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Inhaltsverzeichnis/Sommaire AJP/PJA 10/2014 Aufsätze / Articles Die Autorinnen vergleichen den in ZGB 360 ff. neu geschaffenen Vorsorgeauftrag mit der Stellvertretung (32 ff. OR) und dem einfachen Auftrag (394 ff. OR) auch für die Zeit der Urteilsunfähigkeit des Vertretenen bzw. Auftraggebers und nehmen zur deren Zulässigkeit und Wirkung in verschiedenen Fallkonstellationen nach dem 1. Januar 2013 Stellung. Stephanie Hrubesch-Millauer / Martina Jaussi Instrumente der Vermögenssorge – das Verhältnis des Vorsorgeauftrags zum einfachen Auftrag und zur Vollmacht 1281 Welches sind die massgeblichen Zeitpunkte und Kriterien für die Bestimmung und Berücksichtigung von Wertver- änderungen lebzeitig übertragener oder sich im Nachlass befindlicher Vermögenswerte bei Teilung bzw. Herabset- zung? Eine eingehende Analyse der Rechtsprechung und Lehre. Thomas Rohner / Alain Muster Erbrechtliche Bewertungsfragen (Teilungsmasse, Herabsetzungsmasse, Verkehrswertänderungen) und deren prozessuale Durchsetzung 1297 Ein aktuelles demokratierechtliches Problem sind die mit Wahlkreisen verbundenen Beeinträchtigungen von Stimmkrafts- und Erfolgswertgleichheit. Der Verfasser weist auf in der Diskussion bisher zu wenig beachtete Aspekte sowie auf Mängel des heute vielfach favorisier- ten «doppelten Pukelsheim» hin. Seine differenzierten Lösungsvorschläge (zusammengefasst unter Ziffer 6) sollten in künftigen gerichtlichen Beurteilungen und Gesetzgebungen unbedingt Beachtung finden. Boris Müller Wahlkreisprobleme 1307 Der Verfasser stellt anhand der Praxis die nur beschränk- ten Möglichkeiten des gerichtlichen Rechtsschutzes von Prüfungen dar und macht auf Chancen und Risiken bestimmter Rügen und Begründungen aufmerksam. Nicolas Spichtin Gerichtlicher Rechtsschutz bei Prüfungen 1325 Grundsätzliche Ausführungen zu Beweismassfragen im Kartellrecht anhand der neueren Rechtsprechung – im Fadenkreuz von Verwaltungs-, Privat und Strafrecht (und deren disziplinspezifischen Anforderungen an ein rechts- staatliches Verfahren) und den besonderen Herausforde- rungen beim Nachweis ökonomischer Zusammenhänge. Michael Tschudin Glauben, Wissen, Zweifeln – über das Beweismass im Kartellrecht 1333 Aufschlussreiche Erläuterungen zu den seit 1. Septem- ber 2008 revidierten Artikeln 26 (Tierquälerei) und 28 (übrige Widerhandlungen) des Tierschutzgesetzes und Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung. Christoph Reut Nicht jeder Mist rollt 1346 Übersicht über das internationale Kollisions- und Verfahrensrecht in den Bereichen Kindes- und Erwachse- nenschutz (Art. 85 IPRG, Haager Kindesschutz- und Er- wachsenenschutzübereinkommen von 1996 bzw. 2000) und Einzelfragen, insbesondere im Zusammenhang mit Aufenthaltswechseln und mit den am 1. Januar 2013 und am 1. Juli 2014 in Kraft getretenen Revisionen des ZGB. Ivo Schwander Kindes- und Erwachsenenschutz im internationalen Verhältnis 1351 Erste Auseinandersetzung mit einer voraussichtlich anfangs 2015 in Kraft tretenden Weltpremiere: Als erster Staat wird sich die Schweiz auf gesetzlicher Grundlage generell als Bergungsort zur sicheren Aufbewahrung von mobilen, im Ausland (z.B. infolge Kriegswirren, Bürger- kriegen, Naturkatastrophen) bedrohten Kulturgütern zur Verfügung stellen. Nikolaus Thaddäus Paumgartner / Raphael Zingg Die Schweiz als erster Safe Haven für Kulturgüter 1375 Chronik der Rechtsetzung / Législation Luca Oberholzer 1384

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I n h a l t s v e r z e i c h n i s / S o m m a i r eAJP/PJA 10/2014

Aufsätze / Articles

Die Autorinnen vergleichen den in ZGB 360 ff. neu geschaffenen Vorsorgeauftrag mit der Stellvertretung (32 ff. OR) und dem einfachen Auftrag (394 ff. OR) auch für die Zeit der Urteilsunfähigkeit des Vertretenen bzw. Auftraggebers und nehmen zur deren Zulässigkeit und Wirkung in verschiedenen Fallkonstellationen nach dem 1. Januar 2013 Stellung.

■ Stephanie Hrubesch-Millauer / Martina Jaussi Instrumente der Vermögenssorge – das Verhältnis des

Vorsorgeauftrags zum einfachen Auftrag und zur Vollmacht

1281

Welches sind die massgeblichen Zeitpunkte und Kriterien für die Bestimmung und Berücksichtigung von Wertver-änderungen lebzeitig übertragener oder sich im Nachlass befindlicher Vermögenswerte bei Teilung bzw. Herabset-zung? Eine eingehende Analyse der Rechtsprechung und Lehre.

■ Thomas Rohner / Alain Muster Erbrechtliche Bewertungsfragen (Teilungsmasse,

Herabsetzungsmasse, Verkehrswertänderungen) und deren prozessuale Durchsetzung

1297

Ein aktuelles demokratierechtliches Problem sind die mit Wahlkreisen verbundenen Beeinträchtigungen von Stimmkrafts- und Erfolgswertgleichheit. Der Verfasser weist auf in der Diskussion bisher zu wenig beachtete Aspekte sowie auf Mängel des heute vielfach favorisier-ten «doppelten Pukelsheim» hin. Seine differenzierten Lösungsvorschläge (zusammengefasst unter Ziffer 6) sollten in künftigen gerichtlichen Beurteilungen und Gesetzgebungen unbedingt Beachtung finden.

■ Boris Müller Wahlkreisprobleme

1307

Der Verfasser stellt anhand der Praxis die nur beschränk-ten Möglichkeiten des gerichtlichen Rechtsschutzes von Prüfungen dar und macht auf Chancen und Risiken bestimmter Rügen und Begründungen aufmerksam.

■ Nicolas Spichtin Gerichtlicher Rechtsschutz bei Prüfungen

1325

Grundsätzliche Ausführungen zu Beweismassfragen im Kartellrecht anhand der neueren Rechtsprechung – im Fadenkreuz von Verwaltungs-, Privat und Strafrecht (und deren disziplinspezifischen Anforderungen an ein rechts-staatliches Verfahren) und den besonderen Herausforde-rungen beim Nachweis ökonomischer Zusammenhänge.

■ Michael Tschudin Glauben, Wissen, Zweifeln – über das Beweismass

im Kartellrecht

1333

Aufschlussreiche Erläuterungen zu den seit 1. Septem-ber 2008 revidierten Artikeln 26 (Tierquälerei) und 28 (übrige Widerhandlungen) des Tierschutzgesetzes und Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung.

