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ArcimboldoArcimboldo
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Seite 4:Selbstporträt auf Papier (Der Literat), 1587.Bleistift, Feder, Pinsel, Tinte und graue Lavierung auf doppeltemweißen Papier, 44,2 x 31,8 cm.Palazzo Rosso, Genua.
Autor: Liana De Girolami CheneyRedaktion der deutschen Ausgabe: Klaus H. Carl
Layout:Baseline Co. Ltd61A-63A Vo Van Tan Street4. EtageDistrikt 3, Ho Chi Minh CityVietnam
© Confidential Concepts, worldwide, USA© Parkstone Press International, New York, USAImage-Bar www.image-bar.com
Weltweit alle Rechte vorbehalten. Soweit nicht anders vermerkt, gehört das Copyright der Arbeitenden jeweiligen Fotografen, den betreffenden Künstlern selbst oderihren Rechtsnachfolgern. Trotz intensiver Nachforschungen war esaber nicht in jedem Fall möglich, die Eigentumsrechte festzustellen.Gegebenenfalls bitten wir um Benachrichtigung.
ISBN: 978-1-78310-004-0
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ıJenseits der Wahrnehmung und Bedeutung (selbst lexikalisch oder kulturell) ent-wickelt sich eine ganze Welt von Qualität: Vor einem von Arcimboldos kompo-nierten Köpfen bin ich nicht nur verleitet zu sagen: Ich lese, ich ahne, ich glau-be, ich verstehe, sondern auch: Ich liebe, ich lebe nicht. Das Unwohlsein, dasEntsetzen, das Lachen, die Lust, sie alle gesellen sich zu dem Freudentanz.„
· Roland Barthes
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Biografie
1527 Giuseppe Arcimboldo wird in Mailand in eine Familie von adliger Herkunft
hineingeboren. Sein Vater, der Maler Biagio Arcimboldo, ist ein Freund
Bernardino Luinis, ein Schüler von Leonardo da Vinci.
1549 Der Name des Künstlers erscheint erstmalig in den Annalen mit den
Aufzeichnungen zu den Arbeiten am Mailänder Dom, wo er zusammen mit
seinem Vater Zeichnungen für die Glasfenster des Domes schuf.
1551 Arcimboldo malt fünf Insignien für den König von Böhmen, den späteren
Kaiser Ferdinand I.
1555 In den Aufzeichnungen zu den Arbeiten am Mailänder Dom findet sich die
Erwähnung von Arcimboldos großem Talent in der Ausführung der Orgeltüren
für den Mailänder Dom.
1558 Er entwirft Zeichnungen mit Szenen des Alten und Neuen Testamentes für die
Tapisserie der Kathedrale von Côme; Der Tod der Jungfrau ist heute noch sichtbar.
1562 Ferdinand I., König von Böhmen, beruft Arcimboldo an den Habsburger Hof.
1563-1566 Er malt die erste Serie der Vier Jahreszeiten für Ferdinand I.
1565 Arcimboldo wird in den Archiven des Habsburger Hofes erwähnt und als
Hofmaler betitelt.
1566 Arcimboldo malt Der Jurist und beginnt mit der Serie der Vier Elemente.
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1568 Er beginnt zusammen mit dem Humanisten und Dichter Giovanni Battista Fonteo
verschiedene thematische und emblematische Aufträge zu bearbeiten.
1570 In Prag gestaltet er für die Hochzeit von Elisabeth, Tochter Maximilians II., und
Karl IX., König von Frankreich, einen feierlichen Umzug mit allerlei bühnenbild-
nerischen Szenen und Dekorationen.
1571 In Wien dekoriert er mit der Hilfe des Dichters Fonteo und dem Künstler und
Philosophen Jacopo Strada die apparti für die Festlichkeiten zu Ehren der
Hochzeit des Erzherzogs Karl von Österreich mit Maria von Bayern.
1577 Er malt eine weitere Serie der Vier Jahreszeiten und der Vier Elemente.
1585 Arcimboldo schenkt Rudolf II. ein Portfolio mit einer Serie von 150 Zeichnungen.
1586 Er entwirft die Dekoration für die neue Residenz des Barons Brünbuchel,
Minister im Kabinett Rudolfs II.
