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Juli 2013 Arzneimittelsicherheit und Service von Versandapotheken Untersuchung zur Beratung und Lieferung von Schlafmitteln bei Versandapotheken sowie weiteren Aspekten der Kundenfreundlichkeit Verbraucherzentrale NRW Gruppe Gesundheits- und Pflegemarkt Mintropstraße 27 40215 Düsseldorf [email protected] www.vz-nrw.de

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Juli 2013

Arzneimittelsicherheit und Service von Versandapotheken

Untersuchung zur Beratung und Lieferung von Schlafmitteln bei Versandapotheken sowie weiteren Aspekten der Kundenfreundlichkeit

Verbraucherzentrale NRW Gruppe Gesundheits- und Pflegemarkt Mintropstraße 27 40215 Düsseldorf [email protected] www.vz-nrw.de

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Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung .......................................................................................................................3 2 Untersuchungsdesign ......................................................................................................5

2.1 Konzept ..................................................................................................................5 2.2 Stichprobe...............................................................................................................5 2.3 Durchführung..........................................................................................................5 2.4 Auswahl des Medikaments......................................................................................6 2.5 Erwartetes Beratungsergebnis .................................................................................7 2.6 Variablen ................................................................................................................7

3 Ergebnisse ......................................................................................................................8 3.1 Beratungsergebnis...................................................................................................8

3.1.1 Abgabe des Medikaments................................................................................8 3.1.2 Beratung..........................................................................................................9

3.2 Preise und Preisauszeichnung der Apotheken ........................................................13 3.2.1 Preise für Betadorm D ...................................................................................13 3.2.2 Kennzeichnung der Medikamentenpreise.......................................................13 3.2.3 Versandkosten...............................................................................................15 3.2.4 Versandkostengrenze.....................................................................................16 3.2.5 Kennzeichnung der Versandkosten................................................................17

3.3 Bestellung .............................................................................................................18 3.3.1 Telefon..........................................................................................................18 3.3.2 Registrierung.................................................................................................19

3.4 Lieferung und Widerruf der Waren .......................................................................20 3.4.1 Liefergeschwindigkeit ...................................................................................20 3.4.2 Zustellung .....................................................................................................21 3.4.3 Inhalt und Zustand der Waren........................................................................22 3.4.4 Hinweise zur Medikamenteneinnahme bei Lieferung.....................................23 3.4.5 Hinweise zum Widerruf der Waren bei Lieferung..........................................24 3.4.6 Rückerstattung der Kosten.............................................................................25

4 Diskussion der Ergebnisse ............................................................................................26 4.1 Diskussion zum Beratungsergebnis .......................................................................27

4.1.1 Bewertung der Medikamentenabgabe ............................................................27 4.1.2 Bewertung der Beratung ................................................................................27

4.2 Diskussion der Preise und Preisangaben................................................................28 4.2.1 Bewertung des Preises und der Preisauszeichnung.........................................28 4.2.2 Bewertung der Versandkosten .......................................................................29

4.3 Diskussion zum Service bei der Bestellung ...........................................................29 4.3.1 Bewertung der telefonischen Erreichbarkeit...................................................29 4.3.2 Bewertung der Datenerfassung ......................................................................29 4.3.3 Bewertung der Zahlungsoptionen ..................................................................30

4.4 Diskussion zur Lieferung und zum Widerruf .........................................................30 4.4.1 Bewertung der Lieferbedingungen.................................................................30 4.4.2 Bewertung der Kostenrückerstattung .............................................................31

5 Forderungen zum Versandhandel mit Medikamenten....................................................31 6 Literatur........................................................................................................................33

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Marktcheck Internetapotheken 1 Einleitung Viele Menschen bestellen heute ihre Medikamente preisgünstig und bequem im Internet. Die Versandapotheken sind eine Alternative zur üblichen Vor-Ort-Apotheke, die Verbrauchern Vorteile bringen kann. Sie ermöglichen den Kauf bequem von zu Hause aus und bieten oftmals erhebliche Preisvorteile. Besonders für internetaffine Käufer und für chronisch kranke Menschen, die ihren Medikamentenbedarf langfristig planen können, stellen Internetapotheken einen echten Zugewinn dar. Damit der Nutzen des Versandhandels nicht durch mögliche Gefahren wieder zunichte gemacht wird, müssen strenge Regeln für den digitalen Medikamentenkauf gelten. Der Versandhandel mit Medikamenten ist in Deutschland seit 2004 erlaubt. Seitdem haben sich die Internetapotheken etabliert. Ihre Zahl nimmt ständig zu. Das Register des Deutschen Instituts für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) enthält mittlerweile rund 3.200 Einträge von in Deutschland zugelassenen Versandapotheken. Legt man die rund 21.000 Vor-Ort-Apotheken zugrunde, betreiben rund 15 Prozent den Internethandel. Dieser Markt ist jedoch sehr heterogen. Die Mehrheit der Vor-Ort-Apotheken betreiben den Versandhandel nur nebenbei und verschicken die Medikamente auf Anfrage. Auf der Homepage finden sich häufig nur Informationen zur Apotheke vor Ort und ein Bestellformular. Daneben gibt es jedoch auch große Internetversandhändler mit hundert und mehr Mitarbeitern, die eher einem mittelständischen Unternehmen gleichen. Wie viele große Internethändler es tatsächlich gibt, ist nicht bekannt. Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) geht davon aus, dass nur rund 170 Apotheken einen regen Internetversandhandel betreiben (BVDVA, 2013). Das Vergleichsportal „Medizinfuchs“ listet rund 180 große Internetapotheken. Der BVDVA zählt rund dreißig Mitglieder. Außerdem haben sich neun der größten Internethändler zum Verband der europäischen Versandapotheken (EAMSP) zusammengeschlossen. Für die Versandapotheken gelten die gleichen Gesetze wie für Vor-Ort-Apotheken. Beide müssen ihre Kunden beraten und informieren, um die sichere Anwendung von Arzneimitteln zu garantieren. Mit der neuen Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) von 2012 wurden die Anforderungen an die Beratung weiter spezifiziert, z. B. durch eine Beratungspflicht bei Nebenwirkungen und Wechselwirkungen. Auch bei der Selbstmedikation muss festgestellt werden, ob das Medikament geeignet erscheint oder in welchen Fällen anzuraten ist, einen Arzt aufzusuchen (ApBetrO § 20 (2)). Für Nachfragen muss der Kunde eine Telefonnummer angeben (ApBetrO § 17 (2a) Nr. 7). Bei begründetem Verdacht auf Missbrauch ist die Abgabe zu verweigern (ApBetrO § 17 (8)). Das Internet erleichtert die Beschaffung von Medikamenten, deren Kauf vor Ort eine Hürde darstellt. Denn durch die Anonymität des Internets müssen die Kunden keine genauen Nachfragen des Apothekenpersonals fürchten und ihre Beschwerden nicht offen legen. Das kann besonders bei tabuisierten Beschwerden eine Rolle spielen, zum Beispiel bei psychischen Störungen. Die niedrigeren Preise im Internet und die problemlose Beschaffung sind auch ein Anreiz mehr zu bestellen, als gesundheitlich anzuraten ist. Im letzten Marktcheck zu Versandapotheken der Zeitschrift Test Ende 2009 bis Anfang 2010 schnitten die Internetapotheken gegenüber den Vor-Ort-Apotheken in der Beratung deutlich schlechter ab (Test 5/2010).

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Die vorliegende Untersuchung testet die Beratungsqualität und die damit einhergehende Arzneimittelsicherheit für die Kunden. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt auf Schlafmitteln. Es wird der Frage nachgegangen, ob die Versandapotheken einen möglichen Medikamentenmissbrauch erkennen, richtig dazu beraten und entsprechende Konsequenzen für die Medikation ziehen. Ein zweiter kritischer Punkt beim Internethandel ist die Preisauszeichnung. Seit 2004 unterliegen nichtverschreibungspflichtige Medikamente keiner Preisbindung mehr. Während die Preise für verschreibungspflichtige Arzneien streng nach gesetzlichen Vorgaben nach der Arzneimittelpreisverordnung gebildet werden, haben diese „Apothekenverkaufspreise“ (AVP) für die nichtverschreibungspflichtigen Tabletten und Kapseln keinerlei Bedeutung. Trotzdem werden die Preise im Internethandel häufig nach wie vor im Vergleich zu dem AVP angegeben. Das ist für Verbraucher verwirrend, weil ihnen die Bezeichnung AVP nicht geläufig ist. Außerdem wird ein hohes Preisniveau vorgetäuscht, das es gar nicht gibt. Manche Apotheken vergleichen ihre Preise stattdessen mit der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers (UVP). Da die meisten Pharmaunternehmen jedoch gar keine unverbindliche Preisempfehlung angeben, ist diese Auszeichnung falsch. Tatsächlich verbirgt sich hinter dem Kürzel UVP der Preis nach der Arzneimittelpreisverordnung. Damit werden die Kunden irregeführt. Im vorliegenden Test stehen deshalb auch die Preisangaben der Versandapotheken auf dem Prüfstand. Medikamente sind im Internet häufig günstiger als vor Ort. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass zusätzliche Kosten durch den Versand anfallen können. Wer das nicht bedenkt, muss unter Umständen am Ende trotz des Preisvorteils mehr zahlen als beim Kauf in der Apotheke um die Ecke. Je nach Apotheke variieren die Versandkosten, so dass diese bei jeder Bestellung neu überprüft werden müssen. Dazu kommt, dass jede Apotheke den Warenwert individuell festlegt, ab dem die Versandkosten entfallen. Für Verbraucher ist deshalb wichtig, dass die Preisauszeichnung transparent ist. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 16.07.2009 (I ZR 50/07) entschieden, dass unmittelbar an der Werbung für ein einzelnes Produkt die Versandkosten stehen müssen. Zumindest müssen über einen Link, durch den sich ein zusätzliches Fenster öffnet, die Kosten für die Lieferung allgemein verständlich erläutert werden. Außerdem muss spätestens im Warenkorb der konkrete Preis als gesonderte Position aufgeführt werden. Mit der Studie überprüft die Verbraucherzentrale NRW, inwieweit sich die Apotheken daran halten. Ein weiterer Aspekt der vorliegenden Untersuchung sind die Versandbedingungen. Arzneimittel dürfen nicht in unbefugte Hände gelangen. Die Apotheken müssen sicherstellen, dass die Medikamente der Person ausgeliefert werden, die vom Auftraggeber der Bestellung der Apotheke mitgeteilt wird (ApoG § 11a Abs. 2b). Aus Sicht der Verbraucherzentrale müssen deshalb die Apotheken dafür sorgen, dass die Pakete direkt beim Empfänger ankommen und nicht bei Nachbarn oder anderen Dritten abgegeben werden. Die Versender können dazu einen eigenen Vertrag mit der Zustellfirma schließen, die Ware entsprechend kennzeichnen oder selbst die Pakete ausliefern. Außerdem stellen die Widerrufsbedingungen einen kritischen Punkt dar. Einige Apotheken berufen sich in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen auf § 312d Abs. 4 BGB, wonach Waren, „die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten würde“ vom Widerruf ausgenommen sind. Die Verbraucherzentrale hat erfolgreich gegen diese Auslegung geklagt. Nach verschiedenen Urteilen des Landgerichts Köln (31 O 704/09; 31 O 690/09; 31 O 451/10) besteht auch bei Medikamenten ein Widerrufsrecht. Daher wird geprüft, ob die Versandhändler die Waren zurücknehmen und die Kosten erstatten.