■ Christoph Reut Nicht jeder Mist rollt

1346

Übersicht über das internationale Kollisions- und Verfahrensrecht in den Bereichen Kindes- und Erwachse-nenschutz (Art. 85 IPRG, Haager Kindesschutz- und Er-wachsenenschutzübereinkommen von 1996 bzw. 2000) und Einzelfragen, insbesondere im Zusammenhang mit Aufenthaltswechseln und mit den am 1. Januar 2013 und am 1. Juli 2014 in Kraft getretenen Revisionen des ZGB.

■ Ivo Schwander Kindes- und Erwachsenenschutz im internationalen Verhältnis

1351

Erste Auseinandersetzung mit einer voraussichtlich anfangs 2015 in Kraft tretenden Weltpremiere: Als erster Staat wird sich die Schweiz auf gesetzlicher Grundlage generell als Bergungsort zur sicheren Aufbewahrung von mobilen, im Ausland (z.B. infolge Kriegswirren, Bürger-kriegen, Naturkatastrophen) bedrohten Kulturgütern zur Verfügung stellen.

■ Nikolaus Thaddäus Paumgartner / Raphael Zingg Die Schweiz als erster Safe Haven für Kulturgüter

1375

Chronik der Rechtsetzung / Législation

■ Luca Oberholzer 1384

AJP 10_2014.indb 1279 20.10.14 10:14

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I n h a l t s v e r z e i c h n i s / S o m m a i r eAJP/PJA 10/2014

Rechtsprechungsübersicht / Aperçu de la jurisprudence

■ Jens Lehmann 1388

Entscheidungsbesprechungen / Discussions d’arrêts actuels

Ein von Vielen erwartetes offenes Wort eines – auch für seine Zurückhaltung und Bescheidenheit bekannten – Wis-senschaftlers, der wie kaum ein anderer das Sozialrechts-system der Schweiz versteht, zu bedenklichen Tendenzen in der Rechtsprechung zur Invalidenversicherung. Anlass dazu bietet BGer 9C_701/2013 vom 12. Juni 2014.

■ Ueli Kieser (1) Stellenwert von ärztlichen Einschätzungen; Bedeutung

des Eingliederungsziels der IV

1395

Wer trägt die Beweislast für die Orts- oder Quartier-üblichkeit des Mietzinses (Art. 269a Bst. a OR) im Zusammenhang mit dem Begehren auf Herabsetzung des Anfangsmietzinses? Ändert sich etwas an der grund-sätzlichen Beweislast des anfechtenden Mieters, wenn der Anfangsmietzins um 43 % höher liegt als der Mietzins bei der vorangegangenen Vermietung, dies trotz Sinkens des Referenzzinssatzes? Welches sind die Anforderungen an Vergleichsobjekte? Mit den Grundlagen, Argumenten und Folgen des BGE 139 III 13 setzt sich diese ausführliche Besprechung auseinander.

■ Laurent Bieri (2) Le fardeau de la preuve des loyers usuels de la localité

ou du quartier lors de la contestation du loyer initial

1398

Mit dem Gaba-Entscheid (BVGer B-506/2010 vom 19. Dezember 2013) hat das Bundesverwaltungsgericht das schweizerische Kartellrecht, sowohl was rechtsstaat-liche Verfahrensgrundsätze als auch was den internatio-nalen Anwendungsbereich des Kartellgesetzes anbelangt, massgeblich weiter entwickelt. Der Rezensent zeigt, worin der Neuerungsgehalt der Entscheidung liegt.

■ Florian Henn (3) Der Gaba-Entscheid des Schweizerischen Bundesver-

waltungsgerichts – Wegweiser für künftige Urteile des EuGH

1403

In einem Strafverfahren haben Parteien und Gerichte mehrerer Instanzen (einschliesslich das Bundesgericht in BGer 6B_604/2012 und 6B_613/2012 vom 16. Januar 2014) übersehen, dass adhäsionsweise geltend gemachte und zugesprochene Ansprüche keine auf diesem Weg durchsetzbaren privatrechtlichen Forderungen gegen die Angeschuldigten waren – sondern ein Fall der Staatshaf-tung vorgelegen hätte. Anhand dieses Falles stellt der Rezensent die Grundsätze des Staats- und Organisations-haftungsrechts im Bereich der interkantonal organisierten Ausbildung von Polizeikräften vor.

■ Markus Mohler (4) Strafprozess- und Organisationshaftungsrecht

1408

Am Beispiel des BGer 6B_607/2013 vom 27. Februar 2014 zeigt der Autor die uneinheitliche Praxis des Bundesge-richts in Fällen auf, in denen die Bundesanwaltschaft oder kantonale Staatsanwaltschaften Beschwerden geführt haben und dabei die Beschwerdeschriften nicht jeweils im Namen des obersten Amtsinhabers eingereicht worden sind, sondern von einem diesem untergeordneten Dienst.

■ Manuel Meier (5) Eine Beschwerde in Strafsachen der Bundesanwaltschaft

gegen mitteilungsbedürftige Entscheide, in welchen die Anklage nicht von der Bundesanwaltschaft erhoben und vertreten wurde, ist Chefsache

1414

Literaturübersicht / Bibliographie

■ Anne-Laure Bossel / Luca Oberholzer 1418

Zu guter Letzt

Müssen Konsumenten über das Designrecht geschützt werden, wenn sie sich nicht mehr darauf verlassen können, dass die Technik einer patentierte Erfindung gut nachgeahmt ist?

■ David Roth Das Geländewagen-Plagiat

1425

Mitteilungen / Communications

Impressum 1429

Autorenverzeichnis / Adresses des auteurs 1430

AJP 10_2014.indb 1280 20.10.14 10:14

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1281

Ins t rumente der Vermögenssorge

AJP/PJA 10/2014

Instrumente der Vermögenssorge – das Verhältnis des Vorsorge-auftrags zum einfachen Auftrag und zur Vollmacht

Der seit dem 1. Januar 2013 in Art. 360 ff. ZGB statuierte Vorsorgeauf-trag ermöglicht der auftraggebenden Person, ihr Selbstbestimmungs-recht über den Zeitpunkt eines allfälligen Verlusts der Urteilsfähigkeit dahingehend zu wahren, dass sie vorgängig eine Person ihrer Wahl damit beauftragt, im Fall der eigenen Urteilsunfähigkeit die Sorge für sie zu übernehmen.

Dieses Bedürfnis, die zukünftige Vorsorge für die eigene Urteils-unfähigkeit selbständig zu gestalten, bestand schon vor Inkrafttreten des geltenden Erwachsenenschutzrechts; es musste jedoch mangels spezifischer Regelungen auf die obligationenrechtlichen Institute der Stellvertretung (Art. 32 ff. OR) und des einfachen Auftrags (Art. 394 ff. OR) zurückgegriffen werden, welche mit sogenannten Weitergeltungs-klauseln versehen wurden.

