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Zool. Garten N.F. 78 (2009) 167–192 Aquaristische Reiseeindru ¨ cke aus 8 Aquarienha ¨ usern in Japan, Taiwan und China Aquarium Impressions of a trip to Japan, Taiwan and China Ju ¨ rgen Lange , Rainer Kaiser Zoo-Aquarium Berlin, Budapester Straße 32, D-10787 Berlin, Germany Eingegangen am 5. Februar 2009 Abstract In combination with the 7 th International Aquarium Congress (7 th IAC), which was held in 2008 in Shanghai, the authors visited in Japan the aquariums in Tokio, Fukushima, En- oshima, Osaka and Okinawa as well as the National Museum of Marine Biology & Aquarium in Pintung/Taiwan and in China the Beijing Aquarium and the Shanghai Ocean Aquarium, the host of the IAC. The different themes and the specialities of these aquariums are described and compared with the European situation. All the visited aquariums are not older than 20 years. Therefore their aquarium technology as well as their husbandry and presentation of animals are rather modern. Some of the differences in the exhibition are maybe based on the different cultural background or they are a result of the high visitor numbers, because almost all the aquariums are visited by more than one million visitors per year. Keywords: Aquariums Tokyo Sealife Park; Enoshima Aquarium; Aquamarine Fukushima; Keiyukan Aquarium Osaka; Churaumi Aquarium Okinawa; National Museum of Marine Biology & Aquarium Taiwan; Shanghai Ocean Aquarium; Beijing Aquarium; Walhai; Rhincodon typus; Manta-Rochen; Mobula mobular; Latimeria sp. Einleitung Im Vorfeld des alle 4 Jahre und 2008 in Schanghai stattfindenden Internationalen Aquarium Kongresses (7 th IAC) bot sich durch eine von der EUAC (European ARTICLE IN PRESS www.elsevier.de/zooga Korrespondierender Autor. Zoo-Aquarium Berlin, Budapester Straße 32, D-10787 Berlin, Germany. Tel.: +49(0)30 25 4010. E-Mail: [email protected] (J. Lange).

Aquaristische Reiseeindrücke aus 8 Aquarienhäusern in Japan, Taiwan und China

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Zool. Garten N.F. 78 (2009) 167–192

www.elsevier.de/zooga

�Korrespo

Tel.: +49(0)3

E-Mail: l

Aquaristische Reiseeindrucke aus 8 Aquarienhausernin Japan, Taiwan und China

Aquarium Impressions of a trip to Japan, Taiwan and China

Jurgen Lange�, Rainer Kaiser

Zoo-Aquarium Berlin, Budapester Straße 32, D-10787 Berlin, Germany

Eingegangen am 5. Februar 2009

Abstract

In combination with the 7th International Aquarium Congress (7th IAC), which was held in

2008 in Shanghai, the authors visited in Japan the aquariums in Tokio, Fukushima, En-

oshima, Osaka and Okinawa as well as the National Museum of Marine Biology & Aquarium

in Pintung/Taiwan and in China the Beijing Aquarium and the Shanghai Ocean Aquarium,

the host of the IAC. The different themes and the specialities of these aquariums are described

and compared with the European situation. All the visited aquariums are not older than 20

years. Therefore their aquarium technology as well as their husbandry and presentation of

animals are rather modern. Some of the differences in the exhibition are maybe based on the

different cultural background or they are a result of the high visitor numbers, because almost

all the aquariums are visited by more than one million visitors per year.

Keywords: Aquariums Tokyo Sealife Park; Enoshima Aquarium; Aquamarine Fukushima;

Keiyukan Aquarium Osaka; Churaumi Aquarium Okinawa; National Museum of Marine

Biology & Aquarium Taiwan; Shanghai Ocean Aquarium; Beijing Aquarium; Walhai;

Rhincodon typus; Manta-Rochen; Mobula mobular; Latimeria sp.

Einleitung

Im Vorfeld des alle 4 Jahre und 2008 in Schanghai stattfindenden InternationalenAquarium Kongresses (7th IAC) bot sich durch eine von der EUAC (European

ndierender Autor. Zoo-Aquarium Berlin, Budapester Straße 32, D-10787 Berlin, Germany.

0 25 4010.

[email protected] (J. Lange).

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Union of Aquarium Curators) organisierte Tour die Moglichkeit, einige Aquarien inJapan (Tokio, Enoshima, Fujisawa, Osaka, Okinawa) und Taiwan (Pintung) zubesuchen. Den Abschluss bildete schließlich das Shanghai Ocean Aquarium amTagungsort, und schon wahrend der Vorbereitung fur die Tagung ergab sich dieGelegenheit, das große Aquarium in Peking zu besuchen.

Wegen der geographischen Insellage Japans und Taiwans spielen das Meer, dieMeeresfauna und die Fischerei im taglichen Leben der Menschen in diesen Landerneine viel großere Rolle als in Europa. Entsprechend groß ist auch das Interesse anAquarien, vor allem Meeresaquarien. Allein 67 Aquarienhauser gibt es heute inJapan, aber nur 90 Zoos oder Tiergarten. In Europa und weltweit sind die Rela-tionen vollig anders. Nur knapp 9% aller Mitglieder der EAZA und WAZA sindSchauaquarien. Rechnet man die Zoos mit Aquarien sehr unterschiedlicher Großeund Qualitat hinzu, beschaftigen sich auch dann nur 19% der Mitgliedsinstitutionenuberhaupt mit aquaristischen Fragestellungen.

Es gibt in Japan und Taiwan nicht nur viele Schauaquarien, sondern auch dieTradition der Fischhaltung und -zucht ist in diesen Landern rund 1.000 Jahre alt(Herre & Rohrs, 1990) und hat der Welt die verschiedenen Goldfisch- und Farb-karpfen-Hochzuchten beschert.

Es stellt sich deshalb die Frage, ob und wie sich diese lange Tradition in derFischhaltung und das große Interesse an Fischen auch in den Aquarienhausern wi-derspiegelt (Gewalt, 1973), oder ob heute alle Schauaquarien weltweit denselbenTendenzen in der Tierhaltung und -prasentation folgen (Lange, 1987).Thematisch sind die japanischen Aquarienhauser wegen der Nahe zum Meer in

erster Linie Meeresaquarien. Sie verstehen sich aber nicht in unserem Sinne alsAquarienhauser, sondern viel moderner als Hauser fur alle im und am Wasserlebenden Tiere. Im Meeresaquarium sind dies Meeressauger von der Robbe bis zumWal und Seevogel vom Papageitaucher bis zum Pinguin. Bei Sußwasseraquarien sindes Otter und Entenvogel, aber durchaus auch andere, im Uferwald lebende Sauge-tiere und besonders attraktive Vogel, aber naturlich auch Krokodile, Anakondas,Wasseragamen und Grune Leguane. Manchmal, wie etwa im AquamarineFukushima, werden sogar Wasserinsekten gehalten.

Abgesehen von dieser thematischen Ausweitung weist der Tierbestand in Fernostaufgrund der artenreichen Fischfauna des japanischen Meeres und der Nahe zuAustralien viele, fur den Europaer interessante Tierarten auf, die kaum einmal nachEuropa gelangen. Fetzenseepferdchen (Phycodurus eques), Segelflossen-Panzerkopf(Evistias acutirostris), Rotmaul-Strahlenflosser (Goniistius zebra), Eisenfalterfisch(Chaetodon daedalma), Nordpazifische Seehasen (Eumicrotremus taranetzi) oder dieSeescheide Halocynthia roretzi sind hier nur als Beispiele zu nennen. Dies gilt auchfur Tiefseetiere, deren Haltung in den am Meer liegenden Schauaquarien eine wich-tige Rolle spielt.