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2 Untersuchungsdesign 2.1 Konzept In allen Apotheken wird das gleiche Medikament bestellt. Gleichzeitig mit der Bestellung wird eine kurze Anfrage per E-Mail abgeschickt. Die Anfrage und die bestellte Menge lassen auf einen Beratungsbedarf schließen. Es wird festgehalten, ob eine Telefonnummer für evt. Rückfragen angegeben werden muss. Getestet werden der Beratungsservice, dass heißt der Kommunikationskanal und die Zeitdauer der Beratung; die inhaltliche Beratungsqualität und letztlich das Ergebnis - die Medikamentenabgabe. Außerdem werden die Produktpreise, die Preisauszeichnung und die Versandkosten und –bedingungen erfasst. Bei der Lieferung werden die Dauer, der Zustand der Ware, die Widerrufsbedingungen und die Kostenerstattung überprüft. 2.2 Stichprobe Die Mehrheit der über 3.200 gemeldeten Versandapotheken in Deutschland betreibt den Versandhandel nur als Zusatzgeschäft. Die Internetseiten dieser Apotheken bieten keine Medikamente zur Auswahl an, sondern lediglich ein Bestellformular, bei dem der Käufer im Vorfeld wissen muss, welches Präparat er benötigt. Versandapotheken dieser Art wurden in der Untersuchung nicht berücksichtigt. Für den Apothekencheck wurden ausschließlich Internet-Apotheken ausgewählt, die ein umfassendes Sortiment professionell über das Internet vertreiben. Nach Einschätzung des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken sind das zwischen fünf und sechs Prozent der zugelassenen Betriebe (BVDVA, 2013). Die Grundlage für die Auswahl der Internetapotheken bildete das Internetportal „Medizinfuchs“, ergänzt um die Listen der Versandapotheken der Stiftung Warentest (Test, 05/2010, S. 84) und des Bundesverbands Deutscher Versandapotheken (www.bvdva.de). Insgesamt wurden 50 Apotheken ausgewählt, die Hälfte hat ihren Sitz in NRW, die andere Hälfte überregional, teilweise in den Niederlanden. 2.3 Durchführung Alle Testkäufe wurden in der Zeit vom 8. April bis 11. April von zwei Testkäuferinnen durchgeführt. Die erforderlichen Daten wurden mit Hilfe von Checklisten notiert. Die Anfrage wurde, sofern eine Maske für Fragen im Bestellvorgang vorgesehen war, direkt mit der Bestellung verschickt, ansonsten über das Kontaktformular oder die angegebene E-Mail-Adresse. Der Inhalt der Anfrage lautete: „Guten Tag. Ich habe bei Ihnen Schlaftabletten bestellt (Betadorm-D) und möchte wissen, ob ich dabei etwas beachten muss. Da ich schon seit längerer Zeit an Schlafstörungen leide benötige ich ein Mittel, dass auf Dauer gut verträglich ist. Bis jetzt hat mir noch nichts wirklich gut geholfen.“ Für die Rückrufe der Apotheken wurden Handynummern angegeben. Für die E-Mail-Anfragen und Antworten wurde eine E-Mail-Adresse eingerichtet, die von beiden Testkäuferinnen genutzt wurde. Die Bezahlung erfolgte wo immer möglich über Rechnungsstellung. Ansonsten wurden je nach Verfügbarkeit per Bankeinzug, Kreditkarte oder Überweisung gezahlt. Zahlungen über Kreditkarte oder Überweisungen erfolgten sofort nach der Bestellung am gleichen Tag. Die gelieferten Medikamente wurden im Rahmen der

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Widerrufsfrist an die Apotheken zurückgeschickt. Die Bestellmenge lag über 40 Euro, um die Erstattung der Portokosten überprüfen zu können. 2.4 Auswahl des Medikaments Für den Marktcheck wurde ein Schlafmittel mit dem Wirkstoff Diphenhydramin (Betadorm-D, Halbmond-Tabletten, Vivinox Sleep stark) gewählt. Es handelt sich um ein Antihistaminikum, das wegen seiner dämpfenden Wirkung auch als Schlafmittel eingesetzt wird. Das Medikament hat kein so hohes Suchtpotenzial wie die verschreibungspflichtigen Benzodiazepine, sollte aber trotzdem nur kurzzeitig angewendet werden (nicht länger als zwei Wochen) (DIMDI, 2010a, S. 4). Die Packungsbeilage verweist auf das Risiko einer körperlichen und seelischen Abhängigkeit, besonders bei Personen mit einer Suchterkrankung in der Vorgeschichte (DIMDI, 2010a, S. 2). Die Standarddosis beträgt 50 mg täglich (eine Tablette pro Tag) (DIMDI, 2010a, S. 3). Die Testkäufe erstreckten sich auf 5 Packungen Betadorm-D mit 20 Tabletten à 50 mg Diphenhydramin. Die empfohlene maximale Einnahmedauer von 14 Tagen ist bereits mit einer Packung überschritten. Der Anfragetext legt nahe, dass die Kundin für längere Zeit Schlafmittel einnehmen will. Der unklare Hinweis, dass ihr bis jetzt nichts geholfen habe, lässt offen, ob bereits Medikamente eingenommen wurden. Hier sollte die Apotheke nachfragen. Wenn der Warenwert unter 40 Euro lag, wurden Kosmetikprodukte hinzu bestellt. Für die möglichen Nachfragen der Apotheke wurde folgende „Fallgeschichte“ konstruiert: Die Kundin hat im Vorfeld ein Mittel gegen Schlafstörungen und Unruhe eingenommen. Der Arzt hat nach längerer Einnahmezeit (2 Monate) begonnen, das Mittel auszuschleichen. Seitdem leidet die Kundin an Einschlafstörungen, Unruhe (kann nicht still sitzen) und Ängsten, außerdem Kopf- und Muskelschmerzen, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen im Alltag und auf der Arbeit. Bisherige Medikation: Tavor (Lorazepam) der Fa. Pfizer. Bisher morgens und abends jeweils eine Tablette mit 1,0 mg. Der Arzt hat die Medikation vor etwas über einer Woche reduziert auf morgens 0,5 mg und abends 1,0 mg. Nach 14 Tagen soll die Patienten morgens und abends nur noch 0,5 mg nehmen, dann nur noch abends 0,5 mg, dann gar nichts mehr. Erläuterung: Lorazepam wird zur symptomatischen Kurzzeitbehandlung von Angst-, Spannungs- und Erregungszuständen sowie dadurch bedingten Schlafstörungen verordnet (DIMDI 2010b, S. 1). Das Mittel gehört zu den meist verordneten Tranquillantien (Schwabe & Paffrath, 2012, S. 837-838). Es ist bekannt für sein hohes Abhängigkeitspotenzial (Elsesser & Sartory, 2001, S. 9). Aufgrund seiner hohen therapeutischen Potenz wird es nur als Schlafmittel eingesetzt, wenn es auch angstlösende Wirkungen entfalten soll (DIMDI 2010b, S. 2). Es gibt andere Benzodiazepine, die eher als Schlafmittel geeignet wären (Stiftung Warentest, 2012b, S. 4). Das Mittel sollte dem Apotheker einen Hinweis darauf geben, dass die Kundin nicht ausschließlich an Schlafstörungen leidet und eine ärztliche Beratung notwendig ist. Persönlicher Hintergrund: Der Mann oder die Mutter der Kundin erlitt vor zwei Monaten einen Schlaganfall. Die Kundin machte sich große Sorgen zunächst um das Überleben, später um bleibende Behinderungen. Seitdem litt sie akut unter Schlafstörungen. Mittlerweile ist der Mann bzw. die Mutter aus der Reha entlassen und hat bis auf geringfügige feinmotorische

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Störungen in der linken Hand und geringe Sprachauffälligkeiten keine Schäden davon behalten. Die Kundin macht sich aber weiterhin Sorgen, dass ein Schlaganfall erneut auftreten könnte. 2.5 Erwartetes Beratungsergebnis 1) Die Apotheke muss darauf hinweisen, dass eine dauerhafte Anwendung nicht sinnvoll und Betadorm D nur zur kurzzeitigen Behandlung geeignet ist. 2) Da die Kundin danach fragt, was generell bei der Einnahme zu beachten ist, sollten Angaben zu möglichen Neben- und Wechselwirkungen gemacht bzw. sonstige Hinweise zur Einnahme gegeben werden. 3) Die Apotheke sollte von sich aus nach der bestehenden Medikation fragen, da die Schilderung etwas unklar ist und die Fallgeschichte auf einen Medikamentenmissbrauch hindeutet. Außerdem gibt es Wechselwirkungen zwischen Benzodiazepinen und Antihistaminika (wechselseitige Wirkverstärkung der dämpfenden Effekte) (Stiftung Warentest, 2012b, S. 7). 4) Die bestehenden Symptome sind charakteristisch für einen Entzug. Es ist nicht klar, ob sie auf das Absetzen des Medikaments (Rebound-Effekt) zurückzuführen sind oder auf die zugrunde liegende Störung (Elsesser & Sartory, 2001, S. 18-19). Eventuell liegt eine Medikamentenabhängigkeit vor. Außerdem will die Kundin Medikamente einnehmen, von denen ihr Arzt offenbar keine Kenntnis hat. Die Apotheke sollte daher unbedingt eine ärztliche Beratung empfehlen. 5) Auf jeden Fall sollte sie die Abgabe des Medikaments verweigern. 2.6 Variablen Für die Beratung wurden folgende Merkmale erfasst: Service - Rückmeldung der Apotheke: ja, nein - Modus: Telefon, E-Mail - Dauer bis zur Antwort: bis 2 Arbeitstage, länger

Inhalt - Hinweis auf begrenzte Einnahmedauer: ja, nein - Neben- und Wechselwirkungen: ja, nein - Nachfrage nach bestehender Medikation, Vorbehandlung: ja, nein - Empfehlung ärztliche Beratung: ja, nein - Hinweise zur Einnahme: Sonstiges

+ Lieferung des Medikaments: ja, nein, Anzahl Bewertung der Beratung: Bestanden: Medikament wird nicht geliefert Nicht bestanden: Medikament wird geliefert (selbst wenn Service und Inhalt sehr gut waren). Für die Preisauszeichnung: Medikament - Preis Schlafmittel: Betrag in EUR - Preisauszeichung: UVP, AVP, UAVP, Sonstiges - Preis Kosmetik: Betrag in EUR

Versand - Preis Versandkosten: Betrag in EUR - Freigrenze Versandkosten: ja, nein - Freigrenze Versandkosten: Betrag in EUR - - Versandkostennennung: ja, nein

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- Gesamtpreis: Betrag in EUR - Grundpreis: ja, nein

- Versandkosten Angabeort: direkt am Preis, Button am Preis, versteckt

Für die Bestellung: Sonstige Kosten - versteckte Kosten: ja, nein - Telefonhotline: kostenlos, kostenpflichtig, lokale Festnetznummer, keine Angabe

Bestellvorgang - Telefonnummer Pflicht: ja, nein - E-Mail Pflicht: ja, nein - Kundenkonto Pflicht: ja, nein - maximale Bestellmenge: ja, nein - maximale Bestellmenge: Anzahl

Für die Lieferung: Lieferung - Lieferzeit: Anzahl der Zustellversuche - Lieferzeit: Anzahl der Werktage - Adressat: Besteller, Nachbar, Post, anderes - Lieferzustand: richtig, vollständig, unversehrt, - Lieferant: Name des Zustellers

Angaben bei Lieferung - Warnhinweise auf dem Paket: ja, nein - Warnhinweise auf dem Paket: Inhalt - Hinweise zum Medikament: Ort der Angabe - Hinweise zum Medikament: Inhalt - Hinweise zum Widerruf: Inhalt

+ Erstattung der Kosten für das Medikament, Erstattung der Kosten für das (Rück-)Porto: ja, nein, teilweise 3 Ergebnisse 3.1 Beratungsergebnis 3.1.1 Abgabe des Medikaments Von den fünfzig Apotheken haben nur fünf die Abgabe des Medikaments ganz verweigert (10 Prozent). Weitere 15 (30 Prozent) haben eine Teilmenge verkauft, acht davon nur eine Packung. Die meisten Apotheken, 60 Prozent, haben die bestellte Menge von fünf Packungen verschickt. Dieses Ergebnis ist aus Gründen der Arzneimittelsicherheit untragbar und zeigt, dass man im Internet leicht Medikamente in missbräuchlicher Weise bestellen kann.

