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8 Reportage Der Gebrauchshund 1/2009

•Reportage Der Gebrauchshund 1/2009 1-2009 LP.pdf · DGH: Von den 30 Leuten mit Familienhunden verschwinden aber 29 wieder. Du bist geblieben. Michaela: Erst hat man ja keine Ahnung,

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  • 8 Reportage Der Gebrauchshund • 1/2009

  • EVon Jürgen Rixen

    twa 150.000 blinde Men-schen gibt es in Deutsch-

    land. Ein bis zwei Prozent vonihnen bewältigen den schwierigenAlltag mithilfe eines Blindenführ-hundes – es gibt in der Bundes-republik also ca. 2500 Führ-hunde.

    Die Geschichte des Blindenführ-hundes ist älter als manchervermutet. Bereist 1780 bildetendie Bewohner des Pariser Blinden-hospitals „Les Quinze-Vingts“systematisch Führhunde aus.Ein anderer Pionier kam ausWien: der blinde SiebmacherJosef Reisinger richtete 1788einen Spitz so gut ab, dassReisingers Blindheit oft be-zweifelt wurde.1819 erwähnte Johann WilhemKlein, der Begründer des WienerBlinden-Erziehungs-Institutes,in seinem „Lehrbuch zum Unter-richt der Blinden“ den Führhundund gab auch einige Hinweise zurAbrichtung. Es ist jedoch nichtbekannt, ob an dem Institut wirk-lich Hunde ausgebildet wurden.

    Nach Ausbruch des Ersten Welt-krieges hatte der Wiener ArztSenfelder die Idee, dass man imKrieg erblindeten Männern einenFührhund zur Seite stellen könnte.Dieser Vorschlag fand jedoch inÖsterreich keine Anhänger undwurde nicht umgesetzt.

    Besser erging es den Blinden inDeutschland. Im August 1916gründete Geheimrat Dr. GerhardStalling, Vorsitzender des „Deut-schen Vereins für Sanitätshunde“,mit Unterstützung des Kriegs-ministeriums die erste Blinden-führhundschule der Welt inOldenburg.Der erste Blindenführhund wurdebereits im Oktober 1916 über-geben. Die kostenlose Abgabeerfolgte zunächst nur an Kriegs-blinde. Diese Hunde waren ur-sprünglich als Verwundetensuch-hunde im Dienst und wurden zuBlindenführhunden „umgeschult“.

    539 Kriegsblinde wurden 1919mit Führhunden versorgt, ab1920 waren 867 Hunde im Ein-satz. Die Oldenburger Führhund-schule gründete im Laufe dernächsten Jahre neun Filialbe-triebe (Bonn, Breslau, Dresden,Essen, Freiburg, Hamburg, Mag-deburg, Münster und Hannover)und bildete jährlich bis zu 600Führhunde aus. Diese Hundegingen nicht nur an deutscheKriegs- und Zivilblinde, sondernauch Blinde in England, Frank-reich, Spanien, Italien, Amerika,Kanada und Russland wurdenmit Führhunden versorgt.

    Ein Kriegsblinder aus demErsten Weltkrieg mit Führ-hund (1917).

    Am 12. Mai 1920 wurde im § 5Absatz 6 des Reichsversorgungs-gesetzes der Anspruch vonKriegsblinden auf einen Führhundfestgelegt, und die Anträge überdas Hauptversorgungsamt wur-den an die zuständigen Aus-bildungsstellen weitergeleitet.Trotz des überzeugenden Erfolgesmusste die Oldenburger Führ-hundeschule am 1. Juli 1926 ausfinanziellen Gründen den Betriebeinstellen.

