineAumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO ist jedoch dann nicht ausgeschlossen wenn das Finanzamt imHinblick auf einen nachtraumlglich ergangenen Grundlagenbescheid zunaumlchst lediglich eine Aumlnderung nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO vorgenommen und dabei Tatsachen unberuumlcksichtigt gelassen hat die daruumlber hinaus eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO gerechtfertigt haumltten (BFH-Urteil vom 1211989 IV R 888 BStBl II S 438)

25 Aumlndert das Finanzamt einen bestandskraumlftigen Steuerbescheid nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO so traumlgt esdie objektive Beweislast dafuumlr dass die fuumlr die Aumlnderung erforderlichen tatsaumlchlichen Voraussetzungen vorliegen insbesondere dafuumlr dass diese bdquoneuldquo sind (BFH-Urteil vom 1951998 I R 14097 BStBl II S 599)

3 Rechtserheblichkeit der Tatsachen oder Beweismittel

31 Neue Tatsachen oder Beweismittel koumlnnen die Aumlnderung eines Steuerbescheids nach sect 173 Abs 1 AO nur rechtfertigen wenn sie rechtserheblich sind Die Rechtserheblichkeit ist zu bejahen wenn das Finanzamt bei rechtzeitiger Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel schon bei der urspruumlnglichen Veranlagung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einer houmlheren oder niedrigeren Steuer gelangt waumlre (vgl BFH-Beschluss GrS vom 23111987 GrS 186 BStBl 1988 II S 180) Die Vorschrift des sect 173 AO hat nicht den Sinn dem Steuerpflichtigen das Risiko eines Rechtsbehelfsverfahrens dadurch abzunehmen dass ihm gestattet wird sich auf Tatsachen gegenuumlber dem Finanzamt erst dannzu berufen wenn etwa durch eine spaumltere Aumlnderung der Rechtsprechung eine Rechtslage eintritt die eine bisher nicht vorgetragene Tatsache nunmehr als relevant erscheinen laumlsst

Ein Steuerbescheid darf daher wegen nachtraumlglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismittel weder zugunsten noch zuungunsten des Steuerpflichtigen geaumlndert werden wenn das Finanzamt bei urspruumlnglicher Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel nicht anders entschieden haumltte Bei der Beurteilung der Rechtserheblichkeit kommt es nicht darauf an welche Entscheidung der zustaumlndige Bearbeiter subjektiv bei Erlass des urspruumlnglichen Bescheids getroffen haumltte Wie das Finanzamt bei Kenntnis bestimmter Tatsachen oder Beweismittel einen Sachverhalt in seinem urspruumlnglichen Bescheid gewuumlrdigt haumltte ist vielmehr im Einzelfall aufgrund des Gesetzes wie es nach der damaligen Rechtsprechung des BFH auszulegen war und der die Finanzaumlmter bindenden Verwaltungsanweisungen zu beurteilen die im Zeitpunkt des urspruumlnglichen Bescheiderlasses gegolten haben (vgl BFH-Urteile vom 1151988 I R 21685 BStBl II S 715 vom 1511991 IX R 23887 BStBl II S 741 und vom 1031999 II R 9997 BStBl II S 433) Subjektive Fehler der Finanzbehoumlrden wie sie sowohl in rechtlicher als auch in tatsaumlchlicher Hinsicht denkbar sein moumlgen sind unbeachtlich (BFH-Urteil vom 1151988 I R 21685 BStBl II S 715)

32 Die erstmalige Ausuumlbung eines nicht fristgebundenen Wahlrechts nach Bestandskraft der Steuerfestsetzung (vgl AEAO vor sectsect 172 bis 177 Nr 8) ist keine neue Tatsache sie steht einer Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO aber nicht entgegen sofern die fuumlr die Ausuumlbung des Wahlrechts relevanten Tatsachen nachtraumlglich bekannt geworden sind (BFH-Urteile vom 2891984 VI R 4882 BStBl 1985 II S 117 und vom 2521992 IX R 4191 BStBl II S 621) Gleiches gilt wenn der Steuerpflichtige nach Bestandskraft der Steuerfestsetzung erstmals einen nicht fristgebundenen Antrag auf Gewaumlhrung einer Steuerverguumlnstigung stellt und hierzu entsprechende (neue) Tatsachen vortraumlgt(BFH-Urteil vom 2171989 III R 30384 BStBl II S 960) Eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO zugunsten des Steuerpflichtigen setzt jedoch auch in diesen Faumlllen voraus dass ihn am nachtraumlglichen Bekanntwerden der steuermindernden Tatsachen kein grobes Verschulden trifft (vgl AEAO zu sect 173 Nr 5)

4 Ermittlungsfehler des Finanzamts

41 Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kann das Finanzamt - auch wenn es von einer rechtserheblichen Tatsache oder einem rechtserheblichen Beweismittel nachtraumlglich Kenntnis erhaumllt -daran gehindert sein einen Steuerbescheid nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO zuungunsten des Steuerpflichtigen zu aumlndern (BFH-Urteil vom 13111985 II R 20882 BStBl 1986 II S 241) Hat der

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Steuerpflichtige die ihm obliegenden Mitwirkungspflichten in zumutbarer Weise erfuumlllt kommt eineAumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO nicht in Betracht wenn die spaumltere Kenntnis der Tatsache oder des Beweismittels auf einer Verletzung der dem Finanzamt obliegenden Ermittlungspflicht beruht Das Finanzamt braucht den Steuererklaumlrungen nicht mit Misstrauen zu begegnen sondern darf regelmaumlszligig von deren Richtigkeit und Vollstaumlndigkeit ausgehen veranlagt es aber trotz bekannter Zweifel an der Richtigkeit der Besteuerungsgrundlagen endguumlltig so ist eine spaumltere Aumlnderung der Steuerfestsetzung nach dem Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen (vgl BFH-Urteil vom 27101992 VIII R 4189 BStBl 1993 II S 569) Zum Umfang der Ermittlungspflicht des Finanzamts vgl AEAO zu sect 88 AO

411 Sind sowohl das Finanzamt seiner Ermittlungspflicht als auch der Steuerpflichtige seiner Mitwirkungspflicht nicht in vollem Umfang nachgekommen so faumlllt das nachtraumlgliche Bekanntwerden einer rechtserheblichen Tatsache oder eines rechtserheblichen Beweismittels idR in den Verantwortungsbereich des Steuerpflichtigen mit der Folge dass eine Aumlnderung des Steuerbescheids nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO zulaumlssig ist (vgl BFH-Urteil vom 11111987 I R 10885 BStBl 1988 II S 115) Eine entsprechende Aumlnderung scheidet lediglich dann aus wenn der Verstoszlig des Finanzamts deutlich uumlberwiegt (BFH-Urteil vom 20121988 VIII R 12183 BStBl 1989 II S 585)

412 Aumlndert das Finanzamt einen bestandskraumlftigen Steuerbescheid nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO traumlgt der Steuerpflichtige die objektive Beweislast wenn er eine Verletzung der Ermittlungspflichten durch das Finanzamt ruumlgt (BFH-Urteil vom 1951998 I R 14097 BStBl II S 599)

42 Auf neue Tatsachen die nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO eine niedrigere Steuerfestsetzung rechtfertigen sind die in Nr 41 dargestellten Grundsaumltze nicht anzuwenden (BFH-Urteile vom 1341967 V 5765 BStBl III S 519 und vom 26111996 IX R 7795 BStBl 1997 II S 422) Hier ist jedoch zu pruumlfen ob den Steuerpflichtigen ein grobes Verschulden am nachtraumlglichen Bekanntwerden der neuen Tatsachen trifft (vgl AEAO zu sect 173 Nr 5)

Im Rahmen des sect 173 Abs 1 Nr 2 AO kann eine Tatsache allerdings nicht zum Nachteil des Steuerpflichtigen als bereits bekannt gelten wenn der zustaumlndige Bearbeiter sie lediglich haumltte kennen koumlnnen oder kennen muumlssen Das Finanzamt kann sich in diesem Fall nicht auf sein eigenes Versaumlumnis oder Verschulden berufen (vgl BFH-Urteil vom 26111996 IX R 7795 BStBl 1997 II S 422)

5 Grobes Verschulden des Steuerpflichtigen

51 Die Aufhebung oder Aumlnderung eines Steuerbescheids zugunsten des Steuerpflichtigen ist grundsaumltzlich ausgeschlossen wenn den Steuerpflichtigen ein grobes Verschulden daran trifft dass die Tatsachen oder Beweismittel dem Finanzamt erst nachtraumlglich bekannt geworden sind Als grobes Verschulden hat der Steuerpflichtige Vorsatz und grobe Fahrlaumlssigkeit zu vertreten Grobe Fahrlaumlssigkeit ist anzunehmen wenn er die ihm nach seinen persoumlnlichen Verhaumlltnissen zumutbare Sorgfalt in ungewoumlhnlichem Maszlige und in nicht entschuldbarer Weise verletzt (BFH-Urteile vom 321983 IV R 15380 BStBl II S 324 und vom 1851988 X R 5782 BStBl II S 713) Die objektive Beweislast (Feststellungslast) dafuumlr dass ihn kein grobes Verschulden trifft liegt beim Steuerpflichtigen

511 Bei der Beurteilung der Schwere der Verletzung dieser Sorgfaltspflicht sind die Gegebenheiten des Einzelfalls und die individuellen Kenntnisse und Faumlhigkeiten des einzelnen Steuerpflichtigen zu beruumlcksichtigen (BFH-Urteil vom 2961984 VI R 18180 BStBl II S 693) So kann die Unkenntnis steuerrechtlicher Bestimmungen allein den Vorwurf groben Verschuldens nicht begruumlnden (BFH-Urteile vom 1081988 IX R 21984 BStBl 1989 II S 131 vom 2251992 VI R 1791 BStBl 1993 II S 80 und vom 2191993 IX R 6390 BFHNV 1994 S 100) Offensichtliche Versehen und alltaumlgliche Irrtuumlmer die sich nie ganz vermeiden lassen wie zB Verwechslungen Schreib- Rechen- oder Uumlbertragungsfehler rechtfertigen ebenfalls nicht den Vorwurf des groben Verschuldens es kann aber vorliegen wenn das Versehen auf einer vorangegangenen Verletzung steuerlicher Pflichten beruht

512 Ein grobes Verschulden kann im Allgemeinen angenommen werden wenn der Steuerpflichtige trotz Aufforderung keine Steuererklaumlrung abgegeben hat (staumlndige Rechtsprechung vgl zB BFH-Urteil vom 1692004 IV R 6202 BStBl 2005 II S 75 mwN) allgemeine Grundsaumltze der Buchfuumlhrung (sectsect 145 bis 147 AO) verletzt oder ausdruumlckliche Hinweise in ihm zugegangenen Vordrucken Merkblaumlttern oder sonstigen Mitteilungen des Finanzamts nicht beachtet

513 Ein Steuerpflichtiger handelt regelmaumlszligig grob schuldhaft wenn er eine im Steuererklaumlrungsformular ausdruumlcklich gestellte auf einen ganz bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beachtet (BFH-Urteile vom 2961984 VI R 18180 BStBl II S 693 und vom 1081988 IX R 21984 BStBl 1989 II S 131)

514 Das grobe Verschulden des Steuerpflichtigen am nachtraumlglichen Bekanntwerden steuermindernder Tatsachen oder Beweismittel wird nicht dadurch ausgeschlossen dass das Finanzamt seinerseits seinen Fuumlrsorge- oder Ermittlungspflichten nicht hinreichend nachgekommen ist (BFH-Urteil vom 981991 III R 2487 BStBl 1992 II S 65) Im Einzelfall kann jedoch ein grobes Verschulden des Steuerpflichtigen zu verneinen sein wenn die Verletzung der Ermittlungs- und Fuumlrsorgepflichten ursaumlchlich fuumlr die verspaumltete Geltendmachung der steuermindernden Tatsachen oder Beweismittel war zB bei irrefuumlhrender Auskunftserteilung

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52 Bei einer Zusammenveranlagung muss sich jeder Ehegatte bzw Lebenspartner das grobe Verschulden des anderen EhegattenLebenspartners zurechnen lassen (vgl BFH-Urteil vom 2471996 I R 6295 BStBl 1997 II S 115)

53 Nimmt der Steuerpflichtige bei der Erfuumlllung seiner steuerlichen Pflichten die Hilfe eines Bevollmaumlchtigten oder anderer Hilfspersonen in Anspruch so muss er sich ein etwaiges grobes Verschulden dieser Personen wie ein eigenes Verschulden zurechnen lassen So hat der Steuerpflichtige etwa ein grobes Verschulden seines Buchhalters als eigenes Verschulden zu vertreten (vgl BFH-Urteil vom 1851988 X R 5782 BStBl II S 713)

54 Der Steuerpflichtige hat ein grobes Verschulden seines steuerlichen Beraters in gleicher Weise zu vertreten wie das Verschulden eines Bevollmaumlchtigten (BFH-Urteile vom 321983 IV R 15380 BStBl II S 324 vom 2861983 VIII R 3781 BStBl 1984 II S 2 vom 25111983 VI R 882 BStBl 1984 II S 256 und vom 2681987 I R 14486 BStBl 1988 II S 109) Bei Festlegung der einem steuerlichen Berater zuzumutenden Sorgfalt ist zu beruumlcksichtigen dass von einem Angehoumlrigen der steuerberatenden Berufe die Kenntnis und sachgemaumlszlige Anwendung der steuerrechtlichen Vorschriften erwartet wird (BFH-Urteil vom 321983 IV R 15380 BStBl II S 324) Ein eigenes grobes Verschulden des Steuerpflichtigen kann darin liegen dass er die von seinem steuerlichen Berater gefertigte Steuererklaumlrung unterschreibt obwohl ihm bei Durchsicht der Steuererklaumlrung ohne weiteres haumltte auffallen muumlssen dass steuermindernde Tatsachen oder Beweismittel nicht beruumlcksichtigt worden sind (BFH-Urteil vom 2861983 VIII R 3781 BStBl 1984 II S 2)

Der steuerliche Berater hat wenn er Mitarbeiter zur Vorbereitung des Jahresabschlusses und der Steuererklaumlrung einsetzt Sorgfaltspflichten hinsichtlich der Auswahl seiner Mitarbeiter der Organisation der Arbeiten in seinem Buumlro und der Kontrolle der Arbeitsergebnisse der Mitarbeiter (BFH-Urteil vom 2681987 I R 14486 BStBl 1988 II S 109)

55 Bei der Frage des groben Verschuldens ist auch der Zeitraum einzubeziehen in dem nach Durchfuumlhrung der Steuerveranlagung der Bescheid noch aumlnderbar ist (BFH-Urteil vom 2121991 V R 2587 BStBl II S 496 Vortrag steuermindernder Tatsachen bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung) Ein dem Steuerpflichtigen zuzurechnendes grobes Verschulden iSd sect 173 Abs 1 Nr 2 AO kann daher auch darin bestehen dass er es unterlassen hat gegen einen Steuerbescheid Einspruch einzulegen obwohl sich ihm innerhalb der Einspruchsfrist die Geltendmachung bisher nicht vorgetragener Tatsachen haumltte aufdraumlngen muumlssen (BFH-Urteile vom 25111983 VI R 882 BStBl 1984 II S 256 und vom 421998 XI R 4797 BFHNV S 682)

56 Bei Beantwortung der Frage ob die Unterlassung bestimmter steuerrelevanter Angaben in der Steuererklaumlrung auf einem groben Verschulden des Steuerpflichtigen einem entschuldbaren mechanischen Versehen (z B Uumlbertragungsfehler) oder einem entschuldbaren Rechtsirrtum infolge mangelnder Kenntnis steuerrechtlicher Vorschriften beruht ist nicht zwischen Steuererklaumlrungen auf Papier und elektronisch erstellten Steuererklaumlrungen zu unterscheiden Wird die Steuererklaumlrung elektronisch zum Beispiel mithilfe des Programms ElsterFormular erstellt kann der Steuerpflichtige bei Erfassung der Daten anhand der gewohnten Formularoberflaumlche vom kompletten Steuererklaumlrungsvordruck und allen dort gestellten Fragen Kenntnis nehmen daruumlber hinaus wird auch eine Hilfefunktion im Umfang der amtlichen Anleitung geboten Unerheblich ist daher dass in der komprimierten Steuererklaumlrung nur ein Ausdruck der tatsaumlchlich erfassten und uumlbermittelten Daten erfolgt

6 Unbeachtlichkeit des Verschuldens des Steuerpflichtigen

61 Das Verschulden des Steuerpflichtigen ist nach sect 173 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AO unbeachtlich wenn die Tatsachen oder Beweismittel die zu einer niedrigeren Steuer fuumlhren in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang mit neuen Tatsachen oder Beweismitteln stehen die zu einer houmlheren Steuer fuumlhren Stehen die steuermindernden Tatsachen mit steuererhoumlhenden Tatsachen im Zusammenhang sind die steuermindernden Tatsachen nicht nur bis zur steuerlichen Auswirkung der steuererhoumlhenden Tatsachen sondern uneingeschraumlnkt zu beruumlcksichtigen (BFH-Urteil vom 281983 VIII R 19080 BStBl 1984 II S 4) Ein derartiger Zusammenhang ist gegeben wenn eine zu einer houmlheren Besteuerung fuumlhrende Tatsache die zur Steuerermaumlszligigung fuumlhrende Tatsache ursaumlchlich bedingt so dass der steuererhoumlhende Vorgang nicht ohne den steuermindernden Vorgang denkbar ist (BFH-Urteile vom 2831985 IV R 15982 BStBl 1986 II S 120 vom 581986 IX R 1381 BStBl 1987 II S 297 und vom 881991 V R 10688 BStBl 1992 II S 12) Ein rein zeitliches Zusammentreffen von steuererhoumlhenden und steuermindernden Tatsachen reicht nicht aus (BFH-Urteil vom 2831985 IV R 15982 aaO)

62 Wird dem Finanzamt nachtraumlglich bekannt dass der Steuerpflichtige nicht erklaumlrte Einkuumlnfte einer bestimmten Einkunftsart erzielt hat so stellt die Houmlhe dieser Einkuumlnfte die fuumlr die Anwendung des sect 173 Abs 1 Nr 1 oder Nr 2 AO relevante Tatsache dar (BFH-Urteil vom 1101993 III R 5892 BStBl 1994 II S 346) Dies gilt auch dann wenn das Finanzamt die Einkuumlnfte zunaumlchst geschaumltzt hat (BFH-Urteil vom 2441991 XI R 2889 BStBl II S 606) Eine Aufspaltung dieser Einkuumlnfte in steuererhoumlhende Einnahmen oder Vermoumlgensmehrungen einerseits und steuermindernde Ausgaben oder Vermoumlgensminderungen andererseits im Hinblick auf sect 173 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AO ist nicht zulaumlssig

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63 Bei der Umsatzsteuer sind Tatsachen die eine Erhoumlhung der Umsatzsteuer begruumlnden und Tatsachen die eine houmlhere Vorsteuer begruumlnden getrennt zu beurteilen Ein Zusammenhang zwischen nachtraumlglich bekannt gewordenen Umsaumltzen und nachtraumlglich bekannt gewordenen Leistungen an den Unternehmer iSd sect 173 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AO besteht nur insoweit als die Eingangsleistungen zur Ausfuumlhrung der nachtraumlglich bekannt gewordenen Umsaumltze verwendet wurden (BFH-Urteile vom 881991 V R 10688 BStBl 1992 II S 12 und vom 19101995 V R 6092 BStBl 1996 II S 149) Dies gilt allerdings nur soweit diese Umsaumltze zum Vorsteuerabzug berechtigen soweit die nachtraumlglich bekannt gewordenen Vorsteuerbetraumlge hingegen mit nachtraumlglich bekannt gewordenen steuerfreien oder nichtsteuerbaren Umsaumltzen in Zusammenhang stehen sind die Voraussetzungen des sect 173 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AO nicht erfuumlllt

Hat das Finanzamt bei einer Schaumltzung der Umsatzsteuer davon abgesehen die Steuer auf der Grundlage des Ansatzes einer Vielzahl einzelner Umsaumltze mit jeweils genau bezifferter Bemessungsgrundlage zu ermitteln koumlnnen die nachtraumlglich bekannt gewordenen Vorsteuerbetraumlge im Schaumltzungsweg entsprechend dem Verhaumlltnis der nachtraumlglich erklaumlrten und der urspruumlnglich vom Finanzamt geschaumltzten steuerpflichtigen Umsaumltze beruumlcksichtigt werden es sei denn es liegen Anhaltspunkte dafuumlr vor dass weniger oder mehr Vorsteuerbetraumlge im Zusammenhang mit den nachtraumlglich bekannt gewordenen Umsaumltzen stehen als sich nach dieser Aufteilung ergibt (BFH-Urteil vom 19101995 V R 6092 BStBl 1996 II S 149)

7 Aumlnderung von Schaumltzungsveranlagungen

71 Eine auf einer Schaumltzung beruhende Veranlagung kann nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO durch eine houmlhere Schaumltzungsveranlagung ersetzt werden wenn nachtraumlglich Schaumltzungsunterlagen festgestellt werden bei deren rechtzeitigem Bekanntsein das Finanzamt die Schaumltzung in anderer Weise vorgenommenhaumltte Die Aumlnderung der urspruumlnglichen Schaumltzungsveranlagung ist dabei nur im Ausmaszlig der nachtraumlglich bekannt gewordenen Schaumltzungsunterlagen zulaumlssig Das bisherige Schaumltzungsverfahren ist nach Moumlglichkeit fortzufuumlhren ggf zu verfeinern Ein Wechsel der Schaumltzungsmethode kommt lediglich dann in Betracht wenn die bisherige Methode angesichts der neuen Schaumltzungsunterlagen versagt (BFH-Urteil vom 231982 VIII R 22580 BStBl 1984 II S 504)

Die Ersetzung einer Schaumltzungsveranlagung durch eine houmlhere Schaumltzungsveranlagung ist auch zulaumlssig wenn aufgrund einer nachtraumlglichen Vermoumlgenszuwachsrechnung ein gegenuumlber der urspruumlnglichen Schaumltzung wesentlich houmlherer Gewinn festgestellt wird (BFH-Urteile vom 24101985 IV R 7584 BStBl 1986 II S 233 und vom 29101987 IV R 6985 BFHNV 1988 S 346) Dies gilt auch fuumlr den Fall dass es sich bei der urspruumlnglichen Schaumltzung um eine Schaumltzung nach Richtsaumltzen fuumlr einen nicht buchfuumlhrenden jedoch buchfuumlhrungspflichtigen Landwirt handelt (BFH-Urteile vom 3101985 IV R 19783 BFHNV 1987 S 477 und vom 24101985 IV R 17084 BFHNV 1987 S 545)

72 Nachtraumlglich bekannt gewordene Tatsachen die zu einer niedrigeren Steuer fuumlhren liegen nach einer vorausgegangenen Gewinnschaumltzung dann vor wenn sich aus der Gesamtwuumlrdigung der neuen Tatsachen also dem gemeinsamen Ergebnis von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben eine niedrigere Steuer ergibt (BFH-Urteil vom 2831985 IV R 15982 BStBl 1986 II S 120 vgl AEAO zusect 173 Nr 62) Eine Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO ist in diesen Faumlllen demzufolge nur zulaumlssig wenn den Steuerpflichtigen am nachtraumlglichen Bekanntwerden der Tatsachen kein grobes Verschulden trifft (vgl AEAO zu sect 173 Nr 5)

73 Hat das Finanzamt den laufenden Gewinn und den Veraumluszligerungsgewinn (sect 16 EStG) geschaumltzt so sind die nachtraumlglich bekannt gewordenen tatsaumlchlichen Gewinnbetraumlge (laufender Gewinn und Veraumluszligerungsgewinn) je eine Tatsache iSd sect 173 Abs 1 AO (BFH-Urteil vom 30101986 III R 16382 BStBl 1987 II S 161)

74 Zur Schaumltzung der Umsatzsteuer vgl AEAO zu sect 173 Nr 63

8 Aumlnderungssperre (sect 173 Abs 2 AO)

81 Steuerbescheide die aufgrund einer Auszligenpruumlfung ergangen sind koumlnnen wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel nach sect 173 Abs 1 AO nur geaumlndert werden wenn eine Steuerhinterziehung oderleichtfertige Steuerverkuumlrzung vorliegt (Aumlnderungssperre nach sect 173 Abs 2 AO) Durch die Regelung in sect 173 Abs 2 Satz 1 AO wird solchen Steuerbescheiden eine erhoumlhte Bestandskraft zugemessen weil durch die Auszligenpruumlfung die steuerlich erheblichen Sachverhalte ausgiebig haumltten gepruumlft werden koumlnnen Die Aumlnderungssperre wirkt auch dann wenn nach einer Auszligenpruumlfung Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden die zu einer niedrigeren Steuer fuumlhren wuumlrden (BFH-Urteile vom 2911987 IV R 9685 BStBl II S 410 und vom 11121997 V R 5694 BStBl 1998 II S 367) DieAumlnderungssperre bezieht sich nur auf Aumlnderungen iSv sect 173 Abs 1 AO nicht aber auf Aumlnderungen die aufgrund anderer Vorschriften erfolgen (vgl BFH-Urteil vom 4111992 XI R 3291 BStBl 1993 II S 425)

82 Der Umfang der Aumlnderungssperre richtet sich nach dem Inhalt der Pruumlfungsanordnung (BFH-Urteile vom 12101994 XI R 7593 BStBl 1995 II S 289 und vom 1121998 I R 8297 BStBl II S 552)

821 Im Fall der Beschraumlnkung der Auszligenpruumlfung auf bestimmte Steuerarten Besteuerungszeitraumlume oder Sachverhalte (sect 194 Abs 1 Satz 2 AO) umfasst die Aumlnderungssperre daher nur den in der

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Pruumlfungsanordnung genannten Teil der Besteuerungsgrundlagen Wenn andererseits das tatsaumlchlichePruumlfungsverhalten uumlber die Pruumlfungsanordnung hinausgeht wird hierdurch keine Aumlnderungssperre nach sect 173 Abs 2 AO ausgeloumlst (BFH-Urteil vom 1121998 I R 8297 BStBl II S 552)

822 Der Eintritt der Aumlnderungssperre ist nicht davon abhaumlngig ob der Auszligenpruumlfer die betreffenden Vorgaumlnge tatsaumlchlich gepruumlft hat ob er sie aus rechtlichen Erwaumlgungen von sich aus nicht aufgegriffenhat oder ob er sie in Uumlbereinstimmung mit der damaligen Verwaltungsauffassung unbeanstandet gelassen hat (BFH-Urteil vom 421987 I R 5886 BStBl 1988 II S 215)

823 Eine Umsatzsteuer-Sonderpruumlfung durch welche auf der Grundlage eingereichter Umsatzsteuer-Voranmeldungen bdquoinsbesondere der Vorsteuerabzugldquo gepruumlft wird bewirkt keine Aumlnderungssperre (BFH-Urteil vom 11111987 X R 5482 BStBl 1988 II S 307)

83 Steuerbescheide sind iSd sect 173 Abs 2 AO auch dann aufgrund einer Auszligenpruumlfung ergangen wenn diese lediglich die in einer Selbstanzeige gemachten Angaben des Steuerpflichtigen bestaumltigt hat (BFH-Urteil vom 4121986 IV R 31284 BFHNV 1987 S 214)

84 Auszligenpruumlfung iSd sect 173 Abs 2 AO ist jede Pruumlfung nach sectsect 193 bis 203 AO

Eine Auszligenpruumlfung kann auch von der Steuerfahndung durchgefuumlhrt werden (sect 208 Abs 2 Nr 1 AO) Fuumlhrt die Steuerfahndung auf der Grundlage einer Pruumlfungsanordnung eine Auszligenpruumlfung nach den sectsect 193 bis 203 AO durch gelten uneingeschraumlnkt die Vorschriften uumlber die Auszligenpruumlfung Eine von der Steuerfahndung durchgefuumlhrte Auszligenpruumlfung hat dementsprechend auch im Hinblick auf die Aumlnderungssperre des sect 173 Abs 2 AO die Wirkung einer Auszligenpruumlfung Ermittlungshandlungen der Steuerfahndung im Zusammenhang mit der Erforschung von Steuerstraftaten und Steuerordnungswidrigkeiten nach sect 208 Abs 1 Nr 2 AO und Maszlignahmen der Steuerfahndung auf der Grundlage von sect 208 Abs 1 Nr 1 und 3 AO lassen dagegen die Aumlnderungssperre des sect 173 Abs 2 AO nicht eintreten (BFH-Urteil vom 11121997 V R 5694 BStBl 1998 II S 367)

85 Die Aumlnderungssperre gilt auch in den Faumlllen in denen eine Mitteilung nach sect 202 Abs 1 Satz 3 AO uumlber eine ergebnislose Pruumlfung ergangen ist Eine solche Mitteilung ist jedoch kein Verwaltungsakt der eineallgemeine Aumlnderungssperre fuumlr die in der vorangegangenen Auszligenpruumlfung festgestellten Sachverhalte ausloumlst Sie hindert unter den Voraussetzungen des sect 173 Abs 2 AO nur die Aumlnderung eines Steuerbescheids nach sect 173 Abs 1 AO Der Aumlnderung des Bescheids aufgrund einer anderen Vorschrift (zB sect 164 Abs 2 AO) steht sie nicht entgegen (BFH-Urteile vom 2941987 I R 11883 BStBl 1988 II S 168 und vom 1491993 VIII R 993 BStBl 1995 II S 2)

Die Wirkung einer Mitteilung nach sect 202 Abs 1 Satz 3 AO hat auch der Vermerk im Pruumlfungsbericht dass fuumlr den betreffenden Besteuerungszeitraum oder die betreffende Steuerart bdquokeine Aumlnderungldquo eintritt (BFH-Urteil vom 14121989 III R 15885 BStBl 1990 II S 283) es sei denn dass sich der Vermerk auf einen Besteuerungszeitraum bezieht fuumlr den die Steuer unter Vorbehalt der Nachpruumlfung festgesetzt ist In diesem Fall tritt die Aumlnderungssperre erst dann ein wenn der Vorbehalt der Nachpruumlfung nach sect 164 Abs 3 Satz 3 AO durch foumlrmlichen Bescheid aufgehoben wird

86 Die Frage ob die objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale einer Steuerhinterziehung (sect 370 AO) oder leichtfertigen Steuerverkuumlrzung (sect 378 AO) vorliegen und ob damit sect 173 Abs 2 AO einer Aumlnderung nicht entgegensteht ist von der fuumlr die Veranlagung zustaumlndigen Stelle im Benehmen mit der fuumlr Straf- und Buszliggeldsachen zustaumlndigen Stelle zu entscheiden Voraussetzung fuumlr eine Aumlnderung ist nicht dass eine Bestrafung oder Ahndung mit Buszliggeld erfolgt ist Eine Aumlnderung der Steuerfestsetzung ist deshalb auch bei Selbstanzeige (sect 371 AO) Eintritt der Verfolgungsverjaumlhrung (sect 384 AO) odersonstigen Prozesshindernissen moumlglich Die Aumlnderungssperre wird auch dann durchbrochen wenn der Adressat des Steuerbescheids selbst nicht der Taumlter oder Teilnehmer der Steuerhinterziehung oder leichtfertigen Verkuumlrzung ist (vgl BFH-Urteil vom 14121994 XI R 8092 BStBl 1995 II S 293)

9 Umfang der Aumlnderung

Eine Aumlnderung nach sect 173 AO ist nur soweit zulaumlssig wie sich die neuen Tatsachen oder Beweismittelauswirken (punktuelle Aumlnderung) Sonstige Fehler koumlnnen nur im Rahmen des sect 177 AO beruumlcksichtigt werden (vgl AEAO zu sect 177 AO)

10 Anwendung des sect 173 AO in Feststellungsfaumlllen

101 Nach sect 181 Abs 1 Satz 1 AO gilt sect 173 AO fuumlr die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen sinngemaumlszlig Bei einem Feststellungsbescheid kommt es demzufolge fuumlr dieFrage der Zulaumlssigkeit einer Aumlnderung nach sect 173 Abs 1 AO darauf an ob die neuen Tatsachen oder Beweismittel sich zu Gunsten oder zu Ungunsten des Steuerpflichtigen auswirken dem der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist Dabei kommt es nur auf die Aumlnderungen der festgestellten Besteuerungsgrundlagen selbst an nicht auf die steuerlichen Auswirkungen in den Folgebescheiden (vgl BFH-Urteil vom 2462009 IV R 5506 BStBl 2009 II S 950)

102 Hierbei ist zu unterscheiden ob die Feststellung auf einen Betrag oder auf eine Eigenschaftrechtliche Qualifikation lautet

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1021 Lautet eine gesonderte Feststellung auf einen in Euro bemessenen Betrag (Wert Einkuumlnfte etc) ist bei Anwendung des sect 173 Abs 1 AO auf die Aumlnderungen dieses Betrags abzustellen Erfolgt eine gesonderte Feststellung auch einheitlich (sect 179 Abs 2 Satz 2 AO) ist hierbei nicht auf die Verhaumlltnisse der GesellschaftGemeinschaft insgesamt sondern auf die Verhaumlltnisse jedes einzelnen Feststellungsbeteiligten individuell abzustellen

Bei einer nachtraumlglich bekannt gewordenen steuerrechtlich beachtlichen Gewinnverteilungsabrede sind die Voraussetzungen des sect 173 Abs 1 Nr 1 AO erfuumlllt soweit sich die Gewinnanteile erhoumlhen Der Bescheid ist nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO zu aumlndern soweit sich die Gewinnanteile verringern Auf ein grobes Verschulden am nachtraumlglichen Bekanntwerden einer Gewinnverteilungsabrede kommt es dabei nach sect 173 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AO nicht an weil die nachtraumlglich bekannt gewordene Gewinnverteilungsabrede zugleich bei dem Feststellungsbeteiligten dessen Gewinnanteil sich erhoumlht eine Tatsache iSd sect 173 Abs 1 Nr 1 AO ist (BFH-Urteil vom 2462009 IV R 5506 BStBl 2009 II S 950)

1022 Werden zu einer Feststellung die nicht betragsmaumlszligige Besteuerungsgrundlagen sondern eine Eigenschaft oder rechtliche Bewertung zum Gegenstand hat (zB Art der Einkuumlnfte Grundstuumlcksart Zurechnung des Grundstuumlcks) neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt findet sect 173 Abs 1 Nr 2 AOAnwendung wenn der Steuerpflichtige die Aumlnderung des Feststellungsbescheids begehrt In diesem Fallist die Aumlnderung daher nur zulaumlssig wenn den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden am nachtraumlglichen Bekanntwerden der Tatsachen oder Beweismittel trifft sect 173 Abs 1 Nr 2 Satz 2 AO bleibt unberuumlhrt sect 173 Abs 1 Nr 1 AO kommt dagegen zur Anwendung wenn das Finanzamt von Amts wegen taumltig wird (vgl das zur Frage der Aumlnderung der Artfeststellung fuumlr ein Grundstuumlck ergangene BFH-Urteil vom 1691987 II R 17885 BStBl 1988 II S 174)

AEAO zu sect 174 - Widerstreitende Steuerfestsetzungen

1 Die Vorschrift eroumlffnet die Moumlglichkeit Vorteile und Nachteile auszugleichen die sich durch Steuerfestsetzungen ergeben haben die inhaltlich einander widersprechen Sie bietet insoweit diegesetzliche Grundlage fuumlr die Aumlnderung einer oder beider Festsetzungen (sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe d AO)

2 Nach sect 174 Abs 1 AO ist ein Steuerbescheid aufzuheben oder zu aumlndern wenn ein bestimmter Sachverhalt mehrfach zuungunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger beruumlcksichtigt worden ist obwohl er nur einmal haumltte beruumlcksichtigt werden duumlrfen Hierbei kann es sich um Faumllle handeln in denen zB dieselbe Einnahme irrtuumlmlich verschiedenen Steuerpflichtigen verschiedenen Steuern oder verschiedenen Besteuerungszeitraumlumen zugeordnet worden ist Auch die Faumllle in denen mehrere Finanzaumlmter gegen denselben Steuerpflichtigen fuumlr dieselbe Steuer und denselben Besteuerungszeitraum Steuerbescheide erlassen haben fallen hierunter

Der fehlerhafte Steuerbescheid ist in den Faumlllen des sect 174 Abs 1 AO nur auf Antrag aufzuheben oder zu aumlndern Hat der Steuerpflichtige faumllschlich nur einen Antrag auf Aumlnderung des rechtmaumlszligigen Steuerbescheids gestellt ist der Antrag allgemein als Antrag auf Beseitigung der widerstreitenden Festsetzung zu behandeln Die Antragsfrist (sect 174 Abs 1 Satz 2 AO) ist eine gesetzliche Frist iSdsect 110 AO Uumlber den fristgerecht gestellten Antrag kann auch noch nach Ablauf der Jahresfrist entschieden werden

3 sect 174 Abs 2 AO regelt in entsprechender Anwendung des sect 174 Abs 1 AO die Faumllle dass ein bestimmter Sachverhalt mehrfach zugunsten eines oder mehrerer Steuerpflichtiger beruumlcksichtigtworden ist Die Aumlnderung des fehlerhaften Steuerbescheids ist von Amts wegen vorzunehmen EineAumlnderung nach sect 174 Abs 2 AO ist nicht auf den Fall der irrtuumlmlichen Doppelberuumlcksichtigung eines bestimmten Sachverhaltes beschraumlnkt sie kommt auch bei bewusst herbeigefuumlhrten widerstreitenden Steuerfestsetzungen in Betracht (vgl BFH-Urteil vom 691995 XI R 3795 BStBl 1996 II S 148)

Unter den Begriff des Antrages oder einer Erklaumlrung des Steuerpflichtigen iSd Vorschrift fallen auch formlose Mitteilungen und Auskuumlnfte auszligerhalb des Steuererklaumlrungsvordrucks (vgl BFH-Urteil vom 13111996 XI R 6196 BStBl 1997 II S 170) sowie fuumlr den Beteiligten von Dritten abgegebene Erklaumlrungen (zB im Rahmen des sect 80 Abs 1 und 4 AO sect 200 Abs 1 AO)

4 Ein bdquoWiderstreitldquo iSd sect 174 Abs 1 und 2 AO setzt voraus dass die in verschiedenen Steuerbescheiden vorgenommenen Feststellungen bzw Besteuerungen aufgrund der materiellen Rechtslage nicht miteinander vereinbar sind Sie stehen im Widerspruch zueinander da nur einer der beiden Steuerbescheide und die darin angeordnete Rechtsfolge zutreffend sein kann Nach materiellem Recht muss sich die mehrfache Erfassung eines bestimmten Sachverhaltes zwingend ausschlieszligen

5 In unionskonformer Auslegung des sect 174 Abs 1 und 2 AO kann auch ein Steuerbescheid der von einer Finanzbehoumlrde eines anderen Mitgliedstaates der Europaumlischen Union oder eines Staates auf den das Abkommen uumlber den Europaumlischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) Anwendung findet erlassen wurde eine widerstreitende Steuerfestsetzung iSd sect 174 Abs 1 oder 2 AO begruumlnden (BFH-Urteil vom952012 I R 7310 BStBl 2013 II S 566) Die Aumlnderung eines inlaumlndischen Steuerbescheids nach sect 174 Abs 1 oder 2 AO setzt voraus dass eine aus innerstaatlicher Sicht rechtswidrigefehlerhafte Behandlung des Sachverhaltes im inlaumlndischen Steuerbescheid vorliegt Ein rechtmaumlszligiger

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Steuerbescheid kann nicht nach sect 174 Abs 1 oder 2 AO geaumlndert werden (vgl BFH-Urteil vom 1762006 II R 4804 BFHNV S 1611 mwN) Auch eine spaumlter eingetretene Rechtswidrigkeit aufgrund ruumlckwirkender geaumlnderter Rechtslage (neue oder geaumlnderte Rechtsnorm) oder ruumlckwirkenderEreignisse berechtigt nicht zu einer Aumlnderung nach sect 174 Abs 1 und 2 AO

Bei einem Antrag auf Aumlnderung eines von einer inlaumlndischen Finanzbehoumlrde erlassenen Steuerbescheids zugunsten eines Steuerpflichtigen liegt die objektive Feststellungslast im Hinblick auf den auslaumlndischen Steuerbescheid bei dem Steuerpflichtigen Zudem trifft ihn insoweit eine erhoumlhte Mitwirkungspflicht (sect 90 Abs 2 AO)

Beispiel

Die inlaumlndische Finanzbehoumlrde hat bei der Festsetzung der Einkommensteuer Einkuumlnfte als steuerpflichtig beruumlcksichtigt Der Einkommensteuerbescheid wird bestandskraumlftig Der Steuerpflichtige beantragt ein Jahr spaumlter die Aumlnderung dieses Einkommensteuerbescheids da die fraglichen Einkuumlnfte auch in den Niederlanden versteuert worden seien

Zu pruumlfen ist zunaumlchst ob Deutschland insoweit ein Besteuerungsrecht hatte Wenn dies zu verneinen ist muss als weitere Voraussetzung eine mehrfache und mit dem materiellen Recht unvereinbare Beruumlcksichtigung dieser Einkuumlnfte in verschiedenen Steuerbescheiden vorliegen Der Steuerpflichtige hat zum einen darzulegen dass die Besteuerung im Inland rechtswidrig bzw fehlerhaft war und zum anderen nachzuweisen dass eine Besteuerung des Sachverhalts in den Niederlanden stattgefunden hat

Nach sect 174 Abs 1 AO ist der inlaumlndische Einkommensteuerbescheid zu aumlndern wenn dieser aus innerstaatlicher Sicht rechtswidrigfehlerhaft war und tatsaumlchlich eine Besteuerung des gleichen Sachverhaltes (Einkuumlnfte) in den Niederlanden stattgefunden hat

sect 174 Abs 1 und 2 AO findet keine Anwendung bei Unstimmigkeiten zwischen den Vertragsstaaten uumlber die Ausuumlbung von Besteuerungsrechten (z B Verrechnungspreisfaumllle Cash-Pooling konkurrierende Besteuerungen bzw Anwendung von Ruumlckfallklauseln etc) Die Regelungen des sect 174 AO stehen auch nicht in Konkurrenz bzw Widerspruch zu Verstaumlndigungs- oder Schiedsverfahren nach den DBA vgl dazu auch sect 175a AO

6 sect 174 Abs 3 AO erfasst die Faumllle in denen bei einer Steuerfestsetzung ein bestimmter Sachverhalt in der erkennbaren Annahme nicht beruumlcksichtigt worden ist dass der Sachverhalt nur Bedeutung fuumlr eine andere Steuer einen anderen Besteuerungszeitraum oder einen anderen Steuerpflichtigen habe Dieser andere Bescheid muss nicht notwendigerweise schon erlassen worden sein oder spaumlter erlassen werden (vgl BFH-Urteil vom 2952001 VIII R 1900 BStBl II S 743) Der Anwendung des sect 174 Abs 3 AO steht auch nicht entgegen dass die Finanzbehoumlrde in der (erkennbaren) Annahme ein bestimmter Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu beruumlcksichtigen zunaumlchst uumlberhaupt keinen Steuerbescheid erlaumlsst (BFH-Urteil vom 2351996 IV R 4995 BFHNV 1997 S 89)

Die Annahme der bestimmte Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu erfassen muss fuumlr den Steuerpflichtigen erkennbar und fuumlr die Nichtberuumlcksichtigung kausal geworden sein Die Erkennbarkeit ist gegeben wenn der Steuerpflichtige die (spaumlter als fehlerhaft erkannte) Annahme des Finanzamts auch ohne entsprechenden Hinweis aus dem gesamten Sachverhaltsablauf allein aufgrund verstaumlndiger Wuumlrdigung des fehlerhaften Bescheids erkennen konnte (BFH-Urteil vom 21121984 III R 7581 BStBl 1985 II S 283 und BFH-Beschluss vom 15101998 IV B 1598 BFHNV 1999 S 449) An der Kausalitaumlt fehlt es dagegen wenn die Nichtberuumlcksichtigung darauf beruht dass das Finanzamt von dem bestimmten Sachverhalt gar keine Kenntnis hatte oder annahm dieser Sachverhalt sei - jetzt und auch spaumlter - ohne steuerliche Bedeutung (BFH-Urteil vom 2952001 VIII R 1900 aaO)

Beispiel

Die Finanzbehoumlrde hat bei der Festsetzung der Einkommensteuer am 3112 entstandene Aufwendungen nicht zum Abzug als Sonderausgaben zugelassen weil sie der Auffassung war dass die Sonderausgaben erst im naumlchsten Veranlagungszeitraum abzugsfaumlhig seien (sect 11 Abs 1 Satz 2 EStG) Stellt sich die Annahme spaumlter als unrichtig heraus so kann die Steuerfestsetzung bei der die Beruumlcksichtigung des Sachverhaltes unterblieben ist insoweit trotz etwa eingetretener Bestandskraft noch geaumlndert werden zeitlich jedoch nur bis zum Ablauf der fuumlr die andere Steuerfestsetzung laufenden Festsetzungsfrist

Die irrige Annahme der Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu beruumlcksichtigen muss von dem fuumlr die Steuerfestsetzung zustaumlndigen Amtstraumlger gemacht worden sein (vgl BFH-Urteil vom 2952001 VIII R 1900 aaO)

7 sect 174 Abs 4 AO ergaumlnzt die Regelung des sect 174 Abs 3 AO um die Faumllle in denen eine Steuerfestsetzung auf Antrag oder im Rechtsbehelfsverfahren zugunsten des Steuerpflichtigen geaumlndert worden ist Der Aumlnderung nach sect 174 Abs 4 AO steht nicht entgegen dass der gleiche Sachverhalt sowohl in dem zugunsten des Steuerpflichtigen geaumlnderten Steuerbescheid als auch in dem zu aumlndernden Bescheid steuerlich zu beruumlcksichtigen ist (vgl BFH-Urteil vom 1821997 VIII R 5495 BStBl II S 647) Bei der Anwendung der Vorschrift ist zu beruumlcksichtigen dass sect 174 Abs 4 AO den Ausgleich einer zugunsten des Steuerpflichtigen eingetretenen Aumlnderung bezweckt Derjenige der

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erfolgreich fuumlr seine Rechtsansicht gestritten hat muss auch die damit verbundenen Nachteile hinnehmen Die Vorschrift laumlsst es hingegen nicht zu dass die zugunsten erwirkte Aumlnderung auf bestandskraumlftige andere Bescheide uumlbertragen wird (vgl BFH-Urteil vom 1031999 XI R 2898 BStBl II S 475)

Beispiele

a) Die Finanzbehoumlrde hat einen Veraumluszligerungsgewinn bei der Festsetzung der Einkommensteuer erfasst Der Steuerpflichtige macht im Rechtsbehelfsverfahren mit Erfolg geltend dass der Veraumluszligerungsgewinn erst im folgenden Veranlagungszeitraum zu beruumlcksichtigen sei Unter den Voraussetzungen des sect 174 Abs 4 AO kann die Erfassung des Veraumluszligerungsgewinnes in dem folgenden Veranlagungszeitraum nachgeholt werden auch wenn die hierfuumlr maszliggebliche Steuerfestsetzung bereits unanfechtbar geworden ist oder die Festsetzungsfrist bereits abgelaufen war

b) Der Steuerpflichtige erreicht wegen eines in einem Veranlagungszeitraum erzielten Einnahmeuumlberschusses eine geaumlnderte Beurteilung der Einkuumlnfteerzielungsabsicht und damit die Beruumlcksichtigung des Werbungskostenuumlberschusses in den angefochtenen Steuerbescheiden Das Finanzamt kann den bisher unberuumlcksichtigt gebliebenen Einnahmeuumlberschuss nachtraumlglich durch Aumlnderung des fuumlr diesen Veranlagungszeitraum bestandskraumlftig gewordenen Steuerbescheids nach sect 174 Abs 4 AO erfassen (vgl BFH-Urteil vom 1821997 VIII R 5495 aa0)

8 Nach sect 174 Abs 4 iVm Abs 5 AO koumlnnen zur Richtigstellung einer irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhaltes steuerrechtliche Folgerungen auch zu Lasten eines bereits bestandskraumlftig beschiedenen Dritten gezogen werden Dritter ist wer im urspruumlnglichen Bescheid nicht als Inhaltsadressat angegeben war (vgl BFH-Urteil vom 821995 I R 12793 BStBl II S 764 und vgl AEAO zu sect 122 Nr 131) Inhaltsadressat eines Feststellungsbescheids - und damit nicht Dritter iSd sect 174 Abs 5 AO - ist derjenige dem der Gegenstand der Feststellung zuzurechnen ist Gesellschafter einer Personengesellschaft sind daher im Gewinnfeststellungsverfahren nicht Dritte iSd sect 174 Abs 5 AO (BFH-Urteil vom 1562004 VIII R 702 BStBl II S 914)

Der Erlass oder die Aumlnderung eines Steuerbescheids gegenuumlber dem Dritten setzt voraus dass dieser vor Ablauf der Festsetzungsfrist fuumlr den gegen ihn gerichteten Steueranspruch zu dem Verfahren daszur Aufhebung oder Aumlnderung des fehlerhaften Steuerbescheids gefuumlhrt hat hinzugezogen oder beigeladen worden ist (BFH-Urteil vom 1342000 V R 2599 BFHNV 2001 S 137) Die Finanzbehoumlrde muss daher die Hinzuziehung eines in Betracht kommenden Dritten rechtzeitig vornehmen oder im finanzgerichtlichen Verfahren dessen Beiladung durch rechtzeitige Antragstellung veranlassen (zum Antrag auf Beiladung vgl BFH-Beschluss vom 22121988 VIII B 13187 BStBl 1989 II S 314) sect 174 Abs 5 Satz 2 AO ist selbst Rechtsgrundlage fuumlr die Beteiligung des Dritten ohne dass die Voraussetzungen des sect 360 Abs 3 AO und des sect 60 FGO vorliegen muumlssen (vgl BFH-Beschluss vom 1751994 IV B 8493 BFHNV 1995 S 87) Schon die Moumlglichkeit dass ein Steuerbescheid wegen irrtuumlmlicher Beurteilung eines Sachverhalts aufzuheben oder zu aumlndern ist und hieraus Folgen fuumlr einen Dritten zu ziehen sind rechtfertigt die Hinzuziehung des Dritten (BFH-Beschluumlsse vom 411996 X B 14995 BFHNV S 453 vom 3011996 VIII B 2095 BFHNV S 524 und vom 2781998 III B 4198 BFHNV 1999 S 156)

Eine Hinzuziehung oder Beiladung kommt grundsaumltzlich nicht mehr in Betracht wenn gegenuumlber dem Dritten im Zeitpunkt der beabsichtigten Hinzuziehung oder Beiladung die Festsetzungsfrist fuumlr den gegen ihn gerichteten Steueranspruch bereits abgelaufen ist (vgl BFH-Urteil vom 551993 X R 11191 BStBlII S 817) Hat der Dritte aber durch eigene verfahrensrechtliche Initiativen auf die Aumlnderung oder die Aufhebung des fehlerhaften Bescheids hingewirkt kann er auch noch nach Ablauf der Festsetzungsfrist hinzugezogen oder beigeladen werden (vgl BFH-Urteil vom 10111993 I R 2093 BStBl 1994 II S 327) es reicht aber nicht aus dass der Dritte den Widerstreit von Steuerfestsetzungen lediglich kennt

Weil sich die Frage welches die bdquorichtigen steuerlichen Folgerungenldquo sind verbindlich im Ausgangsverfahren entscheidet (vgl BFH-Urteile vom 24111987 IX R 15883 BStBl 1988 II S 404 und vom 381988 I R 11584 BFHNV 1989 S 482) und der Dritte durch die Ausgangsentscheidung beschwert ist (vgl BFH-Urteil vom 2271980 VIII R 11478 BStBl 1981 II S 101) muss ihm die Moumlglichkeit eroumlffnet sein sich im Ausgangsverfahren rechtliches Gehoumlr zu verschaffen und auf das Verfahren dort Einfluss zu nehmen Korrekturbescheide und abschlieszligende Entscheidungen muumlssen auch dem Dritten bekannt gegeben werden damit auch dieser die Moumlglichkeit hat hiergegen Rechtsbehelf einzulegen (BFH-Urteile vom 1141991 V R 4086 BStBl II S 605 und vom 2671995 X R 4592 BFHNV 1996 S 195) Eine Entscheidung durch Abhilfebescheid (sect 172 Abs 1 Nr 2 Buchstabe a AO) durch die es einer Einspruchsentscheidung nicht mehr bedarf wahrt die Rechte des Hinzugezogenen nur wenn sie seinem Antrag der Sache nach entspricht oder wenn er ihr zustimmt (BFH-Urteile vom 1141991 V R 4086 aaO vom 2051992 III R 17690 BFHNV 1993 S 74 und vom 551993 X R 11191 BStBl II S 817)

Eine Hinzuziehung oder Beiladung des Dritten ist nur dann entbehrlich wenn er VerfahrensbeteiligteriSd sect 359 AO oder sect 57 FGO war oder durch eigene verfahrensrechtliche Initiativen auf die Aumlnderung

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oder Aufhebung des fehlerhaften Steuerbescheids hingewirkt hat (BFH-Urteile vom 821995 I R 12793 aaO und vom 2731996 I R 10094 BFHNV S 798)

9 sect 174 Abs 4 und 5 AO ist nicht auf die Faumllle einer alternativen Erfassung bestimmter Sachverhalte entweder beim Steuerpflichtigen oder bei dem Dritten beschraumlnkt bdquoBestimmter Sachverhaltldquo ist ein einheitlicher deckungsgleicher Lebensvorgang aus dem steuerrechtliche Folgen sowohl bei dem Steuerpflichtigen als auch bei dem Dritten zu ziehen sind Die steuerrechtlichen Folgen brauchen bei beiden nicht die Gleichen zu sein Aufgrund ein und desselben Sachverhalts kann beim Steuerpflichtigen eine abziehbare Ausgabe und beim Dritten eine Einnahme in Betracht kommen (BFH-Urteil vom 24111987 IX R 15883 BStBl 1988 II S 404 und BFH-Beschluss vom 2121999 II B 1799 BFHNV 2000 S 679)

AEAO zu sect 175 - Aufhebung oder Aumlnderung von Steuerbescheiden in sonstigen Faumlllen

1 Aufhebung oder Aumlnderung von Folgebescheiden nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO

11 Grundlagenbescheide iSd sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO sind Feststellungsbescheide Steuermessbescheide oder sonstige fuumlr eine Steuerfestsetzung bindende Verwaltungsakte (sect 171 Abs 10 AO) Auch Verwaltungsakte anderer Behoumlrden die keine Finanzbehoumlrden sind koumlnnen Grundlagenbescheide sein (zB Verwaltungsakte der zustaumlndigen Behoumlrden die den Grad einer Behinderung iSd sect 33b EStG feststellen)

12 Die Anpassung des Folgebescheids an einen Grundlagenbescheid steht nicht im Ermessen der Finanzbehoumlrde (BFH-Urteil vom 1061999 IV R 2598 BStBl II S 545) Der vom Grundlagenbescheidausgehenden Bindungswirkung (sect 182 Abs 1 AO) ist durch Aumlnderung des Folgebescheids nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO Rechnung zu tragen wenn der Folgebescheid die mit dem Grundlagenbescheid getroffene Feststellung nicht oder nicht zutreffend beruumlcksichtigt Eine Anpassung des Folgebescheids an den Grundlagenbescheid nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO ist auch dann vorzunehmen wenn der Grundlagenbescheid

- erst nach Erlass des Folgebescheids ergangen ist (sectsect 155 Abs 2 und 162 Abs 5 AO)

- bei Erlass des Folgebescheids uumlbersehen wurde (BFH-Urteile vom 981983 VIII R 5582 BStBl 1984 II S 86 und vom 6111985 II R 25583 BStBl 1986 II S 168 vgl BFH-Urteil vom 1672003 X R 3799 BStBl II S 867 zur Anwendbarkeit des sect 129 AO wenn die Finanzbehoumlrde die Auswertung des Grundlagenbescheids nicht bewusst unterlassen hat)

- bei Erlass des Folgebescheids bereits vorlag die im Grundlagenbescheid getroffenen Feststellungen aber fehlerhaft beruumlcksichtigt worden sind (BFH-Urteile vom 1441988 IV R 21985 BStBl II S 711 vom 491996 XI R 5096 BStBl 1997 II S 261 und vom 1061999 IV R 2598 aaO)

13 Wird ein Grundlagenbescheid ersatzlos aufgehoben so eroumlffnet dies dem fuumlr den Erlass des Folgebescheids zustaumlndigen Finanzamt die Moumlglichkeit den Sachverhalt der bisher Gegenstand des Feststellungsverfahrens war selbstaumlndig zu beurteilen und den Folgebescheid insoweit nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO zu aumlndern (BFH-Urteile vom 2561991 IX R 5788 BStBl II S 821 und vom 2431998 I R 8397 BStBl II S 601) Das Gleiche gilt wenn ein zunaumlchst eingeleitetes Feststellungsverfahren zu einem sog negativen Feststellungsbescheid fuumlhrt (BFH-Urteil vom 1151993 IX R 2790 BStBl II S 820) oder wenn einzelne Besteuerungsgrundlagen nachtraumlglich aus dem Feststellungsverfahren ausgeschieden werden (BFH-Urteile vom 1141990 I R 8286 BFHNV 1991 S 143 vom 2561991 IX R 5788 aaO vom 1471993 X R 3490 BStBl 1994 II S 77 und vom 7121993 IX R 13492 BFHNV 1994 S 547 sowie BFH-Beschluss vom 891998 IX B 7198 BFHNV 1999 S 157)

14 Sind die Voraussetzungen fuumlr eine Steuerverguumlnstigung durch einen auszligersteuerlichen Grundlagenbescheid nachzuweisen so steht der Anpassung des Steuerbescheids (Folgebescheid) an den Grundlagenbescheid nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO nicht entgegen dass der Steuerpflichtige den fuumlr die Steuerverguumlnstigung erforderlichen aber nicht fristgebundenen Antrag erst nach Unanfechtbarkeit des Steuerbescheids gestellt hat (BFH-Urteil vom 13121985 III R 20481 BStBl 1986 II S 245)

2 Aufhebung oder Aumlnderung von Steuerbescheiden wegen Eintritts eines ruumlckwirkenden Ereignisses (sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO)

21 Die Aufhebung oder Aumlnderung eines Steuerbescheids nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO setzt voraus dass nachtraumlglich ein Ereignis eingetreten ist das steuerliche Wirkung fuumlr die Vergangenheit hat Hierzu rechnen alle rechtlich bedeutsamen Vorgaumlnge aber auch tatsaumlchlichen Lebensvorgaumlnge die steuerlich shyungeachtet der zivilrechtlichen Wirkungen - in der Weise Ruumlckwirkung entfalten dass nunmehr der veraumlnderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist (BFH-Beschluss GrS vom 1971993 GrS 292 BStBl II S 897 mwN)

22 Ob einer nachtraumlglichen Aumlnderung des Sachverhaltes ruumlckwirkende steuerliche Bedeutung zukommt bestimmt sich allein nach dem jeweils einschlaumlgigen materiellen Steuerrecht Nach diesem ist zu

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beurteilen ob zum einen eine Aumlnderung des urspruumlnglich gegebenen Sachverhalts den Steuertatbestand uumlberhaupt betrifft und ob sich daruumlber hinaus der bereits entstandene materielle Steueranspruch mit steuerlicher Ruumlckwirkung aumlndert (BFH-Beschluss GrS vom 1971993 GrS 292 aaO)

Der Fall eines ruumlckwirkenden Ereignisses liegt vor allem dann vor wenn die Besteuerung nach dem maszliggeblichen Einzelsteuergesetz nicht an Lebensvorgaumlnge sondern unmittelbar oder mittelbar an Rechtsgeschaumlfte Rechtsverhaumlltnisse oder Verwaltungsakte anknuumlpft und diese Umstaumlnde nachtraumlglich mit Wirkung fuumlr die Vergangenheit gestaltet werden (BFH-Urteil vom 2141988 IV R 21585 BStBl II S 863)

Nach sect 175 Abs 2 Satz 2 AO gilt die nachtraumlgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestaumltigung nicht als ruumlckwirkendes Ereignis sect 175 Abs 2 Satz 2 AO ist nicht auf die Bescheinigung der anrechenbaren Koumlrperschaftsteuer bei verdeckten Gewinnausschuumlttungen anzuwenden (siehe hierzu und zum Anwendungszeitraum der Vorschrift Art 97 sect 9 Abs 3 EGAO) Beweismittel die ausschlieszliglich dazu dienen eine steuerrechtlich relevante Tatsache zu belegen und die als solche keinen Eingang in eine materielle Steuerrechtsnorm gefunden haben sind auch dann kein ruumlckwirkendes Ereignis iSd sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO wenn sie erst nach Bestandskraft eines Bescheids beschafft werden koumlnnen ggf kommt hier aber sect 173 AO zur Anwendung

Eine ruumlckwirkende Aumlnderung steuerrechtlicher Normen ist kein ruumlckwirkendes Ereignis iSd sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO (BFH-Urteil vom 981990 X R 588 BStBl 1991 II S 55)

Auch eine Entscheidung des BVerfG stellt kein ruumlckwirkendes Ereignis iSv sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO dar (vgl ua BFH-Urteil vom 1252009 IX R 4508 BStBl II S 891)

23 Die Aumlnderung des Steuerbescheids nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 ist AO nur zulaumlssig wenn das ruumlckwirkende Ereignis nachtraumlglich dh nach Entstehung des Steueranspruchs und nach dem Erlass des Steuerbescheids (ggf des zuletzt erlassenen Aumlnderungsbescheids) eingetreten ist Die Voraussetzungen des sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO liegen nicht vor wenn das Finanzamt - wie im Fall des sect 173 Abs 1 AO - lediglich nachtraumlglich Kenntnis von einem bereits gegebenen Sachverhalt erlangt (vgl BFH-Urteil vom 632003 XI R 1302 BStBl II S 554)

Ist im Einzelfall die Aumlnderung des Steuerbescheids nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO ausgeschlossen kann in Faumlllen in denen das Ereignis zwar schon vor Erlass des Steuerbescheids eingetreten dem Finanzamt jedoch erst nachtraumlglich bekannt geworden ist die Aumlnderung des Steuerbescheids nach sect 173 Abs 1 AO in Betracht kommen (vgl BFH-Urteil vom 1731994 V R 12391 BFHNV 1995 S 274)

24 Beispiele fuumlr ruumlckwirkende Ereignisse

Einkommensteuer

- sect 4 Abs 2 Satz 1 EStG

Wird ein fuumlr das Betriebsvermoumlgen am Schluss des Wirtschaftsjahres maszliggebender Wertansatz korrigiert der sich auf die Houmlhe des Gewinns der Folgejahre auswirkt so stellt dies ein Ereignis mit steuerlicher Ruumlckwirkung hinsichtlich der Veranlagung fuumlr die Folgejahre dar (BFH-Urteil vom 3062005 IV R 1104 BStBl II S 809) Zu den Auswirkungen auf die Verzinsung nach sect 233a AO vgl AEAO zu sect 233a Nr 1032

- sect 6 Abs 1 Nr 1a EStG

Wird nachtraumlglich die 15-Grenze iSd sect 6 Abs 1 Nr 1a EStG uumlberschritten so stellt dies ein ruumlckwirkendes Ereignis dar

- sect 6b EStG

Die Ruumlcklage nach sect 6b Abs 3 EStG kann vom Steuerpflichtigen ruumlckwirkend aufgestockt werden wenn sich der Veraumluszligerungspreis in einem spaumlteren Veranlagungszeitraum erhoumlht (vgl BFH-Urteil vom 1392000 X R 14897 BStBl 2001 II S 641)

- sect 10 EStG (Folgen der Erstattung von Sonderausgaben in einem spaumlteren Veranlagungszeitraum)

Werden gezahlte Sonderausgaben in einem spaumlteren Veranlagungszeitraum an den Steuerpflichtigen erstattet ist der Erstattungsbetrag im Erstattungsjahr mit gleichartigen Sonderausgaben zu verrechnen Ist im Jahr der Erstattung der Sonderausgaben an den Steuerpflichtigen ein Ausgleich mit gleichartigen Aufwendungen nicht oder nicht in voller Houmlhe moumlglich so ist der Sonderausgabenabzug des Jahres der Verausgabung ruumlckwirkend zu mindern (BFH-Urteil vom 772004 XI R 1004 BStBl II S 1058 und vom 2172009 X R 3207 BStBl 2010 II S 38) Ab Veranlagungszeitraum 2012 ist bei den Aufwendungen iSd sect 10 Abs 1 Nr 2 bis 3a EStG nach sect 10 Abs 4b Satz 2 EStG ein Erstattungsbetrag innerhalb des Veranlagungszeitraums mit anderen Aufwendungen der jeweiligen Nummer zu verrechnen ein Erstattungsuumlberhang erhoumlht in den Faumlllen des sect 10 Abs 1 Nr 3 und 4 EStG nach sect 10 Abs 4b Satz 3 EStG dann den Gesamtbetrag der Einkuumlnfte

-sect 10 Abs 1 Nr 1 EStG

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Wird nach Eintritt der Bestandskraft sowohl die Zustimmung zur Anwendung des Realsplittings erteilt als auch der Antrag nach sect 10 Abs 1 Nr 1 EStG gestellt liegen die Voraussetzungen fuumlr eine Aumlnderung nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO vor (BFH-Urteil vom 1271989 X R 884 BStBl II S 957) Auch die nachtraumlgliche betragsmaumlszligige Erweiterung eines bereits vorliegenden Antrags stellt iVm der erweiterten Zustimmungserklaumlrung ein ruumlckwirkendes Ereignis dar (BFH-Urteil vom 2862006 XI R 3205 BStBl 2007 II S 5)

- sect 14a Abs 4 EStG

Die Steuerbeguumlnstigung der vorgezogenen Abfindung steht unter dem Gesetzesvorbehalt dass der Abgefundene nicht doch noch den Betrieb uumlbernimmt oder der Betrieb nicht vorher verkauft wurde (vgl BFH-Urteil vom 431993 IV R 11092 BStBl II S 788) Entsprechende fuumlr die Beguumlnstigung schaumldliche Handlungen sind als ruumlckwirkende Ereignisse anzusehen (vgl BFH-Urteil vom 23112000 IV R 8599 BStBl 2001 II S 122)

- sect 16 Abs 1 Satz 1 Nr 1 EStG

Wird die gestundete Kaufpreisforderung fuumlr die Veraumluszligerung eines Gewerbebetriebs in einem spaumlteren VZ ganz oder teilweise uneinbringlich so stellt dies ein Ereignis mit steuerlicher Ruumlckwirkung auf den Zeitpunkt der Veraumluszligerung dar (BFH-Urteil vom 1971993 GrS 292 BStBl II S 897)

Die Zahlung von Schadensersatzleistungen fuumlr betriebliche Schaumlden nach Betriebsaufgabe beeinflusst die Houmlhe des Aufgabegewinns weil sie ein ruumlckwirkendes Ereignis auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe darstellt (BFH-Urteil vom 1021994 IV R 3792 BStBl II S 564)

- sect 16 Abs 1 Satz 1 Nr 2 EStG

Die spaumltere vergleichsweise Festlegung eines strittigen Veraumluszligerungspreises ist auf den Zeitpunkt der Realisierung des Veraumluszligerungsgewinns zuruumlckzubeziehen (BFH-Urteil vom 2671984 IV R 1083 BStBl II S 786)

Scheidet ein Kommanditist aus einer KG aus und bleibt sein bisheriges Gesellschafterdarlehen bestehen so ist wenn diese Forderung spaumlter wertlos wird sein Veraumluszligerungs- bzw Aufgabegewinn mit steuerlicher Wirkung fuumlr die Vergangenheit gemindert (BFH-Urteil vom 14121994 X R 12892 BStBl 1995 II S 465)

- sect 17 EStG

Fallen nach Aufloumlsung einer Kapitalgesellschaft nachtraumlgliche Anschaffungskosten fuumlr eine Beteiligung iSd sect 17 Abs 2 Satz 1 EStG an koumlnnen diese bei der Ermittlung des Aufloumlsungsgewinns als ruumlckwirkendes Ereignis beruumlcksichtigt werden (vgl BFH-Urteil vom 2101984 VIII R 2084 BStBl 1985 II S 428)

Wird der Verkauf eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft (wesentliche Beteiligung iSv sect 17 EStG) nach Uumlbertragung des Anteils und vollstaumlndiger Bezahlung des Kaufpreises durch den Abschluss eines auszligergerichtlichen Vergleiches mit dem die Vertragsparteien den Rechtsstreit uumlber den Eintritt einer im Kaufvertrag vereinbarten aufloumlsenden Bedingung beilegen ruumlckgaumlngig gemacht so ist dies ein Ereignis mit steuerlicher Ruumlckwirkung auf den Zeitpunkt der Veraumluszligerung (BFH-Urteil vom 1982003 VIII R 6702 BStBl 2004 II S 107)

- sect 22 Nr 1 Satz 3 EStG

Wird eine Rente ruumlckwirkend zugebilligt und faumlllt dadurch ruumlckwirkend ganz oder teilweise der Anspruch auf Sozialleistungen (zB Kranken- oder Arbeitslosengeld) weg sind die bisher im Rahmen des Progressionsvorbehalts beruumlcksichtigten Leistungen als Rentenzahlung anzusehen und nach sect 22 Nr 1 Satz 3 Buchstabe a EStG der Besteuerung zu unterwerfen (vgl R 32b Abs 4 EStR 2012)

- sect 22 Nr 3 EStG

Fallen Werbungskosten fuumlr einmalige (sonstige) Leistungen (sect 22 Nr 3 EStG) nachtraumlglich an und war ihre Entstehung im Jahr des Zuflusses der Einnahme nicht vorhersehbar ist die Veranlagung des Zuflussjahres nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu aumlndern (BFH-Urteil vom 361992 X R 9190 BStBl II S 1017)

Wird ein nach sect 22 Nr 3 EStG steuerbares Entgelt fuumlr ein Vorkaufsrecht auf den Kaufpreis eines spaumlter zustande kommenden Kaufvertrags angerechnet fuumlhrt dies zum ruumlckwirkenden Wegfall des zunaumlchst angenommenen Tatbestands der Einkuumlnfte aus Leistungen (BFH-Urteil vom 1081994 X R 4291 BStBl 1995 II S 57)

- sectsect 26 bis 26b EStG

Waumlhlt ein EhegatteLebenspartner vor Bestandskraft des ihm gegenuumlber ergangenen Bescheides die getrennte Veranlagung (ab VZ 2013 Einzelveranlagung nach sect 26a EStG) sind die EhegattenLebenspartner auch dann getrennteinzeln zu veranlagen wenn der gegenuumlber dem anderen EhegattenLebenspartner ergangene Zusammenveranlagungsbescheid bereits bestandskraumlftig geworden ist Der Antrag auf getrennte VeranlagungEinzelveranlagung stellt hinsichtlich des

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Zusammenveranlagungsbescheids des anderen EhegattenLebenspartners ein ruumlckwirkendes Ereignis mit der Folge dar dass dieser nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu aumlndern ist und die Festsetzungsfrist ihm gegenuumlber mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt in dem der Antrag auf getrennte Veranlagung gestellt wird (BFH-Urteile vom 332005 III R 2202 BStBl II S 690 und vom 2872005 III R 4803 BStBl II S 865)

Widerruft ein EhegatteLebenspartner im Zuge der Veranlagung seinen Antrag auf getrennte VeranlagungEinzelveranlagung ist die bestandskraumlftige Veranlagung des anderen EheshygattenLebenspartners nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO aufzuheben Zur Verzinsung vgl Nr 1021 des AEAO zu sect 233a

- sect 32 Abs 6 Satz 6 EStG

Der Antrag zur Uumlbertragung des KinderfreibetragsBetreuungsfreibetrags nach Eintritt der Bestandskraft stellt ein ruumlckwirkendes Ereignis dar (BMF-Schreiben vom 2862013 BStBl I S 845)

Doppelbesteuerungsabkommen

Soweit in einem DBA eine sog Ruumlckfallklausel enthalten ist sind Einkuumlnfte fuumlr die nach dem DBA dem auslaumlndischen Staat das Besteuerungsrecht zugewiesen worden ist aber dort deshalb nicht versteuert werden weil der Stpfl keine Steuererklaumlrung abgegeben hat nicht unter Progressionsvorbehalt freizustellen sondern im Inland voll zu besteuern Sollte nachtraumlglich eine Besteuerung im Ausland erfolgen so liegt ein Ereignis vor das gem sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zuruumlckwirkt und eine Korrektur des im Inland bestandskraumlftigen Steuerbescheids rechtfertigt (vgl BFH-Urteil vom 1161996 I R 896 BStBl 1997 II S 117)

Umsatzsteuer

- sect 14c Abs 1 Satz 1 UStG

Weist ein Unternehmer in einer Rechnung Umsatzsteuer gesondert erst zu einem Zeitpunkt aus in dem die urspruumlnglich entstandene Steuer fuumlr seine Leistung wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht mehr erhoben werden kann so schuldet er die ausgewiesene Steuer nach sect 14c Abs 1 Satz 1 UStG In diesem Fall liegt ein ruumlckwirkendes Ereignis iSd sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO vor (BFH-Urteil vom 13112003 V R 7901 BStBl 2004 II S 375)