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Abgabe Medikament

60,00

30,00

10,00

ja, 5-malja, teilweisenein, keins

Abb. 1: Anteil der Apotheken, die fünf Packungen Betadorm D, eine Teilmenge oder keine Packung abgegeben haben, N=50. Die folgende Grafik zeigt, wie viele Packungen im Einzelnen abgegeben wurden:

Anzahl Packungen Schlafmittel

30

8

5

3

3

1

0 5 10 15 20 25 30 35

fünf Packungen

eine Packung

keine Packung

zwei Packungen

drei Packungen

vier Packungen

Anzahl Apotheken

Abb. 2: Anzahl der Apotheken, die keine bis fünf Packungen mit 20 x 50 mg Diphenhydramin abgegeben haben oder hätten, N=50. 3.1.2 Beratung Die Beratung im Vorfeld war in vielen Fällen unzureichend. 90 Prozent der Apotheken hatten sich auf die Beratungsanfrage gemeldet. Von den fünf Apotheken, die sich nicht zurückgemeldet hatten, lieferten vier die gesamte Bestellmenge, eine lediglich drei Packungen. Obwohl die Krankengeschichte und bisherige Medikamenteneinnahme der Kundin schwer einzuschätzen war und ein möglicher Medikamentenmissbrauch sicherlich einer persönlichen

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Beratung bedarf, griffen nur 17 Apotheken zum Telefonhörer. Das sind 37,8 Prozent von den 45 Apotheken, die überhaupt auf die Anfrage reagierten. 28 antworteten per E-Mail. Fünf davon hatten die Angabe der Telefonnummer nicht zur Pflicht gemacht, eine Apotheke verzichtete sogar ganz auf die Abfrage.

Art der Rückmeldung

37,78

62,22

AnrufE-Mail

Telefonnummer Pflichtangabe?

90,00

8,002,00

Pflichtfeldkein Pflichtfeldkeine Abfrage

Abb. 3: Anteil der Apotheken, die auf die Anfrage telefonisch oder per E-Mail antworteten, N=45. Erläuterung: 5 Apotheken gaben keine Rückmeldung. Apotheken, die sich sowohl per E-Mail als auch telefonisch gemeldet haben, wurden in der Kategorie telefonische Rückmeldung gewertet.

Abb. 4: Anteil der Apotheken, die bei der Bestellung die Telefonnummer als Pflichtfeld deklarierten, N=50. Erläuterung: Die Angabe der Telefonnummer ist gesetzlich vorgeschrieben.

In den meisten Fällen (95,6 Prozent, N=45) kam die Rückmeldung schnell innerhalb von 48 Stunden. Nur zweimal verzögerte sich der Beratungsprozess erheblich. Die Güte der Beratung war jedoch häufig unzureichend. 86,7 Prozent der antwortenden Apotheken erklärten ausdrücklich, dass Betadorm D nur zur kurzfristigen Behandlung geeignet sei. 48,9 Prozent berieten zu alternativen Präparaten. Nur jeweils 26,7 Prozent wiesen auf die Suchtgefahr hin und nannten Neben- und Wechselwirkungen. Noch weniger (22,2 Prozent) erläuterten nichtmedikamentöse Alternativen, wie Schlafhygiene oder Entspannung.

Hinweise zur Einnahme

6,67

8,89

15,56

22,22

26,67

26,67

26,67

48,89

86,67

0,00 10,00 20,00 30,00 40,00 50,00 60,00 70,00 80,00 90,00 100,00

Reduktion des Schlafmittels

Einnahmezeitpunkt und Menge

Ursachenabklärung wichtig

nichtmedikamentöse Therapien

Neben- und Wechselwirkungen

Sonstiges

Abhängigkeitsgefahr

alternative Medikamente

kurzfristig/ nicht länger als 2 Wochen

Prozent

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Abb. 5: Anteil der Themen, die die Apotheken bei ihrer Beratung angesprochen haben, N=45. Erläuterung: 5 Apotheken gaben keine Rückmeldung. Es sind Mehrfachnennungen möglich, die Prozentangaben addieren sich deshalb nicht zu 100. Während zwei Drittel der befragten Apotheken zur ärztlichen Abklärung rieten, fragten weniger als ein Drittel (28,9 Prozent) nach bestehender Medikation oder Vorbehandlung und selbst wenn, gingen häufig die Berater/-innen nicht weiter darauf ein.

Nachfrage Medikation/Vorbehandlung

28,89

71,11aktiv nachgefragtkeine Nachfrage

Empfehlung ärztliche Beratung

66,67

33,33

janein

Abb. 6: Anteil der Apotheken, die sich bei der Beratung nach bereits bestehender Medikation erkundigten, N=45. Erläuterung: 5 Apotheken gaben keine Rückmeldung.

Abb. 7: Anteil der Apotheken, die eine ärztliche Abklärung empfahlen, N=45. Erläuterung: 5 Apotheken gaben keine Rückmeldung.

In vielen Fällen drängte sich der Verdacht auf, dass die Apotheken durchaus wussten, dass sie eine kritische Menge verkauften, mit der Beratung aber gerade soweit an der Oberfläche blieben, dass sie ihrer Beratungspflicht vermeintlich genüge taten (Hinweis auf Arzt und kurzfristige Einnahme) und trotzdem den Verkauf abwickeln konnten. Die Verantwortung wird damit einseitig dem Kunden auferlegt. Eine Apotheke bringt es auf den Punkt. Sie riet zum Beispiel dringend den Arzt aufzusuchen und stellte es der Kundin frei, die Bestellung zu stornieren. Auf die Nachfrage, wie es denn weitergehe, antwortete der Apotheker: „Ihre Bestellung wird storniert, es sei denn, Sie wollen sie entgegen unserem Rat geliefert haben und bezahlen vor dem Versand“. Hier wird die Verantwortung auf den Kunden übertragen und im Zweifelsfall dem Geschäft der Vorrang eingeräumt. In einigen Apotheken konnte man nur eine bestimmte Anzahl von Betadorm D im Internet anklicken. Die maximale Abgabe variierte von zwei bis fünf Packungen. Eine weitere Erhöhung über dieses Limit hinaus war technisch gar nicht möglich. Insgesamt 18 Prozent der Apotheken hatten so die Anzahl der Tablettenpackungen also schon im Bestellvorgang eingegrenzt. Was auf den ersten Blick nach einer sinnvollen Kontrolle der Abgabemengen aussieht, erweist sich auf den zweiten Blick jedoch als reine Makulatur.

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max. Bestellmenge

18,00

82,00janein

Abb. 8: Anteil der Apotheken, bei denen die Bestellmenge von Betadorm D bereits im Bestellvorgang begrenzt wurde, N=50. Erläuterung: Die maximale Bestellmenge betrug viermal zwei Packungen, zweimal drei Packungen, zweimal vier Packungen und einmal fünf Packungen. Es gab weitere interne Bestellhöchstmengen, die jedoch erst bei der Beratung bzw. teilweise erst bei der Lieferung bekannt wurden. Schon allein der Spielraum in den Höchstmengen gibt zu denken, da die empfohlene maximale Einnahmezeit bereits mit einer Packung überschritten war. In einem Fall lag sogar die Bestellmenge von fünf Packungen noch im Toleranzrahmen der apothekeninternen Qualitätssicherung. In weiteren fünf Fällen konnte die Bestellgrenze für Betadorm D ganz einfach umgangen werden, indem bei der selben Apotheke einfach noch ein anderes, teilweise sogar zwei andere Präparate dazu gekauft wurden, die genau den gleichen Wirkstoff in gleicher Konzentration enthalten. Die Lieferung erfolgte problemlos. Nur in drei Fällen war die Grenze auf den Wirkstoff bezogen, was aber immer noch die Bestellung von zwei bis vier Packungen ermöglichte. Die Beratungen liefen in den meisten Fällen darauf hinaus, die „fehlenden“ Packungen durch pflanzliche Präparate zu ersetzen. Keine Apotheke machte sich noch die Mühe zu klären, wie viele Packungen in dem individuellen Fall überhaupt sinnvoll gewesen wären. Einmal fragte die Apotheke zwar nach, ob die Kundin schon länger Medikamente einnehme und wies auf die Gewöhnungsgefahr hin, auf die Antwort zur bereits bestehenden Medikation kam jedoch keine Reaktion mehr, die fünf Tablettenpackungen wurden am nächsten Tag auf den Weg gebracht – von drei verschiedenen Herstellern, weil die Abgabemenge ja begrenzt war. Ein anderer Apotheker erkundigte sich zwar nach der bestehenden Medikation, diese schreckte ihn aber keineswegs ab. Er wies lediglich darauf hin, dass es sich bei Betadorm D um eine schwächere Form handele und das man nicht mehr als vier Packungen einnehmen solle – das entspricht der von der Apotheke definierten Höchstabgabemenge. Stattdessen riet er, zwischendurch „mal eine Pause zu machen“ und nahm lediglich die fünfte Schlafmittelpackung aus der Bestellung und ersetzte sie durch ein pflanzliches (weiteres!) Präparat. Es gab jedoch auch positive Beispiele. In einem Fall lehnte die Apotheke die Lieferung unumwunden ab. Sie erläuterte, dass evt. bereits eine Abhängigkeit vorliege und aufgrund der bestehenden Schlafstörungen und der bestellten Menge zuerst ein Arzt aufgesucht werden solle. In einem anderen Fall rief der Apotheker nach vorheriger Terminabsprache an und

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erklärte, dass die bestellte Menge viel zu hoch sei und er das nicht liefern könne. Nachdem er erfragt hatte, dass die Kundin bereits Schlaftabletten einnahm, riet er ausdrücklich von den Schlaftabletten ab und stornierte von sich aus die Bestellung. Wieder eine andere Apotheke hatte sehr ausführlich beraten und empfahl nichtmedikamentöse Therapien, wie zum Beispiel Entspannung oder Psychotherapie. Nachdem sich die Kundin immer noch nicht abschließend gegen den Kauf ausgesprochen hatte, rief die Apotheke am gleichen Tag wiederholt an und gab eine zweite ausführliche Beratung und stornierte dann von sich aus die Bestellung. 3.2 Preise und Preisauszeichnung der Apotheken 3.2.1 Preise für Betadorm D Das Medikament im Test ist das Betadorm-D mit 20 Tabletten à 50 mg Diphenhydramin. Die Stichprobe ergab einen durchschnittlichen Preis von 7,05 Euro, wobei die Preise zwischen 5,34 Euro und 8,82 Euro schwankten. Das günstigste Viertel der Stichprobe kostete im Test bis zu 6,21 Euro, das teuerste Viertel gab es ab 7,67 Euro im Internet zu kaufen. Die folgende Grafik zeigt, wie sich die Käufe auf die Preisklassen verteilen:

Preis Betadorm D

1626

44

14

0

20

40

60

80

100

5 bis 6 Euro 6 bis 7 Euro 7 bis 8 Euro 8 bis 9 Euro

Prozent

Abb. 9: Anteil der Apotheken in den unterschiedlichen Preisklassen für Betadorm D, 20 Stück, N=50. 3.2.2 Kennzeichnung der Medikamentenpreise Der Höchstwert von 8,82 Euro entspricht dem Apothekenverkaufspreis (AVP), der jedoch für die Preissetzung keine Rolle mehr spielt. Mehr als die Hälfte der getesteten Apotheken griffen jedoch auf diesen Referenzwert für Preisvergleiche zurück.

