6
Kapitel 36: Gleichstrom: Leitungsmechanismen 447 Wird der Transport durch Elektronen oder Defektelektronen (s. u.) besorgt, ist = ±e, betragsmäßig also gleich der Elementarladung e. Erfolgt der Transport dmch Ionen mit der Wertigkeit z±, dann gilt = . e. 36.2.2 Der Hall-Effekt Die Leitfähigkeitsmessung macht bloß eine Aussage über das Produkt aus Ladung, Ladung trägerkonzentration und Beweglichkeit. Man möchte aber natürlich diese Größen einzeln kennen. Da hilft z. B. der Hall-Effekt l weiter; er liefert das Vorzeichen der Ladungsträger und deren Konzentration. Beim Hall-Effekt untersucht man die Wirkung eines magnetischen Feldes iJ auf die Ladungsträger in einem stromdmchßossenen Leiter (Fig. 36.3a). Dmch den quaderförmigen Leiter im Feld B 11 z fließe ein Strom I (.711 y). ehmen wir an, der Stromtransport werde dmch positive Ladungsträger be- sorgt (Fig. 36.3b), dann ist deren Geschwindigkeit v parallel zm Stromdichte J. Sie erfahren im B-Feld eine Lorentzkraft, die sie in x-Richtung treibt. Zwischen zwei in dieser Richtung angebrachten Elektroden entsteht dadmch die sogenannte Hall-Spannung U H bzw. ein elektrisches Hall-Feld EH, das ant ip arall el x gerichtet ist. Bei negativen Ladungsträgern (Fig. 36.3c) sind v und J antiparallel gerichtet: Die auf sie wirkende Lorentzkraft ist wieder parallel x gerichtet; das Hall-Feld EH ist diesmal parallel x. Die Polarität der Hall-Spannung zeigt also an, mit welchem Ladungsvorzeichen man es zU tun hat. Quantitativ kann man festhalten: Die Ladungsträger werden dmch die La- rentzkraft so lange zu den x-Elektroden getrieben, bis zwischen dieser La- rentzkraft und der entstehenden elektrischen Feldkraft Gleichgewicht er- reicht ist. Vektoriell gilt dann: q . EH = -q. v x B . --< (--<--<) Mit GI. (36.9) ersetzt man sodann v dmch J und gelangt zu: Elektrisches Hall-Feld: --< 1 (--< --<) (--< --<) EH = - n. q' J x B = -KH · J x B Hall-Kon tante: 1 KH=- nq Das Vorzeichen der Hall-Konstanten K H liefert das Vorzeichen der Ladungsträger, ihr B etrag die Ladungsträgerkonzentration. (36.14) (36.15) Für die experimentelle Auswertung schreiben wir GI. (36.14) in eine ein- fachere Betragsgleichung um. Mit den geometrischen Abmessungen der Hall-Probe (d, e, siehe Fig. 36.3) er hält man: 1 Edwin Herbert Hall 1855-1938 Fig. 36.3: (a) Hall-Effekt: Fließt ein Strom; in y-Rlchtung durch einen Leiter, der sich in einem l\Iagnetfeld B 11 z befindet, dann wird zwischen den x-Flächen des Leiter tücks die sogenannte Hall-Spannung U H registriert. (b) Aufsicht auf das Leiter tück in Richtung des B-Feldes: Bei po itiven Ladungsträgern ist das elektri che Hall-Feld EH parallel -x gerichtet. (c) Gleiche Aufsicht: Bei negativen Ladung - trägern ist das Hall-Feld parallel +x gerichtet. Teil C: Elektrik

B v J. x. - lernserver.el.haw-hamburg.delernserver.el.haw-hamburg.de/.../Physikpraktikum/a_lehrbuecher/e_m_paus.pdf · Beim Hall-Effekt untersucht man die Wirkung eines magnetischen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: B v J. x. - lernserver.el.haw-hamburg.delernserver.el.haw-hamburg.de/.../Physikpraktikum/a_lehrbuecher/e_m_paus.pdf · Beim Hall-Effekt untersucht man die Wirkung eines magnetischen

Kapitel 36: Gleichstrom: Leitungsmechanismen 447

Wird der Transport durch Elektronen oder Defektelektronen (s. u.) besorgt, ist q± = ±e, betragsmäßig also gleich der Elementarladung e. Erfolgt der Transport dmch Ionen mit der Wertigkeit z±, dann gilt q± = z± . e.