    Es entstand jedoch eine zweiteFührhundeschule in Potsdam.Dort hatte man bahnbrechendeErfolge vorzuweisen und wurdedas Mekka der Führhundeaus-bildung. Von Beginn 1923 bis1941 hatte die Schule über 2500Hunde abgegeben, von denen nursechs Prozent aufgrund man-gelnder Ausbildung zurückge-

    nommen werden mussten. DieAusbildung der Hunde dauertedrei bis vier Monate. Etwa zwölfBlinde konnten pro Monat miteinem Führhund versorgt werden,der vom Staat bezahlt wurde.Diese private Schule wurde aller-dings 1952 vom DDR-Regimegeschlossen.

    In der BRD übernahmen nachdem Zweiten Weltkrieg privateSchulen die Ausbildung vonFührhunden. In der DDR gab esin Berlin und Erfurt zwei staat-liche Schulen, die jedoch nach derWiedervereinigung geschlossenwurden. Einige der Ausbildergründeten private Blindenführ-hundeschulen – vor 16 Jahrenauch das Erfurter EhepaarEleonore und Lutz Hahn.

    Lutz Hahn hat an der staatlichenBlindenführhundschule Tier-bzw. Hundepfleger und Blinden-führhundausbilder gelernt undbildet seit nunmehr 39 JahrenHunde aus.

    Das Ehepaar Hahn legt Wert aufeine solide Ausbildung ihrerFührhunde. Die Tiere werden imHaus gehalten und von ihnenpersönlich im Familienbetriebausgebildet.Grundvoraussetzung für einequalitativ hochwertige Ausbil-dung ist selbstverständlich eineentsprechende Hundequalität.So werden die Hunde meist ausden Rassen Labrador und GoldenRetriever rekrutiert.Aber manchmal halten auch Exo-ten den Einzug in die Blinden-führhundschule Hahn. So habensie als erste Führhundschuleeinen Russischen Terrier ausge-bildet. Aber auch Königspudelwerden auf Wunsch des Blindentrainiert.Lutz Hahn: „Man sollte einemBlinden schon den Hund geben,den er gerne möchte und ihn nichtzu einem bestimmten Hund odereiner Rasse überreden. Mit diesemwird der Blinde nicht glücklich.Dem Wunschhund wird auch somancher Fehler verziehen, aber

    Der BlindenführhundDer Gebrauchshund besuchtedie Blindenführhundschule Hahn in Erfurt.

    1/2009 • Der Gebrauchshund Reportage 9

  • wehe, wenn ein ungeliebter Hundetwas nicht richtig macht!“Wobei die Hahns einem Blinden,der zuvor noch keinen Hund ge-halten hat, unbedingt zu einemLabrador oder Golden Retrieverraten. Für viele andere Rassenbräuchte man doch entsprechen-de Erfahrung.Der Deutsche Schäferhund eignetsich nach Meinung der EheleuteHahn nicht mehr zum Blinden-hund: „Die sind zu überdreht. EinBlindenführhund muss, wenn iches will, zehn Minuten an derBordsteinkante stillstehen. Daskönnen DSH nicht.“

    In der BlindenführhundschuleHahn werden Hunde nur „aufBestellung“ ausgebildet. Dieblinde Person entscheidet sichnach einem Vorgespräch undeiner Beratung für eine Rasse,und das Ehepaar Hahn bemühtsich nach Kostenzusage durchdie Krankenkasse des Blinden,den passenden Hund zu finden.

    Dabei gibt es grundsätzlich zweiWege. Hunde der Rassen Labra-dor und Golden Retriever werdenals Welpen gekauft und von Paten-familien aufgezogen. Frau Hahn:„Wir kaufen unsere Labradorsund Golden Retriever jetzt seit15 Jahren beim selben Züchter.“Der Ankauf erwachsener, ein- biszweijähriger Hunde gestaltet sichschon schwieriger, denn Blinden-

    führhunde müssen ein Topwesenhaben, gutmütig, frei, umwelt-sicher und nicht schreckhaft sein.Den DSH aus der Leistungszuchtschließt Lutz Hahn wegen des