- sectsect 9 15 Abs 1 Nr 1 UStG

Macht der leistende Unternehmer den Verzicht auf die Steuerbefreiung ruumlckgaumlngig wird der Umsatz ruumlckwirkend wieder steuerfrei so dass eine Steuer fuumlr den berechneten Umsatz nicht mehr geschuldet wird Der Leistungsempfaumlnger verliert den Vorsteuerabzug ruumlckwirkend im Jahr des Leistungsbezugs unabhaumlngig davon dass der leistende Unternehmer die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer bis zur Rechnungsberichtigung gem sect 14c Abs 1 UStG schuldet (BFH-Urteil vom 122001 V R 2300 BStBl 2003 II S 673)

Investitionszulage

Ein Investitionszulagebescheid ist nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu korrigieren wenn nachtraumlglich gegen die Kumulationsverbote nach sect 3 Abs 1 Satz 2 sect 3a Abs 1 Saumltze 4 und 5 InvZulG 1999 verstoszligen wurde (vgl BMF-Schreiben vom 2822003 BStBl I S 218 Tz 11 und 12)

Erbschaftsteuer

- sect 10 Abs 5 Nr 3 ErbStG

Nach der Steuerfestsetzung entstehende Kosten der Nachlassregulierung (sect 10 Abs 5 Nr 3 ErbStG) koumlnnen als ruumlckwirkendes Ereignis zur Korrektur der Steuerfestsetzung fuumlhren

- sect 13 Abs 1 Nr 2 und 3 ErbStG

Die Steuerbefreiungen fallen mit Wirkung fuumlr die Vergangenheit weg wenn die Gegenstaumlnde der Grundbesitz oder Teile des Grundbesitzes innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb veraumluszligert werden oder die Voraussetzungen fuumlr die Steuerbefreiung innerhalb dieses Zeitraums entfallen Die Steuerfestsetzung ist nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO vorzunehmen

- sectsect 13a 19a ErbStG

Verschonungsabschlag Abzugsbetrag und Entlastungsbetrag fallen mit Wirkung fuumlr die Vergangenheit weg soweit innerhalb von fuumlnf Jahren (bzw sieben Jahren bei Optionsverschonung nach sect 13a Abs 8 ErbStG) nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung gegen eine der Behaltensregelungen bzw im Fall des Verschonungsabschlags gegen die Lohnsummenregelung verstoszligen wird Der Steuerbescheid ist nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu korrigieren (R E 13a4 Abs 1 R E 13a5 Abs 1 und R E 19a3 Abs 1 ErbStR 2011)

- sect 29 Abs 1 ErbStG

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Auch der Eintritt eines Ereignisses gem sect 29 Abs 1 ErbStG zB die Herausgabe eines Geschenks stellt ein ruumlckwirkendes Ereignis dar

Grunderwerbsteuer

- sect 5 Abs 3 GrEStG

Die Steuerbeguumlnstigung beim Uumlbergang eines Grundstuumlcks von mehreren Miteigentuumlmern oder einem Alleineigentuumlmer auf eine Gesamthand in dem Umfang der dem Anteil der Beteiligung des Veraumluszligerers am Vermoumlgen der Gesamthand entspricht steht unter dem Gesetzesvorbehalt einer mindestens fuumlnf Jahre fortwaumlhrenden Beteiligung Die Minderung des Vermoumlgensanteils innerhalb dieses Zeitraums stellt ein Ereignis mit steuerlicher Ruumlckwirkung auf den Zeitpunkt des Grundstuumlcksuumlbergangs dar Die Steuerfestsetzung ist gem sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu korrigieren oder erstmals vorzunehmen

- sect 6 Abs 3 Satz 2 GrEStG

Die Steuerbeguumlnstigung beim Uumlbergang eines Grundstuumlcks von einer Gesamthand auf eine andere Gesamthand in dem Umfang in dem ein Gesellschafter sowohl am Vermoumlgen der veraumluszligernden als auch der erwerbenden Gesamthand beteiligt ist steht unter dem Gesetzesvorbehalt einer mindestens fuumlnf Jahre fortwaumlhrenden Beteiligung an der erwerbenden Gesamthand Die Minderung des Vermoumlgensanteils innerhalb dieses Zeitraums stellt ein Ereignis mit steuerlicher Ruumlckwirkung auf den Zeitpunkt des Grundstuumlcksuumlbergangs dar Die Steuerfestsetzung ist gem sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO zu korrigieren oder erstmals vorzunehmen

Bewertung

Wird der einem Wertfortschreibungsbescheid vorangegangene Einheitswertbescheid nachtraumlglich geaumlndert und werden hierdurch die fuumlr die Wertfortschreibung auf einen spaumlteren Stichtag nach sect 22 BewG erforderlichen Wertgrenzen nicht mehr erreicht ist der Wertfortschreibungsbescheid nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO aufzuheben (BFH-Urteil vom 9111994 II R 3791 BStBl 1995 II S 93)

AEAO zu sect 175a - Umsetzung von Verstaumlndigungsvereinbarungen

Die Vorschrift ist Rechtsgrundlage fuumlr die Umsetzung einer Verstaumlndigungsvereinbarung oder eines Schiedsspruchs nach einer voumllkerrechtlichen Vereinbarung iSd sect 2 AO Zum internationalen Verstaumlndigungsverfahren und Schiedsverfahren in Steuersachen vgl Merkblatt vom 1372006 BStBl I S 461 Zum Teil-Einspruchsverzicht s sect 354 Abs 1a AO zur Teil-Ruumlcknahme eines Einspruchs s sect 362 Abs 1a AO

AEAO zu sect 176 - Vertrauensschutz bei der Aufhebung und Aumlnderung von Steuerbescheiden

1 Die Vorschrift schuumltzt das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die Guumlltigkeit einer Rechtsnorm der Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des Bundes oder einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift (zB EStR) Unter Aufhebung und Aumlnderung ist jede Korrektur einer Steuerfestsetzung nach sectsect 164 165 172 ff AO oder nach den Einzelsteuergesetzen zu verstehen (vgl AEAO vor sectsect 172 bis 177 Nr 3) aber nicht die Berichtigung nach sect 129 AO

2 Bei Aumlnderung der Steuerfestsetzung ist so vorzugehen als haumltte die fruumlhere fuumlr den Steuerpflichtigen guumlnstige Rechtsauffassung nach wie vor Guumlltigkeit Ist zB eine Steuer unter Vorbehalt der Nachpruumlfung festgesetzt worden (sect 164 AO) so muss eine dem Steuerpflichtigen guumlnstige Rechtsprechung des BFH die bei der Vorbehaltsfestsetzung beruumlcksichtigt worden war auch dann weiter angewendet werden wenn der BFH seine Rechtsprechung zum Nachteil des Steuerpflichtigen geaumlndert hat

3 Hat der Steuerpflichtige die bisherige Rechtsprechung seinen Steuererklaumlrungen stillschweigend und fuumlr das Finanzamt nicht erkennbar zugrunde gelegt gilt der Vertrauensschutz nur wenn davon ausgegangen werden kann dass die Finanzbehoumlrde mit der Anwendung der Rechtsprechung einverstanden gewesen waumlre Das Einverstaumlndnis ist immer dann zu unterstellen wenn die Entscheidung im Bundessteuerblatt veroumlffentlicht worden war und keine Verwaltungsanweisung vorlag die Rechtsprechung des BFH uumlber den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden

4 Es verstoumlszligt gegen Treu und Glauben wenn der Steuerpflichtige aufgrund einer Rechtsprechungsaumlnderung die Aufhebung eines ihn belastenden Bescheids fordert und erreicht und spaumlter geltend macht er habe auf die Anwendung der fruumlheren Rechtsprechung vertraut und sei nicht bereit die fuumlr ihn negativen Folgen der Rechtsprechungsaumlnderung hinzunehmen Dies gilt zumindest insoweit als der der Rechtsprechungsaumlnderung Rechnung tragende Aumlnderungsbescheid im Ergebnis zu keiner houmlheren Belastung des Steuerpflichtigen fuumlhrt (vgl BFH-Urteil vom 821995 I R 12793 BStBl II S 764)

5 Wegen der sinngemaumlszligen eingeschraumlnkten Anwendung des sect 176 AO auf Neuveranlagungen der Grundsteuermessbetraumlge s sect 17 Abs 2 Nr 2 GrStG sowie auf Fortschreibungen der Einheitswerte s sect 22 Abs 3 Saumltze 2 und 3 BewG

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AEAO zu sect 177 - Berichtigung von materiellen Fehlern

1 Materieller Fehler ist jede objektive Unrichtigkeit eines Steuerbescheids Materiell fehlerhaft ist ein Bescheid nicht nur wenn bei Erlass des Steuerbescheids geltendes Recht unrichtig angewendet wurde sondern auch dann wenn der Steuerfestsetzung ein Sachverhalt zugrunde gelegt worden ist der sich nachtraumlglich als unrichtig erweist Bei der Steuerfestsetzung nicht beruumlcksichtigte Tatsachen sinddeshalb sofern sie zu keiner Aumlnderung nach sect 173 AO fuumlhren nach sect 177 AO zu beruumlcksichtigen (BFH-Urteil vom 581986 IX R 1381 BStBl 1987 II S 297) Auf ein Verschulden kommt es ebenso wenig an wie darauf dass der Steueranspruch insoweit verjaumlhrt ist (BFH-Urteil vom 18121991 X R 3890 BStBl 1992 II S 504) Eine Berichtigung eines materiellen Fehlers nach sect 177 AO ist deshalb auch dannzulaumlssig und geboten wenn eine isolierte Aumlnderung dieses Fehlers oder seine Berichtigung nach sect 129 AO wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist nicht moumlglich waumlre

2 Die Moumlglichkeit der Berichtigung materieller Fehler ist bei jeder Aufhebung oder Aumlnderung eines Steuerbescheids zu pruumlfen Materielle Fehler sind zu berichtigen soweit die Voraussetzungen fuumlr dieAufhebung oder Aumlnderung eines Steuerbescheids zuungunsten (sect 177 Abs 1 AO) oder zugunsten des Steuerpflichtigen (sect 177 Abs 2 AO) vorliegen die Voraussetzungen des sect 177 Abs 1 und 2 AO koumlnnenauch nebeneinander vorliegen Materielle Fehler duumlrfen nur innerhalb des Aumlnderungsrahmens berichtigt dh gegengerechnet werden Liegen sowohl die Voraussetzungen fuumlr Aumlnderungen zugunsten des Steuerpflichtigen als auch solche zu dessen Ungunsten vor sind die oberen und unteren Grenzen der Fehlerberichtigung jeweils getrennt voneinander zu ermitteln (BFH-Urteile vom 961993 I R 9092 BStBl II S 822 und vom 1471993 X R 3490 BStBl 1994 II S 77) Eine Saldierung der Aumlnderungstatbestaumlnde zuungunsten und zugunsten des Steuerpflichtigen ist deshalb nicht zulaumlssig (Saldierungsverbot)

3 Aumlnderungsobergrenze ist der Steuerbetrag der sich als Summe der bisherigen Steuerfestsetzung und der steuerlichen Auswirkung aller selbstaumlndigen steuererhoumlhenden Aumlnderungstatbestaumlnde ergibt Aumlnderungsuntergrenze ist der Steuerbetrag der sich nach Abzug der steuerlichen Auswirkung aller selbstaumlndigen steuermindernden Aumlnderungstatbestaumlnde von der bisherigen Steuerfestsetzung ergibt

4 Die Auswirkungen materieller Fehler sind zu saldieren und dann soweit der Aumlnderungsrahmen reicht zu beruumlcksichtigen (Saldierungsgebot) vgl BFH-Urteil vom 961993 I R 9092 BStBl II S 822) BeiAumlnderungen zuungunsten des Steuerpflichtigen kann ein negativer (steuermindernder) Fehler-Saldo nurbis zur Aumlnderungsuntergrenze beruumlcksichtigt werden (sect 177 Abs 1 AO) Bei Aumlnderungen zugunsten des Steuerpflichtigen kann ein positiver (steuererhoumlhender) Fehler-Saldo nur bis zur Aumlnderungsobergrenze beruumlcksichtigt werden (sect 177 Abs 2 AO)

Beispiele

a) Es werden nachtraumlglich Tatsachen bekannt die zu einer um 5000 euro houmlheren Steuer fuumlhren Zugleich werden materielle Fehler die sich bei der fruumlheren Festsetzung iHv 6000 euro zugunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt haben und materielle Fehler die sich bei der fruumlheren Festsetzung iHv 8500 euro zum Nachteil des Steuerpflichtigen ausgewirkt haben festgestellt

Der Saldo der materiellen Fehler fuumlhrt iHv 2500 euro zu einer Minderung der Nachforderung

b) Es werden nachtraumlglich Tatsachen bekannt die zu einer um 5000 euro houmlheren Steuer fuumlhren Auszligerdem ist ein geaumlnderter Grundlagenbescheid zu beruumlcksichtigen der zu einer um 5500 euro niedrigeren Steuer fuumlhrt Zugleich werden materielle Fehler festgestellt die sich iHv 8500 euro zugunsten und iHv 6000 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen ausgewirkt haben

Der Saldo der materiellen Fehler (2500 euro zugunsten des Steuerpflichtigen) mindert die Aumlnderung der Steuerfestsetzung zugunsten des Steuerpflichtigen aufgrund des geaumlnderten Grundlagenbescheids (5500 euro) Die Differenz von 3000 euro ist mit der Nachforderung von 5000 euro wegen nachtraumlglich bekannt gewordener Tatsachen zu verrechnen so dass im Ergebnis eine Aumlnderung des Steuerbescheids iHv 2000 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen vorzunehmen ist

5 Soweit ein Ausgleich materieller Fehler nach sect 177 AO nicht moumlglich ist bleibt der Steuerbescheid fehlerhaft Hierin liegt keine sachliche Unbilligkeit da die Folge vom Gesetzgeber gewollt ist

6 Zur Berichtigung materieller Fehler bei einer Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten nach sect 129 AO vgl AEAO zu sect 129 Nr 5 zur Berichtigung materieller Fehler bei der Aumlnderung einer vorlaumlufigen Steuerfestsetzung nach sect 165 Abs 2 Satz 2 AO vgl AEAO zu sect 165 Nr 9

AEAO zu sect 179 - Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

1 Abweichend von dem Grundsatz dass die Besteuerungsgrundlagen einen unselbstaumlndigen Teil des Steuerbescheids bilden (sect 157 Abs 2 AO) sehen die sectsect 179 ff AO bzw entsprechende Vorschriften der Einzelsteuergesetze (zB sect 2a sect 10b Abs 1 sect 10d Abs 4 sect 15a Abs 4 sect 39 Abs 1 Satz 4 EStG sectsect 27 28 und 38 KStG sect 151 BewG sect 17 GrEStG) in bestimmten Faumlllen eine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vor Die gesonderte Feststellung ist zugleich einheitlich vorzunehmen

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wenn die AO oder ein Einzelsteuergesetz (zB sect 15a Abs 4 Satz 6 EStG) dies besonders vorschreiben oder wenn der Gegenstand der Feststellung bei der Besteuerung mehreren Personen zuzurechnen ist (sect 179 Abs 2 Satz 2 2 Alternative AO) Fuumlr das Feststellungsverfahren sind die Vorschriften uumlber die Durchfuumlhrung der Besteuerung sinngemaumlszlig anzuwenden (sect 181 Abs 1 AO)

2 Voraussetzung fuumlr den Erlass eines Ergaumlnzungsbescheids nach sect 179 Abs 3 AO ist dass der vorangegangene Feststellungsbescheid wirksam aber unvollstaumlndig bzw luumlckenhaft ist In einem Ergaumlnzungsbescheid sind nur solche Feststellungen nachholbar die in dem vorangegangenen Feststellungsbescheid bdquounterbliebenldquo sind Eine Feststellung ist unterblieben wenn sie im Feststellungsbescheid haumltte getroffen werden muumlssen tatsaumlchlich aber - aus welchen Gruumlnden auch immer - nicht getroffen worden ist Die Vorschrift des sect 179 Abs 3 AO durchbricht nicht die Bestandskraft wirksam ergangener Feststellungsbescheide Inhaltliche Fehler in rechtlicher oder tatsaumlchlicher Hinsicht koumlnnen daher nicht in einem Ergaumlnzungsbescheid korrigiert werden (BFH-Urteil vom 1561994 II R 12091 BStBl II S 819 BFH-Urteil vom 1151999 IX R 7296 BFHNV S 1446)

Ein Ergaumlnzungsbescheid ist beispielsweise zulaumlssig zur Nachholung

- der Feststellung ob und in welcher Houmlhe ein Freibetrag nach sect 16 Abs 4 EStG zu gewaumlhren ist

- der Feststellung wie der Gewinn zu verteilen ist (vgl BFH-Urteil vom 13121983 VIII R 9081 BStBl 1984 II S 474)

- des Hinweises uumlber die Reichweite der Bekanntgabe gem sect 183 Abs 1 Satz 5 AO (BFH-Urteil vom 1371994 XI R 2193 BStBl II S 885)

- der Feststellung und der Verteilung des Betrags der einbehaltenen Kapitalertragsteuer und der anrechenbaren Koumlrperschaftsteuer (sect 180 Abs 5 Nr 2 AO)

- der Feststellung uumlber das Ausscheiden eines Gesellschafters waumlhrend eines abweichenden Wirtschaftsjahres (BFH-Beschluss vom 2291997 IV B 11396 BFHNV 1998 S 454)

Eine Feststellung ist nicht unterblieben und kann daher auch nicht nachgeholt werden wenn sie im Feststellungsbescheid ausdruumlcklich abgelehnt worden ist Deshalb kann durch den Erlass eines Ergaumlnzungsbescheids nicht nachgeholt werden

- die im Feststellungsverfahren unterbliebene Entscheidung ob ein steuerbeguumlnstigter Gewinn vorliegt wenn das Finanzamt den Gewinn bisher insgesamt als laufenden Gewinn festgestellt hat (BFH-Urteile vom 26111975 I R 4474 BStBl 1976 II S 304 und vom 2471984 VIII R 30481 BStBl II S 785)

- die bei einer Feststellung nach sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe a AO zu Unrecht unterbliebene Beruumlcksichtigung von Sonderbetriebseinnahmen oder -ausgaben

- ein fehlender oder unklarer Hinweis iSv sect 181 Abs 5 Satz 2 AO (BFH-Urteil vom 1831998 II R 4596 BStBl II S 426 BFH-Urteil vom 2461998 II R 1795 BFHNV 1999 S 282)

Der Erlass eines Ergaumlnzungsbescheids steht nicht im Ermessen der Finanzbehoumlrde

3 Wegen der Anpassung der Folgebescheide an den Feststellungsbescheid wird auf sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO hingewiesen wegen der Einspruchsbefugnis bei Feststellungsbescheiden auf sect 351 Abs 2 und sectsect 352 353 AO

4 In den Faumlllen der atypischen stillen Unterbeteiligung am Anteil des Gesellschafters einer Personengesellschaft kann eine besondere gesonderte und einheitliche Feststellung vorgenommen werden (sect 179 Abs 2 letzter Satz AO) Von dieser Moumlglichkeit ist wegen des Geheimhaltungsbeduumlrfnisses der Betroffenen regelmaumlszligig Gebrauch zu machen

Die Beruumlcksichtigung der Unterbeteiligung im Feststellungsverfahren fuumlr die Hauptgesellschaft ist nur mit Einverstaumlndnis aller Beteiligten - Hauptgesellschaft und deren Gesellschafter sowie der Unterbeteiligten - zulaumlssig Das Einverstaumlndnis der Beteiligten gilt als erteilt wenn die Unterbeteiligung in der Feststellungserklaumlrung fuumlr die Hauptgesellschaft geltend gemacht wird

Die Regelung gilt fuumlr Treuhandverhaumlltnisse in denen der Treugeber uumlber den Treuhaumlnder Hauptgesellschafter der Personengesellschaft ist entsprechend

Die oumlrtliche Zustaumlndigkeit fuumlr die besondere gesonderte Feststellung richtet sich idR nach der Zustaumlndigkeit fuumlr die Hauptgesellschaft

5 Die Gewinnanteile des Unterbeteiligten bei einer typischen stillen Unterbeteiligung sind als Sonderbetriebsausgaben des Hauptbeteiligten im Feststellungsverfahren zu beruumlcksichtigen (BFH-Urteil vom 9111988 I R 19184 BStBl 1989 II S 343) Eine Nachholung des Sonderbetriebsausgabenabzugs im Veranlagungsverfahren des Hauptbeteiligten ist nicht zulaumlssig

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AEAO zu sect 180 - Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

1 Die gesonderte Feststellung nach sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe a AO umfasst in erster Linie die von den Feststellungsbeteiligten gemeinschaftlich erzielten Einkuumlnfte Sie umfasst auch die bei Ermittlung dieser Einkuumlnfte zu beruumlcksichtigenden Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben oder Sonderwerbungskosten eines oder mehrerer Feststellungsbeteiligten

Daruumlber hinaus sind solche Besteuerungsgrundlagen gesondert festzustellen die in einem rechtlichen wirtschaftlichen oder tatsaumlchlichen Zusammenhang mit den gemeinschaftlich erzielten Einkuumlnften stehen aber bei Ermittlung der gemeinschaftlich erzielten Einkuumlnfte nicht zu beruumlcksichtigen sind Hiernach sind zB solche Aufwendungen gesondert festzustellen die aus Mitteln der Gesellschaft oder Gemeinschaft geleistet werden und fuumlr die Besteuerung der Feststellungsbeteiligten zB als Sonderausgaben von Bedeutung sind Soweit derartige Besteuerungsgrundlagen bei Erlass des Feststellungsbescheids nicht beruumlcksichtigt worden sind ist ihre gesonderte Feststellung durch Ergaumlnzungsbescheid (sect 179 Abs 3 AO) nachzuholen

Zum Verfahren bei der Geltendmachung von negativen Einkuumlnften aus der Beteiligung an Verlustzuweisungsgesellschaften und vergleichbaren Modellen vgl BMF-Schreiben vom 1371992 BStBl I S 404 und vom 2861994 BStBl I S 420

2 Fallen der Wohnort und der Betriebs- bzw Taumltigkeitsort auseinander und liegen diese Orte im Bereich verschiedener Finanzaumlmter sind die Einkuumlnfte des Steuerpflichtigen aus Land- und Forstwirtschaft Gewerbebetrieb oder freiberuflicher Taumltigkeit gesondert festzustellen (sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO)

21 Maszliggebend sind die Verhaumlltnisse zum Schluss des Gewinnermittlungszeitraums Spaumltere Aumlnderungen dieser Verhaumlltnisse sind unbeachtlich Bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr oder einem Rumpfwirtschaftsjahr sind die Verhaumlltnisse zum Schluss dieses Zeitraums maszliggebend

22 Einkuumlnfte aus freiberuflicher Taumltigkeit iSd sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO sind nur die Einkuumlnfte nach sect 18 Abs 1 Nr 1 EStG nicht die uumlbrigen Einkuumlnfte aus selbstaumlndiger Arbeit

23 Uumlbt ein Steuerpflichtiger seine freiberufliche Taumltigkeit in mehreren Gemeinden aus so ist fuumlr die dadurch erzielten Einkuumlnfte nur eine gesonderte Feststellung durchzufuumlhren (BFH-Urteil vom 1061999 IV R 6998 BStBl II S 691) Bei Einkuumlnften aus Land- und Forstwirtschaft oder aus Gewerbebetrieb gilt dies fuumlr den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder den Gewerbebetrieb entsprechend

24 Die oumlrtliche Zustaumlndigkeit fuumlr gesonderte Feststellungen iSd sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO richtet sich nach sect 18 AO Zur Zustaumlndigkeit wenn Wohnung und Betrieb in einer Gemeinde (Groszligstadt) mit mehreren Finanzaumlmtern liegen vgl AEAO zu sect 19 Nrn 2 und 3

3 Wegen der in sect 180 Abs 2 AO vorgesehenen Feststellungen wird auf die V zu sect 180 Abs 2 AO verwiesen Auf Feststellungen nach sect 180 Abs 1 AO findet die V zu sect 180 Abs 2 AO keine Anwendung Zur gesonderten Feststellung bei gleichen Sachverhalten nach der V zu sect 180 Abs 2 AO vgl BMF-Schreiben vom 252001 BStBl I S 256 Zum Verfahren bei der Geltendmachung von Vorsteuerbetraumlgen aus der Beteiligung an Gesamtobjekten vgl BMF-Schreiben vom 2441992 BStBl I S 291 Zur gesonderten Feststellung der Steuerpflicht von Zinsen aus einer Lebensversicherung nach sect 9 der V zu sect 180 Abs 2 AO vgl BMF-Schreiben vom 1672012 BStBl I S 686

4 Faumllle von geringer Bedeutung in denen eine gesonderte Feststellung entfaumlllt (sect 180 Abs 3 Nr 2 AO) sind beispielsweise bei Mieteinkuumlnften von zusammenveranlagten EheleutenLebenspartnern (BFH-Urteil vom 2011976 VIII R 25371 BStBl II S 305) und bei dem gemeinschaftlich erzielten Gewinn von Landwirts-Eheleuten-Lebenspartnern (BFH-Urteil vom 471985 IV R 13683 BStBl II S 576) gegeben wenn die Einkuumlnfte verhaumlltnismaumlszligig einfach zu ermitteln sind und die Aufteilung feststeht

Auch bei gesonderten Feststellungen nach sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b und Nr 3 AO kann in Faumlllen von geringer Bedeutung auf die Durchfuumlhrung eines gesonderten Gewinnfeststellungsverfahrens verzichtet werden (sect 180 Abs 3 Satz 1 Nr 2 AO) Ein Fall von geringer Bedeutung ist dabei insbesondere anzunehmen wenn dasselbe Finanzamt fuumlr die Einkommensteuer-Veranlagung zustaumlndig geworden ist (zB bei Verlegung des Wohnsitzes nach Ablauf des Feststellungszeitraumes in den Bezirk des Betriebsfinanzamtes)

5 Eine Feststellung ist auch zum Zweck der Ermittlung des anzuwendenden Steuersatzes im Falle eines bei der Steuerfestsetzung zu beachtenden Progressionsvorbehaltes und in den Faumlllen des sect 2a EStG vorzunehmen (sect 180 Abs 5 Nr 1 AO)

6 Soweit Einkuumlnfte oder andere Besteuerungsgrundlagen nach sect 180 Abs 1 Nr 2 AO oder nach der V zu sect 180 Abs 2 AO festzustellen sind sind auch damit in Zusammenhang stehende Steuerabzugsbetraumlge und Koumlrperschaftsteuer die auf die Steuer der Feststellungsbeteiligten anzurechnen sind gesondert festzustellen (sect 180 Abs 5 Nr 2 AO) Steuerbescheinigungen sind deshalb nur dem fuumlr die gesonderte Feststellung zustaumlndigen Finanzamt vorzulegen

7 Zur Bindungswirkung der Feststellung nach sect 180 Abs 5 Nr 2 AO und zur Korrektur der Folgebescheide vgl sect 182 Abs 1 Satz 2 AO

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AEAO zu sect 181 - Verfahrensvorschriften fuumlr die gesonderte Feststellung Feststellungsfrist Erklaumlrungspflicht

1 Eine gesonderte und einheitliche Feststellung ist nach sect 181 Abs 5 Satz 1 AO grundsaumltzlich auch dann vorzunehmen wenn bei einzelnen Feststellungsbeteiligten bereits die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (vgl BFH-Urteil vom 2781997 XI R 7296 BStBl II S 750) In diesem Fall ist im Feststellungsbescheid auf seine eingeschraumlnkte Wirkung hinzuweisen Der Hinweis soll dem fuumlr den Erlass des Folgebescheids zustaumlndigen Finanzamt und dem Steuerpflichtigen deutlich machen dass es sich um einen Feststellungsbescheid handelt der nach Ablauf der Feststellungsfrist ergangen und deshalb nur noch fuumlr solche Steuerfestsetzungen bedeutsam ist bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (vgl BFH-Urteil vom 1781989 IX R 7688 BStBl 1990 II S 411)

2 Die Anlaufhemmung der Feststellungsfrist fuumlr die gesonderte Feststellung von Einheitswerten nach sect 181 Abs 3 Satz 3 AO ist auch dann maszliggeblich wenn zugleich die Voraussetzungen der Anlaufhemmung nach sect 181 Abs 3 Satz 2 AO erfuumlllt sind

AEAO zu sect 182 - Wirkung der gesonderten Feststellung

1 Ein Feststellungsbescheid uumlber einen Einheitswert ist nur dann an den Rechtsnachfolger bekannt zu geben wenn die Rechtsnachfolge eintritt bevor der Bescheid dem Rechtsvorgaumlnger bekannt gegeben worden ist War der Bescheid bereits im Zeitpunkt der Rechtsnachfolge bekannt gegeben wirkt der Bescheid auch gegenuumlber dem Rechtsnachfolger (dingliche Wirkung sect 182 Abs 2 AO) Der Rechtsnachfolger kann ihn in diesem Fall nach sect 353 AO nur innerhalb der fuumlr den Rechtsvorgaumlnger maszliggebenden Einspruchsfrist anfechten

2 sect 182 Abs 2 AO gilt nicht fuumlr Gewerbesteuermessbescheide (sect 184 Abs 1 AO) wohl aber fuumlr Grundsteuermessbescheide

3 Eine Bindung des Haftungsschuldners an den Einheitswertbescheid ist nicht gegeben

4 Die wegen Rechtsnachfolge fehlerhafte Bezeichnung eines Beteiligten kann nach sect 182 Abs 3 AO durch einen besonderen Bescheid richtig gestellt werden (Richtigstellungsbescheid) Der Regelungsgehalt desurspruumlnglichen Bescheids bleibt im Uumlbrigen unberuumlhrt sect 182 Abs 3 AO gilt nicht fuumlr Feststellungen nach sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO (vgl BFH-Urteil vom 1251993 XI R 6692 BStBl 1994 II S 5)

AEAO zu sect 183 - Empfangsbevollmaumlchtigte bei der einheitlichen Feststellung

1 Richtet die Finanzbehoumlrde den Feststellungsbescheid an den gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten ist eine Begruumlndung des Bescheids nicht erforderlich soweit die Finanzbehoumlrde der Feststellungserklaumlrung gefolgt ist und der Empfangsbevollmaumlchtigte die Feststellungserklaumlrung selbst abgegeben oder an ihrer Erstellung mitgewirkt hat (sect 121 Abs 2 Nr 1 AO vgl AEAO zu sect 121 Nr 2)

2 In den Faumlllen der Einzelbekanntgabe nach sect 183 Abs 2 Satz 1 AO ist regelmaumlszligig davon auszugehen dass der betroffene Feststellungsbeteiligte an der Erstellung der Feststellungserklaumlrung nicht mitgewirkt hat Bei der Bekanntgabe des Feststellungsbescheids sind ihm deshalb die zum Verstaumlndnis des Bescheids erforderlichen Grundlagen der gesonderten Feststellung dh insbesondere die Wertermittlung und die Aufteilungsgrundlagen mitzuteilen (sect 121 Abs 1 AO)

3 Wegen der Bekanntgabe in Faumlllen des sect 183 AO vgl AEAO zu sect 122 Nrn 25 333 und 47 Zur Einspruchsbefugnis des gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten vgl AEAO zu sect 352

AEAO zu sect 184 - Festsetzung von Steuermessbetraumlgen

Gemeinden sind nicht befugt Steuermessbescheide anzufechten (vgl sect 40 Abs 3 FGO) eine Rechtsbehelfsbefugnis der Gemeinden besteht nur im Zerlegungsverfahren (sect 186 Nr 2 AO) Die Finanzaumlmter sollen aber die steuerberechtigten Gemeinden uumlber anhaumlngige Einspruchsverfahren gegen Realsteuermessbescheide von groumlszligerer Bedeutung unterrichten

AEAO zu sect 188 - Zerlegungsbescheid

Dem Steuerpflichtigen ist der vollstaumlndige Zerlegungsbescheid bekannt zu geben waumlhrend die einzelnen beteiligten Gemeinden nur einen kurzgefassten Bescheid mit den sie betreffenden Daten erhalten muumlssen

AEAO zu sect 191 - Haftungsbescheide Duldungsbescheide

1 Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen fuumlr den Erlass eines Haftungs- oder Duldungsbescheids ergeben sich aus den sectsect 69 bis 77 AO den Einzelsteuergesetzen oder den zivilrechtlichen Vorschriften (zB sectsect 25 128 HGB) sectsect 93 227 Abs 2 InsO schlieszligen eine Haftungsinanspruchnahme nach sectsect 69 ff AO nicht aus (BFH-Urteil vom 2112001 VII B 15501 BStBl 2002 II S 73) Der Gesellschafter einer Auszligen-GbR haftet fuumlr Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis hinsichtlich deren die GbR Schuldnerin ist in entsprechender Anwendung des sect 128 HGB (vgl BGH-Urteil vom 2912001 II ZR 33100 NJW S 1056) dies gilt auch fuumlr Anspruumlche die bei seinem Eintritt in die GbR bereits bestanden (entsprechende Anwendung des sect 130 HGB BGH-Urteil vom 742003 II ZR 5602 NJW S 1803)

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Nach Ausscheiden haftet der Gesellschafter fuumlr die Altschulden in analoger Anwendung des sect 160 HGB Bei Aufloumlsung der Gesellschaft ist sect 159 HGB entsprechend anzuwenden (vgl sect 736 Abs 2 BGB BFH-Urteil vom 2681997 VII R 6397 BStBl II S 745) Fuumlr Gesellschafter aller Formen der Auszligen-GbR die vor dem 172003 in die Gesellschaft eingetreten sind kommt aus Gruumlnden des allgemeinen Vertrauensschutzes eine Haftung nur fuumlr solche Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis in Betracht die nach ihrem Eintritt in die Gesellschaft entstanden sind Zum Erlass von Haftungsbescheiden in Spaltungsfaumlllen vgl AEAO zu sect 122 Nr 215

2 Die Befugnis zum Erlass eines Haftungs- oder Duldungsbescheids besteht auch soweit die Haftung und Duldung sich auf steuerliche Nebenleistungen erstreckt

3 Auf den (erstmaligen) Erlass eines Haftungsbescheids sind die Vorschriften uumlber die Festsetzungsfrist (sectsect 169 bis 171 AO) entsprechend anzuwenden Eine Korrektur zugunsten des Haftungsschuldners kann dagegen auch noch nach Ablauf der Festsetzungsfrist erfolgen (BFH-Urteil vom 1281997 VII R 10796 BStBl 1998 II S 131)

4 Fuumlr die Korrektur von Haftungsbescheiden gelten nicht die fuumlr Steuerbescheide maszliggeblichen Korrekturvorschriften (sectsect 172 ff AO) sondern die allgemeinen Vorschriften uumlber die Berichtigung die Ruumlcknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten (sectsect 129 bis 131 AO) Die Rechtmaumlszligigkeit des Haftungsbescheids richtet sich nach den Verhaumlltnissen im Zeitpunkt seines Erlasses bzw der entsprechenden Einspruchsentscheidung Anders als bei der Aumlnderung der Steuerfestsetzung (BFH-Urteil vom 1281997 VII R 10796 BStBl 1998 II S 131) beruumlhren Minderungen der dem Haftungsbescheid zugrunde liegenden Steuerschuld durch Zahlungen des Steuerschuldners nach Ergehen einer Einspruchsentscheidung die Rechtmaumlszligigkeit des Haftungsbescheids nicht Ein rechtmaumlszligiger Haftungsbescheid ist aber zugunsten des Haftungsschuldners zu widerrufen soweit die ihm zugrunde liegende Steuerschuld spaumlter gemindert worden ist

5 Von der Korrektur eines Haftungsbescheids ist der Erlass eines ergaumlnzenden Haftungsbescheids zu unterscheiden

51 Fuumlr die Zulaumlssigkeit eines neben einem bereits bestehenden Haftungsbescheid gegenuumlber einem bestimmten Haftungsschuldner tretenden weiteren Haftungsbescheids ist grundsaumltzlich entscheidend ob dieser den gleichen Gegenstand regelt wie der bereits ergangene Haftungsbescheid oder ob die Haftungsinanspruchnahme fuumlr verschiedene Sachverhalte oder zu verschiedenen Zeiten entstandene Haftungstatbestaumlnde erfolgen soll

Stets zulaumlssig ist es wegen eines eigenstaumlndigen Steueranspruchs (betreffend einen anderen Besteuerungszeitraum oder eine andere Steuerart) einen weiteren Haftungsbescheid zu erlassen selbst wenn der Steueranspruch bereits im Zeitpunkt der ersten Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid entstanden war

52 Die bdquoSperrwirkungldquo eines bestandskraumlftigen Haftungsbescheids gegenuumlber einer erneuten Inanspruchnahme des Haftungsschuldners besteht nur soweit es um ein und denselben Sachverhalt geht sie ist in diesem Sinne nicht zeitraum- sondern sachverhaltsbezogen (BFH-Beschluss vom 742005 I B 14004 BStBl 2006 II S 530) Der Erlass eines ergaumlnzenden Haftungsbescheids fuumlr denselben Sachverhalt ist unzulaumlssig wenn die zu niedrige Inanspruchnahme auf einer rechtsirrtuumlmlichen Beurteilung des Sachverhalts oder auf einer fehlerhaften Ermessensentscheidung beruhte (vgl BFH-Urteil vom 2552004 VII R 2902 BStBl 2005 II S 3)

Der Erlass eines ergaumlnzenden Haftungsbescheids ist aber zulaumlssig wenn die Erhoumlhung der Steuerschuld auf neuen Tatsachen beruht die das Finanzamt mangels Kenntnis im ersten Haftungsbescheid nicht beruumlcksichtigen konnte (BFH-Urteil vom 1522011 VII R 6610 BStBl II S 534)

6 Fuumlr Duldungsbescheide gelten die Nrn 3 bis 5 entsprechend Die Inanspruchnahme des Duldungspflichtigen wird durch sect 191 Abs 3 AO zeitlich weder begrenzt noch ausgedehnt

7 Zur Zahlungsaufforderung bei Haftungsbescheiden vgl AEAO zu sect 219

8 In den Faumlllen des sect 191 Abs 2 AO soll die Frist fuumlr die Abgabe einer Stellungnahme der zustaumlndigen Berufskammer im Allgemeinen zwei Monate betragen Die Stellungnahme kann in dringenden Faumlllen auch fernmuumlndlich eingeholt werden Eine versehentlich unterlassene Anhoumlrung kann nachgeholt werden Wird innerhalb der von der Finanzbehoumlrde zu setzenden Frist keine Stellungnahme abgegeben kann gleichwohl ein Haftungsbescheid ergehen

9 Ein erstmaliger Haftungsbescheid kann wegen Akzessorietaumlt der Haftungsschuld zur Steuerschuld grundsaumltzlich nicht mehr ergehen wenn der zugrunde liegende Steueranspruch wegen Festsetzungsverjaumlhrung gegenuumlber dem Steuerschuldner nicht mehr festgesetzt werden darf oder wenn der gegenuumlber dem Steuerschuldner festgesetzte Steueranspruch durch Zahlungsverjaumlhrung oder Erlass erloschen ist (sect 191 Abs 5 Satz 1 AO) Maszliggeblich ist dabei der Steueranspruch auf den sich die Haftung konkret bezieht Daher ist bei der Haftung eines Arbeitgebers fuumlr zu Unrecht nicht angemeldete und abgefuumlhrte Lohnsteuer (sect 42d EStG) auf die vom Arbeitnehmer nach sect 38 Abs 2 EStG geschuldete Lohnsteuer und nicht auf die Einkommensteuer des Arbeitnehmers (sect 25 EStG) abzustellen Dabei ist fuumlr die Berechnung der die Lohnsteuer betreffenden Festsetzungsfrist die Lohnsteuer-Anmeldung des Arbeitgebers und nicht die Einkommensteuererklaumlrung der betroffenen Arbeitnehmer maszliggebend (vgl

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BFH-Urteil vom 632008 VI R 505 BStBl II S 597) Bei der Berechnung der fuumlr die Lohnsteuer maszliggebenden Festsetzungsfrist sind Anlauf- und Ablaufhemmungen nach sectsect 170 171 AO zu beruumlcksichtigen soweit sie gegenuumlber dem Arbeitgeber wirken Zum Ablauf der Festsetzungsfrist beim Steuerschuldner beachte sect 171 Abs 15 AO

AEAO zu sect 192 - Vertragliche Haftung

Aufgrund vertraglicher Haftung (vgl AEAO zu sect 48) ist eine Inanspruchnahme durch Haftungsbescheid nicht zulaumlssig Eine Verpflichtung zur Inanspruchnahme des vertraglich Haftenden besteht nicht das Finanzamt entscheidet nach Ermessen

AEAO zu sect 193 - Zulaumlssigkeit einer Auszligenpruumlfung

1 Eine Auszligenpruumlfung ist unabhaumlngig davon zulaumlssig ob eine Steuer bereits festgesetzt ob der Steuerbescheid endguumlltig vorlaumlufig oder unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung ergangen ist (BFH-Urteil vom 2831985 IV R 22483 BStBl II S 700) Eine Auszligenpruumlfung nach sect 193 AO kann zur Ermittlung der Steuerschuld sowohl dem Grunde als auch der Houmlhe nach durchgefuumlhrt werden Der gesamte fuumlr die Entstehung und Ausgestaltung eines Steueranspruchs erhebliche Sachverhalt kann Pruumlfungsgegenstand sein (BFH-Urteil vom 11121991 I R 6690 BStBl 1992 II S 595) Dies gilt auch wenn der Steueranspruch moumlglicherweise verjaumlhrt ist oder aus anderen Gruumlnden nicht mehr durchgesetzt werden kann (BFH-Urteil vom 2371985 VIII R 4885 BStBl 1986 II S 433)

2 Die Voraussetzungen fuumlr eine Auszligenpruumlfung sind auch gegeben soweit ausschlieszliglich festgestellt werden soll ob und inwieweit Steuerbetraumlge hinterzogen oder leichtfertig verkuumlrzt worden sind Eine sich insoweit gegenseitig ausschlieszligende Zustaumlndigkeit von Auszligenpruumlfung und Steuerfahndung besteht nicht (BFH-Urteile vom 4111987 II R 10285 BStBl 1988 II S 113 vom 1992001 XI B 601 BStBl 2002 II S 4 und vom 4102006 VIII R 5304 BStBl 2007 II S 227) Die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens hindert nicht weitere Ermittlungen durch die Auszligenpruumlfung unter Erweiterung des Pruumlfungszeitraums Dies gilt auch dann wenn der Steuerpflichtige erklaumlrt von seinem Recht auf Verweigerung der Mitwirkung Gebrauch zu machen (BFH-Urteil vom 1981998 XI R 3797 BStBl 1999 II S 7) Sollte die Belehrung gem sect 393 Abs 1 AO unterblieben sein fuumlhrt dies nicht zu einem steuerlichen Verwertungsverbot (BFH-Urteil vom 2312002 XI R 10 1101 BStBl II S 328)

3 Eine Auszligenpruumlfung ausschlieszliglich zur Erledigung eines zwischenstaatlichen Amtshilfeersuchens (sect 117 AO) durch Auskunftsaustausch in Steuersachen ist nicht zulaumlssig Zur Erledigung eines solchen Amtshilfeersuchens kann eine Auszligenpruumlfung unter den Voraussetzungen des sect 193 AO nur bei einem am auslaumlndischen Besteuerungsverfahren Beteiligten durchgefuumlhrt werden (zB der Wohnsitzstaat ersucht um Pruumlfung der deutschen Betriebsstaumltte eines auslaumlndischen Steuerpflichtigen)

4 Eine Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO ist zulaumlssig zur Klaumlrung der Frage ob der Steuerpflichtige tatsaumlchlich einen Gewerbebetrieb unterhaumllt wenn konkrete Anhaltspunkte fuumlr eine Steuerpflicht bestehen dh es darf nicht ausgeschlossen sein dass eine gewerbliche Taumltigkeit vorliegt (BFH-Urteile vom 23101990 VIII R 4588 BStBl 1991 II S 278 und vom 1181994 IV R 12691 BStBl II S 936) Eine Auszligenpruumlfung ist solange zulaumlssig als noch Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis bestehen (zB handelsrechtlich voll beendigte KG BFH-Urteil vom 1101992 IV R 6091 BStBl 1993 II S 82 voll beendigte GbR BFH-Urteil vom 131994 VIII R 3592 BStBl 1995 II S 241) Zur Begruumlndung der Anordnung einer Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO genuumlgt der Hinweis auf diese Rechtsgrundlage Eine Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO ist bei Steuerpflichtigen iSd sect 147a AO fuumlr das Jahr in dem die in sect 147a Satz 1 AO bestimmte Grenze von 500000 euro uumlberschritten ist und fuumlr die fuumlnf darauf folgenden Jahre der Aufbewahrungspflicht zulaumlssig Hat nur ein Ehegatte die Grenze von 500000 euro uumlberschritten ist nur bei diesem eine Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO zulaumlssig Beim anderen Ehegatten kann ggf eine Auszligenpruumlfung auf sect 193 Abs 2 Nr 2 AO gestuumltzt werden

5 sect 193 Abs 2 Nr 1 AO enthaumllt die Rechtsgrundlage fuumlr die Pruumlfung der Lohnsteuer bei Steuerpflichtigen die nicht unter sect 193 Abs 1 AO fallen (zB Pruumlfung der Lohnsteuer bei Privatpersonen die Arbeitnehmer beschaumlftigt haben)

Eine Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 2 Nr 2 AO ist bereits dann zulaumlssig wenn Anhaltspunkte vorliegen die es nach den Erfahrungen der Finanzverwaltung als moumlglich erscheinen lassen dass ein Besteuerungstatbestand erfuumlllt ist (BFH-Urteil vom 17111992 VIII R 2589 BStBl 1993 II S 146) sect 193 Abs 2 Nr 2 AO kann insbesondere bei Steuerpflichtigen mit umfangreichen und vielgestaltigenUumlberschusseinkuumlnften zur Anwendung kommen (sofern nicht bereits ein Fall des sect 193 Abs 1 AO vorliegt) Sofern keine konkreten Anhaltspunkte fuumlr einen wirtschaftlichen Geschaumlftsbetrieb oder Zweckbetrieb vorliegen faumlllt unter sect 193 Abs 2 Nr 2 AO auch die Pruumlfung einer gemeinnuumltzigen Koumlrperschaft zum Zwecke der Anerkennung Versagung oder Entziehung der Gemeinnuumltzigkeit Eine auf sect 193 Abs 2 Nr 2 AO gestuumltzte Pruumlfungsanordnung muss besonders begruumlndet werden Die Begruumlndung muss ergeben dass die gewuumlnschte Aufklaumlrung durch Einzelermittlung an Amtsstelle nicht erreicht werden kann (BFH-Urteil vom 7111985 IV R 685 BStBl 1986 II S 435 und vom 9111994 XI R 1694 BFHNV 1995 S 578)

6 Von der Auszligenpruumlfung zu unterscheiden sind Einzelermittlungen eines Auszligenpruumlfers nach sect 88 AO auch wenn sie am Ort des Betriebs durchgefuumlhrt werden In diesen Faumlllen hat er deutlich zu machen

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dass verlangte Auskuumlnfte oder sonstige Maszlignahmen nicht im Zusammenhang mit der Auszligenpruumlfung stehen (BFH-Urteile vom 541984 IV R 24483 BStBl II S 790 vom 221994 I R 5793 BStBl II S 377 und vom 25111997 VIII R 494 BStBl 1998 II S 461) Zur betriebsnahen Veranlagung vgl AEAO zu sect 85 Nr 2 und 3 Eine Umsatzsteuer-Nachschau gem sect 27b UStG stellt keine Auszligenpruumlfung iSd sect 193 AO dar Zum Uumlbergang von einer Umsatzsteuer-Nachschau zu einer Auszligenpruumlfung siehe Abschnitt 27b1 Abs 9 UStAE

AEAO zu sect 194 - Sachlicher Umfang einer Auszligenpruumlfung

1 Im Rahmen einer Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO koumlnnen ohne dass die Voraussetzungen des sect 193 Abs 2 Nr 2 AO vorliegen muumlssen auch Besteuerungsmerkmale uumlberpruumlft werden die mit den betrieblichen Verhaumlltnissen des Steuerpflichtigen in keinem Zusammenhang stehen (BFH-Urteil vom 28111985 IV R 32384 BStBl 1986 II S 437)

2 sect 194 Abs 1 Satz 3 AO erlaubt die Pruumlfung der Verhaumlltnisse der Gesellschafter ohne gesonderte Pruumlfungsanordnung nur insoweit als sie mit der Personengesellschaft zusammenhaumlngen und fuumlr die Feststellungsbescheide von Bedeutung sind Die Einbeziehung der steuerlichen Verhaumlltnisse der in sect 194 Abs 2 AO bezeichneten Personen in die Auszligenpruumlfung bei einer Gesellschaft setzt die Zulaumlssigkeit (sect 193 AO) und eine eigene Pruumlfungsanordnung (sect 196 AO) voraus (BFH-Urteil vom 16121986 VIII R 12386 BStBl 1987 II S 248)

3 Eine Auszligenpruumlfung kann zur Erledigung eines zwischenstaatlichen Rechts- und Amtshilfeersuchens (sect 117 AO) unter den Voraussetzungen des sect 193 AO nur bei einem in einem auslaumlndischen Besteuerungsverfahren Steuerpflichtigen nicht aber zur Feststellung der steuerlichen Verhaumlltnisse bei einer anderen Person durchgefuumlhrt werden (zB zur Erledigung eines Ersuchens um Pruumlfung einer im Bundesgebiet belegenen Firma die im ersuchenden Staat als Zollbeteiligte auftritt oder einer deutschen Betriebsstaumltte eines auslaumlndischen Steuerpflichtigen) Ermittlungen sind iVm einer Auszligenpruumlfung moumlglich die aus anderen Gruumlnden durchgefuumlhrt wird

4 Soll der Pruumlfungszeitraum in den Faumlllen des sect 4 Abs 3 BpO mehr als drei zusammenhaumlngende Besteuerungszeitraumlume umfassen oder nachtraumlglich erweitert werden muss die Begruumlndung der Pruumlfungsanordnung die vom Finanzamt angestellten Ermessenserwaumlgungen erkennen lassen (BFH-Urteil vom 421988 V R 5783 BStBl II S 413) Der Pruumlfungszeitraum darf zur Uumlberpruumlfung vortragsfaumlhiger Verluste auch dann auf die Verlustentstehungsjahre ausgedehnt werden wenn der aus diesen Zeitraumlumen verbleibende Verlustabzug gem sect 10d Abs 3 EStG (heute Abs 4) festgestellt worden ist (BFH-Beschluss vom 541995 I B 12694 BStBl II S 496) Bei einer Betriebsaufgabe schlieszligt der Pruumlfungszeitraum mit dem Jahr der Betriebseinstellung ab (BFH-Urteil vom 2481989 IV R 6588 BStBl 1990 II S 2) Bei einer Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 2 Nr 2 AO ist sect 4 Abs 3 BpO nicht anwendbar Fuumlr jeden Besteuerungszeitraum der in die Auszligenpruumlfung einbezogen werden soll muumlssen die besonderen Voraussetzungen des sect 193 Abs 2 Nr 2 AO vorliegen (BFH-Urteil vom 18101994 IX R 12892 BStBl 1995 II S 291)

5 Eine Auszligenpruumlfung darf nicht allein zu dem Zwecke durchgefuumlhrt werden die steuerlichen Verhaumlltnisse dritter Personen zu erforschen (BFH-Urteil vom 1821997 VIII R 3395 BStBl II S 499)

6 sect 30a Abs 3 AO hindert nicht die Fertigung und Auswertung von Kontrollmitteilungen anlaumlsslich einer Auszligenpruumlfung bei Kreditinstituten wenn hierfuumlr ein hinreichend begruumlndeter Anlass besteht Dieser ist gegeben wenn der Auszligenpruumlfer infolge Vorliegens konkreter Umstaumlnde oder einer aufgrund allgemeiner Erfahrungen getroffenen Prognoseentscheidung im Wege vorweggenommener Beweiswuumlrdigung zum Ergebnis kommt dass Kontrollmitteilungen zur Aufdeckung steuererheblicher Tatsachen fuumlhren koumlnnten (BFH-Urteile vom 1821997 VIII R 3395 BStBl II S 499 und vom 15121998 VIII R 698 BStBl 1999 II S 138) oder wenn das zu pruumlfende Bankgeschaumlft Auffaumllligkeiten aufweist die es aus dem Kreis der alltaumlglichen und bankuumlblichen Geschaumlfte hervorheben oder eine fuumlr Steuerhinterziehung besonders anfaumlllige Art der Geschaumlftsabwicklung erkennen lassen wenn also eine erhoumlhte Wahrscheinlichkeit der Entdeckung unbekannter Steuerfaumllle besteht (BFH-Urteil vom 9122008 VII R 4707 BStBl 2009 II S 509) Vgl AEAO zu sect 30a Nr 1 Die Finanzverwaltung darf saumlmtliche nicht legitimationsgepruumlften Konten pruumlfen selbst wenn diese Kenntnisse uumlber nicht anonymisierte Gegenbuchungen zu Geschaumlftsvorfaumlllen auf legitimationsgepruumlften Kundenkonten iS des sect 154 Abs 2 AO vermitteln (BFH-Beschluumlsse vom 2792010 II B 16409 BFHNV 2011 S 193 und vom 442005 VII B 30504 BFHNV S 1226)

7 Die Finanzbehoumlrden koumlnnen Kontrollmitteilungen ins Ausland insbesondere dann versenden wenn dies ohne besonderen Aufwand moumlglich ist und houmlhere Interessen des Steuerpflichtigen nicht beruumlhrt werden (BFH-Beschluss vom 821995 I B 9294 BStBl II S 358) Zu Auskuumlnften der Finanzbehoumlrden an auslaumlndische Staaten ohne Ersuchen (Spontanauskuumlnfte) wird auf Tz 4 des Merkblatts uumlber die zwischenstaatliche Amtshilfe durch Auskunftsaustausch in Steuersachen (BMF-Schreiben vom 2552012 BStBl I S 599) hingewiesen Zu Amtshilfeersuchen auslaumlndischer Staaten vgl AEAO zu sect 193 Nr 3

8 Wird beabsichtigt im Rahmen der Auszligenpruumlfung eines Berufsgeheimnistraumlgers Kontrollmitteilungen (sect 194 Abs 3 AO) zu fertigen ist der Steuerpflichtige hieruumlber rechtzeitig vorher zu informieren (BFH-Urteil vom 842008 VIII R 6106 BStBl 2009 II S 579)

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AEAO zu sect 195 - Zustaumlndigkeit

Bei Beauftragung nach sect 195 Satz 2 AO kann die beauftragende Finanzbehoumlrde die Pruumlfungsanordnung selbst erlassen oder eine andere Finanzbehoumlrde zum Erlass der Pruumlfungsanordnung ermaumlchtigen Mit der Ermaumlchtigung bestimmt die beauftragende Finanzbehoumlrde den sachlichen Umfang (sect 194 Abs 1 AO) der Auszligenpruumlfung insbesondere sind die zu pruumlfenden Steuerarten und der Pruumlfungszeitraum anzugeben Aus der Pruumlfungsanordnung muumlssen sich die Gruumlnde fuumlr die Beauftragung ergeben (BFH-Urteile vom 10121987 IV R 7786 BStBl 1988 II S 322 und vom 2141993 X R 11291 BStBl II S 649) Zur Erteilung einer verbindlichenZusage im Anschluss an eine Auftragspruumlfung vgl AEAO zu sect 204 Nr 2 Aumlndert sich die Zustaumlndigkeit nach Bekanntgabe der Pruumlfungsanordnung ist die Auszligenpruumlfung auf der Grundlage der bereits ergangenen Pruumlfungsanordnung vom neu zustaumlndigen Finanzamt fortzufuumlhren Die Pruumlfungsanordnung ist nicht aufzuheben sondern durch Benennung des Namens des neuen Betriebspruumlfers zu ergaumlnzen Unter den Voraussetzungen des sect 26 AO kann die Auszligenpruumlfung von dem bisher zustaumlndigen Finanzamt fortgefuumlhrt werden Die nach sect 195 Satz 2 AO beauftragte Behoumlrde hat uumlber den Einspruch gegen eine von ihr erlassene Pruumlfungsanordnung zu entscheiden (BFH-Urteil vom 18112008 VIII R 1607 BStBl 2009 II S 507)

AEAO zu sect 196 - Pruumlfungsanordnung

1 Zur Begruumlndung einer Anordnung einer Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO genuumlgt der Hinweis auf diese Rechtsgrundlage Die Pruumlfungsanordnung (sect 5 Abs 2 Satz 1 BpO) die Festlegung des Pruumlfungsbeginns (BFH-Urteil vom 18121986 I R 4983 BStBl 1987 II S 408) und des Pruumlfungsorts (BFH-Urteil vom 2421989 III R 3688 BStBl II S 445) sind selbstaumlndig anfechtbare Verwaltungsakte iSd sect 118 AO (BFH-Urteil vom 2511989 X R 15887 BStBl II S 483) Gegen die Bestimmung des Betriebspruumlfers ist grundsaumltzlich kein Rechtsbehelf gegeben (BFH-Beschluss vom 1552009 IV B 309 BFHNV S 1401) Daruumlber hinaus koumlnnen mit der Pruumlfungsanordnung weitere nicht selbstaumlndig anfechtbare pruumlfungsleitende Bestimmungen (sect 5 Abs 3 BpO) verbunden werden Ein Einspruch gegen die Pruumlfungsanordnung hat keine aufschiebende Wirkung (sect 361 Abs 1 Satz 1 AO) vorlaumlufiger Rechtsschutz kann erst durch Aussetzung der Vollziehung nach sect 361 AO sect 69 FGO gewaumlhrt werden(BFH-Beschluss vom 1791974 VII B 12273 BStBl 1975 II S 197) Uumlber Antraumlge auf Aussetzung der Vollziehung ist unverzuumlglich zu entscheiden Nr 3 des AEAO zu sect 361 gilt sinngemaumlszlig

2 Rechtswidrig erlangte Auszligenpruumlfungsergebnisse duumlrfen nur dann nicht verwertet werden wenn der Steuerpflichtige erfolgreich gegen die Pruumlfungsanordnung der betreffenden Pruumlfungsmaszlignahme vorgegangen ist (BFH-Urteil vom 2771983 I R 21079 BStBl 1984 II S 285) Wenn die Pruumlfungsfeststellungen bereits Eingang in Steuerbescheide gefunden haben muss der Steuerpflichtige auch diese Bescheide anfechten um ein steuerliches Verwertungsverbot zu erlangen (BFH-Urteil vom 16121986 VIII R 12386 BStBl 1987 II S 248) Feststellungen deren Anordnung rechtskraumlftig fuumlr rechtswidrig erklaumlrt wurden unterliegen einem Verwertungsverbot (BFH-Urteil vom 1481985 I R 18882 BStBl 1986 II S 2) Dies gilt nicht wenn die bei der Pruumlfung ermittelten Tatsachen bei einer erstmaligen oder einer unter dem Vorbehalt der Nachpruumlfung stehenden Steuerfestsetzung verwertet wurden und lediglich formelle Rechtsfehler vorliegen (BFH-Urteile vom 1051991 V R 5190 BStBl II S 825 und vom 25111997 VIII R 494 BStBl 1998 II S 461)

3 Ist eine Pruumlfungsanordnung aus formellen Gruumlnden durch das Gericht oder die Finanzbehoumlrde aufgehoben oder fuumlr nichtig erklaumlrt worden so kann eine erneute Pruumlfungsanordnung (Wiederholungspruumlfung) unter Vermeidung des Verfahrensfehlers erlassen werden (BFH-Urteile vom 20101988 IV R 10486 BStBl 1989 II S 180 und vom 2481989 IV R 6588 BStBl 1990 II S 2) Fuumlr die Durchfuumlhrung der Wiederholungspruumlfung ist es regelmaumlszligig geboten einen anderen Pruumlfer mit der Pruumlfung zu beauftragen der in eigener Verantwortung bei Durchfuumlhrung der Pruumlfung ein selbstaumlndiges Urteil uumlber die Erfuumlllung der steuerlichen Pflichten durch den Steuerpflichtigen gewinnt (BFH-Urteil vom 20101988 IV R 10486 BStBl 1989 II S 180)

4 Die Anordnung einer Auszligenpruumlfung fuumlr einen bereits gepruumlften Zeitraum (Zweitpruumlfung) ist grundsaumltzlich zulaumlssig (BFH-Urteil vom 2411989 VII R 3586 BStBl II S 440)

5 Der Umfang der Ablaufhemmung nach sect 171 Abs 4 AO und der Sperrwirkung nach sect 173 Abs 2 AO bestimmt sich nach dem in der Pruumlfungsanordnung festgelegten Pruumlfungsumfang (BFH-Urteile vom 1871991 V R 5487 BStBl II S 824 und vom 2511996 V R 4295 BStBl II S 338) Es bedarf keiner neuen Pruumlfungsanordnung wenn die Pruumlfung unmittelbar nach Beginn fuumlr mehr als sechs Monate unterbrochen und vor Ablauf der Festsetzungsfrist zuumlgig beendet wird (BFH-Urteil vom 1322003 IV R 3101 BStBl II S 552)

6 Nehmen Auszligenpruumlfer an steuerstraf- oder buszliggeldrechtlichen Ermittlungen der Steuerfahndung teil ist insoweit keine Pruumlfungsanordnung nach sect 196 AO zu erlassen (vgl Nr 125 AStBV (St))

AEAO zu sect 197 - Bekanntgabe der Pruumlfungsanordnung

Inhaltsuumlbersicht

1 Allgemeines

2 Bekanntgabe von Pruumlfungsanordnungen

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3 Bekanntgabe von Pruumlfungsanordnungen an Ehegatten

4 Bekanntgabe an gesetzliche Vertreter natuumlrlicher Personen

5 Personengesellschaften (Gemeinschaften)

6 Juristische Personen

7 Insolvenzfaumllle

8 Gesamtrechtsnachfolge in Erbfaumlllen

9 Umwandlungen

1 Allgemeines

Nach Nr 114 des AEAO zu sect 122 gelten die Grundsaumltze uumlber die Bekanntgabe von Steuerbescheiden fuumlr Pruumlfungsanordnungen entsprechend soweit nicht nachfolgend abweichende Regelungen getroffen sind

2 Bekanntgabe von Pruumlfungsanordnungen

Beim Erlass einer Pruumlfungsanordnung sind festzulegen

- An wen sie sich richtet (Nr 21 des AEAO zu sect 197 - Inhaltsadressat)

- wem sie bekannt gegeben werden soll (Nr 22 des AEAO zu sect 197 - Bekanntgabeadressat)

- welcher Person sie zu uumlbermitteln ist (Nr 23 des AEAO zu sect 197 - Empfaumlnger)

21 InhaltsadressatPruumlfungssubjekt

Das ist derjenige an den sich die Pruumlfungsanordnung richtet und dem aufgegeben wird die Auszligenpruumlfung in dem in der Anordnung naumlher beschriebenen Umfang zu dulden und bei ihr mitzuwirken bdquoPruumlfung beildquo

22 Bekanntgabeadressat

Das ist die PersonPersonengruppe der die Pruumlfungsanordnung bekannt zu geben ist Der Bekanntgabeadressat ist regelmaumlszligig mit dem Pruumlfungssubjekt identisch soweit die Bekanntgabe an das Pruumlfungssubjekt nicht moumlglich oder nicht zulaumlssig ist kommen Dritte als Bekanntgabeadressaten in Betracht (zB Eltern eines minderjaumlhrigen Kindes Geschaumlftsfuumlhrer einer nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigung Liquidator)

In allen Faumlllen in denen der Bekanntgabeadressat nicht personenidentisch ist mit dem Pruumlfungssubjekt ist ein erlaumluternder Zusatz in die Pruumlfungsanordnung aufzunehmen aus dem der Grund fuumlr die Anordnung beim Bekanntgabeadressaten erkennbar wird

Beispiel

Die Pruumlfungsordnung ergeht an Sie als

bdquoAlleinerbin und Gesamtrechtsnachfolgerin nach Ihrem verstorbenen Ehemannldquo (bei Erbfall vgl AEAO zu sect 197 Nr 8)

bdquoNachfolgerin der Fritz KGldquo (bei gesellschaftsrechtlicher Umwandlung vgl AEAO zu sect 197 Nr 9)

23 Empfaumlnger

Das ist derjenige dem die Pruumlfungsanordnung tatsaumlchlich zugehen soll damit sie durch Bekanntgabe wirksam wird IdR ist dies der Bekanntgabeadressat Es kann jedoch auch eine andere Person sein (vgl AEAO zu sect 122 Nrn 152 und 17) Der Empfaumlnger ist im Anschriftenfeld der Pruumlfungsanordnung mit seinem Namen und der postalischen Anschrift zu bezeichnen Ist der Empfaumlnger nicht identisch mit dem Pruumlfungssubjekt muss in einem ergaumlnzenden Zusatz im Text der Pruumlfungsanordnung darauf hingewiesen werden bdquobei wemldquo die Pruumlfung stattfinden soll (dh namentliche Benennung des Pruumlfungssubjekts)

24 Uumlbermittlung an Bevollmaumlchtigte (sectsect 80 Abs 1 122 Abs 1 Satz 3 AO)

Zur Bekanntgabe an einen Bevollmaumlchtigten vgl AEAO zu sect 122 Nr 17

Beispiel

Anschrift

Herrn Steuerberater Klaus Schulz

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihrem Mandanten Anton Huber eine Pruumlfung durchgefuumlhrt wirdldquo

3 Bekanntgabe von Pruumlfungsanordnungen an Ehegatten

160

Pruumlfungsanordnungen gegen beide Ehegatten koumlnnen ggf in einer Verfuumlgung zusammengefasst werden Auf die Regelung des AEAO zu sect 122 Nr 21 wird verwiesen In einem Zusatz muss dann jedoch erlaumlutert werden fuumlr welche Steuerarten bei welchem Pruumlfungssubjekt die Auszligenpruumlfung vorgesehen ist

Aus Gruumlnden der Klarheit und Uumlbersichtlichkeit sollten getrennte Pruumlfungsanordnungen an Ehegatten bevorzugt werden Generell muumlssen die Pruumlfungen getrennt angeordnet werden wenn beide Ehegatten unternehmerisch (jedoch nicht gemeinschaftlich) taumltig sind

4 Bekanntgabe an gesetzliche Vertreter natuumlrlicher Personen

Vgl AEAO zu sect 122 Nr 22

Beispiel

Anschrift

Herrn Steuerberater Klaus Schulz

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihrem Mandanten Benjamin Muumlller ldquo

Zusatz

bdquo ergeht an Sie fuumlr Frau Felicitas Muumlller und Herrn Felix Muumlller ggf Anschrift als gesetzliche Vertreter ihres minderjaumlhrigen Sohnes Benjamin Muumlller ggf Anschriftldquo

5 Personengesellschaften (Gemeinschaften)

Bei Pruumlfungsanordnungen an Personengesellschaften und Gemeinschaften sind Unterscheidungen nach der Rechtsform nach der zu pruumlfenden Steuerart und ggf nach der Einkunftsart vorzunehmen Wegen der Unterscheidung zwischen Personenhandelsgesellschaften und sonstigen nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigungen wird auf Nr 2412 des AEAO zu sect 122 verwiesen

51 Personenhandelsgesellschaften

Vgl AEAO zu sect 122 Nr 2411 Dies gilt auch fuumlr die Bekanntgabe von Pruumlfungsanordnungen an Personenhandelsgesellschaften bei gesonderter und einheitlicher Feststellung der Einkuumlnfte aus Gewerbebetrieb Es ist nicht erforderlich der Pruumlfungsanordnung eine Anlage beizufuumlgen in der die Feststellungsbeteiligten aufgefuumlhrt sind

52 Sonstige nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigungen

Als Steuerpflichtige iSd sect 193 Abs 1 AO bei der eine Auszligenpruumlfung zulaumlssig ist kommt auch eine nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung in Betracht (BFH-Urteil vom 16111989 IV R 2989 BStBl 1990 II S 272)

Die Personenvereinigung hat idR formal keinen eigenen Namen und muss als Pruumlfungssubjekt durch die Angabe aller Gesellschafter charakterisiert werden Ist die Bezeichnung der Gesellschafter durch die Aufzaumlhlung aller Namen im Vordrucktext der Anordnung aus technischen Gruumlnden nicht moumlglich koumlnnen neben einer Kurzbezeichnung im Text der Pruumlfungsanordnung in einer Anlage die einzelnen Gesellschafter (ggf mit Anschrift) aufgefuumlhrt werden

Die Pruumlfungsanordnung muss aber nicht nur fuumlr die nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung bestimmt und an sie adressiert sein sie muss ihr auch bekannt gegeben werden Die Bekanntgabe hat an die vertretungsberechtigten Gesellschafter zu erfolgen Grundsaumltzlich sind das alle Gesellschafter (zB bei einer GbR nach sectsect 709 714 BGB) es sei denn es liegt eine abweichende gesellschaftsvertragliche Regelung vor Nach sect 6 Abs 3 VwZG ist es jedoch zulaumlssig die Pruumlfungsanordnung nur einem der Gesellschafter bekannt zu geben (BFH-Urteil vom 18101994 IX R 12892 BStBl 1995 II S 291) Das gilt selbst in den Faumlllen in denen auf Grund gesellschaftsvertraglicher Regelungen mehrere Personen zur Geschaumlftsfuumlhrung bestellt sind

521 Nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigungen mit Gewinneinkuumlnften

Wird die Pruumlfung der Feststellung der Einkuumlnfte (Gewinneinkuumlnfte) angeordnet ist die Pruumlfungsanordnung an die Personenvereinigung als Pruumlfungssubjekt zu richten und nicht gegen deren Gesellschafter (BFH-Urteil vom 16111989 IV R 2989 BStBl 1990 II S 272)

Fuumlhrt eine nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung ausnahmsweise einen geschaumlftsuumlblichen Namen unter dem sie am Rechtsverkehr teilnimmt gilt Nr 2412 des AEAO zu sect 122 auch hinsichtlich der Pruumlfungsanordnung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung entsprechend

Wurde ein gemeinsamer Empfangsbevollmaumlchtigter bestellt kann auch ihm die Anordnung zur Pruumlfung der Gewinneinkuumlnfte bekannt gegeben werden Bei Bekanntgabe der Pruumlfungsanordnung an nur einen zur Vertretung aller uumlbrigen Beteiligten vertretungsberechtigten Gesellschafter oder an einen Empfangsbevollmaumlchtigten ist auf dessen Funktion als Bekanntgabeempfaumlnger mit Wirkung fuumlr alle Beteiligten hinzuweisen

161

522 Nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigungen mit Uumlberschusseinkuumlnften

Wird die Pruumlfung der Feststellung der Einkuumlnfte (zB aus Vermietung und Verpachtung) des Vermoumlgens und der Schulden bei einer Gesellschaft buumlrgerlichen Rechts oder bei einer Gemeinschaft (zB Grundstuumlcksgemeinschaft) angeordnet ist die nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung als Grundstuumlcksgesellschaft oder Bauherrengemeinschaft insoweit nicht selbst Pruumlfungssubjekt (BFH-Urteile vom 2591990 IX R 8488 BStBl 1991 II S 120 und vom 18101994 IX R 12892 BStBl 1995 II S 291) Vielmehr ist der einzelne Gesellschafter der Traumlger der steuerlichen Rechte und Pflichten (sect 33 Abs 1 AO) Eine Pruumlfungsanordnung fuumlr die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkuumlnfte aus Vermietung und Verpachtung bzw die Feststellung des Vermoumlgens und der Schulden ist an jeden Gesellschafter zu richten und auch diesem bekannt zu geben (fuumlr Gemeinschaften BFH-Urteil vom 10111987 VIII R 9487 BFHNV 1988 S 214)

Eine Personenvereinigung unterliegt der Auszligenpruumlfung und ist Pruumlfungssubjekt nur insoweit als sie shywie zB bei der Umsatzsteuer - selbst Steuerschuldnerin ist (BFH-Urteil vom 18101994 IX R 12892 BStBl 1995 II S 291) In den Faumlllen in denen bei einer nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigung mit Uumlberschusseinkuumlnften neben der Feststellung der Einkuumlnfte und der Feststellung des Vermoumlgens und der Schulden auch die Umsatzsteuer Pruumlfungsgegenstand ist sind daher zwei Pruumlfungsanordnungen zu erlassen

- an die GemeinschaftGesellschaft hinsichtlich der Umsatzsteuer

- an die GemeinschafterGesellschafter hinsichtlich der Feststellung der Einkuumlnfte und der Feststellung des Vermoumlgens und der Schulden

523 Nichtrechtsfaumlhige Personenvereinigungen mit Uumlberschusseinkuumlnften iZm gesonderten Feststellungen fuumlr Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach sect 151 BewG

Bei gesonderten Feststellungen fuumlr Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer kann auch die nichtrechtsfaumlhige Personenvereinigung mit Uumlberschusseinkuumlnften selbst Inhaltsadressat der Pruumlfungsanordnung sein

Zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen ist nach sect 156 BewG eine Auszligenpruumlfung bei den Beteiligten iSd sect 154 Abs 1 BewG zulaumlssig Die Beteiligtenstellung einer Personenvereinigung kann daraus folgen dass sie zur Abgabe einer Feststellungserklaumlrung aufgefordert wurde (sect 154 Abs 1 Nr 2 BewG) Der Anteil am Wert der in sect 151 Abs 1 Satz 1 Nr 4 BewG genannten Vermoumlgensgegenstaumlnde und Schulden die mehreren Personen zustehen ist gesondert festzustellen Die Aufforderung zur Abgabe einer Feststellungserklaumlrung richtet sich gem sect 153 Abs 2 BewG an die Personenvereinigung selbst die dadurch Beteiligte wird Sie ist dann als Pruumlfungssubjekt auch Inhaltsadressat der entsprechenden Pruumlfungsanordnung

Eine Pruumlfung zur gesonderten Feststellung nach sect 156 BewG kann auch in Kombination mit einer auf sect 193 AO gestuumltzten Pruumlfung erfolgen Eine ausschlieszliglich auf sect 156 BewG gestuumltzte Auszligenpruumlfung darf sich jedoch nur auf die Feststellungen erstrecken die fuumlr die Erbschaft-Schenkungsteuer oder eine andere Feststellung iSd sect 151 Abs 1 BewG maszliggeblich sind Das hat zur Folge dass im Rahmen der Betriebspruumlfung nur die sachliche Richtigkeit und Vollstaumlndigkeit der festgestellten Besteuerungsgrundlagen ermittelt bzw uumlberpruumlft werden duumlrfen

53 Sonderfaumllle

Dient die Auszligenpruumlfung ua der Feststellung welche Art von Einkuumlnften die Gesellschafter einer nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigung erzielen kann die Pruumlfungsanordnung nach Maszliggabe saumlmtlicher in Betracht kommenden Einkunftsarten ausgerichtet werden Kommen danach Gewinneinkuumlnfte ernsthaft in Betracht ist die Personenvereinigung - gestuumltzt auf die Rechtsgrundlage des sect 193 Abs 1 AO - Pruumlfungssubjekt

Dies gilt aber nur fuumlr existierende Personenvereinigungen mit streitiger Qualifizierung der Einkuumlnfte Ist die Existenz der nicht rechtsfaumlhigen Personenvereinigung selbst im Streit muss sich die Pruumlfungsanordnung gegen die mutmaszliglichen Gesellschafter richten (BFH-Urteil vom 831988 VIII R 22085 BFHNV S 758) Sie ist jedem Beteiligten der mutmaszliglichen Personenvereinigung gesondert bekannt zu geben

Liegen konkrete Anhaltspunkte vor dass die vermutete GemeinschaftGesellschaft tatsaumlchlich einen gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hat bzw freiberuflich taumltig geworden ist genuumlgt in der Pruumlfungsanordnung ein Hinweis auf sect 193 Abs 1 AO (BFH-Urteil vom 23101990 VIII R 4588 BStBl 1991 II S 278) Ansonsten ist die Pruumlfungsanordnung auf sect 193 Abs 2 Nr 2 AO zu stuumltzen und besonders zu begruumlnden

54 Arbeitsgemeinschaften

Ist eine Arbeitsgemeinschaft (ARGE) als Pruumlfungssubjekt zu pruumlfen ist die Pruumlfungsanordnung an das in der ARGE geschaumlftsfuumlhrende Unternehmen als Bevollmaumlchtigtem postalisch bekannt zu geben (vgl AEAO zu sect 122 Nr 2412)

55 Atypisch stille Gesellschaften

162

Da die atypisch stille Gesellschaft nicht selbst Steuerschuldnerin ist ist eine Pruumlfungsanordnung an den Inhaber des Handelsgeschaumlfts zu richten (vgl AEAO zu sect 122 Nr 241) Hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung ist eine Pruumlfungsanordnung ihrem Inhalt nach im Regelfall ebenfalls nicht an die atypisch stille Gesellschaft sondern regelmaumlszligig an jeden Gesellschafter (Pruumlfungssubjekt) zu richten und diesem auch bekannt zu geben

Beispiel

Anschrift

a) Bauunternehmung Muumlller GmbH Geschaumlftsinhaber

b) Herrn Josef Meier atyp stiller Gesellschafter

(zwei getrennte Pruumlfungsanordnungen)

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihnen bezuumlglich der steuerlichen Verhaumlltnisse der atypisch stillen Gesellschaft Bauunternehmung Muumlller GmbH und Josef Meier (ggf Anschrift) eine Auszligenpruumlfung durchgefuumlhrt wirdldquo

Abweichend davon reicht es in Faumlllen der atypisch stillen Beteiligung an einer Personenhandelsgesellschaft aus die Pruumlfungsanordnung hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung an die Personenhandelsgesellschaft (= Geschaumlftsinhaber) als Pruumlfungssubjekt zu richten und bekannt zu geben da die Auszligenpruumlfung bei einer Personengesellschaft auch die steuerlichen Verhaumlltnisse der Gesellschafter (auch der atypisch stille Beteiligte ist Mitunternehmer) insoweit umfasst als diese fuumlr die zu uumlberpruumlfende Feststellung von Bedeutung sind (sect 194 Abs 1 AO) Einer gesonderten - an den atypisch stillen Gesellschafter gerichteten ndash Pruumlfungsordnung bedarf es in diesem Fall nicht

56 Personengesellschaften und nicht rechtsfaumlhige Personengemeinschaften in Liquidation

Wegen der Unterscheidung zwischen der gesellschaftsrechtlichen und der steuerrechtlichen Liquidation vgl AEAO zu sect 122 Nr 271 Die Anweisungen des AEAO zu sect 122 Nr 272 zur Bekanntgabe von Steuerbescheiden gelten fuumlr Pruumlfungsanordnungen sinngemaumlszlig

Auch die Verpflichtung nach sectsect 193 ff AO eine Auszligenpruumlfung zu dulden fuumlhrt dazu eine Personengesellschaft bzw nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung noch nicht als vollbeendet anzusehen Nach Beendigung der gesellschaftsrechtlichen Liquidation (zB Pruumlfung bei bdquodem gesellschaftsrechtlich beendeten Autohaus Heinrich Schmitz Nachf GbRldquo) bleibt die Personengesellschaft bzw nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung weiterhin Pruumlfungssubjekt die Pruumlfungsanordnung ist deshalb an sie zu richten (vgl BFH-Urteil vom 131994 VIII R 3592 BStBl 1995 II S 241) Zu empfehlen ist die Bekanntgabe der Pruumlfungsanordnung an alle ehemaligen Gesellschafter als Liquidatoren (mit Hinweis auf die rechtliche Stellung als Liquidator)

57 Eintritt Ausscheiden und Wechsel von Gesellschaftern einer Personengesellschaft oder einer nicht rechtsfaumlhigen Personengemeinschaft

571 Wird das Handelsgeschaumlft eines Einzelunternehmers in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft eingebracht ist zu unterscheiden ob der Zeitraum vor oder nach der Uumlbertragung gepruumlft wird Die Pruumlfungsanordnung muss an den jeweiligen Inhaltsadressaten fuumlr die Zeit seiner Inhaberschaft gerichtet und bekannt gegeben werden Fuumlr den Pruumlfungszeitraum bis zur Einbringung ergeht die Pruumlfungsanordnung an den ehemaligen Einzelunternehmer als Inhaltsadressat (Pruumlfungssubjekt) (bdquobei Ihnenldquo) In einem Zusatz ist zu erlaumlutern dass Pruumlfungsgegenstand bestimmte Besteuerungszeitraumlume vor der Einbringung in die namentlich benannte aufnehmende Gesellschaft sind

572 Tritt in eine bestehende Personenhandelsgesellschaft oder nicht rechtsfaumlhige Personenvereinigung mit geschaumlftsuumlblichem Namen ein Gesellschafter ein oder scheidet ein Gesellschafter aus unter Fortfuumlhrung der Gesellschaft durch die verbliebenen Gesellschafter oder ergibt sich durch abgestimmten Ein- und Austritt ein Gesellschafterwechsel aumlndert sich die Identitaumlt der Gesellschaft nicht Daher ist die Pruumlfungsanordnung auch fuumlr die Zeit vor dem Eintritt Ausscheiden oder Wechsel an die Personengesellschaft als Inhaltsadressaten zu richten An den ausgeschiedenen Gesellschafter ergeht keine gesonderte Pruumlfungsanordnung Ihm ist jedoch zur Wahrung des rechtlichen Gehoumlrs eine Kopie der an die Gesellschaft gerichteten Pruumlfungsanordnung zu uumlbersenden Dabei ist er auf den Sinn und Zweck dieser Benachrichtigung hinzuweisen

573 Scheidet aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft oder nicht rechtsfaumlhigen Personengemeinschaft der vorletzte Gesellschafter aus und wird der Betrieb durch den verbliebenen Gesellschafter ohne Liquidation fortgefuumlhrt (= vollbeendete Gesellschaft BFH-Urteil vom 1891980 V R 17574 BStBl 1981 II S 293) ist der jetzige Alleininhaber Gesamtrechtsnachfolger gem sect 45 Abs 1 Satz 1 AO fuumlr die Betriebssteuern Die Pruumlfungsanordnung fuumlr die Betriebssteuern ist daher auch fuumlr die Zeit des Bestehens der GesellschaftGemeinschaft an den jetzigen Alleininhaber zu richten und diesem bekannt zu geben Er ist auf seine Stellung als Gesamtrechtsnachfolger hinzuweisen In einem Zusatz ist deutlich

163

zu machen dass die Pruumlfung die steuerlichen Verhaumlltnisse der vollbeendeten GesellschaftGemeinschaft betrifft

Fuumlr die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung geht die Pflicht die Pruumlfung zu dulden (vgl AEAO zu sect 197 Nr 21 und 521) ebenfalls von der GesellschaftGemeinschaft auf den jetzigen Alleininhaber als Gesamtrechtsnachfolger iSv sect 45 Abs 1 Satz 1 AO uumlber (BFH-Urteil vom 2542006 VIII R 4602 BFHNV S 2037) Die Pruumlfungsanordnung zur gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung fuumlr die Zeit des Bestehens der Gesellschaft ist daher ebenfalls an den jetzigen Alleininhaber zu richten und diesem bekannt zu geben Auf die Stellung als Gesamtrechtsnachfolger ist hinzuweisen In einem Zusatz ist deutlich zu machen dass die Pruumlfung die steuerlichen Verhaumlltnisse der vollbeendeten GesellschaftGemeinschaft betrifft

Erzielt die PersonengesellschaftGemeinschaft ausschlieszliglich Uumlberschusseinkuumlnfte (zB aus Vermietung und Verpachtung) ist sie als solche kein Pruumlfungssubjekt hinsichtlich der gesonderten undeinheitlichen Feststellung der Uumlberschusseinkuumlnfte (vgl AEAO zu sect 197 Nr 522) Die Duldungspflicht der Pruumlfung kann daher auch nicht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf den jetzigen Alleinshygesellschafter uumlbergehen Die Pruumlfungsanordnung ist in diesem Fall an jeden ehemaligen Gesellschafter zu richten und bekannt zu geben

6 Juristische Personen

Vgl AEAO zu sect 122 Nr 28

7 Insolvenzfaumllle Soweit die Verwaltungs- und Verfuumlgungsbefugnis auf einen Insolvenzverwalter oder einen vorlaumlufigen Insolvenzverwalter uumlbergegangen ist (vgl AEAO zu sect 251 Nrn 31 und 42) ist dieser Bekanntgabeadressat (AEAO zu sect 197 Nr 22)

8 Gesamtrechtsnachfolge in Erbfaumlllen

81 Geht ein Einzelunternehmen durch Erbfall im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf eine oder mehrere Person(en) uumlber ist die Pruumlfungsanordnung an dendie Erben als Pruumlfungssubjekt zu richten Bei ihmihnen kann eine Auszligenpruumlfung nach sect 193 Abs 1 AO auch fuumlr Zeitraumlume stattfinden in denen der Erblasser unternehmerisch taumltig war (BFH-Urteil vom 2481989 IV R 6588 BStBl 1990 II S 2) Auf dendie Erben gehen als Gesamtrechtsnachfolger alle Verpflichtungen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis uumlber (sect 45 Abs 1 AO) hierzu gehoumlrt auch die Duldung der Betriebspruumlfung (BFH-Urteil vom 951978 VII R 9675 BStBl II S 501)

Beispiele

a) Anschrift

Frau Antonia Huber

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihnen bezuumlglich der steuerlichen Verhaumlltnisse Ihres verstorbenen Ehemannes Anton Huber eine Auszligenpruumlfung durchgefuumlhrt wirdldquo

Zusatz

bdquo ergeht an Sie als Alleinerbin und Gesamtrechtsnachfolgerin nach Ihrem Ehemannldquo

b) Anschrift

Herrn Steuerberater Klaus Schulz

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihrer Mandantin Antonia Huber bezuumlglich der steuerlichen Verhaumlltnisse ihres verstorbenen Ehemanns Anton Huber eine Auszligenpruumlfung durchgefuumlhrt wirdldquo

Zusatz

bdquo ergeht an Sie fuumlr Frau Antonia Huber als Alleinerbin und Gesamtrechtsnachfolgerin nach Anton Huberldquo

c) Anschrift

Herrn Steuerberater Klaus Schulz

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihren Mandanten Emilia Muumlller Fritz Muumlller (usw alle Erben namentlich aufzuzaumlhlen) bezuumlglich der steuerlichen Verhaumlltnisse des verstorbenen Emil Muumlller eine Auszligenpruumlfung durchgefuumlhrt wirdldquo

Zusatz

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bdquo ergeht an Sie fuumlr Frau Emilia Muumlller Herrn Fritz Muumlller usw als Erben und Gesamtrechtsnachfolger des verstorbenen Emil Muumlllerldquo

82 Hat die Erbengemeinschaft keinen gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten ist jedem Miterben eine Pruumlfungsanordnung bekannt zu geben Im Anschriftenfeld ist sie jeweils an den einzelnen Miterben zuadressieren Im Uumlbrigen ist sie inhaltsgleich allen Miterben bekannt zu geben Die Pruumlfung ist bdquobei dem jeweiligen Miterben vorzusehen Auszligerdem ist in der Pruumlfungsanordnung in einem Zusatz darzustellen welche weiteren Miterben zur Erbengemeinschaft gehoumlren (Darstellung mit vollstaumlndigen Namen und ggf Anschriften)

83 Ist ein Miterbe gemeinsamer Empfangsbevollmaumlchtigter aller Miterben so ist die Pruumlfungsanordnung nur diesem Miterben wie folgt bekannt zu geben

Anschrift

Anna Muumlller Anschrift

Text

bdquo ordne ich an dass bei Ihnen bezuumlglich der steuerlichen Verhaumlltnisse Ihres verstorbenen Ehemanns Herbert Muumlller eine Auszligenpruumlfung durchgefuumlhrt wirdldquo

Zusatz

bdquoDie Pruumlfungsanordnung ergeht an Sie mit Wirkung fuumlr alle Miterben und Gesamtrechtsnachfolger nach Herbert Muumlller Frau Anna Muumlller Frau Eva Muumlller (alle weiteren Miterben namentlich ggf mit Anschrift nennen)ldquo

Zweckmaumlszligigerweise sollten getrennte Pruumlfungsanordnungen fuumlr folgende gleichzeitig vorliegende und zu pruumlfende Fallgestaltungen ergehen

- Pruumlfungszeitraum des Erblassers als Einzelunternehmer (s o)

- Pruumlfungszeitraum der Fortfuumlhrung des Unternehmens durch die Erbengemeinschaft (Pruumlfung bdquobei der Erbengemeinschaft Anna Muumlller ggf Anschrift sowie Eva Muumlller ggf Anschrift und Thomas Muumlller ggf Anschrift etc Alle Beteiligten sind Erben und Gesamtrechtsnachfolger nach Herbert Muumlller)

- Pruumlfung eines eigenen Betriebs eines Miterben (zB der Ehefrau des Erblassers)

9 Umwandlungen

91 In den uumlbrigen Faumlllen einer Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO (vgl AEAO zu sect 45) gelten grundsaumltzlich die Anweisungen des AEAO zu sect 122 Nrn 2121 und 2122

92 Nach einer Verschmelzung (sect 1 Abs 1 Nr 1 sectsect 2 ff UmwG) ist sowohl hinsichtlich der Betriebssteuern als auch hinsichtlich der gesonderten und einheitlichen Feststellungen Nr 573 des AEAO zu sect 197 sinngemaumlszlig anzuwenden

93 In Faumlllen einer Abspaltung oder Ausgliederung (sect 1 Abs 1 Nr 2 sectsect 123 ff UmwG) sowie einer Vermoumlgensuumlbertragung im Wege der Teiluumlbertragung (sect 1 Abs 1 Nr 3 sect 174 Abs 2 sectsect 175 177 179 184 ff 189 UmwG) liegt keine Gesamtrechtsnachfolge iSd sect 45 Abs 1 AO vor (vgl AEAO zu sect 45 Nr 2) Eine Pruumlfungsanordnung die sich auf Zeitraumlume bis zur Abspaltung Ausgliederung oder Vermoumlgensuumlbertragung bezieht ist daher stets an den abspaltenden ausgliedernden bzw an den das Vermoumlgen uumlbertragenden Rechtstraumlger zu richten

94 In den Faumlllen einer Aufspaltung (sect 1 Abs 1 Nr 2 sect 123 Abs 1 UmwG) ist jedoch sect 45 Abs 1 AO sinngemaumlszlig anzuwenden Eine Pruumlfungsanordnung die sich auf Zeitraumlume bis zur Aufspaltung bezieht ist an alle spaltungsgeborenen Gesellschaften zu richten Dies gilt nicht in Bezug auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen (vgl AEAO zu sect 45 Nr 2)

95 Bei einer formwechselnden Umwandlung (sect 1 Abs 1 Nr 4 sectsect 190 ff UmwG) handelt es sich lediglich um den Wechsel der Rechtsform Das Pruumlfungssubjekt bleibt identisch es aumlndert sich lediglich dessen Bezeichnung Die Pruumlfungsanordnung ist an die Gesellschaft unter ihrer neuen Bezeichnung zu richten Dies gilt auch wenn sich - wie zB in Faumlllen der Umwandlung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft oder der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft - das Steuersubjekt aumlndert und daher eine steuerliche Gesamtrechtsnachfolge vorliegt (vgl AEAO zu sect 45 Nr 3) Wurde eine Personengesellschaft die Gewinneinkuumlnfte erzielt hat in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt ist eine Pruumlfungsanordnung die sich auf die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Personengesellschaft erstreckt nach den Grundsaumltzen der Nr 521 des AEAO zu sect 197 an die Kapitalgesellschaft zu richten Hat die umgewandelte Personengesellschaft Uumlberschusseinkuumlnfte erzielt ist die Pruumlfungsanordnung fuumlr die gesonderte und einheitliche Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach den Grundsaumltzen von Nr 522 des AEAO zu sect 197 an die Gesellschafter der ehemaligen Personengesellschaft zu richten

AEAO zu sect 198 - Ausweispflicht Beginn der Auszligenpruumlfung

165

1 Die Auszligenpruumlfung beginnt grundsaumltzlich in dem Zeitpunkt in dem der Auszligenpruumlfer nach Bekanntgabe der Pruumlfungsanordnung konkrete Ermittlungshandlungen vornimmt Bei einer Datentraumlgeruumlberlassung beginnt die Auszligenpruumlfung spaumltestens mit der Auswertung der Daten Die Handlungen brauchen fuumlr den Betroffenen nicht erkennbar zu sein es genuumlgt vielmehr dass der Auszligenpruumlfer nach Bekanntgabe der Pruumlfungsanordnung mit dem Studium der den Steuerfall betreffenden Akten beginnt (BFH-Urteile vom 781980 II R 11977 BStBl 1981 II S 409 vom 11101983 VIII R 1182 BStBl 1984 II S 125 und vom 18121986 I R 4983 BStBl 1987 II S 408) Als Beginn der Auszligenpruumlfung ist auch ein Auskunfts- und Vorlageersuchen der Finanzbehoumlrde anzusehen mit dem unter Hinweis auf die Auszligenpruumlfung um Beantwortung verschiedener Fragen und Vorlage bestimmter Unterlagen gebeten wird (BFH-Urteil vom 221994 I R 5793 BStBl II S 377 und BFH-Beschluss vom 332009 IV S 1208 BFHNV S 958) Ein Aktenstudium das vor dem in der Betriebspruumlfungsanordnung genannten Termin des Beginns der Pruumlfung durchgefuumlhrt wird gehoumlrt hingegen noch zu den Pruumlfungsvorbereitungen (BFH-Urteil vom 872009 XI R 6407 BStBl 2010 II S 4)

2 Bei der Auszligenpruumlfung von Konzernen und sonstigen zusammenhaumlngenden Unternehmen iSd sectsect 13 bis 19 BpO gelten keine Besonderheiten Da es sich um rechtlich selbstaumlndige Unternehmen handelt faumlllt der Beginn der Auszligenpruumlfung grundsaumltzlich auf den Tag an dem mit der Pruumlfung des jeweiligen Unternehmens begonnen wird Werden mehrere konzernzugehoumlrige Unternehmen von einer Finanzbehoumlrde gepruumlft und hat sie sich mit allen von ihr zu pruumlfenden Betrieben befasst um sich einenUumlberblick uumlber die pruumlfungsrelevanten Sachverhalte zu verschaffen sowie die wirtschaftlichen bilanziellen und liquiditaumltsmaumlszligigen Verflechtungen zwischen den Unternehmen aus den unterschiedlichen Perspektiven untersucht ist damit bereits ein einheitlicher Pruumlfungsbeginn gegeben

Wenn dagegen ein konzernzugehoumlriges Unternehmen von einer anderen Finanzbehoumlrde gepruumlft wird beginnt die Auszligenpruumlfung erst dann wenn konkrete Pruumlfungshandlungen in diesem Einzelfall vorgenommen worden sind Der Zeitpunkt des Beginns der Auszligenpruumlfung ist in den Pruumlfungsbericht aufzunehmen

3 Zur Ablaufhemmung vgl AEAO zu sect 171 Nr 3

AEAO zu sect 200 - Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen

1 Die Bestimmung des Umfangs der Mitwirkung des Steuerpflichtigen liegt im pflichtgemaumlszligen Ermessen der Finanzbehoumlrde Auf Anforderung hat der Steuerpflichtige vorhandene Aufzeichnungen und Unterlagen vorzulegen die nach Einschaumltzung der Finanzbehoumlrde fuumlr eine ordnungsgemaumlszlige und effiziente Abwicklung der Auszligenpruumlfung erforderlich sind ohne dass es ihm gegenuumlber einer zusaumltzlichen Begruumlndung hinsichtlich der steuerlichen Bedeutung bedarf

Konzernunternehmen haben auf Anforderung insbesondere vorzulegen

- den Pruumlfungsbericht des Wirtschaftspruumlfers uumlber die Konzernabschluumlsse der Konzernmuttergesellschaft

- die Richtlinie der Konzernmuttergesellschaft zur Erstellung des Konzernabschlusses

- die konsolidierungsfaumlhigen Einzelabschluumlsse (sog Handelsbilanzen II) der Konzernmuttergesellschaft

- Einzelabschluumlsse und konsolidierungsfaumlhige Einzelabschluumlsse (sog Handelsbilanzen II) von in-und auslaumlndischen Konzernunternehmen

Bei Auslandssachverhalten traumlgt der Steuerpflichtige eine erhoumlhte Mitwirkungspflicht (BFH-Beschluss vom 971986 I B 3686 BStBl 1987 II S 487) Im Falle von Verzoumlgerungen durch den Steuerpflichtigen oder der von ihm benannten Auskunftspersonen soll nach den Umstaumlnden des Einzelfalls von der Moumlglichkeit der Androhung und Festsetzung von Zwangsmitteln (sect 328 AO) der Festsetzung von Verzoumlgerungsgeld (sect 146 Abs 2b AO) oder der Schaumltzung (sect 162 AO) Gebrauch gemacht werden Im Rahmen von Geschaumlftsbeziehungen zwischen nahe stehenden Personen sind die Regelungen der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung und der Verwaltungsgrundsaumltze-Verfahren (BMF-Schreiben vom 1242005 BStBl I S 570) zu beachten Kreditinstitute sind verpflichtet dem Auszligenpruumlfer Angaben zur Identitaumlt der Bankkunden zu machen Das bankseitige Ausblenden eindeutiger Ordnungsmerkmale der Bankkunden im Hinblick auf sect 30a AO ist nicht zulaumlssig

2 Eine Auszligenpruumlfung in den Geschaumlftsraumlumen des Steuerpflichtigen verstoumlszligt nicht gegen Art 13 GG (BFH-Urteil vom 20101988 IV R 10486 BStBl 1989 II S 180) Ist ein geeigneter Geschaumlftsraum vorhanden so muss die Auszligenpruumlfung dort stattfinden Ob ein geeigneter Geschaumlftsraum vorhanden ist richtet sich nach der objektiven Beschaffenheit der Raumlume den betriebsuumlblichen Verhaumlltnissen sowie arbeitsrechtlichen Grundsaumltzen Der Vorrang der Geschaumlftsraumlume vor allen anderen Orten ergibt sich aus dem Wortlaut des sect 200 Abs 2 AO und aus dem Sinn und Zweck der Auszligenpruumlfung Sind keine geeigneten Geschaumlftsraumlume vorhanden ist in den Wohnraumlumen des Steuerpflichtigen oder an Amtsstelle zu pruumlfen Nur im Ausnahmefall und nur auf Antrag kommen andere Pruumlfungsorte in Betracht wenn schuumltzenswerte Interessen des Steuerpflichtigen von besonders groszligem Gewicht die Interessen der Finanzbehoumlrden an einem effizienten Pruumlfungsablauf in den Geschaumlftsraumlumen verdraumlngen

166

AEAO zu sect 201 - Schlussbesprechung

1 Rechtsirrtuumlmer die die Finanzbehoumlrde nach der Schlussbesprechung erkennt koumlnnen bei der Auswertung der Pruumlfungsfeststellungen auch dann richtig gestellt werden wenn an der Schlussbesprechung der fuumlr die Steuerfestsetzung zustaumlndige Beamte teilgenommen hat (BFH-Urteile vom 6111962 I 29861 U BStBl 1963 III S 104 und vom 131963 VI 11961 U BStBl III S 212) Zusagen im Rahmen einer Schlussbesprechung die im Betriebspruumlfungsbericht nicht aufrechterhalten werden erzeugen schon aus diesem Grund keine Bindung der Finanzbehoumlrde nach Treu und Glauben (BFH-Urteil vom 2741977 I R 21174 BStBl II S 623)

2 Die Auszligenpruumlfung ist abgeschlossen wenn die pruumlfende Behoumlrde den Abschluss ausdruumlcklich oder konkludent erklaumlrt IdR kann die Auszligenpruumlfung mit der Zusendung des Pruumlfungsberichts (sect 202 Abs 1 AO) als abgeschlossen angesehen werden (BFH-Urteile vom 1771985 I R 21482 BStBl 1986 II S 21 und vom 421988 V R 5783 BStBl II S 413) Reicht der Steuerpflichtige nach Zusendung des Betriebspruumlfungsberichts eine - ausdruumlcklich vorbehaltene - Stellungnahme und Unterlagen ein die zu einem Wiedereintritt in Ermittlungshandlungen fuumlhren erfolgt dies noch im Rahmen der Auszligenpruumlfung (BFH-Urteil vom 872009 XI R 6407 BStBl 2010 II S 4)

3 Der Steuerpflichtige kann den Verzicht nach sect 201 Abs 1 Satz 1 AO auf die Abhaltung einer Schlussbesprechung formlos erklaumlren Die Finanzbehoumlrde vereinbart mit dem Steuerpflichtigen einen Termin zur Abhaltung der Schlussbesprechung der innerhalb eines Monats seit Beendigung der Ermittlungshandlungen liegt Kommt eine Terminabsprache nicht zustande laumldt die Finanzbehoumlrde den Steuerpflichtigen schriftlich zur Schlussbesprechung an Amtsstelle und weist gleichzeitig darauf hin dass die Nichtwahrnehmung des Termins ohne Angabe von Gruumlnden als Verzicht iSd sect 201 Abs 1 Satz 1 AO zu werten ist

4 Die Verwertung von Pruumlfungsfeststellungen haumlngt nicht davon ab ob eine Schlussbesprechung abgehalten worden ist Das Unterlassen einer Schlussbesprechung fuumlhrt nicht bdquoohne weiteresldquo zu einer Fehlerhaftigkeit der aufgrund des Berichts uumlber die Auszligenpruumlfung ergangenen Steuerbescheide (BFH-Beschluss vom 15121997 X B 18296 BFHNV 1998 S 811)

5 Zu der Zulaumlssigkeit und den Rechtsfolgen einer tatsaumlchlichen Verstaumlndigung siehe BMF-Schreiben vom 3072008 BStBl I S 831

6 Der Hinweis nach sect 201 Abs 2 AO ist zu erteilen wenn es nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Schlussbesprechung moumlglich erscheint dass ein Straf- oder Buszliggeldverfahren durchgefuumlhrt werden muss Wegen weiterer Einzelheiten vgl Nr 131 Abs 2 AStBV (St) Durch den Hinweis nach sect 201 Abs 2 AO wird noch nicht das Straf- und Buszliggeldverfahren iSd sectsect 397 410 Abs 1 Nr 6 AO eroumlffnet weil das Aussprechen eines strafrechtlichen Vorbehalts iSd sect 201 Abs 2 AO noch im Rahmen der Auszligenpruumlfung bei Durchfuumlhrung der Besteuerung geschieht Der Hinweis nach sect 201 Abs 2 AO ist kein Verwaltungsakt

AEAO zu sect 202 - Inhalt und Bekanntgabe des Pruumlfungsberichts

Der Pruumlfungsbericht und die Mitteilung uumlber die ergebnislose Pruumlfung (sect 202 Abs 1 Satz 3 AO) sind keine Verwaltungsakte und koumlnnen deshalb nicht mit dem Einspruch angefochten werden (BFH-Urteile vom 1771985I R 21482 BStBl 1986 II S 21 und vom 2941987 I R 11883 BStBl 1988 II S 168) In der Uumlbersendung des Pruumlfungsberichts der keinen ausdruumlcklichen Hinweis darauf enthaumllt dass die Auszligenpruumlfung nicht zu einerAumlnderung der Besteuerungsgrundlagen gefuumlhrt hat kann keine konkludente Mitteilung iSd sect 202 Abs 1 Satz 3 AO gesehen werden (BFH-Urteil vom 14121989 III R 15885 BStBl 1990 II S 283)

Fuumlr den Innendienst bestimmte oder spaumltere Besteuerungszeitraumlume betreffende Mitteilungen des Auszligenpruumlfers sind in den Pruumlfungsbericht nicht aufzunehmen (BFH-Urteil vom 2731961 I 27660 U BStBl III S 290)

AEAO zu sect 203 - Abgekuumlrzte Auszligenpruumlfung

1 Die Vorschrift des sect 203 AO soll auch eine im Interesse des Steuerpflichtigen liegende rasche Durchfuumlhrung einer Auszligenpruumlfung ermoumlglichen (BFH-Urteil vom 25111989 X R 15887 BStBl II S 483)

2 Bei einer abgekuumlrzten Auszligenpruumlfung finden die Vorschriften uumlber die Auszligenpruumlfung (sectsect 193 ff AO) Anwendung mit Ausnahme der sectsect 201 Abs 1 und 202 Abs 2 AO Sie ist bei allen unter sect 193 AO fallenden Steuerpflichtigen zulaumlssig

Eine Beschraumlnkung der in Frage kommenden Faumllle nach der Einordnung der Betriebe in Groumlszligenklassen besteht nicht

Die abgekuumlrzte Auszligenpruumlfung unterscheidet sich von einer im Pruumlfungsstoff schon eingeschraumlnkten Auszligenpruumlfung indem sie daruumlber hinaus auf die Pruumlfung einzelner Besteuerungsgrundlagen eines Besteuerungszeitraums oder mehrerer Besteuerungszeitraumlume beschraumlnkt wird (sect 4 Abs 5 Satz 2 BpO)

3 In der Pruumlfungsanordnung ist die Auszligenpruumlfung als abgekuumlrzte Auszligenpruumlfung iSd sectsect 193 203 AO ausdruumlcklich zu bezeichnen Ein Wechsel von der abgekuumlrzten zur nicht abgekuumlrzten Auszligenpruumlfung und umgekehrt ist zulaumlssig Hierzu bedarf es einer ergaumlnzenden Pruumlfungsanordnung

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4 Die Vorschrift des sect 203 Abs 2 AO entbindet nicht von der Verpflichtung zur Fertigung eines Pruumlfungsberichts

5 Die abgekuumlrzte Auszligenpruumlfung loumlst dieselben Rechtsfolgen wie eine nicht abgekuumlrzte Auszligenpruumlfung aus

AEAO zu sect 204 - Voraussetzung der verbindlichen Zusage

1 Von der verbindlichen Zusage nach sect 204 AO sind zu unterscheiden

- die tatsaumlchliche Verstaumlndigung uumlber den der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Sachverhalt (vgl BMF-Schreiben vom 3072008 BStBl I S 831)

- die verbindliche Auskunft nach sect 89 Abs 2 AO und

- die Lohnsteueranrufungsauskunft (sect 42e EStG)

2 Uumlber den Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zusage entscheidet die fuumlr die Auswertung der Pruumlfungsfeststellungen zustaumlndige Finanzbehoumlrde Im Fall einer Auftragspruumlfung nach sect 195 AO kann die beauftragte Finanzbehoumlrde nur im Einvernehmen mit der fuumlr die Besteuerung zustaumlndigen Finanzbehoumlrde eine verbindliche Zusage erteilen

3 Der Anwendungsbereich der Vorschrift erstreckt sich auf fuumlr die Vergangenheit gepruumlfte (verwirklichte) Sachverhalte mit Wirkung in die Zukunft (zB Gesellschaftsvertraumlge Erwerb von Grundstuumlcken) Zwischen der Auszligenpruumlfung und dem Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zusage muss der zeitliche Zusammenhang gewahrt bleiben (BFH-Urteil vom 13121995 XI R 43-4589 BStBl 1996 II S 232) Bei einem nach der Schlussbesprechung gestellten Antrag ist idR keine verbindliche Zusage mehr zu erteilen wenn hierzu umfangreiche Pruumlfungshandlungen erforderlich sind Der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zusage soll schriftlich bzw elektronisch gestellt werden (vgl BFH-Urteil vom 481961 VI 26960 S BStBl III S 562) Unklarheiten gehen zu Lasten des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 13121989 X R 20887 BStBl 1990 II S 274)

4 Die Beurteilung eines Sachverhalts im Pruumlfungsbericht oder in einem aufgrund einer Auszligenpruumlfung ergangenen Steuerbescheid steht einer verbindlichen Zusage nicht gleich (BFH-Urteil vom 2391992 X R 12990 BFHNV 1993 S 294) Auch die Tatsache dass eine bestimmte Gestaltung von vorangegangenen Auszligenpruumlfungen nicht beanstandet wurde schafft keine Bindungswirkung nach Treu und Glauben (BFH-Urteil vom 2911997 XI R 2795 BFHNV S 816)

5 Der Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Zusage kann ausnahmsweise abgelehnt werden insbesondere wenn sich der Sachverhalt nicht fuumlr eine verbindliche Zusage eignet (zB zukuumlnftige Angemessenheit von Verrechnungspreisen bei unuumlbersichtlichen Marktverhaumlltnissen) oder wenn zu dem betreffenden Sachverhalt die Herausgabe von allgemeinen Verwaltungsvorschriften oder eine Grundsatzentscheidung des BFH nahe bevorsteht

AEAO zu sect 205 - Form der verbindlichen Zusage

Vorbehalte in der erteilten verbindlichen Zusage (zB bdquovorbehaltlich des Ergebnisses einer Besprechung mit den obersten Finanzbehoumlrden der Laumlnderrdquo) schlieszligen die Bindung aus (BFH-Urteil vom 481961 VI 26960 S BStBl III S 562) Die verbindliche Zusage hat im Hinblick auf die Regelung in sect 207 Abs 1 AO die Rechtsvorschriften zu enthalten auf die die Entscheidung gestuumltzt wird (BFH-Urteil vom 371986 IV R 6684 BFHNV 1987 S 89)

AEAO zu sect 206 - Bindungswirkung

Entspricht der nach Erteilung der verbindlichen Zusage festgestellte und steuerlich zu beurteilende Sachverhalt nicht dem der verbindlichen Zusage zugrunde gelegten Sachverhalt so ist die Finanzbehoumlrde an die erteilte Zusage auch ohne besonderen Widerruf nicht gebunden (sect 206 Abs 1 AO) Trifft die Finanzbehoumlrde in einer Steuerfestsetzung eine andere Entscheidung als bei der Erteilung der verbindlichen Zusage so kann der Steuerpflichtige im Rechtsbehelfsverfahren gegen den betreffenden Bescheid die Bindungswirkung geltend machen Der Steuerpflichtige andererseits ist nicht gebunden wenn die verbindliche Zusage zu seinen Ungunsten dem geltenden Recht widerspricht (sect 206 Abs 2 AO) Er kann also den Steuerbescheid dem eine verbindliche Zusage zugrunde liegt anfechten um eine guumlnstigere Regelung zu erreichen Hierbei ist es unerheblich ob die Fehlerhaftigkeit der Zusage bereits bei ihrer Erteilung erkennbar war oder erst spaumlter (zB durch eine Rechtsprechung zugunsten des Steuerpflichtigen) erkennbar geworden ist

AEAO zu sect 207 - Auszligerkrafttreten Aufhebung und Aumlnderung der verbindlichen Zusage

1 Unter Rechtsvorschriften iSd sect 207 Abs 1 AO sind nur Rechtsnormen zu verstehen nicht jedoch Verwaltungsanweisungen oder eine geaumlnderte Rechtsprechung

2 Die Finanzbehoumlrde kann die verbindliche Zusage mit Wirkung fuumlr die Zukunft widerrufen oder aumlndern (sect 207 Abs 2 AO) zB wenn sich die steuerrechtliche Beurteilung des der verbindlichen Zusage zugrunde gelegten Sachverhalts durch die Rechtsprechung oder Verwaltung zum Nachteil des Steuerpflichtigen aumlndert Im Einzelfall kann es aus Billigkeitsgruumlnden gerechtfertigt sein von einem

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Widerruf der verbindlichen Zusage abzusehen oder die Wirkung des Widerrufs zu einem spaumlteren Zeitpunkt eintreten zu lassen Eine solche Billigkeitsmaszlignahme wird idR jedoch nur dann geboten sein wenn sich der Steuerpflichtige nicht mehr ohne erheblichen Aufwand bzw unter betraumlchtlichen Schwierigkeiten von den im Vertrauen auf die Zusage getroffenen Dispositionen oder eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen zu loumlsen vermag Der Steuerpflichtige ist vor einer Aufhebung oder Aumlnderung zu houmlren (sect 91 Abs 1 AO)

AEAO zu sect 208 - Steuerfahndung Zollfahndung

1 Der Steuerfahndung weist das Gesetz folgende Aufgaben zu

a) Vorfeldermittlungen zur Verhinderung von Steuerverkuumlrzungen (sect 85 Satz 2 AO) die auf die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfaumllle gerichtet sind (sect 208 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AO)

b) die Verfolgung bekannt gewordener Steuerstraftaten gem sect 386 Abs 1 Satz 1 AO und Steuerordnungswidrigkeiten einschlieszliglich der Ermittlung des steuerlich erheblichen Sachverhalts und dessen rechtlicher Wuumlrdigung (sect 208 Abs 1 Satz 1 Nrn 1 und 2 AO) sect 208 Abs 1 Saumltze 2 und 3 AO bestimmen welche Vorschriften fuumlr das Verfahren zur Durchfuumlhrung von Steuerfahndungsmaszlignahmen maszliggebend sind

2 Die Steuerfahndung uumlbt die Rechte und Pflichten aus

a) die den Finanzaumlmtern im Besteuerungsverfahren zustehen (sectsect 85 ff AO)

b) die sich aus sect 404 Satz 2 AO ergeben erster Zugriff Durchsuchung Beschlagnahme Durchsicht von Papieren sowie sonstige Maszlignahmen nach den fuumlr die Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft geltenden Vorschriften

3 Zu Maszlignahmen im Besteuerungsverfahren ist die Steuerfahndung auch berechtigt wenn bereits ein Steuerstrafverfahren eingeleitet worden ist (vgl BFH-Beschluss vom 29101986 I B 2886 BStBl 1987 II S 440) Fuumlr Einwendungen gegen ihre Maszlignahmen im Besteuerungsverfahren ist der Finanzrechtsweg fuumlr Einwendungen gegen Maszlignahmen im Strafverfahren wegen Steuerstraftaten der ordentliche Rechtsweg gegeben

4 Fuumlr die Steuerfahndung gelten bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen und bei Vorfeldermittlungen folgende Einschraumlnkungen aus Vorschriften uumlber das Besteuerungsverfahren nicht (sect 208 Abs 1 Satz 3 AO)

a) Andere Personen als die Beteiligten koumlnnen sofort um Auskunft angehalten werden (sect 93 Abs 1 Satz 3 AO)

b) Das Auskunftsersuchen bedarf entgegen sect 93 Abs 2 Satz 2 AO nicht der Schriftform

c) Die Vorlage von Urkunden kann ohne vorherige Befragung des Vorlagepflichtigen verlangt und die Einsichtnahme in diese Urkunden unabhaumlngig von dessen Einverstaumlndnis erwirkt werden (sect 97 Abs 2 AO)

In den Faumlllen der Buchstaben a) und c) ist sect 30a Abs 5 AO zu beachten

5 Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen die sich aus den Vorschriften uumlber die Auszligenpruumlfung ergeben bleiben bestehen (sect 208 Abs 1 Satz 3 AO) Die Mitwirkungspflicht kann allerdings nicht erzwungen werden wenn sich der Steuerpflichtige dadurch der Gefahr aussetzen wuumlrde sich selbst wegen einer von ihm begangenen Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit belasten zu muumlssen oder wenn gegen ihn bereits ein Steuerstraf- oder Buszliggeldverfahren eingeleitet worden ist Uumlber diese Rechtslage muss der Steuerpflichtige belehrt werden

6 Beamte der Steuerfahndung koumlnnen mit sonstigen Aufgaben betraut werden (sect 208 Abs 2 AO)

AEAO zu sect 218 - Verwirklichung von Anspruumlchen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis

1 Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (sect 37 AO) werden durch Verwaltungsakt konkretisiert Der - ggf materiell-rechtlich unrichtige - Verwaltungsakt beeinflusst zwar nicht die materielle Houmlhe des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhaumlltnis solange er jedoch besteht legt er fest ob und in welcher Houmlhe ein Anspruch durchgesetzt werden kann Maszliggebend ist allein der letzte Verwaltungsakt (zB derletzte Aumlnderungsbescheid oder der letzte Abrechnungsbescheid) Der einheitliche Anspruch aus dem Steuerschuldverhaumlltnis kann deshalb bei - ggf mehrfacher - Aumlnderung einer Festsetzung nicht in unterschiedliche Zahlungs- und Erstattungsanspruumlche aufgespalten werden (BFH-Urteil vom 621996 VII R 5095 BStBl 1997 II S 112)

Der Verwaltungsakt wirkt konstitutiv wenn es sich um steuerliche Nebenleistungen handelt deren Festsetzung in das Ermessen der Finanzbehoumlrde gestellt ist zB beim Verspaumltungszuschlag (sect 152 AO)

2 Bei Saumlumniszuschlaumlgen bedarf es keines Leistungsgebotes wenn sie zusammen mit der Steuer beigetrieben werden (sect 254 Abs 2 AO)

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3 Uumlber Streitigkeiten die die Verwirklichung von Anspruumlchen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis betreffen entscheiden die Finanzbehoumlrden durch Abrechnungsbescheid Als Rechtsbehelf ist der Einspruch gegeben Die Korrekturmoumlglichkeiten richten sich nach den sectsect 129 bis 131 AO

Eine Verfuumlgung uumlber die Anrechnung von Steuerabzugsbetraumlgen Steuervorauszahlungen und anrechenbarer Koumlrperschaftsteuer (Anrechnungsverfuumlgung) ist ein Verwaltungsakt mit Bindungswirkung Diese Bindungswirkung muss auch beim Erlass eines Abrechnungsbescheids nach sect 218 Abs 2 AO beachtet werden Deshalb kann im Rahmen eines Abrechnungsbescheids die Steueranrechnung zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen nur dann korrigiert werden wenn eine der Voraussetzungen der sectsect 129 bis 131 AO gegeben ist (vgl BFH-Urteil vom 1541997 VII R 10096 BStBl II S 787)

AEAO zu sect 219 - Zahlungsaufforderung bei Haftungsbescheiden

1 Es ist zu unterscheiden zwischen der gesetzlichen Entstehung der Haftungsschuld dem Erlass des Haftungsbescheids (sect 191 AO) und der Inanspruchnahme des Haftungsschuldners durch Zahlungsaufforderung (Leistungsgebot) sect 219 AO regelt nur die Zahlungsaufforderung Der Erlass des Haftungsbescheids selbst wird durch die Einschraumlnkung in der Vorschrift nicht gehindert Die Zahlungsaufforderung darf jedoch mit dem Haftungsbescheid nur verbunden werden wenn die Voraussetzungen des sect 219 AO vorliegen Ist ein Haftungsbescheid ohne Leistungsgebot ergangen beginnt die Zahlungsverjaumlhrung mit Ablauf des Kalenderjahres in dem dieser Bescheid wirksam geworden ist (sect 229 Abs 2 AO)

2 sect 219 AO ist Ausdruck des Grundsatzes dass der Haftungsschuldner nur nach dem Steuerschuldner (subsidiaumlr) fuumlr die Steuerschuld einzustehen hat Auch in den Faumlllen des sect 219 Satz 2 AO in denen das Gesetz eine unmittelbare Inanspruchnahme des Haftungsschuldners erlaubt kann es der Ausuumlbung pflichtgemaumlszligen Ermessens entsprechen sich zunaumlchst an den Steuerschuldner zu halten

AEAO zu sect 220 - Faumllligkeit

1 Die angemeldete Steuerverguumltung bzw das angemeldete Mindersoll ist erst faumlllig sobald dem Steuerpflichtigen die Zustimmung der Finanzbehoumlrde bekannt wird (sect 220 Abs 2 Satz 2 AO) Wird der Steuerpflichtige schriftlich bzw elektronisch uumlber die Zustimmung unterrichtet (zB zusammen mit einer Abrechnungsmitteilung) ist grundsaumltzlich davon auszugehen dass ihm die Zustimmung erst am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bzw nach der Absendung bekannt geworden ist Ergeht keine Mitteilung wird die Zustimmung dem Steuerpflichtigen grundsaumltzlich mit der Zahlung (sect 224 Abs 3 AO) der Steuerverguumltung bzw des Mindersolls bekannt

2 Zur Faumllligkeit von Insolvenzforderungen vgl AEAO zu sect 251 Nr 51

AEAO zu sect 224 - Leistungsort Tag der Zahlung

1 sect 224 Abs 2 Nr 3 AO stellt sicher dass Verzoumlgerungen bei der Einziehung aufgrund einer Einzugsermaumlchtigung nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen gehen

2 Die Regelungen zum Tag der Zahlung (sect 224 Abs 2 und 3 AO) gelten nur bei wirksam geleisteten Zahlungen dh wenn der geleistete Betrag den Empfaumlnger erreicht hat

AEAO zu sect 226 - Aufrechnung

1 Fuumlr die Aufrechnung gelten die Vorschriften sectsect 387 bis 396 BGB sinngemaumlszlig Eine Aufrechnung kann danach erst erklaumlrt werden wenn die Aufrechnungslage gegeben ist dies bedeutet Erfuumlllbarkeit (dh abstrakte Entstehung) der Verpflichtung des Aufrechnenden (Hauptforderung) und gleichzeitige Faumllligkeit seiner Forderung (Gegenforderung) Das Finanzamt ist allerdings an der Aufrechnung gehindert wenn die Durchsetzbarkeit der Gegenforderung durch Aussetzung der Vollziehung oder Stundung ausgeschlossen ist (vgl BFH-Urteil vom 3181995 VII R 5894 BStBl 1996 II S 55) Die Aufrechnungslage wird durch eine nachtraumlgliche ruumlckwirkende Stundung nicht beseitigt (BFH-Urteil vom 872004 VII R 5503 BStBl 2005 II S 7)

sect 215 erste Alternative BGB wird durch sect 226 Abs 2 AO ausgeschlossen Die Gegenseitigkeit von Forderungen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis ist gewahrt wenn die Abgabe derselben Koumlrperschaft zusteht (sect 226 Abs 1 AO) oder von derselben Koumlrperschaft verwaltet wird (sect 226 Abs 4 AO) Das Finanzamt kann daher von einem Steuerpflichtigen geforderte Erbschaftsteuer (dem Land allein zustehende Abgabe) gegen an diesen Steuerpflichtigen zu erstattenden Solidaritaumltszuschlag (dem Bund allein zustehende Abgabe) aufrechnen Bei der Aufrechnung durch den Steuerpflichtigen findet sect 395 BGB keine Anwendung (BFH-Urteil vom 2541989 VII R 10587 BStBl II S 949)

2 Eine Aufrechnung bewirkt nach sect 226 Abs 1 AO iVm sect 389 BGB dass die Forderungen soweit sie sich decken in dem Zeitpunkt als erloschen gelten in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenuumlberstehen Dabei ist nicht auf die Festsetzung oder die Faumllligkeit eines Steueranspruchs bzw eines Steuererstattungsanspruchs abzustellen sondern auf dessen abstrakte materiellrechtliche Entstehung (vgl BFH-Urteil vom 351991 V R 10586 BFHNV 1992 S 77) Materiellrechtlich

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entstehen Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis bereits mit Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes dh zB die veranlagte Einkommensteuer bereits mit Ablauf des Veranlagungszeitraumes auf die Kenntnis des Finanzamts oder des Steuerpflichtigen uumlber Grund und Houmlhe der abstrakt entstandenen Anspruumlche kommt es nicht an

Das Steuererhebungsverfahren knuumlpft aber - anders als das Zivilrecht - nicht an die abstrakte Entstehung sondern an die Konkretisierung des Steueranspruchs bzw Steuererstattungsanspruchs durch dessen Festsetzung im Steuerbescheid und seine hieran anschlieszligende Faumllligkeit an (vgl sect 218 Abs 1 AO) Deshalb geht die Ruumlckwirkung einer Aufrechnung bei der Berechnung von Zinsen und Saumlumniszuschlaumlgen nicht uumlber den Zeitpunkt der Faumllligkeit der Schuld des Aufrechnenden hinaus (vgl sect 238 Abs 1 Satz 3 und sect 240 Abs 1 Satz 5 AO) Rechnet das Finanzamt mit einer Steuerforderung gegen eine spaumlter als die Steuerforderung faumlllig gewordene Erstattungsforderung auf bleiben deshalb Saumlumniszuschlaumlge hinsichtlich der zur Aufrechnung gestellten Steuerforderung fuumlr die Zeit vor der Faumllligkeit der Erstattungsforderung bestehen

Bei der Umbuchung von Steuererstattungs- oder Steuerverguumltungsanspruumlchen die sich aus Steueranmeldungen ergeben gilt die ErstattungVerguumltung aus Billigkeitsgruumlnden als am Tag des Eingangs der Steueranmeldung fruumlhestens jedoch als am ersten Tag des auf den Anmeldungszeitraums folgenden Monats geleistet (Wertstellung) Dies gilt entsprechend wenn die Steuererstattung oder Steuerverguumltung abweichend von der Steueranmeldung festgesetzt wird

3 Soweit sich die Aufrechnungslage weder aus sect 226 Abs 1 AO aufgrund der Ertragsberechtigung noch aus sect 226 Abs 4 AO aufgrund der Verwaltungshoheit ergibt kann in geeigneten Faumlllen die erforderliche Gegenseitigkeit seitens der Finanzverwaltung dadurch hergestellt werden dass zwecks Einziehung der zu erhebende (ggf anteilige) Anspruch an die Koumlrperschaft die den anderen Anspruch zu erfuumlllen hat abgetreten und damit die Glaumlubiger-Schuldneridentitaumlt iSd sect 226 Abs 1 AO herbeigefuumlhrt wird (BFH-Urteil vom 591989 VII R 3387 BStBl II S 1004)

4 Fuumlr die Erklaumlrung der Aufrechnung ist grundsaumltzlich die Behoumlrde zustaumlndig die den Anspruch gegen den aufgerechnet werden soll zu erfuumlllen hat

5 Liegen die Voraussetzungen fuumlr eine Aufrechnung nicht vor bleibt die Moumlglichkeit einer vertraglichen Verrechnung der Forderungen Ein solcher Verrechnungsvertrag kommt zB dadurch zustande dass der Unternehmer (eine Personengesellschaft) gleichzeitig mit der Umsatzsteuer-Voranmeldung dem Finanzamt die Verrechnung seines Umsatzsteuer-Erstattungsanspruchs mit der Einkommensteuer-Forderung des Finanzamts an einen der Gesellschafter anbietet und das Finanzamt dieses Angebot ausdruumlcklich oder stillschweigend annimmt Die Rechtswirksamkeit eines Verrechnungsvertrags ist nach den allgemeinen Rechtsgrundsaumltzen uumlber den Abschluss von Vertraumlgen zu beurteilen (BFH-Urteile vom 13101972 III R 1172 BStBl 1973 II S 66 vom 2131978 VIII R 6073 BStBl II S 606 und vom 30101984 VII R 7081 BStBl 1985 II S 114)

AEAO zu sect 228 - Gegenstand der Verjaumlhrung Verjaumlhrungsfrist

1 Die Zahlungsverjaumlhrung erstreckt sich auch auf Anspruumlche des Steuerpflichtigen Der einheitliche Anspruch aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (zB fuumlr die Steuer eines Veranlagungszeitraums) kann bei shyggf mehrfach - geaumlnderter Festsetzung nicht in unterschiedliche Zahlungs- und Erstattungsanspruumlche aufgespalten werden die bezogen auf die jeweils ergangenen Verwaltungsakte unterschiedlichen Verjaumlhrungsfristen unterliegen (BFH-Urteil vom 621996 VII R 5095 BStBl 1997 II S 112)

2 Faumlllt das Ende der Verjaumlhrungsfrist auf einen Sonntag einen gesetzlichen Feiertag oder einen Sonnabend so endet die Verjaumlhrungsfrist erst mit dem Ablauf des naumlchstfolgenden Werktages (sect 108 Abs 3 AO)

3 Die Zahlungsverjaumlhrung fuumlhrt zum Erloumlschen des Anspruchs (sectsect 47 232 AO)

AEAO zu sect 229 - Beginn der Verjaumlhrung

Die Zahlungsverjaumlhrung beginnt grundsaumltzlich mit Ablauf des Kalenderjahres in dem der Anspruch erstmals faumlllig geworden ist Wird durch eine Steueranmeldung oder Steuerfestsetzung erst die Voraussetzung fuumlr die Durchsetzung des Anspruchs geschaffen so beginnt die Verjaumlhrung auch bei fruumlherer Faumllligkeit des Anspruchs (zB bei den sog Faumllligkeitssteuern) nicht vor Ablauf des Kalenderjahres in dem die Steueranmeldung oder dieFestsetzung die Aufhebung oder Aumlnderung der Festsetzung eines Anspruchs wirksam geworden ist Dies gilt unabhaumlngig davon ob der Bescheid angefochten wird oder nicht

AEAO zu sect 231 - Unterbrechung der Verjaumlhrung

1 Zu den Unterbrechungstatbestaumlnden gehoumlrt auch die schriftliche bzw elektronische Geltendmachung eines Zahlungsanspruchs durch den Steuerpflichtigen

2 Eine dem Zahlungspflichtigen von der Finanzbehoumlrde bekannt gegebene Maszlignahme iSd sect 231 Abs 1 AO unterbricht die Zahlungsverjaumlhrung auch dann wenn es sich bei dieser Maszlignahme um einen Verwaltungsakt handelt der rechtswidrig oder nichtig oder ruumlckwirkend aufgehoben worden ist (vgl BFH-Beschluss vom 2162010 VII R 2708 BStBl 2011 II S 331)

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AEAO zu sect 233a - Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen

Inhaltsuumlbersicht

1 Allgemeines

2 Sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich

3 Zinsschuldner-glaumlubiger

4 - 9 Zinslauf

10 Zinslaufbeginn bei ruumlckwirkenden Ereignissen und Verlustruumlcktraumlgen

11 - 13 Grundsaumltze der Zinsberechnung

14 - 40 Zinsberechnung bei der erstmaligen Steuerfestsetzung

41 - 59 Zinsberechnung bei einer Korrektur der Steuerfestsetzung oder der Anrechnung von Steuerbetraumlgen

60 Zinsberechnung bei sog NV-Faumlllen

61 Zinsberechnung bei der Vermoumlgensteuer

62 Zinsberechnung bei Vorsteuer-Verguumltungsanspruumlchen

63 - 68 Verhaumlltnis zu anderen steuerlichen Nebenleistungen

69 - 70 Billigkeitsmaszlignahmen

71 - 73 Rechtsbehelfe

74 Beruumlcksichtigung ruumlckwirkender Ereignisse in Grundlagenbescheiden

Allgemeines

1 Die Verzinsung nach sect 233a AO (Vollverzinsung) soll im Interesse der Gleichmaumlszligigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen einen Ausgleich dafuumlr schaffen dass die Steuern trotz gleichen gesetzlichen Entstehungszeitpunkts aus welchen Gruumlnden auch immer zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und erhoben werden Die Verzinsung ist gesetzlich vorgeschrieben die Zinsfestsetzung steht nicht im Ermessen der Finanzbehoumlrde Die Zinsen werden grundsaumltzlich im automatisierten Verfahren berechnet festgesetzt und zum Soll gestellt Die Zinsfestsetzung wird regelmaumlszligig mit dem Steuerbescheid oder der Abrechnungsmitteilung verbunden

Sachlicher und zeitlicher Geltungsbereich

2 Die Verzinsung nach sect 233a AO ist beschraumlnkt auf die Festsetzung der Einkommen- Koumlrperschaft- Vermoumlgen- Umsatz- und Gewerbesteuer (sect 233a Abs 1 Satz 1 AO) Zu verzinsen ist auch der Steuerverguumltungsanspruch nach sect 18 Abs 9 UStG iVm sectsect 59 ff UStDV (BFH-Urteil vom 1742008 V R 4106 BStBl 2009 II S 2) zur Zinsberechnung vgl auch AEAO zu sect 233a Nr 62 Von der Verzinsung ausgenommen sind die uumlbrigen Steuern und Abgaben sowie Steuervorauszahlungen und Steuerabzugsbetraumlge (sect 233a Abs 1 Satz 2 AO) vgl auch BFH-Beschluss vom 1892007 I R 1505 BStBl 2008 II S 332 und BVerfG-Beschluss vom 392009 1 BvR 109808 BFHNV S 2115 Auch bei der Nachforderung von Abzugsteuern gegenuumlber dem Arbeitnehmer (vgl BFH-Urteil vom 17112010 I R 6810 BFHNV 2011 S 737) der Festsetzung der vom Arbeitgeber uumlbernommenen Lohnsteuer sowie der Festsetzung der Umsatzsteuer im Abzugsverfahren erfolgt keine Verzinsung nach sect 233a AO Kirchensteuern werden nur verzinst soweit die Landeskirchensteuergesetze dies vorsehen Als Einfuhrabgabe unterliegt die Einfuhrumsatzsteuer den sinngemaumlszlig geltenden Vorschriften fuumlr Zoumllle weshalb ein sich bei der Festsetzung von Einfuhrumsatzsteuer ergebender Unterschiedsbetrag nicht nach sect 233a AO zu verzinsen ist (BFH-Urteil vom 2392009 VII R 4408 BStBl 2010 II S 334) Der AO laumlsst sich im Uumlbrigen kein allgemeiner Grundsatz des Inhalts entnehmen dass Anspruumlche des Steuerpflichtigen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis auch ohne einzelgesetzliche Grundlage stets zu verzinsen sind (vgl BFH-Urteil vom 16122009 I R 4809 BFHNV 2010 S 827)

Zinsschuldner-glaumlubiger

3 Bei der Verzinsung von Steuernachzahlungen ist der Steuerschuldner auch Zinsschuldner Schulden mehrere Personen die Steuer als Gesamtschuldner sind sie auch Gesamtschuldner der Zinsen Bei der Verzinsung von Erstattungsanspruumlchen ist grundsaumltzlich der Glaumlubiger des Erstattungsanspruchs Zinsglaumlubiger Die Aufteilung der Zinsen nach sectsect 268 ff AO hat fuumlr die Zinsberechnung keine Bedeutung Zur Abtretung eines Anspruchs auf Erstattungszinsen vgl AEAO zu sect 46 Nr 1

Zinslauf

4 Der Zinslauf beginnt im Regelfall 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem die Steuer entstanden ist (Karenzzeit nach sect 233a Abs 2 Satz 1 AO) Er endet mit Ablauf des Tages an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird (sect 233a Abs 2 Satz 3 AO) Sind Steuern zu verzinsen die vor dem 111994 entstanden sind endet der Zinslauf spaumltestens vier Jahre nach seinem Beginn (Art 97 sect 15

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Abs 8 EGAO) Der Zeitpunkt der Zahlung oder der Faumllligkeit der Steuernachforderung oder der Steuererstattung ist grundsaumltzlich unbeachtlich

5 Bei Steuerfestsetzungen durch Steuerbescheid endet der Zinslauf am Tag der Bekanntgabe des Steuerbescheids (sect 124 Abs 1 Satz 1 iVm sect 122 AO) Bei Umsatzsteuererklaumlrungen mit einem Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen endet der Zinslauf grundsaumltzlich am Tag des Eingangs der Steueranmeldung (sect 168 Satz 1 AO) Bei zustimmungsbeduumlrftigen Umsatzsteuererklaumlrungen mit einem Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen endet der Zinslauf grundsaumltzlich mit Ablauf des Tages an dem dem Steuerpflichtigen die Zustimmung der Finanzbehoumlrde bekannt wird (vgl AEAO zu sect 168 Nrn 3 und 4) Dies gilt auch in den Faumlllen in denen die Zustimmung allgemein erteilt wird (vgl AEAO zu sect 168 Nr 9)

6 Ein voller Zinsmonat (sect 238 Abs 1 Satz 2 AO) ist erreicht wenn der Tag an dem der Zinslauf endet hinsichtlich seiner Zahl dem Tag entspricht der dem Tag vorhergeht an dem die Frist begann (BFH-Urteil vom 2471996 X R 11992 BStBl 1997 II S 6) Begann der Zinslauf zB am 14 und wurde die Steuerfestsetzung am 304 bekannt gegeben ist bereits ein voller Zinsmonat gegeben

7 Behauptet der Steuerpflichtige ihm sei der Steuerbescheid bzw die erweiterte Abrechnungsmitteilung spaumlter als nach der Zugangsvermutung des sect 122 Abs 2 AO zugegangen bleibt der urspruumlngliche Bekanntgabetag fuumlr die Zinsberechnung maszliggebend wenn das Guthaben bereits erstattet wurde Gleiches gilt wenn der Steuerbescheid bzw die Abrechnungsmitteilung nach einem erfolglosen Bekanntgabeversuch erneut abgesandt wird und das Guthaben bereits erstattet wurde Wurde bei einer Aumlnderung Berichtigung einer Steuerfestsetzung vor ihrer Bekanntgabe ein Guthaben bereits erstattet ist allerdings die Zinsfestsetzung im bekannt gegebenen Bescheid so durchzufuumlhren als ob das Guthaben noch nicht erstattet worden waumlre

8 Fuumlr die Einkommen- und Koumlrperschaftsteuer betraumlgt die Karenzzeit 23 Monate (bei Steuern die vor dem 112010 entstehen 21 Monate vgl Art 97 sect 15 Abs 11 EGAO) wenn die Einkuumlnfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der erstmaligen Steuerfestsetzung fuumlr das jeweilige Jahr uumlberwiegen (sect 233a Abs 2 Satz 2 AO) vgl dazu auch das BFH-Urteil vom 1372006 IV R 505 BStBl II S 881 Unter dieser Voraussetzung beginnt der Zinslauf fuumlr die Einkommen- und Koumlrperschaftsteuer 2010 daher nicht bereits am 142012 sondern am 1122012 Eine uumlber die Karenzzeit hinaus gewaumlhrte Frist zur Abgabe der Steuererklaumlrung ist fuumlr die Verzinsung unbeachtlich

9 Stellt sich spaumlter heraus dass die Einkuumlnfte aus Land- und Forstwirtschaft die anderen Einkuumlnfte nicht uumlberwiegen bleibt es gleichwohl bei der Karenzzeit von 23 Monaten Umgekehrt bleibt es bei der Karenzzeit von 15 Monaten wenn sich spaumlter herausstellt dass entgegen den Verhaumlltnissen bei der erstmaligen Steuerfestsetzung die Einkuumlnfte aus Land- und Forstwirtschaft die uumlbrigen Einkuumlnfte uumlberwiegen Sind die Einkuumlnfte aus Land- und Forstwirtschaft negativ uumlberwiegen die anderen Einkuumlnfte wenn diese positiv oder in geringerem Maszlige negativ sind

10 Zinslaufbeginn bei ruumlckwirkenden Ereignissen und Verlustruumlcktraumlgen

101 Soweit die Steuerfestsetzung auf der erstmaligen Beruumlcksichtigung eines ruumlckwirkenden Ereignisses oder eines Verlustruumlcktrags beruht beginnt der Zinslauf nach sect 233a Abs 2a AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem das ruumlckwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist Die steuerlichen Auswirkungen eines Verlustruumlcktrags bzw eines ruumlckwirkenden Ereignisses werden daher bei der Berechnung von Zinsen nach sect 233a AO erst ab einem vom Regelfall abweichenden spaumlteren Zinslaufbeginn beruumlcksichtigt Soweit sect 10d Abs 1 EStG entsprechend gilt bzw Verluste nach Maszliggabe des sect 10d Abs 1 EStG ruumlcktragsfaumlhig sind ist sect 233a Abs 2a AO entsprechend anzuwenden (vgl zB sect 10b Abs 1 Saumltze 4 und 5 und sect 23 Abs 3 Satz 9 EStG)

102 Ob ein Ereignis steuerliche Ruumlckwirkung hat beurteilt sich nach dem jeweils anzuwendenden Steuergesetz (BFH-Urteil vom 2671984 IV R 1083 BStBl II S 786) Beispiele vgl AEAO zu sect 175 Nr 24

sect 233a Abs 2a AO ist auch dann anzuwenden wenn ein ruumlckwirkendes Ereignis bereits bei der erstmaligen Steuerfestsetzung beruumlcksichtigt wird

1021 Bei einem zulaumlssigen Wechsel der Veranlagungsart (Zusammenveranlagung nach bereits erfolgter getrennter Veranlagung getrennte Veranlagung nach bereits erfolgter Zusammenveranlagung) beruhen sowohl die Aufhebung desder urspruumlnglichen Bescheide(s) als auch der Erlass derdes neuen Bescheide(s) auf einem ruumlckwirkenden Ereignis Dies gilt unabhaumlngig davon ob es sich um den antragstellenden Ehegatten oder den anderen Ehegatten handelt Dass die verfahrensrechtliche Umsetzung des Wechsels der Veranlagungsart beim antragstellenden Ehegatten nicht nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO erfolgt steht dem nicht entgegen sect 233a Abs 2a AO findet sowohl bei der Aufhebung der urspruumlnglichen Veranlagung(en) als auch beim Erlass derdes neuen Steuerbescheide(s) fuumlr beide Ehegatten Anwendung Fuumlr Lebenspartner gelten diese Regelungen ab dem Veranlagungszeitraum 2013 entsprechend

103 Ausnahmen

1031 Durch den erstmaligen Beschluss uumlber eine offene Gewinnausschuumlttung fuumlr ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr wurde - im Rahmen des Anrechnungsverfahrens (sect 34 Abs 12 Nr 1 KStG) - kein

173

abweichender Zinslauf gem sect 233a Abs 2a AO ausgeloumlst Dies gilt auch dann wenn dieser Beschluss erst nach Ablauf des folgenden Wirtschaftsjahres gefasst wurde (BFH-Urteil vom 29112000 I R 4500 BStBl 2001 II S 326) Um einen erstmaligen Gewinnverteilungsbeschluss in diesem Sinne handelt es sich jedoch nicht wenn der Beschluss einen vorangegangenen Beschluss der Gesellschaft ersetzte durch den der Gewinn des betreffenden Wirtschaftsjahres thesauriert worden war (BFH-Urteil vom 22102003 I R 1503 BStBl 2004 II S 398)

1032 Die Korrektur eines fuumlr das Betriebsvermoumlgen am Schluss des Wirtschaftsjahres maszliggebenden Wertansatzes der sich auf die Houmlhe des Gewinns der Folgejahre auswirkt loumlst keinen abweichenden Zinslauf gem sect 233a Abs 2a AO aus Zur Anwendung des sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO vgl AEAO zu sect 175 Nr 24

104 Bei verdeckten Gewinnausschuumlttungen unter Geltung des Anrechnungsverfahrens stellt die nachtraumlgliche Vorlage einer Bescheinigung gem sectsect 44 bis 46 KStG uumlber anrechenbare Koumlrperschaftsteuer aufgrund derer Einnahmen iSv sect 20 Abs 1 Nr 3 EStG zu erfassen sind ein ruumlckwirkendes Ereignis dar (vgl BFH-Urteil vom 1842000 VIII R 7598 BStBl II S 423 siehe auch Art 97 sect 9 Abs 3 EGAO) Der besondere Zinslauf ist dabei sowohl auf die Steuerfestsetzung als auch auf die Anrechnung anzuwenden

105 Der besondere Zinslauf nach sect 233a Abs 2a AO endet mit Ablauf des Tages an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird (sect 233a Abs 2 Satz 3 AO) Sind Steuern zu verzinsen die vor dem 111994 entstanden sind endet der besondere Zinslauf spaumltestens vier Jahre nach seinem Beginn (Art 97 sect 15 Abs 9 EGAO) sect 233a Abs 2a AO ist erstmals anzuwenden soweit die Verluste oder ruumlckwirkenden Ereignisse nach dem 31121995 entstanden bzw eingetreten sind (Art 97 sect 15 Abs 8 EGAO)

Grundsaumltze der Zinsberechnung

11 Die Zinsen betragen fuumlr jeden vollen Monat des Zinslaufs einhalb Prozent (sect 238 Abs 1 Satz 1 AO) Fuumlr ihre Berechnung wird der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren Betrag abgerundet (sect 238 Abs 2 AO) Dabei sind die zu verzinsenden Anspruumlche zu trennen wenn Steuerart Zeitraum oder der Tag des Beginns des Zinslaufs voneinander abweichen (vgl AEAO zu sect 238 Nr 2) Zinsen sind auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen gerundet festzusetzen (sect 239 Abs 2 Satz 1 AO) sie werden nur dann festgesetzt wenn sie mindestens zehn Euro betragen (sect 239 Abs 2 Satz 2 AO) Die durch das StEuglG geaumlnderten Regelungen in sectsect 238 Abs 2 und 239 Abs 2 AO gelten in allen Faumlllen in denen Zinsen nach dem 31122001 festgesetzt werden (Art 97 sect 15 Abs 10 EGAO) entscheidend ist damit wann die Zinsfestsetzung bekannt gegeben wird und nicht wann der Zinslauf begonnen oder geendet hat

12 Fuumlr die Zinsberechnung gelten die Grundsaumltze der sog Sollverzinsung Berechnungsgrundlage ist der Unterschied zwischen dem festgesetzten Soll und dem vorher festgesetzten Soll (Vorsoll) Bei der Berechnung von Erstattungszinsen gelten allerdings Besonderheiten wenn Steuerbetraumlge nicht oder nicht fristgerecht gezahlt wurden (sect 233a Abs 3 Satz 3 AO)

13 Es ist grundsaumltzlich unerheblich ob das Vorsoll bei Faumllligkeit getilgt worden ist Ggf treten insoweit besondere Zins- und Saumlumnisfolgen (zB Stundungszinsen Saumlumniszuschlaumlge) ein Nachzahlungszinsen nach sect 233a AO sind andererseits auch dann festzusetzen wenn das Finanzamt vor Festsetzung der Steuer freiwillige Leistungen auf die Steuerschuld angenommen hat und hierdurch die festgesetzte Steuerschuld insgesamt erfuumlllt wird Voraussetzung fuumlr die Verzinsung ist lediglich dass die Steuerfestsetzung zu einem Unterschiedsbetrag nach sect 233a Abs 3 AO fuumlhrt (sect 233a Abs 1 Satz 1 AO) Wegen des zeitanteiligen Erlasses von Nachzahlungszinsen in diesen Faumlllen vgl AEAO zu sect 233a Nr 70