36.2.2 Der Hall-Effekt

Die Leitfähigkeitsmessung macht bloß eine Aussage über das Produkt aus Ladung, Ladung trägerkonzentration und Beweglichkeit. Man möchte aber natürlich diese Größen einzeln kennen. Da hilft z. B. der Hall-Effekt l weiter; er liefert das Vorzeichen der Ladungsträger und deren Konzentration.

Beim Hall-Effekt untersucht man die Wirkung eines magnetischen Feldes iJ auf die Ladungsträger in einem stromdmchßossenen Leiter (Fig. 36.3a).

Dmch den quaderförmigen Leiter im Feld B 11 z fließe ein Strom I (.711 y). ehmen wir an, der Stromtransport werde dmch positive Ladungsträger be­

sorgt (Fig. 36.3b), dann ist deren Geschwindigkeit v parallel zm Stromdichte J. Sie erfahren im B-Feld eine Lorentzkraft , die sie in x-Richtung treibt. Zwischen zwei in dieser Richtung angebrachten Elektroden entsteht dadmch die sogenannte Hall-Spannung UH bzw. ein elektrisches Hall-Feld EH, das antiparallel x gerichtet ist. Bei negativen Ladungsträgern (Fig. 36.3c) sind v und J antiparallel gerichtet: Die auf sie wirkende Lorentzkraft ist wieder parallel x gerichtet; das Hall-Feld EH ist diesmal parallel x. Die Polarität der Hall-Spannung zeigt also an, mit welchem Ladungsvorzeichen man es zU tun hat.

Quantitativ kann man festhalten: Die Ladungsträger werden dmch die La­rentzkraft so lange zu den x-Elektroden getrieben, bis zwischen dieser La­rentzkraft und der entstehenden elektrischen Feldkraft Gleichgewicht er­reicht ist. Vektoriell gilt dann:

q . EH = -q. v x B . --< (--<--<)

Mit GI. (36.9) ersetzt man sodann v dmch J und gelangt zu:

Elektrisches Hall-Feld:

--< 1 (--< --<) (--< --<) EH = - n. q' J x B = -KH · J x B

Hall-Kon tante: 1

KH=-nq

Das Vorzeichen der Hall-Konstanten K H liefert das Vorzeichen der Ladungsträger, ihr Betrag die Ladungsträgerkonzentration.

(36.14)

(36.15)

Für die experimentelle Auswertung schreiben wir GI. (36.14) in eine ein­fachere Betragsgleichung um. Mit den geometrischen Abmessungen der Hall-Probe (d, e, siehe Fig. 36.3) erhält man:

1 Edwin Herbert Hall 1855-1938

Fig. 36.3: (a) Hall-Effekt: Fließt ein Strom; in y-Rlchtung durch einen Leiter, der sich in einem l\Iagnetfeld B 11 z befindet, dann wird zwischen den x-Flächen des Leiter tücks die sogenannte Hall-Spannung U H registriert. (b) Aufsicht auf das Leiter tück in Richtung des B-Feldes: Bei po itiven Ladungsträgern ist das elektri che Hall-Feld EH parallel -x gerichtet. (c) Gleiche Aufsicht: Bei negativen Ladung -trägern ist das Hall-Feld parallel +x gerichtet.