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14

Preisangabe

14,00

44,00

40,00

2,00

UVPAVPUAVPSonstiges

Abb. 10: Anteil der Apotheken, die bei der Preisangabe auf einen Referenzwert verwiesen, N=50. Den meisten Apotheken erläuterten das Kürzel AVP in einer Fußnote, zum Beispiel so: „AVP: Apothekenverkaufspreis gemäß Lauer-Taxe Die Lauer-Taxe (auch "ABDA-Artikelstamm" genannt) umfasst die aktuellen Wirtschaftsdaten aller in Deutschland zugelassenen Arzneimittel und apothekenüblichen Waren, die in Deutschland für den Handel zugelassen sind, wie z.B. Apothekeneinkaufs- und –verkaufspreise, Packungsgröße, Pharmazentralnummer, Abgabe- und Zulassungsbestimmungen. Herausgeber ist der "ABDATA - Pharma-Daten-Service". In der Lauer-Taxe sind die Verkaufspreise für rezeptfreie, apothekenpflichtige Arzneimittel diejenigen Preise, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen abgegeben werden und nach § 129 Abs. 5 SGB V i.V.m. der am 31.12.2003 geltenden Arzneimittelpreisverordnung errechnet werden.“ Das dürfte für die meisten Verbraucher schwer verständlich sein und besonders diejenigen irritiert zurücklassen, die es bis zur letzten Zeile schaffen. Denn dort steht – richtig – dass der AVP für sie gar keine Relevanz hat. Denn das Medikament wird nicht von der Kasse erstattet, sondern muss vom Kunden selbst bezahlt werden. Die nächsten Erläuterungen sind außerdem problematisch, weil sie den AVP als „üblichen“ oder „nicht verbindlichen“ Preis darstellen: „AVP** 8,82 Unser Preis:*7,06 inkl. MwSt.* Rabatte gelten auf den Apothekenverkaufspreis und nicht für verschreibungspflichtige Medikamente. ** Üblicher Apothekenverkaufspreis berechnet nach der Arzneimittelpreisverordnung.“ „Alle Angaben zu Preisvorteil und Ersparnis beziehen sich auf AVP = unverbindlicher Apothekenverkaufspreis. Der AVP ist ein von einer Tochtergesellschaft der Bundesvereinigung der Deutschen Apothekerverbände unter Berücksichtigung des üblichen Herstellerverkaufspreises, der üblichen Gewinnspanne des Pharmazeutischen Großhandels

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und der Apotheke kalkulierter Endverkaufspreis. Bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ist der AVP für Apotheken nicht verbindlich.“ Diejenigen Apotheken, die ihre Referenzpreise als UVP deklarierten, legten sich in der Fußnote meistens nicht fest, ob es sich um den UVP, den AVP oder etwas anderes handelt. Beispiele: „Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, gesetzlicher Verkaufspreis oder bei rezeptpflichtigen Produkten Apothekenabgabepreis.“ „ 1: Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers oder Angabe nach der deutschen Arzneimitteltaxe (sog. Lauer-Taxe) oder Angabe bzw. Berechnung gemäß Arzneimittelpreisverordnung. 2: Ersparnis gegenüber UVP (1)“ „Unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers (UVP) oder Erstattungspreis der gesetzlichen Kassen, falls ausnahmsweise verschrieben.“ Knapp die Hälfte der getesteten Apotheken nahmen gar keinen Bezug auf die Kürzel AVP, UVP oder ähnliches. Zwölf Apotheken beschränkten sich auf die aktuelle Preisangabe, zehn weitere wählten ungenaue Begriffe wie „ehemaliger Verkaufspreis“, „alter Preis“, „Vor-Ort-Preis“, „statt“ oder gar „gesetzlicher Verkaufspreis“. In vielen Fällen tauchte auch hier der AVP als Erklärung in der Fußnote auf. Alle diese Varianten wurden unter „Sonstiges“ zusammengefasst. 3.2.3 Versandkosten Ein zweiter Kostenpunkt bei den Internetapotheken ist der Versand. Sowohl die absolute Höhe der Versandkosten als auch die Freigrenzen, ab denen diese nicht mehr anfallen, werden sehr unterschiedlich gehandhabt. Im Durchschnitt lagen in der geprüften Stichprobe die Versandkosten bei 4,06 Euro und reichten von null bis 5,5 Euro. Das günstigste Viertel der Apotheken berechnete bis zu 3,9 Euro, das teuerste mindestens 4,5 Euro.

Versandkosten

4,170,00

4,17

58,33

33,33

0,00

20,00

40,00

60,00

80,00

100,00

bis 1 Euro 1 bis 2 Euro 2 bis 3 Euro 3 bis 4 Euro 4 bis 5,5 Euro

Prozent

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Abb. 11: Anteil der Apotheken in den unterschiedlichen Preisklassen für die Versandkosten, N=48. Erläuterung: Zwei Apotheken machten keine Angabe zu den Versandkosten. Über 90 Prozent der Apotheken erhoben Versandkosten zwischen 3,50 Euro und 5,50 Euro. Nur in wenigen Ausnahmefällen waren die Kosten niedriger. Eine Apotheke berechnete prinzipiell keine Versandkosten, solange die Kunden online bestellen. Bei allen Apotheken bezogen sich die angegebenen Kosten nur auf den Regelfall, dass heißt bei sehr schweren Paketen, Versendungen ins Ausland oder besonders schneller Lieferung wird es teurer. Diese zusätzlichen Ausgaben können die Einsparungen durch günstige Medikamente schnell wieder aufheben. Erst bei größeren Bestellmengen wiegen die Angebotspreise die Versandkosten auf. 3.2.4 Versandkostengrenze Hinzu kommt, dass die Apotheken meistens eine Grenze definieren, ab der der Versand kostenlos ist. Nur zwei Apotheken in der Stichprobe machten davon keinen Gebrauch, eine davon berechnete grundsätzlich 99 Cent für den Versand, unabhängig vom Warenwert. Die Freigrenze für die Versandkosten lag im Durchschnitt bei 37,8 Euro und variierte erheblich von 10 Euro bis 75 Euro.

Versandkostengrenze

6,25

33,33

10,42 14,58

29,17

0,006,25

0,00

20,00

40,00

60,00

80,00

100,00

unter 20 Euro 20 bis 30Euro

30 bis 40Euro

40 bis 50Euro

50 bis 60Euro

60 bis 70Euro

über 70 Euro

Prozent

Abb. 12: Anteil der Apotheken in den unterschiedlichen Preisklassen für die Versandkostengrenze, N=48. Erläuterung: Zwei Apotheken hatten keine Versandkostengrenze. Sowohl niedrige als auch hohe Freigrenzen kamen in etwa gleich häufig vor. Daher lohnt es sich, diese zu vergleichen und sie als Auswahlkriterium zu nutzen, wenn der Lieferumfang feststeht. Die Versandkostengrenze sollte jedoch nicht dazu verleiten, mehr zu bestellen als unbedingt erforderlich ist. In der Praxis ist das jedoch nicht auszuschließen, dazumal viele Apotheken im Warenkorb die noch bestehende Differenz zur Versandkostengrenze angaben. Die Anreizwirkung, durch die Freigrenze mehr zu bestellen, ist also durchaus gewollt und wird gezielt beworben. In knapp der Hälfte der vorliegenden Testkäufe wurde mit der Bestellmenge von fünf Packungen Schlaftabletten die Versandkostengrenze erreicht.

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Versandkostengrenze erreicht?

46,81

53,19

janein

Abb. 13: Anteil der Apotheken, bei denen mit der Bestellung von fünf Packungen Schlaftabletten mit 20 Tabletten à 50 mg Diphenhydramin die Versandkostengrenze erreicht wurde, N=47. Erläuterung: Zwei Apotheken hatten keine Versandkostengrenze, eine Apotheke berechnete gar keine Versandkosten. 3.2.5 Kennzeichnung der Versandkosten Nach dem Urteil des BGH vom 16. Juli 2009 (I ZR 50/07) reicht es aus, unmittelbar bei der Werbung für das einzelne Produkt den Hinweis „zzgl. Versandkosten“ aufzunehmen, wenn sich beim Anklicken dieses Hinweises ein Fenster mit einer verständlichen Erläuterung der Berechnungsmodalität der Versandkosten öffnet und die tatsächliche Höhe der für den Einkauf anfallenden Versandkosten beim Aufruf des virtuellen Warenkorbes gesondert ausgewiesen wird. In immerhin 30 Prozent der getesteten Apotheken war dies jedoch nicht der Fall. Die Versandkosten waren nicht direkt am Produkt zu finden sondern ausschließlich in den Randspalten oder am Kopf oder Fuß der Internetseite. Da die meisten Seiten sehr überfrachtet sind, können die Versandkosten so leicht übersehen werden, besonders wenn die Angaben von der sonst üblichen Praxis abweichen. In zwei Fällen waren außerdem keine Angaben zu den Versandkosten zu finden, bei einer Apotheke enthielten nicht alle Links die vollständigen Angaben für den Versand im Inland. Hinzu kommt die aus gesundheitlicher Sicht zweifelhafte Praxis, den Differenzbetrag bis zur Versandkostengrenze bei der Bestellung einzublenden.

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Ort Versandkosten

6,00

30,00

64,00

direkt am PreisButton am Preisversteckt

Abb. 14: Anteil der Apotheken, bei denen die Versandkosten an einer bestimmten Stelle zu finden sind, N=50. Der nächste Abschnitt geht auf den Aspekt der Telefonkosten genauer ein, da diese auch unter Service- und Beratungsaspekten eine Rolle spielen. 3.3 Bestellung 3.3.1 Telefon Nicht bei allen Internetanbietern musste man bei der Bestellung eine Telefonnummer angeben. Bei fünf Apotheken war das Telefonfeld kein Pflichtfeld, eine Apotheke erfragte die Rufnummer der Kunden gar nicht. Anders sieht es bei der Angabe der E-Mail aus: diese forderten alle Internetapotheken. Offensichtlich ist die schriftliche Beratung für viele Apotheken das Mittel der Wahl. So reagierten knapp zwei Drittel auf die Anfrage mit einer E-Mail, obwohl die genauen Umstände der Kundin besser im persönlichen Kontakt zu klären waren. Viele Internethändler stellen es ihren Kunden frei und geben direkt auf der Einstiegsseite über ein eigenes Feld den Käufern die Möglichkeit anzukreuzen, ob sie eine Beratung per Telefon oder E-Mail wünschen. Das kommt sicher den Interessen der Verbraucher entgegen, entbindet jedoch die Apotheken nicht davon, in kritischen Fällen – wie im vorliegenden Test - selbst anzurufen, um die Situation zu klären. Dies gilt umso mehr, als in den meisten Fällen die telefonische Beratung der Apotheken kostenpflichtig war.