Zinsberechnung bei der erstmaligen Steuerfestsetzung

14 Bei der erstmaligen Steuerfestsetzung (endguumlltige Steuerfestsetzung vorlaumlufige Steuerfestsetzung Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung) ist Berechnungsgrundlage der Unterschied zwischen dem dabei festgesetzten Soll (festgesetzte Steuer abzuumlglich anzurechnender Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnender Koumlrperschaftsteuer) und dem Vorauszahlungssoll Maszliggebend sind die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen (sect 233a Abs 3 Satz 1 AO) Einbehaltene und anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge sind unabhaumlngig vom Zeitpunkt der Zahlung durch den Abzugsverpflichteten zu beruumlcksichtigen

15 Vorauszahlungen koumlnnen innerhalb der gesetzlichen Fristen (zB sect 37 Abs 3 Satz 3 EStG) von Amts wegen oder auf Antrag des Steuerpflichtigen angepasst werden (BFH-Urteil vom 1072002 X R 6596 BFHNV S 1567) Leistet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Karenzzeit eine freiwillige Zahlung ist dies als Antrag auf Anpassung der bisher festgesetzten Vorauszahlungen anzusehen Zahlungen des Steuerpflichtigen die ohne wirksame Festsetzung der Vorauszahlungen erfolgen sind als freiwillige Zahlungen iSd Nr 701 zu behandeln Eine nachtraumlgliche Erhoumlhung der Vorauszahlungen zur Einkommen- oder Koumlrperschaftsteuer erfolgt nur dann wenn der Erhoumlhungsbetrag mindestens 5000euro betraumlgt (sect 37 Abs 5 Satz 2 EStG sect 31 Abs 1 KStG vgl auch BFH-Urteil vom 561996 X R 23493 BStBl II S 503)

174

16 Bei der Umsatzsteuer kann der Steuerpflichtige eine Anpassung der Vorauszahlungen durch die Abgabe einer berichtigten Voranmeldung (sect 153 Abs 1 AO) herbeifuumlhren Die berichtigte Voranmeldung steht einer geaumlnderten Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung gleich und bedarf keiner Zustimmung der Finanzbehoumlrde wenn sie zu einer Erhoumlhung der bisher zu entrichtenden Steuer oder einem geringeren Erstattungsbetrag fuumlhrt (vgl AEAO zu sect 168 Nr 12) Eine nach Ablauf der Karenzzeit abgegebene (erstmalige oder berichtigte) Voranmeldung ist bei der Berechnung des Unterschiedsbetrages nach sect 233a Abs 3 Satz 1 AO nicht zu beruumlcksichtigen In diesem Fall soll aber unverzuumlglich eine Festsetzung der Jahressteuer unter Vorbehalt der Nachpruumlfung erfolgen

17 Leistet der Steuerpflichtige nach Ablauf der Karenzzeit eine freiwillige Zahlung soll bei Vorliegen der Steuererklaumlrung unverzuumlglich eine Steuerfestsetzung erfolgen Diese Steuerfestsetzung kann zur Beschleunigung auch durch eine personelle Festsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung erfolgen In diesem Fall kann sich die Steuerfestsetzung auf die bisher festgesetzten Vorauszahlungen zuzuumlglich der freiwillig geleisteten Zahlung beschraumlnken Auf die Angabe der Besteuerungsgrundlagen kann dabei verzichtet werden

18 Bei der freiwilligen Zahlung kann grundsaumltzlich unterstellt werden dass die Zahlung ausschlieszliglich auf die Hauptsteuer (Einkommen- bzw Koumlrperschaftsteuer) entfaumlllt Die Folgesteuern sind ggf daneben festzusetzen und zu erheben

19 Ergibt sich bei der ersten Steuerfestsetzung ein Unterschiedsbetrag zuungunsten des Steuerpflichtigen (Mehrsoll) werden Nachzahlungszinsen fuumlr die Zeit ab Beginn des Zinslaufs bis zur Wirksamkeit der Steuerfestsetzung berechnet (sect 233a Abs 2 Satz 3 AO)

20 Beispiel 1

Einkommensteuer 2004

Steuerfestsetzung vom 8122006

bekannt gegeben am 11122006 21000 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

Soll 20000 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 13000 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) 7000 euro

Zu verzinsen sind 7000 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 11122006 (8 volle Monate x 05 = 4 )

festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen) 280 euro

21 Ergibt sich ein Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen (Mindersoll) ist dieser ebenfalls Grundlage der Zinsberechnung Um Erstattungszinsen auf festgesetzte aber nicht entrichtete Vorauszahlungen zu verhindern ist nur der tatsaumlchlich zu erstattende Betrag - und zwar fuumlr den Zeitraum zwischen der Zahlung der zu erstattenden Betraumlge und der Wirksamkeit der Steuerfestsetzung - zu verzinsen (sect 233a Abs 2 Satz 3 und Abs 3 Satz 3 AO)

22 Beispiel 2

Einkommensteuer 2004

Steuerfestsetzung vom 8122006

bekannt gegeben am 11122006 1000 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

Soll 0 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 13000 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 13000 euro

Da der Steuerpflichtige am 862006 5000 euro gezahlt hat und daruumlber hinaus keine weiteren Zahlungen erfolgt sind sind lediglich 5000 euro zu erstatten

Zu verzinsen sind 5000 euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 862006 bis 11122006 (6 volle Monate x 05 = 3 )

festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen) 150 euro

175

23 Besteht der zu erstattende Betrag aus mehreren Einzahlungen richtet sich der Zinsberechnungszeitraum nach der Einzahlung des jeweiligen Teilbetrags wobei unterstellt wird dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolgt

24 Der Erstattungsbetrag ist fuumlr die Zinsberechnung auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren Betrag abzurunden (zB ist ein Erstattungsbetrag von 375 euro auf 350 euro abzurunden) Ist mehr als ein Betrag (mehrere Einzahlungen) zu verzinsen so ist der durch die Rundung auf volle fuumlnfzig Euro sich ergebende Spitzenbetrag vom Teilbetrag mit dem aumlltesten Wertstellungstag abzuziehen

25 Die Verzinsung des zu erstattenden Betrages erfolgt nur bis zur Houmlhe des Mindersolls Freiwillig geleistete Zahlungen sollen zum Anlass genommen werden die bisher festgesetzten Vorauszahlungen anzupassen (vgl AEAO zu sect 233a Nrn 15 und 16) oder die Jahressteuer unverzuumlglich festzusetzen (vgl AEAO zu sect 233a Nr 17) Bis zur Festsetzung der Vorauszahlung oder der Jahressteuer sind sie aber zur Vermeidung von Missbraumluchen von der Verzinsung ausgeschlossen

26 Beispiel 3

Einkommensteuer 2004

Steuerfestsetzung vom 1972006

bekannt gegeben am 2472006 14000 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 2000 euro

Soll 12000euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 13000 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 1000 euro

Der Steuerpflichtige hat die Vorauszahlungen jeweils bei Faumllligkeit entrichtet am 2062006 zahlte er zusaumltzlich freiwillig 7000euro Zu erstatten sind daher insgesamt 8000euro

Zu verzinsen sind 1000 euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 2472006 (3 volle Monate x 05 = 15 )

festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen) 15 euro

27 Bei der Ermittlung freiwilliger (Uumlber-)Zahlungen des Steuerpflichtigen die bei der Berechnung der Erstattungszinsen auszliger Ansatz bleiben sind die zuletzt eingegangenen das Vorauszahlungssoll uumlbersteigenden Zahlungen als freiwillig anzusehen

28 Wenn bei der erstmaligen Steuerfestsetzung ein ruumlckwirkendes Ereignis oder ein Verlustruumlcktrag beruumlcksichtigt wurde beginnt der Zinslauf insoweit erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem dieses ruumlckwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist (sect 233a Abs 2a AO) Der Unterschiedsbetrag nach sect 233a Abs 3 Satz 1 AO ist deshalb in Teil-Unterschiedsbetraumlge aufzuteilen soweit diese einen unterschiedlichen Zinslaufbeginn nach sect 233a Abs 2 und Abs 2a AO haben (sect 233a Abs 7 Satz 1 1 Halbsatz AO) Innerhalb dieser Teil-Unterschiedsbetraumlge sind Sollminderungen und Sollerhoumlhungen mit gleichem Zinslaufbeginn zu saldieren

29 Die Teil-Unterschiedsbetraumlge sind in ihrer zeitlichen Reihenfolge beginnend mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn zu ermitteln (sect 233a Abs 7 Satz 1 2 Halbsatz AO) Dabei ist unerheblich ob sich der einzelne Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt

Zunaumlchst ist die fiktive Steuer zu ermitteln die sich ohne Beruumlcksichtigung ruumlckwirkender Ereignisse und Verlustruumlcktraumlge ergeben wuumlrde Die Differenz zwischen dieser fiktiven Steuer vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnende Koumlrperschaftsteuer und den festgesetzten Vorauszahlungen ist der erste fuumlr die Zinsberechnung maszliggebliche Teil-Unterschiedsbetrag

Im naumlchsten Schritt ist auf der Grundlage dieser fiktiven Steuerermittlung die fiktive Steuer zu berechnen die sich unter Beruumlcksichtigung der ruumlckwirkenden Ereignisse oder Verlustruumlcktraumlge mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn ergeben wuumlrde Die Differenz zwischen dieser und der zuvor ermittelten fiktiven Steuer jeweils vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnende Koumlrperschaftsteuer ist der fuumlr die Zinsberechnung maszliggebliche zweite Teil-Unterschiedsbetrag Dies gilt entsprechend fuumlr weitere Teil-Unterschiedsbetraumlge mit spaumlterem Zinslaufbeginn

30 Beispiel 4

Einkommensteuer 2004

176

zvE Steuer

erstmalige Steuerfestsetzung 50000 euro 14801 euro

dabei wurden beruumlcksichtigt

- Verlustruumlcktrag aus 2005 7500 euro

- ruumlckwirkendes Ereignis aus 2006 2500 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 0 euro

Soll 14801 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 10550 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) + 4251 euro

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen) 10550 euro

1 Schattenveranlagung (Steuerfestsetzung ohne Beruumlcksichtigung des Verlustruumlcktrags und des ruumlckwirkenden Ereignisses) 55000 euro 17200 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 0 euro

fiktives Soll 17200 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = + 6650 euro

2 Schattenveranlagung (1 Schattenveranlagung + Verlustruumlcktrag aus 2005) 47500 euro 13634 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 0 euro

fiktives Soll 13634 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = 3566euro

3 Schattenveranlagung (2 Schattenveranlagung + ruumlckwirkendes Ereignis aus 2006) 50000 euro 14801 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 0euro

fiktives Soll 14801 euro

Dritter Teil-Unterschiedsbetrag = + 1167 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge + 4251 euro

31 Alle Teil-Unterschiedsbetraumlge sind jeweils gesondert auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren Betrag abzurunden da der Zinslauf fuumlr die zu verzinsenden Betraumlge zu jeweils abweichenden Zeitpunkten beginnt (sect 238 Abs 2 AO)

32 Die auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge entfallenden Zinsen sind eigenstaumlndig und in ihrer zeitlichen Reihenfolge zu berechnen beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn (sect 233a Abs 7 Satz 1 2 Halbsatz AO) Dabei ist fuumlr jeden Zinslauf bzw Zinsberechnungszeitraum eigenstaumlndig zu pruumlfen inwieweit jeweils volle Zinsmonate vorliegen

zvE = zu versteuerndes Einkommen

zvE = zu versteuerndes Einkommen

177

33 Beispiel 5

Einkommensteuer 2004

zvE Steuer

Steuerfestsetzung vom 11122006

bekannt gegeben am 14122006 60723 euro 19306 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

Soll 18306 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 12000 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) + 6306 euro

Bei dieser Steuerfestsetzung wurde ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005 (Erhoumlhung des zvE um 2492 euro) beruumlcksichtigt

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen) 12000 euro

1 Schattenveranlagung (Steuerfestsetzung ohne Beruumlcksichtigung des ruumlckshywirkenden Ereignisses) 58231 euro 18135 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 17135 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = + 5135 euro

2 Schattenveranlagung (1 Schattenveranlagung + ruumlck wirkendes Ereignis aus 2005) 60723 euro 19306 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 18306 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = + 1171 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge + 6306 euro

Zinsberechnung

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142006 5135 euro

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142007 1171 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142006

Zu verzinsen sind 5100 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 14122006 (8 volle Monate x 05 = 4 )

Nachzahlungszinsen = 204 euro

Abrundung gemsect 238 Abs 2 AO 35 euro

zvE = zu versteuerndes Einkommen

zvE = zu versteuerndes Einkommen

178

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142007

Hinsichtlich des Teil-Unterschiedsbetrags von 1171 euro sind keine Nachzahlungszinsen zu berechnen da die fuumlr ihn maszliggebliche Karenzzeit im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist 0 euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen) 204 euro

34 Beispiel 6

Einkommensteuer 2004

zvE Steuer

Steuerfestsetzung vom 10122007

bekannt gegeben am 13122007 57781 euro 17924 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerbetraumlge 1000 euro

Soll 16924 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 12000 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) + 4924 euro

Bei dieser Steuerfestsetzung wurde ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005 (Erhoumlhung des zvE um 2571 euro) beruumlcksichtigt

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen) 12000 euro

1 Schattenveranlagung (Steuerfestsetzung ohne Beruumlcksichtigung des ruumlckshywirkenden Ereignisses) 55210 euro 16715 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 15715 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = + 3715 euro

2 Schattenveranlagung (1 Schattenveranlagung + ruumlckshywirkendes Ereignis aus 2005) 57781 euro 17924 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 16924 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = + 1209 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge + 4924 euro

Zinsberechnung

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142006 + 3715 euro

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142007 + 1209 euro

zvE = zu versteuerndes Einkommen

zvE = zu versteuerndes Einkommen

179

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142006

Zu verzinsen sind 3700 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 13122007 (20 volle Monate x 05 = 10 ) Nachzahlungszinsen 370 euro

Abrundung gem sect 238 Abs 2 AO 15 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142007

Zu verzinsen sind 1200euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142007 bis 13122007 (8 volle Monate x 05 = 4 )

Nachzahlungszinsen 48euro

Abrundung gem sect 238 Abs 2 AO 9 euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen 418 euro

35 Bei Teil-Unterschiedsbetraumlgen zugunsten des Steuerpflichtigen ist die Berechnung von Erstattungszinsen auf den fiktiv zu erstattenden Betrag begrenzt Dazu sind alle maszliggeblichen Zahlungen und der jeweilige Tag der Zahlung zu ermitteln Durch Gegenuumlberstellung dieser Zahlungen und der nach Nr 29 des AEAO zu sect 233a ermittelten fiktiven Steuer vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnende Koumlrperschaftsteuer ergibt sich der fiktive Erstattungsbetrag

Die Verzinsung der einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge beginnt fruumlhestens mit dem Tag der Zahlung Besteht der zu erstattende Betrag aus mehreren Einzahlungen richtet sich der Zinsberechnungszeitraum nach der Einzahlung des jeweiligen Teilbetrags wobei unterstellt wird dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolgt Bei weiteren Teil-Unterschiedsbetraumlgen zugunsten des Steuerpflichtigen bleiben die bereits bei einer vorangegangenen Zinsberechnung beruumlcksichtigten Zahlungen auszliger Betracht

Ist bei einem Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen mehr als ein Betrag (mehrere Einzahlungen) zu verzinsen so ist der durch die Rundung auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren sich ergebende Spitzenbetrag jeweils vom Teilbetrag mit dem aumlltesten Wertstellungstag abzuziehen

36 Beispiel 7

Einkommensteuer 2004

zvE Steuer

Steuerfestsetzung vom 11122006

bekannt gegeben am 14122006 10113 euro 509 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 250 euro

Soll 259 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 12750 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 12491 euro

Alle Vorauszahlungen wurden bereits in 2004 entrichtet so dass 12491 euro zu erstatten sind

Bei der Steuerfestsetzung wurde ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005 (Minderung des zvE um 7587 euro) beruumlcksichtigt

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

zvE = zu versteuerndes Einkommen

zvE = zu versteuerndes Einkommen

180

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen) 12750 euro

1 Schattenveranlagung (Steuerfestsetzung ohne Beruumlcksichtigung des ruumlckwirkenden Ereignisses) 17700 euro 2419 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 250 euro

fiktives Soll 2169 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = 10581 euro

2 Schattenveranlagung (1 Schattenveranlagung + ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005) 10113 euro 509 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 250 euro

fiktives Soll 259 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = 1910 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge 12491 euro

Zinsberechnung

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142006 10581 euro

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142007 1910 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142006

Gegenuumlberstellung der maszliggeblichen Zahlungen und des fiktiven Solls

Zahlung Tag der Zahlung

fiktives Soll

Fiktive Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

3250 euro

3250 euro

3250 euro

3000 euro

10122004

10092004

10062004

10032004

3250 euro

3250 euro

3250 euro

831 euro

0 euro

0 euro

0 euro

2169 euro

12750 euro 2169 euro 10581 euro 2169 euro

Zu verzinsen sind 10550euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 14122006 8 volle Monate x 05 = 4 )

Zinsen 422 euro

Abrundung gem sect 238 Abs 2 AO 31 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142007

Hinsichtlich des Teil-Unterschiedsbetrags von 1910euro sind keine Erstattungszinsen zu berechnen da die fuumlr ihn maszliggebliche

0 euro Karenzzeit im Zeitpunkt der

181

Steuerfestsetzung noch nicht abgelaufen ist

Insgesamt festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen) 422 euro

37 Beispiel 8

Einkommensteuer 2004

zvE Steuer

Steuerfestsetzung vom 10122007

bekannt gegeben am 13122007 10660 euro 626 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 350 euro

Soll 276 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 12650 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 12374 euro

Der Steuerpflichtige hat bis zum 3032006 insgesamt 7500 euro sowie am 392007 zusaumltzlich 5000 euro entrichtet Zu erstatten sind deshalb nur 12224 euro

Bei der Steuerfestsetzung wurde ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005 (Minderung des zvE um 8088 euro) beruumlcksichtigt

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen) 12650 euro

1 Schattenveranlagung (Steuerfestsetzung ohne Beruumlcksichtigung des ruumlckwirkenden Ereignisses) 18748 euro 2713 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 350 euro

fiktives Soll 2363 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = 10287 euro

2 Schattenveranlagung (1 Schattenveranlagung + ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005) 10660 euro 626 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 350 euro

fiktives Soll 276 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = 2087 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge 12374 euro

Zinsberechnung

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142006 10287euro

zvE = zu versteuerndes Einkommen

zvE = zu versteuerndes Einkommen

182

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142007 2087euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142006

Gegenuumlberstellung der maszliggeblichen Zahlungen und des fiktiven Solls

Zahlung Tag der Zahlung

fiktives Soll

fiktive Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

5000 euro

2500 euro

2500 euro

1250 euro

1250 euro

03092007

10122004

10092004

10062004

10032004

5000 euro

2500 euro

2500 euro

137 euro

0 euro

0 euro

0 euro

0 euro

1113 euro

1250 euro

12500 euro 2363 euro 10137 euro 2363 euro

Zu verzinsen sind 5000 euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 392007 bis 13122007 (3 volle Monate x 05 = 15 ) Zinsen (Erstattungszinsen) 75 euro

Zu verzinsen sind 5100 euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 13122007 (20 volle Monate x 05 = 10 ) Zinsen (Erstattungszinsen) 510 euro

Abrundung nach sect 238 Abs 2 AO 37 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142007

Gegenuumlberstellung der maszliggeblichen Zahlungen und des fiktiven Solls

Zahlung Tag der Zahlung

fiktives Soll

fiktive Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

0 euro 0 euro 0 euro

1113 euro 1250 euro

03092007 10122004 10092004 10062004 10032004

0 euro 0 euro 0 euro

1113 euro 974 euro

0 euro 0 euro 0 euro 0 euro

276 euro 2363 euro 276 euro 2087 euro 276 euro

Zu verzinsen sind 2050 euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142007 bis 13122007 (8 volle Monate x 05 = 4 ) Zinsen (Erstattungszinsen) 82 euro

Abrundung nach sect 238 Abs 2 AO 37 euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen) 667 euro

38 Bei Teil-Unterschiedsbetraumlgen zugunsten des Steuerpflichtigen sind neben der Berechnung von Erstattungszinsen die zuvor auf den Herabsetzungsbetrag ggf berechneten Nachzahlungszinsen zu mindern Nachzahlungszinsen entfallen dabei allerdings fruumlhestens ab dem Zeitpunkt in dem der Zinslauf des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen beginnt Nachzahlungszinsen fuumlr den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen bleiben endguumlltig bestehen (sect 233a Abs 7 Satz 2 AO) Nachzahlungszinsen mit unterschiedlichem Zinslaufbeginn sind in ihrer zeitlichen Reihenfolge beginnend mit den Nachzahlungszinsen mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn zu mindern

39 Beispiel 9

Einkommensteuer 2004

183

zvE Steuer

Steuerfestsetzung vom 9122008

bekannt gegeben am 12122008 35867 euro 8376 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

Soll 7376euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 9550 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 2174 euro

Der Steuerpflichtige hat bis zum 3132006 insgesamt 7000 euro sowie am 262007 weitere 2550 euro gezahlt

Bei dieser Steuerfestsetzung wurden ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005 (Erhoumlhung des zvE um 2500 euro) sowie ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2006 (Minderung des zvE um 17500 euro) beruumlcksichtigt

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

Vorsoll (festgesetzte Vorauszahlungen) 9550 euro

1 Schattenveranlagung (Steuerfestsetzung ohne Beruumlcksichtigung der ruumlckwirkenden Ereignisse aus 2005 und 2006) 50867 euro 14679 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 13679 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = + 4129 euro

2 Schattenveranlagung

(1 Schattenveranlagung + ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005) 53367 euro 15850 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 14850 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = + 1171 euro

3 Schattenveranlagung (2 Schattenveranlagung + ruumlckwirkendes Ereignis aus 2006) 35867 euro 8376 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

fiktives Soll 7376 euro

zvE = zu versteuerndes Einkommen

184

Dritter Teil-Unterschiedsbetrag = 7474 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge 2174 euro

Zinsberechnung

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142006 + 4129 euro

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142007 + 1171 euro

Teil-Unterschiedsbetrag mit Zinslaufbeginn 142008 7474 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142006

Zu verzinsen sind 4100 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 12122008 (32 volle Monate x 05 = 16 )

Zinsen (Nachzahlungszinsen) 656 euro

Abrundung nach sect 238 Abs 2 AO 29 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142007

Zu verzinsen sind 1150 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142007 bis 12122008 (20 volle Monate x 05 = 10 )

Zinsen (Nachzahlungszinsen) 115 euro

Abrundung nach sect 238 Abs 2 AO 21 euro

Verzinsung des Teil-Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142008 Gegenuumlberstellung der maszliggeblichen Zahlungen

und des fiktiven Solls

Zahlung Tag der Zahlung

fiktives Soll

fiktive Erstattung

unverzinster Zahlungsrest

2550 euro 2000 euro 2000 euro 2000 euro 1000 euro

02062007 10122004 10092004 10062004 10032004

2174 euro 0 euro 0 euro 0 euro 0 euro

376 euro 2000 euro 2000 euro 2000 euro 1000 euro

9550 euro 7376 euro 2174 euro 7376 euro

Zu verzinsen ist houmlchstens der fiktiv zu erstattende Betrag von 2150 euro fuumlr die Zeit vom 142008 bis zum 12122008 (8 volle Monate x 05 = 4 )

Zinsen (Erstattungszinsen) 86 euro

Abrundung nach sect 238 Abs 2 AO 24 euro

Anmerkung

Minderung zuvor berechneter Nachzahlungszinsen

185

abgerundet

4129 euro 4100 euro

7474 euro

3345 euro maximal 0 euro

4100 euro

4100 euro vom 142008 bis zum 12122008 (8 volle Monate x 05 = 4 ) 164 euro

1171 euro abgerundet 1150 euro

3345 euro

2174 euro maximal 0 euro

1150 euro

1150 euro vom 142008 bis zum 12122008 (8 volle Monate x 05 = 4 ) 46 euro

210 euro

210 euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen 475 euro

40 Wenn bei der Zinsberechnung mehrere Teil-Unterschiedsbetraumlge zu beruumlcksichtigen sind sind Zinsen nur dann festzusetzen wenn die Summe der auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge berechneten Zinsen mindestens zehn Euro betraumlgt (sect 239 Abs 2 Satz 2 AO) Nach sect 239 Abs 2 Satz 1 AO sind Zinsen auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen abzurunden Maszliggebend sind die festzusetzenden Zinsen dh die Summe der auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge berechneten Zinsen

Sofern die Summe aller fiktiven Erstattungen groumlszliger ist als die tatsaumlchliche Erstattung ist der Differenzbetrag fuumlr spaumltere Zinsberechnungen als fiktive Zahlung zu beruumlcksichtigen Als Zahlungstag dieser fiktiven Zahlung ist der Tag zu beruumlcksichtigen an dem die Steuerfestsetzung bzw die Steueranmeldung wirksam geworden ist

Zinsberechnung bei einer Korrektur der Steuerfestsetzung oder der Anrechnung von Steuerbetraumlgen

41 Falls anlaumlsslich einer Steuerfestsetzung Zinsen festgesetzt wurden loumlst die Aufhebung Aumlnderung oderBerichtigung dieser Steuerfestsetzung eine Aumlnderung der bisherigen Zinsfestsetzung aus (sect 233a Abs 5 Satz 1 1 Halbsatz AO) Dabei ist es gleichguumlltig worauf die Aufhebung Aumlnderungoder Berichtigung beruht (zB auch Aumlnderung durch Einspruchsentscheidung oder durch oder aufgrund der Entscheidung eines Finanzgerichts)

42 Soweit die Korrektur der Steuerfestsetzung auf der erstmaligen Beruumlcksichtigung eines ruumlckwirkenden Ereignisses oder eines Verlustruumlcktrags beruht beginnt der Zinslauf nach sect 233a Abs 2a AO erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres in dem das ruumlckwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist Gleiches gilt wenn ein bereits bei der vorangegangenen Steuerfestsetzung beruumlcksichtigter Verlustruumlcktrag bzw ein bereits bei der vorangegangen Steuerfestsetzungberuumlcksichtigtes ruumlckwirkendes Ereignis unmittelbar Aumlnderungen erfaumlhrt und der Steuerbescheid deshalb geaumlndert wird

Aufgrund der Anknuumlpfung der Verzinsung an die Soll-Differenz (vgl AEAO zu sect 233a Nr 46) ist keine besondere Zinsberechnung iSd sect 233a Abs 2a iVm Abs 7 AO vorzunehmen wenn ein Steuerbescheid in dem erstmals ein Verlustruumlcktrag bzw ein ruumlckwirkendes Ereignis beruumlcksichtigt worden ist spaumlter aus anderen Gruumlnden (zB zur Beruumlcksichtigung neuer Tatsachen iSd sect 173 AO) geaumlndert wird Dabei ist es fuumlr die Verzinsung auch unerheblich wenn sich die steuerlichen Auswirkungen des bereits in der vorherigen Steuerfestsetzung beruumlcksichtigten Verlustruumlcktrags bzw ruumlckwirkenden Ereignisses aufgrund der erstmaligen oder abweichenden Beruumlcksichtigung regulaumlr zu verzinsender Besteuerungsgrundlagen rechnerisch veraumlndern sollte Auch derartige materiell-rechtliche Folgeaumlnderungen sind bei der Verzinsung dem maszliggeblichen Aumlnderungsgrund (zB den neuen Tatsachen iSd sect 173 AO) zuzuordnen

Ergibt sich ein Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen entfallen auf diesen Betrag zuvor berechnete Zinsen nach sect 233a Abs 7 Satz 2 1 Halbsatz AO fruumlhestens ab Beginn

des fuumlr diesen Teil-Unterschiedsbetrag maszliggebenden Zinslaufs Zinsen fuumlr den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs dieses Teil-Unterschiedsbetrags bleiben nach sect 233a Abs 7 Satz 2

2 Halbsatz AO endguumlltig bestehen Deshalb koumlnnen die fuumlr den Zeitraum bis zum 3132008 verbliebenen Nachzahlungszinsen auch in spaumlteren Zinsfestsetzungen gemindert werden

186

43 Materielle Fehler iSd sect 177 AO werden bei dem Aumlnderungstatbestand berichtigt dessen Anwendung die saldierende Beruumlcksichtigung des materiellen Fehlers ermoumlglicht Deshalb ist der Saldierungsbetrag bei der Ermittlung des Teil-Unterschiedsbetrags zu beruumlcksichtigen der diesem Aumlnderungstatbestandzugrunde liegt Beruht die Saldierung nach sect 177 AO auf mehreren Aumlnderungstatbestaumlnden die einenunterschiedlichen Zinslaufbeginn aufweisen ist der Saldierungsbetrag den Aumlnderungstatbestaumlnden in chronologischer Reihenfolge zuzuordnen beginnend mit dem Aumlnderungstatbestand mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn

44 Ist bei der vorangegangenen Steuerfestsetzung eine Zinsfestsetzung unterblieben weil zB bei Wirksamkeit der Steuerfestsetzung die Karenzzeit noch nicht abgelaufen war oder die Zinsen weniger als zehn Euro betragen haben ist bei der erstmaligen Zinsfestsetzung aus Anlass der Aufhebung Aumlnderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung fuumlr die Berechnung der Zinsen ebenfalls der Unterschied zwischen dem neuen und dem fruumlheren Soll maszliggebend

45 Den Faumlllen der Aufhebung Aumlnderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung sind die Faumllle der Korrektur der Anrechnung von Steuerbetraumlgen (Steuerabzugsbetraumlge anzurechnende Koumlrperschaftsteuer) gleichgestellt (sect 233a Abs 5 Satz 1 2 Halbsatz AO) Die Zinsfestsetzung ist auch dann anzupassen wenn die Anrechnung von Steuerabzugsbetraumlgen oder von Koumlrperschaftsteuer in einem Abrechnungsbescheid nach sect 218 Abs 2 Satz 1 AO von der vorangegangenen Anrechnung abweicht Ist dem bisherigen Zinsbescheid ein unrichtiges Vorauszahlungssoll oder ein unrichtiger Wertstellungstag zugrunde gelegt worden kann demgegenuumlber eine Korrektur des Zinsbescheids nicht nach sect 233a Abs 5 AO sondern nur nach den allgemeinen Vorschriften erfolgen (zB sectsect 129 172 ff AO)

46 Grundlage fuumlr die Zinsberechnung ist der Unterschied zwischen dem neuen und dem fruumlheren Soll (Unterschiedsbetrag nach sect 233a Abs 5 Satz 2 AO) Dieser Unterschiedsbetrag ist in Teil-Unterschiedsbetraumlge aufzuteilen soweit diese einen unterschiedlichen Zinslaufbeginn nach sect 233a Abs 2 und Abs 2a AO haben (sect 233a Abs 7 Satz 1 1 Halbsatz AO) Innerhalb dieser Teil-Unterschiedsbetraumlge sind Sollminderungen und Sollerhoumlhungen mit gleichem Zinslaufbeginn zu saldieren

47 Die Teil-Unterschiedsbetraumlge sind in ihrer zeitlichen Reihenfolge beginnend mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn zu ermitteln (sect 233a Abs 7 Satz 1 2 Halbsatz AO) Dabei ist unerheblich ob sich der einzelne Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt

Zunaumlchst ist die fiktive Steuer zu ermitteln die sich ohne Beruumlcksichtigung ruumlckwirkender Ereignisse und Verlustruumlcktraumlge ergeben wuumlrde Die Differenz zwischen dieser fiktiven Steuer und der bisher festgesetzten Steuer jeweils vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnende Koumlrperschaftsteuer ist der erste fuumlr die Zinsberechnung maszliggebliche Teil-Unterschiedsbetrag

Im naumlchsten Schritt ist auf der Grundlage dieser fiktiven Steuerermittlung die fiktive Steuer zu berechnen die sich unter Beruumlcksichtigung der ruumlckwirkenden Ereignisse oder Verlustruumlcktraumlge mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn ergeben wuumlrde Die Differenz zwischen dieser und der zuvor ermittelten fiktiven Steuer jeweils vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnende Koumlrperschaftsteuer ist der fuumlr die Zinsberechnung maszliggebliche zweite Teil-Unterschiedsbetrag Dies gilt entsprechend fuumlr weitere Teil-Unterschiedsbetraumlge mit spaumlterem Zinslaufbeginn

48 Beispiel 10

Einkommensteuer 2004

zvE Steuer

bisherige Steuerfestsetzung 50000 euro 14801 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 500 euro

Soll 14301 euro

Aumlnderung der Steuerfestsetzung

(1) neue Tatsache 1500 euro

(2) Verlustruumlcktrag aus 2005 10000 euro

(3) ruumlckwirkendes Ereignis aus 2006 + 2500 euro 10771 euro

Neue Steuerfestsetzung 41000 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 500 euro

zvE = zu versteuerndes Einkommen

187

neues Soll 10271 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 4030 euro

Ermittlung der Teil-Unterschiedsbetraumlge

zvE Steuer

bisherige Festsetzung 50000 euro 14801 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 500 euro

Soll 14301 euro

1 Schattenveranlagung (bisherige Festsetzung + neue Tatsache) 48500 euro 14097 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 500 euro

Soll 13597 euro

Erster Teil-Unterschiedsbetrag = 704 euro

2 Schattenveranlagung (1 Schattenveranlagung + Verlustruumlcktrag aus 2005) 38500 euro 9736 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 500 euro

Soll 9236 euro

Zweiter Teil-Unterschiedsbetrag = 4361 euro

3 Schattenveranlagung (2 Schattenveranlagung + ruumlckwirkendes Ereignis aus 2006) 41000 euro 10771 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 500 euro

Soll 10271 euro

Dritter Teil-Unterschiedsbetrag = + 1035 euro

Summe der Teil-Unterschiedsbetraumlge 4030 euro

49 Alle Teil-Unterschiedsbetraumlge sind jeweils gesondert auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren Betrag abzurunden da der Zinslauf fuumlr die zu verzinsenden Betraumlge zu jeweils abweichenden Zeitpunkten beginnt (sect 238 Abs 2 AO)

50 Die auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge entfallenden Zinsen sind eigenstaumlndig und in ihrer zeitlichen Reihenfolge zu berechnen beginnend mit den Zinsen auf den Teil-Unterschiedsbetrag mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn (sect 233a Abs 7 Satz 1 2 Halbsatz AO) Dabei ist fuumlr jeden Zinslauf bzw Zinsberechnungszeitraum eigenstaumlndig zu pruumlfen inwieweit jeweils volle Zinsmonate vorliegen

51 Ergibt sich bei der Aufhebung Aumlnderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung oder der Ruumlcknahme dem Widerruf oder Berichtigung der Anrechnung von Steuerbetraumlgen ein Mehrsoll fallen hierauf Zinsen an die zu den bisher berechneten Zinsen hinzutreten

52 Beispiel 11

Einkommensteuer 2004

a) Erstmalige Steuerfestsetzung vom 11122006

bekannt gegeben am 14122006 22500 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 2500 euro

188

Soll 20000 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 13000 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) 7000 euro

Zu verzinsen sind 7000 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 14122006 (8 volle Monate x 05 = 4 )

festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen) 280 euro

b) Aumlnderung der Steuerfestsetzung nach sect 173 AO (Bescheid vom 1102007 bekannt gegeben am 4102007) 23500 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsshybetraumlge 2500 euro

Soll 21000 euro

abzuumlglich bisher festgesetzte Steuer (Soll) 20000 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) 1000 euro

Zu verzinsen sind 1000 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 4102007 (18 volle Monate x 05 = 9 )

Nachzahlungszinsen 90 euro

dazu bisher festgesetzte Zinsen 280 euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen 370 euro

53 Ergibt sich zugunsten des Steuerpflichtigen ein Mindersoll wird bis zur Houmlhe dieses Mindersolls nur der tatsaumlchlich zu erstattende Betrag verzinst und zwar ab dem Zeitpunkt der Zahlung bis zur Wirksamkeit der Steuerfestsetzung (sect 233a Abs 2 Satz 3 und Abs 3 Satz 3 AO) Zur Beruumlcksichtigung bei vorangegangenen Zinsfestsetzungen ermittelter fiktiver Zahlungen vgl AEAO zu sect 233a Nr 40 Steht die Zahlung noch aus werden keine Erstattungszinsen festgesetzt Besteht der zu erstattende Betrag aus mehreren Einzahlungen richtet sich der Zinsberechnungszeitraum nach der Einzahlung des jeweiligen Teilbetrags wobei unterstellt wird dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolgt

54 Neben der Berechnung der Erstattungszinsen sind die bisher auf den Herabsetzungsbetrag ggf berechneten Nachzahlungszinsen fuumlr die Zeit ab Beginn des Zinslaufs zu mindern Dabei darf jedoch houmlchstens auf den Unterschiedsbetrag der bei Beginn des Zinslaufs festgesetzten Steuer zuruumlckshygegangen werden um zu vermeiden dass eine Korrektur fuumlr einen Zeitraum erfolgt fuumlr den keine Nachzahlungszinsen berechnet worden sind

55 Beispiel 12

Einkommensteuer 2004

a) Steuerfestsetzung vom 12122006

bekannt gegeben am 15122006 22500 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsshybetraumlge 2500 euro

Soll 20000 euro

abzuumlglich festgesetzte Vorauszahlungen 13000 euro

Unterschiedsbetrag (Mehrsoll) 7000 euro

Der Steuerpflichtige hat innerhalb der Karenzzeit die Vorauszahlungen iHv 13000 euro sowie am 1562007 die Abschlusszahlung iHv 7000 euro gezahlt

189

Zu verzinsen sind 7000 euro zuungunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 142006 bis 15122006 (8 volle Monate x 05 = 4 )

festzusetzende Zinsen (Nachzahlungszinsen) 280 euro

b) Aumlnderung der Steuerfestsetzung nach sect 173 AO (Bescheid vom 12102007 bekannt gegeben am 15102007) 17500 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 2500 euro

Soll 15000 euro

abzuumlglich bisher festgesetzte Steuer (Soll) 20000 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 5000 euro

Zu erstatten sind 5000 euro

Zu verzinsen sind 5000 euro zugunsten des Steuerpflichtigen fuumlr die Zeit vom 1562007 bis 15102007 (4 volle Monate x 05 = 2 ) festzusetzende Zinsen (Erstattungszinsen) 100 euro

c) Bisher festgesetzte Zinsen + 280euro

Minderung zuvor berechneter Nachzahlungszinsen

7000 euro abgerundet 7000 euro

5000 euro

2000 euro maximal 2000 euro

5000 euro

5000 euro vom 142006 bis zum 15122006 (8 volle Monate x 05 = 4 ) 200 euro

+ 80 euro + 80euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen 20 euro

56 Bei Teil-Unterschiedsbetraumlgen zugunsten des Steuerpflichtigen ist die Berechnung von Erstattungszinsen auf den fiktiv zu erstattenden Betrag begrenzt Dazu sind alle maszliggeblichen Zahlungen (einschlieszliglich fiktiver Zahlungen iSd Nr 40 des AEAO zu sect 233a) und der jeweilige Tag der Zahlung zu ermitteln Durch Gegenuumlberstellung dieser Zahlungen und der nach Nr 47 des AEAO zu sect 233a fiktiv ermittelten Steuer vermindert um anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge und anzurechnende Koumlrperschaftsteuer ergibt sich der fiktive Erstattungsbetrag

Die Verzinsung der einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge beginnt fruumlhestens mit dem Tag der Zahlung Besteht der zu erstattende Betrag aus mehreren Einzahlungen richtet sich der Zinsberechnungszeitraum nach der Einzahlung des jeweiligen Teilbetrags wobei unterstellt wird dass die Erstattung zuerst aus dem zuletzt gezahlten Betrag erfolgt Bei weiteren Teil-Unterschiedsbetraumlgen zugunsten des Steuerpflichtigen bleiben die bereits bei einer vorangegangenen Zinsberechnung beruumlcksichtigten Zahlungen auszliger Betracht

Ist bei einem Teil-Unterschiedsbetrag zugunsten des Steuerpflichtigen mehr als ein Betrag (mehrere Einzahlungen) zu verzinsen so ist der durch die Rundung auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren sich ergebende Spitzenbetrag jeweils vom Teilbetrag mit dem aumlltesten Wertstellungstag abzuziehen

57 Bei Teil-Unterschiedsbetraumlgen zugunsten des Steuerpflichtigen sind neben der Berechnung von Erstattungszinsen die zuvor auf den Herabsetzungsbetrag ggf berechneten Nachzahlungszinsen zu mindern Nachzahlungszinsen entfallen dabei allerdings fruumlhestens ab dem Zeitpunkt in dem der Zinslauf des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen beginnt Nachzahlungszinsen fuumlr den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs des Teil-Unterschiedsbetrags zugunsten des Steuerpflichtigen bleiben endguumlltig bestehen (sect 233a Abs 7 Satz 2 AO) Nachzahlungszinsen mit unterschiedlichem Zinslaufbeginn sind in ihrer zeitlichen Reihenfolge beginnend mit den

190

Nachzahlungszinsen mit dem aumlltesten Zinslaufbeginn innerhalb dieser Gruppen beginnend mit den Nachzahlungszinsen mit dem juumlngsten Zinslaufende zu mindern

58 Beispiel 13 (Fortsetzung von Beispiel 9)

Einkommensteuer 2004

zvE Steuer

nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO geaumlnderte Steuerfestsetzung vom 2632010 bekanntgegeben am 2932010 27175 euro 5297 euro

abzuumlglich anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 1000 euro

Soll 4297 euro

abzuumlglich bisher festgesetzte Steuer (Soll) 7376 euro

Unterschiedsbetrag (Mindersoll) 3079 euro

Der Steuerpflichtige hat bis zum 3132006 insgesamt 7000 euro sowie am 262007 weitere 2550 euro gezahlt Aufgrund der Steuerfestsetzung vom 9122008 sind ihm bereits 2174 euro erstattet worden

Bei der geaumlnderten Steuerfestsetzung vom 2632010 wurde ein ruumlckwirkendes Ereignis aus 2005 (Minderung des zvE um 8692 euro) erstmals beruumlcksichtigt

Zinsberechnung

Verzinsung des Unterschiedsbetrags mit Zinslaufbeginn 142007

Gegenuumlberstellung der maszliggeblichen Zahlungen und des Solls

Zahlung Tag der Zahlung

Soll Erstattung unverzinster Zahlungsrest

376 euro 2000 euro 2000 euro 2000 euro 1000 euro

02062007 10122004 10092004 10062004 10032004

376 euro 2000 euro

703 euro 0 euro 0 euro

0 euro 0 euro

1297 euro 2000 euro 1000 euro

7376 euro 4297 euro 3079 euro 4297 euro

Zu verzinsen ist houmlchstens der abgerundete zu erstattende Betrag von 3050 euro

376 euro fuumlr die Zeit vom 262007 bis zum 29 32010 (33 volle Monate x 05 = 165 ) 6204 euro

2674 euro fuumlr die Zeit vom 142007 bis zum 2932010 (35 volle Monate x 05 = 175 ) 46795 euro

52999 euro

Zinsen (Erstattungszinsen) 52999 euro

Abrundung nach sect 238 Abs 2 AO 29 euro

Bisher festgesetzte Zinsen 47500 euro

zvE = zu versteuerndes Einkommen

191

Minderung zuvor berechneter Nachzahlungszinsen 000 euro

47500 euro 47500 euro

5499 euro

Insgesamt festzusetzende Zinsen 5500 euro

59 Zinsen werden nur festgesetzt wenn sie mindestens zehn Euro betragen (sect 239 Abs 2 Satz 2 AO) Dabei ist jeweils auf die sich insgesamt ergebenden Zinsen abzustellen nicht nur auf den Betrag der sich durch die Verzinsung des letzten Unterschiedsbetrags bzw Teil-Unterschiedsbetrags oder des letzten Erstattungsbetrags ergibt Waumlren insgesamt weniger als zehn Euro festzusetzen ist der bisherige Zinsbescheid zu aumlndern

Nach sect 239 Abs 2 Satz 1 AO sind Zinsen auf volle Euro zum Vorteil des Steuerpflichtigen zu runden Maszliggebend sind die festzusetzenden Zinsen dh die Summe der auf die einzelnen Teil-Unterschiedsbetraumlge berechneten Zinsen

Sofern die Summe aller fiktiven Erstattungen groumlszliger ist als die tatsaumlchliche Erstattung ist der Differenzbetrag fuumlr spaumltere Zinsberechnungen als fiktive Zahlung zu beruumlcksichtigen Als Zahlungstag dieser fiktiven Zahlung ist der Tag zu beruumlcksichtigen an dem die Steuerfestsetzung bzw die Steueranmeldung wirksam geworden ist

Zinsberechnung bei sog NV-Faumlllen

60 Ist eine Veranlagung zur Einkommensteuer nicht durchzufuumlhren weil die Voraussetzungen des sect 46 EStG nicht erfuumlllt sind sind festgesetzte und geleistete Vorauszahlungen zu erstatten Die Erstattungszinsen sind so zu berechnen als sei eine Steuerfestsetzung uumlber Null Euro erfolgt Wird eine Einkommensteuerfestsetzung die zu einer Erstattung gefuumlhrt hat aufgehoben und die Abrechnung geaumlndert so dass die bisher angerechneten Steuerabzugsbetraumlge zuruumlckgefordert werden ist diese Steuernachforderung zu verzinsen Eine bisher durchgefuumlhrte Zinsfestsetzung (Erstattungszinsen) ist nach sect 233a Abs 5 Satz 1 AO zu aumlndern

Zinsberechnung bei der Vermoumlgensteuer

611 Bei der Verzinsung der Vermoumlgensteuer ist die fuumlr jedes Jahr festgesetzte Steuer getrennt zu behandeln Dies gilt auch fuumlr die Kleinbetragsgrenze des sect 239 Abs 2 AO Obwohl die Vermoumlgensteuer mit Beginn des Kalenderjahres fuumlr das sie festzusetzen ist entsteht (sect 5 Abs 2 VStG) beginnt die 15shymonatige Karenzzeit erst mit Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres

612 Den Besonderheiten der Zinsberechnung bei der Haupt- und Nachveranlagung sowie bei der Neuveranlagung der Vermoumlgensteuer und der Aufhebung einer Vermoumlgensteuer-Veranlagung wird durch sect 233a Abs 3 Satz 2 AO Rechnung getragen Danach ist bei der Zinsberechnung jeweils der Unterschied entweder zwischen der festgesetzten Jahressteuer und den festgesetzten Vorauszahlungen oder der festgesetzten Jahressteuer und der bisher festgesetzten Jahressteuer maszliggebend Werden nach Beginn des Zinslaufs gleichzeitig eine (befristete) Hauptveranlagung und eine Neuveranlagung durchgefuumlhrt so ist bei der Ermittlung der Unterschiedsbetraumlge jeweils vom Vorauszahlungssoll auszugehen Wird die Neuveranlagung dagegen in zeitlichem Abstand nach der Hauptveranlagung durchgefuumlhrt so ist fuumlr die Zinsberechnung der Unterschiedsbetrag zum Hauptveranlagungssoll maszliggebend Anlaumlsslich einer Neu- oder Nachveranlagung oder Aufhebung der Veranlagung zur Vermoumlgensteuer ist eine bisherige Zinsfestsetzung entsprechend sect 233a Abs 5 AO zu aumlndern

Zinsberechnung bei Vorsteuer-Verguumltungsanspruumlchen

62 Betraumlgt der Verguumltungszeitraum weniger als ein Kalenderjahr (sect 60 UStDV) sind zur Berechnung des Unterschiedsbetrags alle fuumlr ein Kalenderjahr festgesetzten Verguumltungen zusammenzufassen Der Zinslauf beginnt grundsaumltzlich 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres fuumlr das die Verguumltung(en) festgesetzt worden sind (sect 233a Abs 2 Satz 1 AO) Er endet mit Ablauf des Tages an dem die Festsetzung der Verguumltung wirksam geworden ist (sect 233a Abs 2 Satz 3 AO) Zur Festsetzungsverjaumlhrung des Zinsanspruchs vgl sect 239 Abs 1 AO

Verhaumlltnis zu anderen steuerlichen Nebenleistungen

63 Zur Beruumlcksichtigung der Verzinsung nach sect 233a AO bei der Bemessung des Verspaumltungszuschlags vgl AEAO zu sect 152 Nr 8

Anmerkung Die in der vorangegangenen Zinsfestsetzung (Beispiel 9) fuumlr den Zeitraum bis zum Beginn des Zinslaufs des 3 Teil-Unterschiedsbetrags (dh fuumlr den Zeitraum bis zum 3132008) berechneten Nachzahlungszinsen bleiben nach sect 233a Abs 7 Satz 2 2 Halbsatz AO endguumlltig bestehen und koumlnnen deshalb in dieser Zinsfestsetzung nicht mehr gemindert werden Anmerkung Die Zinsen wurden zugunsten des Steuerpflichtigen gerundet (sect 239 Abs 2 Satz 1 AO)

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64 Die Erhebung von Saumlumniszuschlaumlgen (sect 240 AO) bleibt durch sect 233a AO unberuumlhrt da die Vollverzinsung nur den Zeitraum bis zur Festsetzung der Steuer betrifft Sollten sich in Faumlllen in denen die Steuerfestsetzung zunaumlchst zugunsten und sodann wieder zuungunsten des Steuerpflichtigengeaumlndert wird Uumlberschneidungen ergeben sind insoweit die Saumlumniszuschlaumlge zur Haumllfte zu erlassen

65 Uumlberschneidungen von Stundungszinsen und Nachzahlungszinsen nach sect 233a AO koumlnnen sich ergeben wenn die Steuerfestsetzung nach Ablauf der Stundung zunaumlchst zugunsten und spaumlter wieder zuungunsten des Steuerpflichtigen geaumlndert wird (siehe sect 234 Abs 1 Satz 2 AO) Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung werden Nachzahlungszinsen die fuumlr denselben Zeitraum festgesetzt wurden im Rahmen der Zinsfestsetzung auf Stundungszinsen angerechnet (sect 234 Abs 3 AO) Erfolgt die Zinsfestsetzung nach sect 233a AO aber erst nach Festsetzung der Stundungszinsen sind Nachzahlungszinsen insoweit nach sect 227 AO zu erlassen als sie fuumlr denselben Zeitraum wie die bereits erhobenen Stundungszinsen festgesetzt wurden

66 Uumlberschneidungen mit Hinterziehungszinsen (sect 235 AO) sind moumlglich etwa weil der Zinslauf mit Eintritt der Verkuumlrzung und damit vor Festsetzung der Steuer beginnt Zinsen nach sect 233a AO die fuumlr denselben Zeitraum festgesetzt wurden sind im Rahmen der Zinsfestsetzung auf die Hinterziehungszinsen anzurechnen (sect 235 Abs 4 AO) Dies gilt ungeachtet der unterschiedlichen ertragsteuerlichen Behandlung beider Zinsarten Zur Berechnung vgl AEAO zu sect 235 Nr 4

67 Prozesszinsen auf Erstattungsbetraumlge (sect 236 AO) werden ab Rechtshaumlngigkeit bzw ab dem Zahlungstag berechnet Uumlberschneidungen mit Erstattungszinsen nach sect 233a AO sind daher moumlglich Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung werden Zinsen nach sect 233a AO die fuumlr denselben Zeitraum festgesetzt wurden im Rahmen der Zinsfestsetzung auf die Prozesszinsen angerechnet (sect 236 Abs 4 AO)

68 Uumlberschneidungen mit Aussetzungszinsen (sect 237 AO) sind im Regelfall nicht moumlglich da Zinsen nach sect 233a Abs 1 bis 3 AO nur fuumlr den Zeitraum bis zur Festsetzung der Steuer Aussetzungszinsen jedoch fruumlhestens ab der Faumllligkeit der Steuernachforderung entstehen koumlnnen (vgl AEAO zu sect 237 Nr 6) Uumlberschneidungen koumlnnen sich aber ergeben wenn Aussetzungszinsen erhoben wurden weil die Anfechtung einer Steuerfestsetzung erfolglos blieb und die Steuerfestsetzung nach Abschluss des Rechtsbehelfsverfahrens (siehe sect 237 Abs 5 AO) zunaumlchst zugunsten und sodann zuungunsten des Steuerpflichtigen geaumlndert wird Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung werden Nachzahlungszinsen die fuumlr denselben Zeitraum festgesetzt wurden im Rahmen der Zinsfestsetzung auf Aussetzungszinsen angerechnet (sect 237 Abs 4 iVm sect 234 Abs 3 AO) Erfolgt die Zinsfestsetzung nach sect 233a AO aber erst nach Festsetzung der Aussetzungszinsen sind Nachzahlungszinsen insoweit nach sect 227 AO zu erlassen als sie fuumlr denselben Zeitraum wie die bereits erhobenen Aussetzungszinsen festgesetzt wurden

Billigkeitsmaszlignahmen

69 Allgemeines

691 Billigkeitsmaszlignahmen hinsichtlich der Zinsen kommen in Betracht wenn solche auch hinsichtlich der zugrunde liegenden Steuer zu treffen sind

692 Daneben sind auch zinsspezifische Billigkeitsmaszlignahmen moumlglich (BFH-Urteil vom 2471996 X R 2394 BFHNV 1997 S 92) Beim Erlass von Zinsen nach sect 233a AO aus sachlichen Billigkeitsgruumlnden iSd sectsect 163 227 AO ist zu beruumlcksichtigen dass die Entstehung des Zinsanspruchs dem Grunde und der Houmlhe nach gemaumlszlig Wortsinn Zusammenhang und Zweck des Gesetzes den Liquiditaumltsvorteil des Steuerschuldners und den Liquiditaumltsnachteil des Steuerglaumlubigers auszugleichen eindeutig unabhaumlngig von der konkreten Einzelfallsituation geregelt ist und rein objektiv ergebnisbezogen allein vom Eintritt bestimmter Ereignisse (Fristablauf iSd sect 233a Abs 2 oder 2a AO Unterschiedsbetrag iSd sect 233a Abs 1 Satz 1 iVm sect 233a Abs 3 oder 5 AO) abhaumlngt

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Verzinsung nach sect 233a AO einen Ausgleich dafuumlr schaffen dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen bdquoaus welchen Gruumlnden auch immerldquo zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und faumlllig werden (BFH-Urteile vom 2091995 X R 8694 BStBl 1996 II S 53 vom 561996 X R 23493 BStBl II S 503 und vom 1242000 XI R 2197 BFHNV S 1178) Fuumlr die Anwendung der Vorschrift sind daher die Ursachen und Begleitumstaumlnde im Einzelfall unbeachtlich Die reine Moumlglichkeit der Kapitalnutzung (vgl BFH-Urteil vom 25111997 IX R 2896 BStBl 1998 II S 550) bzw die bloszlige Verfuumlgbarkeit eines bestimmten Kapitalbetrages (BFH-Urteil vom 1242000 XI R 2197 BFHNV S 1178) reicht aus Rechtfertigung fuumlr die Entstehung der Zinsen nach sect 233a AO ist nicht nur ein abstrakter Zinsvorteil des Steuerschuldners sondern auch ein ebensolcher Nachteil des Steuerglaumlubigers (BFH-Urteil vom 1931997 I R 796 BStBl II S 446) Ein Verschulden ist prinzipiell irrelevant und zwar auf beiden Seiten des Steuerschuldverhaumlltnisses (vgl BFH-Entscheidungen vom 4111996 I B 6796 BFHNV 1997 S 458 vom 1541999 V R 6397 BFHNV S 1392 vom 352000 II B 12499 BFHNV S 1441 und vom 30112000 V B 16900 BFHNV 2001 S 656)

Zinsen nach sect 233a AO sind weder Sanktions- noch Druckmittel oder Strafe sondern laufzeitabhaumlngige Gegenleistung fuumlr eine moumlgliche Kapitalnutzung Vor diesem gesetzlichen Hintergrund ist es unerheblich ob der - typisierend vom Gesetz unterstellte - Zinsvorteil des Steuerpflichtigen auf einer

193

verzoumlgerten Einreichung der Steuererklaumlrung durch den Steuerpflichtigen oder einer verzoumlgerten Bearbeitung durch das Finanzamt beruht (vgl zB BFH-Beschluumlsse vom 352000 II B 12499 BFHNV S 1441 und vom 222001 XI B 9100 BFHNV S 1003) Bei der Verzinsung nach sect 233a AO kommt es auch nicht auf eine konkrete Berechnung der tatsaumlchlich eingetretenen Zinsvor- und -nachteile an (BFH-Urteil vom 1931997 I R 796 BStBl II S 446)

Die Erhebung von Zinsen auf einen Nachforderungsbetrag der sich nach der Korrektur einer Steuerfestsetzung ergibt entspricht (vom Anwendungsbereich des sect 233a Abs 2a und Abs 7 AO abgesehen) den Wertungen des sect 233a AO und ist nicht sachlich unbillig (siehe dazu sect 233a Abs 5 AO vgl BFH-Entscheidungen vom 1242000 XI R 2197 BFHNV S 1178 und vom 30112000 V B 16900 BFHNV 2001 S 656)

Andererseits ist fuumlr einen Ausgleich in Form einer Verzinsung der Steuernachforderung dann kein Raum wenn zweifelsfrei feststeht dass der Steuerpflichtige durch die verspaumltete Steuerfestsetzung keinen Vorteil erlangt hatte (vgl BFH-Urteile vom 1171996 V R 1895 BStBl 1997 II S 259 und vom 1242000 XI R 2197 BFHNV S 1178) Festgesetzte Nachzahlungszinsen sind in diesem Fall wegen sachlicher Unbilligkeit zu erlassen (vgl AEAO zu sect 233a Nr 70)

693 Eine gegenuumlber der Regelung in sect 233a AO houmlhere Festsetzung von Erstattungszinsen aus Billigkeitsgruumlnden ist nicht zulaumlssig

70 Einzelfragen

701 Leistungen vor Festsetzung der zu verzinsenden Steuer

7011 Zinsen nach sect 233a AO sind auch dann festzusetzen wenn vor Festsetzung der Steuer freiwillige Leistungen erbracht werden Nachzahlungszinsen sind aber aus sachlichen Billigkeitsgruumlnden zu erlassen soweit der Steuerpflichtige auf die sich aus der Steuerfestsetzung ergebende Steuerzahlungsforderung bereits vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung freiwillige Leistungen erbracht und das Finanzamt diese Leistungen angenommen und behalten hat

7012 Nachzahlungszinsen sind daher nur fuumlr den Zeitraum bis zum Eingang der freiwilligen Leistung zu erheben Wurde die freiwillige Leistung erst nach Beginn des Zinslaufs erbracht oder war sie geringer als der zu verzinsende Unterschiedsbetrag sind Nachzahlungszinsen aus Vereinfachungsgruumlnden insoweit zu erlassen wie die auf volle fuumlnfzig Euro abgerundete freiwillige Leistung fuumlr jeweils volle Monate vor Wirksamkeit der Steuerfestsetzung erbracht worden ist (fiktive Erstattungszinsen) Ein Zinserlass scheidet dabei aus wenn der zu erlassende Betrag weniger als zehn Euro betraumlgt (sect 239 Abs 2 Satz 2 AO)

Beispiel 14 (Fortsetzung von Beispiel 1)

Der Steuerpflichtige hat am 2642006 eine freiwillige Leistung iHv 4025 euro erbracht Die zu erlassenden Nachzahlungszinsen berechnen sich wie folgt

abgerundete freiwillige Leistung 4000 euro

Beginn des fiktiven Zinslaufs 2742006

Ende des fiktiven Zinslaufs (= Wirksamkeit der Steuerfestsetzung) 11122006

Zu erlassende Nachzahlungszinsen

4000 euro x 7 volle Monate x 05 = 140 euro

Sofern sich bei der Abrechnung der Steuerfestsetzung unter Beruumlcksichtigung der freiwilligen Leistungen eine Ruumlckzahlung ergibt sind hierfuumlr keine Erstattungszinsen festzusetzen Leistungen die den Unterschiedsbetrag uumlbersteigen sind bei dem Erlass von Nachzahlungszinsen nicht zu beruumlcksichtigen

Beispiel 15 (Fortsetzung von Beispiel 1)

Der zu verzinsende Unterschiedsbetrag betraumlgt 7000 euro Der Steuerpflichtige hat am 2642006 eine Zahlung iHv 8025 euro geleistet Die zu erlassenden Nachzahlungszinsen berechnen sich wie folgt

- auf die sich aus der Steuerfestsetzung ergebende Steuerzahlungsforderung erbrachte - (abgerundete) freiwillige Leistung 7000 euro

Beginn des fiktiven Zinslaufs 2742006

Ende des fiktiven Zinslaufs 11122006

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(= Wirksamkeit der Steuerfestsetzung)

Zu erlassende Nachzahlungszinsen

7000 euro x 7 volle Monate x 05 = 245 euro

7013 Wenn das Finanzamt dem Steuerpflichtigen faumllschlicherweise Vorauszahlungen zuruumlckgezahlt hat sind Nachzahlungszinsen nur zu erlassen soweit der Steuerpflichtige nicht nur das Finanzamt auf diesen Fehler aufmerksam gemacht sondern auch die materiell ungerechtfertigte Steuererstattung unverzuumlglich an das Finanzamt zuruumlckuumlberwiesen hat Die Grundsaumltze des BFH-Urteils vom 25111997 IX R 2896 BStBl 1998 II S 550 sind nicht uumlber den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden

702 Billigkeitsmaszlignahmen bei der Verzinsung von Umsatzsteuer

7021 Die Verzinsung nachtraumlglich festgesetzter Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer ist nicht sachlich unbillig wenn sich per saldo ein Ausgleich der Steuerforderung mit den vom Leistungsempfaumlnger abgezogenen Vorsteuerbetraumlgen ergibt (vgl BFH-Urteile vom 2011997 V R 2895 BStBl II S 716 und vom 1541999 V R 6397 BFHNV S 1392)

7022 Eine Billigkeitsmaszlignahme kommt daher auch dann nicht in Betracht wenn Leistender und Leistungsempfaumlnger einen umsatzsteuerlich relevanten Sachverhalt nicht bereits in den entsprechenden Voranmeldungen sondern jeweils erst in den Jahresanmeldungen angeben etwa wenn bei der steuerpflichtigen Uumlbertragung eines Sozietaumltsanteils das Veraumluszligerungsgeschaumlft sowohl vom Veraumluszligerer als auch vom Erwerber erst in der Umsatzsteuer-Jahreserklaumlrung und nicht bereits in der entsprechenden Umsatzsteuer-Voranmeldung erfasst wird Der Erwerber tritt bei einer solchen Fallgestaltung oftmals seinen Vorsteuererstattungsanspruch in voller Houmlhe an den Veraumluszligerer ab Der Veraumluszligerer hat seine Verpflichtung den Umsatz aus der Teilbetriebsveraumluszligerung im zutreffenden Voranmeldungszeitraum zu beruumlcksichtigen verletzt weshalb die nachtraumlgliche Erfassung in der Jahressteuerfestsetzung eine entsprechende Nachforderung und dementsprechend Nachforderungszinsen ausloumlst Die Verzinsung nachtraumlglich festgesetzter Umsatzsteuer beim Leistenden ist auch deshalb nicht unbillig weil die zu verzinsende Umsatzsteuer fuumlr steuerbare und steuerpflichtige Leistungen unabhaumlngig davon entsteht ob der leistende Unternehmer sie in einer Rechnung gesondert ausweist oder beim Finanzamt voranmeldet (vgl BFH-Urteil vom 2011997 V R 2895 BStBl II S 716) Unbeachtlich bleibt dass auch der Erwerber bereits im Rahmen des Voranmeldungsverfahrens eine entsprechende Vorsteuerverguumltung haumltte erlangen koumlnnen Unabhaumlngig von der Abtretung des Erstattungsanspruchs an den Veraumluszligerer kann der Erwerber gleichwohl in den Genuss von Erstattungszinsen nach sect 233a AO gelangen

7023 Werden in einer Endrechnung oder der zugehoumlrigen Zusammenstellung die vor der Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Umsatzsteuerbetraumlge nicht abgesetzt oder angegeben so hat der Unternehmer den gesamten in der Endrechnung ausgewiesenen Steuerbetrag an das Finanzamt abzufuumlhren Der Unternehmer schuldet die in der Endrechnung ausgewiesene Steuer die auf die vor Ausfuumlhrung der Leistung vereinnahmten Teilentgelte entfaumlllt nach sect 14c Abs 1 UStG Erteilt der Unternehmer dem Leistungsempfaumlnger nachtraumlglich eine berichtigte Endrechnung die den Anforderungen des sect 14 Abs 5 Satz 2 UStG genuumlgt so kann er die von ihm geschuldete Steuer in dem Besteuerungszeitraum berichtigen in dem die berichtigte Endrechnung erteilt wird (vgl Abschn 187 Abs 10 Satz 5 und 223 Abs 9 UStR 2008) Hat der Unternehmer die aufgrund der fehlerhaften Endrechnung nach sect 14c Abs 1 UStG geschuldete Steuer nicht in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung beruumlcksichtigt kann die Nachforderung dieser Steuer im Rahmen der Steuerfestsetzung fuumlr das Kalenderjahr zur Festsetzung von Nachzahlungszinsen gem sect 233a AO fuumlhren wenn der Unternehmer die Endrechnung erst in einem auf das Kalenderjahr der urspruumlnglichen Rechnungserteilung folgenden Kalenderjahr berichtigt hat

Die Erhebung von Nachzahlungszinsen ist in derartigen Faumlllen nicht sachlich unbillig (BFH-Urteil vom 1932009 V R 4807 BStBl 2010 II S 92) Aus Vertrauensschutzgruumlnden koumlnnen in derartigen Faumlllen die festgesetzten Nachzahlungszinsen aber erlassen werden wenn fehlerhafte Endrechnungen bis zum 22 Dezember 2009 gestellt wurden und der Unternehmer nach Aufdeckung seines Fehlers sogleich eine berichtigte Endrechnung erteilt hat

7024 Bei einer von den urspruumlnglichen Steuerfestsetzungen abweichenden zeitlichen Zuordnung eines Umsatzes durch das Finanzamt die gleichzeitig zu einer Steuernachforderung und zu einer Steuererstattung fuumlhrt kann es sachlich unbillig sein (in Wirklichkeit nicht vorhandene) Zinsvorteile abzuschoumlpfen (BFH-Urteil vom 1171996 V R 1895 BStBl 1997 II S 259) Soweit zweifelsfrei feststeht dass der Steuerpflichtige durch die verspaumltete Steuerfestsetzung keinen Vorteil oder Nachteil hatte kann durch die Verzinsung nach sect 233a AO der sich aus der verspaumlteten Steuerfestsetzung ergebenden Steuernachforderung oder Steuererstattung kein Vorteil oder Nachteil ausgeglichen werden

7025 Im Fall einer vom Steuerpflichtigen faumllschlicherweise angenommenen umsatzsteuerlichen Organschaft bei der er als vermeintlicher Organtraumlger Voranmeldungen abgegeben hat und die gesamte Umsatzsteuer von bdquoOrgantraumlgerldquo und bdquoOrgangesellschaftldquo an das Finanzamt gezahlt hat kommen Billigkeitsmaszlignahmen nur in besonders gelagerten Ausnahmefaumlllen in Betracht Stellt das Finanzamt im Veranlagungsverfahren fest dass keine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt und daher fuumlr die

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bdquoOrgangesellschaftldquo eine eigenstaumlndige Steuerfestsetzung durchzufuumlhren ist fuumlhrt dies bei der bdquoOrgangesellschaftldquo - wegen unterbliebener Voranmeldungen und Vorauszahlungen - zur Nachzahlung der kompletten Umsatzsteuer fuumlr das entsprechende Jahr bei dem bdquoOrgantraumlgerldquo idR aber zu einer Umsatzsteuererstattung Die bdquoOrgangesellschaftldquo muss daher Nachzahlungszinsen entrichten waumlhrend der bdquoOrgantraumlgerldquo Erstattungszinsen erhaumllt Da die Verzinsung nach sect 233a AO den Liquiditaumltsvorteil des Steuerschuldners und den Nachteil des Steuerglaumlubigers der individuellen Steuerforderung ausgleichen soll kann eine Billigkeitsmaszlignahme in Betracht kommen wenn und soweit dieser Schuldner keine Zinsvorteile hatte oder haben konnte

7026 Wird umgekehrt festgestellt dass entgegen der urspruumlnglichen Annahme eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt so sind die zunaumlchst bei der Organgesellschaft versteuerten Umsaumltze nunmehr in vollem Umfang dem Organtraumlger zuzurechnen Die USt-Festsetzung gegenuumlber der GmbH (Organgesellschaft) ist aufzuheben so dass idR Erstattungszinsen festgesetzt werden Saumlmtliche Umsaumltze sind dem Organtraumlger zuzurechnen so dass diesem gegenuumlber idR Nachzahlungszinsen festgesetzt werden Entstehen auf Grund der Entscheidung dass eine umsatzsteuerliche Organschaft vorliegt insgesamt houmlhere Nachzahlungszinsen als Erstattungszinsen koumlnnen die uumlbersteigenden Nachzahlungszinsen insoweit aus sachlichen Billigkeitsgruumlnden erlassen werden wenn und soweit der Schuldner keine Zinsvorteile hatte oder haben konnte

703 Gewinnverlagerungen

Die allgemeinen Regelungen des sect 233a AO sind auch bei der Verzinsung solcher Steuernachforderungen und Steuererstattungen zu beachten die in engem sachlichen Zusammenhang zueinander stehen (zB bei Gewinnverlagerungen im Rahmen einer Auszligenpruumlfung) Fuumlhrt eine Auszligenpruumlfung sowohl zu einer Steuernachforderung als auch zu einer Steuererstattung so ist deshalb hinsichtlich der Verzinsung nach sect 233a AO grundsaumltzlich auf die Steueranspruumlche der einzelnen Jahre abzustellen ohne auf Wechselwirkungen mit den jeweiligen anderen Besteuerungszeitraumlumen einzugehen Ein Erlass von Nachzahlungszinsen aus sachlichen Billigkeitsgruumlnden kommt bei nachtraumlglicher Zuordnung von Einkuumlnften zu einem anderen Veranlagungszeitraum nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 16112005 X R 304 BStBl 2006 II S 155) Gewinnverlagerungen und Umsatzverlagerungen (vgl AEAO zu sect 233a Nr 7024) sind bei der Verzinsung nach sect 233a AO nicht vergleichbar (vgl BFH-Urteil vom 1171996 V R 1895 BStBl 1997 II S 259) Das BFH-Urteil vom 15101998 IV R 6997 HFR 1999 S 81 betrifft nur den Sonderfall der Verschiebung von Besteuerungsgrundlagen von einem zu verzinsenden Besteuerungszeitraum in einen noch nicht der Verzinsung nach sect 233a AO unterliegenden Besteuerungszeitraum

Rechtsbehelfe

71 Gegen die Zinsfestsetzung ist der Einspruch gegeben Einwendungen gegen die zugrunde liegende Steuerfestsetzung oder Anrechnung von Steuerabzugsbetraumlgen und Koumlrperschaftsteuer koumlnnen jedoch nicht mit dem Einspruch gegen den Zinsbescheid geltend gemacht werden Wird die Steuerfestsetzung oder die Anrechnung von Steuerabzugsbetraumlgen und Koumlrperschaftsteuer geaumlndert sind etwaige Folgerungen fuumlr die Zinsfestsetzung nach 233a Abs 5 AO zu ziehen

72 Gegen die Entscheidung uumlber eine Billigkeitsmaszlignahme ist ein gesonderter Einspruch gegeben und zwar auch dann wenn die Finanzbehoumlrde die Billigkeitsentscheidung im Rahmen der Zinsfestsetzung getroffen hat (vgl AEAO zu sect 347 Nr 4)

73 Wird der Zinsbescheid als solcher angefochten kommt unter den Voraussetzungen des sect 361 AO bzw des sect 69 FGO die Aussetzung der Vollziehung in Betracht Wird mit dem Rechtsbehelf eine erstmalige oder eine houmlhere Festsetzung von Erstattungszinsen begehrt ist mangels eines vollziehbaren Verwaltungsakts eine Aussetzung der Vollziehung nicht moumlglich Soweit die Vollziehung des zugrunde liegenden Steuerbescheids ausgesetzt wird ist auch die Vollziehung des Zinsbescheids auszusetzen

Beruumlcksichtigung ruumlckwirkender Ereignisse in Grundlagenbescheiden

74 sect 233a Abs 2a AO ist auch dann anzuwenden wenn das ruumlckwirkende Ereignis in einem fuumlr den Steuerbescheid verbindlichen Grundlagenbescheid beruumlcksichtigt wurde Im Grundlagenbescheid sind deshalb auch entsprechende Feststellungen uumlber die Auswirkungen eines erstmals beruumlcksichtigten ruumlckwirkenden Ereignisses auf die festgestellten Besteuerungsgrundlagen und den Zeitpunkt des Eintritts des ruumlckwirkenden Ereignisses zu treffen (vgl BFH-Urteil vom 1932009 IV R 2008 BStBl 2010 II S 528) Gleiches gilt wenn ein bereits bei der vorangegangenen Feststellung beruumlcksichtigtes ruumlckwirkendes Ereignis unmittelbar Aumlnderungen erfaumlhrt und der Feststellungsbescheid deshalb geaumlndert wird Wird ein Feststellungsbescheid dagegen aus anderen Gruumlnden (zB zur Beruumlcksichtigung neuer Tatsachen iSd sect 173 AO) geaumlndert sind auch dann keine Feststellungen zum fruumlher bereits beruumlcksichtigten ruumlckwirkenden Ereignis zu treffen wenn sich die steuerliche Auswirkung dieses ruumlckwirkenden Ereignisses aufgrund der erstmaligen oder abweichenden Beruumlcksichtigung normal zu verzinsender Besteuerungsgrundlagen rechnerisch veraumlndert