Grundsatzlich sind die meisten besuchten Aquarienhauser noch relativ neu, injedem Fall aber auf dem neuesten Stand der Aquarientechnik. Oft liegen sie amMeerund haben den Vorteil, das Meerwasser direkt in das Aquarium pumpen zu konnen.Auf allzu komplizierte Filtertechnik und große Reservebecken fur die Produktiondes synthetischen Meerwassers kann deshalb verzichtet werden.

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Alle Aquarienhauser mussen schon allein wegen der hohen Besucherzahlen(900.000–3,5 Millionen pro Jahr) relativ großraumig sein, sich aber trotzdem uber-legen, wie die Besucher in Stoßzeiten ohne allzu große Staus durch das Haus zu leitensind. Restaurants und große Souvenirladen, aber auch offizielle Foto-Punkte sind indiesen großen Schauaquarien fast selbstverstandlich. Sie dienen dem Umsatz, aberauch der erholsamen Unterbrechung wahrend des langen Aquariumbesuchs. DieSouvenirs und offiziellen Fotos hingegen sind wichtige Werbeartikel fur die zu HauseGebliebenen.

Beschreibung der Aquarienhauser

Tokio Sea Life Park. Der Ende 1989 als weitere Attraktion der ortlichen stadti-schen Zoos in der Bucht von Tokio eroffnete Tokio Sea Life Park ist eines der alterenvon uns besuchten Schauaquarien. Schon von Weitem zu sehen ist sein 21m hoherGlasdom, die Eingangshalle zu dem darunter liegenden Aquarium (Abb. 1). Dieseshat einen Durchmesser von 100m, knapp 10.000m2 Grundflache und eine Ge-samthohe von 52m. Zentraler, faszinierender Mittelpunkt des unter dem ThemaDas Leben im Meer

’’

stehenden Hauses ist ein 7 Meter hohes Rundbecken

’’

Abb. 1. Eingangshalle zum Tokyo Sealife Park – Entrance hall of the Tokyo Sealife Park. Aufn.: R. Kaiser.

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Abb. 2. Thunfisch-Becken im Tokyo Sealife Park – Tuna tank in the Tokyo Sealife Park. Aufn.: R. Kaiser.

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(2.200m3 Wasserinhalt, 19 Meter lange Frontscheibe) fur einen großen Schwarm vonGelbflossen-Thunfischen (Thunnus albacares) und Blauflossen-Thunfischen (Thunnus

orientalis), die hier erstmals im Aquarium zuchteten. Zu diesem besonderen Natur-schauspiel des mehrere Tage dauernden Ablaichens kommen taglich mehrere tau-send Zuschauer (Mimori et al., 2008) (Abb. 2).

Auf der anderen Seite dieses ‘‘Thunfisch-Theaters’’ liegt ein 300m3-Becken furgroße mit anderen Haiarten und Rochen vergesellschaftete Hammerhaie (Sphyrna

lewini). Diese beiden Aquarien zusammen haben etwa 75% des gesamten Wasser-volumens aller Becken dieses Hauses.

Am Thunfischbecken entlang kommt der Besucher in Galerien mit Becken un-terschiedlicher Große, die Tiere aus den verschiedenen Meeren der Welt, bzw. amtiefsten Punkt des Thunfischbeckens in einem abgedunkelten Raum der Tiefseebeherbergen. Von hier geht es wieder aufwarts zum außen, aber noch im Gebaude-komplex liegenden Brandungs- und Kustenbereich mit einem 220m3 großen Gezei-tenbecken, in dem kleine Aquarien (Touch Pools) mit Seeigeln, Seesternen, Krebsen,Muscheln etc. zum Anfassen stehen.

Uber eine Pinguin-Außenanlage fuhrt der Weg zuruck ins Haus. Erwahnenswertsind in diesem Gebaudeteil ein paar Becken mit

’’Forschungs- und Experimentier-

Schwerpunkten

’’

, fur besondere Zuchterfolge (Chimaren, Schlammspringer) oder

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schwer zu haltende Tiere (Fetzenseepferdchen), aber auch ein gut gestaltetes Kelp-becken mit naturlichem und kunstlichem Kelp sowie eine Galerie mit Korallenfi-schen aus den japanischen Korallenriffen. Diese Galerie bietet uberraschender Weisedem Besucher die Moglichkeit, nicht nur durch die Scheiben in das Aquarium zusehen, sondern er kann von einem hoher gelegenen Gang auch von oben in dieBecken und vor allem auf die Filtertechnik, Leitungen und vielen Reservebecken imHintergrund schauen. Eigentlich ein sehr ernuchternder Anblick, der die zuvor imBecken geschaffene Illusionswelt wieder zerstort. Andererseits aber sind deshalbBack-Stage-Fuhrungen nicht erforderlich, sicherlich ein Gewinn bei den hohenBesucherzahlen dieses Aquariums.

In der kleinen Quallenabteilung wird neben den ublichen Schirmquallen auch dieetwa 10 cm große Hydromeduse (Olindias formosa) gezeigt, die mit der Sußwasser-qualle (Craspedacusta sowerbyi) unserer heimischen Teiche verwandt ist. Uber Mi-kroprojektionen wird die Strobilation von Ohrenquallen (Aurelia aurita) und zubestimmten Zeiten die Mikrofauna des Meerwassers vorgestellt.

Alles in allem ist der jahrlich von 1,5 Mill. Menschen besuchte Tokyo Sea LifePark auch nach 20 Jahren noch immer ein modernes Aquarium, das ein zentralesThema hat, andererseits wegen seiner vielen Galeriebecken noch sehr museale Zugeaufweist. Einige der insgesamt 45 Aquarien sind aus unserer heutigen Sicht furmanche der hier gehaltenen Tiere nicht unbedingt groß genug. Um in diesen Beckenbei pelagischen Fischen (Hammerhaie, Mondfische) Verletzungen vorzubeugen, sindvor die Betonwande zur Pufferung elastische Plastikfolien gespannt – eine im ShimaMarineland fur die Haltung von Mondfischen (Mola mola) erstmals erprobte unddanach von vielen japanischen Schauaquarien ubernommene Haltungstechnik. Soschwimmen die Mondfische nicht nur hier in Tokio, sondern auch im KeiyukanAquarium Osaka in einem riesigen

’’Plastikbeutel

’’

in ihrem Becken.Aquamarine Fukushima. Wie beim Tokyo Sea Life Park stammt auch beim Aqua-

marine Fukushima die wissenschaftliche Konzeption von Yoshitake Abe, dem heu-tigen Direktor des Aquamarine Fukushima (Abb. 3). Das im Jahr 2000 eroffneteAquarium liegt zwar ungefahr 250 km nordlich von Tokio, aber noch im Einzugs-gebiet der Stadt, so dass das Aquamarine mit rund einer Million Besucher pro Jahrrechnen kann. Anders als in Tokio mit dem Tier als Mittelpunkt der Ausstellung,versteht sich das Fukushima Aquarium als Umwelt-Zentrum mit einer Ausstellungvon Lebensraumen (Abe et al., 2008). Schon das Gebaude selbst liegt in einerkunstlich angelegten, von Tieren besiedelten Watt- und Strandlandschaft direkt inder Hafenbucht von Fukushima. Im Haus sind die beiden, fur das Publikum be-gehbaren, ca. 12m hohen Landschaften der Fukushima Kuste und des asiatischenTropenregenwaldes entsprechend groß.