Es stellt sich die (auch für die Praxis) bedeutsame Frage, ob Voll-machten und Aufträge, welche über die Urteilsunfähigkeit hinaus gel-ten sollen (Art. 35 Abs. 1 und 405 Abs. 1 OR) (noch) zulässig oder durch das Rechtsinstitut des Vorsorgeauftrags unzulässig geworden sind, bzw. in welchem Verhältnis sie zum Vorsorgeauftrag stehen. In diesem Zusammenhang spielt auch Art. 397a OR eine Rolle, welcher eine Meldepflicht des Beauftragten vorsieht.

Inhaltsübersicht1. Ausgangslage2. Die Rechtsinstitute bzw. Regelungen im Überblick

2.1. Vorsorgeauftrag2.1.1. Form und Inhalt2.1.2. Überprüfung durch die Erwachsenenschutzbehörde2.1.3. Verhältnis zwischen Vorsorgevollmacht und Vorsor-

geauftrag2.2 Vollmacht und Auftrag

2.2.1. Form und Inhalt2.2.2. Erlöschen von Vollmachten und Aufträgen2.2.3. Verhältnis zwischen Bevollmächtigung, Vollmacht

und Auftrag2.3. Meldepflicht gemäss Art. 397a OR

3. Diskussion 3.1. Überblick3.2. Erster Lösungsansatz

3.2.1. Vollmachten bzw. Aufträge, welche vor dem 1. Januar 2013 erstellt wurden

3.2.2. Vollmachten bzw. Aufträge, welche nach dem 1. Januar 2013 erstellt wurden

3.2.3. Übersicht des ersten Lösungsansatzes3.3. Zweiter Lösungsansatz: Einbezug der Weitergeltungsklausel

3.3.1 Vollmachten bzw. Aufträge, welche vor dem 1. Januar 2013 erstellt wurden

3.3.2. Übersicht des zweiten Lösungsansatzes4. Stellungnahme

4.1. Vollmachten bzw. Aufträge, welche vor dem 1. Januar 2013 erstellt wurden

4.2. Vollmachten bzw. Aufträge, welche nach dem 1. Januar 2013 erstellt wurden

4.3. Fazit5. Resümee

1. Ausgangslage

Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich in der Schweizer Bevölkerungsentwicklung eine stetig zunehmende Alte-rung abgezeichnet. Im Jahr 2012 waren fast 5 % der Be-völkerung über 80 Jahre alt.1 Aufgrund dieses Alterungs-prozesses gibt es immer mehr betagte Personen, welche für ihre Belange nicht mehr ohne Hilfe auskommen kön-nen.2

Stephanie hrubeSch-Millauer, Dr. iur., ord. Professorin an der Universität Bern.

Martina JauSSi, Bachelor of Law (BLaw), Hilfsassistentin an der Universität Bern.

1 Genau waren 390’943 von 8’036’917 Menschen, somit 4.86 % über 80-jährig: bundeSaMt für StatiStik, Medienmittelung vom 25. April 2013, Provisorische Ergebnisse zur Bevölkerungs-entwicklung der Schweiz 2012 – Bevölkerungswachstum setzt sich fort, Tabelle 3: Ständige Wohnbevölkerung nach Geschlecht und Alter, am Ende des Jahres, einsehbar unter <http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/01/01/new/nip_detail.html?gnpID=2013-173>, Bevölkerungsentwicklung der Schweiz 2012.

2 Gemäss botSchaft zur Änderung des Schweizerischen Zivilge-setzbuches (Erwachsenenschutz, Personenrecht, Kindesrecht), vom 28. Juni 2006, BBl 2006, 7011, Fn. 4, leiden 8 % der über 65-Jäh-rigen und 30 % der über 85-Jährigen an der Alzheimer-Krankheit

Le mandat pour cause d’inaptitude, réglé depuis le 1er janvier 2013 aux art. 360 ss CC, permet au mandant de préserver son droit d’auto-détermination même pour la période suivant une éventuelle perte de sa capacité de discernement, en chargeant préalablement une per-sonne de son choix de prendre soin de lui au cas où il deviendrait inca-pable de discernement.

Ce besoin d’organiser soi-même sa prise en charge future en cas d’incapacité de discernement existait déjà avant l’entrée en vigueur du droit de la protection de l’adulte en vigueur ; faute de normes spé-cifiques, il fallait toutefois recourir aux institutions de droit des obliga-tions que sont la représentation (art. 32 ss CO) et le mandat simple (art. 394 ss CO), qui étaient assorties de clauses dites de validité pro-longée.

Il se pose la question importante (aussi pour la pratique) de savoir si les procurations et mandats censés durer au-delà de l’incapacité de discernement (art. 35 al. 1 et art. 405 al. 1 CO) sont (encore) valides ou s’ils ont perdu leur validité depuis l’institution juridique du man-dat pour cause d’inaptitude, et comment ils se situent par rapport au mandat pour cause d’inaptitude. L’art. 397a CO, qui prévoit un devoir d’information du mandataire, joue aussi un rôle dans ce contexte.

Stephanie hrubeSch-Millauer Martina JauSSi

AJP 10_2014.indb 1281 20.10.14 10:14

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Erbrechtliche Bewertungsfragen (Teilungsmasse, Herabsetzungsmasse, Verkehrswertänderungen)

AJP/PJA 10/2014

Erbrechtliche Bewertungsfragen (Teilungsmasse, Herabsetzungsmasse, Verkehrswertänderungen) und deren prozessuale Durchsetzung

Erbrechtliche Verfahren und Prozesse erstrecken sich oftmals über ei-nen langen Zeitraum. Dabei stellt sich die Frage, wie mit Wertverän-derungen an Erbschaftssachen umzugehen ist. Der vorliegende Beitrag untersucht zunächst die für das Erbrecht massgeblichen Zeitpunkte, auf welche die Bewertung hin zu erfolgen hat sowie die entsprechen-den Kriterien für die Wertbestimmung. Weiter wird die Frage unter-sucht, wie mit Wertveränderungen während eines laufenden Zivilver-fahrens umzugehen ist. Der Beitrag schliesst mit einigen Anregungen für die Praxis.