1591 Arcimboldo schickt Rudolf II. das Porträt Vertumnus, das das Abbild des
Kaisers aus Blumen sowie Feld- und Gartenfrüchten zusammengesetzt zeigt.
1593 1. Juli, Giuseppe Arcimboldo stirbt in Mailand. Er wird in der Kirche San Pietro
della Vigna beigesetzt.
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Als Sohn des Malers Biagio Arcimboldo und der
Chiara Parisi wurde Giuseppe Arcimboldo 1527 in
Mailand geboren. Die Familie, von vornehmer Herkunft,
stammte ursprünglich aus Süddeutschland. Während
des Mittelalters siedelten sich Teile seiner Familie dann
in der Lombardei an. Im Laufe der Zeit haben sich sehr
verschiedene Schreibweisen des Familiennamens
herausgebildet: Arcimboldi, Arisnbodle, Arcsimbaldo,
Arzimbaldo oder auch Arczimboldo, wobei die
Suffixe ıboldo„ und ıbaldo„ Überbleibsel aus dem
germanischen Mittelalter sind. Ebenso hat auch
Rotflankenducker und Bergnasenbär
Biblioteca Universitaria, Bologna
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Rothirsch
AquarellÖsterreichische Nationalbibliothek, Wien
Arcimboldo selbst, bei der Signatur seiner Werke,
seinen Vornamen in verschiedenen Varianten ausge-
führt: Giuseppe, Josephus, Joseph oder Josepho.
In seinem Werk Della nobilità di Milano (ıÜber den
Adel Mailands„) verfolgt Paolo Morigia die
Geschichte der Familie Arcimboldo und bestätigt,
auch wenn die Quellen im Allgemeinen sehr ungesi-
chert sind, seine adlige Abstammung, indem er seine
Wurzeln bis in die Zeit Karls des Großen zurückver-
folgt: Ein Adliger mit dem Namen Sigfrid Arcimboldo
diente am Hof des Kaisers. Unter den sechzehn
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Gemse und Steinbock
AquarellÖsterreichische Nationalbibliothek, Wien
Arcimboldo-Kindern wurden drei geadelt, wovon sich
eines dann in der Lombardei niederließ. Hier beginnt
der italienische Familienzweig. Um seine Aussage zu
bekräftigen, schreibt Morigia, dass er sich ıdirekt auf
M. Giuseppe Arcimboldo, einen vertrauenswürdigen
und angesehen Ehrenmann„ beruft.
In demselben Werk entwickelt Morigia im Weiteren
die Geschichte der Familie Arcimboldo. Er beschränkt
sich in seinen Ausführungen allerdings nur auf den
italienischen, in Mailand lebenden Zweig. Er legt dar,
dass der Witwer Guido Antonio Arcimboldo, der Ur-
Ur-Großvater von Guiseppe, als Nachfolger seines
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Komposition mit Tieren
Aquarell und GouacheÖsterreichische Nationalbibliothek, Wien
verstorbenen Bruders, Giovanni Arcimboldo, 1489
zum Erzbischof von Mailand gewählt wurde.
Zwischen 1550 und 1555 regierte dann Giovanni
Angelo Arcimboldo, der leibliche Sohn Guido
Antonios, als Erzbischof von Mailand. Er war es, der
Giuseppe nicht nur beriet, sondern ihn auch unter den
Künstlern, Philosophen und Schriftstellern des
Mailänder Hofes einführte.
In Mailand wurde Arcimboldo von seinem Vater und
den Künstlern der lombardischen Schule wie Giuseppe
Meda (in Mailand tätig von 1551 bis 1559) und
Bernardino Campi (1522 bis 1591), einem angesehenen
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Komposition mit Tieren (Detail)
Aquarell und GouacheÖsterreichische Nationalbibliothek, Wien
Maler Cremonas, in den Techniken der Kunst unter-
richtet. Auch spiegelt sich eine ganz spezielle
Faszination für die Kunst und Wissenschaft Leonardo
da Vincis in seiner Kunst wider. Denn sein Vater, Biagio,
hatte das Glück, ein guter Freund von Bernardino Luini,
einem Schüler da Vincis, zu sein, der beim Tod
Leonardos eine Vielzahl seiner Skizzenbücher und
Aufzeichnungen erbte. Biagio Arcimboldo studierte
diese Schriften intensiv und lehrte einige Jahre später
seinen Sohn Guiseppe den künstlerischen Stil und die
Wissenschaften Leonardos.