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Telefonhotline

38,00

10,002,00

50,00

kostenloskostenpflichtigkeine Angabelokales Festnetz

Abb. 15: Anteil der Apotheken mit unterschiedlichen Kosten der Beratungshotline, N=50. 38 Prozent machten explizit auf die kostenlose Hotline aufmerksam. Die meisten Apotheken waren nur unter einer lokalen Festnetznummer zu erreichen. 10 Prozent gaben für ihre Hotline eine kostenpflichtige Sondernummer an, dabei fielen 14 Cent pro Minute aus dem deutschen Festnetz an, im Einzelfall auch neun Cent. Der Bundesgerichtshof hat jedoch mit Urteil vom 19.07.2012 entschieden, dass eine Online-Apotheke zur pharmazeutischen Beratung seiner Kunden keine Telefon-Hotline zur Verfügung stellen darf, die nur gegen Gebühr in Anspruch genommen werden darf (BGH, Az.: I ZR 40/11). Viele Verbraucher wählen keine Hotline, weil ihnen die Kosten nicht transparent genug sind und sie hohe Ausgaben fürchten. Bei vielen lokalen Festnetznummern ist außerdem nicht klar, dass es sich um eine solche handelt. Nur durch eine Recherche im Impressum lässt sich überprüfen, ob die Vorwahl zum Sitz der Apotheke passt. 3.3.2 Registrierung Die Hälfte der Apotheken gab den Verbrauchern bei der Erstbestellung die Möglichkeit, sich als Gast anzumelden und damit nicht die kompletten Daten in einem Kundenkonto zu hinterlegen. Auch wenn dieser Aspekt nicht im Fokus der Untersuchung stand, erscheint er doch erwähnenswert: Die Gastoption erweckt zumindest den Eindruck, dass sie den Kunden vor unnötiger Preisgabe ihrer Daten schützt. Denn es ist unnötig, die persönlichen Angaben über den eigentlichen Zweck der Medikamentenbestellung hinaus aufzubewahren. Es besteht dadurch die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung, sei es durch die Apotheke selbst in Form von unerwünschter Werbung, den Verkauf von Daten oder den Zugriff unbefugter Dritter.

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Kundenkonto

50,0050,00

freiwilligPflicht

Abb. 16: Anteil der Apotheken, bei denen ein Kundenkonto freiwillig oder als Pflicht angelegt werden musste, N=50. 3.4 Lieferung und Widerruf der Waren 3.4.1 Liefergeschwindigkeit Im Durchschnitt kamen die Medikamente nach 3,8 Werktagen bei den Kundinnen an, der Median lag bei vier Werktagen. Es gab jedoch auch einige Ausreißer, die mit sechs, neun oder sogar 15 Tagen deutlich darüber lagen. Bei einer Apotheke zog sich der Kontakt aufgrund der Beratungsanfrage unverhältnismäßig in die Länge, in einem Fall war offensichtlich der Zusteller für die Verspätung verantwortlich. Die Apotheke versicherte einen zeitnahen Versand, das Paket erreichte die Kundin leicht beschädigt und von der Post nachverpackt. In einem Fall hatte sich die Lieferung ohne erkennbaren Grund verzögert.

Werktage bis zur Lieferung

5,26

28,95

10,53

26,3221,05

7,89

0,00

20,00

40,00

60,00

80,00

100,00

1 Werktag 2 Werktage 3 Werktage 4 Werktage 5 Werktage mehr als 5Werktage

Prozent

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Abb. 17: Anteil der Lieferungen nach Werktagen, N=38. Erläuterung: In vier Fällen hatte die Apotheke von sich aus die Lieferung abgelehnt, in weiteren acht Fällen hatte die Kundin die Bestellung storniert, nachdem definitiv klar war, dass die Apotheke nur ein oder zwei Packungen verschicken wird. Auch die Zahlungsmodalitäten spielten eine Rolle bei der Bearbeitungsgeschwindigkeit. Bei Bestellungen mit einer Lieferzeit von ein bis zwei Werktagen, wurden 61,5 Prozent der Rechnungen per Bankeinzug beglichen und nur 23 Prozent per Überweisung. Der Rest entfiel auf Zahlungen mit Kreditkarte. Bei drei bis vier Werktagen Lieferzeit betrug der Anteil der Überweisungen schon 50 Prozent, bei fünf Werktagen 62,5 Prozent und bei noch längeren Zeiten 100 Prozent. Ein eindeutiger Zusammenhang kann hier nicht hergestellt werden, da die Zahlungsmodalitäten je nach Apotheke variierten. Das Ergebnis legt aber nahe, dass die Internethändler bei bestimmten Zahlungsvarianten schneller reagieren als bei anderen. Die Kunden können diesen Aspekt nicht beeinflussen, weil Erstbestellern häufig nur eingeschränkte Wahlmöglichkeiten zur Verfügung stehen. 3.4.2 Zustellung In den meisten Fällen wurde das Paket direkt beim ersten Anlauf zugestellt (92 Prozent). Nur dreimal musste der Bringdienst einen zweiten Versuch unternehmen. Die Zustellpraxis hing mit dem Anbieter zusammen. Bei Lieferungen mit DHL wurde das Paket sofort an die nächstgelegene DHL-Filiale weitergeleitet, wenn die Empfängerin nicht erreichbar war, während Hermes und DPD erst nach einem zweiten Versuch das Paket beim nächsten Vertragshändler („Hermes-Büdchen“) hinterlegten. Der überwiegende Teil der Pakete wurde mit DHL versandt (33 von 38), während Hermes (4) und DPD (1) deutlich seltener lieferten. Die Deponierung der Pakete in Filialen ist zwar mit längeren Wegen für die Kunden verbunden, aber besser als die Abgabe bei unbeteiligten Dritten. Tatsächlich hinterließen die Zusteller jedoch mehr als zwei Drittel der Pakete bei den Nachbarn.

Lieferung an5,26

68,42

23,68

2,63

AdressatNachbarPostKiosk

Abb. 18: Anteil der Lieferungen an unterschiedliche Adressaten, N=38. Erläuterung: In vier Fällen hatte die Apotheke von sich aus die Lieferung abgelehnt, in weiteren acht Fällen hatte die Kundin die Bestellung storniert, nachdem definitiv klar war, dass die Apotheke nur ein oder zwei Packungen verschicken wird.

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Von diesen 26 Paketen enthielten nur neun einen expliziten Hinweis, dass sie nur persönlich und/oder nicht beim Nachbarn ausgehändigt werden dürfen. Insgesamt hatten nur 60,5 Prozent der Pakete einen Aufdruck mit Warnhinweisen.

Warnhinweise auf dem Paket

60,53

39,47

janein

Abb. 19: Anteil der Lieferungen mit Warnhinweisen auf dem Paket, N=38. Erläuterung: In vier Fällen hatte die Apotheke von sich aus die Lieferung abgelehnt, in weiteren acht Fällen hatte die Kundin die Bestellung storniert, nachdem definitiv klar war, dass die Apotheke nur ein oder zwei Packungen verschicken wird. Die meisten Hinweise waren zudem unvollständig. Während noch 21 von 23 Aufschriften gezielt die Abgabe an Kinder untersagten, schlossen nur 13 die Nachbarschaftsabgabe aus. Einen Hinweis auf ausschließlich persönliche Zustellung hatten nur fünf Pakete. 3.4.3 Inhalt und Zustand der Waren Der Lieferzustand der Waren war im Allgemeinen nicht zu beanstanden. Mängel gab es nur vereinzelt und wenn handelte es sich um kleinere Schäden an der Verpackung, wie zum Beispiel Eselsohren. In einem Fall war der Cremetiegel eines Kosmetikprodukts aus der Verpackung gerutscht, weil die Medikamente nur lose in dem Paket lagen. Der Wareninhalt entsprach zwar in allen Fällen der Bestellung, teilweise jedoch in reduziertem Umfang. Vier Apotheken lieferten eine geringere Menge als die fünf Packungen ohne das im vorherigen Beratungskontakt anzukündigen. Eine Apotheke hatte offen gelassen, um wie viel sie die Bestellung kürzen würde, bei zweien kam die Einschränkung nach den vorherigen Kontakten völlig unerwartet. Eine Apotheke hatte im Vorfeld gar nicht auf die Beratungsanfrage reagiert und einfach eine Teilmenge verschickt.

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Lieferzustand

100,00

89,47

86,84

0,00 20,00 40,00 60,00 80,00 100,00

richtig

vollständig (gemäßBestellung)

unversehrt

Prozent

Abb. 20: Anteil der Lieferungen nach Zustand und Vollständigkeit der Ware, N=38. Erläuterung: In vier Fällen hatte die Apotheke von sich aus die Lieferung abgelehnt, in weiteren acht Fällen hatte die Kundin die Bestellung storniert, nachdem definitiv klar war, dass die Apotheke nur ein oder zwei Packungen verschicken wird. Drei dieser vier Apotheken äußerten sich schriftlich zur Kürzung der bestellten Menge, in einem Fall sehr dürftig, zweimal ausführlicher. 3.4.4 Hinweise zur Medikamenteneinnahme bei Lieferung Insgesamt verschickten 25 von 38 Apotheken Hinweise zur Medikamenteneinnahme, in 14 Fällen konkret zu dem bestellten Schlafmittel. Die meisten Erläuterungen waren jedoch allgemeine Hinweise auf die pharmazeutische Beratung oder beinhalteten Standardsätze wie „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“, „Sollten Probleme während der Einnahme des Arzneimittels auftreten, nehmen Sie bitte Kontakt zu Ihrem behandelnden Arzt oder zu Ihrer behandelnden Ärztin auf“ oder „Warnhinweis: Arzneimittel dürfen ohne ärztlichen Rat nicht langfristig eingenommen werden. Bitte unbedingt den Beipackzettel beachten“. Einige Apotheken wählten einen Standardvermerk auf der Rechnung, andere machten eine handschriftliche Notiz. Teilweise gaben die Apotheken Merkblätter mit dem Titel Patienteninformationen heraus und/oder gesonderte Anschreiben, die mal mit persönlicher Anrede versehen waren, mal ohne. Einige benutzten farbiges Papier für besondere Hinweise, zum Beispiel rote Zettel. Die Informationen waren häufig auf verschiedene Blätter verteilt. Zusätzlich beinhalteten einige Lieferungen Medikationspläne und/oder Aufforderungen, an Medikamentenchecks teilzunehmen sowie vielfach Werbung.

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Informationen zur Medikation

34,21

26,32

13,16

0,00 20,00 40,00 60,00 80,00 100,00

Lieferschein/Rechnung

Anschreiben

Zusatzblätter

Prozent

Abb. 21: Anteil der Lieferungen mit Zusatzinformationen zur Medikation, Mehrfachnennungen möglich, N=38. Erläuterung: In vier Fällen hatte die Apotheke von sich aus die Lieferung abgelehnt, in weiteren acht Fällen hatte die Kundin die Bestellung storniert, nachdem definitiv klar war, dass die Apotheke nur ein oder zwei Packungen verschicken wird. 3.4.5 Hinweise zum Widerruf der Waren bei Lieferung Deutlich seltener, in insgesamt neun Fällen, gab es Hinweise zur Rücknahme der Medikamente, sieben Apotheken baten im Falle der Rücksendung um vorherige Kontaktaufnahme. Vier Apotheken wiesen darauf hin, dass Medikamente nicht oder nur in Ausnahmefällen zurückgenommen werden könnten. Nur drei legten der Sendung einen Retourenschein bei.