InhaltsübersichtI. AusgangslageII. Massgebliche Bewertungszeitpunkte und Wertbestimmung

A. Teilungsmasse1. Gesetzliche Grundlagen2. Massgeblicher Bewertungszeitpunkt und Wertbestimmung3. Gestaltungsmöglichkeiten des Erblassers und der Erben

B. Zu Lebzeiten ausgerichtete Vorempfänge (Ausgleichung)1. Gesetzliche Grundlagen2. Massgeblicher Bewertungszeitpunkt und Wertbestimmung3. Zurechnungen von Wertveränderungen zwischen Zuwen-

dung und Erbgang im Besonderen4. Massgeblicher Bewertungszeitpunkt bei der gemischten

Schenkung5. Gestaltungsmöglichkeiten des Erblassers

C. Herabsetzungsmasse1. Gesetzliche Grundlagen2. Massgeblicher Bewertungszeitpunkt und Wertbestimmung3. Zurechnung von Wertveränderungen zwischen Erbgang

und Teilungsvollzug im BesonderenIII. Die Bestimmung des Verkehrswerts und des wirklichen Werts

bei UnternehmenIV. Neubewertung bei laufenden VerfahrenV. Anregungen für die Praxis

I. Ausgangslage

Im Erbrecht besteht eine der grossen Fragen darin, wie die zivilrechtliche Ordnung mit Wertveränderungen umgeht. Die Abläufe und Prozesse erstrecken sich oftmals über ei-nen langen Zeitraum; so kann der Erblasser Verfügungen und Zuwendungen zu Lebzeiten vornehmen und andere

Vorkehrungen treffen, welche sich nach seinem Ableben auf seinen Nachlass auswirken. Ebenso können die Er-ben mit der Aufteilung einer Erbschaft lange zuwarten, so dass mitunter mehrere Generationen daran beteiligt sind. Kommt es schliesslich zu einem Zivilverfahren, stellen sich nicht selten komplexe rechtliche Fragen, was wiederum Zeit in Anspruch nimmt. Der Vermögenswert ist kontinuierlich dem Wandel der Zeit unterworfen und muss zwangsläufig ständig neu, auf der Grundlage der ak-tuellen relevanten Umstände, bemessen werden. Vor die-sem Hintergrund sind insbesondere zwei Kriterien bei der Bewertung von Gegenständen von grundlegender Bedeu-tung, namentlich der massgebliche Bewertungszeitpunkt und der massgebliche Wert, welcher mit der Bewertung ausgedrückt werden soll.

In einem ersten Schritt sind daher die massgeblichen Bewertungszeitpunkte, auf welche die Bewertung hin zu erfolgen hat, anhand der gesetzlichen Grundlagen näher zu definieren, namentlich für die Teilungsmasse, die Aus-gleichung und im Bezug auf den Pflichtteilsschutz, d.h. die Herabsetzungsmasse. Ist der massgebliche Bewer-tungszeitpunkt einmal festgelegt, lassen sich damit Wert-veränderungen vor und nach diesem Zeitpunkt zuordnen. Als Grundregel gilt, dass Wertveränderungen, welche sich vor dem massgeblichen Bewertungszeitpunkt ver-wirklichen, der Erbengemeinschaft bzw. der Erbschaft zuzuordnen sind.1 Wertveränderungen nach dem mass-geblichen Bewertungszeitpunkt sind dagegen dem an der fraglichen Sache alleinberechtigten Erben oder Bedach-

1 franz keller, Erbrechtliche Fragen bei Wertveränderungen, Diss. Zürich 1972, 11.

Les procédures et procès en droit des successions s’étalent souvent sur une longue période. Comment faut-il dès lors traiter les fluctuations de valeur des biens de la succession ? Le présent article étudie dans un premier temps les moments déterminants pour l’évaluation en droit successoral ainsi que les critères d’évaluation. Il examine ensuite la manière de traiter ces fluctuations de valeur lorsqu’une procédure civile est en cours. Il présente enfin quelques suggestions pour la pratique.

thoMaS rohner alain MuSter

thoMaS rohner, Dr. iur., LL.M., Rechtsanwalt und Partner bei Pestalozzi, Zürich. Der vorliegende Beitrag basiert auf einem Re-ferat, welches der erstgenannte Autor anlässlich des St. Galler Erb-rechtstags 2013 gehalten hat.

alain MuSter, MLaw, Rechtsanwalt bei Pestalozzi, Zürich.

AJP 10_2014.indb 1297 20.10.14 10:14

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1307

Wahlkre i sprobleme

AJP/PJA 10/2014

Wahlkreisprobleme

Der Autor untersucht die Problematiken von Wahlkreisaufteilungen und kommt zum Schluss, dass die doppeltproportionalen Sitzvertei-lungsverfahren im Allgemeinen und der «doppelte Pukelsheim» im Besonderen entgegen der Auffassung des Bundesgerichts keine ge-eigneten Lösungsansätze für wahlkreisbedingte Probleme sind. Falls entgegen seiner allgemeinen Bedenken ein doppeltproportionales Sitz-verteilungsverfahren eingesetzt werden soll, stellt der Autor dem «dop-pelten Pukelsheim» als modifizierten Gegenvorschlag den «doppelten Müller» gegenüber.

Ferner kommt der Autor zum Schluss, dass direkte Quoren, welche über dem Vollmandats-Quorum liegen, und direkte Wahlkreisquoren verfassungswidrig sind.

Inhaltsübersicht

1. Einleitung1.1 Sinn und Zweck einer Wahlkreisaufteilung1.2 Gründe für wahlkreisbedingte Probleme

1.2.1 Stimmkraftgleichheit1.2.2 Erfolgswertgleichheit

1.3 Verhältniswahl und Mehrheitswahl1.4 Herkömmliche Sitzverteilung1.5 Doppeltproportionale Sitzverteilungsverfahren

2. Probleme der doppeltproportionalen Sitzverteilungsverfahren im Allgemeinen2.1 Der Erfolgswert ist nur eine Komponente der Wahlrechts-

gleichheit2.2 Vernachlässigung der Wahlrechtsgleichheit des passiven

Wahlrechts2.3 Entleerung des Sinn und Zwecks der Wahlkreise

3. Begriffe3.1 Doppelter Pukelsheim3.2 Direktes Quorum3.3 Indirektes Quorum

3.3.1 Eigene Definition 3.3.2 Abweichende Definition des Bundesgerichts

3.4 Vollmandats-Quorum3.5 Wählerzahl3.6 Divisor und Rundung des Endergebnisses

4. Zusatzprobleme im doppelten Pukelsheim4.1 Sitzverteilungsmethode bei der Oberzuteilung4.2 Behinderung kleiner Parteien4.3 Rundung von Zwischenergebnissen

5. Kombination mit direkten Quoren5.1 Vereinbarkeit mit der Verfassung im Allgemeinen

5.1.1 Berücksichtigung der konkreten Umstände5.1.2 Abstrakte Behauptungen reichen nicht zur

Rechtfertigung5.1.3 Unverhältnismässiger Eingriff5.1.4 Höchstwert eines zulässigen Quorums

5.2 Unvereinbarkeit von direkten Wahlkreisquoren

5.2.1 Unterschiedliche absolute Hürden5.2.2 Unterschiedliche Anzahl Sitze bei gleicher Anzahl

Wähler5.2.3 Ungeeigneter Eingriff

6. Ergebnis

1. Einleitung

In den letzten Jahren haben sowohl das Bundesgericht wie auch das Bundesparlament für Schlagzeilen im Zu-sammenhang mit Wahlen gesorgt. So erklärte das Bun-desgericht die Wahlgesetzgebung mehrerer Kantone für verfassungswidrig1 und das Bundesparlament verwei-gerte aus demselben Grund die Gewährleistung einer entsprechenden Bestimmung in der Schwyzer Kantons-verfassung2. Auf die Gründe der Verfassungswidrigkeit wird nachfolgend genauer eingegangen. Zum besseren Verständnis wird vorweggenommen, dass die Ursache des Problems jeweils in der Wahlkreisaufteilung liegt: Bei ei-ner Wahl ohne Aufteilung in mehrere Wahlkreise (einer

boriS Müller, Dipl. Ing. et lic. iur., Riehen.1 So z.B. BGer 1C_407/2011 (betreffend die Kantonsratswahlen

2012 des Kantons Schwyz – für eine ausführliche Kritik zu die-sem Entscheid siehe yvo hangartner, Entscheidbesprechung zu BGer 1C_407/2011, AJP/PJA 6/2012, 846-853) und BGE 140 I 107 (dieser Entscheid wird in Ziff. 2 behandelt).