Die Ausstellung jedoch startet mit vielen Tafeln, Praparaten, Artefakten und

’’Lebenden Fossilien

’’

(Nautilus, Limulus etc.) uber das Thema Evolution. In Fu-kushima ein ganz wichtiges Thema, denn das Aquamarine betreibt ein Forschungs-programm am Quastenflosser Latimeria sp. und unternimmt zur Erforschung dieseraltertumlichen Fische jahrlich mehrere Tauchexpeditionen zu den Komoren undnach Sulawesi (Abe, 2007). Aufgrund dieser intensiven Forschung am Quastenflosserist die Tiefseeabteilung einer der Schwerpunkte im Aquamarine und beherbergt viele

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Abb. 3. Aquamarine Fukushima. Aufn.: Dr. J. Lange.

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interessante Tierarten wie Schneekrabben (Chionoecetes opilia), Tiefsee-Riesenasseln(Bathynomus doederleini) oder den Heldenfisch (Zaprora silenus) aus den arktischenTiefengewassern.

Mit der Rolltreppe geht es in die ca. 12m hohe Fukushima-Landschaft im 4.OGmit vielen großen japanischen Pflanzen und dazwischen eingestreuten Aquarien fureinheimische Fische. Der Besucherweg verlasst den japanischen Wald an einer Fels-wand entlang mit Quell- und Bachfischen rechts des Wegs und mit Blick in die beidendurch einen dreieckigen Tunnel getrennten Großaquarien auf der linken Seite.Sie entsprechen dem kalten Oyashio Meeresstrom mit Japanischen Lachsen(Oncorhynchus masou) und einer Seescheiden-Farm (Halocynthia roretzi) sowie demwarmen Kuroshio Strom mit großen Schwarmen Makrelenhechte (Cololabis saira),Makrelen und Rochen. Leider kommt es im Tunnel wegen der herrschenden Licht-verhaltnisse zu storenden Spiegelungen und sind beim Blick in die Aquarien dieKonstruktionselemente, die dicken Schnittkanten des Acryls oder gar Besucher aufder anderen Seite des Beckens zu sehen. Dadurch geht trotz der Große der Beckenviel von der Illusion des offenen, tiefen Meeres verloren. Den Japaner jedoch stortdies aber offensichtlich nicht. Fur ihn ist es mehr ein Zeichen von Harmonie zwi-schen Mensch und Natur. Beide werden zu einer Einheit.

Die Fukushima-Landschaft endet in mehreren zum Publikum hin verglasten, aufeiner Außenterrasse liegenden, relativ kleinen Landschaftsanlagen fur Meeressauger(Walrosse, Steller’s Seelowen, Seebaren) und Seevogel (Lummen, Papageitaucher,Mowen).

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In der anschließenden, uppig bepflanzten tropischen Asien-Landschaft stehenentlang des Besucherwegs einige großere Becken (5–50m3), unter anderem mitTigerbarschen (Datnioides ssp.) und den in Asien obligatorischen, Geld und Gluckverheißenden, rotgoldenen Arowanas (Scleropages legendrei) und ein wunderbarzugewachsenes Mangroven-Becken mit Schutzenfischen (Toxotes ssp.), Silber-flossenblattem (Monodactylus argenteus) und Diamantschuppen-Meeraschen (Liza

vaigensis) sowie Winkerkrabben (Uca chlorophthalma) und Einsiedlerkrebsen(Clibanarius longitarsus) an Land. Selbst Wasserinsekten fehlen in dieser Halle nicht.

In den Becken (200–300.000 Liter) der anschließenden Korallenriff-Abteilung im2.OG sind vor allem die vielen Wirbellosen Tiere beeindruckend. Hohepunkte sindein großes Riffaquarium mit einem riesigen Schwarm Glasbeilbauchen (Pempheris

schwenkii), Fahnenbarschen (Pseudanthias sp.), Rohrenaalen (Heteroconger hassi)und zahlreichen lebenden Steinkorallen sowie ein Weichkorallen-Riffbecken miteinem Schwarm Glasgarnelen (Urocaridella ssp.).

Typisch asiatisch muten die zahlreichen, modern gestalteten Goldfischbecken inder weitraumigen Halle im Ein- und Ausgangsbereich an. Entsprechend der ur-sprunglichen Ziele bei der Goldfischzucht fallt auch in diesen modernen Goldfisch-becken wie fruher in den Tonschalen der Blick von oben auf die Fische, denn nur sokann der Betrachter die auf den Blick von oben herausgezuchteten Hochzuchtenwirklich schatzen. In einem Seitenraum an dieser Halle gibt es noch einen Erleb-nisspielplatz fur Kinder mit uberdimensionalen Meergrundeln, in denen die Kinderklettern konnen.

Alles in allem besticht das Haus durch seinen logischen Aufbau, die Einbettung indie gartnerisch als Lebensraum gestaltete Strandanlage der Hafenbucht sowie durchdie Integration vieler Aquarien in begehbare Landschaften. Die meisten Aquarienweisen einen exzellenten Tierbestand mit vielen Wirbellosen auf.

Geradezu vorbildlich sind die großen Aktivitaten des Aquariums außer Haus. DasAquamarine Fukushima ist auf Messen als Aussteller gegenwartig, arbeitet eng mitder Fischerei-Industrie zusammen und besitzt nicht nur einen eigenen Schulbus, derSchulkinder in das Aquarium bringt, sondern auch zwei Tieflader mit Großaquarien,die zum Unterricht und zu Informationsveranstaltungen in die umliegendenKleinstadte fahren. Außerdem werden immer wieder Schulwettbewerbe zur kunst-lerischen Gestaltung von Einkaufsbeuteln mit Aquarienmotiven, zur Herstellungvon Tier- und Naturplastiken aus Abfallprodukten (z.B. Plastikflaschen) und ahn-liche Aktionen veranstaltet, um schon bei Kindern das Umweltbewusstsein zu stei-gern.

Enoshima Aquarium. Ebenfalls knapp drei Autostunden von Tokio, aber nachSuden, entfernt liegt in der als ‘‘Miami Beach’’ Japans bekannten Sagami Bucht inFujisawa das Enoshima Aquarium (Abb. 4). Das 1954 eroffnete Aquarium warschon immer durch innovative Ausstellungen und Haltungserfolge bekannt. Seit1964 zahlt Enoshima in der Quallenhaltung zu den erfolgreichsten Schauaquariender Welt. Selbst das japanische Kaiserhaus bekam fur seine Forschungen an Hy-drozoen die Quallen von hier.

Bei der Umgestaltung des touristisch wichtigsten japanischen Seebades am Anfangdes 21. Jahrhunderts wurde auch das Enoshima Aquarium neu gebaut und im April

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Abb. 4. Enoshima: Sagami-Bucht Becken – Sagami Bay Tank. Aufn.: R. Kaiser.

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2004 eroffnet. Das Hauptgebaude hat eine Grundflache von 253� 42m, ist 9,95mhoch und hat eine Geschossflache von 12.800m2.

Das Enoshima Aquarium hat einen halboffenen Filterkreislauf. Pro Tag werden75% des Wassers ausgetauscht. Das neue, uber 6 große Sanddruckfilter gefilterte undelektrolytisch sterilisierte Meerwasser wird in einem 3.000m3 Reservoir zwischen-gelagert.

In der Tierhaltung konzentriert sich das Enoshima Aquarium auf die artenreicheFauna der 1.500m tiefen Sagami Bucht. In ihr treffen der kalte Oyashio Strom derTiefe und der warme Kuroshio Oberflachenstrom aufeinander, so dass in der BuchtKorallenfische gleich neben Kattfischen (Anarrhichas orientalis) und anderen Tier-arten der kalten Meere leben.