Teil C: Elektrik

Page 2: B v J. x. - lernserver.el.haw-hamburg.delernserver.el.haw-hamburg.de/.../Physikpraktikum/a_lehrbuecher/e_m_paus.pdf · Beim Hall-Effekt untersucht man die Wirkung eines magnetischen

448 Kapitel 36: Gleichstrom: Leitungsmechanismen

15r----------------,1.2

!~ ~ :I:

0: 10 "0 C

~ <I> "0

~ 5 (ij I

0.8 cl "0 c

0.6 ~ ~

0.4 ~ '" Cl

0.2 ,~ --'

Fig. 36.4: Ungewöhnliche Feldabhängigkeit von Hall- und Längswiderstand, RH = U H / I u. R y = U/I . Nach Gl. 36.16 wäre RH ~ B; das ist bei kleinen B-Feldstärken auch der Fall. Bei 2-dimensionalen Elektronen­leitern (MOSFET-Transistoren und gewissen Halbleiter-Heterostrukturen; Probendicke in Feldrichtung nur d ~ 10 nm) tritt bei sehr tie­fen Temperaturen der sog. Quanten-Hall/v.­Klitzing-Effekt auf: Die lineare Abhängigkeit bei kleinen Feldstärken wi.rd bei hohen Fel­dern von Sprüngen von der Größe tlRH = (1/i)(h/e2

), (i = 1,2,3 . .. ) abgelöst, die wie das Verschwinden des Längswiderstands Ry im Bereich der Plateaus von der Quantisie­rung der Elektronenbewegung in Feldrichtung herrührt. Der Quanten-Hall-Effekt liefert u.a. den heutigen Widerstandsstandard (vgl. Kap. 18; Literatur im Anhang). 2

Teil C: Eleh-trik

Hall-Spannung:

UH J -=KH·_·B.

R. d·R.

J·B UH =KH · -- =RH·J

d

B mit RH = K H . - als Hall- Widerstand.

d

(36.16)

Hier wurde das Hallsehe Gesetz auf eine dem Ohrnschen Gesetz nachemp­fundene Form gebracht. Wir wollen nur festhalten, daß der sogenannte Hall-Widerstand RH der magnetischen Flußdichte proportional ist. Ein in­teressantes Sonderverhalten zeigen spezielle, sog. zweidimensionale Leiter, bei denen die Probendicke in B-Feldrichtung so gering ist, daß Quanten­effekte auftreten (Quanten-Hall-Effekt; s. Fig. 36.4). Zur Bestimmung der uns hier mehr interessierenden Hall-Konstanten K H einer unbekannten Probe hat man also UH , J , d und die magnetische Feldstärke B zu messen, letztere z. B. durch Induktion. Im Demonstrationsexperiment lassen sich die Proportionalitäten

U H '" J bei festgehaltenem B,

U H '" B bei festgehaltenem J

mit guter Genauigkeit bestätigen. Zusammenfassend bleibt festzuhalten:

1. Die Messung der Leitfähigkeit", liefert das Produkt n . q . b von Anzahl-dichte, Ladung und Beweglichkeit der Ladungsträger;

2. die Messung der Hall-Konstanten K H liefert n· q und Vorzeichen von q.

Mit den Ergebnissen aus derartigen Experimenten lassen sich nun die ver­schiedenen Leitertypen untersuchen. Bevor diese Ergebnisse im folgen­den Abschnitt näher beschrieben werden, bleibt noch zu vermerken: Das Hall-Gesetz (36.14)/(36 .16) gestattet, wenn man die Hall-Konstante einmal kennt, in einfacher Weise durch eine Strom-Spannungsmessung die Bestim­mung von magnetischen Feldstärken. Dies ist eine der wichtigsten Anwen­dungen der sogenannten Hall-Sonden.

36.3 Diskussion der wichtigsten Leitertypen 36.3.1 Metallische Leiter Leitfähigkeits- und Hall-Experimente zeigen, daß der Stromtransport in den meisten Metallen von negativ geladenen Elektronen getragen wird. In Tab. 36.1 sind die Leitfähigkeiten und Hallkonstanten für einige Metalle zusammengestellt. Man erkennt :

(1) Die Hall-Konstanten sind meist negativ; als Ladungsträger kommen nur Elektronen in Frage. 3

2 Die abgebildete Meßkurve wurde dankenswerterweise von Herrn Dr. J. Schurf, Physikalisch-Technische Bundesanstalt Braunschweig, zur Verfügung gestellt.