2 Art. 1 des Bundesbeschlusses über die Gewährleistung der Verfas-sung des Kantons Schwyz vom 14. März 2013, BBl 2013 2621. Vgl. auch die diesbezüglichen Diskussionen in AB 2013 S 176 ff. und AB 2013 N 341 ff.

L’auteur étudie les problématiques du découpage des circonscriptions électorales et aboutit à la conclusion que le scrutin bi-proportionnel (ou méthode de la double proportionnelle) en général et le « double pukelsheim » en particulier ne constituent pas des approches adé-quates pour résoudre les problèmes liés aux circonscriptions électo-rales. Dans l’hypothèse où, malgré les réserves générales qu’il émet, l’on introduirait un système de répartition des sièges bi-proportionnel, l’auteur recommande de choisir plutôt que le « double pukelsheim » le « double müller », dont il expose les avantages.

L’auteur conclut par ailleurs que les quorums directs supérieurs au nombre d’électeurs valables par siège à pourvoir sont illicites, de même que les quorums directs par circonscription.

boriS Müller

AJP 10_2014.indb 1307 20.10.14 10:14

Page 6: Aufsätze / Articles 10_2014_Inhalt.pdf · AJP/PJA 10/2014 Aufsätze / Articles ... 3.3.2. Übersicht des zweiten Lösungsansatzes 4. Stellungnahme ... entwicklung der Schweiz 2012–

1325

Ger icht l i cher Rechtsschutz be i Prüfungen

AJP/PJA 10/2014

Gerichtlicher Rechtsschutz bei PrüfungenAusgewählte Verfahrensfragen illustriert am Beispiel der Universität Basel und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft

Studenten an Schweizer Universitäten legen während ihrer Studienzeit eine Vielzahl von Prüfungen ab. Nicht immer ist das Ergebnis jedoch Anlass für Freudensprünge. Nicht selten stellt sich dann die Frage, was man gegen die Note tun soll, weil man die Prüfung als zu schwer oder die Note als zu ungerecht empfunden hat. Gegen Prüfungsresultate kann Rekurs eingelegt werden. Allerdings ist der Spielraum für den einzelnen Rekurrenten aufgrund der Eigenheit des Prüfungsentschei-des gering. Darüber hinaus unterschätzen die meist nicht anwaltlich vertretenen Rekurrenten oftmals die Konsequenzen und Anforderun-gen eines gerichtlichen Verfahrens wie auch dessen Kosten, was der Redaktor aufgrund seiner Tätigkeit als Gerichtsschreiber  immer wie-der beobachten kann. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit dem gerichtlichen Rechtsschutz gegen Prüfungsentscheidungen, gibt einen aktuellen Überblick über die Materie und zeigt mögliche Stolpersteine in der Praxis auf.

Inhaltsübersicht

I. EinleitungII. Rechtsschutz bei Prüfungsentscheidungen

A. Unterschiedliche VerfahrenswegeB. Die Rekurskommission(en) der Universität BaselC. Das kantonalgerichtliche Verfahren – ausgewählte

Verfahrensfragen1. Einleitende Bemerkungen und gesetzliche Grundlagen2. Kognition und Prüfungsdichte3. Akteneinsichtsrecht4. Rügeprinzip

III. Fazit

I. Einleitung

Das Thema beschäftigt wohl die meisten Studierenden: Was tun gegen einen Prüfungsentscheid, mit dem man nicht einverstanden ist? «Die Faust im Sack machen» und den Prüfungsentscheid akzeptieren oder dagegen rekur-rieren? Oftmals sind sich die meist nicht anwaltlich ver-tretenen Studenten gar nicht bewusst, welche Konsequen-zen ein solches Rekursverfahren haben kann. Zum einen sind die Verfahren mit nicht zu unterschätzenden Kosten und zeitlichen Ressourcen verbunden und zum anderen

sind die Aussichten auf Erfolg aufgrund der Eigenheit des Prüfungsentscheides wenig erfolgversprechend. Der vorliegende Beitrag versucht, einen aktuellen Überblick über die Thematik des Rechtsschutzes im Prüfungswesen zu verschaffen und illustriert diesen am Beispiel der Uni-versität Basel sowie der baselstädtischen und baselland-schaftlichen Anwaltsprüfung. Dabei werden ausgewählte Verfahrensfragen anhand konkreter Beispiele aus der kan-tonalen Rechtsprechung erörtert.

II. Rechtsschutz bei Prüfungs-entscheidungen

A. Unterschiedliche Verfahrenswege

Bei der Anfechtung von Leistungsnachweisen ist grund-sätzlich zwischen zwei Instanzenzügen zu unterscheiden1. Wird ein Leistungsnachweis einer eidgenössischen Hoch-schule angefochten (ETH Zürich oder ETH Lausanne), ist dieser zunächst bei der Beschwerdekommission der ETH

1 Vgl. dazu beispielsweise auch daniel Widrig, Studieren geht über Prozessieren, in: Jusletter vom 2. Mai 2011, 3 f.; benJaMin Schindler/patrik louiS, Erstinstanzlicher Rechtsschutz gegen universitäre Prüfungsentscheidungen, in: ZBl 112/2011, 509 ff., 515 f.

Les étudiants des universités suisses passent de nombreux examens durant leur cursus. Le résultat ne les fait toutefois pas toujours sauter de joie. On se pose alors immédiatement la question de savoir ce qu’il faudrait faire contre la note, parce que l’examen a paru trop difficile ou la note injuste. Les résultats d’examen peuvent être attaqués par un recours. La marge de manœuvre des recourants est toutefois faible, de par la nature particulière de la décision d’examen. De plus, les re-courants, généralement non représentés par un avocat, sous-estiment souvent les conséquences et les difficultés d’une procédure judiciaire, ainsi que ses coûts, ce que l’auteur constate régulièrement dans son travail de greffier. Le présent article traite de la protection juridique contre les décisions d’examen, donne un aperçu actuel de la matière et éclaire sur les obstacles potentiels dans la pratique.

nicolaS Spichtin

nicolaS Spichtin, Dr. iur., Advokat, Gerichtsschreiber am Appel-lationsgericht Basel-Stadt.