    Temperaments aus, die Hochzuchtkommt bei ihm aber auch nichtbesser weg: „Der beste ist alsBlindenhund gerade gut genug.Viele glauben, dass Hunde, diein anderen Bereichen nicht zugebrauchen sind, als Führhundgut genug sind. Wenn ein Führ-hund z. B in einem Bahnhofagiert, braucht er gute Nerven.Und die haben die Hunde mit denkomischen Hinterbeinen nicht.“Oft sind sogenannte „Scheidungs-hunde“ oder Hunde, die bei einemUmzug nicht mitgenommen wer-

    den können, für das Ehepaar Hahninteressant. Aber hier bilden Vor-urteile und Unwissenheit derBesitzer oft ein Hindernis. DieHundebesitzer möchten ihremHund ein Leben als Blindenführ-hund „nicht antun“.Frau Hahn: „Viele tun so, als wäredas ganz etwas Schreckliches.Dabei ist es doch wunderbar,wenn der Hund eine Aufgabe hat.Außerdem möchten die Hunde-halter oft auch nicht, dass ihrHund – Rüde wie Hündin – kas-triert wird.“

    V: Cliff vom Further MoorZB:Vorzüglich, HD: A, VPG 3/IPO 3Teilnehmer DM 2003: Platz 4 /DM 2004: Platz 3DM 2005: Platz 47 / DM 2006: Platz 35Teilnehmer SWHV-Meisterschaft 2003: Platz 22004: Platz 1 / 2005: Platz 4 / 2007: Platz 26(Stoned van de Duvetorre x Aika der Sonne entgegen)

    M: Xena Airport HannoverZB: Vorzüglich, HD: A, VPG 3/IPO 3Teilnehmerin Kreis- u. LandesmeisterschaftenTeilnehmerin Championat 2005Beste VPG 3: A: 99 B: 96 C: 97 / 292 PKTBeste Einzelergebnisse: A: 100 B: 97 C: 99(Brando Airport Hannover x Indra Ringhündin)

    Abgabe der Welpen ca. Mitte Mai 2009

    Malinoiszwinger„von Addi`s Brink“

    Erwarte Mitte März Welpen ausfolgender Spitzenverpaarung:

    Anfragen an: A. Dalpke

    Friedrich-Rückert Str. 24, 32584 Löhne Tel: 0 57 31 / 30 34 82 Fon: 0171 / 8 44 66 37 Info: www.addis-malinois.de

    Lutz Hahn schwärmt von der Russischen-Terrier-Hündin: „DerPudel ist der Mercedes unter den Führhunden – aber der RussischeTerrier ist der Maybach!“

    Ein Blindenführhund muss stets die Ruhe bewahren – auch beider Begegnung mit außergewöhnlichen „Artgenossen“.

    Ein Blindenführhund muss vor Bodenhindernissen anhalten.

    10 Reportage Der Gebrauchshund • 1/2009

  • Vor Ankauf werden die Hundenatürlich einer tierärztlichenUntersuchung unterzogen – sowie dies auch im Diensthunde-bereich üblich ist.Zu DDR-Zeiten waren diese Unter-suchungen nicht so ausgeprägt.Es fanden Gesundheitschecks statt,aber auf HD oder ED wurde nichtuntersucht. Auch war das von denKrankenkassen verlangte Kas-trieren der Führhunde im Gegen-satz zu heute keine Pflicht.Erwachsene Hunde werden vordem Ankauf auf einen Spaziergangdurch die Stadt mitgenommen,und dort wird ihr Verhalten ingrößeren Menschengruppen, imVerkehr und z. B. in der Straßen-bahn getestet. Dort muss sich dasTier frei und sicher darstellen.