3 Es gibt auch Metalle mit positiven Hall-Konstanten (s. Zahlenwerte in Tab. 36.1). In ihnen wird die Stromleitung überwiegend durch positive Defektelektronen ge-

Page 3: B v J. x. - lernserver.el.haw-hamburg.delernserver.el.haw-hamburg.de/.../Physikpraktikum/a_lehrbuecher/e_m_paus.pdf · Beim Hall-Effekt untersucht man die Wirkung eines magnetischen

Kapitel 36: Gleichstrom: Leitungsmechanismen 449

Tab. 36. 1: Spezifische Leitfähigkeit r;. und Hall-Konstante K H einiger Metalle bei Zimmertem­peratur; in der dritten Spalte ist die Konzentration n der Ladungsträger angegeben, die man mit der Atornkonzentration nA vergleichen kann; desweiteren sind die Beweglichkeiten b der Ladungs­träger, ihre Austrittsarbeit {f> aus dem Metall und der Temperaturkoeffizient Cl: des elektrischen Widerstands angeführt. In vielen Metallen sind negative Elektronen die Ladungsträger; es gibt aber auch solche, in denen die Defektelektronenleitung überwiegt (siehe fußnote S. 448). Bei den AJkaliatomen stimmt die Regel" Jedes Atom liefert ein Elektron zur Strornleitung" sehr genau. Sonst können erhebliche Abweichungen auftreten. Ein extremes Beispiel stellt das Halbmetall Wismut dar.

Metall KH 1 NLP

b =r;.KH {f> r;. n='-- nA=M KH lel

in n- 1 m- 1 m3 in m-3 in m-3 m2

in eV in- in-e Vs

x 106 xlO- 1O X 1028 x 1028 x lO-4

Na 21,1 -2,5 2,50 2,54 -53 2,75

K 13,9 -4,2 1,49 1,32 -58 2,30

Cu 58,8 -0,55 11 ,3 8,45 -32 465

Ag 62,1 -0,85 7,34 5,86 -53 4,26

Al 36,5 -0,30 20,8 6,02 -11 4,28

Bi 0,86 -0,0054 0,001 2,82 -46 4,22

W 18,8 +1,18 5,29 6,31 +22 4,55

Zn 16,9 +0,33 18,9 6,57 +5,6 4,33

Cd 13,8 + 0,60 10,4 4,63 +8,3 4,22

Fe 10,2 +0,25 25 ,0 8,48 +2,6 4,63

(2) Mit der Elementarladung q = -e = -1,602 . 10- 19 C und mit Hilfe der Hall-Konstanten (36. 15) läßt sich die Anzahldichte n der Elektronen ermitteln. Wir wählen Kupfer als Beispiel und rechnen betragsmäßig (vgl. Tab. 36.1):

1 10 m3

K H = - = 0,55 . 10- -ne C

~ n = 11 ,3' 1028 m-3 ~ 11 . 1022 cm-3.

Mit dieser Anzahldichte vergleichen wir die Anzahldichte der Kupferatome im Gitter, die wir aus der Massendichte P = 8,92 g/cm3

, der relativen Atommasse M = 63,55 mit Hilfe der Loschmidtzahl N L (= 6 ,02 . 1023

Atome pro Mol) ausrechnen können.4

1 mol Cu ~ 63,55 g ~ 7,12 cm3 ~ 6,02 . 1023 Atome.

Die Anzahldichte der Cu-Atome beträgt also

N LP 6 ,02 . 1023

. 8,91 = 8,46 . 1022 cm -3 = 8,46 . 1028 m -3. neu = M = 63,55

Vergleichen Sie dies mit der oben ausgerechneten Elektronenkonzentration! Offenbar gibt jedes Kupferatom im Mittel 1,5 Elektronen ans Gitter ab.

tragen, die bei der Besprechung der Halbleiter erläutert werden. 4 Zur Definition der relat iven Atommasse und der Masseneinheit mol siehe Kalorik.