Dies gilt im Verhaumlltnis zwischen Gewerbesteuermessbescheid und Gewerbesteuerbescheid sowie in den Faumlllen des sect 35b GewStG entsprechend

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AEAO zu sect 234 - Stundungszinsen

1 Stundungszinsen werden fuumlr die Dauer der gewaumlhrten Stundung erhoben Die Houmlhe der Zinsen aumlndert sich nicht wenn der Steuerpflichtige vor oder nach dem Zahlungstermin zahlt der in der Stundungsverfuumlgung festgelegt ist (Sollverzinsung)

Eine vorzeitige Tilgung fuumlhrt nicht automatisch zu einer Ermaumlszligigung der Stundungszinsen Soweit der gestundete Anspruch allerdings mehr als einen Monat vor Faumllligkeit getilgt wird kann auf bereits festgesetzte Stundungszinsen fuumlr den Zeitraum ab Eingang der Leistung auf Antrag verzichtet werden (sect 234 Abs 2 AO) Eine verspaumltete Zahlung loumlst zusaumltzlich Saumlumniszuschlaumlge aus

2 Wird die gestundete Steuerforderung vor Ablauf des Stundungszeitraums herabgesetzt ist der Zinsbescheid nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 2 AO entsprechend zu aumlndern Eine Aufhebung Aumlnderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Ablauf der Stundung hat keine Auswirkungen auf die Stundungszinsen (sect 234 Abs 1 Satz 2 AO) Werden Vorauszahlungen gestundet sind Stundungszinsen nur im Hinblick auf eine Aumlnderung der Vorauszahlungsfestsetzung nicht aber im Hinblick auf die Festsetzung der Jahressteuer herabzusetzen

3 Die Stundungszinsen werden regelmaumlszligig zusammen mit der Stundungsverfuumlgung durch Zinsbescheid festgesetzt Die Formvorschriften fuumlr Steuerbescheide (sect 157 Abs 1 ggf sect 87a Abs 4 AO) gelten entsprechend

Sofern nicht besondere Umstaumlnde des Einzelfalls eine andere Regelung erfordern sind die Stundungszinsen zusammen mit der letzten Rate zu erheben Bei einer Aufhebung der Stundungsverfuumlgung (Ruumlcknahme oder Widerruf) sind auch die auf ihr beruhenden Zinsbescheide aufzuheben oder zu aumlndern sectsect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 171 Abs 10 AO gelten gem sect 239 Abs 1 Satz 1 AO entsprechend

Beispiel

Das Finanzamt hat am 1032004 eine am 2522004 faumlllige Einkommensteuerforderung von 3600 euro ab Faumllligkeit gestundet Der Betrag ist in 12 gleichen Monatsraten von 300 euro beginnend am 142004 zu zahlen Die Zinsen von 117 euro sind zusammen mit der letzten Rate am 132005 zu erheben

Das Finanzamt erfaumlhrt im August 2004 dass eine wesentliche Verbesserung der Vermoumlgensverhaumlltnisse des Schuldners eingetreten ist Es widerruft deshalb die Stundung nach sect 131 Abs 2 Nr 3 AO und stellt den gesamten Restbetrag von 2100 euro zum 192004 faumlllig

Der Zinsbescheid ist nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO zu aumlndern Die Zinsen iHv insgesamt 85 euro (gerundet nach sect 239 Abs 2 Satz 1 AO) sind zum 192004 zu erheben

4 Der Zinslauf beginnt bei den Stundungszinsen an dem ersten Tag fuumlr den die Stundung wirksam wird (sect 238 Abs 1 Satz 2 iVm sect 234 Abs 1 Satz 1 AO) Bei einer Stundung ab Faumllligkeit beginnt der Zinslauf am Tag nach Ablauf der ggf nach sect 108 Abs 3 AO verlaumlngerten Zahlungsfrist

Beispiele

1 Faumllligkeitstag ist der 1232004 (Freitag) Der Zinslauf beginnt am 1332004 (Sonnabend)

2 Faumllligkeitstag ist der 1332004 (Sonnabend) Die Zahlungsfrist endet nach sect 108 Abs 3 AO erst am 1532004 (Montag) Der Zinslauf beginnt am 1632004 (Dienstag)

Wegen der Faumllligkeit der Anmeldungssteuern vgl AEAO zu sect 240 Nr 1 Satz 2

5 Der Zinslauf endet mit Ablauf des letzten Tages fuumlr den die Stundung ausgesprochen worden ist Ist dieser Tag ein Sonnabend ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag endet der Zinslauf erst am naumlchstfolgenden Werktag Wegen der Berechnung vgl AEAO zu sect 238 Nr 1

Beispiele

1 Die Steuer ist bis zum 2632004 (Freitag) gestundet Der Zinslauf endet am 2632004

2 Die Steuer ist bis zum 2732004 (Sonnabend) gestundet Der Zinslauf endet nach sect 108 Abs 3 AO am 2932004 (Montag)

In Insolvenzverfahren endet der Zinslauf spaumltestens mit Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens da zu diesem Zeitpunkt die gestundete Steuerforderung faumlllig wird (sect 41 Abs 1 InsO) Eine bereits erfolgte Festsetzung von Stundungszinsen ist ggf zu korrigieren

6 Stundungszinsen sind nur fuumlr volle Monate zu zahlen angefangene Monate bleiben auszliger Ansatz (sect 238 Abs 1 Satz 2 AO) vgl AEAO zu sect 238 Nr 1

Beispiele

Ende der urspruumlnglichen

Beginn des

Zinslaufs

Ablauf der Stundung nach Stundungsverfuuml

Ende des Zinslaufs

Voller Monat

197

Zahlungsfrist gung

13052004 (Do) 14052004 (Fr) 13062004 (So) 14062004 (Mo) ja 13052004 (Do) 14052004 (Fr) 11062004 (Fr) 11062004 (Fr) nein 31012005 (Mo) 01022005 (Di) 28022005 (Mo) 28022005 (Mo) ja

7 Zu verzinsen ist der jeweils gestundete Anspruch aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (sect 37 AO) mit Ausnahme der Anspruumlche auf steuerliche Nebenleistungen (sect 233 Satz 2 AO) Die Zinsen sind fuumlr jeden Anspruch (Einzelforderung) besonders zu berechnen Bei der Zinsberechnung sind die Anspruumlche zu trennen wenn Steuerart Zeitraum (Teilzeitraum) oder der Tag des Beginns des Zinslaufs voneinander abweichen

Beispiele fuumlr gesondert zu verzinsende Anspruumlche

1 Einkommensteuervorauszahlungen I04 und II04

2 die erstmalige Festsetzung der Einkommensteuer 2004 durch Bescheid vom 352006 fuumlhrt zu einer Abschlusszahlung iHv 4290 euro nach Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit (sect 129 AO) durch Steuerbescheid vom 162006 fordert das Finanzamt weitere 850 euro

8 Die Kleinbetragsregelung des sect 239 Abs 2 Satz 2 AO (Zinsen unter zehn Euro werden nicht festgesetzt) ist auf die fuumlr eine Einzelforderung berechneten Zinsen anzuwenden

Beispiel

Es werden ab Faumllligkeit jeweils fuumlr einen Monat folgende Einzelforderungen gestundet

Zinsen Abgerundet (sect 239 Abs 2 Satz 1 AO)

Einkommensteuervorauszahlung 195000 euro Solidaritaumltszuschlag 20000 euro Umsatzsteuerabschlusszahlung 60000 euro

975 euro 100 euro 300 euro

900 euro 100 euro 300 euro

Zinsen werden nicht festgesetzt da sie fuumlr keine der Einzelforderungen zehn Euro erreichen

9 Bei Gewaumlhrung von Ratenzahlungen sind Stundungszinsen nach sect 238 Abs 2 AO wie folgt zu berechnen

Der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart ist auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro zu teilenden Betrag abzurunden Ein sich durch die Abrundung ergebender Spitzenbetrag (Abrundungsrest) ist fuumlr Zwecke der Zinsberechnung bei der letzten Rate abzuziehen Bei houmlheren Betraumlgen soll die Stundung idR so ausgesprochen werden dass die Raten mit Ausnahme der letzten Rate auf durch fuumlnfzig Euro ohne Rest teilbare Betraumlge festgesetzt werden

Beispiel

1 Variante

Ein Anspruch iHv 4215 euro wird in drei Monatsraten zu 1400 euro 1400 euro und 1415 euro gestundet

Raten Zinsen 1 Rate 2 Rate 3 Rate

1400 euro 1400 euro

1415 euro

700 euro 1400 euro 2100 euro

festzusetzende Zinsen 4200 euro Die Zinsberechnung erfolgt von 1415 euro 15 euro = 1400 euro

2 Variante Ein Anspruch iHv 4215 euro wird in drei gleichen Monatsraten zu jeweils 1405 euro gestundet

Raten Zinsen 1 Rate 1405 euro 2 Rate 1405 euro 3 Rate 1405 euro

702 euro 1405 euro 2085 euro

Summe 4192 euro festzusetzende Zinsen (abgerundet nach sect 239 Abs 2 S 1 AO) 4100 euro Die Zinsberechnung erfolgt von 1405 euro 15 euro = 1390 euro

10 Sollen mehrere Anspruumlche in Raten gestundet werden so ist bei der Festlegung der Raten moumlglichst zunaumlchst die Tilgung der Anspruumlche anzuordnen fuumlr die keine Stundungszinsen erhoben werden Sodann sind die Forderungen in der Reihenfolge ihrer Faumllligkeit zu ordnen bei gleichzeitig faumlllig

198

gewordenen Forderungen soll die niedrigere Forderung zuerst getilgt werden Dies gilt nicht wenn die Sicherung der Anspruumlche eine andere Tilgungsreihenfolge erfordert

Beispiel

Das Finanzamt stundet die Einkommensteuervorauszahlung IV04 iHv 850 euro (erstmals faumlllig am 10122004) die Einkommensteuervorauszahlung I05 iHv 300 euro (erstmals faumlllig am 1032005) die Einkommensteuer-Abschlusszahlung fuumlr 2003 iHv 11150 euro (erstmals faumlllig 2052005) die Umsatzsteuer-Abschlusszahlung fuumlr 2003 iHv 7800 euro (erstmals faumlllig am 2052005) sowie Verspaumltungszuschlaumlge iHv 650 euro (erstmals faumlllig am 1062005) in insgesamt drei Raten

Gestundeter Anspruch

erstmals faumlllig am

Betrag in euro

1 Rate in euro

(147 2005)

Rest in euro

2 Rate in euro

(148 2005)

Rest in euro

3 Rate in euro

(149 2005)

Rest in euro

ESt IV04 ESt I05 ESt 2003 USt 2003 Verspaumltungsshyzuschlag

10122004 10032005 18052005 18052005

10062005

850 300

11150 7800

650

850 300

0 800

650

0 0

11150 7000

0

--0

3000

-

--

11150 4000

-

--

111504000

-

--0 0

-Summen 20750 2600 18150 3000 15150 15150 0

199

Zinsberechnung

gestundeter Anspruch

Faumlllig am Zahlungsshy

termin Betrag

in euro Zins-

monate

Zinsen in euro

Festzusetz ende

Zinsen in euro ESt IV04 10122004 14072005 850 7 35 2975 29001)

ESt I05 10032005 14072005 300 4 20 600 0002)

ESt 2003 18052005 14092005 11150 3 15 16725 167001)

USt 2003 USt 2003 ESt 2003

18052005 18052005 18052005

14072005 14082005 14092005

850 3000 4000

1 2 3

05 10 15

400 3000 6000

940

Verspaumltungsshyzuschlag 10062005 14072005 650 - - - - 3)

1) = 2975 euro werden auf 2900 euro und 16725 euro werden auf 167 euro zugunsten des Steuerpflichtigen gerundet (sect 239 Abs 2 Satz 1 AO)

2) = Kleinbetrag unter 10 euro (sect 239 Abs 2 Satz 2 AO) 3) = Anspruumlche auf steuerliche Nebenleistungen werden nicht verzinst (sect 233 Satz 2 AO)

11 Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann gem sect 234 Abs 2 AO im Einzelfall aus Billigkeitsgruumlnden verzichtet werden Ein solcher Verzicht kann zB in Betracht kommen bei Katastrophenfaumlllen bei laumlnger dauernder Arbeitslosigkeit des Steuerschuldners bei Liquiditaumltsschwierigkeiten allein infolge nachweislicher Forderungsausfaumllle im Konkurs-Insolvenzverfahren und in aumlhnlichen Faumlllen im Rahmen einer Sanierung sofern allgemein ein Zinsmoratorium gewaumlhrt wird sowie im Hinblick auf belegbare demnaumlchst faumlllig werdende Anspruumlche des Steuerschuldners aus einem Steuerschuldverhaumlltnis soweit hierfuumlr innerhalb des Stundungszeitraums keine Erstattungszinsen gem sect 233a AO anfallen Auch wird eine Stundung idR dann zinslos bewilligt werden koumlnnen wenn sie einem Steuerpflichtigen gewaumlhrt wird der bisher seinen steuerlichen Pflichten insbesondere seinen Zahlungspflichten puumlnktlich nachgekommen ist und der in der Vergangenheit nicht wiederholt Stundungen in Anspruch genommen hat in diesen Faumlllen kommt ein Verzicht auf Stundungszinsen idR nur in Betracht wenn fuumlr einen Zeitraum von nicht mehr als drei Monaten gestundet wird und der insgesamt zu stundende Betrag 5000 euro nicht uumlbersteigt Zum Rechtsbehelfsverfahren gegen die Entscheidung uumlber eine Billigkeitsmaszlignahme vgl AEAO zu sect 347 Nr 4

12 Wird ein Anspruch auf Ruumlckforderung von Arbeitnehmer-Sparzulage Eigenheimzulage Investitionszulage Wohnungsbau-Praumlmie oder Bergmanns-Praumlmie gestundet so sind - da die Vorschriften uumlber die Steuerverguumltung entsprechend gelten - Stundungszinsen zu erheben (sect 234 iVm sect 37 Abs 1 AO)

AEAO zu sect 235 - Verzinsung von hinterzogenen Steuern

Inhaltsuumlbersicht

1 Zweck und Voraussetzungen der Verzinsung

2 Gegenstand der Verzinsung

3 Zinsschuldner

4 Zinslauf

41 Beginn des Zinslaufs

42 Ende des Zinslaufs

5 Houmlhe der Hinterziehungszinsen

6 Verfahren

7 Verjaumlhrung

1 Zweck und Voraussetzungen der Verzinsung

11 Hinterzogene Steuern sind nach sect 235 AO zu verzinsen um dem Nutznieszliger einer Steuerhinterziehung den steuerlichen Vorteil der verspaumlteten Zahlung oder der Gewaumlhrung oder Belassung von Steuervorteilen zu nehmen (BFH-Urteile vom 1941989 X R 386 BStBl II S 596 und vom 2791991 VI R 15989 BStBl 1992 II S 163)

12 Die Zinspflicht tritt nur ein wenn der objektive und subjektive Tatbestand des sect 370 Abs 1 oder sect 370a AO erfuumlllt und die Tat iSd sect 370 Abs 4 AO vollendet ist Entsprechendes gilt wenn der Tatbestand der sectsect 263 264 StGB erfuumlllt ist soweit sich die Tat auf Praumlmien und Zulagen bezieht fuumlr die die fuumlr Steuerverguumltungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden sind Der Versuch einer Steuerhinterziehung (sect 370 Abs 2 sect 370a AO iVm sect 23 StGB) reicht zur Begruumlndung einer Zinspflicht

200

ebenso wenig aus wie die leichtfertige Steuerverkuumlrzung (sect 378 AO) oder die uumlbrigen Steuerordnungswidrigkeiten (sectsect 379 ff AO)

Kommen Steuerpflichtige ihren Erklaumlrungspflichten nicht oder nicht fristgerecht nach kommt Steuerhinterziehung und damit die Festsetzung von Hinterziehungszinsen nur insoweit in Betracht als nachgewiesen werden kann dass durch das pflichtwidrige Verhalten die Steuern zu niedrig oder verspaumltet festgesetzt worden sind Steuern die aufgrund geschaumltzter Besteuerungsgrundlagen (sect 162 AO) festgesetzt wurden koumlnnen nicht ohne weiteres als verkuumlrzt angesehen werden (BFH-Urteil vom 1481991 X R 8688 BStBl 1992 II S 128)

13 Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen setzt keine strafrechtliche Verurteilung wegen Steuerhinterziehung voraus (BFH-Urteil vom 2781991 VIII R 8489 BStBl 1992 II S 9) Die Zinspflicht ist unabhaumlngig von einem Steuerstrafverfahren im Rahmen des Besteuerungsverfahrens zu pruumlfen

Hinterziehungszinsen sind demnach auch festzusetzen wenn

- wirksam Selbstanzeige nach sect 371 AO erstattet worden ist (zB durch Nachmeldung hinterzogener Umsatzsteuer in der Umsatzsteuer-Jahreserklaumlrung)

- der Strafverfolgung Verfahrenshindernisse entgegenstehen (zB Tod des Taumlters oder Strafverfolgungsverjaumlhrung)

- das Strafverfahren wegen Geringfuumlgigkeit eingestellt worden ist (zB nach sectsect 153 153a StPO sect 398 AO) oder

- in anderen Faumlllen die Strafverfolgung beschraumlnkt oder von der Strafverfolgung abgesehen wird (zB nach sectsect 154 154a StPO)

An Entscheidungen im strafgerichtlichen Verfahren ist die Finanzbehoumlrde nicht gebunden (BFH-Urteil vom 10101972 VII R 11769 BStBl 1973 II S 68) Im Allgemeinen kann sich das Finanzamt die tatsaumlchlichen Feststellungen Beweiswuumlrdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafverfahrens zueigen machen wenn und soweit es zu der Uumlberzeugung gelangt ist dass diese zutreffend sind und keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen im Strafurteil erhoben werden (vgl BFH-Urteil vom 1371994 I R 11293 BStBl 1995 II S 198)

2 Gegenstand der Verzinsung

21 Hinterziehungszinsen sind festzusetzen fuumlr

- verkuumlrzte Steuern darunter fallen auch keine oder zu geringe Steuervorauszahlungen und der Solidaritaumltszuschlag Landesgesetzlich geregelte Steuern sind nur zu verzinsen wenn dies im Gesetz angeordnet ist

- ungerechtfertigt erlangte Steuervorteile (zB zu Unrecht erlangte Steuerverguumltungen)

- zu Unrecht erlangte Steuerverguumlnstigungen (zB Steuerbefreiungen und Steuerermaumlszligigungen)

- ungerechtfertigt erlangte Praumlmien und Zulagen auf die die Vorschriften der AO uumlber Steuerverguumltungen entsprechend anzuwenden sind (zB Investitionszulagen Eigenheimzulagen Wohnungsbaupraumlmien Arbeitnehmer-Sparzulagen und Zulagen nach sect 83 EStG)

22 Bei Steuern mit progressivem Tarif oder Stufentarif ist zur Berechnung des zu verzinsenden Teilbetrages die Steuer lt urspruumlnglicher Festsetzung mit der Steuer zu vergleichen die sich bei Einbeziehung der vorsaumltzlich verschwiegenen Besteuerungsmerkmale ergeben wuumlrde Sonstige Abweichungen von den Erklaumlrungen des Steuerpflichtigen bleiben auszliger Ansatz

23 Hinterziehungszinsen sind fuumlr jeden Besteuerungszeitraum (Veranlagungszeitraum Voranmeldungszeitraum) oder Besteuerungszeitpunkt gesondert zu berechnen Einzelne aufeinanderfolgende Steuerhinterziehungen sind nicht als eine Tat zu wuumlrdigen sondern als selbstaumlndige Taten zu behandeln Das gilt auch wenn das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen nach sect 162 AO geschaumltzt hat

24 Wenn die Steuerhinterziehung zu keiner Nachforderung fuumlhrt erfolgt keine Zinsfestsetzung Soweit infolge Kompensation der mit der Steuerhinterziehung zusammenhaumlngenden Besteuerungsgrundlagen mit anderen steuermindernden Besteuerungsgrundlagen (zB nach sect 177 AO) kein Zahlungsanspruch entstanden ist unterbleibt daher eine Zinsfestsetzung Das strafrechtliche Kompensationsverbot des sect 370 Abs 4 Satz 3 AO gilt nicht bei der Verzinsung nach sect 235 AO

3 Zinsschuldner

31 Nach sect 235 Abs 1 Satz 2 AO ist derjenige Zinsschuldner zu dessen Vorteil die Steuern hinterzogen worden sind Durch die Vorschrift soll ausschlieszliglich der steuerliche Vorteil des Steuerschuldners abgeschoumlpft werden Der steuerliche Vorteil liegt darin dass die geschuldete Steuer erst verspaumltet gezahlt wird Allein der Steuerschuldner kann daher Zinsschuldner fuumlr hinterzogene Steuern iSd sect 235 Abs 1 Saumltze 1 und 2 AO sein und zwar unabhaumlngig davon ob er an der Steuerhinterziehung beteiligt

201

war (vgl BFH-Urteile vom 2761991 V R 986 BStBl II S 822 vom 1871991 V R 7287 BStBl II S 781 und vom 2791991 VI R 15989 BStBl 1992 II S 163)

Sind Steuerschuldner Gesamtschuldner (sect 44 AO) ist jeder Gesamtschuldner auch Zinsschuldner Dies gilt auch dann wenn bei zusammenveranlagten EhegattenLebenspartnern der Tatbestand der Steuerhinterziehung nur in der Person eines der EhegattenLebenspartner erfuumlllt ist Da in diesem Fall beide EhegattenLebenspartner Schuldner der Hinterziehungszinsen sind kann nach sect 239 Abs 1 Satz 1 iVm sect 155 Abs 3 AO ein zusammengefasster Zinsbescheid an die EhegattenLebenspartner ergehen (vgl BFH-Urteil vom 13101994 IV R 10093 BStBl 1995 II S 484)

32 sect 235 Abs 1 Satz 3 AO regelt in Ergaumlnzung des sect 235 Abs 1 Satz 2 AO nur die Faumllle in denen der Steuerschuldner nicht Zinsschuldner ist weil die Steuern nicht zu seinem Vorteil hinterzogen worden sind In diesen Faumlllen ist der Entrichtungspflichtige Zinsschuldner Hinsichtlich hinterzogener Steuerabzugsbetraumlge ist daher nicht der Steuerschuldner sondern der Entrichtungspflichtige Zinsschuldner wenn dieser die Steuer zwar einbehalten aber nicht an das Finanzamt abgefuumlhrt hat Dagegen ist der Steuerschuldner nach sect 235 Abs 1 Satz 2 AO Zinsschuldner wenn der Entrichtungspflichtige die hinterzogene Abzugsteuer (zum Vorteil des Steuerschuldners) nicht einbehalten hat (BFH-Urteile vom 5111993 VI R 1693 BStBl 1994 II S 557 und vom 1621996 I R 7395 BStBl II S 592)

33 Die in sectsect 34 35 AO bezeichneten Vertreter Vermoumlgensverwalter und Verfuumlgungsberechtigten sind nicht Entrichtungspflichtige und nicht Schuldner der Hinterziehungszinsen (vgl BFH-Urteile vom 1871991 V R 7287 und vom 2791991 VI R 15989 aaO) Dieser Personenkreis kann aber sowohl fuumlr hinterzogene Steuern als auch fuumlr Hinterziehungszinsen haften

4 Zinslauf

41 Beginn des Zinslaufs

411 Der Zinslauf beginnt mit dem Eintritt der Verkuumlrzung oder der Erlangung des Steuervorteils (sect 235 Abs 2 Satz 1 AO) dh sobald die Tat im strafrechtlichen Sinn vollendet ist Waumlren die hinterzogenen Betraumlge ohne die Steuerhinterziehung erst spaumlter faumlllig geworden zB bei einer Abschlusszahlung beginnt die Verzinsung erst mit Ablauf des Faumllligkeitstages (sect 235 Abs 2 Satz 2 AO)

412 Bei Faumllligkeitssteuern (zB Umsatzsteuer-Vorauszahlungen Lohnsteuer) tritt die Verkuumlrzung im Zeitpunkt der gesetzlichen Faumllligkeit ein Dies gilt auch dann wenn keine (Vor-)Anmeldung abgegeben wurde Bei Abgabe einer unrichtigen zustimmungsbeduumlrftigen Steueranmeldung tritt die Verkuumlrzung erst dann ein wenn die Zustimmung nach sect 168 Satz 2 AO dem Steuerpflichtigen bekannt geworden ist (zB Auszahlung oder Umbuchung des Guthabens oder Erklaumlrung der Aufrechnung vgl AEAO zu sect 168 Nr 3)

Laumlsst sich nicht ohne weiteres feststellen welchem Voranmeldungszeitraum hinterzogene Betraumlge zeitlich zuzuordnen sind ist zugunsten des Zinsschuldners von einem Beginn des Zinslaufs mit dem letzten gesetzlichen Faumllligkeitszeitpunkt fuumlr das betroffene Jahr auszugehen (bei Unternehmern ohne Dauerfristverlaumlngerung ist dies der 101 des jeweiligen Folgejahres)

413 Bei Veranlagungssteuern tritt die Verkuumlrzung im Fall der Abgabe einer unrichtigen oder unvollstaumlndigen Steuererklaumlrung mit dem Tag der Bekanntgabe des auf dieser Erklaumlrung beruhenden Steuerbescheids (sectsect 122 124 AO) ein der Beginn des Zinslaufs verschiebt sich dabei idR auf den Ablauf des Faumllligkeitstages (vgl AEAO zu sect 235 Nr 411 Satz 2)

Hat der Steuerpflichtige keine Steuererklaumlrung abgegeben und ist aus diesem Grunde die Steuerfestsetzung unterblieben so ist die Steuer zu dem Zeitpunkt verkuumlrzt zu dem die Veranlagungsarbeiten fuumlr das betreffende Kalenderjahr im Wesentlichen abgeschlossen waren Dieser Zeitpunkt ist zugleich Zinslaufbeginn Hat das Finanzamt die Steuer aber wegen Nichtabgabe der Steuererklaumlrung aufgrund geschaumltzter Besteuerungsgrundlagen (sect 162 AO) festgesetzt tritt die Verkuumlrzung mit Bekanntgabe dieses Steuerbescheids bzw der Faumllligkeit der sich hieraus ergebenden Abschlusszahlung ein

42 Ende des Zinslaufs

421 Der Zinslauf endet mit der Zahlung der hinterzogenen Steuer (sect 235 Abs 3 Satz 1 AO) Erlischt der zu verzinsende Anspruch durch Aufrechnung gilt der Tag an dem die Schuld des Aufrechnenden faumlllig wird als Tag der Zahlung (sect 238 Abs 1 Satz 3 AO)

422 Hinterziehungszinsen werden nicht fuumlr Zeiten festgesetzt fuumlr die ein Saumlumniszuschlag entsteht die Zahlung gestundet oder die Vollziehung ausgesetzt ist (sect 235 Abs 3 Satz 2 AO) ohne dass es dabei auf die tatsaumlchliche Erhebung von Saumlumniszuschlaumlgen oder die Zahlung von Stundungs- undoder Aussetzungszinsen ankommt Der Zinslauf endet daher spaumltestens mit Ablauf des Faumllligkeitstages

423 Wird der Steuerbescheid nach Ende des Zinslaufs aufgehoben geaumlndert oder nach sect 129 AO berichtigt so bleiben die bis dahin entstandenen Zinsen unberuumlhrt (sect 235 Abs 3 Satz 3 AO)

5 Houmlhe der Hinterziehungszinsen

202

51 Die Hinterziehungszinsen betragen fuumlr jeden vollen Monat des Zinslaufs 05 (sect 238 Abs 1 Saumltze 1 und 2 AO) Fuumlr die Berechnung der Zinsen wird der zu verzinsende Betrag auf den naumlchsten durch 50 euro teilbaren Betrag abgerundet (sect 238 Abs 2 AO) Abzurunden ist jeweils der Gesamtbetrag einer Steuerart soweit der Besteuerungszeitraum und Beginn des Zinslaufs uumlbereinstimmen (vgl AEAO zu sect 238 Nr 2)

Im Falle von Teilzahlungen wird nur der Gesamtbetrag gerundet Eine sich daraus ergebende Abrundungsspitze wird fuumlr Zwecke der Verzinsung bei der letzten Teilzahlung abgezogen

52 Zur Vermeidung einer Doppelverzinsung im Hinterziehungsfall sind Zinsen nach sect 233a AO die fuumlr denselben Zeitraum festgesetzt wurden anzurechnen (sect 235 Abs 4 AO) Ein Investitionszulage-Ruumlckforderungsanspruch ist zugleich nach sect 12 InvZulG 2010 zu verzinsen sect 235 Abs 4 AO gilt in diesem Fall aus sachlichen Billigkeitsgruumlnden entsprechend

6 Verfahren

61 Sind Steuern zum Vorteil der Gesellschafter einer Personengesellschaft hinterzogen worden so hat das Betriebsfinanzamt in einem Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung daruumlber zu entscheiden ob und in welchem Umfang der von den Gesellschaftern erlangte Vorteil iSd sect 235 Abs 1 AO auf einer Hinterziehung beruht (BFH-Urteil vom 1941989 X R 386 BStBl II S 596)

62 Die Zinsen fuumlr hinterzogene Realsteuern (insbes Gewerbesteuer) sind von der hebeberechtigten Gemeinde zu berechnen festzusetzen und zu erheben Die Berechnungsgrundlagen werden vom Finanzamt in entsprechender Anwendung des sect 184 Abs 1 AO festgestellt Dieser Messbescheid ist Grundlagenbescheid fuumlr den von der Gemeinde zu erlassenden Zinsbescheid

Die Geltendmachung der Haftung fuumlr Hinterziehungszinsen zur Gewerbesteuer durch Haftungsbescheid setzt nicht voraus dass zuvor gegenuumlber dem Zinsschuldner oder dem Haftungsschuldner Tatbestand und Umfang der Steuerhinterziehung gesondert festgestellt worden sind (Beschluss des BVerwG vom 1691997 8 B 14397 BStBl II S 782)

7 Verjaumlhrung

Die Festsetzungsfrist fuumlr Hinterziehungszinsen betraumlgt ein Jahr (sect 239 Abs 1 Satz 1 AO) Sie beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres in dem die Festsetzung der hinterzogenen Steuern unanfechtbar geworden ist jedoch nicht vor Ablauf des Kalenderjahres in dem ein eingeleitetes Strafverfahren rechtskraumlftig abgeschlossen worden ist (sect 239 Abs 1 Satz 2 Nr 3 AO)

Ein Strafverfahren hat nur dann Einfluss auf die fuumlr die Hinterziehungszinsen geltende Festsetzungsfrist wenn es bis zum Ablauf des Jahres eingeleitet wird in dem die hinterzogenen Steuern unanfechtbar festgesetzt wurden (BFH-Urteil vom 2482001 VI R 4294 BStBl II S 782)

AEAO zu sect 236 - Prozesszinsen auf Erstattungsbetraumlge

1 Voraussetzung fuumlr die Zahlung von Erstattungszinsen an den Steuerpflichtigen ist dass eine festgesetzte Steuer herabgesetzt oder eine Steuerverguumltung gewaumlhrt - oder erhoumlht - wird Die Steuerherabsetzung oder die Gewaumlhrung (Erhoumlhung) der Steuerverguumltung muss erfolgt sein

a) durch eine rechtskraumlftige gerichtliche Entscheidung

b) aufgrund einer rechtskraumlftigen gerichtlichen Entscheidung zB in den Faumlllen in denen das Gericht nach sect 100 Abs 1 Satz 1 Abs 2 Saumltze 2 und 3 oder Abs 3 FGO den angefochtenen Verwaltungsakt aufhebt und das Finanzamt die Steuer niedriger festsetzt oder eine (houmlhere) Steuerverguumltung gewaumlhrt

c) durch Aufhebung oder Aumlnderung des angefochtenen Verwaltungsakts sowie durch Erlass des beantragten Verwaltungsakts wenn sich der Rechtsstreit bei Gericht dadurch rechtskraumlftig erledigt

d) durch einen sog Folgebescheid nach sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO oder sect 35b GewStG in den Faumlllen in denen sich der Rechtsstreit bei Gericht gegen den Grundlagenbescheid (zB Feststellungsbescheid Steuermessbescheid) durch oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung (Buchstaben a und b) bzw durch einen Verwaltungsakt (Buchstabe c) rechtskraumlftig erledigt der Steuerpflichtige dem gegenuumlber der Folgebescheid ergangen ist muss nicht Klaumlger im Verfahren gegen den Grundlagenbescheid gewesen sein (BFH-Urteil vom 1712007 X R 1906 BStBl II S 506)

Ohne Bedeutung ist aus welchen Gruumlnden die Steuerherabsetzung oder die Gewaumlhrung (Erhoumlhung) der Steuerverguumltung erfolgt ist Das abgeschlossene gerichtliche Verfahren muss aber hierfuumlr ursaumlchlich gewesen sein (BFH-Urteil vom 15102003 X R 4801 BStBl 2004 II S 169)

Wird ein aumlndernder oder ersetzender Verwaltungsakt nach sect 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens ist fuumlr die Verzinsung das Ergebnis des gegen den neuen Verwaltungsakt fortgefuumlhrten Klageverfahrens maszliggebend Dies gilt auch wenn ein angefochtener Vorauszahlungsbescheid durch die Jahressteuerfestsetzung ersetzt wird (vgl AEAO zu sect 365 Nr 2) Durch die Uumlberleitung auf den neuen

203

Verfahrensgegenstand tritt noch keine Rechtsstreiterledigung iSd sect 236 Abs 1 Satz 1 AO ein (BFH-Urteil vom 1471993 I R 3393 BFHNV 1994 S 438)

2 Zu verzinsen ist nur der zuviel entrichtete Steuerbetrag oder die zuwenig gewaumlhrte Steuerverguumltung Sofern also der Rechtsbehelf zwar zu einer Herabsetzung der Steuer oder zu einer Gewaumlhrung (Erhoumlhung) der Steuerverguumltung fuumlhrt nicht aber oder nicht in gleichem Umfang zu einer Steuererstattung oder Auszahlung einer Steuerverguumltung kommt insoweit eine Verzinsung nicht in Betracht

3 Der zu verzinsende Betrag ist auf den naumlchsten durch fuumlnfzig Euro teilbaren Betrag abzurunden Hat der Steuerpflichtige die zu erstattende Steuerschuld in Raten entrichtet wird die Abrundung nur einmal bei der Rate mit der kuumlrzesten Laufzeit vorgenommen

4 Der Anspruch auf Erstattungszinsen entsteht mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung oder der Unanfechtbarkeit des geaumlnderten Verwaltungsakts Ein Gerichtsbescheid (sect 90a FGO) wirkt als Urteil Er gilt aber als nicht ergangen wenn gegen ihn die Revision nicht zugelassen wurde und rechtzeitig muumlndliche Verhandlung beantragt worden ist

5 Erstattungszinsen sind fuumlr die Zeit vom Tag der Rechtshaumlngigkeit fruumlhestens jedoch vom Tag der Zahlung des Steuerbetrages an bis zum Tag der Auszahlung des zu verzinsenden Steuer- oder Steuerverguumltungsbetrages zu berechnen und zu zahlen Rechtshaumlngig ist die Streitsache erst mit dem Tag an dem die Klage bei Gericht erhoben wird (sect 66 Abs 1 iVm mit sect 64 Abs 1 FGO) Wird die Klage zur Fristwahrung beim Finanzamt angebracht (sect 47 Abs 2 FGO) ist die Streitsache mit dem Tag der Anbringung zwar anhaumlngig nicht aber rechtshaumlngig Auch in diesem Fall wird die Streitsache erst mit dem Eingang der Klage beim Gericht rechtshaumlngig Das Gleiche gilt bei einer Sprungklage (sect 45 FGO) Stimmt die Behoumlrde der Sprungklage nicht zu oder gibt das Gericht die Klage an die Behoumlrde ab ist die Sprungklage als auszligergerichtlicher Rechtsbehelf zu behandeln die Rechtshaumlngigkeit entfaumlllt somit ruumlckwirkend Wird ein aumlndernder oder ersetzender Verwaltungsakt nach sect 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens beruumlhrt dies nicht den Tag der Rechtshaumlngigkeit der Streitsache

6 Erstattungszinsen sind von Amts wegen zu zahlen Es ist nicht erforderlich dass der Steuerpflichtige einen Antrag stellt

7 Die Zahlung von Erstattungszinsen entfaumlllt soweit durch Entscheidung des Gerichts einem Steuerpflichtigen die Kosten des Verfahrens nach sect 137 Satz 1 FGO auferlegt worden sind weil die Herabsetzung der Steuer oder die Gewaumlhrung (Erhoumlhung) der Steuerverguumltung auf Tatsachen beruhte die dieser fruumlher haumltte geltend machen oder beweisen koumlnnen und muumlssen (sect 236 Abs 3 AO)

8 Bei den Realsteuern obliegt die Festsetzung und Zahlung von Erstattungszinsen den Gemeinden Diesen sind deshalb - soweit erforderlich - die zur Berechnung und Festsetzung der Zinsen notwendigen Daten mitzuteilen

AEAO zu sect 237 - Zinsen bei Aussetzung der Vollziehung

1 Die Zinsregelung gilt sowohl fuumlr das auszligergerichtliche als auch fuumlr das gerichtliche Rechtsbehelfsverfahren

2 Voraussetzung fuumlr die Erhebung von Aussetzungszinsen beim Steuerpflichtigen ist dass die Vollziehung eines Steuerbescheids eines Bescheids uumlber die Ruumlckforderung einer Steuerverguumltung oder - nach Aussetzung eines Einkommensteuer- Koumlrperschaftsteuer- oder Feststellungsbescheids - eines Gewerbesteuermessbescheids oder Gewerbesteuerbescheids ausgesetzt worden ist Die Verzinsung tritt auch dann ein wenn nach Anfechtung eines Grundlagenbescheids die Vollziehung eines Folgebescheids ausgesetzt wird Auch wenn ein Grundlagenbescheid nicht auf den Vorschriften der sectsect 179 ff AO beruht oder wenn die Anfechtung des Grundlagenbescheids die Vollziehungsaussetzung eines anderen Grundlagenbescheids und der hierauf beruhenden Folgebescheide gem sect 361 Abs 3 Satz 1 AO oder sect 69 Abs 2 Satz 4 FGO ausloumlst tritt die Verzinsung ein

3 Bei teilweiser Aussetzung der Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts bezieht sich die Zinspflicht nur auf den ausgesetzten Steuerbetrag

4 Aussetzungszinsen sind zu erheben soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage endguumlltig erfolglos geblieben ist Ohne Bedeutung ist aus welchen Gruumlnden der Rechtsbehelf im Ergebnis erfolglos war (BFH-Urteil vom 27111991 X R 10389 BStBl 1992 II S 319) Aussetzungszinsen sind demnach zu erheben

a) wenn der Steuerpflichtige aufgrund einer bestandskraumlftigen Einspruchsentscheidung oder aufgrund eines rechtskraumlftigen gerichtlichen Urteils ganz oder teilweise unterlegen ist

b) wenn das Einspruchsverfahren oder gerichtliche Verfahren nach der Ruumlcknahme des Einspruchs der Klage oder der Revision rechtskraumlftig abgeschlossen wird

c) wenn der angefochtene Verwaltungsakt - ohne dem Rechtsbehelfsantrag voll zu entsprechen - geaumlndert wird und sich der Rechtsstreit endguumlltig erledigt

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d) soweit der Rechtsbehelf aufgrund einer unanfechtbar gewordenen Teil-Einspruchsentscheidung (sect 367 Abs 2a AO) oder Allgemeinverfuumlgung (sect 367 Abs 2b AO) oder aufgrund eines unanfechtbar gewordenen Teilurteils (sect 98 FGO) endguumlltig keinen Erfolg hatte unabhaumlngigdavon inwieweit das Rechtsbehelfsverfahren im Uumlbrigen wegen weiterer Streitpunkte anhaumlngig bleibt

Wird ein aumlndernder oder ersetzender Verwaltungsakt nach sect 365 Abs 3 AO oder nach sect 68 FGO Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens ist fuumlr die Verzinsung das Ergebnis des gegen den neuen Verwaltungsakt fortgefuumlhrten Einspruchs- bzw Klageverfahrens maszliggebend Dies gilt auch wenn ein angefochtener Vorauszahlungsbescheid durch die Jahressteuerfestsetzung ersetzt wird (vgl AEAO zu sect 365 Nr 2)

Fuumlr die Entscheidung wann der Einspruch oder die Anfechtungsklage endguumlltig ohne Erfolg geblieben ist und somit die einjaumlhrige Frist fuumlr die Festsetzung von Aussetzungszinsen (sect 239 Abs 1 Satz 2 Nr 5 AO) in Lauf gesetzt wurde ist auch dann auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Einspruchsverfahrens oder des Verfahrens vor dem Finanzgericht oder dem BFH abzustellen wenn sich hieran ein Verfassungsbeschwerdeverfahren anschlieszligt (BFH-Urteil vom 1121987 II R 17684 BStBl II S 320 BFH-Beschluss vom 1462007 VII B 18506 BFHNV S 2055 vgl auch AEAO zu sect 361 Nr 13)

5 Aussetzungszinsen sind nicht zu erheben wenn die Faumllligkeit des streitigen Steueranspruchs zB aufgrund einer Stundung (sect 222 AO) hinausgeschoben war oder Vollstreckungsaufschub (sect 258 AO) gewaumlhrt wurde

6 Aussetzungszinsen sind vom Tag des Eingangs des auszligergerichtlichen Rechtsbehelfs fruumlhestens vom Tag der Faumllligkeit an oder von der Rechtshaumlngigkeit an bis zu dem Tag zu erheben an dem die nach sect 361 AO oder nach sect 69 FGO gewaumlhrte Aussetzung der Vollziehung endet Wird die Aussetzung der Vollziehung erst spaumlter gewaumlhrt werden Zinsen erst vom Tag des Beginns der Vollziehungsaussetzung erhoben

7 Bei den Realsteuern obliegt die Festsetzung und Erhebung der Aussetzungszinsen den Gemeinden Diesen sind deshalb - soweit erforderlich - die fuumlr die Berechnung und Festsetzung der Zinsen notwendigen Daten mitzuteilen

8 Wegen der einjaumlhrigen Frist fuumlr die Festsetzung von Aussetzungszinsen wird auf den AEAO zu sect 237 Nr 4 (letzter Absatz) und auf sect 239 Abs 1 Satz 1 Satz 2 Nr 5 AO verwiesen Soweit der Rechtsbehelf durch eine Teil-Einspruchsentscheidung (sect 367 Abs 2a AO) eine Allgemeinverfuumlgung (sect 367 Abs 2b AO) oder ein Teilurteil (sect 98 FGO) zuruumlckgewiesen wurde (vgl AEAO zu sect 237 Nr 4 erster Absatz Buchstabe d) beginnt die Festsetzungsfrist bereits mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung

AEAO zu sect 238 - Houmlhe und Berechnung der Zinsen

1 Ein voller Zinsmonat (sect 238 Abs 1 Satz 2 AO) ist erreicht wenn der Tag an dem der Zinslauf (ggf unter Beruumlcksichtigung des sect 108 Abs 3 AO) endet hinsichtlich seiner Zahl dem Tag entspricht der dem Tag vorhergeht an dem die Frist begann (BFH-Urteil vom 2471996 X R 11992 BStBl 1997 II S 6)

2 Abzurunden ist jeweils der einzelne zu verzinsende Anspruch Bei der Zinsberechnung sind die Anspruumlche zu trennen wenn Steuerart Zeitraum (Teilzeitraum) oder der Tag des Beginns des Zinslaufs voneinander abweichen Im Falle von Teilzahlungen wird nur der Gesamtbetrag gerundet

AEAO zu sect 239 - Festsetzung der Zinsen

1 Zinsen werden durch Zinsbescheid festgesetzt die Formvorschriften fuumlr Steuerbescheide (sect 157 Abs 1 ggf sect 87a Abs 4 AO) gelten entsprechend Der Mindestinhalt des Zinsbescheids richtet sich nach sect 157 Abs 1 Saumltze 2 und 3 sect 119 Abs 3 AO Der Bescheid kann nach sect 129 AO berichtigt oder nach sectsect 172 ff AO aufgehoben oder geaumlndert werden Als Rechtsbehelf gegen den Zinsbescheid sowie gegen die Ablehnung Erstattungszinsen nach sectsect 233a 236 AO zu zahlen ist der Einspruch gegeben Zum Rechtsbehelfsverfahren gegen die Entscheidung uumlber eine Billigkeitsmaszlignahme vgl AEAO zu sect 347 Nr 4

2 Nach Ablauf der Festsetzungsfrist von einem Jahr koumlnnen Zinsen nicht mehr festgesetzt werden Wegen der Frist fuumlr die Festsetzung von Aussetzungszinsen vgl AEAO zu sect 237 Nr 4 (letzter Absatz) Der Anspruch auf festgesetzte Zinsen erlischt durch Zahlungsverjaumlhrung (sectsect 228 ff AO) ggf aber auch schon fruumlher mit dem Erloumlschen des Hauptanspruchs (sect 232 AO)

3 Bei der Zinsfestsetzung ist die Rundung zugunsten des Steuerpflichtigen zu beachten (sect 239 Abs 2 Satz 1 AO) Die Kleinbetragsregelung des sect 239 Abs 2 Satz 2 AO (Zinsen unter zehn Euro werden nicht festgesetzt) ist auf die fuumlr eine Einzelforderung berechneten Zinsen anzuwenden (vgl AEAO zu sect 238 Nr 2)

4 Zur Anrechnung von Erstattungs- und Nachzahlungszinsen nach sect 233a AO bei der Festsetzung von Stundungs- Hinterziehungs- Prozess- und Aussetzungszinsen vgl AEAO zu sect 233a Nrn 65 ff und AEAO zu sect 235 Nr 52

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AEAO zu sect 240 - Saumlumniszuschlaumlge

1 Saumlumnis tritt ein wenn die Steuer oder die zuruumlckzuzahlende Steuerverguumltung nicht bis zum Ablauf des Faumllligkeitstages entrichtet wird Sofern - wie bei den Faumllligkeitssteuern - die Steuer ohne Ruumlcksicht auf die erforderliche Steuerfestsetzung oder Steueranmeldung faumlllig wird tritt die Saumlumnis nicht ein bevor die Steuer festgesetzt oder die Steueranmeldung abgegeben worden ist Bei Faumllligkeitssteuern ist daher wie folgt zu verfahren

a) Gibt der Steuerpflichtige seine Voranmeldung oder Anmeldung erst nach Ablauf des Faumllligkeitstages ab so sind Saumlumniszuschlaumlge bei verspaumltet geleisteter Zahlung nicht vom Ablauf des im Einzelsteuergesetz bestimmten Faumllligkeitstages an sondern erst von dem auf den Tag des Eingangs der Voranmeldung oder Anmeldung folgenden Tag an (ggf unter Gewaumlhrung der Zahlungs-Schonfrist nach sect 240 Abs 3 AO) zu berechnen Entsprechendes gilt fuumlr den Mehrbetrag der sich ergibt wenn der Steuerpflichtige seine Voranmeldung oder Anmeldung nachtraumlglich berichtigt und sich dadurch die Steuer erhoumlht

b) Setzt das Finanzamt eine Steuer wegen Nichtabgabe der Voranmeldung oder Anmeldung fest so sind Saumlumniszuschlaumlge fuumlr verspaumltet geleistete Zahlung nicht vom Ablauf des im Einzelsteuergesetz bestimmten Faumllligkeitstages an sondern erst von dem Tag an (ggf unter Gewaumlhrung der Zahlungs-Schonfrist nach sect 240 Abs 3 AO) zu erheben der auf den letzten Tag der vom Finanzamt gesetzten Zahlungsfrist folgt Dieser Tag bleibt fuumlr die Berechnung der Saumlumniszuschlaumlge auch dann maszliggebend wenn der Steuerpflichtige nach Ablauf der vom Finanzamt gesetzten Zahlungsfrist seine Voranmeldung oder Anmeldung abgibt Entsprechendes gilt wenn das Finanzamt eine auf einer Voranmeldung oder Anmeldung beruhende Steuerschuld houmlher festsetzt als sie sich aus der Voranmeldung oder Anmeldung ergibt oder eine von ihm festgesetzte Steuer durch Korrektur der Steuerfestsetzung erhoumlht

2 Im Falle der Aufhebung oder Aumlnderung der Steuerfestsetzung oder ihrer Berichtigung nach sect 129 AO bleiben die bis dahin verwirkten Saumlumniszuschlaumlge bestehen (sect 240 Abs 1 Satz 4 AO) Das gilt auch wenn die urspruumlngliche fuumlr die Bemessung der Saumlumniszuschlaumlge maszliggebende Steuer in einem Rechtsbehelfsverfahren herabgesetzt wird Saumlumniszuschlaumlge sind nicht zu entrichten soweit sie sich auf Steuerbetraumlge beziehen die durch (nachtraumlgliche) Anrechnung von Lohn- Kapitalertrag- oder Koumlrperschaftsteuer entfallen sind weil insoweit zu keiner Zeit eine ruumlckstaumlndige Steuer iSd sect 240 Abs 1 Satz 4 AO vorgelegen hat (BFH-Urteil vom 2431992 VII R 3991 BStBl II S 956)

3 Der Saumlumniszuschlag ist von den Gesamtschuldnern nur in der Houmlhe anzufordern in der er entstanden waumlre wenn die Saumlumnis nur bei einem Gesamtschuldner eingetreten waumlre der Ausgleich findet zwischen den Gesamtschuldnern nach buumlrgerlichem Recht statt

4 Saumlumniszuschlaumlge sind nicht zu entrichten wenn Verspaumltungszuschlaumlge Zinsen Saumlumniszuschlaumlge Zwangsgelder und Kosten (steuerliche Nebenleistungen) nicht rechtzeitig gezahlt werden

5 Saumlumniszuschlaumlge entstehen kraft Gesetzes allein durch Zeitablauf ohne Ruumlcksicht auf ein Verschulden des Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 1771985 I R 17279 BStBl 1986 II S 122) Sie stellen in erster Linie ein Druckmittel zur Durchsetzung faumllliger Steuerforderungen dar sind aber auch eine Gegenleistung fuumlr das Hinausschieben der Zahlung und ein Ausgleich fuumlr den angefallenen Verwaltungsaufwand (BFH-Urteil vom 2981991 V R 7886 BStBl II S 906) Soweit diese Zielsetzung durch die verwirkten Saumlumniszuschlaumlge nicht mehr erreicht werden kann ist ihre Erhebung sachlich unbillig so dass sie nach sect 227 AO ganz oder teilweise erlassen werden koumlnnen

Im Einzelnen kommt ein Erlass in Betracht

a) bei ploumltzlicher Erkrankung des Steuerpflichtigen wenn er selbst dadurch an der puumlnktlichen Zahlung gehindert war und es dem Steuerpflichtigen seit seiner Erkrankung bis zum Ablauf der Zahlungsfrist nicht moumlglich war einen Vertreter mit der Zahlung zu beauftragen

b) bei einem bisher puumlnktlichen Steuerzahler dem ein offenbares Versehen unterlaufen ist Wer seine Steuern laufend unter Ausnutzung der Schonfrist des sect 240 Abs 3 AO zahlt ist kein puumlnktlicher Steuerzahler (BFH-Urteil vom 1551990 VII R 788 BStBl II S 1007)

c) wenn einem Steuerpflichtigen die rechtzeitige Zahlung der Steuern wegen Zahlungsunfaumlhigkeit und Uumlberschuldung nicht mehr moumlglich war (BFH-Urteil vom 831984 I R 4480 BStBl II S 415) Zu erlassen ist regelmaumlszligig die Haumllfte der verwirkten Saumlumniszuschlaumlge (BFH-Urteil vom 1671997 XI R 3296 BStBl 1998 II S 7)

d) bei einem Steuerpflichtigen dessen wirtschaftliche Leistungsfaumlhigkeit durch nach sect 258 AO bewilligte oder sonst hingenommene Ratenzahlungen unstreitig bis an die aumluszligerste Grenze ausgeschoumlpft worden ist Zu erlassen ist regelmaumlszligig die Haumllfte der verwirkten Saumlumniszuschlaumlge (BFH-Urteil vom 2261990 III R 15085 BStBl 1991 II S 864)

e) wenn die Voraussetzungen fuumlr einen Erlass der Hauptschuld nach sect 227 AO oder fuumlr eine zinslose Stundung der Steuerforderung nach sect 222 AO im Saumlumniszeitraum vorliegen (BFH-Urteil vom 2351985 V R 12479 BStBl II S 489) Lagen nur die Voraussetzungen fuumlr eine

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verzinsliche Stundung der Hauptforderung vor ist die Haumllfte der verwirkten Saumlumniszuschlaumlge zu erlassen

f) in sonstigen Faumlllen sachlicher Unbilligkeit

Die Moumlglichkeit eines weitergehenden Erlasses aus persoumlnlichen Billigkeitsgruumlnden bleibt unberuumlhrtZum Erlass von Saumlumniszuschlaumlgen bei einer Uumlberschneidung mit Nachzahlungszinsen vgl AEAO zu sect 233a Nr 64

6 In Stundungs- und Aussetzungsfaumlllen sowie bei der Herabsetzung von Vorauszahlungen gilt Folgendes

a) Stundung

Wird eine Stundung vor Faumllligkeit beantragt aber erst nach Faumllligkeit bewilligt so ist die Stundung mit Wirkung vom Faumllligkeitstag an auszusprechen Die Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) ist vom neuen Faumllligkeitstag an zu gewaumlhren

Wird eine Stundung vor Faumllligkeit beantragt aber erst nach Faumllligkeit abgelehnt so kann im Allgemeinen eine Frist zur Zahlung der ruumlckstaumlndigen Steuern bewilligt werden Diese Zahlungsfrist soll eine Woche grundsaumltzlich nicht uumlberschreiten Die Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) ist vom Ende der Zahlungsfrist an zu gewaumlhren Bei Zahlung bis zum Ablauf der Schonfrist sind keine Saumlumniszuschlaumlge zu erheben

Wird eine Stundung nach Faumllligkeit beantragt und bewilligt so ist die Stundung vom Eingangstag des Antrags an auszusprechen sofern nicht besondere Gruumlnde eine Stundung schon vom Faumllligkeitstag an rechtfertigen Bereits entstandene Saumlumniszuschlaumlge sind in die Stundungsverfuumlgung einzubeziehen Die Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) ist zu gewaumlhren

Wird eine Stundung nach Faumllligkeit beantragt und abgelehnt so verbleibt es bei dem urspruumlnglichen Faumllligkeitstag sofern nicht besondere Gruumlnde eine Frist zur Zahlung der ruumlckstaumlndigen Steuern rechtfertigen Die Zahlungsfrist soll eine Woche grundsaumltzlich nicht uumlberschreiten Die Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) ist vom Ende der Zahlungsfrist an zu gewaumlhren Bei Zahlung bis zum Ablauf der Schonfrist sind keine Saumlumniszuschlaumlge zu erheben

Wird bei Bewilligung einer Stundung erst nach Ablauf der Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) gezahlt sind Saumlumniszuschlaumlge vom Ablauf des neuen Faumllligkeitstages an zu berechnen Wird im Falle der Ablehnung einer Stundung die eingeraumlumte Zahlungsfrist (zuzuumlglich der Schonfrist nach sect 240 Abs 3 AO) nicht eingehalten sind Saumlumniszuschlaumlge vom Ablauf des urspruumlnglichen Faumllligkeitstages an zu berechnen

b) Aussetzung der Vollziehung

Wird ein rechtzeitig gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach Faumllligkeit abgelehnt so kann im Allgemeinen eine Frist zur Zahlung der ruumlckstaumlndigen Steuern bewilligt werden Die Zahlungsfrist soll eine Woche grundsaumltzlich nicht uumlberschreiten Die Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) ist vom Ende der Zahlungsfrist an zu gewaumlhren Bei Zahlung bis zum Ablauf der Schonfrist sind keine Saumlumniszuschlaumlge zu erheben

c) Herabsetzung von Vorauszahlungen

Wird einem rechtzeitig gestellten Antrag auf Herabsetzung von Vorauszahlungen erst nach Faumllligkeit entsprochen sind Saumlumniszuschlaumlge auf den Herabsetzungsbetrag nicht zu erheben

Wird ein rechtzeitig gestellter Antrag auf Herabsetzung von Vorauszahlungen nach Faumllligkeit abgelehnt so kann im Allgemeinen eine Frist zur Zahlung der ruumlckstaumlndigen Steuern bewilligt werden Die Zahlungsfrist soll eine Woche grundsaumltzlich nicht uumlberschreiten Die Schonfrist (sect 240 Abs 3 AO) ist vom Ende der Zahlungsfrist an zu gewaumlhren Bei Zahlung bis zum Ablauf der Schonfrist sind keine Saumlumniszuschlaumlge zu erheben

Wird einer der vorbezeichneten Antraumlge mit dem Ziel gestellt sich der rechtzeitigen Zahlung der Steuer zu entziehen (Missbrauchsfaumllle) ist keine Zahlungsfrist zu bewilligen

7 Mit einem Verwaltungsakt nach sect 258 AO verzichtet die Vollstreckungsbehoumlrde auf Vollstreckungsmaszlignahmen an der Faumllligkeit der Steuerschuld aumlndert sich dadurch jedoch nichts (s auch BFH-Urteil vom 1531979 IV R 17478 BStBl II S 429) Fuumlr die Dauer eines bekannt gegebenen Vollstreckungsaufschubs sind daher grundsaumltzlich Saumlumniszuschlaumlge zu erheben auf diese Rechtslage ist der Steuerpflichtige bei Bekanntgabe des Vollstreckungsaufschubs hinzuweisen (siehe Abschn 7 Abs 3 VollStrA) Die Moumlglichkeit von der Erhebung von Saumlumniszuschlaumlgen aus Billigkeitsgruumlnden nach sect 227 AO ganz oder teilweise abzusehen bleibt unberuumlhrt (vgl AEAO zu sect 240 Nr 5 Abs 2)

8 Macht der Steuerpflichtige geltend die Saumlumniszuschlaumlge seien nicht oder nicht in der angeforderten Houmlhe entstanden so ist sein Vorbringen - auch wenn es bspw als bdquoErlassantragldquo bezeichnet ist - als Antrag auf Erteilung eines Bescheids nach sect 218 Abs 2 AO anzusehen da nur in diesem Verfahren entschieden werden kann ob und inwieweit Saumlumniszuschlaumlge entstanden sind (staumlndige

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Rechtsprechung vgl zB BFH-Urteil vom 1281999 VII R 9298 BStBl II S 751) Bestreitet der Steuerpflichtige nicht die Entstehung der Saumlumniszuschlaumlge dem Grunde und der Houmlhe nach sondern wendet er sich gegen deren Anforderung im engeren Sinne (Leistungsgebot sect 254 AO) ist sein Vorbringen als Einspruch (sect 347 AO) anzusehen Das Vorbringen des Steuerpflichtigen ist als Erlassantrag zu werten wenn sachliche oder persoumlnliche Billigkeitsgruumlnde geltend gemacht werden

AEAO zu sectsect 241 bis 248 - Sicherheitsleistung

1 Die Vorschriften regeln nur die Art und das Verfahren der Sicherheitsleistung Wann und ggf in welcher Houmlhe Sicherheiten zu leisten sind ergibt sich aus anderen Vorschriften der Abgabenordnung (siehe zB sect 109 Abs 2 sect 165 Abs 1 sectsect 221 222 223 361 Abs 2 AO) oder aus Einzelsteuergesetzen (sect 18f UStG) Die Erzwingung von Sicherheiten richtet sich nach sect 336 AO ihre Verwertung nach sect 327 AO Die Kosten der Sicherheitsleistung treffen den Steuerpflichtigen

2 Die fuumlr die Bundesfinanzverwaltung bekannt gegebenen Bestimmungen uumlber Formen der Sicherheitsleistung im Bereich der von der Zollverwaltung verwalteten Steuern und Abgaben - SiLDV shy(Vorschriftensammlung Bundesfinanzverwaltung E - VSF - Kennungen S 1450 und Z 0915) sind - soweit sie Formen der Sicherheitsleistung in Verbrauchsteuerverfahren betreffen - fuumlr den Bereich der Besitz- und Verkehrsteuern entsprechend anzuwenden

AEAO zu sect 251 ndash Insolvenzverfahren

Inhaltsuumlbersicht 1 Allgemeines 2 Voraussetzung fuumlr die Eroumlffnung des Verfahrens 21 Eroumlffnungsgruumlnde 211 Zahlungsunfaumlhigkeit 212 Drohende Zahlungsunfaumlhigkeit 213 Uumlberschuldung 22 Eroumlffnungsantrag 23 Rechtsbehelfe 3 Insolvenzeroumlffnungsverfahren 31 Sicherungsmaszlignahmen 32 Besonderheiten bei beantragter Eigenverwaltung 4 Eroumlffnung des Verfahrens 41 Wirkung der Eroumlffnung des Verfahrens 411 Allgemeines 412 Unterbrechungswirkung (analog sect 240 ZPO) 413 Auswirkungen auf bei Insolvenzeroumlffnung anhaumlngige Rechtsbehelfsverfahren und Antraumlge auf

Aussetzung der Vollziehung 414 Auswirkungen auf Stundung und Vollstreckungsaufschub 415 Wirkungen auf Verfahren gegen Dritte 42 Stellung und steuerliche Pflichten des Insolvenzverwalters 43 Verwaltungsakte im Insolvenzverfahren 431 Vor Insolvenzeroumlffnung begruumlndete Anspruumlche 432 Nach Insolvenzeroumlffnung begruumlndete Anspruumlche 433 Beispiele fuumlr Bescheiderlaumluterungen bei Bekanntgabe an den Insolvenzverwalter 44 Besonderheiten bei der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 441 Personengesellschaften 4411 Insolvenz der Personengesellschaft 4412 Insolvenz eines (oder mehrerer) Gesellschafters der Personengesellschaft 442 Sonstige Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen 45 Auskunftsrechte des Insolvenzverwalters gegenuumlber dem Finanzamt 5 Insolvenzforderungen 51 Begriff 52 Geltendmachung von Insolvenzforderungen 53 Insolvenzforderungen im Pruumlfungstermin Auswirkungen auf das Besteuerungsverfahren 531 Vom Insolvenzverwalter oder einem Glaumlubiger bestrittene Forderungen 5311 Nicht titulierte Forderungen 5312 Titulierte Forderungen 53121 Nicht bestandskraumlftiger und nicht angefochtener Steuerbescheid 53122 Angefochtener Steuerbescheid 53123 Bestandskraumlftiger Steuerbescheid 532 Vom Schuldner bestrittene Forderungen 533 Feststellung der Forderung zur Tabelle 534 Feststellungsbescheid gem sect 251 Abs 3 AO 535 Aumlnderung von zur Insolvenztabelle festgestellten Steuerforderungen 6 Sonstige Masseverbindlichkeiten (sect 55 InsO) 61 Begruumlndung von sonstigen Masseverbindlichkeiten

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62 Durchsetzung von sonstigen Masseverbindlichkeiten 7 Insolvenzfreies Vermoumlgen 8 Aufrechnung im Insolvenzverfahren 9 Verteilung der Steuerforderungen und -erstattungsanspruumlche auf die insolvenzrechtlichen

Vermoumlgensbereiche 91 Einkommensteuer 911 Einzelveranlagung 912 Zusammenveranlagung 913 Beruumlcksichtigung von Verlustvor- und -ruumlcktraumlgen 914 Einkommensteuererstattungen 92 Umsatzsteuer 10 Befriedigung der Insolvenzglaumlubiger 11 Insolvenzplan 12 Verbraucherinsolvenz nach sectsect 304 ff InsO 121 Auszligergerichtlicher Einigungsversuch 122 Schuldenbereinigungsverfahren 123 Vereinfachtes Insolvenzverfahren 13 Eigenverwaltung 131 Vorbereitung einer Sanierung nach sect 270b InsO 132 Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens 14 Vorgehensweise nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens 15 Restschuldbefreiung 151 Laufzeit der Abtretungserklaumlrung 152 Erteilung der Restschuldbefreiung

1 Allgemeines Ist uumlber das Vermoumlgen eines Steuerpflichtigen (Schuldner) das Insolvenzverfahren eroumlffnet worden koumlnnen die Finanzbehoumlrden ihre Anspruumlche waumlhrend der Dauer des Verfahrens nur nach den Vorschriften der Insolvenzordnung geltend machen (sect 251 Abs 2 Satz 1 AO)

Die Vorschriften der Abschnitte 57 bis 64 der Vollstreckungsanweisung (VollstrA) sind anzuwenden

2 Voraussetzung fuumlr die Eroumlffnung des Verfahrens

21 Eroumlffnungsgruumlnde

Nach sect 16 InsO sind Gruumlnde fuumlr die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens

die Zahlungsunfaumlhigkeit (sect 17 InsO)

die drohende Zahlungsunfaumlhigkeit (sect 18 InsO) und

die Uumlberschuldung (sect 19 InsO)

Die gleichen Eroumlffnungsgruumlnde gelten auch in Nachlassinsolvenzverfahren (sect 320 InsO)

211 Zahlungsunfaumlhigkeit

Allgemeiner Eroumlffnungsgrund ist die Zahlungsunfaumlhigkeit des Schuldners Sie ist in der Regel anzunehmen wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (sect 17 InsO) Leistet der Schuldner noch einzelne Zahlungen bleiben aber nicht unwesentliche Verbindlichkeiten unerfuumlllt aumlndert dies grundsaumltzlich nichts an der Zahlungsunfaumlhigkeit (BGH-Urteil vom 1072003 IX ZR 8902 DB S 2383)

Zahlungsunfaumlhigkeit ist weiterhin regelmaumlszligig anzunehmen wenn der Schuldner nicht in der Lage ist binnen drei Wochen 90 seiner faumllligen Gesamtverbindlichkeiten auszugleichen (BGH-Urteil vom 2452005 IX ZR 12304 NJW S 3062)

212 Drohende Zahlungsunfaumlhigkeit

Bei Eigenantraumlgen des Schuldners ist auch die drohende Zahlungsunfaumlhigkeit Eroumlffnungsgrund (sect 18 Abs 1 InsO) Der Schuldner droht zahlungsunfaumlhig zu werden wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Faumllligkeit zu erfuumlllen (sect 18 Abs 2 InsO)

213 Uumlberschuldung

Bei juristischen Personen Personengesellschaften ohne eine persoumlnlich haftende natuumlrliche Person ist danebendie Uumlberschuldung ein eigenstaumlndiger Eroumlffnungsgrund (sect 19 InsO) Eine Uumlberschuldung liegt vor wenn das Vermoumlgen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt es sei denn die Fortfuumlhrung des Unternehmens ist nach den Umstaumlnden uumlberwiegend wahrscheinlich (sect 19 Abs 2 Satz 1 InsO) Eine Ausnahme gilt in den Faumlllen des sect 19 Abs 3 Satz 2 InsO

22 Eroumlffnungsantrag

Das Insolvenzverfahren wird nur auf schriftlichen Antrag eroumlffnet Antragsberechtigt sind sowohl die Glaumlubiger als auch der Schuldner (sect 13 Abs 1 Satz 2 InsO) Den Antrag auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens kann auszliger bei

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drohender Zahlungsunfaumlhigkeit jeder Glaumlubiger stellen der ein rechtliches Interesse an der Eroumlffnung hat und seinen Anspruch sowie den Eroumlffnungsgrund glaubhaft macht (sect 14 Abs 1 InsO) Das rechtliche Interesse eines Glaumlubigers fehlt beispielsweise dann wenn er aufgrund eines Aussonderungsrechts innerhalb wie auszligerhalb des Verfahrens in gleicher Weise Befriedigung erlangen kann

Bei vollstreckbaren Ruumlckstaumlnden ist die Finanzbehoumlrde im Rahmen pflichtgemaumlszliger Ermessensausuumlbung gehalten bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes einen Insolvenzantrag zu stellen

Nach sect 14 Abs 1 Satz 2 und 3 InsO wird ein Insolvenzantrag nicht alleine dadurch unzulaumlssig dass die Forderung erfuumlllt wird Dies gilt allerdings nur wenn in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Insolvenzantragstellung schon einmal ein Insolvenzantrag gestellt wurde Sind der Finanzbehoumlrde entsprechende Vorantraumlge ndash auch von dritter Seite ndash bekannt hat sie bei ihrer Antragstellung darauf hinzuweisen

23 Rechtsbehelfe

Die Stellung eines Antrag auf Eroumlffnung eines Insolvenzverfahrens uumlber das Vermoumlgen des Schuldners durch dieFinanzbehoumlrde ist kein Verwaltungsakt sondern stellt schlichtes hoheitliches Handeln dar dessen Uumlberpruumlfung dem Finanzgericht und nicht dem Insolvenzgericht obliegt (vgl BFH-Beschluss vom 3182011 VII B 5911 BFHNV S 2105) Dem Steuerpflichtigen stehen als Rechtsbehelfe hiergegen die allgemeine Leistungsklage (sect 40 Abs 1 FGO) bzw im vorlaumlufigen Rechtsschutzverfahren der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (sect 114 FGO) zu (vgl BFH-Beschluss vom 1282011 VII B 15910 BFHNV S 2104)

Uumlber den Insolvenzantrag selbst entscheidet das Insolvenzgericht Gegen eine ablehnende Entscheidung des Insolvenzgerichts uumlber den Insolvenzantrag steht dem antragstellenden Glaumlubiger das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zu (sect 34 Abs 1 InsO) Die Beschwerde ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Insolvenzgericht einzulegen (sectsect 4 und 6 InsO sect 569 ZPO) Die Frist beginnt mit der Verkuumlndung der Entscheidung oder wenn diese nicht verkuumlndet wird mit deren Zustellung (sect 6 Abs 2 InsO) Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde gegeben soweit sie zugelassen ist (sect 574 ZPO) Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung des Beschlusses uumlber die sofortige Beschwerde bei dem Rechtsbeschwerdegericht einzulegen (sect 575 ZPO)

3 Insolvenzeroumlffnungsverfahren

31 Sicherungsmaszlignahmen

Die haumlufigste Sicherungsmaszlignahme ist neben dem Vollstreckungsverbot die Anordnung der vorlaumlufigen Insolvenzverwaltung gem sect 21 Abs 2 Nr 1 i V m sect 22 InsO Wird diese Anordnung mit dem Erlass eines allgemeinen Verfuumlgungsverbots nach sect 21 Abs 2 Nr 2 InsO verbunden geht die Verwaltungs- und Verfuumlgungsbefugnis uumlber das Schuldnervermoumlgen auf den vorlaumlufigen Insolvenzverwalter uumlber Aufgrund seiner umfassenden Befugnisse wird dieser als ldquostarkerldquo vorlaumlufiger Insolvenzverwalter bezeichnet Im Besteuerungsverfahren hat der bdquostarkeldquo vorlaumlufige Insolvenzverwalter die gleiche Stellung (sect 34 Abs 3 AO) wie der Insolvenzverwalter im eroumlffneten Verfahren (vgl AEAO zu sect 251 Nr 42) Die vom bdquostarkenldquo vorlaumlufigen Insolvenzverwalter begruumlndeten Verbindlichkeiten gelten nach Verfahrenseroumlffnung als Masseverbindlichkeiten i S d sect 55 Abs 2 InsO (vgl AEAO zu sect 251 Nr 61) Fuumlr hierauf bezogene Verwaltungsakte ist er im Insolvenzeroumlffnungsverfahren Bekanntgabeadressat (vgl AEAO zu sect 251 Nr 432)

Soweit das Gericht vom Erlass eines allgemeinen Verfuumlgungsverbots absieht und die Rechte des vorlaumlufigen Insolvenzverwalters individuell bestimmt handelt es sich um einen sog bdquoschwachenldquo vorlaumlufigen Insolvenzverwalter Dieser ist nicht Vermoumlgensverwalter iSd sect 34 Abs 3 AO daher obliegen die steuerlichen Pflichten insbesondere die Steuererklaumlrungspflicht weiterhin dem Schuldner Steuerbescheide sind daher an den Schuldner zu richten und diesem bekannt zu geben soweit kein Empfangsbevollmaumlchtigter bestellt ist