    Für die Hunde aus den Paten-familien ist dies natürlich keinProblem. Sie kennen die unter-schiedlichsten Umgebungen,denn vertragliche Vereinbarungenverpflichten die Familien, denHunden möglichst viele Umwelt-reize zu präsentieren. Dazu zäh-len z. B. auch Bahnfahrten. Aberdie Aufzucht von Welpen in denPatenfamilien kann auch einen

    Nachteil haben: den Zeitfaktor!Die Frau, für die Lutz Hahn dieRussische-Terrier-Hündin aus-bildet, wartet schon über ein Jahrauf ihren Hund. Eine anderewartet schon zwei Jahre, weil beidem ersten Hund – ebenfalls einRussischer Terrier – ein Ellen-bogen nicht in Ordnung war.

    Nach dem Einzug bei FamilieHahn haben die Hunde vor Be-ginn der Ausbildung eine Ein-gewöhnungszeit von etwa zweiWochen. Die Hahns schwörennach wie vor auf den Beginn mitdem Ausbildungswagen – ein„Überbleibsel“ der DDR-Führ-hundausbildung.In diesen Wagen wird der Hundmit genau dem gleichen Geschirrwie später auch beim Führen fest-geschnallt. Er kann diesen Wagen,der die Maße eines Menschenhat, selbstständig bewegen undwird so ohne Eingreifen einesMenschen lernen, dass er im Führ-geschirr Abstand zu Hindernissenhalten muss.Der Führwagen rumpelt beimAnstoßen an ein Hindernis oderbeim Überlaufen einer Bordstein-kante entsprechend unangenehm.Lutz Hahn beginnt die Ausbildung im Führwagen.

    1/2009 • Der Gebrauchshund Reportage 11

  • Von Jürgen Rixen

    DGH: Wie lange macht ihrHundesport?

    Horst: Ich bin seit 1976 aktiv. Inmeinem Elternhaus waren schonimmer Schäferhunde, mein Vaterhat sie ausgebildet und gezüch-tet. 1989 war ich zum Trainingöfter in der OG Friedberg und habeMichaela dort kennengelernt.

    Michaela: Ich bin kein „Hundler-Kind“. Mein damaliger Freundund ich sind Motorrad gefahrenund hatten immer einen kleinenCocker Spaniel-Dackel-Misch-ling dabei. Mein Freund hat sichaber immer einen Schäferhundgewünscht. Ich habe dann von je-mandem, der zwölf Schäferhund-mischlinge auf einem Balkonaufgezogen hatte, einen mitge-nommen. Weil zu erwarten war,dass der Hund groß wird, wollteich, dass er Gehorsam hat, undbin mit ihm zum Hundeplatzgegangen. So, wie viele in dieVereine kommen. Über einenBenimmkurs mit 30 anderen aufdem Platz. Wenn sich einer derHundesportler dir annimmt, dichmit zum Fährten nimmt und mitdir Schutzdienst macht, rutschstdu so in den Hundesport hinein.

    DGH: Von den 30 Leuten mitFamilienhunden verschwindenaber 29 wieder. Du bist geblieben.

    Michaela: Erst hat man ja keineAhnung, nur Interesse, daherfragt man auch nicht großartignach. Es wurde gesagt, dass allejetzt fährten gehen und dass ichmitgehen soll. Im Schutzdienstgenauso: „Stell dich mit deinemHund mal da hin. Da kommt jetzteiner heraus, und der Hund sollbeißen.“ – Aha!So hat mein erster Hund ja auchgebissen, so hat er auch gebellt.Der saß brav vor dem Helfer undhat auf „gib Laut“ ein bisschenwau, wau gemacht.Meine Hündin hat damals bei derersten Prüfung 100 Punkte in derFährte, 98 Punkte in der Unter-ordnung und 82 Punkte – „vor-handen“ – im Schutzdienst be-kommen. Ich habe mich unheim-lich gefreut, aber meine Vereins-mitglieder hatten lange Gesich-ter. Das habe ich überhaupt nichtverstanden, denn mir war damalsder Unterschied zwischen „vor-handen“ und „ausgeprägt“ nichtbekannt.