Informationen zur Rücksendung

18,42

10,53

7,89

0,00 20,00 40,00 60,00 80,00 100,00

Bitte um Rückruf/E-Mail

keine Rücknahme

Retourenschein

Prozent

Abb. 22: Anteil der Lieferungen mit Zusatzinformationen zur Rücksendung, Mehrfachnennungen möglich, N=38. Erläuterung: In vier Fällen hatte die Apotheke von sich aus die Lieferung abgelehnt, in weiteren acht Fällen hatte die Kundin die Bestellung storniert, nachdem definitiv klar war, dass die Apotheke nur ein oder zwei Packungen verschicken wird.

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3.4.6 Rückerstattung der Kosten Die Medikamente wurden in allen Fällen zurückgesandt. Dort, wo ein Retourenschein vorhanden war, wurde davon Gebrauch gemacht. Ansonsten wurden die Pakete freigemacht und zurückgeschickt. Über 71 Prozent der Apotheken erstatteten den vollen Kaufpreis. Sieben Apotheken (18,4 Prozent) überwiesen nur einen Teilbetrag. Fünf davon behielten das Porto ein, eine Apotheke zusätzlich eine Bearbeitungsgebühr von fünf Euro. In einem Fall zog die Apotheke eine vorher erhobene Logistikpauschale von der Erstattungssumme ab. Einmal wurde das Geld für das Pflegeprodukt zurückgezahlt, nicht aber für die Schlafmittel. Weitere vier Apotheken gaben gar kein Geld zurück, einmal mit dem Hinweis, dass Medikamente und Kosmetika vom Umtausch ausgeschlossen seien. In einem anderen Fall wurde das Guthaben einem virtuellen Konto gutgeschrieben, um es mit zukünftigen Bestellungen zu verrechnen. Zwei Apotheken reagierten trotz schriftlicher Zahlungsaufforderung nicht. Insgesamt mussten neun Apotheken schriftlich an die Zahlung erinnert werden, da sie von sich aus nicht tätig wurden.

Rückerstattung der Kosten

18,42

10,53

71,05

ja, komplettja, teilweisenein

Abb. 23: Anteil der Apotheken nach Kostenrückerstattung, N=38. Erläuterung: In sechs Fällen wurde der Auftrag nach der Beratung storniert, bevor eine Zahlung veranlasst wurde, in weiteren sechs Fällen wurde die Zahlung per Rechnung nicht angewiesen, da das Paket sofort nach Zustellung zurückgesandt wurde. Gemäß § 357 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dürfen Unternehmen ihren Kunden die Kosten für die Rücksendung nur dann vertraglich auferlegen (z.B. durch eine Allgemeine Geschäftsbedingung), wenn der Preis der zurückzusendenden Ware maximal 40 € beträgt oder wenn bei einem höheren Preis der Verbraucher im Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht bezahlt hat. Diese Kosten wurden in der Regel jedoch nicht übernommen. Nur sechs von 31 Apotheken kamen dafür auf, dass entspricht 19,4 Prozent. Zwei Pakete enthielten einen Retourenschein. In zwei weiteren Fällen wurde einer von den Testkäuferinnen angefordert, jedoch auch nur deshalb, weil die Apotheken in ihrem Anschreiben darum gebeten hatten. In allen anderen Fällen wurde auf dieses Vorgehen verzichtet, da es eine Hürde darstellt und Verbraucher in der Regel so nicht verfahren. Ob in den anderen Fällen die Versandhändler ebenfalls einen Retourenschein zugesandt hätten, ist damit unklar. Nur zwei Apotheken erstatteten einen Betrag über die Rechnungssumme hinaus. Einmal handelte es sich um 4,10 Euro, das entspricht den Kosten für den unversicherten Versand und einmal waren es 10,05

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Euro. Bei der letzten Summe ist nicht klar, wie sie zustande kommt, so dass ein Fehler der Apotheke nicht ausgeschlossen werden kann.

Rückerstattung Portokosten

19,35

80,65janein

Abb. 24: Anteil der Apotheken mit Übernahme der Portokosten für die Rücksendung, N=31. Erläuterung: In 12 Fällen wurde kein Paket zugestellt, zweimal lag der Warenwert unter 40 Euro, fünfmal war die Ware zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht bezahlt. 4 Diskussion der Ergebnisse In der vorliegenden Untersuchung wurden Testkäufe in 50 Versandapotheken durchgeführt, die sich mit einem großen Warensortiment im Internet präsentierten. Es wurden jeweils fünf Packungen à 20 Tabletten Betadorm D bestellt, ein für die Behandlung von Schlafstörungen geeignetes Antihistaminikum. Das Präparat ist nur für die kurzfristige Anwendung gedacht, die Packungsbeilage gibt eine maximale Anwendungszeit von 14 Tagen an. Bereits eine Packung mit 20 Tabletten überschreitet diese empfohlene Zeitspanne. Bei langfristiger Einnahme besteht eine Abhängigkeitsgefahr. Besonders gefährdet sind Personen mit einer Abhängigkeitserkrankung in der Vorgeschichte. In den vorliegenden Testkäufen trat eine Kundin an die Versandapotheken heran und bestellte das Fünffache (!) der empfohlenen Höchstmenge. Eine mit der Bestellung aufgegebene Anfrage wies die Apotheken darauf hin, dass die Kundin bereits seit längerem an Schlafstörungen litt und eine langfristige Einnahme beabsichtigte. Die Kundin fragte, was bei der Einnahme zu beachten sei. Mit der E-Mail wurden die Versandapotheken – zusätzlich zu der viel zu hohen Bestellmenge – auf einen möglichen Medikamentenmissbrauch aufmerksam gemacht. Unklar blieb, ob und wenn ja welche Medikamente die Kundin bereits einnahm. Apotheker/-innen, die hier nachfragten, erfuhren, dass die Kundin bereits seit zwei Monaten ein ärztlich verordnetes Schlafmittel bekam, das für sein hohes Suchtpotenzial bekannt ist und dieses gerade herunterdosierte. Typischerweise treten dabei die Ausgangssymptome, wie Schlaflosigkeit, Unruhe, Ängste, Kopfschmerzen etc. als Entzugssymptome erneut auf, weshalb die Betroffenen weiter zu Medikamenten greifen – ein Teufelskreis. Die einzig richtige Entscheidung der Apotheke in diesem Fall wäre gewesen, die Abgabe ganz zu verweigern.

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4.1 Diskussion zum Beratungsergebnis 4.1.1 Bewertung der Medikamentenabgabe Die Ergebnisse zeigen, dass die derzeitige Praxis des Versandhandels mit Medikamenten nicht nur vereinzelt sondern systematisch Sicherheitslücken aufweist. 60 Prozent der Apotheken haben die fünf Packungen Schlafmittel anstandslos verschickt. Nur fünf Apotheken haben die Medikamentenabgabe unter den gegebenen Bedingungen konsequent verweigert – aus Sicht der Verbraucherzentrale die einzig akzeptable Vorgehensweise. Selbst wenn man zu Gute hält, dass acht Apotheken nur eine Packung abzugeben bereit waren – häufig mit dem Argument der „Überbrückung“ bis zum Arztbesuch – bleibt anzumerken, dass keine davon zu einer kleineren Packung geraten hatte, nämlich zehn statt zwanzig Tabletten. Die Tatsache, dass 40 Prozent der Versandhändler eine Teilmenge oder keine Tabletten abgegeben haben, zeigt aber auch, dass den Apotheken das Problem durchaus bewusst war, jedoch nur unzureichende Konsequenzen daraus gezogen wurden. Eine Kritik ist, dass in dem konkreten Fall auch eine Teilmenge schon zu viel war. Eine weitere betrifft die praktische Handhabung von Höchstabgabemengen. Viele Apotheken mit einer intern festgelegten maximalen Bestellmenge gingen in der Beratung gar nicht mehr auf den Einzelfall ein, sondern versuchten lediglich die „fehlenden“ Bestellungen durch andere, vermeintlich harmlosere pflanzliche Präparate zu ersetzen. Die Kontakte dienten in diesen Fällen eher dem Verkauf. Ein Teil der Apotheken hatte zudem die Höchstgrenze bereits technisch umgesetzt, in dem über die Internetseite maximal zwei bis fünf Packungen bestellt werden konnten. Diese „Sicherheit“ konnte problemlos umgangen werden, indem Tabletten mit dem gleichen Wirkstoff von einem bzw. zwei weiteren Herstellern bezogen wurden. In einigen Fällen wurde schlicht eine gekürzte Menge geliefert, ohne vorherige Ankündigung. Die vorangegangene Beratung war dürftig oder fand gar nicht statt. In einem Fall gab es im Vorfeld sogar zwei ausführliche schriftliche Kontakte zu alternativen Medikamenten, die im Nachhinein als reine Marketinginstrumente zu werten sind, da sie in keiner Weise auf die konkrete Fallkonstellation oder die Notwendigkeit einer Reduzierung eingingen. 4.1.2 Bewertung der Beratung Auch an anderen Stellen war die Beratung unzureichend. Das betraf sowohl die Form als auch den Inhalt. Nach der Apothekenbetriebsordnung (§ 17 Absatz 2a, Nr. 7) müssen Kunden als Voraussetzung für die Arzneimittellieferung eine Telefonnummer bei der Bestellung angeben. Abgesehen davon, dass fünf Apotheken die Angabe einer Telefonnummer nicht zur Pflicht machten, meldeten sich nur 38 Prozent der Apotheken, die überhaupt reagierten, per Telefon. Das ist kritisch zu werten, weil in dem Fallbeispiel Klärungsbedarf bestand und zusätzliche Fragen, wie zum Beispiel die nach bereits bestehender Medikation, notwendig waren. Aus der Kunden-E-Mail kann nicht geschlossen werden, dass eine telefonische Beratung nicht erwünscht ist. Zum einen bieten nicht alle Apotheken eine Beratungshotline an, zum anderen fallen meistens Kosten an, sei es durch einen Festnetzanschluss oder durch eine kostenpflichtige Hotline. Der Bundesgerichtshof hat jedoch mit Urteil vom 19.07.2012 (I ZR 40/11) entschieden, dass Versandapotheken ihren Kunden für eine pharmazeutische Beratung keine gebührenpflichtige Telefon-Hotline anbieten dürfen. Positiv fiel die schnelle Antwort der meisten Apotheken auf. Über 95 Prozent der antwortenden Apotheken reagierten innerhalb von zwei Tagen. Der Inhalt der Beratungen erwies sich jedoch als lückenhaft. Die Apotheken sollten mindestens darauf hinweisen, dass das Präparat nur zur kurzzeitigen Anwendung gedacht ist, weitere Hinweise zur Einnahme geben, weil in der E-Mail danach gefragt wurde und wegen