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Naturstudie
AquarellÖsterreichische Nationalbibliothek, Wien
Die italienischen Künstler Biagio, Meda und Campi
standen in engen Kontakt zu den deutschen Künstlern,
die an den Projekten für den Mailänder Dom arbei-
teten. Auch entwarfen sie die Wandgestaltungen für die
Familie der Medici. Den Archiven des Mailänder Doms
zufolge etablierte sich Arcimboldo 1549 als Meister
und arbeitete zusammen mit seinem Vater an der
Malerei und den Zeichnungen für die Glasfenster, die
Orgeltüren und den Altarhimmel des Gotteshauses. Die
wichtigsten Glasfenster, in der Apsis, illustrieren die
Geschichte des Lebens der heiligen Katharina von
Alexandrien. Die christliche Legende beschreibt das
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Naturstudie
AquarellÖsterreichische Nationalbibliothek, Wien
Martyrium Katharinas, die sich weigerte, den heid-
nischen Göttern zu huldigen. Die Szene basiert auf
einer Kombination aus klassischen Motiven (Amphoren,
Girlanden und Putti) und christlichen Symbolen (Thron,
Jakobsmuscheln und Zeremonieschmuck). Die architek-
tonische und ornamentale Konzeption spiegelt den
Illusionismus der Kunst und den manieristischen
Geschmack wider. Diese Formen, denen er auch in der
Kunst des Mailänders Gaudenzio Ferrari (1474 bis
1546), der ebenfalls an den Glasfenstern der
Kathedrale arbeitete, begegnete, weisen zudem einen
eindeutigen Einfluss Leonardos auf Arcimboldo auf.
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Naturstudie
AquarellÖsterreichische Nationalbibliothek, Wien
Ein Dokument aus den Archiven, datiert auf das Jahr
1556, belegt, dass die Zeichnungen Arcimboldos für
diesen Auftrag von Corrado de Mochis,
Glasmachermeister in Köln, in Glas übertragen
wurden. Zu dieser Zeit malte Arcimboldo fünf emble-
matische Insignien (heute verschollen) für Ferdinand,
König von Böhmen, später Ferdinand I., Kaiser des
Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Nach dem Tod seines Vaters 1551 arbeitete
Arcimboldo weiterhin in der Lombardei, bis er 1558
nach Como und Monza ging. Er entwarf Zeichnungen
zu Themen des Alten und Neuen Testaments für die
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Naturstudie
AquarellÖsterreichische Nationalbibliothek, Wien
Wandgestaltung der Kathedrale von Como, nach
denen die Künstler Johannes und Ludwig Karcher
(aktiv von 1517 bis 1561), für die Manufacture des
Gobelins tätig, einen Wandteppich realisierten. Die
Namen der Teppichweber erscheinen auf einem
Rouleau des Teppichs. Arcimboldo entwirft acht Szenen,
die von herrlichen, mit Blumen, Früchten, Pergamenten
und klassischen grotteschi verzierten Bordüren geschmückt
sind, die auch die Szene mit dem Tod der Jungfrau
zieren: In einem privaten Garten, ein Hortus conclusus,
der die Architektur des Mittelalters und der Renaissance
zeigt, sitzt die Jungfrau auf einem Sarg, umringt von
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Turmfalke (Falco naumanni) und Blumen
Aquarell und GouacheÖsterreichische Nationalbibliothek, Wien
trauernden Aposteln, während die Kirche Santa Maria
delle Grazie den Hintergund einnimmt.
Arcimboldo führte ebenfalls die Zeichnungen für
die Wandteppiche (heute ebenfalls verschollen) der
Kathedrale von Monza aus. Zwischen 1556 und 1558
stellte er den Freskenzyklus der Wurzel Jesse fertig, zu
dem er von einer Passage des Propheten Jesaja inspi-
riert wurde. In seinem Zentrum befindet sich ein
gewaltiger Baumstamm, ein Kreuz deutet auf das Bild
der Kreuzigung hin. Ein ins Alter gekommener Adam
sitzt ruhend auf den Wurzeln des Baumes, dessen Äste