    DGH: Was ist eure Motivationfür den Schutzhundesport, derdoch sehr zeitaufwendig undteilweise mühsam ist?

    Horst: Eigentlich ist es die ewigeSuche nach dem, was man sichvorstellt, was man sich zusammen-reimt, was man sich zusammen-träumt – sowohl von der Hunde-

    qualität als auch von der Aus-bildung. Ich hatte in der erstenZeit schlechte Hunde, und ichhabe immer gute Hunde gesucht.Viele habe ich angeschaut undhatte meine Favoriten, die ichversucht habe, auszubilden oderzu bekommen. Gesammelt habeich Hunde nie.Ich habe mich blutlinienmäßig

    bis in die x-te Generation in-formiert, hin und her überlegt,analysiert und, wenn ich michendlich entschieden hatte, einenHund geholt und den dann aus-gebildet.

    DGH: Würdet ihr Hunde haltenund diese ausbilden, ohne dassam Ende eine Prüfung steht?

    „Ein kratziger Hund ist mir ebenlieber als ein braver Hund.“Der Gebrauchshund im Gespräch mit Michaela und Horst Knoche.

    16 Interview Der Gebrauchshund • 1/2009

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  • Horst: Ich glaube, bis zu einemgewissen Maße ja. Doch dieJagd nach Punkten öffnet nocheine Motivationsebene. Trotzdemhaben wir natürlich Spaß amSpazierengehen mit dem Hund.Ich kann dabei stundenlang demHund zuschauen – wie er sichbewegt, was er macht, was er sichzutraut …

    DGH: Aber die eigentlicheSchutzhundausbildung ist mitviel Arbeit und Mühe verbunden.

    Michaela: Ja, aber mir macht esSpaß. Wenn es mir keinen Spaßmacht, merkt das der Hund, unddann kann ich ihm auch nichtdie Freude vermitteln, die einwichtiger Bestandteil des Ge-samtbildes ist.

    DGH: Ist der Weg das Ziel oderder Wettkampf?

    Michaela: Der Wettkampf istschon das Ziel, aber die Grund-motivation ist die Ausbildung.Es reizt mich, dem Hund etwas,dessen Sinn er ja anfangs nichtversteht, über positive Konditio-nierung zu vermitteln.Bei meinem ersten Hund, Sheyla,hat man auf nichts geschaut. Diemusste Fußgehen. Ob sie einenMeter Abstand hielt oder michanschaute, war egal. Das Bauch-gefühl hatte eine harmonischeAusbildung bestimmt. Beimzweiten Hund war das dannschon wichtig. Der sollte michanschauen, Spaß an der Arbeithaben, ordentlich apportieren …

    Horst: Der Anspruch hat sich er-höht, weil du mehr wusstest!

    Michaela: Ja, aber es hat totalSpaß gemacht, zu sehen, wie der

    Anspruch steigt. Im Laufe derZeit wurde ich sehr ehrgeizig undhatte die Prüfung als Ziel.

    Horst: Man will den guten Hund,den man sich ja ausgesucht oderselbst gezogen hat, und seinepersönliche Ausbildung ja auchpräsentieren. Das wird dann mitPunkten belohnt, oder nicht!

    DGH: Können eure Hunde Tätig-keiten, die nicht in der Prüfungs-ordnung stehen?

    Michaela: Irgendwelche Scherz-übungen bringt man seinen Hun-den doch immer bei. Javir kannauch Türen aufmachen, Lichtanschalten, Tasche tragen, toterHund spielen, Pfötchen geben …

    Horst: Das macht Michaela immergern. Mein Ding ist das nicht so.Ich stehe mehr auf den kratzigenSchutzhund.

    Michaela: Ich bemühe mich im-mer, dass sich die Hunde neutralverhalten, und Horst baut siewieder um.