Cl:

in K-l

x lO-3

5,5 5,4

4,33 4,10

4,67

4,45

4,83 4,20

4,26

6,57

Teil C: Elektrik

Page 4: B v J. x. - lernserver.el.haw-hamburg.delernserver.el.haw-hamburg.de/.../Physikpraktikum/a_lehrbuecher/e_m_paus.pdf · Beim Hall-Effekt untersucht man die Wirkung eines magnetischen

336 Kapitel 27: Magnetisches Feld und Induktion

2 2

L-_-j I 1------'

Fig. 27. 2: Homogene und inhomogene Feldbe­reiche bei einer langgestreckten Zylinderspule, mit der die einführenden Demonstrationsexpe­rimente durchgeführt werden.

I

(a)

(b)

H

H I I I I

x

-Q/2 +Q/2 x

Fig. 27.3: (a) Ortsabhängigkeit der Feldstär­ke H längs der Achse einer langen Spule. Sie ist im Innern der Spule konstant , an den En­den genau halb so groß wie im Innern und fällt nach außen schnell auf Null ab. (b) Idealisierte Ortsabhängigkeit der Feldstär­ke, die für die einfache Interpretation mancher experimenteller Ergebnisse recht nützlich ist (Rechteckfunktion ) .

Teil C: Elektrik

elektrischen Ladung: Im elektrischen Fall verlaufen die Feldlinien von der (+ )-Ladung zur (-)-Ladung.

( + ) entspräche N, ( - ) entspräche S.

Das verleitet zu dem Versuch, einen magnetischen N-Pol vom S-Pol zu trennen, also einen Pol zu isolieren. Die wiederholte Teilung eines Stabma­gneten führt aber immer wieder zu Teilmagneten mit einem N - und einem S-Pol. Das geht so fort bis in die kleinsten atomaren und nuklearen Dimen­sionen; immer verbleibt man mit einem magnetischen Dipol. Elementare atomare Teilchen wie Elektronen, Protonen, Neutronen etc. besitzen ein magnetisches Dipolmoment, sind also , elementare Magnetnadeln" .

Es gibt keine magnetischen Monopole. Die kleinste magnetische Einheit ist ein Dipol.

Auch heute noch befindet man sich auf der Suche nach magnetischen Mo­nopolen; man ist der Meinung, daß man zu ihrer Erzeugung eine sehr hohe Energie benötigt, so hoch, daß sie mit den größten Teilchenbeschleunigern, mit denen man den oben beschriebenen Teilungsprozeß weitertreibt, der­zeit nicht erreichbar ist. Wir müssen mit magnetischen Dipolen Vorlieb nehmen und halten einstweilen fest, daß sie in magnetischen Feldern Dreh­momente erfahren, die sie parallel zu den Feldlinien einzustellen versuchen - genau wie es im Kap. 24 bei elektrischen Dipolen in elektrischen Feldern festgestellt wurde.

27.2 Das homogene Magnetfeld einer langen Spule

Zur quantitativen Erfassung des magnetischen Feldes, der Definition und Messung der magnetischen Feldstärke, die mit dem Buchstaben H bezeich­net werden soll, verwendet man am besten die durch elektrische Ströme erzeugten Magnetfelder. Leider erzeugt die einfachste elektrische Anord­nung - ein langer, gerader, stromdurchfiossener Draht - ein inhomogenes Feld. Fig. 27.1b zeigt jedoch: Das Feld im Innern langer, gleichmäßig ge­wickelter Spulen ist praktisch homogen. Das ist in Fig. 27.2 noch einmal schematisch festgehalten: Bereich (1) . Sonst ist das Feld überall inhomo­gen, insbesondere in den Endbereichen (2). Genau wie im elektrischen Fall beim Plattenkondensator wird man annehmen, daß man diese Randberei­che vernachlässigen kann, wenn die Spule nur lang genug ist. Des weiteren macht man die Feststellung, daß in den Bereichen (3) die dort herrschenden Feldstärken viel kleiner sind als im Bereich (1) .