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Glauben, Wissen, Zwei fe ln – über das Beweismass im Karte l l recht

AJP/PJA 10/2014

Glauben, Wissen, Zweifeln – über das Beweismass im Kartellrecht

Das Bundesgericht wies kürzlich darauf hin, dass die Anforderungen an den Nachweis ökonomischer Zusammenhänge im Kartellrecht nicht übertrieben werden dürfen. Das Beweismass gibt in diesem Rechtsgebiet nicht zuletzt deshalb Anlass zu Kontroversen, weil das Kartellgesetz für verwaltungsrechtliche Sanktionen mit strafrechtli-chem bzw. strafrechtsähnlichem Charakter eine Grundlage bietet. Die erste Leitlinie für das Beweismass sollte nach vorliegend vertretener Auffassung die Natur der Rechtsfolge und somit das Regelbeweismass des korrespondierenden Rechtsgebietes bilden. Eine punktuelle He-rabsetzung des Beweismasses ist möglich, wenn ein Beweisnotstand vorliegt. Hierbei sind Wechselwirkungen mit anderen Elementen (z.B. gesetzlichen Beweiserleichterungen) zu berücksichtigen.

Inhaltsübersicht

I. EinleitungII. Abstufungen des Beweismasses

1. Glaubhaftmachung2. Hohe Wahrscheinlichkeit

2.1 Allgemeines2.2 Anwendungsfälle2.3 Im Kartellrecht

3. Vollbeweis3.1 Allgemeines3.2 Indizienbeweis3.3 Im Kartellrecht

4. In dubio pro reo4.1 Allgemeines4.2 Verhältnis zum Privat- und öffentlichen Recht4.3 Im Kartellrecht

III. Sach- und Rechtsfragen1. Rechtsfragen im Kartellrecht2. Mehrstufige Prüfung3. Wechselwirkung

3.1 Gesamtbetrachtung3.2 Abwägung verschiedener Aspekte

IV. Anknüpfung an die RechtsfolgeV. Gesetzliche Beweiserleichterung

1. Abgestimmte Verhaltensweise2. Vermutung betreffend harte Kartelle

VI. Beweisnotstand1. Theoretisch nachweisbar?

2. Faktische BegrenzungVII. Urteil i.S. Publigroupe SAVIII. Schlussfolgerungen

I. Einleitung

Bekanntlich werden Prozesse meist durch Fakten gewon-nen und weniger durch eine detaillierte Auseinanderset-zung mit Rechtsfragen. Dies gilt auch im Kartellrecht. Auch hier werden Fälle in Anbetracht der Fakten und Besonderheiten des Einzelfalls entschieden.1 Das Be-weismass wird in diesem Rechtsgebiet wohl aufgrund der verschiedensten sich stellenden Beweisproblematiken des bis jetzt noch wenig ausgereiften Kartellverfahrensrechts und des hohen Sanktionsrahmens relativ oft thematisiert. Das Kartellrecht eignet sich als Rechtsgebiet für eine Dar-stellung und Analyse der sich im Zusammenhang mit dem Beweismass stellenden Fragen ausserordentlich gut, da es eine Grundlage sowohl für privatrechtliche Ansprüche als auch für verwaltungsrechtliche Eingriffe und überdies für Sanktionen mit strafrechtlichem bzw. strafrechtsähnli-chem Charakter bietet.

1 Im jüngsten Urteil des BVGer i.S. «Hors-list» wurde die Sank-tion gegen drei Pharmahersteller insbesondere mit dem Argument aufgehoben, dass der Wettbewerb aufgrund eines Werbeverbots und eines «Schamfaktors» faktisch derart beschränkt sei, dass das Kartellrecht gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. a KG keine Anwendung finde (vgl. Urteil des BVGer B-362/2010 vom 3. Dezember 2013).

Récemment, le Tribunal fédéral a relevé que les exigences quant à la preuve de liens économiques en droit des cartels ne devaient pas être exagérées. Dans ce domaine du droit, le degré de la preuve suscite des controverses, notamment parce que la loi sur les cartels sert de base à des sanctions de droit administratif ayant un caractère pénal ou s'en approchant. Selon l’opinion défendue par l’auteur, la première ligne directrice pour le degré de la preuve devrait être la nature de la consé-quence juridique et donc le degré de la preuve généralement requis par le domaine juridique correspondant. Il est possible d’alléger ponctuel-lement les exigences en matière de la preuve lorsque cette dernière est difficile à apporter (état de nécessité en matière de preuve ou « Beweis-notstand »). Il convient à ce titre de tenir compte des interactions avec d’autres critères (p. ex. assouplissements en matière de preuve prévus par la loi).

Michael tSchudin

Michael tSchudin, Dr. iur., Rechtsanwalt, Gerichtsschreiber am Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II (Wirtschaftsverwaltungs-recht).

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des CAS en magistrature 2013/2014. Der Autor dankt Dr. SiMon bangerter herzlich für wertvolle Hinweise. Er gibt seine persönliche Meinung wieder.

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C h r i s t o p h R e u t

AJP/PJA 10/2014

Nicht jeder Mist rollt

Das revidierte Tierschutzgesetz bezweckt neben dem Schutz des Wohlergehens der Tiere nunmehr ausdrücklich auch den Schutz ihrer Würde. Konsequenterweise wurde der Vergehenstatbestand der Tier-quälerei um die Missachtung der Würde «in anderer Weise» erweitert. Er kommt namentlich bei einer Erniedrigung, einem tiefgreifenden Eingriff ins Erscheinungsbild oder die Fähigkeiten des Tieres sowie bei einer übermässigen Instrumentalisierung zur Anwendung. Bei der Tat-bestandsvariante der Vernachlässigung handelt es sich zudem (wei-terhin) um ein Erfolgsdelikt, weshalb bei den vernachlässigten Tieren Schmerzen, Schäden, Leiden und Ängste nachgewiesen werden müs-sen. Nötigenfalls ist zur Abklärung der Wohlergehensbeeinträchtigung bei einem Sachverständigen ein Gutachten einzuholen. Eine Bestra-fung wegen Tierquälerei setzt schliesslich nach wie vor eine Pflichtver-letzung von einer gewissen Schwere bzw. Intensität voraus, die sich durch das Ausmass des Erfolgs sowie anhand der Vorgehensweise des Täters beurteilt. Erreicht die Handlung bzw. Pflichtverletzung die ent-sprechende Schwere nicht, ist der Tierhalter nach Art. 28 TSchG mit Busse zu bestrafen.

Inhaltsübersicht

I. VorbemerkungenII. Vernachlässigung und Missachtung der Würde «in anderer

Weise»1. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts2. Unterscheidung zwischen Würdemissachtung im engeren

und weiteren Sinne3. Vernachlässigung als Erfolgsdelikt?4. Folgen der Rechtsprechung in Bezug auf die Beweisführung

im StrafprozessIII. Abgrenzung von Art. 26 und Art. 28 TSchG

I. Vorbemerkungen

Das Tierschutzstrafrecht unterscheidet je nach Schwe-re der Widerhandlung zwischen dem in Art. 26 TSchG1 normierten Vergehenstatbestand der Tierquälerei und dem Übertretungstatbestand «übrige Widerhandlungen» ge-mäss Art. 28 TSchG. Während Letzterer Missachtungen der Vorschriften über die Tierhaltung mit Busse ahndet, stellt der Tatbestand der Tierquälerei unter Strafe (Frei-heitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe), wer ein

chriStoph reut, MLaw, Gerichtsschreiber am Kantonsgericht St.Gallen.