Das Enoshima Aquarium, das wegen guter Haltungs- und Zuchterfolge besondersstolz auf seine Pinguin-, Robben- und Walhaltung ist, hat fur sein Aquarium funfHaltungs- und Ausstellungsschwerpunkte. Neben den Abteilungen mit den Themen

’’Tiefsee

’’

,’’Quallen

’’

,’’Fauna der beiden Meresstrome in der Sagami-Bucht

’’

sowie

’’Meeresbiologische Forschungen des Kaiserhauses

’’

ist die Hauptattraktion das 9mhohe Sagami-Bucht-Becken mit einer Wasserhohe von 6,90m und einer Grundflachevon 144m2. Es stellt einen der Natur nachgebildeten Querschnitt durch die Sagami-Bucht dar und lasst den von der Wasseroberflache in die Tiefe abtauchenden

’’

’’

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Besucher durch unterschiedlich konstruierte Fenster (Scheiben, Halbtunnel, Glas-dome, Bullaugen) in die einzelnen, nach Unterwasser-Fotos gestalteten Tiefenzonender Bucht blicken. Seitliche Ausstellungsraume zeigen in kleineren Aquarien die furdiese Zonen typische Tierwelt oder Ausstellungen zu der in Japan so wichtigenFischerei und zur Ausbeutung der Meere durch den Menschen. Das Hauptbeckenbevolkern fast 20.000 Tiere in 90 Arten, darunter ca. 8.000 Sardinen (Sardipops ssp.),viele verschiedene Makrelenarten, große Guitarrenfische (Rhina ancylostoma), Horn-haie (Hetrodontus japonicus), Ammenhaie (Ginglymostoma cirratum), aber auch Fle-dermausfische (Platax orbicularis), Muranen (Gymnothorax javanicus, G. pictus) undRotfeuerfische (Pterois volitans). Um die Illusion des eigenen

’’Tauchgangs

’’

zu ga-rantieren, sind niemals andere Scheiben, Beckenbegrenzungen oder gar Besucher aufder anderen Seite zu sehen. Schließlich endet der Gang am Meeresboden und damitin der Tiefseeabteilung. Eine große, 41 cm dicke Scheibe gibt den Blick in die knapp7m hohe Wassersaule des Sagami-Bucht-Beckens frei. Zweimal am Tag findenemotional begeisternde Schaufutterungen und Dressuren mit Muranen und giftigenRotfeuerfischen statt. Parallel zur Vorfuhrung geben ein vor dem Becken stehenderTierpfleger fur die Besucher Erklarungen und eine synchron geschaltete Video-Prasentation Information uber die Geschehnisse hinter den Kulissen.

Durch eine eigene Tiefsee-Forschungsgruppe mit einem 3-Mann U-Boot und furdie Tiefsee geeigneten Fanggeraten kann das Aquarium in der seitlich zum Großbe-cken liegenden Tiefseeabteilung uberraschend viele verschiedene Tiefseetiere unterDruckbedingungen (Fische aus 2.000m Tiefe) oder in langsamer Anpassung annormale Druckverhaltnisse halten (Miwa et al., 2008), und zwar nicht nur die in-zwischen auch in europaischen Aquarien manchmal gehaltenen Riesen-Asseln(Bathynemus doederleini) und viele Japanische Riesenkrabben (Macrocheira kaemp-

feri), sondern auch Tiefsee-Konigskrabben (Lithodes longispina), Tiefseegarnelenund Tiefseefische wie der weiße Schneckenfisch (Careproctus trachysoma) sind hierzu bestaunen. Zahlreiche Praparate von Tiefseetieren bieten zusatzliches Anschau-ungsmaterial.

Die eigentliche Sensation dieser Abteilung und Beweis fur den Pioniergeist desEnoshima-Aquariums aber ist ein 3.000-Liter-Aquarium fur Tiere aus den vulka-nischen Schloten der Tiefsee. Sie benotigen die in den Schloten herrschenden Tem-peraturen von 32–40 1C und nutzen bei geringem Sauerstoffgehalt als Lebensbasisuber symbiontische Bakterien chemosynthetisch Schwefelwasserstoff. Noch nie ge-lang es vorher, Tiere aus diesem extremen Lebensraum im Aquarium zu pflegen. InKooperation mit dem Wissenschaftsinstitut JAMSTEC hat es das Enoshima Aqua-rium geschafft, mit warmem Seewasser (33 1C) und Schwefelwasserstoff in denSchloten sowie kaltem (4 1C) Umgebungswasser diese extremen Lebensbedingungenim Aquarium so gut nachzubilden, dass hier in Enoshima Rohrenwurmer, Spring-krebse (Galatheidae) und Schuppen-Fuß-Schnecken (Crysomallon squamiferum) ausdiesem Lebensraum gehalten werden konnen (Miyake, Kitada & Hori, 2008).

Nach wie vor ein Highlight des Enoshima-Aquariums ist die Quallen-Ausstellung.Die Quallen-Halle ist weniger aufwendig gestaltet als seinerzeit die beruhmte Aus-stellung im Monterey Bay Aquarium, aber mindestens ebenso faszinierend. Derrunde, ziemlich dunkel gehaltene Publikumsraum wird sehr effektvoll durch eine

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uberdimensionale, mit Schwarzlicht angestrahlte Ohrenqualle an der Decke be-leuchtet. Die 17 Aquarien (bis 2m3) begrenzen den Raum oder stehen vereinzelt alskleinere Becken in der Raummitte. Meistens sind die Aquarien keine Planktonkrei-sel, sondern ahnlich wie die Quallenbecken im Zoo-Aquarium Berlin konstruiert(Lange & Kaiser, 1995). Unabhangig voneinander haben namlich beide Aquari-enhauser praktisch identische und fur die Quallenhaltung erfolgreiche Technikenentwickelt, wahrend alle anderen Schauaquarien fur ihre Quallen die Haltungsme-thode des Monterey Bay Aquariums kopieren und Quallen in Planktonkreiseln hal-ten (Greve, 1968; Lange & Kaiser, 2005; Sommer, 1992). Noch beeindruckender alsdie asthetisch schone Ausstellung ist die umfangreiche Zucht hinter den Kulissen.Allein vier Mitarbeiter und einige Hilfskrafte sind nur fur die Quallenzuchtzustandig. Dennoch mussen fur die Ausstellung immer wieder einzelne Arten, z.B.Kreuzquallen (Catostylus mosaicus) uber den Handel zugekauft werden.

Zwei weitere Ausstellungsraume widmen sich der großen, durch die kalten undwarmen Meerestrome bedingten Artenvielfalt der Sagami-Bucht sowie den meeres-biologischen Forschungen des Kaiserhauses, deren wissenschaftliche Bedeutungaußerhalb Japans wenig bekannt ist. Gleichzeitig bietet dieser Raum einen histo-rischen Ruckblick auf die vom Kaiserhaus stets geforderte meeresbiologische For-schung Japans, insbesondere in der Sagami-Bucht, in der auf Wunsch des Kaiser-hauses 1877 die erste meeresbiologische Forschungsstation Japans entstand.

Generell entspricht das Enoshima Aquarium in Konzeption und Design wohl amehesten einem modernen europaischen Schauaquarium. Seine Tierhaltung steht un-ter einem Generalthema und konzentriert sich auf einen Lebensraum. Die Beckenbieten den 1,8 Millionen Besuchern pro Jahr eine große Artenvielfalt in einer natur-nahen Dekoration und in phantastischen Illusionswelten.