Mit den im folgenden zu erarbeitenden Methoden kann man das magneti­sche Feld längs der Achse einer langen Spule, die im einfachsten Fall einlagig gewickelt ist und dann ein Solenoid genannt wird , sowohl berechnen - etwa mit dem Biot-Savartschen Gesetz -, als auch messen, z. B. durch Induktion.

••

Das Ergebnis zeigt Fig. 27.3 . Uber einen weiten Bereich ist das magnetische

Page 5: B v J. x. - lernserver.el.haw-hamburg.delernserver.el.haw-hamburg.de/.../Physikpraktikum/a_lehrbuecher/e_m_paus.pdf · Beim Hall-Effekt untersucht man die Wirkung eines magnetischen

Feld in der Spule konstant; an den Rändern, wo es inhomogen wird, nimmt seine Stärke ab (Fig. 27.3b); genau am Rand ist es gerade halb so groß wie in der Mitte. Das Feld greift in den Außenraum; die Feldlinien sind, da es keine magnetischen Ladungen gibt, geschlossene Linien, die von einem En­de der Spule startend in einem weiten Bogen durch den Raum zum anderen Spulenende verlaufen und durch die Spule zum Ausgangspunkt zurückkeh­ren. Für viele einfache Fälle kann man die Ortsabhängigkeit der Feldstärke längs der Spulenachse wie in Fig. 27.3c durch einen rechteckigen Verlauf idealisieren.

Um die magnetische Feldstärke definieren und im homogenen Bereich (1) quantitativ angeben zu können, benötigt man wie im elektrischen Fall einen Feldindikator. Dort tat u. a. eine elektrische Ladung gute Dienste. Wegen des Fehlens magnetischer Monopole wird man hier aber mit Dipolen, also kleinen Permanentmagneten vorliebnehmen müssen. Dipole erfahren, wie wir bereits gesehen haben, im magnetischen Feld ein mechanisches Dreh­moment. Die Stärke des Drehmoments wird als Maß für die Stärke des wirkenden Feldes genommen. Wie bei der Untersuchung des elektrischen Feldes ist auch hier das quantitative Drehmomentengesetz, insbesondere die Winkelabhängigkeit des Drehmoments nicht bekannt. Die Experimente müssen also so geführt werden, daß diese Abhängigkeit nicht benötigt wird.

Die experimentelle Anordnung dazu zeigt Fig. 27.4. Im homogenen, ma­gnetischen Feld einer langen, einlagig gewickelten Spule befindet sich ein kleiner Permanentmagnet (magnetischer Dipol). Er ist genau senkrecht zu den Feldlinien ausgerichtet und um eine horizontale Achse drehbar gelagert. Eine Spiralfeder, die einem linearen Drehmomentengesetz gehorcht, verbin­det den Magneten mit einem Zeiger, der um die gleiche Achse drehbar ist. Versucht sich der Magnet nun im Feld auszurichten, wird der Zeiger so weit in entgegengesetzter Richtung verdreht, bis der Magnet wieder genau senk­recht zum Feld steht (gestrichelte Linie). Der Zeigerausschlag ist dann ein Maß für das vom Feld auf den Dipol ausgeübte Drehmoment und damit auch ein Maß für die Stärke des magnetischen Feldes. Die Feldspule besitzt die Länge e, die Querschnittsfläche A und die Windungszahl n; sie wird von einem Strom I durchflossen. Die systematische Variation dieser Parameter führt zu folgendem Zusammenhang:

Magnetische Feldstärke im Innern einer langen Spule:

n H= 1·­e E· I' A In leIt: -

m

Die magnetische Feldstärke im Innern einer langen Spule ist dem Spulenstrom I und der Windungsdichte n/ e proportional. Der Proportionalitätsfaktor wird zu 1 und dimensions los festgelegt. Dies führt auf die Ein­heit A/m für die magnetische Feldstärke. Die Quer­schnittsfiäche A der Spule geht nicht ein.

(27.1 )

/'\ - - - - -:;>-.......

rt magnet.

- ----'>--/

~.~------Q--------.