Der bdquoschwacheldquo vorlaumlufige Insolvenzverwalter kann in der Regel keine Masseverbindlichkeiten begruumlnden (vgl BGH-Urteil vom 1872002 IX ZR 19501 DB S 2011) Aufgrund der Regelung des sect 55 Abs 4 InsO gelten jedoch Steuerverbindlichkeiten des Schuldners die vom vorlaumlufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung des vorlaumlufigen Insolvenzverwalters begruumlndet werden nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten Zu Einzelheiten der Anwendung des sect 55 Abs 4 InsO siehe BMF-Schreiben vom 1712012 BStBl I S 120

Aus der Bestellung eines Gutachters durch das Insolvenzgericht ergeben sich keine Auswirkungen auf das Besteuerungsverfahren des Schuldners

32 Besonderheiten bei beantragter Eigenverwaltung

Zu der Moumlglichkeit der Vorbereitung einer Sanierung nach sect 270b InsO vgl AEAO zu sect 251 Nr 131

4 Eroumlffnung des Verfahrens

41 Wirkung der Eroumlffnung des Verfahrens

411 Allgemeines

Mit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens verliert der Schuldner die Befugnis sein zur Insolvenzmasse gehoumlrendes Vermoumlgen zu verwalten und daruumlber zu verfuumlgen (sect 80 Abs 1 InsO) sofern keine Eroumlffnung unter Anordnung der Eigenverwaltung erfolgt (sect 270 Abs 1 Satz 1 InsO vgl AEAO zu sect 251 Nr 132) Die Verwaltungs- und Verfuumlgungsrechte werden durch den Insolvenzverwalter ausgeuumlbt (sect 34 Abs 3 AO)

210

Die Insolvenzmasse erfasst das gesamte Vermoumlgen einschlieszliglich der Geschaumlftsbuumlcher (sect 36 Abs 2 Nr 1 InsO) das dem Schuldner zur Zeit der Eroumlffnung des Verfahrens gehoumlrt und das er waumlhrend des Verfahrens erlangt (sog Neuerwerb sect 35 InsO) Nicht zur Insolvenzmasse gehoumlren die unpfaumlndbaren Gegenstaumlnde iSd sect 36 InsO und das Vermoumlgen aus einer nach sect 35 Abs 2 InsO freigegebenen Taumltigkeit (sog insolvenzfreies Vermoumlgen vgl AEAO zu sect 251 Nr 7)

Die Eroumlffnung des Verfahrens hat weiter die Wirkung dass alle im letzten Monat vor dem Eroumlffnungsantrag oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung erlangten Sicherungsrechte ihre Wirksamkeit verlieren (sect 88 InsO) Im vereinfachten Insolvenzverfahren (Verbraucherinsolvenzverfahren vgl AEAO zu sect 251 Nr 12) verlaumlngert sich die Frist nach sect 312 Abs 1 Satz 3 InsO auf drei Monate wenn das Verfahren auf Antrag des Schuldners eroumlffnet wird

Mit der Eroumlffnung des Verfahrens koumlnnen bis zu diesem Zeitpunkt begruumlndete Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis (Insolvenzforderungen vgl AEAO zu sect 251 Nr 51) nur noch nach Maszliggabe der InsO geltend gemacht werden Dies gilt auch fuumlr Anspruumlche auf die steuerliche Verfahrensvorschriften entsprechend anzuwenden sind (z B Ruumlckforderung von Investitionszulage)

412 Unterbrechungswirkung (analog sect 240 ZPO)

Das Steuerfestsetzungsverfahren das Rechtsbehelfsverfahren und der Lauf der Rechtsbehelfsfristen werden soweit sie die Insolvenzmasse betreffen und abstrakt dazu geeignet sind sich auf zur Tabelle anzumeldende Steuerforderungen auszuwirken analog zu sect 240 ZPO unterbrochen (vgl BFH-Urteil vom 2482004 VIII R 1402 BStBl II 2005 S 246)

Eine Verfahrensunterbrechung tritt nicht ein wenn keine Forderungen gegenuumlber der Insolvenzmasse fuumlr Zeitraumlume vor Insolvenzeroumlffnung geltend zu machen sind (z B im Falle einer Erstattung fuumlr die Masse BFH-Urteil vom 1352009 XI R 6307 BStBl 2010 II S 11)

Zur Unterbrechungswirkung bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vgl AEAO zu sect 251 Nr 44

Die Ermittlungsrechte und -pflichten der Finanzbehoumlrde (sect 88 AO) und die Mitwirkungspflichten des Schuldners des vorlaumlufigen Insolvenzverwalters und des Insolvenzverwalters (sect 34 Abs 3 AO) bleiben von der Unterbrechungswirkung unberuumlhrt Die Pflicht zur handels- und steuerrechtlichen Rechnungslegung ergibt sich aus sect 155 InsO

413 Auswirkungen auf bei Insolvenzeroumlffnung anhaumlngige Rechtsbehelfsverfahren und Antraumlge auf Aussetzung der Vollziehung

Wird waumlhrend eines anhaumlngigen auszligergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens das Insolvenzverfahren eroumlffnet so wird das Rechtsbehelfsverfahren grundsaumltzlich unterbrochen soweit es die Insolvenzmasse betrifft (Nr 41 des AEAO zu sect 251) Die Unterbrechung endet wenn das Rechtsbehelfsverfahren nach den fuumlr das Insolvenzrecht geltenden Vorschriften aufgenommen (vgl hierzu AEAO zu sect 251 Nr 53122) oder das Insolvenzverfahren beendet wird

Ein noch nicht beschiedener Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach sect 361 AO bzw sect 69 FGO wird durch die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens unzulaumlssig (vgl BFH-Urteil vom 27111974 I R 18573 BStBl 1975 II S 208) Eine gewaumlhrte Aussetzung der Vollziehung erledigt sich mit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens (siehe sect 124 Abs 2 AO i V m sect 41 Abs 1 InsO) Die Betraumlge sind zur Tabelle anzumelden (vgl AEAO zu sect 251 Nr 52)

414 Auswirkungen auf Stundung und Vollstreckungsaufschub

Noch nicht beschiedene Antraumlge auf Stundung und Vollstreckungsaufschub werden durch die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens unzulaumlssig Gewaumlhrte Stundungen oder Vollstreckungsaufschuumlbe erledigen sich mit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens (siehe sect 124 Abs 2 i V m sect 41 Abs 1 InsO) Die Betraumlge sind zur Tabelle anzumelden (vgl AEAO zu sect 251 Nr 52)

415 Wirkungen auf Verfahren gegen Dritte

Verfahren gegen Dritte die sich nicht in Insolvenz befinden bleiben grundsaumltzlich von den Wirkungen der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens unberuumlhrt Dies gilt z B fuumlr das Besteuerungsverfahren des nichtinsolventen EhegattenLebenspartners des Schuldners fuumlr das Besteuerungsverfahren der nichtinsolventen Gesellschafter einer Personengesellschaft und fuumlr Haftungsverfahren gegen GmbH-Geschaumlftsfuumlhrer

42 Stellung und steuerliche Pflichten des Insolvenzverwalters

Der Insolvenzverwalter hat als Vermoumlgensverwalter (sect 34 Abs 3 AO) die steuerlichen Pflichten des Schuldners zu erfuumlllen Er ist daher ua gem sect 149 Abs 1 AO i V m den Einzelsteuergesetzen verpflichtet Steuererklaumlrungen fuumlr den Schuldner abzugeben Die Steuererklaumlrungspflicht besteht sowohl fuumlr Besteuerungszeitraumlume nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens als auch fuumlr Besteuerungszeitraumlume vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens soweit der Schuldner noch keine Steuererklaumlrungen abgegeben hat

Der Insolvenzverwalter hat die steuerlichen Pflichten des Schuldners jedoch nur insoweit zu erfuumlllen als seine Verfuumlgungsbefugnis reicht Soweit Besteuerungsgrundlagen den insolvenzfreien Bereich betreffen insbesondere Umsaumltze bzw Einkuumlnfte aus dem nach sect 35 Abs 2 InsO freigegebenen oder pfaumlndungsfreien Vermoumlgen ist daher nicht der Insolvenzverwalter sondern der Schuldner zur Erklaumlrung verpflichtet zB zur Abgabe von

211

Umsatzsteuererklaumlrungen fuumlr das freigegebene Unternehmen Entsprechendes gilt fuumlr die Erklaumlrung zu Besteuerungsgrundlagen die den mit dem Schuldner zusammenveranlagten EhegattenLebenspartner betreffen

Fuumlr die Steuererklaumlrungspflicht des Insolvenzverwalters ist es idR unerheblich ob die Insolvenzmasse uumlber ausreichende Mittel verfuumlgt um diese Erklaumlrungen durch einen Dritten erstellen zu lassen (BFH-Urteil vom 2381994 VII R 14392 BStBl 1995 II S 194) Soweit der Insolvenzverwalter verpflichtet ist Steuererklaumlrungen einschlieszliglich Steueranmeldungen abzugeben und er dieser Verpflichtung nicht nachkommt sind Zwangsmaszlignahmen (sectsect 328 329 AO) gegen ihn zulaumlssig Dies gilt auch wenn aus den angeforderten Erklaumlrungen voraussichtlich nicht mit steuerlichen Auswirkungen zu rechnen ist (sogenannte bdquoNull-Erklaumlrungenldquo vgl BFH-Urteil vom 6112012 VII R 7211 BStBl 2013 II S 141) In massearmen Verfahren kann jedoch regelmaumlszligig von der Anwendung von Zwangsmitteln abgesehen werden die Besteuerungsgrundlagen sind dann zu schaumltzen

Erkennt der Insolvenzverwalter waumlhrend des Verfahrens dass der Schuldner fuumlr die Zeit vor Insolvenzeroumlffnung unrichtige oder unvollstaumlndige Erklaumlrungen abgegeben hat und dass es dadurch zu einer Verkuumlrzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist ist er nach sect 153 Abs 1 AO verpflichtet die unrichtigen oder unvollstaumlndigen Steuererklaumlrungen zu berichtigen oder zu vervollstaumlndigen

Die Steuererklaumlrungspflicht des Insolvenzverwalters endet grundsaumltzlich mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens Soweit Steuererklaumlrungen vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter abzugeben waren besteht diese Verpflichtung uumlber diesen Zeitpunkt hinaus fort soweit der fruumlhere Insolvenzverwalter dieser Verpflichtung noch tatsaumlchlich nachkommen kann (sectsect 34 36 AO)

Fuumlr Zeitraumlume nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens obliegen die steuerlichen Pflichten dem Schuldner

43 Verwaltungsakte im Insolvenzverfahren

431 Vor Insolvenzeroumlffnung begruumlndete Anspruumlche

Waumlhrend des Insolvenzverfahrens duumlrfen hinsichtlich Insolvenzforderungen grundsaumltzlich keine Bescheide uumlber die Festsetzung von Anspruumlchen aus dem Steuerschuldverhaumlltnis und keine Bescheide die Besteuerungsgrundlagen feststellen oder Steuermessbetraumlge festsetzen welche die Houmlhe der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Steuerforderungen beeinflussen koumlnnen erlassen werden Ein gleichwohl erlassener Steuerbescheid uumlber einen Steueranspruch der eine Insolvenzforderung betrifft ist unwirksam (BFH-Urteil vom 18122002 I R 3301 BStBl 2003 II S 630)

Bescheide die einen Erstattungsanspruch zugunsten der Insolvenzmasse festsetzen oder Festsetzungen von Steuermessbetraumlgen die sich fuumlr den Schuldner vorteilhaft auswirken koumlnnen ergehen Beispielsweise ist das Finanzamt berechtigt Umsatzsteuerbescheide zu erlassen in denen eine negative Umsatzsteuer fuumlr einen Besteuerungszeitraum vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens festgesetzt wird sofern sich daraus keine Zahllast ergibt (BFH-Urteil vom 1352009 XI R 6307 BStBl 2010 II S 11)

Steuerfestsetzungen i H v 0 euro koumlnnen ebenfalls durchgefuumlhrt werden da sich hieraus keine vollstreckbaren Anspruumlche ergeben und somit die Schutzbestimmungen der sectsect 87 89 174 InsO nicht beruumlhrt sind (BFH-Urteil vom 10122008 I R 4107 BFHNV 2009 S 719)

Weiterhin koumlnnen folgende Verwaltungsakte ergehen

- Verwaltungsakte nach sect 251 Abs 3 AO (ggf neben einer Bekanntgabe an den widersprechenden Glaumlubiger sect 179 Abs 1 InsO)

- Gewerbesteuermessbetragsbescheide (sect 184 AO) und Zerlegungsbescheide (sect 188 AO) nach einem Widerspruch gegen die Anmeldung von Gewerbesteuerforderungen zur Insolvenztabelle durch die erhebungsberechtigte Koumlrperschaft (BFH-Urteil vom 271997 I R 1197 BStBl 1998 II S 428)

- Bescheide die Besteuerungsgrundlagen feststellen die eine vom Insolvenzverwalter im Pruumlfungstermin bestrittene Steuerforderung betreffen (BFH-Urteil vom 142003 I R 5102 BStBl II S 779 zu Feststellungsbescheiden vgl auch AEAO zu sect 251 Nr 44)

Fuumlr diese Verwaltungsakte ist Bekanntgabeadressat (vgl AEAO zu sect 122 Nr 14) der Insolvenzverwalter

In Faumlllen der Eigenverwaltung (vgl AEAO zu sect 251 Nr 13) ist der Schuldner Bekanntgabeadressat

Zu Verbindlichkeiten nach sect 55 Abs 2 und 4 InsO vgl AEAO zu sect 251 Nr 31

432 Nach Insolvenzeroumlffnung begruumlndete Anspruumlche

Verwaltungsakte die die Insolvenzmasse betreffen duumlrfen erlassen werden

Bekanntgabeadressat aller die Insolvenzmasse betreffenden Verwaltungsakte ist der Insolvenzverwalter Dies gilt insbesondere fuumlr die Bekanntgabe von

- Steuerbescheiden oder Steuermessbetragsbescheiden wegen Steueranspruumlchen die nach der Verfahrenseroumlffnung begruumlndet und damit sonstige Masseverbindlichkeiten sind

- Verwaltungsakten nach sect 218 Abs 2 AO

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- Steuerbescheiden wegen Steueranspruumlchen die aufgrund einer neuen beruflichen oder gewerblichen nicht vom Insolvenzverwalter freigegebenen Taumltigkeit des Schuldners begruumlndet sind (sog Neuerwerb sect 35 InsO)

Verwaltungsakte die das insolvenzfreie Vermoumlgen betreffen sind an den Schuldner zu richten und diesem bekannt zu geben

433 Beispiele fuumlr Bescheiderlaumluterungen bei Bekanntgabe an den Insolvenzverwalter

bdquoDer Bescheid ergeht an Sie als Verwaltervorlaumlufiger Verwalter im InsolvenzverfahrenVerfahren uumlber den Antrag auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens uumlber das Vermoumlgen des Schuldners ldquo

Die Erlaumluterung ist soweit erforderlich zur Klarstellung zu ergaumlnzen

bdquoDie Steuerfestsetzung betrifft die Festsetzung der Umsatzsteuer als sonstige Masseverbindlichkeitldquo

bdquoDie Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags dient der erhebungsberechtigten Koumlrperschaft als Grundlage zur Fortfuumlhrung des weiteren Verfahrens aufgrund des Widerspruchs gegen die Anmeldung der Gewerbesteuerforderung zur Tabelleldquo

44 Besonderheiten bei der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

441 Personengesellschaften

4411 Insolvenz der Personengesellschaft

Das Insolvenzverfahren einer Personengesellschaft umfasst nur das Gesamthandsvermoumlgen nicht jedoch das persoumlnliche Vermoumlgen der Gesellschafter oder das Sonderbetriebsvermoumlgen einzelner Gesellschafter

Zivilrechtlich wird die Personengesellschaft durch die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens aufgeloumlst (sect 728 Abs 1 BGB sect 131 Abs 1 Nr 3 sect 161 Abs 2 HGB) Steuerrechtlich besteht sie zunaumlchst fort (vgl AEAO zu sect 122 Nr 271)

Ist ausschlieszliglich uumlber das Vermoumlgen der Gesellschaft ndash nicht aber auch uumlber das Vermoumlgen eines Gesellschafters ndash ein Insolvenzverfahren eroumlffnet worden unterbricht diese Verfahrenseroumlffnung das (Gewinn-) Feststellungsverfahren nicht weil dessen steuerlichen Folgen nicht die Insolvenzmasse sondern ausschlieszliglich die Gesellschafter treffen (BFH-Urteil vom 2471990 VIII R 19484 BStBl 1992 II S 508)

Daher sind weiterhin Feststellungserklaumlrungen abzugeben Die Pflicht zur Abgabe der Feststellungserklaumlrung obliegt wie bisher den Beteiligten (sectsect 179 Abs 1 181 Abs 2 AO) nicht dem Insolvenzverwalter Dieser ist nur dann zur Abgabe der Feststellungserklaumlrung verpflichtet wenn er Insolvenzverwalter im Insolvenzverfahren uumlber das Vermoumlgen eines Beteiligten ist Seine ggf bestehende Pflicht zur Abgabe einer Gewerbesteuererklaumlrung bleibt davon unberuumlhrt

Der Feststellungsbescheid ist den Gesellschaftern einzeln bekannt zu geben da die Gesellschaft durch die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens aufgeloumlst wird (sect 183 Abs 2 AO) Wurde eine Empfangsvollmacht gem sect 183 Abs 1 Satz 1 AO erteilt ist jedoch weiterhin eine Bekanntgabe gem sect 183 Abs 3 AO an den Empfangsbevollmaumlchtigten moumlglich

4412 Insolvenz eines (oder mehrerer) Gesellschafters der Personengesellschaft

Mit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens uumlber das Vermoumlgen eines Feststellungsbeteiligten wird das (Gewinnshy)Feststellungsverfahren ausschlieszliglich hinsichtlich der Feststellung des Anteils des in der Insolvenz befindlichen Gesellschafters unterbrochen Diese Unterbrechung hindert den Fortgang des (Gewinn-) Feststellungsverfahrens gegenuumlber den uumlbrigen Beteiligten nicht Insoweit wird vom Grundsatz der Einheitlichkeit des Feststellungsverfahrens (sect 179 Abs 2 Satz 2 AO) abgewichen

Sobald dem fuumlr die Besteuerung eines Feststellungsbeteiligten zustaumlndigen Finanzamt bekannt wird dass uumlber das Vermoumlgen dieses Steuerpflichtigen das Insolvenzverfahren eroumlffnet worden ist hat es das fuumlr die Durchfuumlhrung der gesonderten und einheitlichen Feststellung zustaumlndige Finanzamt unverzuumlglich hieruumlber zu unterrichten

Wenn im Zeitpunkt der Insolvenzeroumlffnung noch kein (Gewinn-) Feststellungsbescheid vorliegt gilt fuumlr die Besteuerung des Anteils des insolventen Beteiligten Folgendes

Eine Unterscheidung zwischen Insolvenz- und Masseforderungen ist bereits im (Gewinn)Feststellungsbescheid gegenuumlber dem in Insolvenz befindlichen Mitunternehmer vorzunehmen

Werden durch die gesonderte und einheitliche Feststellung gegenuumlber dem Schuldner (insolventer Feststellungsbeteiligter) sowohl Besteuerungsgrundlagen welche der Anmeldung von Insolvenzforderungen dienen als auch Besteuerungsgrundlagen welche der Festsetzung von Masseforderungen dienen festgestellt so sind die Besteuerungsgrundlagen welche der Anmeldung von Insolvenzforderungen dienen gesondert aufzufuumlhren Dieser Bescheid ist dem Insolvenzverwalter bekannt zu geben Dabei ist darauf hinzuweisen dass der Bescheid soweit er Besteuerungsgrundlagen betrifft die der Anmeldung von Insolvenzforderungen dienen lediglich ein bdquoinformatorischer Bescheidldquo uumlber die Berechnungsgrundlage ist (vgl BFH-Urteil vom 2482004 VIII R 1402 BStBl 2005 II S 246)

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Zustaumlndig fuumlr die Anmeldung der Forderungen zur Tabelle ist und bleibt das fuumlr die Besteuerung des Schuldners zustaumlndige Finanzamt Es nimmt bei Bedarf auch am Pruumlfungstermin teil

Wird die von dem Finanzamt angemeldete Forderung im Pruumlfungstermin bestritten hat das fuumlr die Besteuerung des Schuldners zustaumlndige Finanzamt einen Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO zu erlassen der auf Feststellung zur Insolvenztabelle gerichtet ist Der Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO ist an die widersprechenden Insolvenzglaumlubiger bzw den widersprechenden Insolvenzverwalter zu richten

Wird kein Einspruch gegen den Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO eingelegt gilt die Forderung als festgestellt Die Berichtigung der Tabelle ist von dem fuumlr die Besteuerung des Schuldners zustaumlndigen Finanzamt zu beantragen

Wird gegen den Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO Einspruch eingelegt und damit begruumlndet dass die festgestellte Forderung auf einer Gewinnfeststellung beruht ist das Gewinnfeststellungsverfahren wieder aufzunehmen Der Rechtsstreit uumlber den Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO ist bis zu der abschlieszligenden Entscheidung in dem Gewinnfeststellungsverfahren gem sect 363 Abs 1 AO auszusetzen

An diesem Gewinnfeststellungsverfahren sind anstelle des Schuldners die im Pruumlfungstermin widersprechenden Insolvenzglaumlubiger bzw der widersprechende Insolvenzverwalter beteiligt ihnen ist deshalb auch ein sog bdquoverkuumlrzterldquo Gewinnfeststellungsbescheid (sect 183 Abs 2 Satz 2 AO) bekannt zu geben (BFH-Urteil vom 2482004 VIII R 1402 aaO)

Die Entscheidung im Gewinnfeststellungsverfahren ist bei der Entscheidung uumlber den Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO zu beruumlcksichtigen Die Berichtigung der Tabelle beim Insolvenzgericht ist dann von dem fuumlr die Besteuerung des Schuldners zustaumlndigen Finanzamt zu beantragen

442 Sonstige Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen

Abweichend von Nr 431 koumlnnen im Insolvenzverfahren gesonderte Feststellungen des verbleibenden Verlustvortrags nach sect 10d EStG oder gesonderte Gewinnfeststellungen nach sect 180 Abs 1 Nr 2 Buchstabe b AO durchgefuumlhrt werden wenn sie zu einem Verlustruumlcktrag fuumlhren oder zusammen mit einer Steuerfestsetzung Grundlage fuumlr die Erstattung von Vorauszahlungen sind und der Insolvenzverwalter die Feststellung ausdruumlcklich beantragt hat (vgl BFH-Urteil vom 18122002 I R 3301 BStBl 2003 II S 630) Ebenso zulaumlssig sind gesonderte Feststellungen von Besteuerungsgrundlagen denen die abstrakte Eignung fehlt sich auf anzumeldende Steuerforderungen auszuwirken (z B Feststellung des steuerlichen Einlagekontos gem sect 27 KStG)

45 Auskunftsrechte des Insolvenzverwalters gegenuumlber dem Finanzamt

Der Schuldner selbst hat nach der AO keinen Anspruch auf Akteneinsicht oder Uumlbersendung eines Kontoauszuges sondern nur ein Recht darauf dass die Finanzbehoumlrde uumlber seinen Antrag auf Akteneinsicht bzw seinen Antrag auf Uumlbersendung eines Kontoauszuges nach pflichtgemaumlszligem Ermessen entscheidet Der Insolvenzverwalter hat keinen daruumlber hinausgehenden Anspruch (vgl BFH-Urteil vom 1932013 II R 1711 BStBl II S 639 und BFH-Beschluss vom 1592010 II B 410 BFHNV 2011 S 2)

Bei Auskunftsantraumlgen des Insolvenzverwalters nach der AO hat das Finanzamt bei der Ermessensausuumlbung zu beruumlcksichtigen ob ein berechtigtes Interesse substantiiert dargelegt wurde oder ein solches erkennbar ist insbesondere ob die begehrte Auskunft der Wahrnehmung von Rechten oder Pflichten im konkreten Besteuerungsverfahren dienen kann (vgl BFH-Beschluss vom 1442011 VII B 20110 BFHNV S 1296) Fehlt es daran kann die Erteilung einer Auskunft oder die Uumlbersendung von Kontoauszuumlgen abgelehnt werden (vgl Nr 3 des BMF-Schreibens vom 17122008 BStBl 2009 I S 6 und BFH-Urteil vom 1932013 II R 1711 aaO)

Ein Auskunftsanspruch des Insolvenzverwalters allein wegen des Verdachts anfechtbarer Zahlungen auf Steuerschulden gegenuumlber dem Finanzamt besteht nicht (BGH-Urteil vom 1382009 IX ZR 5806 HFR 2010 S 299) Der Insolvenzverwalter muss moumlgliche der Anfechtung unterliegende Rechtshandlungen selbst ermitteln Das Finanzamt ist nicht verpflichtet durch Herausgabe von Unterlagen oder durch Erteilung von Auskuumlnften zur Ermittlung von Insolvenzanfechtungstatbestaumlnden beizutragen

Auszligersteuerliche Auskunftsrechte des Insolvenzverwalters zur Vorbereitung der Geltendmachung von Anfechtungsanspruumlchen nach sectsect 129 ff InsO koumlnnen sich jedoch nach den jeweils einschlaumlgigen Regelungen eines IFG ergeben wenn der Schuldner zustimmt (sect 30 Abs 4 Nr 3 AO)

5 Insolvenzforderungen

51 Begriff

Eine Insolvenzforderung ist eine zur Zeit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens begruumlndete Forderung des Glaumlubigers gegen den Schuldner (sect 38 InsO) Der Zeitpunkt der steuerrechtlichen Entstehung der Forderung ist fuumlr diese Einordnung unmaszliggeblich so dass eine Abgabenforderung - unabhaumlngig von der steuerrechtlichen Entstehung - immer dann als Insolvenzforderung anzusehen ist wenn ihr Rechtsgrund zum Zeitpunkt der Verfahrenseroumlffnung bereits gelegt war bzw der den Steueranspruch begruumlndende Tatbestand nach den steuerrechtlichen Vorschriften bereits vor der Insolvenzeroumlffnung vollstaumlndig verwirklicht und damit abgeschlossen war es sei denn dass der Tatbestand der sect 55 Abs 2 oder 4 InsO erfuumlllt ist

Ist die Steuerforderung im Zeitpunkt der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht gem sect 38 AO entstanden (z B Eroumlffnung im Laufe des Umsatzsteuer-Voranmeldungszeitraums) ist nur die zum Eroumlffnungszeitpunkt

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bereits begruumlndete Teilsteuerforderung Insolvenzforderung Der nach Eroumlffnung begruumlndete Teil ist Masseforderung

Abgabenanspruumlche die lediglich begruumlndet aber noch nicht faumlllig sind gelten im Zeitpunkt der Verfahrenseroumlffnung als faumlllig (sect 41 InsO)

Beispiel 1 (Umsatzsteuer)

Die Umsatzsteuerforderung entsteht bei Sollversteuerung erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums in dem die Leistungen ausgefuumlhrt worden sind (sect 13 Abs 1 Nr 1 Buchstabe a UStG) Dagegen ist sie grundsaumltzlich bereits begruumlndet soweit die Leistung erbracht ist

Im Falle der Istversteuerung nach sect 20 UStG entsteht die Umsatzsteuerforderung erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums in dem das Entgelt vereinnahmt worden ist (sect 13 Abs 1 Nr 1 Buchstabe b UStG) Insolvenzrechtlich begruumlndet ist sie bereits im Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts (BFH-Urteil vom 2912009 V R 6407 BStBl II S 682) Das Gleiche gilt fuumlr die Anzahlungsbesteuerung nach sect 13 Abs 1 Nr 1 Buchstabe a Satz 4 UStG

Zur Verteilung auf die einzelnen Vermoumlgensbereiche vgl AEAO zu sect 251 Nr 92

Beispiel 2 (Vorsteuerruumlckforderung)

Der Vorsteuerruumlckforderungsanspruch (sect 17 Abs 1 Satz 2 in Verbindung mit sect 17 Abs 2 Nr 1 UStG) entsteht ebenfalls erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums ist aber zur Zeit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens bereits begruumlndet weil die Uneinbringlichkeit spaumltestens zu diesem Zeitpunkt bereits vorlag (BFH-Urteil vom 22102009 V R 1408 BStBl II 2011 S 988 und vom 9122010 V R 2210 BStBl II 2011 S 996)

Beispiel 3 (Lohnsteuer)

Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zuflieszligt (sectsect 38 Abs 2 41a Abs 1 EStG) Sie ist regelmaumlszligig auch in diesem Zeitpunkt begruumlndet iSv sect 38 InsO unabhaumlngig davon fuumlr welchen Zeitraum die Lohnzahlungen erfolgen

Beispiel 4 (Ruumlckforderung Investitionszulage)

Der Anspruch auf Ruumlckforderung einer gewaumlhrten Investitionszulage ist vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens begruumlndet wenn das zulagenbeguumlnstigte Wirtschaftsgut vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens bereits zulagenschaumldlich verwendet wurde (zB Veraumluszligerung oder Umqualifizierung von Anlagevermoumlgen in Umlaufvermoumlgen)

Die nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter erfolgte zulagenschaumldliche Verwendung des Wirtschaftsgutes fuumlhrt ebenfalls zu einer Insolvenzforderung Der Ruumlckforderungsanspruch war schon vor der Eroumlffnung begruumlndet weil das vom Schuldner geschaffene oumlffentlich-rechtliche Verhaumlltnis zur Finanzbehoumlrde aus dem spaumlter der Ruumlckforderungsanspruch entstanden ist zum Zeitpunkt der Verfahrenseroumlffnung bereits bestand

Beispiel 5 (Kraftfahrzeugsteuer)

Die auf Zeitraumlume vor Verfahrenseroumlffnung bzw vor Bestellung eines bdquostarkenldquo vorlaumlufigen Insolvenzverwalters entfallende Steuer gehoumlrt zu den Insolvenzforderungen Es ist eine Aufteilung des Besteuerungszeitraums und Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer nach Monaten uU nach Tagen vorzunehmen (BFH-Urteil vom 16112004 VII R 6203 BStBl 2005 II S 309 und BFH-Beschluss vom 871997 VII B 8997 BFHNV 1998 S 86)

Beispiel 6 (Einkommen- und Koumlrperschaftsteuer)

Die Einkommen- und Koumlrperschaftsteuer auf die bis zur Insolvenzeroumlffnung erzielten Einkuumlnfte stellt eine Insolvenzforderung dar

Fuumlr die Zuordnung der Einkuumlnfte und fuumlr die Verteilung der Steuer auf die einzelnen Vermoumlgensbereiche vgl AEAO zu sect 251 Nr 91

Verspaumltungszuschlaumlge sind Insolvenzforderungen (BFH-Beschluss vom 1912005 VII B 28604 BFHNV S 1001) wenn sie auf Fristversaumlumnissen des Schuldners bis zur Insolvenzeroumlffnung beruhen

Saumlumniszuschlaumlge und Zinsen die seit Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens auf Insolvenzforderungen entstanden sind sowie ruumlckstaumlndige Buszliggelder und Zwangsgelder sind nachrangige Insolvenzforderungen iSd sect 39 InsO

52 Geltendmachung von Insolvenzforderungen

Insolvenzforderungen sind schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden (sect 174 Abs 1 InsO) Hierzu wird vom Insolvenzverwalter eine Tabelle gefuumlhrt in die er jede angemeldete Forderung mit den in sect 174 Abs 2 3 InsO genannten Angaben einzutragen hat (sectsect 174 175 InsO) Nachrangige Insolvenzforderungen sind nur auf besondere Aufforderung durch das Insolvenzgericht hin anzumelden (sect 174 Abs 3 InsO)

53 Insolvenzforderungen im Pruumlfungstermin Auswirkung auf das Besteuerungsverfahren

215

Wegen der Auswirkungen auf das Steuerfestsetzungs- und Rechtsbehelfsverfahren ist fuumlr die weitere Bearbeitung zunaumlchst zu unterscheiden ob die Forderung im Pruumlfungstermin (sect 29 Abs 1 Nr 2 InsO) bestritten wurde

531 Vom Insolvenzverwalter oder einem Glaumlubiger bestrittene Forderungen

Ist eine angemeldete Abgabenforderung nach Grund und Houmlhe im Pruumlfungstermin bestritten worden muss weiter differenziert werden ob der Anspruch tituliert ist

Von einer Titulierung im insolvenzrechtlichen Sinne ist auszugehen wenn vor Insolvenzeroumlffnung ein Bescheid bekannt gegeben oder eine Steueranmeldung abgegeben worden ist Arrestanordnungen sind keine Titel iSd sect 179 InsO

Nicht titulierte Anspruumlche sind Steuerforderungen die im Zeitpunkt der Verfahrenseroumlffnung begruumlndet (sect 38 InsO vgl AEAO zu sect 251 Nr 51) waren fuumlr die aber bis zur Insolvenzeroumlffnung noch kein Steuerbescheid wirksam bekannt gegeben wurde oder fuumlr die noch keine Steueranmeldung abgegeben wurde oder diese erst nach Verfahrenseroumlffnung beim Finanzamt eingegangen ist

5311 Nicht titulierte Forderungen

Wird eine nicht titulierte Forderung bestritten stellt das Finanzamt das Bestehen der Abgabenforderung durch Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO fest Inhalts- und Bekanntgabeadressat ist der Bestreitende (Insolvenzverwalter oder -glaumlubiger sect 179 Abs 1 InsO)

5312 Titulierte Forderungen

Wird eine titulierte Abgabenforderung bestritten obliegt es dem Bestreitenden den Widerspruch zu verfolgen (sect 179 Abs 2 InsO) Es bleibt dem Finanzamt unbenommen - insbesondere zur Erlangung des Stimmrechts (sect 77 InsO) - das durch die Verfahrenseroumlffnung unterbrochene Verfahren selbst aufzunehmen (grundlegend BVerwG-Urteil vom 2941988 8 C 7385 NJW 1989 S 314 und Abschnitt 60 Abs 7 VollstrA)

53121 Nicht bestandskraumlftiger und nicht angefochtener Steuerbescheid

War der Steuerbescheid vor Eroumlffnung des Verfahrens noch nicht bestandskraumlftig und wurde noch kein Rechtsbehelf eingelegt ist der Lauf der Rechtsbehelfsfrist durch die Eroumlffnung des Verfahrens unterbrochen Das Finanzamt hat dem Bestreitenden die Aufnahme des Rechtsstreits zu erklaumlren (analog sect 240 ZPO) Mit der Bekanntgabe dieser Erklaumlrung beginnt die durch die Verfahrenseroumlffnung unterbrochene Einspruchsfrist neu zu laufen

53122 Angefochtener Steuerbescheid

War der Steuerbescheid vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens noch nicht bestandskraumlftig und vom Schuldner oder dem vorlaumlufigen bdquostarkenldquo Insolvenzverwalter mit einem zulaumlssigen Einspruch oder einer zulaumlssigen Klage angefochten hat der Insolvenzverwalter die Moumlglichkeit - ggf nach entsprechender Aufforderung durch das Finanzamt - das Rechtsbehelfsverfahren aufzunehmen und fortzufuumlhren Das vom Insolvenzverwalter aufgenommene Einspruchsverfahren ist vom Finanzamt weiter zu betreiben

Nimmt der Insolvenzverwalter trotz Aufforderung durch das Finanzamt seinen Widerspruch gegen die Forderungsanmeldung innerhalb einer angemessenen Frist nicht zuruumlck und den Rechtsstreit von sich auch nicht auf nimmt das Finanzamt das Einspruchsverfahren auf und fuumlhrt dieses fort (BFH-Urteil vom 13112007 VII R 6106 BStBl 2008 II S 790)

Das Einspruchsverfahren wird in dem Verfahrensstand fortgesetzt in dem es bei seiner Unterbrechung zum Stillstand gekommen ist

Kann dem Einspruch in der Sache (Houmlhe der festgesetzten Steuer) nicht in vollem Umfang entsprochen werden ist er durch Einspruchsentscheidung (u U teilweise) als unbegruumlndet zuruumlckzuweisen Die Einspruchsentscheidung ist dem Insolvenzverwalter als Einspruchsfuumlhrer bekannt zu geben In diesen Faumlllen ist kein Feststellungsbescheid gem sect 251 Abs 3 AO zu erlassen

Die Einspruchsentscheidung muss sich sowohl auf die Rechtmaumlszligigkeit der Steuerforderung als auch auf die rechtmaumlszligige Beanspruchung der Steuerforderung als Insolvenzforderung erstrecken Dazu ist im Tenor uumlber den Einspruch gegen die Steuerfestsetzung und uumlber den im Pruumlfungstermin erhobenen Widerspruch zu entscheiden (BFH-Urteil vom 2322005 VII R 6303 BStBl II S 591)

Beispiel der Tenorierung

Der Einspruch gegen den Bescheid vom hellip wird als unbegruumlndet zuruumlckgewiesen

Die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen werden wie folgt als Insolvenzforderungen festgestellt (Aufstellung der geltend gemachten Steuerforderungen nebst Saumlumniszuschlaumlgen wie beim Insolvenzfeststellungsbescheid)

Soweit wegen der streitigen Steuer eine Anmeldung zur Tabelle (sect 175 InsO) vorgenommen wurde ist die Anmeldung im Anschluss an den Erlass der Einspruchsentscheidung entsprechend zu berichtigen

216

Eine Verboumlserung in der Einspruchsentscheidung ist hingegen unzulaumlssig da die Verboumlserung einer nicht zulaumlssigen erstmaligen Festsetzung einer Steuerschuld gleichstehen wuumlrde Die ggf houmlhere Steuerforderung muss durch Anmeldung zur Insolvenztabelle geltend gemacht werden

Falls beim Finanzgericht oder beim BFH Rechtsbehelfsverfahren anhaumlngig sind informiert die Finanzbehoumlrde das Gericht uumlber das Ergebnis des Pruumlfungstermins

53123 Bestandskraumlftiger Steuerbescheid

War die Abgabenforderung vor der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens bereits bestandskraumlftig festgesetzt wirkt die Bestandskraft auch gegen den Widersprechenden Diesem obliegt die Verfolgung seines Widerspruchs Dabei muss er das Verfahren in der Lage uumlbernehmen in der es sich bei Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens befand Liegen keine Wiedereinsetzungsgruumlnde vor und sind die Voraussetzungen der Korrekturvorschriften (insbesondere sectsect 129 ff 164 165 172 ff AO) nicht erfuumlllt erlaumlsst das Finanzamt einen Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO und stellt die Bestandskraft der angemeldeten Forderung fest (BFH-Urteil vom 2322010 VII R 4807 BStBl II S 562)

532 Vom Schuldner bestrittene Forderungen

Auch dem Schuldner steht das Widerspruchsrecht zu Dieser Widerspruch steht jedoch der Feststellung der Forderung nicht entgegen (sect 178 Abs 1 Satz 2 InsO)

Trotz Widerspruchs des Schuldners tritt die Rechtskraftwirkung des Tabelleneintrags ein (sect 178 Abs 3 InsO) Soweit der Schuldner die zur Tabelle angemeldete Forderung bestreitet wirkt der Tabelleneintrag nach Insolvenzbeendigung nicht gegen den Schuldner (sect 201 Abs 2 InsO) insbesondere ist keine Vollstreckung aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil gegen den Schuldner zulaumlssig (vgl hierzu AEAO zu sect 251 Nr 534)

Im Falle einer titulierten Forderung obliegt es dem Schuldner binnen einer Frist von einem Monat beginnend ab dem Pruumlfungstermin oder im schriftlichen Verfahren mit dem Bestreiten der Forderung den Widerspruch zu verfolgen Nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist gilt ein Widerspruch als nicht erhoben (sect 184 Abs 2 InsO)

Erfolgt der Widerspruch des Schuldners rechtzeitig kann ein unterbrochenes Einspruchsverfahren vom Finanzamt gegenuumlber dem Schuldner fortgefuumlhrt werden (sect 184 Abs 1 Satz 2 InsO)

Haben sowohl der Insolvenzverwalter als auch der Schuldner widersprochen ist es zulaumlssig den unterbrochenen Rechtsstreit sowohl gegen den Insolvenzverwalter als auch gegen den Schuldner aufzunehmen und damit denselben Rechtsstreit einmal gegen den Insolvenzverwalter auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle und zum anderen auf Feststellung der Forderung gegenuumlber dem Schuldner fortzufuumlhren Es handelt sich dabei um zwei miteinander verbundene Rechtsbehelfe mit verschiedenen Rechtsbehelfsbegehren (BFH-Urteil vom 13112007 VII R 6106 BStBl 2008 II S 790)

Wird eine nicht titulierte Forderung vom Schuldner bestritten kann das Finanzamt das Bestehen der Abgabenforderung durch Bescheid nach sect 251 Abs 3 AO feststellen (sect 180 Abs 1 Satz 1 InsO) Dieser Bescheid ist an den Schuldner zu richten und diesem bekannt zu geben

533 Feststellung der Forderung zur Tabelle

Werden die angemeldeten Forderungen im Pruumlfungstermin weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzglaumlubiger bestritten oder wird ein erhobener Widerspruch beseitigt so gelten sowohl die titulierten als auch die nicht titulierten Forderungen als festgestellt (sect 178 Abs 1 InsO)

Die Eintragung der Feststellung zur Tabelle wirkt gegenuumlber dem Insolvenzverwalter und den uumlbrigen Insolvenzglaumlubigern wie ein rechtskraumlftiges Urteil (sect 178 Abs 3 InsO) unabhaumlngig davon ob ein Steuerbescheidergangen ist Zur Moumlglichkeit der Aumlnderung eines festgestellten Tabelleneintrags vgl AEAO zu sect 251 Nr 535

Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzglaumlubiger aus der Eintragung in die Tabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben sofern nicht Restschuldbefreiung eingetreten ist oder noch ein Widerspruch des Schuldners (vgl AEAO zu sect 251 Nr 532) vorliegt

Die widerspruchslose Feststellung einer Steuerforderung zur Insolvenztabelle bewirkt zwar die Erledigung eines wegen dieser Forderung gefuumlhrten Finanzrechtsstreits in der Hauptsache beendet aber nicht zugleich die Unterbrechung (vgl AEAO zu sect 251 Nrn 412 und 413) des finanzgerichtlichen Verfahrens (BFH-Beschluss vom 1452013 X B 13412 BStBl II S 585)

534 Feststellungsbescheid gem sect 251 Abs 3 AO

Der Feststellungsbescheid nach sect 251 Abs 3 AO ist kein Steuerbescheid iSv sectsect 155 ff AO Eine Korrektur richtet sich nach den sectsect 129 bis 131 AO

535 Aumlnderung von zur Insolvenztabelle festgestellten Steuerforderungen

Der widerspruchslosen Eintragung in die Insolvenztabelle kommt dieselbe Wirkung wie der beim Bestreiten vorzunehmenden Feststellung gem sect 185 InsO iVm sect 251 Abs 3 AO zu und kann wie diese zugunsten des Schuldners unter den Voraussetzungen der sectsect 130 131 AO korrigiert werden (BFH-Urteile vom 24112011 V R 1311 BStBl 2012 II S 298 und vom 24112011 V R 2010 BFHNV 2012 S 711)

217

Eine Nachmeldung von Insolvenzforderungen zur Tabelle fuumlr Besteuerungszeitraumlume fuumlr die bereits ein festgestellter Tabelleneintrag vorliegt ist zulaumlssig (vgl BGH-Urteil vom 1912012 IX ZR 411 ZInsO S 488)

6 Sonstige Masseverbindlichkeiten (sect 55 InsO)

61 Begruumlndung von sonstigen Masseverbindlichkeiten

Die durch die Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse nach der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens begruumlndeten Abgabenforderungen (sonstige Masseverbindlichkeiten nach sect 55 Abs 1 InsO) sind vorweg zu begleichen (sect 53 InsO) Nach der Insolvenzeroumlffnung sind die Abgabenanspruumlche begruumlndet wenn der einzelne (unselbstaumlndige) Besteuerungstatbestand nach der Insolvenzeroumlffnung vollstaumlndig verwirklicht wurde (BFH-Urteile vom 832012 V R 2411 BStBl II S 466 vom 2572012 VII R 2911 BStBl II 2013 S 36 und vom 1652013 IV R 2311 BStBl II S 759) Dazu gehoumlren insbesondere

- nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens begruumlndete Umsatzsteuer

- nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens vereinnahmte Umsatzsteuer aus Umsaumltzen vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens Dies gilt sowohl bei Istversteuerung (BFH-Urteil vom 2912009 V R 6407 BStBl II S 682) als auch bei Sollversteuerung (BFH-Urteil vom 9122010 V R 2210 BStBl 2011 II S 996)

- Umsatzsteuer aufgrund Vorsteuerberichtigung i S v sect 15a UStG (BFH-Urteile vom 922011 XI R 3509 BStBl II S 1000 und vom 832012 V R 2411 aaO)

- EinkommensteuerKoumlrperschaftsteuer die sich auf Einkuumlnfte aus der Verwaltung oder der Verwertung der Masse gruumlndet Die Steuerschuld stellt auch dann in voller Houmlhe eine Masseverbindlichkeit dar wenn der (tatsaumlchlich) zur Masse gelangte Erloumls nicht ausreicht um die aus der Verwertungshandlung resultierende Einkommen-Koumlrperschaftsteuerforderung zu befriedigen (vgl BFH-Urteil vom 1652013 IV R 2311 aaO)

- Einkommensteuer eines in Insolvenz befindlichen Mitunternehmers die auf seinem nach Insolvenzeroumlffnung begruumlndeten Gewinnanteil beruht (vgl BFH-Urteil vom 1852010 X R 6008 BStBl 2011 II S 429)

- Gewerbesteuer bei Weiterfuumlhrung des Gewerbebetriebs durch den Insolvenzverwalter

- Lohnsteuer auf nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens ausgezahlte Arbeitsloumlhne

- Kraftfahrzeugsteuer fuumlr den laufenden Entrichtungszeitraum ab der Verfahrenseroumlffnung und fuumlr alle danach beginnenden Entrichtungszeitraumlume sofern das Fahrzeug Teil der Insolvenzmasse ist (vgl BFH-Urteile vom 1342011 II R 4909 BStBl II S 944 und vom 892011 II R 5410 BStBl 2012 II S 149)

Weitere Masseverbindlichkeiten sind

- Verbindlichkeiten die von einem vorlaumlufigen Insolvenzverwalter begruumlndet worden sind auf den die Verfuumlgungsbefugnis uumlber das Vermoumlgen des Schuldners uumlbergegangen ist (sect 55 Abs 2 Satz 1 InsO) sowie

- Verbindlichkeiten des Schuldners aus dem Steuerschuldverhaumlltnis die von einem vorlaumlufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorlaumlufigen Insolvenzverwalters begruumlndet worden sind (sect 55 Abs 4 InsO) Zur Anwendung des sect 55 Abs 4 InsO siehe BMF-Schreiben vom 1712012 BStBl I S 120

Die als Masseverbindlichkeiten entstehenden Abgabenanspruumlche sind durch Steuerbescheid geltend zu machen (BFH-Urteil vom 672011 II R 3410 BFHNV 2012 S 10) Der Insolvenzverwalter ist Bekanntgabeadressat (vgl AEAO zu sect 122 Nr 14) Die Masse betreffende Verwaltungsakte koumlnnen nicht durch die Bekanntgabe an den Schuldner wirksam werden Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet die entsprechenden Steuererklaumlrungen einschlieszliglich Steueranmeldungen abzugeben (vgl AEAO zu sect 251 Nr 42)

Er ist dem Masseglaumlubiger zum Schadensersatz verpflichtet wenn er durch eine Rechtshandlung eine Masseverbindlichkeit begruumlndet die aus der Masse nicht voll erfuumlllt werden kann und er bei der Begruumlndung der Verbindlichkeit erkennen konnte dass die Masse voraussichtlich zur Erfuumlllung nicht ausreichen wuumlrde (sect 61 InsO) Der Schadensersatzanspruch kann nur zivilrechtlich geltend gemacht werden

Sind die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt reicht die Insolvenzmasse jedoch nicht aus um die faumllligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfuumlllen hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht die Masseunzulaumlnglichkeit anzuzeigen (sect 208 Abs 1 Satz 1 InsO)

Die Rangfolge der Vorwegbefriedigung von Masseverbindlichkeiten richtet sich nach sect 209 InsO Zunaumlchst werden die Kosten des Insolvenzverfahrens das sind die Gerichtskosten und die Verguumltung des Insolvenzverwalters sowie ggf des Glaumlubigerausschusses danach die Neumasseverbindlichkeiten (Verbindlichkeiten die nach Anzeige der Masseunzulaumlnglichkeit begruumlndet wurden) und schlieszliglich die Altmasseverbindlichkeiten befriedigt

62 Durchsetzung von sonstigen Masseverbindlichkeiten

218

Werden sonstige Masseverbindlichkeiten vom Insolvenzverwalter nicht entrichtet ist dieser zur unverzuumlglichen Zahlung aufzufordern Die Vollstreckung gegen die Masse richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften der AO Grundsaumltzlich ist waumlhrend der Dauer des Insolvenzverfahrens die Vollstreckung in die Insolvenzmasse durch Masseglaumlubiger - vorbehaltlich sect 90 Abs 1 InsO - zulaumlssig weil sect 89 InsO nur fuumlr Insolvenzglaumlubiger gilt Mit der Anzeige der Masseunzulaumlnglichkeit greift allerdings fuumlr Masseglaumlubiger das Vollstreckungsverbot wegen Altmasseverbindlichkeiten i S v sect 209 Abs 1 Nr 3 InsO (sect 210 InsO) Ein gesetzlich verankertes Vollstreckungsverbot fuumlr Neumasseglaumlubiger enthaumllt die InsO nicht Der Insolvenzverwalter kann die Zahlung auf Neumasseverbindlichkeiten verweigern sobald sich herausstellt dass die Masse nicht zur vollen Befriedigung aller Neumasseglaumlubiger ausreicht Fuumlr diese greift der Grundsatz der Gleichbehandlung saumlmtlicher Glaumlubiger so dass lediglich eine quotale Befriedigung verlangt werden kann

7 Insolvenzfreies Vermoumlgen

Uumlbt der Schuldner eine selbstaumlndige Taumltigkeit aus oder beabsichtigt er demnaumlchst eine solche Taumltigkeit auszuuumlben hat der Insolvenzverwalter ihm gegenuumlber zu erklaumlren ob Vermoumlgen aus der selbstaumlndigen Taumltigkeit zur Insolvenzmasse gehoumlrt und ob Anspruumlche aus dieser Taumltigkeit im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden koumlnnen sect 35 Abs 2 Satz 1 InsO Die Wirksamkeit der Erklaumlrung wird dabei allerdings nicht vom Insolvenzgericht uumlberpruumlft Das Amtsgericht uumlbernimmt lediglich die Vorgaben des Insolvenzverwalters dh der Zugang der Erklaumlrung beim Schuldner ist vom Insolvenzverwalter gegenuumlber dem Finanzamt nachzuweisen Eine einmal erteilte Freigabeerklaumlrung ist fuumlr den Insolvenzverwalter unwiderruflich

Steuererstattungsanspruumlche innerhalb dieses freigegebenen Neuerwerbes stehen immer dem Schuldner zu Das Finanzamt kann - sofern keine Aufrechnungslage besteht - nach Bekanntgabe der Freigabe solche Guthaben aus dem insolvenzfreien Neuerwerb nur noch schuldbefreiend an ihn leisten Steuerzahlungen fuumlr das insolvenzfreie Vermoumlgen sind vom Schuldner zu leisten

Einkommensteuernachzahlungen die auf Einkuumlnften aus nichtselbstaumlndiger Taumltigkeit oder Renten beruhen stellen Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermoumlgen dar (BFH-Urteile vom 2422011 VI R 2110 BStBl II S 520 sowie vom 2772011 VI R 911 BFHNV S 2111 f)

8 Aufrechnung im Insolvenzverfahren

Fuumlr die Aufrechnung in Insolvenzfaumlllen gelten die allgemeinen Grundsaumltze der sect 226 AO i V m sectsect 387 ff BGB es sind jedoch die Aufrechnungsverbote der sectsect 95 und 96 InsO zu beachten

Die Steuerberechnung nach sectsect 16 ff UStG ist keine Aufrechnung so dass sie auch nicht den Beschraumlnkungen der sectsect 94 ff InsO unterliegt (BFH-Urteil vom 24112011 V R 1311 BStBl II 2012 S 298)

War ein Glaumlubiger zum Zeitpunkt der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens zur Aufrechnung berechtigt so kann die Aufrechnung auch noch im Insolvenzverfahren erklaumlrt werden (sect 94 InsO) Zur Aufrechnung im Planverfahren vgl AEAO zu sect 251 Nr 11 zur Aufrechnung im Restschuldbefreiungsverfahren vgl AEAO zu sect 251 Nr 152

Nach sect 95 Abs 1 InsO kann (noch) nicht aufgerechnet werden wenn die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen aufschiebend bedingt oder noch nicht faumlllig sind Die Aufrechnung kann erst erfolgen wenn die Voraussetzungen (Unbedingtheit oder Faumllligkeit) eingetreten sind hierbei ist die Faumllligkeitsfiktion des sect 41 InsO nicht anzuwenden Es gilt allein die steuerrechtliche Faumllligkeit (sect 220 AO)

Wird uumlber das Vermoumlgen des Schuldners ein Insolvenzverfahren eroumlffnet werden die in diesem Zeitpunkt entstandenen Steuerforderungen des Finanzamts - vorbehaltlich spezieller steuergesetzlicher Faumllligkeitsbestimmungen - faumlllig ohne dass es dafuumlr ihrer Festsetzung oder Feststellung durch Verwaltungsakt oder einer Anmeldung der Forderung zur Tabelle beduumlrfte (BFH-Urteil vom 452004 VII R 4503 BStBl II S 815) Entsteht der Steuererstattungsanspruch dem Grunde nach vor Erteilung der Restschuldbefreiung so kann die Aufrechnung ungeachtet der noch nicht erfolgten Festsetzung des Steuererstattungsanspruchs bereits nach dessen Entstehung erklaumlrt werden

Eine Aufrechnung ist unzulaumlssig

- wenn ein Insolvenzglaumlubiger erst nach der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Masse schuldig geworden ist (sect 96 Abs 1 Nr 1 InsO)

Beispiel

Eine vor der Verfahrenseroumlffnung faumlllige Umsatzsteuerforderung kann nicht gegen einen Vorsteuererstattungsanspruch aufgerechnet werden der aufgrund von Umsaumltzen nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens begruumlndet ist

Eine Aufrechnung ist aber zulaumlssig wenn die Gegenforderung und die Hauptforderung vor Verfahrenseroumlffnung begruumlndet worden sind

Beispiel

Die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt am 2112011 Die Einkommensteuer 2010 wurde als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet Die nach Eroumlffnung des Verfahrens durchgefuumlhrte Festsetzung der Umsatzsteuer 2010 (vgl AEAO zu sect 251 Nr 431) fuumlhrte zu einer Erstattung

219

Mit dem Anspruch auf Einkommensteuernachzahlung 2010 kann gegen den Umsatzsteuererstattungsanspruch 2010 aufgerechnet werden

Wurden beide Anspruumlche nach der Verfahrenseroumlffnung im Bereich der Insolvenzmasse begruumlndet ist eine Aufrechnung ebenfalls zulaumlssig

- wenn ein Insolvenzglaumlubiger die Moumlglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat (sect 96 Abs 1 Nr 3 InsO)

Beispiel

Die Vorsteuer aus der Verguumltung des vorlaumlufigen Insolvenzverwalters welche nach Insolvenzeroumlffnung in Rechnung gestellt wurde kann regelmaumlszligig mit zur Zeit der Insolvenzeroumlffnung bestehenden Forderungen des Finanzamts nicht aufgerechnet werden Die Rechtshandlung die der Vorsteuerverguumltung zugrunde liegt ist in der kritischen Zeit vor Insolvenzeroumlffnung erfolgt und stellt daher haumlufig eine anfechtbare Rechtshandlung dar (vgl BFH-Urteile vom 2112010 VII R 610 BStBl 2011 II S 374 und VII R 6210 BStBl 2011 II S 439)

Lagen zum Zeitpunkt der Begruumlndung der Gegenforderung und der Hauptforderung die Anfechtungsvoraussetzungen der sectsect 129 ff InsO nicht vor ist die Aufrechnung zulaumlssig

Beispiel

Die Insolvenzeroumlffnung erfolgte am 332012 aufgrund des Insolvenzantrags vom 2112011 Es wurde eine Umsatzsteuervoranmeldung fuumlr Oktober 2011 mit einem Umsatzsteuerguthaben eingereicht bei der die Guthaben aus Wareneinkaumlufen aus Juni 2011 beruhen die Rechnung aber erst im Oktober 2011 erstellt wurde Die Umsatzsteuervoranmeldung April 2011 fuumlhrte zu einer Nachzahlung die zur Tabelle angemeldet wurde

Das Guthaben aus der Umsatzsteuervoranmeldung Oktober 2011 kann mit der Umsatzsteuer April 2011 aufgerechnet werden

oder

- wenn ein Glaumlubiger dessen Forderung aus dem insolvenzfreien Vermoumlgen des Schuldners zu erfuumlllen ist etwas zur Insolvenzmasse schuldet (sect 96 Abs 1 Nr 4 InsO)

Beispiel

Der Schuldner hat aus seiner freigegebenen selbstaumlndigen Taumltigkeit Umsatzsteuer in Houmlhe von 10000 euro zu zahlen Gleichzeitig steht der Insolvenzmasse aus Umsaumltzen die der Insolvenzverwalter getaumltigt hat eine Umsatzsteuererstattung von 5000 euro zu

Eine Aufrechnung der Umsatzsteuererstattung zur Masse mit der Zahllast aus dem insolvenzfreien Vermoumlgen ist nicht moumlglich

Eine Aufrechnung eines Erstattungsanspruchs aus dem insolvenzfreien Vermoumlgen mit Insolvenzforderungen ist aber zulaumlssig (BFH-Beschluss vom 192010 VII R 3508 BStBl 2011 II S 336)

Beispiel

Der Schuldner erzielt nach der Insolvenzeroumlffnung ausschlieszliglich Einkuumlnfte aus einer freigegebenen selbstaumlndigen Taumltigkeit i H v 10000 euro und leistet Einkommensteuervorauszahlungen i H v 400 euro Die Jahressteuer wird auf 150 euro festgesetzt

Der Erstattungsanspruch i H v 250 euro steht dem Schuldner zu weil er die Vorauszahlungen aus dem freigegebenen Vermoumlgen geleistet hat

Eine Aufrechnung mit Insolvenzforderungen ist moumlglich

9 Verteilung der Steuerforderungen und -erstattungsanspruumlche auf die insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereiche

Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis koumlnnen sich gegen unterschiedliche insolvenzrechtliche Vermoumlgensbereiche (vorinsolvenzrechtlicher Vermoumlgensteil Insolvenzmasse ggf insolvenzfreies Vermoumlgen) richten

91 Einkommensteuer

Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer die mit Ablauf des Kalenderjahres entsteht (zur Entstehung der Einkommensteuervorauszahlungen siehe sect 37 Abs 1 EStG) Die festgesetzte Jahressteuer ist grundsaumltzlich im Verhaumlltnis der Einkuumlnfte den verschiedenen insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereichen zuzuordnen Die Verteilung der Einkuumlnfte auf die einzelnen Vermoumlgensbereiche hat nach Maszliggabe der in den einzelnen Abschnitten zu beruumlcksichtigenden Besteuerungsmerkmale zu erfolgen Da eine konkrete Zuordnung haumlufig nicht moumlglich ist koumlnnen die Einkuumlnfte im Schaumltzungswege zeitanteilig zugeordnet werden es sei denn dies fuumlhrt zu einer offensichtlich unzutreffenden Verteilung zB bei Aufdeckung stiller Reserven (BFH-Urteil vom 2931984 IV R 27183 BStBl II S 602) Aufloumlsung von Ruumlckstellungen oder Einkuumlnften aus insolvenzfreiem Vermoumlgen

220

Beispiel

Das Insolvenzgericht eroumlffnete am 1701 das Insolvenzverfahren Der Steuerpflichtige erzielte im Jahr 01 insgesamt Einkuumlnfte von 100000 euro Hiervon entfallen 60000 euro auf die Veraumluszligerung eines Grundstuumlcks durch den Insolvenzverwalter im Oktober 01 Weitere Einkuumlnfte i H v 10000 euro entfallen auf den Gewinn aus einer vom Insolvenzverwalter freigegebenen selbststaumlndigen Taumltigkeit des Schuldners Hinsichtlich der restlichen Einkuumlnfte von 30000 euro ist eine Zuordnung auf Zeitraumlume vor Insolvenzeroumlffnung und nach Insolvenzeroumlffnung nicht moumlglich

Die Verteilung hat vorrangig nach Zuordnung zu den Geschaumlftsvorfaumlllen zu erfolgen da eine zeitanteilige Verteilung aller Einkuumlnfte hier zu einem unzutreffenden Ergebnis fuumlhren wuumlrde

Einkuumlnfte Durch vorinsolvenzrechtliches

Vermoumlgen begruumlndet

(Insolvenzforderung)

Durch Insolvenzmasse

begruumlndet

(Masseverbindlichkeit)

Insolvenzfreies

Vermoumlgen

Zuordnung nach

Geschaumlftsvorfaumlllen

70000 euro 60000 euro 10000 euro

Zeitanteilig zugeordnet 30000 euro 15000 euro 15000 euro 0 euro

Summe 100000 euro 15000 euro 75000 euro 10000 euro

911 Einzelveranlagung

Die festgesetzte Jahressteuer ist im ermittelten Verhaumlltnis der Einkuumlnfte (vgl AEAO zu sect 251 Nr 91) den verschiedenen insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereichen zuzuordnen

Beispiel 1

Das Insolvenzgericht eroumlffnete auf einen Insolvenzantrag vom 1601 das Insolvenzverfahren uumlber das Vermoumlgen des Schuldners am 1901 Der Steuerpflichtige erzielte im Jahr 01 insgesamt Einkuumlnfte von 120000 euro Hiervon entfallen 100000 euro auf Zeitraumlume vor Insolvenzeroumlffnung und je 10000 euro auf Einkuumlnfte der Insolvenzmasse (einschlieszliglich Einkuumlnfte i S v sect 55 Abs 4 InsO) und des insolvenzfreien Vermoumlgens Die festzusetzende Einkommensteuer betraumlgt insgesamt 12000 euro

Die festzusetzende Steuer ist den insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereichen im Verhaumlltnis der Einkuumlnfte aus den unterschiedlichen Vermoumlgensbereichen zu der Summe der Einkuumlnfte zuzuordnen

anteilige Einkuumlnfte des Vermoumlgensbereichs

Anteiliger Steuerbetrag = ----------------------------------------------------- x Gesamtsteuerbetrag

Summe der Einkuumlnfte

Summe Insolvenzforderung Masseforderung insolvenzfreies Vermoumlgen

Einkuumlnfte 120000 euro 100000 euro 10000 euro 10000 euro

Steuer 12000 euro 10000 euro 1000 euro 1000 euro

Vorauszahlungen und Steueranrechnungsbetraumlge werden bei dem insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereich beruumlcksichtigt aus dem sie geleistet wurden Steuererstattungsanspruumlche aufgrund von Steuervorauszahlungen oder Steuerabzugsbetraumlgen entstehen im Zeitpunkt der Entrichtung der Steuer bzw des Einbehalts der Steuerabzugsbetraumlge unter der aufschiebenden Bedingung dass am Ende des Veranlagungszeitraums die geschuldete Steuer geringer ist als die Summe aus geleisteten Vorauszahlungen und Steuerabzugsbetraumlgen vgl sect 36 Abs 4 EStG (BFH-Urteil vom 2911991 VII R 4590 BFHNV S 791)

Die Verteilung der Steuer der anzurechnenden Steuerabzugsbetraumlge sowie der geleisteten Vorauszahlungen auf die unterschiedlichen Vermoumlgensbereiche erfolgt im Rahmen der Anrechnungsverfuumlgung

Beispiel 2 (Fortsetzung von Beispiel 1)

Am 10301 zahlte der Schuldner 600 euro Vorauszahlungen Die festgesetzte Vorauszahlung fuumlr das II Quartal zahlte er nicht Am 10901 und am 101201 zahlte der Insolvenzverwalter jeweils 600 euro Vorauszahlungen Das Finanzamt setzte gegen den Schuldner keine Vorauszahlungen fuumlr das insolvenzfreie Vermoumlgen fest

Summe Insolvenzforderung Masseforderung Insolvenzfreies Vermoumlgen

Einkuumlnfte 120000 euro 100000 euro 10000 euro 10000 euro

Steuer 12000 euro 10000 euro 1000 euro 1000 euro

abzgl geleistete VZ 1800 euro 600 euro 1200 euro 0 euro

Zwischensumme 9400 euro - 200 euro 1000 euro

Aufgrund der Verteilung einer einheitlichen Steuerschuld ist es nicht moumlglich dass sich fuumlr einen Vermoumlgensbereich eine Erstattung und fuumlr einen anderen Vermoumlgensbereich eine Nachzahlung ergibt Die sich

221

fuumlr den Bereich Insolvenzmasse ergebende Erstattung wird daher mit den sich ergebenden Nachzahlungsbetraumlgen verrechnet wobei die Verrechnung zuerst mit der Insolvenzforderung erfolgt

Summe Insolvenzforderung Masseforderung Insolvenzfreies Vermoumlgen

Einkuumlnfte 120000 euro 100000 euro 10000 euro 10000 euro

Steuer (s Bsp 1) 12000 euro 10000 euro 1000 euro 1000 euro

abzgl VZ 1800 euro 600 euro 1200 euro 0 euro

Zwischensumme 10200 euro 9400 euro - 200 euro 1000 euro

Ausgleich 0 euro - 200 euro + 200 euro 0 euro

Ergebnis 10200 euro 9200 euro 0 euro 1000 euro

Zur Tabelle sind daher im Ergebnis 9200 euro als Insolvenzforderung anzumelden

Ergibt sich der Erstattungsbetrag im Bereich der Insolvenzforderungen ist die Verrechnung zuerst mit Forderungen gegen das insolvenzfreie Vermoumlgen und ggf anschlieszligend mit Masseforderungen vorzunehmen

Ergibt sich der Erstattungsbetrag im Bereich des insolvenzfreien Vermoumlgens ist die Verrechnung zuerst mit Insolvenzforderungen und ggf anschlieszligend mit Masseforderungen vorzunehmen

912 Zusammenveranlagung

Im Fall der Zusammenveranlagung von EhegattenLebenspartnern zur Einkommensteuer wirken sich aufgrund der Gesamtschuldnerschaft (sect 44 Abs 1 AO) die Einkuumlnfte des nicht insolventen EhegattenLebenspartners auch auf die gegenuumlber den jeweiligen insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereichen festzusetzenden Steuern bzw zur Tabelle anzumeldenden Steuerforderungen aus so dass eine Verteilung der Einkuumlnfte des nicht insolventen EhegattenLebenspartners auf die unterschiedlichen insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereiche zu erfolgen hat

Die Verteilung der Einkuumlnfte des nicht insolventen EhegattenLebenspartners auf den Zeitraum vor und nach Insolvenzeroumlffnung erfolgt zeitanteilig es sei denn diese Verteilung ist offensichtlich unzutreffend Die Verteilung der Einkuumlnfte des nicht insolventen EhegattenLebenspartners die nach der Insolvenzeroumlffnung entstanden sind auf die Insolvenzmasse sowie das insolvenzfreie Vermoumlgen erfolgt im Verhaumlltnis der Einkuumlnfte des insolventen EhegattenLebenspartners in diesen insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereichen

Beispiel 3

Das Insolvenzgericht eroumlffnete am 11001 das Insolvenzverfahren uumlber das Vermoumlgen des Schuldners Der insolvente EhegatteLebenspartner erzielte im Jahr 01 insgesamt Einkuumlnfte von 120000 euro Hiervon entfallen 100000 euro auf Zeitraumlume vor Insolvenzeroumlffnung und 15000 euro auf Einkuumlnfte der Insolvenzmasse sowie 5000 euro auf das insolvenzfreie Vermoumlgen Der nichtinsolvente EhegatteLebenspartner erzielte 60000 euro im gesamten Jahr Die festzusetzende Einkommensteuer betraumlgt insgesamt 18000 euro Vorauszahlungen leisteten die Steuerpflichtigen sowie der Insolvenzverwalter nicht

Die festzusetzende Steuer ist den insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereichen im Verhaumlltnis der Einkuumlnfte aus den unterschiedlichen Vermoumlgensbereichen zu den Gesamteinkuumlnften beider EhegattenLebenspartner zuzuordnen

1 Schritt

Fuumlr die Zuordnung der vorinsolvenzrechtlichen und der nachinsolvenzrechtlichen Einkuumlnfte des nicht in Insolvenz befindlichen EhegattenLebenspartners sind die Einkuumlnfte der EhegattenLebenspartner zeitanteilig zu verteilen

Summe Insolvenzforderung Masseforderung Insolvenzfreies

Vermoumlgen

Einkuumlnfte insolventer

EhegatteLebenspartner

(s Sachverhalt Bsp 3)

120000 euro 100000 euro 15000 euro 5000 euro

Einkuumlnfte nicht insolventer

EhegatteLebenspartner

60000 euro 45000 euro 15000 euro

Die vorinsolvenzrechtlichen Einkuumlnfte des nichtinsolventen EhegattenLebenspartners betragen 45000 euro (912 von 60000 euro)

2 Schritt

In einem zweiten Schritt sind die nachinsolvenzrechtlichen Einkuumlnfte des nicht in Insolvenz befindlichen EhegattenLebenspartners (15000 euro) auf den Vermoumlgensbereich Insolvenzmasse und sofern vorhanden auf das insolvenzfreie Vermoumlgen zu verteilen

Fuumlr diese Zuordnung sind die nachinsolvenzrechtlichen Einkuumlnfte des nichtinsolventen EhegattenLebenspartners nach dem Verhaumlltnis der Einkuumlnfte des insolventen EhegattenLebenspartners in den Vermoumlgensbereichen Insolvenzmasse und insolvenzfreies Vermoumlgen zu verteilen

222

Summe Insolvenz

forderung

Masseforderung Insolvenzfreies

Vermoumlgen

Einkuumlnfte

insolventer

EhegatteLebenspartner

(s Sachverhalt)

120000 euro 100000 euro 20000euro

15000 euro (34) 5000 euro (14)

nicht insolventer

EhegatteLebenspartner

(s 1 Schritt)

60000 euro 45000 euro 15000 euro

11250 euro (34) 3750 euro (14)

Zwischensumme 180000 euro 145000 euro 26250 euro 8750 euro

Steuer 18000 euro 14500 euro 2625 euro 875 euro

Ergebnis zu Beispiel 3

Insolvenzforderungen sind iHv 14500 euro zur Tabelle anzumelden Gegen den Insolvenzverwalter sind Masseforderungen iHv 2625 euro festzusetzen und gegen den insolventen Schuldner 875 euro fuumlr den insolvenzfreien Bereich Gegen den nicht insolventen EhegattenLebenspartner ist eine Steuer iHv 18000 euro festzusetzen da er insoweit Gesamtschuldner ist

Vorauszahlungen

Sind Vorauszahlungen gegen den nicht insolventen EhegattenLebenspartner festgesetzt und geleistet worden sind diese Vorauszahlungen auf die insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereiche Insolvenzmasse und freigegebener Neuerwerb im Verhaumlltnis der Einkuumlnfte des insolventen EhegattenLebenspartners in diesen Vermoumlgensbereichen zu verteilen

Beispiel 4 (Fortsetzung von Beispiel 3)

Der Schuldner leistete keine Vorauszahlungen Am 101201 zahlte der Insolvenzverwalter 600 euro Vorauszahlungen Das Finanzamt setzte gegen den Schuldner keine Vorauszahlungen fuumlr das insolvenzfreie Vermoumlgen fest Der nicht insolvente EhegatteLebenspartner leistete Vorauszahlungen zu den jeweiligen Faumllligkeitszeitpunkten iHv insgesamt 400 euro (jeweils 100 euro)

Summe Insolvenzforderung Masseforderung Insolvenzfreies

Vermoumlgen

Einkuumlnfte

insolventer Ehegatte

Lebenspartner

(s Sachverhalt)

120000 euro 100000 euro 15000 euro 5000 euro

nicht insolventer

Ehegatte

Lebenspartner

(s 1+2 Schritt)

60000 euro 45000 euro 11250 euro 3750 euro

Zwischensumme 180000 euro 145000 euro 26250 euro 8750 euro

Steuer 18000 euro 14500 euro 2625 euro 875 euro

abzgl geleistete VZ

InsO-Schuldner

- - - -

abzgl geleistete VZ

InsO-Verwalter

600 euro - 600 euro -

abzgl geleistete VZ

nicht insolventer

Ehegatte

Lebenspartner

400 euro 300 euro 100 euro

75 euro (34) 25 euro (14)

Ergebnis 17000 euro 14200 euro 1950 euro 850 euro

600 euro geleistete Vorauszahlungen sind im Bereich der Insolvenzmasse abzuziehen Die Vorauszahlungen i H v 300 euro die der nicht insolvente EhegatteLebenspartner vor der Insolvenzeroumlffnung geleistet hatte sind im Bereich der