    Horst: Ein kratziger Hund ist mireben lieber als ein braver Hund.

    Michaela: Ich denke anders. Dennich bin eine Frau und muss dieHunde auch im „normalen“ Lebenregeln können. Javir habe ich sokonditioniert, dass er sich imHaus neutral verhält.Trotzdem sortiert er manchmalLeute aus. Die dürfen dann nichthier ins Haus. Ich bin fast denganzen Tag mit dem Hund zu-sammen und könnte das nicht somachen, wie Horst das gerne hat.Ich brauche einen Hund, der sichneutral verhält. Es reicht schon,wenn es in der eigentlichen PO-

    Arbeit schwierig wird und ichHilfe von Dritten beantragenmuss. Aber hier im Haus muss erneutral sein. Unsere Tochter bringtja schon mal ihre Freundinnenmit. Wenn hier unangemeldeteine Horde Teenies durchs Hausstürmt, muss er das im Kopf aus-halten und darf nicht aggressivreagieren. Das ist mir wichtig.

    DGH: Wäre für euch außer demSchutzhundesport ein andererHundesport denkbar?

    Michaela: Obedience vielleicht.Aber der Schutzhundsport istdurch seine drei Abteilungensehr reizvoll. Das ist schon deut-lich anspruchsvoller als alles,was sonst so angeboten wird.

    Horst: SchH-Sport ist schon ab-solut genial. Wenn du in allen dreiAbteilungen gut bist, hast du schoneinen richtigen Hund. Der brauchtein gewisses Maß an Schärfe undHärte, muss klug sein, mit demFührer gut auskommen wollen …

    Wurfmeldung für Hochleistungssportler

    VON CORDOVAWurfmeldung: 3,0 gew. am 07.01.2009

    Abgabe Anfang März 2009Abgabe Anfang März 2009Abgabe Anfang März 2009Abgabe Anfang März 2009Abgabe Anfang März 2009

    Alle tiefdunkelgew. / M.aus

    AMBRA v. CORDOVAHd: 0; SchH 1(2); V-LG-FH 1; V 3 - BFH

    V: Metin v. Stadtfeld (Etzel x Hera Stadtfeld)M: Gianna v. Kieferngarten

    (Kim Lisdorferland x Kona Karthago)

    BANDIT v. ZUCHTGUTHd: 0; 2 x BSP, (bester SD: 99 P.); FH2 - V.V: Nicko Heiligenbösch (Half Ruhbachtal)

    M: Gitta Lisdorferland(Bingo Saarperle x Jade Lisdorferland)

    Siehe Ausgabe 4/2008, Seite 86,Teilnehmerin VDH-DM-IPO-FH im Febr. 09 in Templin

    Mobil: 0173 – 9 89 17 27www.hundeschulecordova.de

    1/2009 • Der Gebrauchshund Interview 17

  • Werner Müller mitLord vom GleisdreieckWerner Müller mitLord vom Gleisdreieck

    22 Porträt Der Gebrauchshund • 1/2009

  • „UVon Achim Hügel

    ns wurde ein Fenster auf-gestoßen, und mit der

    Grenze eröffneten sich neuePerspektiven!“ Werner Müllerspricht keinesfalls über gesell-schaftspolitische Ideologie. Erberichtet von seinem Lebensin-halt weitab jeglichen politischenDenkens. Es ist der Gebrauchs-hund, der den jetzt 67-Jährigenzeit seines Lebens bis zum heu-tigen Tag begleitet hat. Kaum einanderer Hundesportler hat inseiner sportlichen Laufbahn sooft auf dem begehrten Treppchengestanden wie Werner Müller.Sechsmal hatte dieser Mann denTitel des DDR-Meisters errungen,zweimal war er Vizemeister, zwei-mal hat er die Meisterschaft derSozialistischen Staaten gewonnen,und einmal war er auch dort alsVizemeister erfolgreich.