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der unklaren Situation der Testkundin nach bestehender Medikation fragen sowie eine ärztliche Konsultation empfehlen. Die kurzfristige Einnahmezeit erwähnten noch 87 Prozent, die ärztliche Beratung empfahlen zwei Drittel. Nur 29 Prozent erkundigten sich nach bestehender Medikation, 27 Prozent sprachen mögliche Neben- und Wechselwirkungen oder die Abhängigkeitsgefahr an. Andere Hinweise zur Einnahme waren noch seltener. Damit erfüllten nur 6 von 45 Apotheken die im Vorfeld definierten Mindestkriterien für die Beratung (13,3 Prozent). Stattdessen befürworteten knapp die Hälfte der Apotheken alternative Medikamente (49 Prozent). Damit wurde zu oft zu Gunsten des Verkaufs und zu Lasten der Patientensicherheit beraten. Seit Mitte 2012 ist die neue Apothekenbetriebsordnung in Kraft. Sie gilt grundsätzlich sowohl für Vor-Ort-Apotheken als auch für den Internethandel. In Fachkreisen wird jedoch über die Auslegung diskutiert. Die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) hatte die Apothekenbetriebsordnung dahingehend konkretisiert, dass bei jedem Versand eine telefonische Beratung durchgeführt werden muss. Daraufhin hat der Bundesverband Deutscher Versandapotheken BVDVA das BMG um Klarstellung gebeten. Das Bundesministeriums für Gesundheit hatte dazu in einer Stellungnahme festgestellt: „Durch die Möglichkeit, aus einer öffentlichen Apotheke zusätzlich zum üblichen Apothekenbetrieb Arzneimittel auch im Wege des Versandhandels abzugeben, hat der Gesetzgeber eine Ausnahme von der für die Apotheken grundsätzlich bestehenden persönlichen Beratung geschaffen.“ Weiter heißt es: „Auch beim Versand sind Apotheker grundsätzlich gehalten, durch Information und Beratung die Arzneimittelsicherheit zu fördern. Allerdings hat hier der Kunde die freie Entscheidung, ob er die Beratung der Versandapotheke in Anspruch nimmt oder nicht. Damit entfällt bei einer Versandapotheke grundsätzlich die Pflicht eigeninitiativ zu beraten, nicht aber das Recht des Patienten, beraten zu werden.“ (Hollstein, 2013) Allerdings räumt das BMG ein, dass der Apotheker in jedem Einzelfall prüfen muss, ob die Arzneimittelsicherheit durch fernmündliche oder schriftliche Information hinreichend gewährleistet werden kann, da sonst das Medikament nicht abgegeben werden darf. Die derzeitige Versand- und Beratungspraxis der Internetapotheken wird dem jedoch nicht gerecht. Der vorliegende Test zeigt, dass es nicht ausreicht, dem Kunden die alleinige Entscheidung über seinen Beratungsbedarf und Medikamentenkonsum zu überlassen und das die Beratung selbst dann Mängel aufweist, wenn der Kunde sie ausdrücklich wünscht. Vor dem Hintergrund, dass an vielen anderen Stellen im Gesundheitswesen über die Arzneimittelsicherheit diskutiert wird, muss sichergestellt werden, dass gerade auch im Kontakt mit dem Endverbraucher die Spielregeln eingehalten werden. 4.2 Diskussion der Preise und Preisangaben 4.2.1 Bewertung des Preises und der Preisauszeichnung Bereits seit fast zehn Jahren (2004) können die Apotheken die Preise für nichtverschreibungspflichtige Medikamente selbst bestimmen. Das Medikament im Test – Betadorm D – ist ein teures Schlafmittel. Im Test kostete es durchschnittlich 7,05 Euro. Der Preis lag damit nur geringfügig unter dem ehemaligen Apothekenverkaufspreis (AVP) von 8,82 Euro. Die Apotheken orientieren sich demnach immer noch an dem alten Referenzwert, obwohl sie bei nichtverschreibungspflichtigen Medikamenten im Wettbewerb zueinander stehen wie andere Händler mit ihren Waren. Der Bezug zum AVP suggeriert den Verbrauchern, dass es für nichtverschreibungspflichtige Medikamente einen vorgeschriebenen Preis gibt und – wie in diesem Beispiel – ein hohes Preisniveau. Der Preiswettbewerb bei Medikamenten hat sich immer noch nicht durchgesetzt.

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Dazu kommt, dass die Angabe des AVP für Verbraucher irreführend ist, weil er in dem Marktsegment der Selbstmedikation keine Relevanz hat. Außerdem wissen die meisten Kunden nicht, was der Preis bedeutet und wie sie ihn interpretieren müssen. Manche Apotheken „lösen“ das Problem, in dem sie den AVP in UVP (unverbindliche Preisempfehlung) umbenennen. Das ist jedoch meistens falsch, weil viele Hersteller gar keine unverbindliche Preisempfehlung angeben. Die Preisauszeichnung in diesem Segment muss dringend im Verbraucherinteresse einheitlich richtig, verständlich und verbindlich geregelt werden. 4.2.2 Bewertung der Versandkosten Ein weiterer kritischer Punkt sind die Versandkosten und ihre Handhabung. Im Testbeispiel übersteigt die Preisspanne bei den Versandkosten (5,50 Euro) die des Medikaments (3,48 Euro), so dass Preisvorteile durch günstige Medikamente leicht wieder zunichte gemacht werden können. Außerdem sind die Versandkostengrenzen sehr unterschiedlich geregelt. In der vorliegenden Stichprobe lagen diese zwischen 10 und 75 Euro. Preisvorteile zahlen sich demnach erst bei größeren Bestellmengen aus. Zusätzlich gaben viele Apotheken bei einer Bestellung die noch bestehende Differenz zur Versandkostengrenze an. Sie setzen damit gezielte Anreize große Mengen zu bestellen. Das impliziert die Gefahr, dass Verbraucher mehr Medikamente bevorraten und konsumieren, als sie unbedingt brauchen. Diese Anreizwirkung ist ein weiterer Grund, strengere Qualitätskontrollen und Sicherheitsstandards beim Arzneimittelversand zu etablieren. In diesem Zusammenhang ist auch auf die heterogene Kennzeichnung der Versandkosten hinzuweisen. Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. Juli 2009 (I ZR 50/07) reicht es aus, die allgemeinen Versandkosten direkt am Produkt zu platzieren oder über einen Link mit dem Titel „zzgl. Versandkosten“ zu erläutern. Der genaue Betrag muss dann als gesonderter Posten im Warenkorb aufgeführt werden. 70 Prozent der überprüften Apotheken entsprachen diesen Vorgaben. 30 Prozent verstießen jedoch gegen die Rechtssprechung. Auf diesen Seiten waren keine Versandkosten am Produkt angegeben, stattdessen musste man diese Angaben in den Randspalten suchen. Hier ist eine durchgängige Kennzeichnung zu fordern. 4.3 Diskussion zum Service bei der Bestellung 4.3.1 Bewertung der telefonischen Erreichbarkeit Nur 38 Prozent der Apotheken hatten eine kostenlose Hotline angegeben, bei der Kunden sich beraten lassen können. Kunden, die anrufen wollen, finden häufig gar keine Beratungshotline, sondern nur eine Angabe im Impressum. Diese ist jedoch häufig nicht für die Kundenberatung ausgelegt. Zehn Prozent gaben rechtswidrig eine kostenpflichtige Sondernummer an. Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes dürfen Versandapotheken ihre pharmazeutische Beratung nicht über eine gebührenpflichtige Hotline anbieten (BGH, Urteil vom 19. Juli 2012, I ZR 40/11). Bei zwei Prozent fehlte jeglicher Hinweis auf die Kosten. 4.3.2 Bewertung der Datenerfassung In Anbetracht der Fülle von Internetapotheken wäre es außerdem wünschenswert, wenn die Käufer zunächst über die Gastoption die Apotheke ausprobieren könnten, bevor sie sich als Kunde registrieren lassen. Stattdessen legt die Hälfte der Apotheken sofort ein komplettes Kundenkonto an. Die Käufer sind damit verpflichtet, ihre gesamten Daten in einem Geschäft zu hinterlassen, bei dem sie möglicherweise nur einen Einkauf tätigen wollen. Das hat

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negative Konsequenzen, zum Beispiel wenn man in der Folge Werbeangebote per E-Mail oder Post bekommt. Außerdem kann der Kunde nicht sicher sein, was mit seinen Daten passiert. Im Falle eines Widerrufs kam es vor, dass die Apotheke die Gutschrift auf einem virtuellen Konto hinterlegte. Das zwingt den Käufer möglicherweise zu einer weiteren Bestellung, die er nicht vorgesehen hatte. Für Menschen mit dauerhaftem Arzneimittelbedarf, kann es sinnvoll sein, sich langfristig für eine Apotheke zu entscheiden und die persönlichen Daten zu hinterlegen. Fraglich erscheint die Praxis vieler Apotheken, ihren Patienten mit sogenannten Medikamentenchecks umfangreiche persönliche und gesundheitliche Informationen im Namen der Arzneimittelsicherheit zu entlocken. Wenig überzeugend ist auch, dass die meisten Dokumentations- und Fragebögen nicht etwa zur Klärung der aktuellen Bestellung versandt wurden, sondern mit der Lieferung, um ihre hochwertigen Arzneimittelchecks und Qualitätssicherungsmaßnahmen für die Zukunft anzukündigen – und damit wohl eher ein Instrument der Kundenbindung als der Sicherheitskontrolle darstellen. Teilweise werden Medikamentenbefragungen auch nur eingesetzt, um versteckte Rabatte zu gewähren und damit die Arzneimittelpreisverordnung zu umgehen (Müller, 2013a). In der vorliegenden Studie haben die meisten Apotheken jedenfalls die ihnen zur Verfügung stehenden Informationen nicht ausgeschöpft und im Verbraucherinteresse genutzt. 4.3.3 Bewertung der Zahlungsoptionen Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Zahlungsoptionen, die von Apotheke zu Apotheke variieren. Gerade Neukunden stehen nur eingeschränkte Möglichkeiten zur Verfügung. Im Test zeigten sich jedoch Zusammenhänge zwischen dem Bezahlungsmodus und der Liefergeschwindigkeit. Hier müssen Apotheken genügend kundenfreundliche Zahlungsvarianten vorsehen, die eine zeitnahe Lieferung im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Fristen gewährleisten. 4.4 Diskussion zur Lieferung und zum Widerruf 4.4.1 Bewertung der Lieferbedingungen Gemäß § 11a Nr. 3a Apothekengesetz müssen Versandapotheken bestellte Arzneimittel innerhalb von zwei Werktagen versenden. Rechnet man noch den Postweg hinzu, liegt das Ergebnis mit durchschnittlich 3,8 Werktagen noch im Toleranzrahmen. Bei den meisten Apotheken kam das Paket beim ersten Zustellversuch an. Die Ware entsprach immer der Bestellung und war meistens einwandfrei, wenn man von einigen Kürzungen der Menge absieht (siehe unter Abgabe des Medikaments und Beratung). Weniger gut schnitten die Informationen ab, die den Medikamenten beigefügt waren. Sie sind häufig unübersichtlich und es fällt schwer, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Ebenfalls bedenklich ist die übliche Praxis, die Pakete beim Nachbarn abzugeben. Die Apotheken sind dafür verantwortlich, dass bei Verpackung, Transport und Lieferung die Qualität und Wirksamkeit der Medikamente erhalten bleiben (§ 11a Nr. 2 a). Medikamente erfordern außerdem neben der Qualitätssicherung der Waren eine gewisse Diskretion, um Missbrauch vorzubeugen und um die Persönlichkeitsrechte des Kunden zu waren. Im vorliegenden Testkauf wurden jedoch zwei Drittel der Pakete bei Nachbarn abgegeben. Um die persönliche Zustellung zu gewährleisten können Apotheken die Arzneien selber bringen, einen Vertrag mit einem Zusteller schließen oder die Pakete entsprechend kennzeichnen. Auch dabei traten deutliche Mängel auf, da nur 60 Prozent der Pakete Warnhinweise enthielten und diese überdies häufig unvollständig waren. Ein Viertel der Lieferungen wurde bei Vertragshändlern deponiert. Das ist suboptimal, da unter Umständen Schäden durch