Keiyukan (Ring of Fire) Aquarium Osaka. Eins der etwas alteren besuchten Hauserist das von Peter Chermayeff entworfene, 1990 eroffnete Keiyukan (Ring of Fire)Aquarium in Osaka. Das direkt im Hafen liegende Haus hat eine Grundflache von3.900m2 und bei 8 Stockwerken mit rund 50m Hohe eine Geschossflache von18.800m2. Der Arbeitsablauf in diesem großen Haus ist gut durchdacht. Eine breiteAnfahrt und große Transportoffnungen mit zwei Laufkatzen a15to Hublast garan-tieren den Fischtransport in das zentrale Pazifikbecken. Verbindungsgange oberhalbdieses Beckens, in dem auch die Walhaie und Mantas leben, erlauben die Kommu-nikation zwischen den einzelnen Arbeitsbereichen trotz hoher Besucherzahlen (ca.3,5 Millionen/Jahr). In der Pinguin-Anlage (Konigs- und Adelie-Pinguine) wird soviel Eis produziert, dass die Reinigung mit Dampfstrahlgeraten sehr schnell undsauber erfolgen kann. Viel Personal hingegen wird zur Uberwachung der Technikund zur Beckenreinigung benotigt. Im großen Zentralbecken mit Bodengrund-Fil-terung mussen beispielsweise Taucher den Boden per Hand reinigen, damit dieBodenfilter nicht verstopfen.

Hinsichtlich des Tierbestandes hat das Aquarium ein zentrales Thema, namlich dieFauna der vulkanischen Inseln im Pazifik (Ring of Fire). Die verschiedenenLebensraume und die fur jeden Lebensraum jeweils typischen Tierarten werden ingroßen Landschaftsaquarien dargestellt, die um das zentrale, 9m hohe und 5.400m3

fassende Pazifik-Becken liegen (Chermayeff & Chermayeff, 1992). Das Ring of Fire

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Aquarium ist kein reines Meeresaquarium, nicht einmal ein reines Aquarium, son-dern es pflegt viele Landtiere, die in Wassernahe in den Gebirgen und Urwaldern derangrenzenden Landmassen leben. So ist es eher, wie es Brehm einmal fur das alteBerliner Aquarium unter den Linden formulierte,

’’ein Zoo unter Dach und Fach

’’

(Klos, 1983). Im Gegensatz zum Brehm’schen Aquarium ist die Tierhaltung in Osakaaber keine museale Anhaufung, sondern unterliegt einem strengen Themenkonzept,das bis heute modern ist, aber inhaltliche Veranderungen kaum erlaubt. Vor allemfehlen kleinere Becken fur kleine Fischarten und vor allem Wirbellose, deren Hal-tung 1990 noch kaum moglich war.

Direkt hinter dem Eingang leitet ein 11m langes Tunnelbecken mit Kuhkopfro-chen (Rhinoptera bonasus) und bunten Korallenfischen den Besucher auf die Roll-treppe zur einzigen vom Publikum begehbaren Landschaft, dem kuhlen japanischenBergwald, im 8.OG. Die dort montierte Klimaanlage ist von kunstlichen, altenBaumstammen optisch gut kaschiert. In der ca. 20m hohen Landschaft sturzt ausden Felsen ein großer Wasserfall herab und stehen eingefugt in die Landschaft große,gekuhlte Aquarien fur Fischotter, Forellen und Japanische Riesensalamander(Andrias japonicus).

Dem Wasserlauf folgend steigt der Besucher langsam nach unten und passiertdabei Aquarien, deren Tiere vom Thema her den Faunen des vulkanischen Insel-Rings im Pazifik von Japan nach Suden und an der amerikanischen Kuste wiedernach Norden folgen. Fast alle diese Landschaftsaquarien gehen uber mehrere Eta-gen. In diesen Landschaftsbecken werden die fur den jeweiligen Lebensraum typi-schen Sußwasser- oder Meeresfische gehalten, aber auch die dort ebenfalls lebendenMeeressauger (Seeotter, Robben, Delphine) und Wasservogel (Pinguine, Papagei-taucher, Enten). Vor allem aber spielen die in der Ufervegetation lebenden Land-wirbeltiere (Faultier, Totenkopfaffchen, Grune Leguane, Papageien) wie in derNatur auch hier zur Belebung der Aquarienlandschaften eine wichtige Rolle.

Mit den Tieren steigt der Besucher tiefer ins Wasser hinab und sieht im 6.OG nichtnur in den Unterwasserbereich dieser Landschaftsaquarien und in ein großes, mitFolien zu den Scheiben hin abgepolstertes Kelpbecken fur Mondfische (Mola mola)(Abb. 5), sondern erstmals auch in die oberen Wasserschichten des Zentralbeckensmit der Fauna des Offenen Pazifiks. Es erstreckt sich uber alle Etagen, lasst anseinem Design und seiner Konstruktion aber doch erkennen, dass es eines der erstenGroßbecken war. Exzellent hingegen ist wie im ganzen Keiyukan Aquarium auchhier der Tierbestand. Große Schwarme Stachelmakelen (Carangidae), ausgewachseneAdlerrochen (Aetobatus narinari) (Abb. 6) und verschiedene Stechrochen, riesigeMantas (Mobula mobular) (Abb. 7), Zebrahaie (Stegosoma fasciatum) und viele an-dere Fischarten schwimmen hier, aber vor allem zwei Walhaie (Rhincodon typus)(Abb. 8). Sie kamen als jungere Tiere vor knapp 15 Jahren in das Aquarium undhaben sich seitdem prachtig entwickelt. Zwei- bis dreimal am Tag erhalten die Wal-haie und Mantas etwa 10 kg Futter, das anfangs nur aus Krill bestand. Heute wirdim Keiyukan Aquarium mit besserem Erfolg eine Futtergemisch aus Krill, Garnelen,Baby-Fish und Pellets verfuttert. Die Walhaie und Mantas sind darauf trainiert, aufein Klatschen an der Wasseroberflache nach oben zu schwimmen und beim Tier-pfleger ihr riesiges Maul fur das Futter zu offnen.

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Abb. 5. Kaiyukan Aquarium: Mondfisch (Mola mola) – Ocean Sun Fish (Mola mola). Aufn.: Weissenbacher.

Abb. 6. Kaiyukan Aquarium: Adlerrochen (Aetobatus narinari) im Pazifik-Becken – Pacific tank with Eagle Ray(Aetobatus narinari). Aufn.: Jermann.

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Abb. 7. Kaiyukan Aquarium: Manta-Rochen (Mobula mobular) im Pazifik-Becken – Pacific tank with Manta Ray(Mobula mobular). Aufn.: Jermann.

Abb. 8. Kaiyukan Aquarium: Pazifik-Becken mit Walhai (Rhincodon typus) – Pacific Tank with Whale Shark (Rhincodontypus). Aufn.: Jermann.

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Abb. 9. Kaiyukan Aquarium: Tiefseebecken (Macrocheira kaempferi) – Deep Sea Tank (Macrocheira kaempferi). Aufn.:Jermann.

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In der 4. Etage, am Boden dieses Zentralbeckens, hat der Besucher noch einmalden Blick uber die volle Hohe der Wassersaule und die gigantischen Fische. Eingroßes Tiefseebecken mit Japanischen Riesenkrabben (Macrocheira kaempferi)(Abb. 9) und Tiefsee-Seespinnen (Naxiodes mammilata) war ursprunglich das Ab-schlusshighlight. Heute passiert der Besucher auf dem Weg zum Ausgang noch einespater eingebaute, beeindruckende Quallenabteilung mit vielen kleineren Plankton-kreiseln und einem 9m großen Kreisel fur Kompassquallen (Chrysaora melanaster).Auch die Quallenzucht hinter den Kulissen ist beispielhaft, allerdings sehr perso-nalintensiv.