Insolvenzforderungen abzuziehen Die Vorauszahlung fuumlr das IV Quartal iHv 100 euro ist im Verhaumlltnis frac34 zu frac14 (= Verhaumlltnis der Einkuumlnfte des

insolventen EhegattenLebenspartners in diesem Bereich) in den Bereichen Insolvenzmasse und insolvenzfreies Vermoumlgen zu beruumlcksichtigen

Insolvenzforderungen sind iHv 14200 euro zur Tabelle anzumelden Der Insolvenzverwalter ist zur Zahlung von Masseverbindlichkeiten iHv 1950 euro und der Schuldner fuumlr den insolvenzfreien Bereich i H v 850 euro aufzufordern

223

Gegenuumlber dem nicht insolventen EhegattenLebenspartner erfolgt eine Steuerfestsetzung iHv 18000 euro Ferner ist er als Gesamtschuldner zur Zahlung von 17000 euro aufzufordern

913 Beruumlcksichtigung von Verlustvor- und -ruumlcktraumlgen

Durch die Beruumlcksichtigung des verbleibenden Verlustvortrags aus dem Vorjahr und dem Verlustruumlcktrag aus dem Folgejahr bei der Ermittlung des Aufteilungsquotienten wird die Herkunft der negativen Einkuumlnfte aus Zeitraumlumen vor oder nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens entsprechend der insolvenzrechtlichen Begruumlndetheit (sect 38 InsO) beruumlcksichtigt Zudem wird der Vorgabe des sect 10d Abs 1 und Abs 2 EStG Rechnung getragen wonach nicht ausgeglichene negative Einkuumlnfte vorrangig vor Sonderausgaben auszligergewoumlhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbetraumlgen abzuziehen sind

Der verbleibende Verlustvortrag zum 3112 des Jahres vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens ist zunaumlchst von den vorinsolvenzrechtlichen Einkuumlnften abzuziehen Ein verbleibender Verlustvortrag ist zu gleichen Anteilen von den vom Insolvenzverwalter erzielten Einkuumlnften und von insolvenzfreien Einkuumlnften abzuziehen

Der Verlustruumlcktrag nach sect 10d Abs 1 EStG aus dem Veranlagungszeitraum nach Insolvenzeroumlffnung (Folgejahr) ist zunaumlchst von den Einkuumlnften desjenigen Vermoumlgensbereichs abzuziehen in welchem im Folgejahr nicht ausgeglichene negative Einkuumlnfte angefallen sind Ein danach verbleibender Verlustruumlcktrag ist ggf dem zweiten Vermoumlgensbereich (Masseverbindlichkeit bzw insolvenzfreier Bereich) zuzuordnen Ein etwaiger Rest ist schlieszliglich von den Einkuumlnften abzuziehen die auf den Zeitraum vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens entfallen

914 Einkommensteuererstattungen

Einkommensteuererstattungen die sich bei einer nach Insolvenzeroumlffnung vorgenommenen Veranlagung ergeben stellen soweit sie nicht ausnahmsweise dem insolvenzfreien Vermoumlgen zuzurechnen sind grundsaumltzlich Vermoumlgenswerte der Insolvenzmasse dar (sect 35 Abs 1 InsO) Sie sind daher grundsaumltzlich an die Insolvenzmasse auszukehren sofern keine Aufrechnungsmoumlglichkeit besteht

Einkommensteuererstattungen die waumlhrend des Insolvenzverfahrens begruumlndet werden und aus einer Lohnsteueruumlberzahlung resultieren gehoumlren in vollem Umfang zur Insolvenzmasse (vgl BFH-Beschluss vom 2912010 VII B 18809 BFHNV S 1243)

Hat der Schuldner nach Freigabe der selbstaumlndigen Taumltigkeit Einkommensteuervorauszahlungen aus dem insolvenzfreien Vermoumlgen geleistet und ergeben sich hieraus Einkommensteuererstattungen fallen diese grundsaumltzlich in das insolvenzfreie Vermoumlgen und sind vorbehaltlich der Aufrechnung mit Insolvenzforderungen an den Schuldner auszukehren

Ergibt sich bei EhegattenLebenspartnern bei der Zusammenveranlagung eine Steuererstattung liegt im Gegensatz zur Gesamtschuldnerschaft bei Steuerschulden keine Gesamtglaumlubigerschaft vor Fuumlr die Verteilung zwischen ihnen sind die sich aus sect 37 Abs 2 AO ergebenden Grundsaumltze anzuwenden (vgl Regelungen zu sect 37 AO und BMF-Schreiben vom 3112013 BStBl I S 70)

Ergibt sich aus dieser Verteilung ein Erstattungsbetrag fuumlr den insolventen EhegattenLebenspartner so ist der Erstattungsbetrag nach den og Grundsaumltzen auf die Insolvenzmasse oder das insolvenzfreie Vermoumlgen zu verteilen

Beispiel 5

Im Rahmen einer Zusammenveranlagung von EhegattenLebenspartnern bei denen sich nur ein EhegatteLebenspartner in Insolvenz befindet ergibt sich eine Jahressteuer von 18000 euro die i H v 14500 euro auf den vorinsolvenzrechtlichen Vermoumlgensteil und i H v 3500 euro auf die Insolvenzmasse entfaumlllt

Folgende geleistete Vorauszahlungen sind anzurechnen

- Schuldner 10000 euro

- Insolvenzverwalter sowie

600 euro

- Nicht insolventer EhegatteLebenspartner bis zur Insolvenzeroumlffnung 300 euro

nach Insolvenzeroumlffnung 8100 euro

Vorauszahlungen und Steueranrechnungsbetraumlge werden bei dem insolvenzrechtlichen Vermoumlgensbereich beruumlcksichtigt aus denen sie geleistet wurden

Aufgrund der Verteilung einer einheitlichen Steuerschuld ist es nicht moumlglich dass sich fuumlr einen Vermoumlgensbereich eine Erstattung und fuumlr einen anderen Vermoumlgensbereich eine Nachzahlung ergibt

224

Summe Insolvenzforderung Masseforderung

Steuer 18000 euro 14500 euro 3500 euro

abzgl geleistete VZ

InsO-Schuldner

10000 euro 10000 euro -

abzgl geleistete VZ

InsO-Verwalter

600 euro - 600 euro

abzgl geleistete VZ

nicht insolventer

EhegatteLebensshy

partner

8400 euro 300 euro 8100 euro

Zwischensumme - 1000 euro 4200 euro - 5200 euro

Ausgleich 0 euro - 4200 euro 4200 euro

Ergebnis - 1000 euro 0 euro - 1000 euro

- 51579 euro - 48421 euro

Die Verteilung des Erstattungsbetrages erfolgt nach sect 37 Abs 2 AO

Vorauszahlungen aufgrund eines an beide EhegattenLebenspartner gemeinsam gerichteten Vorauszahlungsbescheids ohne individuelle Tilgungsbestimmung sind unabhaumlngig davon ob die EhegattenLebenspartner spaumlter zusammen oder getrennt veranlagt werden zunaumlchst auf die festgesetzten Steuern beider EhegattenLebenspartner anzurechnen (BFH-Urteil vom 2232011 VII R 4210 BStBl II S 607 sowie BMF-Schreiben vom 3112013 BStBl I S 70 zu sect 37 Abs 2 AO) Die vom Insolvenzverwalter geleisteten Vorauszahlungen sind dem insolventen EhegattenLebenspartner zuzurechnen wobei er ausschlieszliglich die auf die Insolvenzmasse entfallende Steuerschuld zahlt Die vom nichtinsolventen EhegattenLebenspartner auch nach Insolvenzeroumlffnung geleisteten Vorauszahlungen sind mangels ausdruumlcklicher Tilgungsbestimmung beiden EhegattenLebenspartnern zuzurechnen (BFH-Urteil vom 3092008 VII R 1808 BStBl 2009 II S 38)

Bei der Ermittlung der anteiligen Erstattungsbetraumlge sind saumlmtliche Vorauszahlungen und Steuerabzugsbetraumlge einzubeziehen - unabhaumlngig davon aus welchem Vermoumlgensbereich sie entstammen

Insolventer EhegatteLebenspartner - 1000 euro x [(10000 euro x frac12 + 600 euro + 8400 euro x frac12)19000 euro] = - 51579 euro

Nicht insolventer EhegatteLebenspartner - 1000 euro x [(10000 euro x frac12 + 8400 euro x frac12)19000 euro] = - 484 21 euro

92 Umsatzsteuer

Durch die Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens uumlber das Vermoumlgen des leistenden Unternehmers kommt es zu einer Aufspaltung des Unternehmens in mehrere selbstaumlndige Unternehmensteile Dabei handelt es sich um die Insolvenzmasse und das vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermoumlgen sowie einen vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil Dies gilt auch in den Faumlllen der Eroumlffnung unter Anordnung der Eigenverwaltung (sect 270 Abs 1 Satz 1 InsO) sowie in den Faumlllen der Bestellung eines vorlaumlufigen Insolvenzverwalters wenn fuumlr den Schuldner ein allgemeines Verfuumlgungsverbot angeordnet worden ist (sect 21 Abs 2 Nr 2 InsO) Bei den selbstaumlndigen Unternehmensteilen handelt es sich um die Insolvenzmasse und das vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermoumlgen sowie um einen vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil Die Eingangs- und Ausgangsumsaumltze sind dem Unternehmensteil zuzuordnen der sie ausgefuumlhrt hat

Zur Wahrung des Grundsatzes der Unternehmenseinheit reicht es aus dass die Summe der fuumlr alle Unternehmensteile insgesamt festgesetzten oder angemeldeten Umsatzsteuer der Umsatzsteuer fuumlr das gesamte Unternehmen entspricht (vgl BFH-Urteil vom 9122010 V R 2210 BStBl 2011 II S 996)

Dabei koumlnnen Erstattungsanspruumlche zugunsten eines Unternehmensteils entstehen waumlhrend sich fuumlr denselben Besteuerungszeitraum Nachforderungen gegen einen anderen Unternehmensteil ergeben koumlnnen

Zu den Einzelheiten wird insbesondere auf Abschnitt 171 Abs 11 bis 16 UStAE sowie auf das BMF-Schreiben vom 1712012 BStBl I S 120 verwiesen

10 Befriedigung der Insolvenzglaumlubiger

Die Insolvenzordnung sieht zur Befriedigung der Insolvenzglaumlubiger grundsaumltzlich die Verwertung der Insolvenzmasse und die Verteilung des Erloumlses nach den Vorschriften der Insolvenzordnung vor (sectsect 159 ff 187 ff InsO) Abweichend dazu kann die Befriedigung der Glaumlubiger und die Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Beteiligten durch einen Insolvenzplan (sectsect 217 ff InsO) geregelt werden Die Entscheidung uumlber den Fortgang des Verfahrens (Stilllegung oder Fortfuumlhrung Verfahren nach den Vorschriften der InsO oder nach den Regelungen eines Insolvenzplanes) trifft die Glaumlubigerversammlung

11 Insolvenzplan

225

In einem Insolvenzplan (sectsect 217 ff InsO) der vom Insolvenzverwalter ndash ggf im Auftrag der Glaumlubigerversammlung (sect 157 InsO) ndash oder vom Schuldner selbst eingebracht werden kann koumlnnen abweichend von den gesetzlichen Regelungen des Insolvenzverfahrens z B geregelt werden

- die Befriedigung der Glaumlubiger (einschlieszliglich der Absonderungsglaumlubiger)

- die Verwertung der Insolvenzmasse

- die Verteilung der Insolvenzmasse an die Beteiligten und

- die Inanspruchnahme des Schuldners nach Verfahrensbeendigung

Uumlber die Wirksamkeit eines Insolvenzplans stimmen die Glaumlubiger in Gruppen ab soweit ihnen gem sect 77 InsO ein Stimmrecht im Verfahren eingeraumlumt ist (sectsect 222 235 ff InsO)

sect 225a InsO sieht fuumlr ab dem 132012 beantragte Insolvenzverfahren die Moumlglichkeit der Umwandlung von Glaumlubigerforderungen in Mitgliedschafts- oder Anteilsrechte (bdquoDebt-Equity-Swapldquo) vor die die zustimmende Erklaumlrung des betroffenen Glaumlubigers voraussetzt Diese Zustimmung zu erteilen obliegt der steuerverwaltenden Koumlrperschaft (sect 252 AO) Eine Zustimmung zur Umwandlung von Glaumlubigerforderungen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte darf nur unter Beachtung der einschlaumlgigen Vorschriften (insbesondere Haushaltsordnungen) der jeweiligen steuerverwaltenden Koumlrperschaft erfolgen Die Voraussetzungen zum Erwerb von Beteiligungen an privatrechtlichen Unternehmen und damit zur Zustimmung zu einem derartigen Plan liegen regelmaumlszligig nicht vor da die unternehmerische Betaumltigung des Landes oder des Bundes auf die Verfolgung von wichtigen Interessen des Landes bzw des Bundes zu beschraumlnken ist

Weist das Insolvenzgericht den Plan nicht zuruumlck hat das Finanzamt zu pruumlfen ob saumlmtliche angemeldeten Anspruumlche enthalten sind und das Finanzamt durch den Plan nicht schlechter gestellt wird als es ohne den Plan stuumlnde

Soweit auf Steuerforderungen die Gegenstand des Insolvenzplans sind verzichtet wurde werden diese mit Bestaumltigung des Plans zu unvollkommenen Forderungen Sie sind zwar erfuumlllbar koumlnnen aber grundsaumltzlich gegen den Schuldner nicht mehr geltend gemacht werden Die Moumlglichkeit der Inanspruchnahme Dritter im Wege der Haftung bleibt bestehen soweit nicht ein Haftungsausschluss nach sect 227 Abs 2 InsO in Betracht kommt

Ein bei Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens bestehendes Aufrechnungsrecht bleibt auch dann erhalten wenn die aufgerechnete Gegenforderung nach einem rechtskraumlftig bestaumltigten Insolvenzplan als erlassen gilt (BGH-Urteil vom 1952011 IX ZR 22208 WM S 1182)

Auf Abschnitt 61 VollstrA wird hingewiesen

12 Verbraucherinsolvenz nach sectsect 304 ff InsO

Natuumlrliche Personen die keine selbstaumlndige gewerbliche oder freiberufliche Taumltigkeit ausuumlben oder ausgeuumlbt haben koumlnnen das Verbraucherinsolvenzverfahren nach sectsect 304 ff InsO beantragen Dies gilt auch fuumlr Personen die eine selbstaumlndige Taumltigkeit ausgeuumlbt haben wenn ihre Vermoumlgensverhaumlltnisse uumlberschaubar sind und gegensie keine Forderungen aus Arbeitsverhaumlltnissen bestehen Uumlberschaubar sind Vermoumlgensverhaumlltnisse wenn der Schuldner zu dem Zeitpunkt zu dem der Antrag auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird weniger als 20 Glaumlubiger hat Forderungen aus Arbeitsverhaumlltnissen sind nicht nur die Anspruumlche der ehemaligen Arbeitnehmer selbst sondern auch die Forderungen von Sozialversicherungstraumlgern und Finanzaumlmtern (z B Lohnsteuerforderungen) Der geschaumlftsfuumlhrende Alleingesellschafter einer GmbH uumlbt eine selbstaumlndige wirtschaftliche Taumltigkeit aus Wird dieser fuumlr Lohnsteuerruumlckstaumlnde der GmbH in Haftung genommen handelt es sich um Forderungen aus Arbeitsverhaumlltnissen i S d sect 304 Abs 1 InsO (BGH-Beschluss vom 2292005 IX ZR 5504 WM S 918)

Das Verfahren gliedert sich in drei Abschnitte Zunaumlchst hat der Schuldner eine auszligergerichtliche Einigung mit seinen Glaumlubigern ernsthaft anzustreben (AEAO zu sect 251 Nr 121) Gelingt ihm dies nicht wird auf seinen Antrag ein gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren durchgefuumlhrt (AEAO zu sect 251 Nr 122) Scheitert auch dies schlieszligt sich ein vereinfachtes Insolvenzverfahren an (AEAO zu sect 251 Nr 123)

121 Auszligergerichtlicher Einigungsversuch

Der Schuldner hat den Glaumlubigern und damit ggf auch dem Finanzamt zum Zweck der auszligergerichtlichen Einigung unter anderem z B ein Vermoumlgensverzeichnis eine Aufstellung seiner Verbindlichkeiten und Glaumlubiger sowie einen Plan zur Schuldenregulierung vorzulegen (vgl sect 305 Abs 1 InsO)

Das Finanzamt kann nur im Rahmen einer persoumlnlichen Billigkeitsmaszlignahme Anspruumlche aus dem Steuerschuldverhaumlltnis abweichend festsetzen stunden oder erlassen

Zu den vom Finanzamt zu beachtenden Grundsaumltzen bei der Bearbeitung von Antraumlgen auf auszligergerichtliche Schuldenbereinigung i S v sect 305 Abs 1 Nr 1 InsO wird auf das BMF-Schreiben vom 1112002 BStBl I S 132 hingewiesen

122 Schuldenbereinigungsverfahren

Scheitert der ernsthafte Versuch des Schuldners eine auszligergerichtliche Einigung herbeizufuumlhren so kann er die Eroumlffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens nach den sectsect 311 ff InsO beantragen

226

Mit einem Antrag auf Eroumlffnung des vereinfachten Insolvenzverfahrens nach sectsect 311 ff InsO hat der Schuldner die in sect 305 Abs 1 InsO genannten Unterlagen und Erklaumlrungen insbesondere einen Schuldenbereinigungsplan vorzulegen Bei einem inhaltlich ordnungsgemaumlszligen Antrag erklaumlrt das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren bis zur Entscheidung uumlber den Schuldenbereinigungsplan fuumlr ruhend (sect 306 Abs 1 Satz 1 InsO) Das Insolvenzgericht stellt den vom Schuldner genannten Glaumlubigern gem sect 307 Abs 1 InsO den Schuldenbereinigungsplan und die Vermoumlgensuumlbersicht zur Stellungnahme binnen einer Notfrist von einem Monat zu

Das Finanzamt hat die vom Gericht zugestellte Vermoumlgensuumlbersicht und den Schuldenbereinigungsplan unter Beteiligung aller in Betracht kommenden Dienststellen unverzuumlglich daraufhin zu uumlberpruumlfen ob alle bis zum Ablauf der vom Gericht genannten Frist entstandenen Abgabenanspruumlche (zum Beispiel entstandene aber noch nicht festgesetzte Abgabenforderungen) aufgenommen worden sind Noch nicht festgesetzte oder angemeldete Steueranspruumlche die bis zum Ablauf der Notfrist entstehen sind erforderlichenfalls im Schaumltzungswege zu ermitteln

Waumlhrend das Verfahren uumlber den Antrag auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens ruht (sect 306 Abs 1 Satz 1 InsO) sind - unabhaumlngig von etwaigen Sicherungsmaszlignahmen des Insolvenzgerichts (sect 306 Abs 2 InsO) - alle Verwaltungsakte weiterhin dem Schuldner bekannt zu geben

Gibt das Finanzamt innerhalb der Frist von einem Monat keine Stellungnahme ab gilt dies nach sect 307 Abs 2 Satz 1 InsO als Einverstaumlndnis

Die unterlassene Ergaumlnzung der Abgabenforderungen hat - falls keine Wiedereinsetzungsgruumlnde vorliegen - die Folge dass nicht oder nicht in der richtigen Houmlhe geltend gemachte Forderungen nach sect 308 Abs 3 Satz 2 InsO erloumlschen wenn der Schuldenbereinigungsplan angenommen wird

Der Schuldenbereinigungsplan gilt als angenommen wenn

- alle Glaumlubiger zugestimmt haben

- kein Glaumlubiger Einwendungen erhoben hat oder

- die Zustimmung eines oder mehrerer Glaumlubiger nach sect 309 InsO ersetzt wird

Die Zustimmung des Finanzamts orientiert sich an den im BMF-Schreiben vom 1112002 BStBl I S 132 dargestellten Grundsaumltzen zur auszligergerichtlichen Einigung Dabei ist zu beachten dass akzessorische Sicherheiten (z B Zwangshypothek) erloumlschen wenn der Plan keine abweichende Regelung vorsieht Erforderlichenfalls sind daher entsprechende Einwendungen gegen den Plan zu erheben

Da bei Nichterfuumlllung des Plans eine Wiederauflebensklausel gesetzlich nicht vorgesehen ist soll das Finanzamt in seiner Stellungnahme auf eine solche hinwirken

Das Insolvenzgericht ersetzt die Zustimmung eines Glaumlubigers unter den Voraussetzungen des sect 309 Abs 1 InsO und hat dazu den Betroffenen zu houmlren Eine gerichtliche Ersetzung der Zustimmung ist jedoch nach sect 309 Abs 3 InsO ausgeschlossen wenn das Finanzamt glaubhaft macht dass die Angaben des Schuldners im Schuldenbereinigungsplan dem Grunde oder der Houmlhe nach unrichtig sind und es deshalb nicht angemessen beteiligt wird

Das Insolvenzgericht entscheidet uumlber die Ersetzung durch Beschluss Dagegen stehen dem Antragsteller und dem Glaumlubiger dessen Zustimmung ersetzt wird die sofortige Beschwerde zu (sect 309 Abs 2 Satz 3 InsO)

Der angenommene Schuldenbereinigungsplan hat nach sect 308 Abs 1 Satz 2 InsO die Wirkung eines (Prozess-) Vergleichs iSd sect 794 Abs 1 Nr 1 ZPO Hinsichtlich der Wirkung des Plans auf die Abgabenanspruumlche vgl AEAO zu sect 251 Nr 11

sect 308 Abs 3 InsO stellt im Interesse des Glaumlubigerschutzes klar dass Glaumlubiger die keine Moumlglichkeit der Mitwirkung an dem Schuldenbereinigungsplan hatten keinen Rechtsverlust erleiden Dies ist allerdings nur denkbar wenn dem Finanzamt kein Schuldenbereinigungsplan zur Stellungnahme zugestellt wurde Allerdings kann sich der Glaumlubiger der Wirkung des Schuldenbereinigungsplans nicht durch eine unvollstaumlndige Forderungsaufstellung unterlassene oder unzureichende Nachbesserung des Schuldenbereinigungsplans entziehen

Das Verfahren uumlber den Eroumlffnungsantrag wird wieder aufgenommen wenn das Insolvenzgericht nach Anhoumlrungdes Schuldners zu der Uumlberzeugung gelangt dass der Schuldenbereinigungsplan voraussichtlich nicht angenommen wird (sect 306 Abs 1 Satz 3 InsO) oder Einwendungen gegen den Schuldenbereinigungsplan erhoben werden die vom Gericht nicht gem sect 309 InsO durch gerichtliche Zustimmung ersetzt werden (sect 311 InsO) Ein erneuter Antrag des Schuldners ist nicht erforderlich

Soweit ein Glaumlubiger einen Antrag auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens stellt und der Schuldner keinen Eigenantrag nachreicht (sect 306 Abs 3 InsO) findet ein Schuldenbereinigungsverfahren nicht statt In diesem Fall ist - wie im Fall des Scheiterns des Schuldenbereinigungsverfahrens - ein vereinfachtes Insolvenzverfahren durchzufuumlhren

Im Uumlbrigen wird auf Abschnitt 63 VollstrA hingewiesen

123 Vereinfachtes Insolvenzverfahren

227

Grundsaumltzlich sind die Bestimmungen fuumlr das Regelinsolvenzverfahren auch im vereinfachten Verfahren anzuwenden soweit in den sectsect 311 bis 314 InsO nicht Gegenteiliges geregelt ist

Das Insolvenzgericht bestellt einen Treuhaumlnder der die Aufgaben des Insolvenzverwalters wahrnimmt (sect 313 Abs 1 Satz 1 InsO) und bei dem auch die Abgabenanspruumlche anzumelden sind (vgl AEAO zu sect 251 Nr 52) Der Treuhaumlnder hat im Gegensatz zum Insolvenzverwalter zwar nur eingeschraumlnkte Befugnisse ist jedoch fuumlr die Dauer des Insolvenzverfahrens als Vertreter des Schuldners i S v sectsect 34 35 AO anzusehen (sect 313 Abs 1 InsO) Das Finanzamt hat daher Verwaltungsakte waumlhrend der Dauer des Insolvenzverfahrens nur an den Treuhaumlnder zu richten und diesem bekannt zu geben (vgl AEAO zu sect 251 Nr 43) Hinsichtlich der Steuererklaumlrungspflichten vgl AEAO zu sect 251 Nr 42

Wie im Regelinsolvenzverfahren besteht auch im vereinfachten Verfahren - auf Antrag des Schuldners - die Moumlglichkeit der Restschuldbefreiung nach Maszliggabe der sectsect 286 ff InsO

Im Uumlbrigen wird auf Abschnitt 63 VollstrA hingewiesen

13 Eigenverwaltung

131 Vorbereitung einer Sanierung nach sect 270b InsO

Bei einer angestrebten Sanierung nach sect 270b InsO kann das Insolvenzgericht auf Antrag des Schuldners eine Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans bestimmen (sect 270b Abs 1 Satz 1 InsO) Die Frist darf houmlchstens drei Monate betragen

Stimmt das Gericht dem Antrag des Schuldners zu hat es einen vorlaumlufigen Sachwalter (sect 270a Abs 1 InsO) zu bestellen und kann vorlaumlufige Maszlignahmen nach sect 21 Abs 1 und 2 Nr 1a 3 bis 5 InsO anordnen Auf Antrag des Schuldners hat es ein Vollstreckungsverbot nach sect 21 Abs 2 Nr 3 InsO anzuordnen Des Weiteren hat das Gericht auf Antrag des Schuldners anzuordnen dass der Schuldner Masseverbindlichkeiten begruumlndet sect 55 Abs 2 InsO gilt entsprechend

Spaumltestens nach Ablauf der Frist nach sect 270b Abs 1 Satz 1 InsO hat das Gericht uumlber den Antrag auf Insolvenzeroumlffnung zu entscheiden Ist es dem Schuldner innerhalb der Frist nach sect 270b Abs 1 Satz 1 InsO gelungen dem Gericht einen Insolvenzplan vorzulegen so wird uumlber den Plan im eroumlffneten Insolvenzverfahren nach den allgemeinen Vorschriften uumlber den Insolvenzplan entschieden

132 Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens

Auf Antrag des Schuldners oder der Glaumlubigerversammlung kann das Insolvenzgericht die Eigenverwaltung der Insolvenzmasse gem sectsect 270 ff InsO unter der Aufsicht eines Sachwalters anordnen wenn dadurch nicht Glaumlubigerinteressen beeintraumlchtigt werden (z B durch Verfahrensverzoumlgerung)

Die insolvenzrechtlichen Vorschriften bleiben durch die Eigenverwaltung - von wenigen Ausnahmen abgesehen - unberuumlhrt Im Grunde sind nur Befugnisse des Insolvenzverwalters auf den Schuldner selbst zu uumlbertragen Insolvenzforderungen sind schriftlich beim Sachwalter zur Tabelle anzumelden (sect 270c InsO)

Auswirkungen auf das Besteuerungsverfahren (z B die Veranlagungszeitraumlume) ergeben sich durch die Anordnung der Eigenverwaltung nicht Umsatzsteuerlich kommt es aber mit der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens zu einer Aufspaltung des Unternehmens in mehrere Unternehmensteile zwischen denen einzelne umsatzsteuerrechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen nicht miteinander verrechnet werden koumlnnen Zu den Einzelheiten vgl AEAO zu sect 251 Nr 92 sowie UStAE Abschnitt 171 Abs 11 Da der Schuldner im Fall der Eigenverwaltung jedoch selbst rechtsgeschaumlftlich mit Verfuumlgungsbefugnis handeln kann der Sachwalter demgegenuumlber nur Kontroll- und Aufsichtspflichten ausuumlbt ist der Schuldner selbst steuerlich als Vertreter der Insolvenzmasse i S v sectsect 34 35 AO anzusehen Daher ist er Bekanntgabeadressat fuumlr alle die Insolvenzmasse betreffenden Verwaltungsakte

Die Eigenverwaltung kann auf Antrag der Glaumlubigerversammlung des Schuldners oder eines Glaumlubigers der entsprechende Gruumlnde glaubhaft zu machen hat aufgehoben werden (sect 272 InsO)

14 Vorgehensweise nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens

Mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens erhaumllt der Schuldner die Verwaltungs- und Verfuumlgungsbefugnis uumlber sein Vermoumlgen zuruumlck

Die Aufrechnungsverbote der sectsect 95 und 96 InsO gelten nicht mehr Steuererstattungsanspruumlche unterliegen nicht mehr dem Insolvenzbeschlag es sei denn es liegt eine wirksame Anordnung der Nachtragsverteilung bzw der wirksame Vorbehalt der Nachtragsverteilung vor Mit dem Vorbehalt oder der Anordnung einer Nachtragsverteilung tritt hinsichtlich des einzelnen Erstattungsanspruchs erneut die Insolvenzbeschlagnahme ein (BFH-Urteil vom 2822012 VII R 3611 BStBl II S 451) Aus dieser Anordnung muss eindeutig hervorgehen auf welche Steuerarten sie sich bezieht Soweit sich aus dem Beschluss des Insolvenzgerichts nicht ausdruumlcklich etwas anderes ergibt ist anzunehmen dass der Insolvenzbeschlag hinsichtlich aller der Steuerart nach bezeichneten Steueranspruumlche fortbesteht die bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens (insolvenzrechtlich) begruumlndet worden sind Ein nicht hinreichend bestimmter Beschluss entfaltet keinen Insolvenzbeschlag

Steuerbescheide sind an den Steuerpflichtigen zu richten und diesem bekannt zu geben Aus diesem Grund ist fuumlr das Jahr der Insolvenzaufhebung z B nur eine Einkommensteuerfestsetzung durchzufuumlhren in der sowohl der Massezeitraum wie auch der Zeitraum nach Abschluss des Verfahrens zusammengefasst werden

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Der Schuldner ist auch hinsichtlich der nach Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens begruumlndeten Steuerforderungen weiterhin Steuerschuldner (vgl BFH-Beschluss vom 2381993 V B 13591 BFHNV 1994 S 186) Somit koumlnnen die waumlhrend des Bestehens des Insolvenzverfahrens begruumlndeten Steuerschulden nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gegenuumlber dem Steuerpflichtigen geltend gemacht und - mangels gegenteiliger gesetzlicher Regelungen - auch vollstreckt werden

Zur Frage der Prozessfuumlhrungsbefugnis des Insolvenzverwalters und der Auswirkungen auf noch anhaumlngige Rechtsbehelfsverfahren zu Masseverbindlichkeiten bei Beendigung des Insolvenzverfahrens vgl BFH-Urteil vom 672011 II R 3410 BFHNV 2012 S 10

Aumlnderungen von Steuerfestsetzungen die Zeitraumlume vor Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens betreffen und nach der Anmeldung zur Tabelle als Insolvenzforderungen festgestellt wurden sind nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach den einschlaumlgigen Korrekturvorschriften (insbesondere sectsect 172 ff AO) zulaumlssig Als sonstiger Verwaltungsakt kann die Anrechnungsverfuumlgung (insbesondere das Leistungsgebot nach rechtskraumlftiger Tabelleneintragung) nur unter den Voraussetzungen der sectsect 129 bis 131 AO korrigiert werden

Schlieszligt sich nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens das Restschuldbefreiungsverfahren an kann wegen dieser Forderungen nicht vollstreckt sondern lediglich aufgerechnet werden

15 Restschuldbefreiung

151 Laufzeit der Abtretungserklaumlrung

Ist der Schuldner eine natuumlrliche Person so sieht die Insolvenzordnung die Moumlglichkeit der Restschuldbefreiung vor Hierzu hat der Schuldner rechtzeitig einen Antrag auf Restschuldbefreiung beim Insolvenzgericht zu stellen (sect 287 Abs 1 InsO) Um die Restschuldbefreiung zu erlangen hat der Schuldner den pfaumlndbaren Teil seiner Bezuumlge fuumlr einen Zeitraum von 6 Jahren - beginnend ab der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens - an einen Treuhaumlnder abzutreten (sect 287 Abs 2 InsO) Waumlhrend dieser Zeit hat der Schuldner die Obliegenheiten gem sectsect 295 bis 297 InsO zu erfuumlllen

Steuererstattungsanspruumlche gehoumlren nicht zu den abtretbaren Bezuumlgen i S d sect 287 InsO und koumlnnen mit Insolvenzforderungen aufgerechnet werden (BGH-Urteil vom 2172005 IX ZR 11504 NJW S 2988)

Der Treuhaumlnder kehrt das Erlangte jaumlhrlich nach der im Schlussverzeichnis festgelegten Quote an die Glaumlubiger aus (sect 292 Abs 1 Satz 2 InsO)

Das Finanzamt hat zu pruumlfen ob nach sect 290 Abs 1 InsO ein Grund vorliegt die Restschuldbefreiung zu versagen Es hat insbesondere festzustellen ob der Schuldner zur Vermeidung von Steuerzahlungen in den letzten drei Jahren vor dem Antrag auf Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens oder nach dem Antrag schuldhaft schriftlich

unrichtige oder unvollstaumlndige Angaben uumlber seine wirtschaftlichen Verhaumlltnisse im Rahmen von Antraumlgen auf Vollstreckungsaufschub in Vermoumlgensverzeichnissen Erlass- und Stundungsantraumlgen oder Steuererklaumlrungen gemacht hat (sect 290 Abs 1 Nr 2 InsO)

Liegen Versagungsgruumlnde nach sect 290 InsO vor so hat das Finanzamt im Schlusstermin die Versagung der Restschuldbefreiung zu beantragen und glaubhaft zu machen (sect 289 Abs 1 InsO) Wird dieser Antrag vom Insolvenzgericht abgewiesen kann sofortige Beschwerde erhoben werden (sect 289 Abs 2 InsO)

Liegen keine Gruumlnde fuumlr eine Versagung der Restschuldschuldbefreiung vor so kuumlndigt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung an (sect 291 Abs 1 InsO) und hebt das Insolvenzverfahren auf

Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens aber noch waumlhrend der Laufzeit der Abtretungserklaumlrung sind Vollstreckungsmaszlignahmen wegen der Insolvenzforderungen in das Vermoumlgen des Schuldners unzulaumlssig (sect 294 Abs 1 InsO) Aufrechnungen gegen Steuererstattungsanspruumlche des Schuldners sind aber zulaumlssig es sei denn es liegt ein Vorbehalt oder eine wirksame Anordnung der Nachtragsverteilung fuumlr diesen Anspruch vor

Verwaltungsakte sind wieder an den Schuldner zu richten und diesem bekannt zu geben da der hier zu bestellende Treuhaumlnder keine Befugnis hat das Vermoumlgen des Schuldners zu verwalten oder uumlber dieses zu verfuumlgen (sectsect 291 Abs 2 292 InsO)

152 Erteilung der Restschuldbefreiung

Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens hat der Schuldner ausschlieszliglich die Obliegenheiten nach sectsect 295 bis 298 InsO zu erfuumlllen Die Versagungsgruumlnde des sect 290 InsO gelten nicht mehr

Wird dem Finanzamt bekannt dass der Schuldner Obliegenheiten verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzglaumlubiger beeintraumlchtigt hat es beim Insolvenzgericht Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung zu stellen und seine Angaben durch entsprechende Unterlagen glaubhaft zu machen (sect 296 InsO) Gegen die Entscheidung des Gerichts ist die sofortige Beschwerde gegeben

Ist die Laufzeit der Abtretungserklaumlrung verstrichen hat das Insolvenzgericht nach vorheriger Anhoumlrung des Schuldners des Treuhaumlnders und der Insolvenzglaumlubiger zu entscheiden ob dem Schuldner die endguumlltige Restschuldbefreiung zu erteilen ist (sect 300 Abs 1 InsO)

Erteilt das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung wirkt diese gegen alle Insolvenzglaumlubiger Die angemeldeten aber nicht vollstaumlndig befriedigten Forderungen wandeln sich in unvollkommene Forderungen um

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Das heiszligt dass diese Forderungen zwar weiterhin erfuumlllbar aber nicht mehr erzwingbar sind Insoweit entfaumlllt die Moumlglichkeit einer Aufrechnung gegen Guthaben mit diesen Forderungen da die Aufrechnung voraussetzt dass die zur Aufrechnung gestellte Forderung vollwirksam und faumllligerzwingbar ist Dies gilt nicht wenn bei Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens die Aufrechnungslage bereits bestand (BGH-Urteil vom 1952011 IX ZR 22208 WM S 1182) Weiterhin besteht die Moumlglichkeit Haftungs- oder sonstige Gesamtschuldner in Anspruch zu nehmen (sect 301 Abs 2 InsO)

Hinsichtlich der ertragsteuerlichen Behandlung von Gewinnen aus einer erteilten Restschuldbefreiung wird auf das BMF-Schreiben vom 22122009 BStBl 2010 I S 18 verwiesen

Gem sect 303 InsO kann die gewaumlhrte Restschuldbefreiung widerrufen werden wenn innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des Beschlusses nachtraumlglich ein Obliegenheitsverstoszlig bekannt wird Der begruumlndete Antrag ist gegenuumlber dem Gericht durch einen Glaumlubiger zu stellen Vor dem Beschluss sind der Schuldner und der Treuhaumlnder zu houmlren

AEAO vor sect 347 - Auszligergerichtliches Rechtsbehelfsverfahren

1 Das auszligergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren nach der AO (Einspruchsverfahren) ist abzugrenzen

- von den in der AO nicht geregelten nichtfoumlrmlichen Rechtsbehelfen (Gegenvorstellung Sachaufsichtsbeschwerde Dienstaufsichtsbeschwerde)

- von dem Antrag einen Verwaltungsakt zu berichtigen zuruumlckzunehmen zu widerrufen aufzuheben oder zu aumlndern (Korrekturantrag sectsect 129 bis 132 172 bis 177 AO)

Der foumlrmliche Rechtsbehelf (Einspruch) unterscheidet sich von den Korrekturantraumlgen in folgenden Punkten

- Er hindert den Eintritt der formellen und materiellen Bestandskraft (zum Begriff der Bestandskraft vgl AEAO vor sectsect 172 bis 177 Nr 1)

- er kann zur Verboumlserung fuumlhren (sect 367 Abs 2 Satz 2 AO) der Verboumlserungsgefahr kann der Steuerpflichtige aber durch rechtzeitige Ruumlcknahme des Einspruchs entgehen

- er ermoumlglicht die Aussetzung der Vollziehung

In Zweifelsfaumlllen ist ein Einspruch anzunehmen da er die Rechte des Steuerpflichtigen umfassender wahrt als ein Korrekturantrag

2 Das Einspruchsverfahren ist nicht kostenpflichtig Steuerpflichtige und Finanzbehoumlrden haben jeweils ihre eigenen Aufwendungen zu tragen Auf die Kostenerstattung nach sect 139 FGO auch fuumlr das auszligergerichtliche Vorverfahren wird hingewiesen

AEAO zu sect 347 - Statthaftigkeit des Einspruchs

1 Das Einspruchsverfahren ist nur eroumlffnet wenn ein Verwaltungsakt (auch ein nichtiger Verwaltungsakt oder ein Scheinverwaltungsakt) angegriffen wird oder der Einspruchsfuumlhrer sich gegen den Nichterlass eines Verwaltungsakts wendet Verwaltungsakt ist zB auch die Ablehnung eines Realakts (vgl AEAO zu sect 364) oder die Ablehnung der Erteilung einer verbindlichen Auskunft

2 Der Einspruch ist auch gegeben wenn ein Verwaltungsakt aufgehoben geaumlndert zuruumlckgenommen oder widerrufen oder ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsakts abgelehnt wird Gleiches gilt wenn die Finanzbehoumlrde einen Verwaltungsakt wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gem sect 129 AO berichtigt oder es ablehnt die beantragte Berichtigung eines Verwaltungsakts durchzufuumlhren (BFH-Urteil vom13121983 VIII R 6781 BStBl 1984 II S 511) Gegen Entscheidungen uumlber die schlichte Aumlnderung (sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO) ist ebenfalls der Einspruch gegeben (BFH-Urteil vom 27101993 XI R 1793 BStBl 1994 II S 439) dies gilt nicht soweit der Antrag auf schlichte Aumlnderung durch eine Allgemeinverfuumlgung nach sect 172 Abs 3 AO zuruumlckgewiesen wurde (sect 348 Nr 6 AO)

3 Beantragt der Steuerpflichtige bei einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachpruumlfung (sect 164 AO) oder bei einer vorlaumlufigen Steuerfestsetzung (sect 165 AO) die Aufhebung dieser Nebenbestimmungen ist gegen den ablehnenden Bescheid der Einspruch gegeben Wird der Vorbehalt nach sect 164 AO aufgehoben kann der Steuerpflichtige gegen die dann als Steuerfestsetzung ohne Vorbehalt der Nachpruumlfung wirkende Steuerfestsetzung uneingeschraumlnkt Einspruch einlegen Soweit eine vorlaumlufige Steuerfestsetzung endguumlltig durchgefuumlhrt oder fuumlr endguumlltig erklaumlrt wird gilt dies nur soweit die Vorlaumlufigkeit reichte

Gegen die Aufhebung des Nachpruumlfungsvorbehalts in der Einspruchsentscheidung ist die Klage nicht ein erneuter Einspruch gegeben (BFH-Urteil vom 481983 IV R 21682 BStBl 1984 II S 85) Das gilt entsprechend wenn in einer Einspruchsentscheidung die bisher vorlaumlufige Steuerfestsetzung fuumlr endguumlltig erklaumlrt wird

4 Ist eine Steuerfestsetzung mit einer Billigkeitsmaszlignahme verbunden (sect 163 Satz 3 AO) ist gegen die Ermessensentscheidung uumlber die Billigkeitsmaszlignahme ein gesonderter Einspruch gegeben

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Entsprechendes gilt fuumlr die mit einer Zinsfestsetzung verbundene Billigkeitsentscheidung nach sect 234 Abs 2 oder sect 237 Abs 4 AO

5 sect 347 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AO beschraumlnkt iVm sect 348 Nr 3 und 4 AO in Steuerberatungsangelegenheiten das Einspruchsverfahren auf Streitigkeiten uumlber

- die Ausuumlbung (insbesondere die Zulaumlssigkeit) der Hilfe in Steuersachen einschlieszliglich der Rechtsverhaumlltnisse der Lohnsteuerhilfevereine

- die Voraussetzungen fuumlr die Berufsausuumlbung der Steuerberater und Steuerbevollmaumlchtigten (mit Ausnahme der Entscheidungen der Zulassungs- und der Pruumlfungsausschuumlsse)

- die Vollstreckung wegen Handlungen und Unterlassungen

6 In anderen Angelegenheiten (sect 347 Abs 1 Satz 1 Nr 4 AO) sind die Vorschriften uumlber das Einspruchsverfahren zB fuumlr anwendbar erklaumlrt worden durch

- Landesgesetze die Steuern betreffen die der Landesgesetzgebung unterliegen und durch Landesfinanzbehoumlrden verwaltet werden

- Gesetze zur Durchfuumlhrung der Verordnungen des Rates der Europaumlischen Union

soweit diese Gesetze die Anwendbarkeit der AO-Vorschriften vorsehen

Soweit Gesetze die fuumlr Steuerverguumltungen geltenden Vorschriften fuumlr entsprechend anwendbar erklaumlren ist das Einspruchsverfahren bereits nach sect 347 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO eroumlffnet (zB EigZulG InvZulG WoPG und 5 VermBG)

AEAO zu sect 350 - Beschwer

1 Eine Beschwer ist nicht nur dann schluumlssig geltend gemacht wenn eine Rechtsverletzung oder Ermessenswidrigkeit geruumlgt wird sondern auch dann wenn der Einspruchsfuumlhrer eine guumlnstigere Ermessensentscheidung begehrt Aus nicht gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen (sect 157 Abs 2 AO) ergibt sich keine Beschwer

2 Bei einer zu niedrigen Festsetzung kann eine Beschwer dann bestehen wenn eine houmlhere Festsetzung zB aufgrund des Bilanzenzusammenhangs sich in Folgejahren guumlnstiger auswirkt (BFH-Urteil vom 2751981 I R 12377 BStBl 1982 II S 211) oder wenn durch die begehrte houmlhere Steuerfestsetzung die Anrechnung von Steuerabzugsbetraumlgen ermoumlglicht wird und aufgrund dessen ein geringerer Betrag als bisher entrichtet werden muss (BFH-Urteil vom 8111985 VI R 23880 BStBl 1986 II S 186 und BFH-Beschluss vom 321993 I B 9092 BStBl II S 426)

3 Bei einer Nullfestsetzung besteht grundsaumltzlich keine Beschwer (BFH-Urteil vom 2411975 VI R 14872 BStBl II S 382) Etwas anderes gilt wenn eine Verguumltung oder eine Steuerbefreiung wegen Gemeinnuumltzigkeit (BFH-Urteil vom 1371994 I R 593 BStBl 1995 II S 134) begehrt wird oder wenn die der Steuerfestsetzung zugrunde liegenden Besteuerungsgrundlagen auszligersteuerliche Bindungswirkung haben (BFH-Urteil vom 20121994 IX R 8092 BStBl 1995 II S 537)

4 Wird durch Einspruch die Aumlnderung eines Grundlagenbescheids begehrt kommt es fuumlr die schluumlssige Geltendmachung der Beschwer nicht auf die Auswirkungen in den Folgebescheiden an

5 Beschwert sein kann nicht nur derjenige fuumlr den ein Verwaltungsakt bestimmt ist sondern auch derjenige der von ihm betroffen ist

6 Eine weitere in der AO nicht ausdruumlcklich genannte Zulaumlssigkeitsvoraussetzung ist das Vorliegen eines Rechtsschutzbeduumlrfnisses dh eines schutzwuumlrdigen beruumlcksichtigungswerten Interesses an der begehrten Entscheidung im Einspruchsverfahren

Die Moumlglichkeit einen Antrag auf schlichte Aumlnderung (sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO) zu stellen beseitigt nicht das Rechtsschutzbeduumlrfnis fuumlr einen Einspruch da dieser die Rechte des Steuerpflichtigen umfassender wahrt (vgl AEAO vor sect 347 Nr 1) Wendet sich der Steuerpflichtige gegen denselben Verwaltungsakt sowohl mit einem Einspruch als auch mit einem Antrag auf schlichte Aumlnderung ist nur das Einspruchsverfahren durchzufuumlhren (BFH-Urteil vom 2791994 VIII R 3689 BStBl 1995 II S 353)

Wird mit dem Einspruch ausschlieszliglich die angebliche Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm geruumlgt fehlt grundsaumltzlich das Rechtsschutzbeduumlrfnis wenn die Finanzbehoumlrde den angefochtenen Verwaltungsakt spaumltestens im Einspruchsverfahren hinsichtlich des strittigen Punktes fuumlr vorlaumlufig erklaumlrt hat (BFH-Beschluumlsse vom 10111993 X B 8393 BStBl 1994 II S 119 und vom 2231996 III B 17395 BStBl II S 506) Trotz vorlaumlufiger Steuerfestsetzung kann aber ein Rechtsschutzbeduumlrfnis anzunehmen sein wenn der Einspruchsfuumlhrer besondere Gruumlnde materiell-rechtlicher oder verfahrensrechtlicher Art substantiiert geltend macht oder Aussetzung der Vollziehung begehrt (BFH-Urteil vom 3092010 III R 3908 BStBl 2011 II S 11 zur Aussetzung der Vollziehung wegen verfassungsrechtlicher Zweifel vgl AEAO zu sect 361 Nr 254)

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AEAO zu sect 351 - Bindungswirkung anderer Verwaltungsakte

1 Wird ein Bescheid angegriffen der einen unanfechtbaren Bescheid geaumlndert hat ist die Sache nach sect 367 Abs 2 Satz 1 AO in vollem Umfang erneut zu pruumlfen Geaumlndert werden kann aber aufgrund derAnfechtung der Aumlnderungsbescheid nur in dem Umfang in dem er vom urspruumlnglichen Bescheid abweicht diese Beschraumlnkung bezieht sich zB beim Steuerbescheid auf den festgesetzten Steuerbetrag Einwendungen die bereits gegen die urspruumlngliche Steuerfestsetzung vorgebracht werden konnten koumlnnen auch gegen den Aumlnderungsbescheid vorgetragen werden Ist zB im Aumlnderungsbescheid eine houmlhere Steuer festgesetzt worden kann die urspruumlnglich festgesetzte Steuer nicht unterschritten werden ist dagegen im Aumlnderungsbescheid eine niedrigere Steuer festgesetzt worden kann der Steuerpflichtige nicht eine weitere Herabsetzung erreichen

2 Etwas anderes gilt soweit sich aus den Vorschriften uumlber die Aufhebung oder die Aumlnderung von Verwaltungsakten zB wegen neuer Tatsachen ein Rechtsanspruch auf Aumlnderung des unanfechtbaren Bescheids ergibt

Beispiele

a) Ein Steuerbescheid wird nach sect 173 Abs 1 Nr 1 AO zuungunsten des Steuerpflichtigen geaumlndert Der Steuerpflichtige kann mit dem Einspruch geltend machen dass Tatsachen iSd sect 173 Abs 1 Nr 2 AO unberuumlcksichtigt geblieben sind die die Mehrsteuern im Ergebnis nicht nur ausgleichen sondern sogar zu einer Erstattung fuumlhren

b) Ein Steuerbescheid wird nach sect 173 Abs 1 Nr 2 AO zugunsten des Steuerpflichtigen geaumlndert Der Steuerpflichtige kann mit dem Einspruch geltend machen dass Tatsachen iSd Vorschrift die zu einer weitergehenden Erstattung fuumlhren unberuumlcksichtigt geblieben sind

3 sect 351 Abs 1 AO gilt nach seinem Wortlaut nur fuumlr aumlnderbare Bescheide nicht hingegen fuumlr die sonstigen Verwaltungsakte die den Vorschriften uumlber die Ruumlcknahme (sect 130 AO) und den Widerruf (sect 131 AO) unterliegen (BFH-Urteil vom 2471984 VII R 12280 BStBl II S 791) sect 351 Abs 1 AO bleibt aber zu beachten wenn ein aumlnderbarer Verwaltungsakt nach sect 129 AO berichtigt worden ist (vgl AEAO zu sect 129 Nr 5)

4 Ein Einspruch gegen einen Folgebescheid mit welchem nur Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid geltend gemacht werden ist unbegruumlndet nicht unzulaumlssig (BFH-Urteil vom 291987 I R 16284 BStBl 1988 II S 142)

AEAO zu sect 352 - Einspruchsbefugnis bei der einheitlichen Feststellung

1 Die Regelungen des sect 352 AO zur Einspruchsbefugnis bei einheitlichen Feststellungsbescheiden gelten unabhaumlngig von der Art der in die Feststellung einbezogenen Besteuerungsgrundlagen

2 Nach Absatz 1 Nr 1 erste Alternative koumlnnen gegen einheitliche Feststellungsbescheide die zur Vertretung berufenen Geschaumlftsfuumlhrer Einspruch einlegen

3 Betrifft die einheitliche Feststellung eine Personengruppe die keinen Geschaumlftsfuumlhrer hat (zB eine Erbengemeinschaft) so gilt - soweit kein Fall iSd Absatzes 1 Nr 3 bis 5 vorliegt - nach Absatz 1 Nr 1 zweite Alternative iVm Absatz 2 Folgendes

a) Haben die Feststellungsbeteiligten gem sect 183 Abs 1 Satz 1 AO bzw sect 6 Abs 1 Satz 1 der V zu sect 180 Abs 2 AO einen gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten bestellt so ist nach Absatz 2 Satz 1 ausschlieszliglich dieser einspruchsbefugt soweit das Finanzamt dem Belehrungsgebot nach Absatz 2 Satz 3 nachgekommen ist

b) Haben die Feststellungsbeteiligten keinen gemeinsamen Empfangsbevollmaumlchtigten bestellt oder ist ein solcher (zB wegen Widerrufs der Vollmacht) nicht mehr vorhanden steht die Einspruchsbefugnis dem nach sect 183 Abs 1 Satz 2 AO gesetzlich fingierten Empfangsbevollmaumlchtigten (Vertretungs- bzw Verwaltungsberechtigter) zu (Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz erste Alternative) Dies gilt nicht wenn der gesetzlich fingierte Empfangsbevollmaumlchtigte Geschaumlftsfuumlhrer ist in diesem Fall richtet sich die Einspruchsbefugnis nach Absatz 1 Nr 1 erste Alternative

c) Ist auch ein gesetzlich fingierter Empfangsbevollmaumlchtigter nicht vorhanden steht die Einspruchsbefugnis dem nach sect 183 Abs 1 Satz 3 bis 5 AO bzw sect 6 Abs 1 Satz 3 bis 5 der V zu sect 180 Abs 2 AO von der Finanzbehoumlrde bestimmten Empfangsbevollmaumlchtigten zu (Absatz 2 Satz 2 erster Halbsatz zweite Alternative) Benennen die Feststellungsbeteiligten nach einer Aufforderung iSd sect 183 Abs 1 Satz 3 bis 5 AO bzw des sect 6 Abs 1 Satz 3 bis 5 der V zu sect 180 Abs 2 AO eine andere als die von der Finanzbehoumlrde vorgeschlagene Person als Empfangsbevollmaumlchtigten richtet sich die Einspruchsbefugnis nach Absatz 2 Satz 1

d) Ist weder ein von den Feststellungsbeteiligten bestellter noch ein gesetzlich fingierter oder ein von der Finanzbehoumlrde bestimmter Empfangsbevollmaumlchtigter vorhanden ist jeder Feststellungsbeteiligte einspruchsbefugt (Absatz 1 Nr 2)

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e) Die grundsaumltzliche Beschraumlnkung der Einspruchsbefugnis auf den von den Feststellungsbeteiligten bestellten den gesetzlich fingierten bzw den von der Finanzbehoumlrde bestimmten Empfangsbevollmaumlchtigten greift nur ein wenn die Beteiligten in der Feststellungserklaumlrung des betreffenden Jahres oder in der Aufforderung zur Benennung eines Empfangsbevollmaumlchtigten (sect 183 Abs 1 Satz 3 und 4 AO sect 6 Abs 1 Satz 3 und 4 der V zu sect 180 Abs 2 AO) uumlber die Einspruchsbefugnis des Empfangsbevollmaumlchtigten belehrt worden sind (Absatz 2 Satz 3)

f) Ferner hat jeder Feststellungsbeteiligte das Recht fuumlr seine Person der Einspruchsbefugnis des gesetzlich fingierten bzw des von der Finanzbehoumlrde bestimmten - nicht aber der Einspruchsbefugnis des von den Feststellungsbeteiligten bestellten shyEmpfangsbevollmaumlchtigten zu widersprechen (Absatz 2 Satz 2 zweiter Halbsatz) Der widersprechende Feststellungsbeteiligte ist dann selbst einspruchsbefugt (Absatz 1 Nr 2) Der Widerspruch ist gegenuumlber der das Feststellungsverfahren durchfuumlhrenden Finanzbehoumlrde spaumltestens bis zum Ablauf der Einspruchsfrist zu erheben Ein nicht schriftlich bzw elektronisch erklaumlrter Widerspruch ist unter Datumsangabe aktenkundig zu machen

AEAO zu sect 353 - Einspruchsbefugnis des Rechtsnachfolgers

Die Rechtsnachfolge tritt ein

1 bevor einer der in sect 353 AO genannten Bescheide ergangen ist

Nach sect 182 Abs 2 Satz 2 sect 184 Abs 1 Satz 4 sectsect 185 und 190 AO wirkt der Bescheid gegen den Rechtsnachfolger nur dann wenn er ihm bekannt gegeben wird

2 nach der Bekanntgabe eines in sect 353 AO genannten Bescheids aber noch innerhalb der Einspruchsfrist

Der Rechtsnachfolger kann innerhalb der - schon laufenden - Frist Einspruch einlegen (sect 353 AO)

3 nach Ablauf der Einspruchsfrist fuumlr einen in sect 353 AO genannten Bescheid

Der Bescheid wirkt gegenuumlber dem Rechtsnachfolger ohne dass dieser die Moumlglichkeit des Einspruchs hat (sect 182 Abs 2 Satz 1 sect 184 Abs 1 Satz 4 sectsect 185 und 190 AO)

4 waumlhrend eines Einspruchsverfahrens gegen einen in sect 353 AO genannten Bescheid

Der Gesamtrechtsnachfolger tritt in der Rechtsstellung des Rechtsvorgaumlngers als Verfahrensbeteiligter ein seiner Hinzuziehung bedarf es nicht Beim Einzelrechtsnachfolger hat die Finanzbehoumlrde seine Hinzuziehung zum Verfahren zu pruumlfen (sectsect 359 360 AO)

5 waumlhrend die Frist zur Erhebung der Klage laumluft

Da auch in diesem Fall der Bescheid gegen den Rechtsnachfolger wirkt (sect 353 AO) kann dieser nur innerhalb der fuumlr den Rechtsvorgaumlnger maszliggebenden Frist gem sect 40 Abs 2 FGO Klage erheben

6 waumlhrend eines finanzgerichtlichen Verfahrens

Bei Gesamtrechtsnachfolge (zB bei Erbfolge oder bei Verschmelzung von Gesellschaften) wird das Verfahren bis zur Aufnahme durch den Rechtsnachfolger unterbrochen (sect 155 FGO sect 239 ZPO) es sei denn der Rechtsvorgaumlnger war durch einen Prozessbevollmaumlchtigten vertreten (sect 155 FGO sectsect 239 246 ZPO) Bei Einzelrechtsnachfolge (zB bei Kauf) hat das Finanzgericht zu pruumlfen ob der Rechtsnachfolger beizuladen ist (sectsect 57 60 FGO)

AEAO zu sect 355 - Einspruchsfrist

1 Die Einspruchsfrist betraumlgt einen Monat Sie beginnt im Fall des sect 355 Abs 1 Satz 1 AO mit Bekanntgabe (sect 122 AO) im Fall des sect 355 Abs 1 Satz 2 erster Halbsatz AO mit Eingang der Steueranmeldung bei der Finanzbehoumlrde und im Fall des sect 355 Abs 1 Satz 2 AO zweiter Halbsatz mit Bekanntwerden der formfreien Zustimmung des Finanzamts zu laufen Wurde der Steuerpflichtige schriftlich bzw elektronisch uumlber die Zustimmung unterrichtet (zB zusammen mit einer Abrechnungsmitteilung) ist grundsaumltzlich davon auszugehen dass ihm die Zustimmung am dritten Tag nach Aufgabe zur Post bzw nach der Absendung bekannt geworden ist zu diesem Zeitpunkt beginnt demnach auch erst die Einspruchsfrist zu laufen Ist keine Mitteilung ergangen ist regelmaumlszligig davon auszugehen dass dem Steuerpflichtigen die Zustimmung fruumlhestens mit der Zahlung (sect 224 Abs 3 AO) der Steuerverguumltung oder des Mindersolls bekannt geworden ist

2 Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach unterlassener Anhoumlrung eines Beteiligten bzw wegen fehlender Begruumlndung des Verwaltungsakts (sect 126 Abs 3 iVm sect 110 AO) vgl AEAO zu sect 91 Nr 3 und AEAO zu sect 121 Nr 3

233

3 Zur Unterbrechung der Einspruchsfrist durch Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens vgl AEAO zu sect 251 Nr 412 und Nr 53121

AEAO zu sect 357 - Einlegung des Einspruchs

1 Die Schriftform fuumlr einen Einspruch (Absatz 1 Satz 1) ist auch bei einer Einlegung durch Telefax gewahrt (vgl BFH-Beschluss vom 2631991 VIII B 8390 BStBl II S 463 zur Klageerhebung) Der Einspruch kann unter der Voraussetzung der Zugangseroumlffnung (vgl AEAO zu sect 87a Nr 1) auch elektronisch eingelegt werden eine qualifizierte elektronische Signatur nach dem Signaturgesetz ist nicht erforderlich

2 Nach sect 357 Abs 2 Satz 4 AO genuumlgt die Einlegung des Einspruchs bei einer unzustaumlndigen Behoumlrde sofern der Einspruch innerhalb der Einspruchsfrist einer der Behoumlrden uumlbermittelt wird bei der er nach sect 357 Abs 2 Saumltze 1 bis 3 AO angebracht werden kann der Steuerpflichtige traumlgt jedoch das Risiko derrechtzeitigen Uumlbermittlung Kann eine Behoumlrde leicht und einwandfrei erkennen dass sie fuumlr einen bei ihr eingegangenen Einspruch nicht und welche Finanzbehoumlrde zustaumlndig ist hat sie diesen Einspruch unverzuumlglich an die zustaumlndige Finanzbehoumlrde weiterzuleiten Geschieht dies nicht und wird dadurch die Einspruchsfrist versaumlumt kommt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (sect 110 AO) in Betracht (BVerfG-Beschluss vom 292002 1 BvR 47601 BStBl II S 835)

3 Wird ein Einspruch bei einem Wechsel der oumlrtlichen Zustaumlndigkeit nach Erlass eines Verwaltungsakts entgegen sect 357 Abs 2 Satz 1 AO bereits bei der nach sect 367 Abs 1 Satz 2 AO zur Entscheidung berufenen anderen Finanzbehoumlrde eingelegt gilt auch in diesem Fall sect 357 Abs 2 Satz 4 AO Der Einspruch muss der alten Behoumlrde innerhalb der Einspruchsfrist uumlbermittelt werden damit diese die Anwendung des sect 26 Satz 2 AO pruumlfen kann wird der Einspruch nicht rechtzeitig uumlbermittelt koumlnnen die Voraussetzungen des sect 110 AO gegeben sein

AEAO zu sect 360 - Hinzuziehung zum Verfahren

1 Entsprechend der Regelung in sect 60 FGO uumlber die Beiladung wird zwischen notwendiger (sect 360 Abs 3 AO) und einfacher Hinzuziehung (sect 360 Abs 1 AO) unterschieden

2 sect 360 Abs 1 Satz 2 AO ist entsprechend auf sect 360 Abs 3 AO anzuwenden der Einspruchsfuumlhrer erhaumllt damit die Moumlglichkeit durch Ruumlcknahme seines Einspruchs die Hinzuziehung zu vermeiden

3 Bei Zusammenveranlagung (zB von EhegattenLebenspartnern bei der Einkommensteuer) wird es sich regelmaumlszligig empfehlen von der Moumlglichkeit der einfachen Hinzuziehung (sect 360 Abs 1 AO) Gebrauch zu machen Das gilt auch dann wenn der hinzuzuziehende EhegatteLebenspartner nicht uumlber eigene Einkuumlnfte verfuumlgt

4 Will das Finanzamt den angefochtenen Verwaltungsakt gem sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO aumlndern ohne dem Antrag des Einspruchsfuumlhrers der Sache nach zu entsprechen ist auch die Zustimmung des notwendig Hinzugezogenen einzuholen Gleiches empfiehlt sich bei einfacher Hinzuziehung

AEAO zu sect 361 - Aussetzung der Vollziehung

Inhaltsuumlbersicht

1 Anwendungsbereich des sect 361 AO und des sect 69 Abs 2 FGOAbgrenzung zur gerichtlichen Vollziehungsaussetzung und zur Stundung

2 Voraussetzungen fuumlr eine Vollziehungsaussetzung

3 Summarisches VerfahrenVollstreckung bei anhaumlngigem Vollziehungsaussetzungsantrag Zustaumlndigkeit

4 Berechnung der auszusetzenden Steuer

41 Die streitbefangene Steuer ist kleiner als die Abschlusszahlung

42 Die streitbefangene Steuer ist kleiner als die Abschlusszahlung einschlieszliglich nicht geleisteter Vorauszahlungen

43 Die streitbefangene Steuer ist groumlszliger als die Abschlusszahlung

44 Die streitbefangene Steuer ist groumlszliger als die Abschlusszahlung einschlieszliglich nicht geleisteter Vorauszahlungen

45 Die Steuerfestsetzung fuumlhrt zu einer Erstattung

46 Sonderfaumllle

47 Auszligersteuerliche Verwaltungsakte

5 Aussetzung der Vollziehung von Grundlagenbescheiden

6 Aussetzung der Vollziehung von Folgebescheiden

234

7 Aufhebung der Vollziehung durch das Finanzamt

8 Dauer der AussetzungAufhebung der Vollziehung

81 Beginn der AussetzungAufhebung der Vollziehung

82 Ende der AussetzungAufhebung der Vollziehung

9 Nebenbestimmungen zur AussetzungAufhebung der Vollziehung

91 Widerrufsvorbehalt

92 Sicherheitsleistung

10 Ablehnung der Vollziehungsaussetzung

11 Rechtsbehelfe

12 Aussetzungszinsen

1 Anwendungsbereich des sect 361 AO und des sect 69 Abs 2 FGOAbgrenzung zur gerichtlichen Vollziehungsaussetzung und zur Stundung

11 sect 361 AO regelt die Aussetzung der Vollziehung durch die Finanzbehoumlrde waumlhrend eines Einspruchsverfahrens sect 69 Abs 2 FGO erlaubt es der Finanzbehoumlrde waumlhrend eines Klageverfahrens die Vollziehung auszusetzen

12 Die Rechtsgrundlagen fuumlr eine Vollziehungsaussetzung durch das Finanzgericht ergeben sich aus sect 69 Abs 3 4 6 und 7 FGO Das Finanzgericht kann die Vollziehung - unter den einschraumlnkenden Voraussetzungen des sect 69 Abs 4 FGO - auch schon vor Erhebung der Anfechtungsklage aussetzen (vgl AEAO zu sect 361 Nr 11)

13 Demjenigen der eine Verfassungsbeschwerde erhoben hat kann fuumlr diesen Verfahrensabschnitt keine Aussetzung der Vollziehung gewaumlhrt werden (sect 32 BVerfGG siehe BFH-Urteil vom 1121987 II R 17684 BStBl II S 320)

14 Liegen nebeneinander die gesetzlichen Voraussetzungen sowohl fuumlr eine Stundung als auch fuumlr eine Aussetzung der Vollziehung vor wird im Regelfall auszusetzen sein

15 Zu den Auswirkungen der Eroumlffnung des Insolvenzverfahrens auf das Verfahren der Aussetzung der Vollziehung vgl AEAO zu sect 251 Nr 413

2 Voraussetzungen fuumlr eine Vollziehungsaussetzung

21 Die zustaumlndige Finanzbehoumlrde (vgl AEAO zu sect 361 Nr 33) soll auf Antrag die Vollziehung aussetzen wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung fuumlr den Betroffenen eine unbillige nicht durch uumlberwiegende oumlffentliche Interessen gebotene Haumlrte zur Folge haumltte (sect 361 Abs 2 Satz 2 AO sect 69 Abs 2 Satz 2 FGO) Die Finanzbehoumlrde kann auch ohne Antrag die Vollziehung aussetzen (sect 361 Abs 2 Satz 1 AO sect 69 Abs 2 Satz 1 FGO) Von dieser Moumlglichkeit ist insbesondere dann Gebrauch zu machen wenn der Rechtsbehelf offensichtlich begruumlndet ist der Abhilfebescheid aber voraussichtlich nicht mehr vor Faumllligkeit der geforderten Steuer ergehen kann

22 Eine Vollziehungsaussetzung ist nur moumlglich wenn der Verwaltungsakt dessen Vollziehung ausgesetzt werden soll angefochten und das Rechtsbehelfsverfahren noch nicht abgeschlossen ist (Ausnahme Folgebescheide iSd sect 361 Abs 3 Satz 1 AO und des sect 69 Abs 2 Satz 4 FGO vgl AEAO zu sect 361 Nr 6) Eine Vollziehungsaussetzung kommt daher nicht in Betracht wenn der Steuerpflichtige statt eines Rechtsbehelfs einen Aumlnderungsantrag zB nach sect 164 Abs 2 Satz 2 AO oder nach sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO bei der Finanzbehoumlrde einreicht

23 Die Aussetzung der Vollziehung setzt Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts voraus

231 Vollziehbar sind insbesondere

- die eine (positive) Steuer festsetzenden Steuerbescheide (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4)

- Steuerbescheide uumlber 0 euro die einen vorhergehenden Steuerbescheid uumlber einen negativen Betrag aumlndern (BFH-Beschluss vom 28111974 V B 5273 BStBl 1975 II S 239)

- Vorauszahlungsbescheide bis zum Erlass des Jahressteuerbescheids (BFH-Beschluss vom 461981 VIII B 3180 BStBl II S 767 vgl AEAO zu sect 361 Nr 822)

- Bescheide mit denen der Vorbehalt der Nachpruumlfung aufgehoben wird (BFH-Beschluss vom 161983 III B 4082 BStBl II S 622)

- Verwaltungsakte nach sect 218 Abs 2 AO die eine Zahlungsschuld feststellen (BFH-Beschluss vom 10111987 VII B 13787 BStBl 1988 II S 43)

235

- Mitteilungen nach sect 141 Abs 2 AO uumlber die Verpflichtung zur Buchfuumlhrung (BFH-Beschluss vom 6121979 IV B 3279 BStBl 1980 II S 427)

- Leistungsgebote (BFH-Beschluss vom 31101975 VIII B 1474 BStBl 1976 II S 258)

- der Widerruf einer Stundung (BFH-Beschluss vom 861982 VIII B 2982 BStBl II S 608)

- die voumlllige oder teilweise Ablehnung eines Antrags auf einen Lohnsteuer-Freibetrag (sect 39a EStG vgl BFH-Beschluumlsse vom 2941992 VI B 15291 BStBl II S 752 und vom 1731994 VI B 15493 BStBl II S 567)

- Auszligenpruumlfungsanordnungen (vgl AEAO zu sect 196 Nr 1)

232 Nicht vollziehbar sind insbesondere

- erstmalige Steuerbescheide uumlber 0 euro auch wenn der Steuerpflichtige die Festsetzung einer negativen Steuer begehrt (BFH-Urteil vom 17121981 V R 8181 BStBl 1982 II S 149 BVerfG-Beschluss vom 2361982 1 BvR 25482 StRK FGO sect 69 R 244)

- auf eine negative Steuerschuld lautende Steuerbescheide wenn der Steuerpflichtige eine Erhoumlhung des negativen Betrags begehrt (BFH-Beschluss vom 28111974 V B 4474 BStBl 1975 II S 240)

- Verwaltungsakte die den Erlass oder die Korrektur eines Verwaltungsakts ablehnen zB Ablehnung eines Aumlnderungsbescheids (BFH-Beschluumlsse vom 24111970 II B 4270 BStBl 1971 II S 110 und vom 2531971 II B 4769 BStBl II S 334) Ablehnung der Herabsetzung bestandskraumlftig festgesetzter Vorauszahlungen (BFH-Beschluss vom 2731991 I B 18790 BStBl II S 643) Ablehnung einer Stundung (BFH-Beschluss vom 861982 VIII B 2982 BStBl II S 608) oder eines Erlasses (BFH-Beschluss vom 2491970 II B 2870 BStBl II S 813)

- die Ablehnung einer Billigkeitsmaszlignahme iSd sect 163 AO

- die Ablehnung der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach sect 44a Abs 5 EStG (BFH-Beschluss vom 2771994 I B 24693 BStBl II S 899) oder einer Freistellung vom Quellensteuerabzug nach sect 50a Abs 4 EStG (BFH-Beschluss vom 1341994 I B 21293 BStBl II S 835)

- verbindliche Auskuumlnfte (sect 89 Abs 2 AO sect 2 StAuskV) verbindliche Zusagen (sectsect 204 bis 207 AO) und Lohnsteueranrufungsauskuumlnfte (sect 42e EStG) unabhaumlngig davon ob sie der Rechtsauffassung des Steuerpflichtigen entsprechen oder nicht sowie die Ablehnung eine verbindliche Auskunft eine verbindliche Zusage oder eine Lohnsteueranrufungsauskunft zu erteilen

233 Zur Vollziehbarkeit von Feststellungsbescheiden vgl AEAO zu sect 361 Nr 51

234 Vorlaumlufiger Rechtsschutz gegen einen nicht vollziehbaren Verwaltungsakt kann nur durch eine einstweilige Anordnung nach sect 114 FGO gewaumlhrt werden

24 Bei der Entscheidung uumlber Antraumlge auf Aussetzung der Vollziehung ist der gesetzliche Ermessensspielraum im Interesse der Steuerpflichtigen stets voll auszuschoumlpfen

25 Zur Aussetzung berechtigende ernstliche Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen wenn eine summarische Pruumlfung (vgl AEAO zu sect 361 Nr 34) ergibt dass neben den fuumlr die Rechtmaumlszligigkeit sprechenden Umstaumlnden gewichtige gegen die Rechtmaumlszligigkeit sprechende Gruumlnde zutage treten die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken Dabei brauchen die fuumlr die Unrechtmaumlszligigkeit des Verwaltungsakts sprechenden Bedenken nicht zu uumlberwiegen dh ein Erfolg des Steuerpflichtigen muss nicht wahrscheinlicher sein als ein Misserfolg (BFH-Beschluumlsse vom 1021967 III B 966 BStBl III S 182 und vom 28111974 V B 5273 BStBl 1975 II S 239)