1 Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 2005 (TSchG; SR 455).

Tier misshandelt, vernachlässigt, es unnötig überanstrengt oder dessen Würde in anderer Weise missachtet.2 Mit dem am 1. September 2008 in Kraft gesetzten TSchG erhielt der Tatbestand der Tierquälerei – zumindest vom Wort-laut her – eine Ausweitung. So wurde zusätzlich auch die Missachtung der Würde «in anderer Weise» als Straftat-bestand aufgenommen.3 Daneben verlangt der Vernach-lässigungstatbestand keine «starke» Vernachlässigung mehr.4 Der Bundesrat erliess sodann eine umfangreiche Verordnung, die den Umgang mit Tieren, ihre Haltung und Nutzung sowie Eingriffe an ihnen regelt.5 Es erstaunt nicht, dass die Anpassungen in der Praxis zu Unsicherhei-ten bzw. Abgrenzungsschwierigkeiten geführt haben.

2 Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG.3 Das Schutzobjekt der Würde ergänzt nunmehr das Wohlergehen

des Tieres (vgl. Art. 1 TSchG).4 Vgl. Art. 27 Abs. 1 lit. a aTSchG. Zur Streichung des Wortes

«stark» AmtlBull 2004 602 f.5 Vgl. Art. 1 Tierschutzverordnung vom 23. April 2008 (TSchV;

SR 455.1).

La loi sur la protection des animaux révisée a désormais pour but expli-cite, outre la protection du bien-être des animaux, celle de leur dignité. En conséquence, le délit de maltraitance d’animaux a été étendu à l’atteinte à sa dignité « d’une autre manière ». Il s’applique notam-ment en cas d’humiliation, d’atteinte grave à l’aspect ou aux capacités de l’animal ou d’instrumentalisation excessive. La variante de l’aban-don est par ailleurs (encore) une infraction de résultat, raison pour laquelle il est nécessaire de démontrer que les animaux abandonnés ont subi des douleurs, un préjudice, des souffrances ou des peurs. Si nécessaire, l’atteinte au bien-être doit être établie à travers une exper-tise. Le prononcé d’une peine pour maltraitance d’animaux présup-pose enfin comme jusqu’à présent qu’un devoir ait été violé avec une certaine gravité ou intensité, ce qui s’apprécie au vu de l’ampleur du résultat et du mode opératoire de l’auteur. Si l’acte ou la violation des devoirs n’atteint pas le degré de gravité requis, le détenteur doit être puni d’une amende, en application de l’art. 28 LPA.

chriStoph reut

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Kindes- und Erwachsenenschutz im internat iona len Verhä l tn i s

AJP/PJA 10/2014

Kindes- und Erwachsenenschutz im internationalen Verhältnis

Das Internationale Privatrecht (IPR) und das Internationale Zivilpro-zessrecht (IZPR) des Kindes- und des Erwachsenenschutzes haben mit der Revision des Art. 85 IPRG und dem Inkrafttreten der einschlägi-gen Haager Übereinkommen von 1996 und 2000 auf den 1. Juli 2009 neue Regeln erhalten. Andererseits haben Gerichte und Kindes- und Er-wachsenenschutzbehörden seit 1. Januar 2013 und 1. Juli 2014 neue Bestimmungen im Erwachsenenschutz und (teilweise) im Kindesschutz anzuwenden. Nach einer Übersicht über die Rechtsquellen geht der vorliegende Aufsatz auf Einzelfragen der Handhabung des neuen Er-wachsenen- und Kindesschutzrechts bei gegebenen Auslandsbezügen ein, spezifisch auf Fragen, die sich bei einem Wechsel des gewöhnli-chen Aufenthalts stellen.

Inhaltsübersicht

I. Überblick über die einschlägigen RechtsquellenII. Die «Internationalität» des Sachverhalts/des Verfahrens als

Voraussetzung der Anwendbarkeit der beiden Haager Konventionen

III. Anwendungsbereiche des HKsÜ und des HEsÜIV. Verhältnis zu anderen Konventionen und StaatsverträgenV. Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthalts der schutzbedürf-

tigen Person, insbesondere im Zusammenhang mit Zuständig-keitsfragen

VI. Das auf Schutzmassnahmen anwendbare RechtVII. Das auf die elterliche Verantwortung anzuwendende RechtVIII. Vorsorgevollmachten im internationalen VerhältnisIX. Das auf Patientenverfügungen anzuwendende RechtX. Das auf Massnahmen von Gesetzes wegen für urteilsunfähige

Personen anwendbare RechtXI. Das auf die fürsorgerische Unterbringung anwendbare RechtXII. Zusammenarbeit/Rechtshilfe/Koordination zwischen den

KonventionsstaatenXIII. Auswirkungen der Zusammenarbeit auf die Inhalte der Schutz-

massnahmen (parallele, ergänzende, gegenseitig angepasste Schutzmassnahmen)

XIV. Anerkennung und Vollstreckbarkeit der Entscheidungen und Massnahmen

I. Überblick über die einschlägigen Rechtsquellen

Das Internationale Privat- und Verfahrensrecht zum Kin-des- und Erwachsenenschutz1 ist in der Schweiz auf den 1. Juli 2009 revidiert worden, noch bevor die mit ersten Vorbereitungsarbeiten im Jahre 1993 in Gang gesetz-

1 Materialien: Botschaft des Bundesrates zur Umsetzung des Über-einkommens über internationale Kindesentführung sowie zur Ge-nehmigung und Umsetzung der Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und Erwachsenen vom 28.2.2007, BBl 2007, 2595 ff. (zit. Botschaft). Schrifttum zum Internationalen Privat-recht (IPR) und zum Internationalen Zivilprozessrecht (IZPR) des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts der Schweiz: andreaS bucher in: Andreas Bucher (Hrsg.), Commentaire romand, Loi sur le droit international privé/Convention de Lugano, Basel 2011 (zit. bucher, Art. 85); bernard dutoit, Droit international privé suisse, Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 4. A., Basel 2004 (zit. dutoit, Art. 85); bernard dutoit, Supplément à la 4e édition, Basel 2011 (zit. dutoit, Suppl., Art. 85); daniel fülleMann, Das internationale Privat- und Zivilprozessrecht des Erwachsenenschutzes, Diss. St. Gallen, Zürich/St. Gallen 2008; Jan prager, Kommentierung des Art. 85 IPRG in: Andreas Fur-rer/Daniel Girsberger/Markus Müller-Chen (Hrsg.), Handkommen-tar zum Schweizer Privatrecht, Internationales Privatrecht, 2. A., Zürich 2012 (zit. prager, Art. 85); ivo SchWander, Kommen-tierung des Art. 85 IPRG in: Heinrich Honsell/Nedim Peter Vogt/ Anton K. Schnyder et al. (Hrsg.), Basler Kommentar, Internationa-les Privatrecht, 3. A., Basel 2013 (zit. SchWander, BSK Art. 85); ivo SchWander, Kindes- und Erwachsenenschutzmassnahmen im internationalen Verhältnis, ZVW 1998, 77 ff. (zit. SchWander, ZVW 1998); kurt Siehr, Kommentierung des Art. 85 IPRG in: Daniel Girsberger/Anton Heini/Max Keller et al. (Hrsg.), Zürcher Kommentar zum IPRG, 2. A., Zürich 2004 (zit. Siehr, ZK Art. 85).