Okinawa Churaumi Aquarium. Letzte Station der Rundreise durch JapanischeSchauaquarien war das weit im tropischen Suden Japans liegende, 2004 eroffneteOkinawa Churaumi Aquarium. Es entstand im Okinawa Ocean Expo Park direktneben dem alten, aus dem Jahre 1975 stammenden Haus. Das 4-stockige Gebaudehat bei einer Grundflache von ca. 10.000m2 rund 19.000m2 Ausstellungsflache.Großtes von den 77 Schaubecken ist mit 7.500m3 das Kuroshio-Becken mit einerKantenlange von 35� 27m und einer Hohe von 10m. Es beherbergt neben vielenFischen und einem riesigen Stachelmakrelen-Schwarm auch jeweils zwei ParchenWalhaie (Rhincodon typus) und Mantas (Mobula mobular). Letztere haben 2007 hier,erstmals in der Welt, erfolgreich gezuchtet (Matsumoto & Uchida, 2008) (Abb. 10).

Wie in Osaka hat man auch am Kuroshio-Becken von mehreren Seiten Einblick.Jedoch sind das Becken und die Scheiben, bzw. der Halbtunnel hier in Okinawa so

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Abb. 10. Churaumi Aquarium: Walhaie im Kuroshio-Becken – Whale Sharks in the Kuroshio Tank. Aufn.: Jermann.

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groß, dass die gegenuberliegenden Scheiben nicht storen. Den Panorama-Blick indieses 35m tiefe und 10m hohe Kuroshio-Becken garantiert eine 22,5m lange und8,2m hohe Scheibe aus 60 cm dickem Acryl. Seitlich von diesem Panorama-Theaterkann der Besucher sich unter einem breiten Halbtunnel, uber den Mantas und andereRochen gleiten, zuruck lehnen und die Unterwasserfauna bestaunen. Als besondereAttraktion fur die 1,3 Millionen Besucher pro Jahr finden bei den Walhaien taglich 2Schaufutterungen sowie 11 Fuhrungen hinter die Kulissen des Walhai-Beckens (15Personen, 30 Minuten) statt, so dass pro Jahr rund 60.000 Besucher diesen Blickhinter die Kulissen des Walhai-Beckens genießen!

Hinsichtlich der Tierhaltung konzentriert sich das Churaumi Aquarium auf dieartenreiche Fisch- und Wirbellosenfauna des tropischen Meeres und der Korallen-riffe rund um Okinawa sowie auf die Tiefseefauna der nahen Ryukyu Inseln(Abb. 11).

Das Churaumi Aquarium hat einen offenen Filterkreislauf und pumpt stundlich3.000m3 neues Seewasser in die Becken. Nicht nur den guten Wasserbedingungenund den großen Becken, sondern vor allem der ausgeklugelten Pflege ist es zu ver-danken, dass im Churaumi Aquarium Okinawa Mantas und noch viele weitereMeerestiere erstmals gezuchtet und andere erstmals gehalten wurden. Das ChuraumiAquarium ist bestrebt, mit Unterstutzung einer eigenen großen Forschungsabtei-lung, neue Wege bei der Tierhaltung einzuschlagen. In vielen der Aquarien wird eineuberraschend große Artenvielfalt an Wirbellosen des Korallenriffs und der Tiefsee

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Abb. 11. Churaumi Aquarium: Touch Pool. Aufn.: R. Kaiser.

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gepflegt, oft mit Fischen vergesellschaftet. Besonders in der Tiefseeabteilung fielendie guten Informationstafeln auf, die bei allen Tierarten die Meerestiefe ihres Vor-kommens und die Haltungstemperatur im Aquarium angeben. Fur pelagischeFische, wie Walhaie, Mantas und Thunfische, werden im Aquarium und in Trans-portcontainern die Wande mit Folien und Luftpolstern elastisch ausgekleidet, um beidiesen pelagischen Großfischen, die aus der Natur keine Begrenzungen kennen,Verletzungen zu vermeiden (Abb. 12).

Neben dem Aquariumsgebaude liegen am Meer noch zwei offene Delphin-Anla-gen, ein Haus fur Seekuhe und ein Seeschildkroten-Becken mit ausgedehntem Sand-strand, in den die Seeschildkroten seit vielen Jahren Eier legen. Die herangewach-senen Jungtiere werden spater wieder ins Meer entlassen (Abb. 13).

National Museum of Marine Biology & Aquarium (NMMBA), Taiwan. Von Oki-nawa ist es nicht mehr weit bis Taiwan. Doch trotz langen japanischen Einflusses hatTaiwan schon allein durch die Einwanderung der Festlandschinesen und die poli-tische Trennung der Insel von China aber einen vollig anderen wirtschaftlichen undkulturellen Hintergrund. Fragen zum Umwelt- und Naturschutz haben in Taiwanerst seit wenigen Jahren eine gewisse Bedeutung. Deshalb versucht das NationalMuseum of Marine Biology & Aquarium (NMMBA) in Pintung in Sud-Taiwandurch seine Ausstellung und Tierhaltung fur den Natur- und Artenschutz zu werben,

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Abb. 12. Churaumi Aquarium: Bedienungsgange am Kuroshio-Becken – Service area of the Kuroshio Tank. Aufn.: R.Kaiser.

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gleichzeitig aber in der Grundlagenforschung neue Erkenntnisse uber das Leben imMeer zu gewinnen.

An das NMMBA ist deshalb ein großes Forschungsinstitut mit Großlabors fur ca.30 Wissenschaftler und mit einer ca. 80� 20m großen Werkshalle fur die Tierhal-tung angeschlossen. In der Halle stehen Container und Betonbecken fur die Zuchtvon Korallen und Korallenfischen. Wenn die Korallen im Riff ablaichen, werdengroße, gewellte Kunststoffplatten im Riff befestigt. Sobald sich auf diesen Plattengenugend Korallenlarven angesiedelt haben, werden die Platten in die Farmuberfuhrt. Hier werden die Korallen wie Muscheln in einer Austernfarm an langen,ins Becken hangenden Schnuren oder Stocken kultiviert. Die Nachzuchten, insbe-sondere von endemischen Steinkorallen und Korallenfischen, werden zur Renatu-rierung von inzwischen unter Naturschutz stehenden Buchten wieder im Meerangesiedelt (Abb. 14).

Der Schaubereich des Aquariums ist in drei Pavillons gegliedert. Von der großen,klimatisierten Eingangshalle, die in Stoßzeiten bei starkem Besucherandrang dieMenschen fur den Aquariumsbesuch portionieren soll, gelangt der Besucher vorbeian einem Becken mit fur die Taiwan-See typischen Steinkorallen in den Pavillon‘‘Coral Kingdom’’ mit 3 Riffaquarien fur Stein- und Weichkorallen sowie kleinereKorallenfisch-Arten.

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Abb. 13. Churaumi Aquarium: Seeschildkroten-Becken – Sea turtle tank. Aufn.: R. Kaiser.