251 Bei der Abschaumltzung der Erfolgsaussichten sind nicht nur die BFH-Rechtsprechung und die einschlaumlgigen Verwaltungsanweisungen sondern auch die Entscheidungen des zustaumlndigen Finanzgerichts zu beachten

252 Ernstliche Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des Verwaltungsakts werden im Allgemeinen zu bejahen sein

- wenn die Behoumlrde bewusst oder unbewusst von einer fuumlr den Antragsteller guumlnstigen Rechtsprechung des BFH abgewichen ist (BFH-Beschluss vom 1521967 VI S 266 BStBl III S 256)

- wenn der BFH noch nicht zu der Rechtsfrage Stellung genommen hat und die Finanzgerichte unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten (BFH-Beschluss vom 1051968 III B 5567 BStBl II S 610)

- wenn die Gesetzeslage unklar ist die streitige Rechtsfrage vom BFH noch nicht entschieden ist im Schrifttum Bedenken gegen die Rechtsauslegung des Finanzamt erhoben werden und die Finanzverwaltung die Zweifelsfrage in der Vergangenheit nicht einheitlich beurteilt hat (BFHshy

236

Beschluumlsse vom 2291967 VI B 5967 BStBl 1968 II S 37 und vom 1981987 V B 5685 BStBl II S 830)

- wenn eine Rechtsfrage von zwei obersten Bundesgerichten oder zwei Senaten des BFH unterschiedlich entschieden worden ist (BFH-Beschluumlsse vom 22111968 VI B 8768 BStBl 1969 II S 145 und vom 21111974 IV B 3974 BStBl 1975 II S 175) oder widerspruumlchliche Urteile desselben BFH-Senats vorliegen (BFH-Beschluss vom 521986 I B 3985 BStBl II S 490)

253 Dagegen werden ernstliche Zweifel im Allgemeinen zu verneinen sein

- wenn der Verwaltungsakt der houmlchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht (BFH-Beschluumlsse vom 2421967 VI B 1566 BStBl III S 341 und vom 1131970 I B 5068 BStBl II S 569) und zwar auch dann wenn einzelne Finanzgerichte eine von der houmlchstrichterlichen Rechtsprechung abweichende Auffassung vertreten

- wenn der Rechtsbehelf unzulaumlssig ist (BFH-Beschluumlsse vom 24111970 II B 4270 BStBl 1971 II S 110 und vom 2531971 II B 4769 BStBl II S 334)

254 An die Zweifel hinsichtlich der Rechtmaumlszligigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sind wenn die Verfassungswidrigkeit einer angewandten Rechtsnorm geltend gemacht wird keine strengeren Anforderungen zu stellen als im Falle der Geltendmachung fehlerhafter Rechtsanwendung Die Begruumlndetheit des Aussetzungsantrags ist nicht nach den Grundsaumltzen zu beurteilen die fuumlr eine einstweilige Anordnung durch das BVerfG nach sect 32 BVerfGG gelten (BFH-Beschluss vom 1021984 III B 4083 BStBl II S 454)

Im Hinblick auf den Geltungsanspruch jedes formell verfassungsgemaumlszlig zustande gekommenen Gesetzes muss aber der Antragsteller zusaumltzlich ein besonderes berechtigtes Interesse an der Gewaumlhrung vorlaumlufigen Rechtsschutzes haben Geboten ist eine Interessenabwaumlgung zwischen der einer Aussetzung der Vollziehung entgegenstehenden Gefaumlhrdung der oumlffentlichen Haushaltsfuumlhrung und den fuumlr eine Aussetzung der Vollziehung sprechenden individuellen Interessen des Antragstellers an der Gewaumlhrung vorlaumlufigen Rechtsschutzes (BFH-Beschluumlsse vom 6111987 III B 10186 BStBl 1988 II S 134 vom 142010 II B 16809 BStBl II S 558 und vom 932012 VII B 17111 BStBl II S 418) Als Ergebnis dieser Interessenabwaumlgung kann somit trotz ernstlicher Zweifel an der Verfassungsmaumlszligigkeit einer angewandten Vorschrift eine Aussetzung der Vollziehung abzulehnen sein

Diese Grundsaumltze gelten nicht nur wenn zweifelhaft ist ob eine Norm materiell verfassungsgemaumlszlig ist sondern auch dann wenn Zweifel an der formellen Verfassungsmaumlszligigkeit einer Norm bestehen (BFH-Beschluss vom 932012 VII B 17111 aaO) Wuumlrde eine Aussetzung der Vollziehung im Ergebnis zur vorlaumlufigen Nichtanwendung eines ganzen Gesetzes fuumlhren hat das Interesse an einer geordneten Haushaltsfuumlhrung Vorrang wenn der durch die Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts eintretende Eingriff beim Steuerpflichtigen als eher gering einzustufen ist und dieser Eingriff keine dauerhaften nachteiligen Wirkungen hat ob ernstliche Zweifel an der Verfassungsmaumlszligigkeit des Gesetzes bestehen muss dann i d R nicht gepruumlft werden (BFH-Beschluumlsse vom 142010 II B 16809 und vom 932012 VII B 17111 jeweils aaO)

255 Die Gefaumlhrdung des Steueranspruchs ist - wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des Verwaltungsakts bestehen - fuumlr sich allein kein Grund die Aussetzung der Vollziehung abzulehnen Steuerausfaumllle koumlnnen dadurch vermieden werden dass die Aussetzung von einer Sicherheitsleistung abhaumlngig gemacht wird (vgl AEAO zu sect 361 Nr 92)

26 Eine Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Haumlrte kommt in Betracht wenn bei sofortiger Vollziehung dem Betroffenen Nachteile drohen wuumlrden die uumlber die eigentliche Realisierung des Verwaltungsakts hinausgehen indem sie vom Betroffenen ein Tun Dulden oder Unterlassen fordern dessen nachteilige Folgen nicht mehr oder nur schwer ruumlckgaumlngig gemacht werden koumlnnen oder existenzbedrohend sind Eine Vollziehungsaussetzung wegen unbilliger Haumlrte ist zu versagen wenn der Rechtsbehelf offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (BFH-Beschluumlsse vom 21121967 V B 2667 BStBl 1968 II S 84 und vom 1941968 IV B 366 BStBl II S 538)

27 Durch Aussetzung der Vollziehung darf die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorweggenommen werden (BFH-Beschluss vom 2271980 VII B 380 BStBl II S 592)

3 Summarisches VerfahrenVollstreckung bei anhaumlngigem Vollziehungsaussetzungsantrag Zustaumlndigkeit

31 Uumlber Antraumlge auf Aussetzung der Vollziehung ist unverzuumlglich zu entscheiden Solange uumlber einen entsprechenden bei der Finanzbehoumlrde gestellten Antrag noch nicht entschieden ist sollen Vollstreckungsmaszlignahmen unterbleiben es sei denn der Antrag ist aussichtslos bezweckt offensichtlich nur ein Hinausschieben der Vollstreckung oder es besteht Gefahr im Verzug

32 Stellt der Steuerpflichtige einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach sect 69 Abs 3 FGO beim Finanzgericht ist die Vollstreckungsstelle daruumlber zu unterrichten Die Vollstreckungsstelle entscheidet ob im Einzelfall von Vollstreckungsmaszlignahmen abzusehen ist Vor Einleitung von Vollstreckungsmaszlignahmen ist mit dem Finanzgericht Verbindung aufzunehmen (s Abschn 5 Abs 4

237

Satz 3 VollstrA) Die Verpflichtung des Finanzamts unverzuumlglich selbst zu pruumlfen ob eine Aussetzung der Vollziehung in Betracht kommt und ggf die Aussetzung der Vollziehung selbst auszusprechen bleibt unberuumlhrt

33 Fuumlr die Entscheidung uumlber die Aussetzung der Vollziehung ist ohne Ruumlcksicht auf die Steuerart und die Houmlhe des Steuerbetrages das Finanzamt zustaumlndig das den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat Ein zwischenzeitlich eingetretener Zustaumlndigkeitswechsel betrifft grundsaumltzlich auch das Aussetzungsverfahren (sect 367 Abs 1 Satz 2 iVm sect 26 Satz 2 AO)

34 Die Entscheidung uumlber die Aussetzung der Vollziehung ergeht in einem summarischen Verfahren Die Begruumlndetheit des Rechtsbehelfs ist im Rahmen dieses Verfahrens nur in einem begrenzten Umfang zu pruumlfen Bei der Pruumlfung sind nicht praumlsente Beweismittel ausgeschlossen (vgl BFH-Beschluumlsse vom 2371968 II B 1768 BStBl II S 589 und vom 1951987 VIII B 10485 BStBl 1988 II S 5) Die Sachentscheidungsvoraussetzungen fuumlr die Vollziehungsaussetzung (zB Anhaumlngigkeit eines foumlrmlichen Rechtsbehelfs Zustaumlndigkeit) sind eingehend und nicht nur summarisch zu pruumlfen (vgl BFH-Beschluss vom 2141971 VII B 10669 BStBl II S 702)

4 Berechnung der auszusetzenden Steuer

Die Houmlhe der auszusetzenden Steuer ist in jedem Fall zu berechnen eine pauschale Bestimmung (zB ausgesetzte Steuer = Abschlusszahlung) ist nicht vorzunehmen

Bei Steuerbescheiden sind die Aussetzung und die Aufhebung der Vollziehung auf die festgesetzte Steuer vermindert um die anzurechnenden Steuerabzugsbetraumlge um die anzurechnende Koumlrperschaftsteuer und um die festgesetzten Vorauszahlungen beschraumlnkt dies gilt nicht wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile noumltig erscheint (sect 361 Abs 2 Satz 4 AO sect 69 Abs 2 Satz 8 und Abs 3 Satz 4 FGO) Diese Regelung ist verfassungsgemaumlszlig (BFH-Beschluumlsse vom 2111999 I B 4999 BStBl 2000 II S 57 und vom 2412000 X B 9999 BStBl II S 559) Zum Begriff bdquowesentliche Nachteileldquo vgl AEAO zu sect 361 Nr 461

Vorauszahlungen sind auch dann bdquofestgesetztldquo iSd sect 361 Abs 2 Satz 4 AO sect 69 Abs 2 Satz 8 FGO wenn der Vorauszahlungsbescheid in der Vollziehung ausgesetzt war (BFH-Beschluss vom 2412000 X B 9999 BStBl II S 559 vgl AEAO zu sect 361 Nrn 42 44 und 822)

Steuerabzugsbetraumlge sind bei der Ermittlung der auszusetzenden Steuer auch dann zu beruumlcksichtigen wenn sie erst im Rechtsbehelfsverfahren geltend gemacht werden und die Abrechnung des angefochtenen Steuerbescheids zu korrigieren ist

Wird ein Steuerbescheid zum Nachteil des Steuerpflichtigen geaumlndert oder gem sect 129 AO berichtigt kann hinsichtlich des sich ergebenden Mehrbetrags die Aussetzung der Vollziehung unabhaumlngig von den Beschraumlnkungen des sect 361 Abs 2 Satz 4 AO bzw des sect 69 Abs 2 Satz 8 FGO gewaumlhrt werden

Es sind folgende Faumllle zu unterscheiden (in den Beispielsfaumlllen 41 bis 45 wird jeweils davon ausgegangen dass ein Betrag von 5000 euro streitbefangen ist und in dieser Houmlhe auch ernstliche Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzung bestehen sowie kein Ausnahmefall des Vorliegens wesentlicher Nachteile - vgl AEAO zu sect 361 Nr 461 - gegeben ist)

41 Die streitbefangene Steuer ist kleiner als die Abschlusszahlung

Beispiel 1

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte und entrichtete Vorauszahlungen 8000 euro

Abschlusszahlung 7000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist iHv 5000 euro auszusetzen Der Restbetrag iHv 2000 euro ist am Faumllligkeitstag zu entrichten

Beispiel 2

festgesetzte Umsatzsteuer 0 euro

Summe der festgesetzten Umsatzsteuer-Vorauszahlungen 7000 euro

Abschlusszahlung 7000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist iHv 5000 euro auszusetzen Der Restbetrag iHv

238

2000 euro ist am Faumllligkeitstag zu entrichten

42 Die streitbefangene Steuer ist kleiner als die Abschlusszahlung einschlieszliglich nicht geleisteter Vorauszahlungen

Beispiel 1

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte Vorauszahlungen 8000 euro

entrichtete Vorauszahlungen 5000 euro

ruumlckstaumlndige Vorauszahlungen 3000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 4000 euro

Abschlusszahlung (einschlieszliglich der ruumlckstaumlndigen Vorauszahlungsbetraumlge da nach sect 36 Abs 2 Nr 1 EStG nur die entrichteten Vorauszahlungen anzurechnen sind) 6000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist nur iHv 3000 euro auszusetzen (15000 euro shy festgesetzte Steuer - 8000 euro - festgesetzte Vorauszahlungen - 4000 euro - anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -) Die ruumlckstaumlndigen Vorauszahlungen iHv 3000 euro sind sofort zu entrichten

Beispiel 2

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte Vorauszahlungen 8000 euro

Vollziehungsaussetzung des Vorauszahlungsbescheids iHv 3000 euro

entrichtete Vorauszahlungen 5000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 4000 euro

Abschlusszahlung (einschlieszliglich der in der Vollshyziehung ausgesetzten Vorauszahlungen) 6000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist nur iHv 3000 euro auszusetzen (15000 euro shy festgesetzte Steuer - 8000 euro - festgesetzte Vorauszahlungen - 4000 euro anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -) Die in der Vollziehung ausgesetzten Vorauszahlungen iHv 3000 euro sind innerhalb der von der Finanzbehoumlrde zu setzenden Frist (vgl AEAO zu sect 361 Nr 822) zu entrichten Der Restbetrag der Abschlusszahlung (3000 euro) muss nicht geleistet werden solange die Aussetzung der Vollziehung wirksam ist

43 Die streitbefangene Steuer ist groumlszliger als die Abschlusszahlung

Beispiel

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte und entrichtete Vorauszahlungen 8000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 4000 euro

Abschlusszahlung 3000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist nur iHv 3000 euro auszusetzen (15000 euro - festgesetzte Steuer 8000 euro - festgesetzte Vorauszahlungen - 4000 euro - anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -) Die Abschlusszahlung muss nicht geleistet werden solange die Aussetzung der Vollziehung wirksam ist

44 Die streitbefangene Steuer ist groumlszliger als die Abschlusszahlung einschlieszliglich nicht geleisteter Vorauszahlungen

239

Beispiel 1

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte Vorauszahlungen 8000 euro

entrichtete Vorauszahlungen 5000 euro

ruumlckstaumlndige Vorauszahlungen 3000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 6000 euro

Abschlusszahlung (einschlieszliglich der ruumlckstaumlndigen Vorauszahlungen) 4000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist nur iHv 1000 euro auszusetzen (15000 euro - festgesetzte Steuer - 8000 euro- festgesetzte Vorauszahlungen- 6000 euro - anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -) Die ruumlckstaumlndigen Vorauszahlungen iHv 3000 euro sind sofort zu entrichten

Beispiel 2

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte Vorauszahlungen 8000 euro

Vollziehungsaussetzung des Vorauszahlungsbescheids iHv 3000 euro

entrichtete Vorauszahlungen 5000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 6000 euro

Abschlusszahlung (einschlieszliglich der in der Vollziehung ausgesetzten Vorauszahlungen) 4000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Die Vollziehung ist nur iHv 1000 euro auszusetzen (15000 euro - festgesetzte Steuer - 8000 euro - festgesetzte Vorauszahlungen - 6000 euro - anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -) Die in der Vollziehung ausgesetzten Vorauszahlungen iHv 3000 euro sind innerhalb der von der Finanzbehoumlrde zu setzenden Frist (vgl AEAO zu sect 361 Nr 822) zu entrichten Der Restbetrag der Abschlusszahlung (1000 euro) muss nicht geleistet werden solange die Aussetzung der Vollziehung wirksam ist

45 Die Steuerfestsetzung fuumlhrt zu einer Erstattung

Beispiel 1

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte und entrichtete Vorauszahlungen 12000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 5000 euro

Erstattungsbetrag 2000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Eine Aussetzung der Vollziehung ist nicht moumlglich (15000 euro - festgesetzte Steuer - 12000 euro - festgesetzte Vorauszahlungen 5000 euro - anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -)

Beispiel 2

Nach einem Erstbescheid gem Beispiel 1 ergeht ein Aumlnderungsbescheid

festgesetzte Steuer nunmehr 16000 euro

festgesetzte und entrichtete Vorauszahlungen 12000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 5000 euro

neuer Erstattungsbetrag 1000 euro

Ruumlckforderung der nach dem Erstbescheid 1000 euro

240

geleisteten Erstattung (Leistungsgebot) iHv

streitbefangene Steuer 5000 euro

Der Aumlnderungsbescheid kann iHv 1000 euro in der Vollziehung ausgesetzt werden

Beispiel 3

Nach einem Erstbescheid gem Beispiel 1 ergeht ein Aumlnderungsbescheid

festgesetzte Steuer nunmehr 18000 euro

festgesetzte und entrichtete Vorauszahlungen 12000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 5000 euro

Abschlusszahlung neu 1000 euro

Leistungsgebot uumlber (Abschlusszahlung - 1000 euro - zuzuumlglich der nach dem Erstbescheid geleisteten Erstattung - 2000 euro -) 3000 euro

streitbefangene Steuer 5000 euro

Der Aumlnderungsbescheid kann iHv 3000 euro in der Vollziehung ausgesetzt werden

46 Sonderfaumllle

461 Die Beschraumlnkung der Aussetzung bzw Aufhebung der Vollziehung von Steuerbescheiden auf den Unterschiedsbetrag zwischen festgesetzter Steuer und Vorleistungen (festgesetzte Vorauszahlungen anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge anzurechnende Koumlrperschaftsteuer) gilt nicht wenn die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung zur Abwendung wesentlicher Nachteile noumltig erscheint (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz)

Fuumlr die Beurteilung wann bdquowesentliche Nachteileldquo vorliegen sind die von der BFH-Rechtsprechung zur einstweiligen Anordnung nach sect 114 FGO entwickelten Grundsaumltze heranzuziehen (BFH-Beschluss vom 22122003 IX B 17702 BStBl 2004 II S 367) bdquoWesentliche Nachteileldquo liegen demnach vor wenn durch die Versagung der Vollziehungsaussetzung bzw Vollziehungsaufhebung unmittelbar und ausschlieszliglich die wirtschaftliche oder persoumlnliche Existenz des Steuerpflichtigen bedroht sein wuumlrde (BFH-Beschluss vom 22122003 IX B 17702 aaO)

Keine bdquowesentlichen Nachteileldquo sind - fuumlr sich allein gesehen - allgemeine Folgen die mit der Steuerzahlung verbunden sind beispielsweise

- ein Zinsverlust (BFH-Beschluss vom 2771994 I B 24693 BStBl II S 899)

- eine zur Bezahlung der Steuern notwendige Kreditaufnahme (BFH-Beschluumlsse vom 1241984 VIII B 11582 BStBl II S 492 und vom 2111999 I B 4999 BStBl 2000 II S 57)

- ein Zuruumlckstellen betrieblicher Investitionen oder eine Einschraumlnkung des gewohnten Lebensstandards (BFH-Beschluss vom 1241984 VIII B 11582 BStBl II S 492)

bdquoWesentliche Nachteileldquo liegen auch vor wenn der BFH oder ein Finanzgericht von der Verfassungswidrigkeit einer streitentscheidenden Vorschrift uumlberzeugt ist und deshalb diese Norm gem Art 100 Abs 1 GG dem BVerfG zur Pruumlfung vorgelegt hat (BFH-Beschluss vom 22122003 IX B 17702 BStBl 2004 II S 367)

Wurde ein Grundlagenbescheid angefochten sind erst bei der Vollziehungsaussetzung des Folgebescheids die Regelungen des sect 361 Abs 2 Satz 4 AO bzw des sect 69 Abs 2 Satz 8 und Abs 3 Satz 4 FGO zu beachten (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz Nr 51 letzter Absatz und Nr 6 letzter Absatz) Folglich ist auch erst in diesem Verfahren zu pruumlfen ob bdquowesentliche Nachteileldquo vorliegen

462 In Faumlllen in denen die Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids auszusetzen ist bei Erfolg des Rechtsbehelfs aber andere Steuerbescheide zuungunsten des Rechtsbehelfsfuumlhrers zu aumlndern sind kann die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheids nicht auf den Unterschiedsbetrag der steuerlichen Auswirkungen begrenzt werden (BFH-Urteil vom 10111994 IV R 4494 BStBl 1995 II S 814)

47 Auszligersteuerliche Verwaltungsakte

Die vorstehenden Ausfuumlhrungen gelten sinngemaumlszlig fuumlr auszligersteuerliche Verwaltungsakte auf die die Vorschriften des sect 361 AO und des sect 69 FGO entsprechend anzuwenden sind (zB Bescheide fuumlr Investitionszulagen Wohnungsbaupraumlmien Arbeitnehmer-Sparzulagen) Die Vollziehung eines

241

Bescheids der beispielsweise eine Investitionszulage nach Auffassung des Antragstellers zu niedrig festsetzt kann daher nicht ausgesetzt werden Ein Bescheid der eine gewaumlhrte Investitionszulage zuruumlckfordert ist dagegen ein vollziehbarer und aussetzungsfaumlhiger Verwaltungsakt

5 Aussetzung der Vollziehung von Grundlagenbescheiden

51 Auch die Vollziehung von Grundlagenbescheiden (insbesondere Feststellungs- und Steuermessbescheiden) kann unter den allgemeinen Voraussetzungen - Anhaumlngigkeit eines Rechtsbehelfs (vgl AEAO zu sect 361 Nr 22) vollziehbarer Verwaltungsakt (vgl AEAO zu sect 361 Nr 23) ernstliche Zweifel (vgl AEAO zu sect 361 Nr 25) oder unbillige Haumlrte (vgl AEAO zu sect 361 Nr 26) -ausgesetzt werden

Eine Aussetzung der Vollziehung ist daher insbesondere moumlglich bei

- Bescheiden uumlber die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen nach sect 180 Abs 1 Nr 2 AO

- Feststellungsbescheiden nach der V zu sect 180 Abs 2 AO

- Feststellungsbescheiden nach sectsect 27 28 und 38 KStG

- Gewerbesteuermessbescheiden

- Grundsteuermessbescheiden

- Einheitswertbescheiden (sect 180 Abs 1 Nr 1 AO iVm sect 19 BewG)

- Bescheiden uumlber die Feststellung von Grundbesitzwerten (sect 151 BewG)

- Feststellungsbescheiden nach sect 17 Abs 2 und 3 GrEStG

Nach der Rechtsprechung des BFH kommt eine Vollziehungsaussetzung auch in Betracht bei

- Verlustfeststellungsbescheiden soweit die Feststellung eines houmlheren Verlustes begehrt wird (BFH-Beschluumlsse vom 1071979 VIII B 8478 BStBl II S 567 und vom 25101979 IV B 6879 BStBl 1980 II S 66)

- Feststellungsbescheiden die Anteile einzelner Gesellschafter auf 0 euro feststellen und angefochten werden weil diese Gesellschafter den Ansatz von Verlustanteilen begehren (BFH-Beschluss vom 22101980 I S 180 BStBl 1981 II S 99)

- Feststellungsbescheiden die eine Mitunternehmerschaft einzelner Beteiligter verneinen (BFH-Beschluss vom 1071980 IV B 7779 BStBl II S 697)

- negativen Gewinn-Verlustfeststellungsbescheiden dh Bescheiden die den Erlass eines Gewinn(Verlust-)feststellungsbescheids ablehnen (Beschluss des Groszligen Senats des BFH vom 1441987 GrS 285 BStBl II S 637)

- Bescheiden nach sect 15a Abs 4 EStG uumlber die Feststellung eines verrechenbaren Verlustes (BFH-Beschluss vom 231988 IV B 9587 BStBl II S 617)

Soweit in einem Grundlagenbescheid Feststellungen enthalten sind die Gegenstand eines anderen Feststellungsverfahrens waren ist die Vollziehung des Grundlagenbescheids nach sect 361 Abs 3 Satz 1 AO bzw sect 69 Abs 2 Satz 4 FGO auszusetzen (vgl AEAO zu sect 361 Nr 6)

Die Beschraumlnkungen des sect 361 Abs 2 Satz 4 AO bzw des sect 69 Abs 2 Satz 8 und Abs 3 Satz 4 FGO (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz) sind erst bei der Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids zu beachten (vgl AEAO zu sect 361 Nr 6 letzter Absatz)

52 Die Aussetzung der Vollziehung eines Feststellungsbescheids kann auf Gewinnanteile einzelner Gesellschafter beschraumlnkt werden auch wenn der Rechtsstreit die Gewinnanteile aller Gesellschafter beruumlhrt (BFH-Beschluss vom 7111968 IV B 4768 BStBl 1969 II S 85) Wird vorlaumlufiger Rechtsschutz nicht von der Gesellschaft sondern nur von einzelnen Gesellschaftern beantragt sind nur diese am Verfahren der Aussetzung der Vollziehung beteiligt eine Hinzuziehung der uumlbrigen Gesellschafter zum Verfahren ist nicht notwendig (BFH-Beschluumlsse vom 22101980 I S 180 BStBl 1981 II S 99 und vom 551981 VIII B 2680 BStBl II S 574)

53 Im Verwaltungsakt uumlber die Aussetzung der Vollziehung eines Feststellungsbescheids muumlssen im Falle der gesonderten und einheitlichen Feststellung die ausgesetzten Besteuerungsgrundlagen auf die einzelnen Beteiligten aufgeteilt werden Auszligerdem sollte ggf darauf hingewiesen werden dass eine Erstattung von geleisteten Vorauszahlungen Steuerabzugsbetraumlgen und anzurechnender Koumlrperschaftsteuer im Rahmen der Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids grundsaumltzlich nicht erfolgt (AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz und Nr 6 letzter Absatz) Die Vollziehung eines negativen Feststellungsbescheids (vgl AEAO zu sect 361 Nr 51 vorletzter Beispielsfall) ist mit der Maszliggabe auszusetzen dass bis zur bestandskraumlftigenrechtskraumlftigen Entscheidung im Hauptverfahren von einem Verlust von x euro auszugehen sei der sich auf die Beteiligten wie folgt verteilehellip (Beschluss des Groszligen Senats des BFH vom 1441987 GrS 285 BStBl II S 637)

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54 Unterrichtungspflicht

541 Ist die Aussetzung der Vollziehung eines Grundlagenbescheids beantragt worden kann uumlber den Antrag aber nicht kurzfristig entschieden werden sollen die fuumlr die Erteilung der Folgebescheide zustaumlndigen Finanzaumlmter ggf Gemeinden unterrichtet werden

Wegen der Unterrichtung der Gemeinden uumlber anhaumlngige Einspruchsverfahren gegen Realsteuermessbescheide vgl AEAO zu sect 184

542 Die Wohnsitzfinanzaumlmter der Beteiligten sind von der Aussetzung der Vollziehung eines Feststellungsbescheids zu unterrichten In diese Mitteilungen ist ggf der Hinweis uumlber die grundsaumltzliche Nichterstattung von Steuerbetraumlgen (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz Nr 51 letzter Absatz und Nr 6 letzter Absatz) aufzunehmen Entsprechendes gilt fuumlr den Beginn und das Ende der Aussetzung der Vollziehung (vgl AEAO zu sect 361 Nr 813 und 821)

543 Wird die Vollziehung eines Realsteuermessbescheids ausgesetzt ist die Gemeinde hieruumlber zu unterrichten

6 Aussetzung der Vollziehung von Folgebescheiden

Nach der Aussetzung der Vollziehung eines Grundlagenbescheids ist die Vollziehung der darauf beruhenden Folgebescheide von Amts wegen auszusetzen und zwar auch dann wenn die Folgebescheide nicht angefochten wurden (sect 361 Abs 3 Satz 1 AO sect 69 Abs 2 Satz 4 FGO) Entsprechendes gilt wenn bei Rechtsbehelfen gegen auszligersteuerliche Grundlagenbescheide die aufschiebende Wirkung eintritt angeordnet oder wiederhergestellt oder die Vollziehung ausgesetzt wird

Ist der Folgebescheid vor Erlass des Grundlagenbescheids ergangen und beruumlcksichtigt er nach Auffassung des Steuerpflichtigen die noch gesondert festzustellenden Besteuerungsgrundlagen nicht oder - bei einer Schaumltzung nach sect 162 Abs 5 AO - in unzutreffender Houmlhe kann unter den allgemeinen Voraussetzungen die Vollziehung ausgesetzt werden Dies gilt entsprechend wenn Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Bekanntgabe eines ergangenen Grundlagenbescheids erhoben werden (BFH-Beschluss vom 2531986 III B 685 BStBl II S 477 und BFH-Urteil vom 1541988 III R 2685 BStBl II S 660)

Ein Antrag auf Vollziehungsaussetzung eines Einkommensteuerbescheids der mit Zweifeln an der Rechtmaumlszligigkeit der Entscheidungen in einem wirksam ergangenen positiven oder negativen Gewinnfeststellungsbescheid begruumlndet wird ist mangels Rechtsschutzbeduumlrfnisses unzulaumlssig (BFH-Urteil vom 29101987 VIII R 41383 BStBl 1988 II S 240) Zulaumlssig ist dagegen ein Antrag auf Vollziehungsaussetzung eines Folgebescheids der mit ernstlichen Zweifeln an der wirksamen Bekanntgabe eines Grundlagenbescheids begruumlndet wird (BFH-Beschluss vom 1541988 III R 2685 BStBl II S 660)

Bei der Aussetzung der Vollziehung des Folgebescheids sind ggf die Beschraumlnkungen des sect 361 Abs 2 Satz 4 AO bzw des sect 69 Abs 2 Satz 8 und Abs 3 Satz 4 FGO (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz) zu beachten Erst in diesem Verfahren ist ggf auch zu pruumlfen ob bdquowesentliche Nachteileldquo (vgl AEAO zu sect 361 Nr 461) vorliegen

7 Aufhebung der Vollziehung durch das Finanzamt

71 Die Finanzbehoumlrden sind befugt im Rahmen eines Verfahrens nach sect 361 AO oder nach sect 69 Abs 2 FGO auch die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen (sect 361 Abs 2 Satz 3 AO sect 69 Abs 2 Satz 7 FGO) Die Ausfuumlhrungen in den Nrn 21 bis 46 gelten entsprechend

72 Die Aufhebung der Vollziehung bewirkt die Ruumlckgaumlngigmachung bereits durchgefuumlhrter Vollziehungsmaszlignahmen Dies gilt auch soweit eine Steuer bdquofreiwilligldquo dh abgesehen vom Leistungsgebot ohne besondere Einwirkungen des Finanzamts (wie Mahnung Postnachnahme Beitreibungsmaszlignahmen) entrichtet worden ist (BFH-Beschluss vom 2271977 III B 3474 BStBl II S 838) Durch die Aufhebung der Vollziehung erhaumllt der Rechtsbehelfsfuumlhrer einen Erstattungsanspruch (sect 37 Abs 2 AO) in Houmlhe des Aufhebungsbetrags da der rechtliche Grund fuumlr die Zahlung nachtraumlglich weggefallen ist Durch Aufhebung der Vollziehung kann aber grundsaumltzlich nicht die Erstattung von geleisteten Vorauszahlungsbetraumlgen Steuerabzugsbetraumlgen oder anrechenbarer Koumlrperschaftsteuer erreicht werden (vgl AEAO zu sect 361 Nr 4 zweiter Absatz)

Beispiel

festgesetzte Steuer 15000 euro

festgesetzte und entrichtete Vorauszahlungen 5000 euro

anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge 7000 euro

entrichtete Abschlusszahlung 3000 euro

An der Rechtmaumlszligigkeit der Steuerfestsetzung bestehen iHv 5000 euro ernstliche Zweifel der Sonderfall des Vorliegens bdquowesentlicher Nachteileldquo ist nicht gegeben Nach Aufhebung der Vollziehung ist ein

243

Betrag iHv 3000 euro zu erstatten (15000 euro - festgesetzte Steuer - 5000 euro - festgesetzte Vorauszahlungen 7000 euro - anzurechnende Steuerabzugsbetraumlge -)

73 Wird die Vollziehung einer Steueranmeldung aufgehoben duumlrfen die entrichteten Steuerbetraumlge nur an den Anmeldenden erstattet werden Dies gilt auch wenn - wie zB in den Faumlllen des Lohnsteuerabzugs nach sect 38 EStG oder des Steuerabzugs nach sect 50a Abs 4 EStG - der Anmeldende lediglich Entrichtungspflichtiger nicht aber Steuerschuldner ist (BFH-Beschluss vom 1381997 I B 3097 BStBl II S 700)

74 Bei der Aufhebung der Vollziehung ist zu bestimmen ob die Aufhebung ruumlckwirken soll oder nicht Fuumlr die Beurteilung dieser Frage ist maszliggeblich ab welchem Zeitpunkt ernstliche Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des Verwaltungsakts erkennbar vorlagen (BFH-Beschluss vom 10121986 I B 12186 BStBl 1987 II S 389 vgl AEAO zu sect 361 Nr 811) Durch ruumlckwirkende Aufhebung der Vollziehung entfallen bereits entstandene Saumlumniszuschlaumlge (BFH-Beschluss vom 10121986 I B 12186 aaO) Vollstreckungsmaszlignahmen bleiben bestehen soweit nicht ihre Aufhebung ausdruumlcklich angeordnet (sect 257 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 Satz 3 AO) oder die Ruumlckwirkung der Aufhebung der Vollziehung verfuumlgt worden ist

8 Dauer der AussetzungAufhebung der Vollziehung

81 Beginn der AussetzungAufhebung der Vollziehung

811 Wird der Antrag auf AussetzungAufhebung der Vollziehung vor Faumllligkeit der strittigen Steuerforderung bei der Finanzbehoumlrde eingereicht und begruumlndet ist die Aussetzung Aufhebung der Vollziehung im Regelfall ab Faumllligkeitstag der strittigen Steuerbetraumlge auszusprechen vgl AEAO zu sect 361 Nr 74 Ein spaumlterer Zeitpunkt kommt in Betracht wenn der Steuerpflichtige - zB in Schaumltzungsfaumlllen - die Begruumlndung des Rechtsbehelfs oder des Aussetzungsantrags unangemessen hinausgezoumlgert hat und die Finanzbehoumlrde deshalb vorher keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts zu haben brauchte (vgl BFH-Beschluss vom 10121986 I B 12186 BStBl 1987 II S 389)

812 Wird die AussetzungAufhebung der Vollziehung nach Faumllligkeit der strittigen Steuerforderung beantragt und begruumlndet gilt Nr 811 Satz 2 entsprechend

813 Bei der AussetzungAufhebung der Vollziehung von Grundlagenbescheiden (vgl AEAO zu sect 361 Nr 5) ist als Beginn der AussetzungAufhebung der Vollziehung der Tag der Bekanntgabe des Grundlagenbescheids zu bestimmen wenn der Rechtsbehelf oder der Antrag auf AussetzungAufhebung der Vollziehung vor Ablauf der Einspruchsfrist begruumlndet wurde Bei spaumlter eingehender Begruumlndung gilt Nr 811 Satz 2 des AEAO zu sect 361 entsprechend

814 Trifft die Finanzbehoumlrde keine Aussage uumlber den Beginn der AussetzungAufhebung der Vollziehung wirkt die AussetzungAufhebung der Vollziehung ab Bekanntgabe der AussetzungsverfuumlgungAufhebungsverfuumlgung (sect 124 Abs 1 Satz 1 AO)

815 Der Beginn der AussetzungAufhebung der Vollziehung eines Folgebescheids (vgl AEAO zu sect 361 Nr 6 und 813) richtet sich nach dem Beginn der AussetzungAufhebung der Vollziehung des Grundlagenbescheids (vgl BFH-Beschluss vom 10121986 I B 12186 BStBl 1987 II S 389)

82 Ende der AussetzungAufhebung der Vollziehung

821 Die AussetzungAufhebung der Vollziehung ist grundsaumltzlich nur fuumlr eine Rechtsbehelfsstufe zu bewilligen (BFH-Beschluss vom 311978 VII S 1377 BStBl II S 157) Das Ende der AussetzungAufhebung der Vollziehung ist in der Verfuumlgung zu bestimmen Soweit nicht eine datumsmaumlszligige Befristung angebracht ist sollte das Ende bei Entscheidungen uumlber die AussetzungAufhebung der Vollziehung waumlhrend des auszligergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens auf einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung bzw nach Verkuumlndung oder Zustellung des Urteils oder einen Monat nach dem Eingang einer Erklaumlrung uumlber die Ruumlcknahme des Rechtsbehelfs festgelegt werden Einer Aufhebung der AussetzungsshyAufhebungsverfuumlgung bedarf es in einem solchen Fall nicht Die AussetzungAufhebung der Vollziehung eines Folgebescheids ist bis zur Beendigung der AussetzungAufhebung der Vollziehung des Grundlagenbescheids und fuumlr den Fall dass der Rechtsbehelf gegen den Grundlagenbescheid zu einer Aumlnderung des Folgebescheids fuumlhrt bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe des geaumlnderten Folgebescheids zu befristen

822 Wird der in der Vollziehung ausgesetzte Verwaltungsakt geaumlndert oder ersetzt erledigt sich die bisher gewaumlhrte AussetzungAufhebung der Vollziehung ohne dass es einer Aufhebung der Vollziehungsaussetzungs(aufhebungs)verfuumlgung bedarf Fuumlr eine eventuelle Nachzahlung der bisher in der Vollziehung ausgesetzten Betraumlge kann dem Steuerpflichtigen idR eine einmonatige Zahlungsfrist eingeraumlumt werden

In den Faumlllen des sect 365 Abs 3 AO bzw des sect 68 FGO ist auf der Grundlage des neuen Verwaltungsakts erneut uumlber die Aussetzung bzw Aufhebung der Vollziehung zu entscheiden Dies gilt auch wenn ein in

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der Vollziehung ausgesetzter Vorauszahlungsbescheid durch die Jahressteuerfestsetzung ersetzt wird (vgl AEAO zu sect 365 Nr 2)

9 Nebenbestimmungen zur AussetzungAufhebung der Vollziehung

91 Widerrufsvorbehalt

Der Verwaltungsakt uumlber die AussetzungAufhebung der Vollziehung ist grundsaumltzlich mit dem Vorbehalt des Widerrufs zu versehen

92 Sicherheitsleistung

921 Die Finanzbehoumlrde kann die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhaumlngig machen (sect 361 Abs 2 Satz 5 AO sect 69 Abs 2 Satz 3 FGO) Die Entscheidung hieruumlber ist nach pflichtgemaumlszligem Ermessen zu treffen

922 Die Anordnung der Sicherheitsleistung muss vom Grundsatz der Verhaumlltnismaumlszligigkeit bestimmt sein (BVerfG-Beschluss vom 24101975 1 BvR 26675 StRK FGO sect 69 R 171) Sie ist geboten wenn die wirtschaftliche Lage des Steuerpflichtigen die Steuerforderung als gefaumlhrdet erscheinen laumlsst (BFH-Beschluumlsse vom 831967 VI B 5066 BStBl III S 294 und vom 2261967 I B 767 BStBl III S 512) Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist zB gerechtfertigt wenn der Steuerbescheid nach erfolglosem Rechtsbehelf im Ausland vollstreckt werden muumlsste (BFH-Urteil vom 2781970 V R 10267 BStBl 1971 II S 1) Dies gilt auch wenn in einem Mitgliedstaat der EU zu vollstrecken waumlre es sei denn mit diesem Staat besteht ein Abkommen welches eine Vollstreckung unter gleichen Bedingungen wie im Inland gewaumlhrleistet (BFH-Beschluss vom 321977 V B 676 BStBl II S 351 zur zwischenstaatlichen Vollstreckungshilfe siehe BMF-Merkblatt vom 2922012 BStBl I S 244) Eine Sicherheitsleistung ist unzumutbar wenn die Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des Verwaltungsakts so bedeutsam sind dass mit groszliger Wahrscheinlichkeit seine Aufhebung zu erwarten ist (BFH-Beschluss vom 22121969 V B 11569 BStBl 1970 II S 127)

923 Kann ein Steuerpflichtiger trotz zumutbarer Anstrengung eine Sicherheit nicht leisten darf eine Sicherheitsleistung bei AussetzungAufhebung der Vollziehung wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmaumlszligigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts nicht verlangt werden AussetzungAufhebung der Vollziehung wegen unbilliger Haumlrte darf jedoch bei Gefaumlhrdung des Steueranspruchs nur gegen Sicherheitsleistung bewilligt werden (BFH-Beschluss vom 941968 I B 7367 BStBl II S 456)

924 Zur Sicherheitsleistung bei der Aussetzung der Vollziehung von Grundlagenbescheiden s sect 361 Abs 3 Satz 3 AO und sect 69 Abs 2 Satz 6 FGO Hiernach entscheiden uumlber die Sicherheitsleistung die fuumlr den Erlass der Folgebescheide zustaumlndigen Finanzaumlmter bzw Gemeinden Das fuumlr den Erlass des Grundlagenbescheids zustaumlndige Finanzamt darf jedoch anordnen dass die Aussetzung der Vollziehung von keiner Sicherheitsleistung abhaumlngig zu machen ist Das kann zB der Fall sein wenn der Rechtsbehelf wahrscheinlich erfolgreich sein wird

925 Zu den moumlglichen Arten der Sicherheitsleistung s sect 241 AO

926 Die Anordnung einer Sicherheitsleistung ist eine unselbstaumlndige Nebenbestimmung in Form einer aufschiebenden Bedingung sie kann daher nicht selbstaumlndig sondern nur zusammen mit der Entscheidung uumlber die AussetzungAufhebung der Vollziehung angefochten werden (BFH-Urteil vom 31101973 I R 24972 BStBl 1974 II S 118 und BFH-Beschluss vom 2061979 IV B 2079 BStBl II S 666) Eine AussetzungAufhebung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung wird erst wirksam wenn die Sicherheitsleistung erbracht worden ist In dem Verwaltungsakt uumlber die AussetzungAufhebung der Vollziehung ist deshalb eine Frist fuumlr die Sicherheitsleistung zu setzen Wird die Sicherheit innerhalb der Frist nicht erbracht ist der Steuerpflichtige auf die Rechtsfolgen hinzuweisen und zur Zahlung aufzufordern

10 Ablehnung der Vollziehungsaussetzung

Zur Erhebung von Saumlumniszuschlaumlgen nach Ablehnung eines Antrags auf Vollziehungsaussetzung vgl AEAO zu sect 240 Nr 6 Buchstabe b

Hat das Finanzamt einen Aussetzungsantrag abgelehnt ist idR unter Beachtung der Grundsaumltze des sect 258 AO (siehe Abschn 7 VollstrA) zu vollstrecken auch wenn die Entscheidung des Finanzamts vom Steuerpflichtigen angefochten worden ist Uumlber die Ablehnung des Aussetzungsbegehrens ist die Vollstreckungsstelle zu unterrichten

11 Rechtsbehelfe

Gegen die Entscheidung der Finanzbehoumlrde uumlber die Aussetzung Aufhebung der Vollziehung ist der Einspruch gegeben Das Gericht kann nur nach sect 69 Abs 3 FGO angerufen werden eine Klagemoumlglichkeit ist insoweit nicht gegeben (sect 361 Abs 5 AO sect 69 Abs 7 FGO)

Der Antrag auf AussetzungAufhebung der Vollziehung durch das Gericht ist nur zulaumlssig wenn die Finanzbehoumlrde einen Antrag auf Aussetzung Aufhebung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat Dies gilt nicht wenn die Finanzbehoumlrde uumlber den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder eine Vollstreckung droht (sect 69

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Abs 4 FGO) Eine teilweise Antragsablehnung iSd sect 69 Abs 4 Satz 1 FGO liegt auch vor wenn die Finanzbehoumlrde die AussetzungAufhebung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung abhaumlngig gemacht hat (vgl AEAO zu sect 361 Nr 92) nicht aber wenn eine im Uumlbrigen antragsgemaumlszlige AussetzungAufhebung der Vollziehung unter Widerrufsvorbehalt (vgl AEAO zu sect 361 Nr 91) gewaumlhrt wurde (BFH-Beschluss vom 1252000 VI B 26698 BStBl II S 536)

12 Aussetzungszinsen

Wegen der Erhebung von Aussetzungszinsen siehe sect 237 AO wegen der nur einjaumlhrigen Festsetzungsfrist vgl AEAO zu sect 237 Nr 4 und 8

AEAO zu sect 362 - Ruumlcknahme des Einspruchs

1 Fuumlr die Ruumlcknahme ist zum Schutze des Steuerpflichtigen die Schriftform vorgeschrieben Die Ruumlcknahme fuumlhrt nur zum Verlust des eingelegten Einspruchs nicht der Einspruchsmoumlglichkeit schlechthin Der Einspruch kann innerhalb der Einspruchsfrist erneut erhoben werden

2 Wird die Unwirksamkeit der Ruumlcknahme innerhalb eines Jahres bei der fuumlr die Einlegung des Einspruchs zustaumlndigen Finanzbehoumlrde (sect 362 Abs 1 Satz 2 sect 357 Abs 2 AO) geltend gemacht (sect 362 Abs 2 Satz 2 sect 110 Abs 3 AO) wird das urspruumlngliche Einspruchsverfahren wieder aufgenommen Es ist in der Sache zu entscheiden Erachtet die Behoumlrde die vorgetragenen Gruumlnde fuumlr die Unwirksamkeit der Einspruchsruumlcknahme nicht fuumlr stichhaltig wird der Einspruch als unzulaumlssig verworfen

AEAO zu sect 363 - Aussetzung und Ruhen des Verfahrens

1 Die nach sect 363 Abs 2 Satz 1 AO erforderliche Zustimmung des Einspruchsfuumlhrers zur Verfahrensruhe aus Zweckmaumlszligigkeitsgruumlnden sollte aus Gruumlnden der Klarheit immer schriftlich oder elektronisch erteilt werden

2 Voraussetzung fuumlr eine Verfahrensruhe nach sect 363 Abs 2 Satz 2 AO ist dass der Einspruchsfuumlhrer in der Begruumlndung seines Einspruchs die strittige auch fuumlr seinen Steuerfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage darlegt und sich hierzu konkret auf ein beim EuGH beim BVerfG oder bei einem obersten Bundesgericht anhaumlngiges Verfahren beruft (BFH-Urteile vom 2692006 X R 3905 BStBl 2007 II S 222 und vom 3092010 III R 3908 BStBl 2011 II S 11) Eine nach sect 363 Abs 2 Satz 2 AO eingetretene Verfahrensruhe endet wenn das Gerichtsverfahren auf das sich der Einspruchsfuumlhrer berufen hat abgeschlossen ist Dies gilt auch wenn gegen diese Gerichtsentscheidung Verfassungsbeschwerde erhoben wird und der Einspruchsfuumlhrer sich nicht auf dieses neue Verfahren beruft (BFH-Urteil vom 3092010 III R 3908 aaO) Endet demnach die Verfahrensruhe bedarf es insoweit keiner Fortsetzungsmitteilung nach sect 363 Abs 2 Satz 4 AO und somit grundsaumltzlich auch keiner Ermessensentscheidung (BFH-Urteil vom 2692006 X R 3905 aaO) soweit nicht im Einzelfall eine Verfahrensruhe aus Zweckmaumlszligigkeitsgruumlnden nach sect 363 Abs 2 Satz 1 AO angemessen erscheint

3 Sind die Voraussetzungen fuumlr eine Verfahrensaussetzung oder Verfahrensruhe erfuumlllt kann uumlber den Einspruch insoweit nicht entschieden werden und zwar weder durch eine Einspruchsentscheidung nochdurch den Erlass eines Aumlnderungsbescheids Uumlber Fragen die nicht Anlass der Verfahrensaussetzung oder Verfahrensruhe sind kann dagegen durch Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung (sect 367 Abs 2a AO) oder eines Teilabhilfebescheids entschieden werden Dabei wird idR zur Herbeifuumlhrung der Bestandskraft eine Teil-Einspruchsentscheidung zweckmaumlszligig sein (vgl AEAO zu sect 367 Nr 6) Auch der Erlass von Aumlnderungsbescheiden aus auszligerhalb des Einspruchsverfahrens liegenden Gruumlnden (zBFolgeaumlnderung gem sect 175 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AO) bleibt zulaumlssig Aumlnderungsbescheide werden gem sect 365 Abs 3 AO Gegenstand des anhaumlngigen Verfahrens

4 Eine Fortsetzungsmitteilung gem sect 363 Abs 2 Satz 4 AO kann in saumlmtlichen Faumlllen des sect 363 Abs 2 AO ergehen Uumlber ihren Erlass ist nach pflichtgemaumlszligem Ermessen zu entscheiden die Ermessenserwaumlgungen sind dem Einspruchsfuumlhrer mitzuteilen (BFH-Urteil vom 2692006 X R 3905 BStBl 2007 II S 222) Ein zureichender Grund fuumlr den Erlass einer Fortsetzungsmitteilung liegt insbesondere dann vor wenn ein weiteres gerichtliches Musterverfahren herbeigefuumlhrt werden soll wenn bereits eine Entscheidung des EuGH des BVerfG oder des obersten Bundesgerichts in einem Parallelverfahren ergangen ist oder wenn das Begehren des Einspruchsfuumlhrers letztlich darauf abzielt seinen Steuerfall bdquooffen zu haltenldquo um von kuumlnftigen Aumlnderungen der houmlchstrichterlichen Rechtsprechung zu derzeit nicht strittigen Fragen zu bdquoprofitierenldquo (BFH-Urteil vom 2692006 X R 3905 aaO)

Teilt die Finanzbehoumlrde nach sect 363 Abs 2 Satz 4 AO die Fortsetzung des bisher ruhenden Einspruchsverfahrens mit soll sie vor Erlass einer Einspruchsentscheidung den Beteiligten Gelegenheit geben sich erneut zu aumluszligern

5 Zur Unterbrechung eines Einspruchsverfahrens durch eine Insolvenzeroumlffnung vgl AEAO zu sect 251 Nr 41 zur Aufnahme eines unterbrochenen Einspruchsverfahrens vgl AEAO zu sect 251 Nrn 53122 und 532 zur Erledigung eines Einspruchsverfahrens vgl AEAO zu sect 251 Nr 534

AEAO zu sect 364 - Mitteilung der Besteuerungsunterlagen

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Den Beteiligten sind die Besteuerungsunterlagen mitzuteilen wenn sie dies beantragt haben oder wenn die Einspruchsbegruumlndung dazu Anlass gibt Daruumlber hinaus kann ein Anspruch auf Auskunft und insbesondere auf Akteneinsicht bestehen vgl dazu im Einzelnen das BMF-Schreiben vom 17122008 BStBl 2009 I S 6 Hierbei ist sicherzustellen dass Verhaumlltnisse eines anderen nicht unbefugt offenbart werden Die Ablehnung eines Antrags auf Akteneinsicht ist mit dem Einspruch anfechtbar Fuumlr das finanzgerichtliche Verfahren gilt sect 78 FGO

AEAO zu sect 364a - Eroumlrterung des Sach- und Rechtsstands

1 sect 364a AO soll eine einvernehmliche Erledigung der Einspruchsverfahren foumlrdern und Streitfaumllle von den Finanzgerichten fernhalten Ziel einer muumlndlichen Eroumlrterung kann auch eine bdquotatsaumlchliche Verstaumlndigungldquo (vgl BMF-Schreiben vom 3072008 BStBl I S 831) sein

2 Einem Antrag auf muumlndliche Eroumlrterung soll grundsaumltzlich entsprochen werden Dies gilt nicht wenn bei mehr als 10 Beteiligten kein gemeinsamer Vertreter nach Absatz 2 bestellt wird oder wenn die beantragte Eroumlrterung offensichtlich nur der Verfahrensverschleppung dient

3 Antragsbefugt sind nur Einspruchsfuumlhrer nicht aber hinzugezogene Personen Hinzugezogene koumlnnen aber von Amts wegen zu einer muumlndlichen Eroumlrterung geladen werden (sect 364a Abs 1 Satz 2 und 3 AO)

4 Keine Verpflichtung zur muumlndlichen Eroumlrterung besteht wenn das Finanzamt dem Einspruch abhelfen will oder solange das Einspruchsverfahren nach sect 363 AO ausgesetzt ist oder ruht

5 Die muumlndliche Eroumlrterung kann in geeigneten Faumlllen auch telefonisch durchgefuumlhrt werden Im Hinblick auf die Pflicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses (sect 30 AO) muss sich das Finanzamt dann aber uumlber die Identitaumlt des Gespraumlchspartners vergewissern

AEAO zu sect 364b - Fristsetzung

1 sect 364b AO soll dem Missbrauch des Einspruchsverfahrens zu rechtsbehelfsfremden Zwecken entgegenwirken Von der Moumlglichkeit der Fristsetzung nach sect 364b AO sollte daher insbesondere in Einspruchsverfahren die einen Schaumltzungsbescheid nach Nichtabgabe der Steuererklaumlrung betreffen Gebrauch gemacht werden

2 Eine Fristsetzung nach sect 364b AO kann nur gegenuumlber einem Einspruchsfuumlhrer nicht gegenuumlber einem Hinzugezogenen (sect 360 AO) ergehen Die Frist soll mindestens einen Monat betragen Ein eventueller Nachpruumlfungsvorbehalt (sect 164 AO) ist spaumltestens mit der Fristsetzung aufzuheben

3 Erklaumlrungen und Beweismittel die erst nach Ablauf der vom Finanzamt - insbesondere unter Beachtung des Belehrungsgebots (sect 364b Abs 3 AO) - wirksam gesetzten Frist vorgebracht werden koumlnnen im Einspruchsverfahren allenfalls im Rahmen einer Verboumlserung nach sect 367 Abs 2 Satz 2 AO beruumlcksichtigt werden Auszligerhalb des Einspruchsverfahrens bestehende Korrekturvorschriften (zB sect 173 AO) bleiben zwar unberuumlhrt werden aber idR nicht einschlaumlgig sein

4 Geht ein Antrag auf Fristverlaumlngerung vor Fristablauf beim Finanzamt ein kann die Frist gem sect 109 AO verlaumlngert werden Geht der Antrag nach Ablauf der Frist beim Finanzamt ein kann nur nach sect 110 AO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewaumlhrt werden Uumlber Einwendungen gegen die Fristsetzung ist - soweit nicht abgeholfen wird - im Rahmen der Entscheidung uumlber den Einspruch gegen den Steuerbescheid zu entscheiden

5 Zu den Wirkungen einer nach sect 364b AO gesetzten Ausschlussfrist fuumlr ein nachfolgendes Klageverfahren vgl sect 76 Abs 3 FGO Die Finanzbehoumlrde kann trotz einer rechtmaumlszligigen Fristsetzung in einem nachfolgenden Klageverfahren einen Abhilfebescheid gem sect 172 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Buchstabe a AO erlassen

AEAO zu sect 365 - Anwendung von Verfahrensvorschriften

1 Die Aufklaumlrungspflicht der Einspruchsbehoumlrde wird von der Zumutbarkeit begrenzt (vgl AEAO zu sect 88 Nr 1)

Nach dem BFH-Urteil vom 11121984 VIII R 13176 BStBl 1985 II S 354 koumlnnen im Hinblick auf die Gesetzmaumlszligigkeit und Gleichmaumlszligigkeit der Besteuerung keine Vergleiche uumlber Steueranspruumlche abgeschlossen werden Eine tatsaumlchliche Verstaumlndigung uumlber schwierig zu ermittelnde tatsaumlchliche Umstaumlnde ist aber zulaumlssig und bindend (vgl BMF-Schreiben vom 3072008 BStBl I S 831)

2 Wird waumlhrend des Einspruchsverfahrens der angefochtene Verwaltungsakt geaumlndert oder ersetzt wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Einspruchsverfahrens (sect 365 Abs 3 Satz 1 AO) der Einspruch muss aber zulaumlssig sein (BFH-Urteil vom 1342000 V R 5699 BStBl II S 490) Dies gilt entsprechend wenn ein Verwaltungsakt wegen einer offenbaren Unrichtigkeit gem sect 129 AO berichtigt wird oder wenn ein Verwaltungsakt an die Stelle eines angefochtenen - zB wegen eines Bekanntgabemangels - unwirksamen Verwaltungsakts tritt (sect 365 Abs 3 Satz 2 AO)

Bei einem Teilwiderruf oder einer Teilruumlcknahme bleibt der Verwaltungsakt - wenn auch eingeschraumlnkt - bestehen und der Einspruch damit ebenfalls anhaumlngig (BFH-Urteil vom 2811982 V R 10080 BStBl II S 292)

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Eine Ersetzung iSd sect 365 Abs 3 AO liegt auch vor wenn sich ein mit dem Einspruch angefochtener Vorauszahlungsbescheid mit Wirksamwerden der Jahressteuerfestsetzung erledigt (BFH-Urteil vom 4111999 V R 3598 BStBl 2000 II S 454)

Die Regelungen des sect 365 Abs 3 AO gelten nur fuumlr das Einspruchsverfahren insbesondere bleiben Beitreibungsmaszlignahmen nur auf der Grundlage eines wirksamen Verwaltungsakts zulaumlssig

Wegen des Erlasses eines Aumlnderungsbescheids vor oder nach Ergehen einer Teil-Einspruchsentscheidung vgl AEAO zu sect 367 Nr 65

AEAO zu sect 366 - Form Inhalt und Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung

1 Fuumlr die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung gilt sect 122 AO Wegen der Bekanntgabe an Bevollmaumlchtigte vgl AEAO zu sect 122 Nr 17

2 Eine foumlrmliche Zustellung der Einspruchsentscheidung ist nur erforderlich wenn sie ausdruumlcklich angeordnet wird (sect 122 Abs 5 Satz 1 AO) Sie sollte insbesondere dann angeordnet werden wenn ein eindeutiger Nachweis des Zugangs fuumlr erforderlich gehalten wird Zum Zustellungsverfahren vgl AEAO zu sect 122 Nrn 3 und 45

3 In den Gruumlnden der Einspruchsentscheidung sollen Wiedergabe des Tatbestandes und Darlegung der rechtlichen Erwaumlgungen der entscheidenden Behoumlrde getrennt sein Auf Zulaumlssigkeitsfragen ist nur einzugehen wenn hierzu begruumlndeter Anlass besteht etwa in den Faumlllen der sect 354 Abs 2 sect 362 Abs 2 AO oder bei ernsthaften Zweifeln am Vorliegen einzelner Zulaumlssigkeitsvoraussetzungen Hinweis auf sect 358 AO

Enthaumllt die Einspruchsentscheidung entgegen sect 366 Satz 1 AO keine oder eine unrichtige Rechtsbehelfsbelehrung betraumlgt die Klagefrist nach sect 55 Abs 2 FGO ein Jahr statt eines Monats

AEAO zu sect 367 - Entscheidung uumlber den Einspruch

1 Jeder nach Erlass eines Verwaltungsakts eintretende Zustaumlndigkeitswechsel bewirkt auch eine Zustaumlndigkeitsaumlnderung im Einspruchsverfahren Die Einspruchsvorgaumlnge sind daher mit den uumlbrigen Akten abzugeben Die zunaumlchst zustaumlndige Behoumlrde kann jedoch unter Wahrung der Interessen der Beteiligten aus Zweckmaumlszligigkeitsgruumlnden das Einspruchsverfahren fortfuumlhren wenn das neu zustaumlndige Finanzamt zustimmt Zu den Auswirkungen eines Zustaumlndigkeitswechsels auf das Einspruchsverfahren siehe auch BMF-Schreiben vom 10101995 BStBl I S 664

2 Gem sect 132 AO gelten die Vorschriften uumlber Ruumlcknahme Widerruf Aufhebung und Aumlnderung von Verwaltungsakten auch waumlhrend des Einspruchsverfahrens Das Finanzamt kann daher einen angefochtenen Verwaltungsakt auch waumlhrend des Einspruchsverfahrens nach den Korrekturvorschriften zuruumlcknehmen widerrufen aufheben aumlndern oder ersetzen und zwar auch zum Nachteil des Einspruchsfuumlhrers Unabhaumlngig davon ob die Voraussetzungen der Korrekturvorschriften gegeben sind darf eine Verboumlserung nur erfolgen wenn dem Steuerpflichtigen zuvor Gelegenheit zur Aumluszligerung gegeben worden ist

Nimmt der Steuerpflichtige seinen Einspruch zuruumlck ist eine Aumlnderung zum Nachteil des Steuerpflichtigen nur noch moumlglich wenn dies nach den Vorschriften uumlber Aufhebung Aumlnderung Ruumlcknahme oder Widerruf von Verwaltungsakten zulaumlssig ist

3 Zu den Auswirkungen einer Teilabhilfe auf das Einspruchsverfahren vgl AEAO zu sect 365 Nr 2

Stellt ein Steuerpflichtiger nach Einspruchseinlegung einen Antrag bezuumlglich eines bisher nicht geltend gemachten Streitpunkts ist dieser Antrag als Erweiterung des Einspruchsantrags verbunden mit der Anregung dem Einspruch insoweit durch Erlass eines Teilabhilfebescheids stattzugeben auszulegen Ist der Antrag begruumlndet kann waumlhrend des Einspruchsverfahrens ein geaumlnderter Verwaltungsakt erlassen werden Dieser wird dann gem sect 365 Abs 3 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens Ist der Antrag unbegruumlndet ist uumlber ihn in der Einspruchsentscheidung zu befinden die Ablehnung durch gesonderten Verwaltungsakt ist waumlhrend eines anhaumlngigen Einspruchsverfahrens nicht zulaumlssig

4 Zur Moumlglichkeit der Aumlnderung eines im Einspruchsverfahren bestaumltigten oder geaumlnderten Verwaltungsakts vgl AEAO zu sect 172 Nrn 3 und 4

5 Es ist zulaumlssig den Vorbehalt der Nachpruumlfung (sect 164 AO) auch in der Entscheidung uumlber den Einspruch aufrechtzuerhalten (BFH-Urteil vom 1261980 IV R 2379 BStBl II S 527) In diesen Faumlllen braucht die Angelegenheit nicht umfassender gepruumlft zu werden als in dem Verfahren das dem Erlass der angefochtenen Vorbehaltsfestsetzung vorangegangen ist

Der Vorbehalt der Nachpruumlfung ist jedoch aufzuheben wenn im Einspruchsverfahren eine abschlieszligende Pruumlfung iSd sect 164 Abs 1 AO durchgefuumlhrt wird Die Aufhebung des Vorbehalts bedarf regelmaumlszligig keiner besonderen Begruumlndung Insbesondere kann insoweit auch ein Hinweis nach sect 367 Abs 2 Satz 2 AO unterbleiben (BFH-Urteil vom 1071996 I R 596 BStBl 1997 II S 5)

Es ist auch statthaft nach Hinweis auf die Verboumlserungsmoumlglichkeit einen Verwaltungsakt erstmalig in der Einspruchsentscheidung mit einer Nebenbestimmung zu versehen (BFH-Urteil vom 1261980 IV R

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2379 aaO) Ist ein Bescheid der auf einer Schaumltzung beruht ohne Nachpruumlfungsvorbehalt ergangen und wird nach Klageerhebung die Steuererklaumlrung eingereicht kann der daraufhin ergehende Aumlnderungsbescheid nur mit Zustimmung des Steuerpflichtigen unter Nachpruumlfungsvorbehalt gestellt werden (BFH-Urteil vom 30101980 IV R 168-17079 BStBl 1981 II S 150)

6 Teil-Einspruchsentscheidung

61 Der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung (sect 367 Abs 2a AO) steht im Ermessen der Finanzbehoumlrde muss aber sachdienlich sein Dies ist der Fall wenn ein Teil des Einspruchs entscheidungsreif ist waumlhrend uumlber einen anderen Teil des Einspruchs zunaumlchst nicht entschieden werden kann weil zB insoweit die Voraussetzungen fuumlr eine Verfahrensruhe nach sect 363 Abs 2 Satz 2 AO vorliegen oder hinsichtlich des nicht entscheidungsreifen Teils des Einspruchs noch Ermittlungen zur Sach- oder Rechtslage erforderlich sind Zu unbenannten Streitpunkten besteht grundsaumltzlich Entscheidungsreife es sei denn die umfassende Pruumlfung des Steuerfalls (sect 367 Abs 2 Satz 1 AO) ergibt Aufklaumlrungsbedarf (BFH-Urteil vom 1432012 X R 5009 BStBl II S 536)

Eine Teil-Einspruchsentscheidung wird somit insbesondere dann sachdienlich sein wenn

- der Einspruchsfuumlhrer strittige Rechtsfragen aufwirft die Gegenstand eines beim EuGH beim BVerfG oder bei einem obersten Bundesgericht anhaumlngigen Verfahrens sind

- der Einspruchsfuumlhrer sich auf dieses Verfahren beruft

- der Erlass einer Fortsetzungsmitteilung gem sect 363 Abs 2 Satz 4 AO (vgl AEAO zu sect 363 Nr 4) nicht in Betracht kommt und

- der Einspruch im Uumlbrigen entscheidungsreif ist

62 Eine Teil-Einspruchsentscheidung ist auch dann sachdienlich wenn sie dem Interesse der Finanzverwaltung an einer zeitnahen Entscheidung uumlber den entscheidungsreifen Teil eines Einspruchs dient der ersichtlich nur zu dem Zweck eingelegt wurde die Steuerfestsetzung nicht bestandskraumlftig werden zu lassen (BFH-Urteile vom 3092010 III R 3908 BStBl 2011 II S 11 und vom 1432012 X R 5009 BStBl II S 536) Um neuen Masseneinspruumlchen entgegenzuwirken soll in Faumlllen in denen mit dem Einspruch ausschlieszliglich das Ziel verfolgt wird im Hinblick auf anhaumlngige Gerichtsverfahren mit Breitenwirkung den angefochtenen Verwaltungsakt nicht bestandskraumlftig werden zu lassen moumlglichst zeitnah eine Teil-Einspruchsentscheidung erlassen werden wenn und soweit der Einspruch nicht durch die Beifuumlgung eines Vorlaumlufigkeitsvermerks gem sect 165 Abs 1 Satz 2 Nr 3 oder 4 AO erledigt werden kann

63 Es besteht keine uumlber sect 367 Abs 2 Satz 2 AO (bdquoVerboumlserungshinweisldquo) hinausgehende Verpflichtung dem Einspruchsfuumlhrer vor Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung rechtliches Gehoumlr zu gewaumlhren damit dieser pruumlfen kann ob er noch Einwendungen vortraumlgt Die Finanzbehoumlrde ist auch nicht verpflichtet dem Einspruchsfuumlhrer vor Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung eine Frist nach sect 364b Abs 1 Nr 1 AO zu setzen (BFH-Urteil vom 1432012 X R 5009 BStBl II S 536)

64 In der Teil-Einspruchsentscheidung ist genau zu bestimmen hinsichtlich welcher Teile des Verwaltungsakts Bestandskraft nicht eintreten soll um die Reichweite der Teil-Einspruchsentscheidung zu definieren Durch Angabe der betreffenden Besteuerungsgrundlage(n) wird hinreichend bestimmt hinsichtlich welcher Teile Bestandskraft nicht eintreten soll es ist nicht erforderlich und idR auch nicht moumlglich den Teil der Steuer zu beziffern dessen Festsetzung nicht bestandskraumlftig werden soll (BFH-Urteile vom 3092010 III R 3908 BStBl 2011 II S 11 und vom 1432012 X R 5009 BStBl II S 536) Die Bestimmung hinsichtlich welcher Teile des Verwaltungsakts Bestandskraft nicht eintreten soll ist Teil des Tenors der Teil-Einspruchsentscheidung und weder Nebenbestimmung noch Grundlagenbescheid Sie kann daher nur durch Klage gegen die Teil-Einspruchsentscheidung angegriffen werden Soweit anhaumlngige Verfahren vor dem EuGH dem BVerfG oder einem obersten Bundesgericht Anlass fuumlr eine Teil-Einspruchsentscheidung Verfahrensruhe sind (vgl AEAO zu sect 367 Nr 61 zweiter Absatz) sind diese nicht im Tenor sondern in der Begruumlndung der Teil-Einspruchsentscheidung zu benennen

Ist der Erlass einer Teil-Einspruchsentscheidung sachdienlich (vgl AEAO zu sect 367 Nrn 61 und 62) ist das der Finanzbehoumlrde eingeraumlumte Entschlieszligungsermessen in einer Weise vorgepraumlgt dass es keiner uumlber die Darlegung der Sachdienlichkeit hinausgehenden Begruumlndung bedarf warum eine Teil-Einspruchsentscheidung erlassen wird (BFH-Urteile vom 3092010 III R 3908 und vom 1432012 X R 5009 jeweils aaO)

65 Ergeht vor Erlass der Teil-Einspruchsentscheidung ein Aumlnderungsbescheid wird dieser neue Bescheid Gegenstand des Einspruchsverfahrens (sect 365 Abs 3 AO) und somit auch Gegenstand der Teil-Einspruchsentscheidung Bei der Bestimmung inwieweit Bestandskraft nicht eintreten soll ist vom Inhalt des neuen Bescheids auszugehen Soll nach Ergehen der Teil-Einspruchsentscheidung ein Aumlnderungsbescheid erlassen werden ist zuvor zu pruumlfen inwieweit dem Aumlnderungsbescheid die Bindungswirkung der Teil-Einspruchsentscheidung entgegensteht

66 Die Teil-Einspruchsentscheidung hat nicht zur Folge dass stets noch eine foumlrmliche bdquoEnd-Einspruchsentscheidungldquo ergehen muss Das Einspruchsverfahren kann beispielsweise auch dadurch

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abgeschlossen werden dass die Finanzbehoumlrde dem Einspruch hinsichtlich der zunaumlchst bdquooffenldquo gebliebenen Frage abhilft der Steuerpflichtige seinen Einspruch zuruumlcknimmt oder eine Allgemeinverfuumlgung nach sect 367 Abs 2b AO ergeht Wird die wirksam ergangene Teil-Einspruchsentscheidung bestandskraumlftig kann im weiteren Verfahren uumlber den bdquonoch offenenldquo Teil der angefochtenen Steuerfestsetzung nicht mit Erfolg geltend gemacht werden die in der Teil-Einspruchsentscheidung vertretene Rechtsauffassung entspreche nicht dem Gesetz Dies ist auch in einem eventuellen Klageverfahren gegen eine bdquoEnd-Einspruchsentscheidungldquo zu beachten

7 Allgemeinverfuumlgung

71 Wegen der Erledigung von Masseneinspruumlchen und Massenantraumlgen durch eine Allgemeinverfuumlgung vgl sect 367 Abs 2b sowie sect 172 Abs 3 AO

72 Ergeht eine Allgemeinverfuumlgung nach sect 367 Abs 2b AO bleibt das Einspruchsverfahren im Uumlbrigen anhaumlngig Gegenstand des Einspruchsverfahrens ist der angefochtene Verwaltungsakt und nicht ein Teil der Besteuerungsgrundlagen oder ein einzelner Streitpunkt Auch wenn sich die Allgemeinverfuumlgung auf saumlmtliche vom Einspruchsfuumlhrer vorgebrachte Einwendungen erstreckt ist deshalb das Einspruchsverfahren im Uumlbrigen fortzufuumlhren Dies gilt nicht soweit bereits eine Teil-Einspruchsentscheidung (sect 367 Abs 2a AO) ergangen ist die den bdquonoch offen bleibendenldquo Teil des Einspruchs auf den Umfang beschraumlnkt hat der Gegenstand der Allgemeinverfuumlgung ist Uumlber die Rechtsfrage die Gegenstand der Allgemeinverfuumlgung war kann in einer eventuell notwendig werdenden Einspruchsentscheidung (sect 366 sect 367 Abs 1 AO) nicht erneut entschieden werden Zu beruumlcksichtigen ist dann dass fuumlr eine Klage nach einer Zuruumlckweisung des Einspruchs durch Allgemeinverfuumlgung und fuumlr eine Klage nach Erlass einer Einspruchsentscheidung durch die oumlrtlich zustaumlndige Finanzbehoumlrde unterschiedliche Fristen gelten

73 Unzulaumlssige Einspruumlche werden von einer nach sect 367 Abs 2b AO ergehenden Allgemeinverfuumlgung grundsaumltzlich nicht erfasst da der Ausgang des Verfahrens das bei einem der in sect 367 Abs 2b Satz 1 AO angefuumlhrten Gerichte anhaumlngig war fuumlr diese Einspruumlche idR nicht entscheidungserheblich ist Wenn dagegen die Frage der Zulaumlssigkeit eines Einspruchs Gegenstand des Verfahrens bei einem der in sect 367 Abs 2b Satz 1 AO angefuumlhrten Gerichte war kann eine Allgemeinverfuumlgung insoweit auch unzulaumlssige Einspruumlche erfassen Ansonsten sind unzulaumlssige Einspruumlche moumlglichst zeitnah durch Einspruchsentscheidung zu verwerfen falls sie vom Einspruchsfuumlhrer nicht zuruumlckgenommen werden

8 Insolvenzverfahren

Zur Verfahrensweise in Insolvenzfaumlllen vgl AEAO zu sect 251 Nrn 53 ff und Nr 14

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Anlage zum AEAO zu sect 46 AO

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