    „14 Tage vor dem Fall der Mauerhabe ich dann Hundesport imwestlichen ‚Ausland‘ gesehen“,erinnert sich Werner Müller. „Ichwar beeindruckt!“ Bei dieserGelegenheit traf der sechsfacheDDR-Meister u. a. auf BaldurKranz und auf Hunde, die denLeistungslinien der Bundes-republik entstammten. Nie habeer bei einem Schäferhund solchunglaubliche Führigkeit erwartet,die gepaart mit Beutetrieb undAggressionsbereitschaft zu ein-fach faszinierenden Leistungen

    führte. Er habe sich über dasPotenzial gewundert, hinter demsich trotz Führigkeit Härte undBelastbarkeit offenbarte. „Und unshatte man erzählt, wie großartigwir unsere Hunde züchten undausbilden!“, erinnert er sich kopf-schüttelnd.

    Knochenharte Hunde seien esgewesen, die den Anforderungender damaligen Prüfungsordnunggenügen mussten. Die BegriffeHärte und Schärfe standen nebenden Merkmalen Format, Konsti-tution, Körperbau und Wesen imWertmessziffernsystem der DDR.Die begehrten Ziffern 5 wurdenauf Körungen vergeben, beiZuchttauglichkeitsprüfungenund Nachzuchtbeurteilungenwar als Höchststufe die 4 er-

    reichbar (vgl. Werner Dalm: DieDDR-Sieger aus züchterischerSicht, Stralsund 2000). Beute-verhalten habe zumindest in derTerminologie des Hundesportsund auch des Diensthunde-wesens keine Rolle gespielt. Dielange Flucht war tatsächlich einelange Flucht, und der Hund mussteden Scheintäter, so habe man denHelfer damals bezeichnet, vonhinten kommend am Oberarmpacken. Der Beißarm war tatsäch-lich ein Schutzarm und nicht dasheiß begehrte Beutestück, dasder Hund geschenkt bekam. „Erwar völlig anders gebaut undwurde auch nur selten über-geben“, weiß Müller zu berichten.Schnellkraft und Kondition warengefragt, wenn der Scheintätereingeholt werden musste – Eigen-

    schaften, die auch der Figurantsein Eigen nennen musste. Immerwieder wurde diese Übung auchfür den Helfer zur Mutprobe.Dass sie oft ein nicht ganz un-gefährliches Unterfangen warund gewöhnlich blaue Fleckennach sich zog, ist wohl durchausnachvollziehbar.

    Ball oder Futter? Werner Müllerschüttelt den Kopf. „Natürlichgab es das System von Lob undZwang, Zuckerbrot und Peitsche.Das Triebziel, wie wir es heutekennen, war uns unbekannt.Seine positive Bestätigung fandder Hund in der Ruhe, die er anmeiner Linken fand“, so WernerMüller. Klar, die Hunde seiengestreichelt und verbal gelobtworden. Das musste genügen.Trockenfutter, mit dem man sichheute die Taschen vollstopft,habe es damals ohnehin nichtgegeben. Man hatte die Kühl-truhen mit Fleisch gefüllt; Stromsei in der DDR mehr als preis-wert gewesen. Flockenzuteilunghabe es dann über die Vereinegegeben. Noch heute hängenRinderteile in Müllers Scheune.„Was glaubst du, wie die Welpenan den Fleischresten des Kno-chens das Kontern trainieren“,schmunzelt Ehefrau Gisela. Sieist dabei, den Nachwuchs vonBenxi von Loyola zu versorgen,einer Urenkelin des legendärenLord vom Gleisdreieck. FünfWelpen kommen aus der Wurf-

    Werner Müller – sechsfacher DDR-MeisterDer Gebrauchshund besuchte den erfolgreichen Hundesportler und sprach mitihm über die Zeit vor und nach der Wiedervereinigung.

    Werner Müller

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    1/2009 • Der Gebrauchshund Porträt 23