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Vor allem gibt es hier, erstmals auf dieser Reise, einen langeren Tunnel durch eingroßes Korallenfischbecken. Amerikanischen Vorbildern folgend unterbricht ihneine Unterwasserstation und liegt am Ende ein Schiffswrack. Von dort geht dernachste Tunnel durch ein großes Becken fur arktische Belugawale, um dann in einermusealen Ausstellung uber Meeressauger und schließlich wieder in der großen Ein-gangshalle zu enden. Hier sorgen an der Decke hangende, lebensgroße Praparate derin taiwanesischen Gewassern vorkommenden Walarten fur zusatzliche Information.

Gleich gegenuber und vorbei an einem etwa 10m hohen Wasserfall liegt derPavillon mit den Tieren aus den

’’Gewassern Taiwans

’’

. Es beginnt mit einer großenGebirgslandschaft fur endemische, in ihrem Bestand gefahrdete Taiwan-Lachse(Oncorhynchus masou formosanus), geht an der Fauna von Stauseen und der Kustensowie einer Austernfarm vorbei zum Becken des offenen Meeres mit Thunfischen,Makrelen, Mantas und anderen Großfischen, um schließlich wieder in der Lobby zuenden. Obgleich dieser Pavillon relativ dunkel gehalten ist, lassen die vielen, nichtbesonders attraktiven Kunststoffpflanzen in den Landschaften leider nicht die Illu-sion eines naturlichen Biotops aufkommen. Der etwas isoliert liegende, drittePavillon

’’Gewasser der Welt

’’

mit aller modernen Technik wie 3D-Animation undinteraktiven Ausstellungen lasst den Besucher in die virtuelle Welt vergangener Erd-epochen oder der Tiefsee eintauchen. Daneben aber gibt es Großaquarien und

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Abb. 14. NMMBA Pintung: Zuchtfarm – Breeding Station. Aufn.: R. Kaiser.

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Landschaften fur den Kelpwald des Pazifiks mit Seelowen, fur die Antarktis mitmehreren Pinguin-Arten (Konigs-, Esel-, Felsen- und Zugelpinguine) (Abb. 15,16),fur die Arktis mit Papageitauchern oder die Tiefsee mit Kraken und JapanischenRiesenkrabben (Abb. 9). Dieser Pavillon ist eine Kombination von musealer Aus-stellung und Tierhaltung, wie man sie auch schon einmal in kleinerem Maßstab inden amerikanischen Schauaquarien und Naturkundemuseen gesehen hat, hier aberin einer vollig anderen Dimension und einer standig wechselnden und damit sehr vielinteressanteren Abfolge, die beim Publikum großen Zuspruch findet.

Interessanter Weise gab es auf dieser Reise erstmals in Taiwan einen richtig lan-gen, zylinderformigen Acryl-Tunnel, obgleich die Tunnel-Konstruktion ursprunglichin Japan erfunden wurde. Vielleicht typisch chinesisch sind diese relativ langenTunnel, die einen Transport der Publikumsstrome – hier im NMMBA bis zu 5.000Personen pro Stunde – garantieren, und die dunkel gehaltenen Landschaften, die gutdesigned und fast nur mit Plastikpflanzen bestuckt sind. Auf jeden Fall uberzeugtedas NMMBA nicht nur durch seine Große, sondern bot durch seine vollig andereAusstellungskonzeption als Aquarium und Museum viele neue Gesichtspunkte undAnregungen, ganz zu schweigen von dem angeschlossenen, hervorragenden For-schungsinstitut, das hochstens noch mit Okinawa zu vergleichen war und das unsEuropaer neidisch werden ließ.

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Abb. 15. NMMBA Pintung: Pinguin-Landschaft – Penguin Counter. Aufn.: Jermann.

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Beijing Aquarium. Im Marz 1999 wurde eines der großten Binnenland-Aquariender Welt, das Beijing Aquarium, eroffnet. Es ist ein selbstandiges Joint-Venture-Unternehmen am Rande des Pekinger Zoos. Das Haus wurde schrittweise weiterausgebaut. 2002 trafen die ersten Delphine ein, 2005 wurde die Halle fur ChinesischeStore eroffnet und schließlich 2006 die Hai-Halle. Das an eine Schneckenhauserinnernde Gebaude hat eine Grundflache von 120.000m2 und 42.000m2 Ausstel-lungsflache. Die Aquarien haben ein Gesamtvolumen von 18.000m3. Chinas großtesSchauaquarium ist in jeder Hinsicht groß, die Hohe des Gebaudes, die Breite derBesucherraume und Gange und die Becken selbst. Thematisch ist das Gebaude inThemenzonen untergliedert, die alle als einzelne

’’Erlebnis-Parks

’’

im Haus gebautsind und sehr an amerikanische Vorbilder erinnern (Abb. 17).

Hat man die Kois, die der Besucher mit zuvor gekauftem Futter futtern darf, amEingang des Rainforest Adventure passiert, fuhrt ein gewundener Pfad vorbei an ineine kunstliche Felskulisse eingebauten, oben offenen Becken mit sudamerikanischenBuntbarschen, Arapaimas, Gabelbarten, Pirayas und anderen Salmern. Ein großerWasserfall und eine dichte kunstliche Vegetation sowie Vogelstimmen und lautesZikadenzirpen vom Band sorgen fur Urwaldstimmung. Am Ende des Wasserfallssind ebenfalls in den kunstlichen Fels eingebaut einige Kaltwasser-Aquarien fur chi-nesische Tierarten (Chinesischer Steilflosser, Chinesischer Riesensalamander etc.).

An den Amazonas-Urwald schließt ein offenes 42m langes Wellenbecken alsTouchpool an, bevor der Besucher langsam nach oben in den großen Raum mit 32Aquarien fur Korallenfische aus den tropischen Meeren der Welt kommt.

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Abb. 16. NMMBA Pintung: Kelp-Becken – Kelp Tank. Aufn.: R. Kaiser.

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Das große Haibecken kann aus verschiedenen Positionen betrachtet werden,namlich durch große Scheiben, von einem Schiffswrack aus durch die Bullaugen odervon oben von der Reeling.

Ein Raum mit vielen Informationen uber Meeressaugetiere leitet uber zum großenPavillon fur Robben und Delphine, die außerhalb der Show durch große Scheiben inihren Schwimmbecken beobachtet werden konnen. Fur die gute Show, die ameri-kanische Vorbilder nicht scheuen muss, bietet ein Theater Platz fur 3.000 Besucher.

Die eigentliche Attraktion des Hauses, und zwar nicht nur fur den Europaer, istdie große Halle fur den seltenen Chinesischen Stor (Acipenser sinensis), der nichtumsonst in China der

’’Große Panda des Wassers

’’

genannt wird. Die 2–3m langenStore sind nicht nur wegen ihrer Seltenheit, sondern noch mehr wegen ihres impo-santen Aussehens die Stars im Beijing Aquarium. Eine gute Info-Show uber die

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Abb. 17. Beijing Aquarium: Eingang – Entrance. Aufn.: P. Van den Sande.

Abb. 18. Beijing Aquarium: Chinesische Store (Acipenser sinensis) – Chinese Strugeons (Acipenser sinensis).Aufn.: P. Van den Sande.

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Biologie von Storen und die Bedrohung des Chinesischen Stors durch den Menschensorgt fur zusatzliche Aufklarung (Abb. 18).

Im Untergeschoss des Hauses befinden sich die großen, aus den USA stammendenFilteranlagen und ein großer Raum fur die Fischzucht mit zahlreichen Becken ver-schiedener Große und einer gut funktionierenden Planktonzucht als Futtertierkultur.