Fig. 27.4: Der Magnetometerversuch, mit dem man zu einer quantitativen Formulierung für die magnetische Feldstärke gelangt. Ein magnetischer Dipol ist im homogenen Feld einer langen Spule drehbar gelagert und durch eine Feder elastisch an eine ullage gebunden (weitere Erklärungen im Text).

Teil C: Elektrik

Page 6: B v J. x. - lernserver.el.haw-hamburg.delernserver.el.haw-hamburg.de/.../Physikpraktikum/a_lehrbuecher/e_m_paus.pdf · Beim Hall-Effekt untersucht man die Wirkung eines magnetischen

338 Kapitel 27: Magnetisches Feld und Induktion

Spule 1 Spule 2

R

I 1I1I

Fig. 27.5: Zwei Spulen stehen koaxial einan­der gegenüber. Wird in der Primärspule (Spu­le 1) das magnetische Feld verändert, regi­striert dies das Galvanometer im Sekundär­kreis (Spule 2), obwohl keine leitende Verbin­dung zwischen den beiden Kreisen besteht.

Teil C: Elektrik

In den Einheiten der Feldstärken zeigt sich eine erste formale Analogie zwi­schen Elektrik und Magnetik:

V A elektrische Feldstärke E in - ...... magnetische Feldstärke Hin -

m m Es wird sich später noch mehrfach zeigen: Formal gelangt man von den Gleichungen der Elektrik zu denen der Magnetik durch die einfache Substi­tution U ...... I. Wir wollen aber betonen, daß dies nur eine formale Analogie ist, die man gerne als Gedächtnisstütze verwendet, die man aber aus physi­kalischen Gründen nicht konsequent aufrechterhalten kann, wie wir später erkennen werden.

27.3 Die elektromagnetische Induktion

27.3.1 Qualitative Befunde zum Induktionsgesetz Wir beginnen mit dem einfachen Experiment, das in Fig. 27.5 skizziert ist: Eine Spule, in der man durch Einschaltung eines Stromes ein magnetisches Feld erzeugen kann, steht einer zweiten Spule so gegenüber, daß die magne­tischen Feldlinien in sie hineingreifen können. Der erste Kreis heißt Primär­kreis, die erste Spule Primärspule; der zweite Kreis ist der Sekundärkreis mit der Sekundärspule, die an ein Galvanometer angeschlossen ist.

Man macht folgende Feststellungen:

• Obwohl die beiden Kreise elektrisch nicht miteinander verbunden sind, reagiert das Galvanometer im Sekundärkreis auf das Einschalten des Stromes im Primärkreis mit einem Ausschlag. Man sagt: Es wird im Sekundärkreis eine Spannung induziert.

• Beim Ausschalten des Stromes im Primärkreis zeigt das Galvanometer einen gleich großen Ausschlag in entgegengesetzter Richtung.

• Wenn das Magnetfeld der Primärspule eingeschaltet ist und sich nicht mehr ändert, zeigt das Galvanometer auch keinen Ausschlag mehr.

• Das Galvanometer registriert eine Induktionsspannung, wenn bei einge­schaltetem Feld die Lage der Primärspule oder die der Sekundärspule geändert wird.

• Das Galvanometer registriert eine Induktionsspannung, wenn man die Form der Sekundärspule zB. durch Zusammenquetschen ändert.

Kurz zusammengefaßt: Im Sekundärkreis wird eine Induktionsspannung registriert bei Feldänderung - F01mänderung - Lageänderung. Die einzi­ge Verbindung zwischen Primär- und Sekundärspule wird dabei durch das magnetische Feld vermittelt. Dieses kann man auch bereits in dem quali­tativen Experiment der Fig. 27.5 gezielt verändern: Durch gleichmäßiges Verstellen des Vorwiderstands im Primärkreis mit einem kleinen Motor ge­lingt es, das magnetische Feld zeitlich linear von einer Stärke H 1 auf eine andere Stärke H 2 > H1 zu bringen. Solange sich das magnetische Feld derart zeitlich linear ändert, zeigt das Galvanometer im Sekundärkreis eine konstante Spannung an, die umso größer ist , je schneller die Feldänderung erfolgt (Fig. 27.6).