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unsachgemäße Handhabung entstehen können und/oder die Lagertemperaturen nicht richtig sind. 4.4.2 Bewertung der Kostenrückerstattung Probleme gab es auch bei der Rücksendung und Erstattung der Waren. Im Test haben nur 71 Prozent der Apotheken den Preis voll erstattet. Die restlichen 19 Prozent überwiesen nur einen Teilbetrag zurück oder gar nichts. Häufig fehlten in der Erstattungssumme die Portokosten. Der Bundesgerichtshof hat jedoch nach einer Klage der Verbraucherzentrale NRW entschieden, dass Verbraucher bei einem Widerruf die Versandkosten für die Hinsendung der Ware nicht bezahlen müssen (BGH, Urteil vom 07.07.2010 – Az.: VIII ZR 268/07). Einige Apotheken beriefen sich auch auf § 312 d Abs. 4 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, wonach Waren vom Widerruf ausgeschlossen sind, die „auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde“. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW ist diese Vorschrift jedoch nicht anwendbar, so dass auch beim Arzneimitteleinkauf ein Widerrufsrecht besteht. Das Landgericht Köln stützt diese Rechtsauffassung in Verfahren der Verbraucherzentrale NRW gegen mehrere Versandapotheken (vgl. Urteil des LG Köln vom 24.02.2011, Az.: 31 O 451/10). Hiernach können Medikamente wie andere Waren auch innerhalb einer Frist von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen an die Apotheken zurückgegeben werden, selbst wenn eine weitere Verwendung der Arzneimittel nach der Rücksendung nicht mehr möglich ist. Ab einem Warenwert von über 40 Euro müssen Händler auch die Kosten für die Rücksendung übernehmen, es sei denn, der Verbraucher hat zum Zeitpunkt des Widerrufs den Kaufpreis noch nicht bezahlt (BGB § 357 (2)). Diese Kosten trugen jedoch nur 19 Prozent. Dabei ist auch anzumerken, dass nur in einigen Ausnahmefällen die Apotheken – wie in anderen Branchen üblich – der Lieferung einen Retourenschein beifügten. 5 Forderungen zum Versandhandel mit Medikamenten Im Sinne eines verbraucherfreundlichen und sicheren Internethandels mit Medikamenten sind deshalb Verbesserungen notwendig. Die Apothekenbetriebsordnung muss konsequent umgesetzt werden. Die Anonymität und

finanzielle Anreizstruktur leistet hohen Bestellmengen Vorschub. Die Informations- und Beratungspflichten müssen deshalb gerade von Versandapotheken besonders verantwortlich gehandhabt werden. Die Tatbestände für einen begründeten Verdacht auf Missbrauch und die Verweigerung der Abgabe von Medikamenten sind verbindlich zu regeln. Eine weniger strenge Auslegung gegenüber den Vor-Ort-Apotheken geht auf Kosten der Arzneimittelsicherheit und ist nicht vertretbar.

Die Abgabe von Medikamenten mit Missbrauchspotenzial muss nach evidenzbasierten

einheitlichen Kriterien erfolgen. Die Entscheidung darüber kann nicht ausschließlich im Ermessen einzelner Apotheken liegen und nicht allein vom Kundenwunsch bestimmt werden. Sie muss nach fachlichen Gesichtspunkten getroffen und von den zuständigen Aufsichtsbehörden geprüft werden. Denkbar ist hier die Entwicklung von Leitlinien oder die Verschreibungspflicht ab einer bestimmten Menge. Die Regelungen müssen die individuelle Situation der Patienten berücksichtigen und dürfen nicht rein quantitativ festgesetzt werden. Dabei ist auch darüber zu entscheiden, unter welchen Bedingungen Apotheken welche Informationen aktiv erfragen müssen.

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Die Beratung muss die Entscheidung über die Medikation vorbereiten. Sie muss sich an

den Abgabeleitlinien orientieren und ebenfalls kriterienorientiert erfolgen. Kundenwünsche sollten dabei weitestgehend berücksichtigt werden. Wenn die Apotheke die gewünschten bzw. bestellten Medikamente modifizieren oder verweigern muss, sollten die Gründe transparent und nachvollziehbar vermittelt werden, damit die Verbraucher die Entscheidung zu ihrer eigenen Sicherheit mittragen können.

Die Preisangaben müssen einheitlich und für Kunden transparent erfolgen. Das Festhalten

am AVP ist unrichtig und behindert den Wettbewerb. Hier sind die Hersteller aufgefordert, unverbindliche Preisempfehlungen anzugeben. Der Gesetzgeber muss die Preisauszeichnung von Medikamenten mit echtem UVP verbindlich regeln.

Versandkostenhöhe und –freigrenze sind wettbewerbsrelevante Größen im

Internetversandhandel. Sie müssen zur besseren Preistransparenz auf jeden Fall direkt am Medikamentenpreis angegeben werden. Die Apotheken müssen die Rechtssprechung hierzu befolgen.

Die Möglichkeit der telefonischen Beratung muss den Verbrauchern deutlich erkennbar

auf der Einstiegsseite offeriert werden. Neben der Möglichkeit einer kostenlosen Hotline können Apotheken die Kunden darauf hinweisen, dass sie zurückgerufen werden. Eine weitere Option besteht darin, die Beratung per Rückruf oder E-Mail zur Wahl zu stellen, wie das bereits viele Apotheken handhaben. Dieses Serviceangebot besteht jedoch unabhängig und zusätzlich zu den Rückrufpflichten, die im Rahmen der Arzneimittelsicherheit zu entwickeln sind. Allein die Angabe einer Telefonnummer im Impressum reicht als Beratungsangebot nicht aus. Kostenpflichtige Sondernummern für eine pharmazeutische Beratung sind rechtswidrig und müssen unterbleiben.

Die Kunden haben ein Recht darauf, über die Angabe und Speicherung ihrer Daten selbst

zu bestimmen. Sie sollten frei entscheiden können, ob sie sich als Gast anmelden oder ein Kundenkonto anlegen wollen. Die Apotheken müssen deshalb beide Möglichkeiten zur Verfügung stellen. Die Übermittlung notwendiger Daten zur Arzneimittelsicherheit sollten im Rahmen von Leitlinien und Standards diskutiert werden. Die Sinnhaftigkeit darüber hinaus erhobener Daten mit Medikationsplänen und Arzneimittelchecks seitens der Apotheken müssen diese den Kunden erläutern. Generell sollten Fachinformationen und Werbung deutlich voneinander getrennt werden. Medikationsrelevante Hinweise gehören auf dafür vorgesehene Anschreiben und sollten nicht mit der Rechnung, Werbung oder sonstigen Befragungen vermischt werden.

In jedem Fall sind Kunden auch bei der Erstbestellung Zahlungsmodalitäten einzuräumen,

die den Bestellvorgang nicht verzögern. Medikamente dürfen nur an den Besteller oder denjenigen ausgeliefert werden, der vom

Besteller konkret bestimmt wurde. Die Nachbarschaftsabgabe ist aus Gründen der Arzneimittelsicherheit und der Persönlichkeitsrechte nicht adäquat. Apotheken sollten die Pakete entsprechend kennzeichnen und/oder die Lieferbedingungen in gesonderten Verträgen mit den Versandunternehmen festlegen.

Bei Medikamenten besteht ein Widerrufsrecht wie bei anderen Waren auch. Apotheken

dürfen nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW die Kostenerstattung nicht mit dem Hinweis auf § 312d Abs. 4 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch ablehnen. Die Rechtssprechung

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im Hinblick auf die Erstattung der Versandkostenpauschale ist konsequent einzuhalten. Damit Verbraucher leichter an ihr Geld kommen, sollten beigefügte Retourenscheine wie überall im Versandhandel gängige Praxis werden.

6 Literatur Apotheke Adhoc.: ApBetrO: gleiche Regeln für alle. Apotheke Adhoc vom 12.10.2012. URL http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/apbetro-gleiche-regeln-fuer-alle/ Eingesehen am 21.03.2013 Bundesverband Deutscher Versandapotheken (2013): Fakten zum Arzneimittelversandhandel in Deutschland. URL http://www.bvdva.de/fileadmin/content/pdf/Daten_und_Fakten_zum_Versandhandel_Mai_2013.pdf Eingesehen am 17.06.2013 Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information DIMDI (2010a): Gebrauchsinformation Betadorm D. Auszug aus der Datenbank „PharmNet.Bund“ des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information DIMDI, Stand 28.07.2010. URL: http://www.pharmnet-bund.de/dynamic/de/am-info-system/index.html Eingesehen im Februar 2013 Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information DIMDI (2010b): Fachinformationen Tavor. Auszug aus der Datenbank „PharmNet.Bund“ des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information DIMDI, Stand 25.02.2010. URL: http://www.pharmnet-bund.de/dynamic/de/am-info-system/index.html Eingesehen im Februar 2013 Elsesser K. & Sartory G. (2001): Medikamentenabhängigkeit. Göttingen: Hogrefe. Seiten 1 – 28. Haucap J., Coenen M., Herr A. & Kuchinke B. A. (2012): Der deutsche Apothekenmarkt. Reformoptionen für eine effiziente und nachhaltige Versorgung. Reihe „Wettbewerb und Regulierung von Märkten und Unternehmen“, Band 19. Baden-Baden: Nomos. Seiten 33 -39. Hollstein, P. (2013): BMG: Versandapotheken müssen nicht immer beraten. Apotheke Adhoc vom 20.02.2013. URL http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/bmg-versandapotheken-muessen-nicht-beraten/ Eingesehen am 21.03.2013 Müller, A. (2013a): 15 Euro Prämie – 100.000 Euro Strafe. Apotheke Adhoc vom 14.06.2013. URL http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/docmorris-boni-15-euro-praemie-100000-euro-strafe/ Eingesehen am 14.06.2013. Müller, A. (2013b): Apo-Rot hat Ärger mit den Preisen. Apotheke Adhoc vom 15.04.2013. URL http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/versandapotheken-aporot-aerger-mit-der-preiswerbung/ Eingesehen am 16.04.2013 Müller, A. (2012): Keine Preiswerbung mit AVP und Lauer-Taxe. Apotheke Adhoc vom 25.10.2012. URL http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/keine-preiswerbung-mit-avp-und-lauer-taxe/ Eingesehen am 11.03.2013

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Rauers, J. (2012): ApBetrO lässt Versender kalt. Apotheke Adhoc vom 07.06.2012. URL http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/apbetro-laesst-versender-kalt/ Eingesehen am 21.03.2013 Schumbach, K. (2013): AATB: Orientierungshilfe für Apotheken-Revision. Apotheke Adhoc vom 08.03.2013. URL http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/nachricht-detail/aatb-orientierungshilfe-fuer-apotheken/ Eingesehen am 21.03.2013 Schwabe U. & Paffrath D. (Hrsg.) (2012): Arzneiverordnungs-Report 2012. Aktuelle Daten, Kosten, Trends und Kommentare. Berlin: Springer. Seiten 836 – 839. Stiftung Warentest (2012a): Nervosität und Unruhe, Schlafstörungen, Depressive Störung, Rezeptfreie Medikamente. Auszug aus der Datenbank „Medikamente im Test“ der Stiftung Warentest, Stand 15.12.2012. URL: https://www.test.de/medikamente/selbstmedikation/psyche/nervositaet/schlafstoerungen/ Eingesehen im Februar 2013 Stiftung Warentest (2012b): Schlafstörungen, Medikamente vom Arzt. Auszug aus der Datenbank „Medikamente im Test“ der Stiftung Warentest, Stand 15.12.2012. URL: https://www.test.de/medikamente/vom_arzt/a_nervensystem/a_schlafstoerungen/a_schlafstoerungen/ Eingesehen im Februar 2013 Zeitschrift Test, 05/2010: Bittere Pillen, Seiten 80 – 91. Zeitschrift Test, 10/2007: Pillenklick, Seiten 88 – 93. Zeitschrift Test, 3/2005: Auwwweh!, Seiten 86 – 92.