Alles in allem ist das Beijing Aquarium nicht nur ein großes Haus, sondern es hatin allen seinen ebenfalls großen Aquarien einen exzellenten Tierbestand mit aller-dings nur verhaltnismaßig wenigen Wirbellosen, aber dafur mit einigen herausra-genden Besonderheiten. Alle Becken sind zu thematischen Einheiten zusammenge-fasst, und fur jedes Thema wurde ein eigener Erlebnisraum geschaffen, der manch-mal vielleicht zu sehr auf Effekte abzielt, als ein Stuck Lebensraum zu zeigen.Dennoch ist das Beijing Aquarium ein Aushangeschild fur moderne Tierhaltung und-prasentation, was man von seinem Nachbarn, dem Pekinger Zoo nicht gerade sagenkann.

Shanghai Ocean Aquariums (SOA). Auf Einladung des Shanghai Ocean Aquari-ums (SOA) fand der 7. Internationale Aquarium Kongress (7th IAC) im Oktober2008 in Schanghai statt. Der Kongress verzeichnete uber 700 Teilnehmer von fast300 Aquarien aus 45 Landern und war damit der bisher großte IAC (Abb. 19).

Abb. 19. Shanghai Ocean Aquarium (SOA). Aufn.: R. Kaiser.

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Das einladende SOA wurde Anfang 2002 eroffnet und zahlt zu den fuhrendenSchauaquarien Chinas. Das Haus mit einer Grundflache von 20.500m2 ist uber 5Etagen (3 OG & 2 UG) gebaut, hat ein Gesamtwasservolumen von 6.300m3 undzeigt in hintereinander liegenden Raumen 9 Themenzonen des Suß- und Seewassers,namlich die Themen China, Sudamerika, Australien, Afrika, SO-Asien, Kaltwassermit Seehunden, Antarktis mit Pinguinen, Meereskusten und Offenes Meer mit Tief-seetieren. Das Aquarium ist ein Joint-Venture-Unternehmen zwischen China undSingapur. Die Baukosten betrugen insgesamt 50 Mill. US$. Investor und heutigerBetreiber ist die Straco Corporation Ltd. aus Singapur. Das Aquarium hat ein ge-schlossenes Filtersystem und verwendet synthetisches Seewasser. Fur die Herstellungdes synthetischen Salzwassers und sogar fur die Sußwasseraquaristik ist das Stadt-wasser nicht geeignet, sondern muss wegen seiner hohen Nitratwerte vor der Nut-zung zunachst aufbereitet werden (Stewart et al., 2008).

Direkt vom Eingang gelangt der Besucher uber eine lange Rolltreppe in den ersten,der chinesischen Fauna gewidmeten Ausstellungsraum mit großen Landschaftsbe-cken fur Chinesische Riesensalamander (Andrias davidianus), China-Alligatoren(Alligator sinensis), China-Store (Acipenser sinensis) und andere chinesische Fischar-ten wie z.B. dem Steilflosser (Myxocyprinus asiaticus). In zwei kleineren Nebenraumenwerden in Kleinaquarien als große Besonderheit und Seltenheit Fische des Yangtseund in einer Sonderausstellung giftige Meerestiere gezeigt. Andere Sonderausstel-lungen waren in der Vergangenheit

’’Goldfische

’’

,’’Wirbellose Tiere

’’

und’’Hai-

Schutz

’’

.Von der China-Landschaft geht es abwarts zur Fauna Sudamerikas, insbesondere

des Amazonas mit einem Tunnel durch das Arapaima-Becken (Arapaima gigas).Nicht nur hier fur Sudamerika, sondern am Beginn jeder neuen Landschaftszonewird der Besucher durch charakteristische, kunsthistorische Eindrucke (Maya-Plas-tiken fur Sudamerika, Aboriginee-Zeichnungen fur Australien etc.) oder durch großeLandschaftsfotos (Savannenfotos und Plastik-Giraffen fur Afrika, Eisbilder fur dieAntarktis etc.) auf den Faunenbereich eingestimmt. Viele der Großbecken undLandschaften Australiens, Afrikas und SO-Asiens haben einen gemalten Hinter-grund und trotz heller Ausleuchtung als Bepflanzung keine lebenden Pflanzen, son-dern Plastikpflanzen, denn nur so bleibt der einmal ausgewahlte und fur gut emp-fundene Gesamteindruck erhalten. Die Landschaften widmen sich vor allem derartenreichen, endemischen Sußwasserfauna der einzelnen Kontinente, wahrend derBesucher im

’’Offenen Meer

’’

durch einen insgesamt 155m langen Tunnel geht unddie um ihn herum schwimmenden Fische bestaunt. Diese Laufbander sind fur dieAbwicklung hoher Publikumszahlen einfach erforderlich. Hier in Schanghai kommtaußerdem gerade dieser Tunnel beim Publikum so gut an, dass in ihm abendlicheEssen oder fur Kinder Sleep-ins stattfinden.

Generell ist das SOA in das chinesische Schulsystem eingebunden. Deshalb gibt essowohl im Aquarium als auch außerhalb des Hauses viele schulische Aktivitaten zumNatur- und Umweltschutz. Vor allem aber ist das Aquarium ein wichtiges Bildungs-und Erholungsziel fur den erst seit etwa 20 Jahren bestehenden Stadtteil Pudong mitseinen uber 5 Mill. Einwohnern, so dass das Aquarium je nach Saison 1,1–1,8 Mill.Besucher zahlt.

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Allen besuchten Schauaquarien gemeinsam sind die Orientierung auf bestimmteThemenbereiche, die großen, manchmal geradezu gigantischen Dimensionen derHauser und einzelner Becken, die ausgefeilte, an der Praxis orientierte Aquarien-technik sowie ein hoher personeller und finanzieller Einsatz bei der Beschaffung,Haltung und Zucht der Tiere.

Die hohen Besucherzahlen erfordern bei besonderen Attraktionen Publikums-raume in der Form eines Amphitheaters und generell im ganzen Haus breite Gange.Um in Stoßzeiten dennoch allzu große Staus unter den Besuchern zu vermeiden, sindvielfach Transportbander und Rolltreppen eingebaut.

Schulische Aktivitaten sind offensichtlich nicht nur in einzelnen Hausern groß,sondern alle sehen in der Bildung und Umwelterziehung der heranwachsendenGeneration eine wichtige Aufgabe. Fast immer betreiben die Hauser mit hohemfinanziellen Aufwand eine eigene, auf Grundlagenforschung orientierte, in europaischenMaßstaben große Wissenschaftsabteilung, die z.T. sogar universitare Aufgaben inder Ausbildung ubernimmt.

Zusammenfassung

Im Zusammenhang mit dem Internationalen Aquarium Kongress in Schanghaibesuchten die Verf. 2008 in Japan die Aquarienhauser in Tokio, Fukushima,Enoshima, Osaka und Okinawa, in Taiwan das National Museum of Marine Biology& Aquarium in Pintung und in China das Beijing Aquarium und den Gastgeber desKongresses, das Shanghai Ocean Aquarium. Es werden die baulichen und thema-tischen Besonderheiten und Arbeitsschwerpunkte der einzelnen Hauser geschildertund mit europaischen Schauaquarien verglichen. Keines der Hauser ist alter als 20Jahre und entsprechend modern ist die Aquarien- und Ausstellungstechnik. MancheUnterschiede zu europaischen Schauaquarien sind im kulturellen Umfeld begrundet,aber zum Teil auch eine Folge der hohen Besucherzahlen, denn fast alle Hauserwerden von weit uber einer Millionen Menschen pro Jahr besucht. Auffallend istauch die enge Verzahnung der Schauaquarien mit Wissenschaftsinstituten.

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