Le droit international privé (DIP) et le droit de procédure internatio-nale de la protection de l’enfant et de l’adulte ont été remaniés au moment de la révision de l’art. 85 LDIP et de l’entrée en vigueur des Conventions de la Haye de 1996 et 2003 applicables en la matière au 1er juillet 2009. D’autre part les tribunaux et les autorités de protection de l’enfant et de l’adulte sont tenus d’appliquer depuis le 1er janvier 2013 et le 1er juillet 2014 de nouvelles dispositions dans la protection des adultes et (en partie) des enfants. Après un passage en revue des sources du droit, le présent article aborde des questions particulières d’application du nouveau droit de protection de l’adulte et de l’enfant en présence d’éléments d’extranéité, et plus spécifiquement des ques-tions qui se posent en cas de changement du lieu de résidence habi-tuelle.

ivo Schwander

ivo SchWander, Dr. iur., Dr. h.c. (Universität Zürich), em. Profes-sor an der Universität St. Gallen, Rechtskonsulent bei Pestalozzi Rechtsanwälte, Zürich.

Der vorliegende Text beruht auf Referaten, die der Verfasser an Ta-gungen zum Kindes- und Erwachsenenschutzrecht des Instituts für Rechtswissenschaft und Rechtspraxis an der Universität St. Gallen (IRP-HSG) am 16.11.2012 und am 19.9.2014 in Zürich gehalten hat. An einige Stellen stimmen die Formulierungen, auch wo nicht explizit darauf hingewiesen wird, mit denjenigen überein, die der Verfasser bei der Kommentierung des Art. 85 IPRG im Basler Kommentar zum IPRG (vgl. Literaturangabe in FN 1 nachstehend) verwendet hat.

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Die Schweiz a l s e rs ter Sa fe Haven für Ku l turgüter

AJP/PJA 10/2014

Die Schweiz als erster Safe Haven für Kulturgüter

Im Rahmen der Totalrevision des Bundesgesetzes über den Schutz der Kulturgüter bei bewaffneten Konflikten schafft die Schweiz mit der Ein-führung von Art. 12 als weltweit erster Staat einen auf gesetzlicher Grundlage gewährbaren Bergungsort («Safe Haven») zur sicheren Aufbewahrung von im Ausland bedrohten Kulturgütern. Der vorliegen-de Aufsatz befasst sich in diesem Sinne mit den Voraussetzungen der Gewährung eines Safe Haven durch den Bundesrat unter Anwendung von Art. 12 KGSG sowie dessen möglichen Ausgestaltungsformen. Der milde Rahmen, der durch die Voraussetzungen an die Anwendung geschaffen wurde, schafft eine relativ flexible bundesratliche Zurver-fügungstellung des Safe Haven resp. eine breite Greifbarkeit dessen Schutzes. Als interessant wird sich die insbesondere durch die Bot-schaft aufgeworfene Frage herausstellen, ob der Bundesrat lediglich für im Besitz oder Eigentum eines Staates stehende Kulturgüter einen Safe Haven errichten wird.

Inhaltsübersicht

I. Zu den Voraussetzungen des Safe-HavenA. KulturgüterB. Gefährdung

1. Bedrohung2. Bewaffnete Konflikte, Katastrophen und Notlagen 3. Ausländischer Eigentümer- oder Besitzerstaat

C. Staatsvertrag1. Vertragsschliessungsrecht2. Vertragsausgestaltung3. Abschlussmodalitäten

II. Zum Schweizer Safe Haven als internationale Unter-stützungsformA. Internationale UnterstützungB. Schweizer Unterstützung

1. Bilateralität des Verfahrens 2. Verfahren über den Ausschuss

III. Zur Gewährung des Safe-HavenA. Bergungsort

1. Räumlichkeit2. Fachperson

B. Aufbewahrung der Kulturgüter 1. Treuhänderische Aufbewahrung2. Schirmherrschaft der UNESCO

C. Nutzung1. Ausstellungen und Studien2. Verbot anderweitiger Nutzungen3. Kosten und Einnahmen

D. Keine Rechtsansprüche DritterE. ImportbeschränkungenF. Inventar G. Rückgabepflicht

IV. Würdigung

Prolog«In der Überzeugung, dass jede Schädigung von Kultur-

gut, gleichgültig welchem Volke es gehört, eine Schädigung des kulturellen Erbes der ganzen Menschheit bedeutet, weil jedes Volk

seinen Beitrag zur Kultur der Welt leistet.»1

Als weltweit erster Staat überhaupt schafft die Schweiz einen auf gesetzlicher Grundlage zur Verfügung stellba-ren Bergungsort («Safe Haven») zur sichereren vorüber-gehenden Aufbewahrung von im Ausland bedrohten Kul-turgütern. Historisch ist dies mit Blick auf die humanitäre Tradition der Schweiz sowie zwei frühere Aktionen zu begrüssen, welche ohne konkrete diesbezügliche gesetzli-che Grundlage durchgeführt wurden. Die Schweiz konnte in diesem Sinne ihre Position im Kulturgüterschutz bereits während des spanischen Bürgerkriegs anhand der Sicher-stellung eines Grossteils der Gemäldesammlung aus dem Museo Nacional del Prado, Madrid durch das Musée Na-tional d’Art et d’Histoire in Genf sowie 2000–2007 anhand des Afghanistan-Museums in Bubendorf unterstreichen.2

nikolauS thaddäuS pauMgartner, M.A. (HSG) Law & Econo-mics, Zürich.

raphael zingg, Master of Law, Licencié en Droit français, Zürich.1 Prolog des Haager Abkommens vom 14. Mai 1954 für den Schutz

von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten.2 So auch Botschaft zur Totalrevision des Bundesgesetzes über den

Schutz der Kulturgüter bei bewaffneten Konflikten vom 13. No-vember 2013, BBl 2013 8987 ff. («Botschaft KGSG»), 8994.

De par la révision totale de la loi fédérale sur la protection des biens culturels en cas de conflit armé, la Suisse devient, figure pionnière, le premier Etat à introduire une base légale pour la mise à disposition d’un refuge (« Safe Haven ») où les biens culturels menacés à l’étran-ger peuvent être mis en sécurité. Le présent essai traite des conditions d’octroi d’un tel Safe Haven par le Conseil fédéral en vertu du nouvel art. 12 LPBC ainsi que de ses possibles formes d’application. Au vu des faibles exigences posées par ladite norme, le Conseil fédéral dispose d’une certaine flexibilité dans l’attribution de Safe Haven, satisfaisant ainsi au but de protection étendue que poursuit la loi. Il sera des plus intéressants de déterminer si, comme le soulève le Message, le Conseil fédéral limitera l’accès à un Safe Haven suisse aux biens culturels en possession ou en propriété d’un Etat.

nikolauS thaddäuS pauMgartner raphael Zingg

AJP 10_2014.indb 1375 20.10.14 10:14