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Aus der Universitätsklinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Direktor: Univ.-Prof. Dr. Dr. Johannes Schubert Bakterielles Wachstum auf verschiedenen Nahtmaterialien bei enoralem Gebrauch Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Zahnmedizin (Dr. med. dent.) vorgelegt der Medizinischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg von Dr. med. Markus Berginski geboren am 2. März 1971 in Iserlohn. Betreuer: PD Dr. Dr. P. Maurer Gutachter: 1. Prof. Dr. J. Schubert 2. PD M. Bloching 3. Prof. Dr. S. Schultze-Mosgau Verteidigungsdatum: 15.11.2006 urn:nbn:de:gbv:3-000011166 [http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=nbn%3Ade%3Agbv%3A3-000011166]

Bakterielles Wachstum auf verschiedenen Nahtmaterialien ... · chemischen Struktur, den physikalischen Eigenschaften und in ihrer Gewe- beantwort voneinander unterscheiden. Für den

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Aus der Universitätsklinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Plastische

Gesichtschirurgie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Direktor: Univ.-Prof. Dr. Dr. Johannes Schubert

Bakterielles Wachstum auf verschiedenen Nahtmaterialien

bei enoralem Gebrauch

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades

Doktor der Zahnmedizin (Dr. med. dent.)

vorgelegt

der Medizinischen Fakultät

der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

von Dr. med. Markus Berginski

geboren am 2. März 1971 in Iserlohn.

Betreuer: PD Dr. Dr. P. Maurer

Gutachter: 1. Prof. Dr. J. Schubert

2. PD M. Bloching

3. Prof. Dr. S. Schultze-Mosgau

Verteidigungsdatum: 15.11.2006

urn:nbn:de:gbv:3-000011166[http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=nbn%3Ade%3Agbv%3A3-000011166]

Referat und bibliographische Beschreibung

Einleitung und Zielstellung: Ziel der Untersuchung ist es, Zahl und Spektrum

möglicher Bakterien am Nahtmaterial zu bestimmen und die physikalischen

Ursachen für die bakterielle Adhärenz zu untersuchen.

Material und Methodik: In einer prospektiven Studie wurden primär nicht

infizierte intraorale Wunden von 20 Patienten sowohl mit monofilem

(Monocryl) als auch geflochtenem Faden (Polyester) der Stärke 4-0 versorgt.

Am 1., 5. und 10. postoperativen Tag erfolgten Fadenentnahme und der Trans-

port im Stuart-Medium zur mikrobiologischen Untersuchung (Keimspektrum

und Zahl der koloniebildenden Einheiten). Zusätzlich wurden die Oberflächen

der Nahtmaterialien mit Hilfe der Environmental-Scanning-Elektronenmikros-

kopie (ESEM) untersucht.

Ergebnisse: Bei Probeentnahme am 1. postoperativen Tag waren keine Unter-

schiede hinsichtlich Keimart und -menge zu verzeichnen. Nach intraoraler

Verweildauer von 5 Tagen fanden sich am geflochtenen Nahtmaterial eine

signifikant höhere Keimbesiedlung und ein anderes Keimspektrum als am

Monofilament. Die ESEM-Auswertung bestätigte eine erhebliche Keim-

besiedlung des geflochtenen Materials vor allem in den Zwickelbereichen.

Schlussfolgerung: Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Ursachen der

gesteigerten Keimbesiedlung des Polyfilamentes vor allem in der Oberflächen-

beschaffenheit und im Quellungsvermögen des geflochtenen Nahtmaterials zu

suchen sind.

Schlüsselwörter: Nahtmaterial, Mikrobiologie, ESEM, Keimbesiedlung

Berginski, Markus: Bakterielles Wachstum auf verschiedenen Naht-materialien bei enoralem Gebrauch. Halle, Univ., Med. Fak., Diss., 44 Seiten, 2006

Inhaltsverzeichnis

Seite

1 Einleitung 1

1.1 Geschichte der chirurgischen Naht 1

1.2 Naht und Wundheilung 4

1.3 Nahtmaterialien 5

1.4 Nähte in der Mundhöhle 8

2 Zielstellung 9

3 Material und Methodik 10

3.1 Methodisches Vorgehen 10

3.2 Material 10

3.3 Patientenbezogener Untersuchungsabschnitt 10

3.4 Probandenbezogener Untersuchungsabschnitt 12

3.5 Mikrobiologische Untersuchung 13

3.6 Elektronenmikroskopische Untersuchung 14

3.7 Mathematische und statistische Auswertung 15

4 Ergebnisse 22

5 Diskussion 29

6 Schlussfolgerungen 34

7 Zusammenfassung 36

8 Literaturverzeichnis 38

9 Thesen 44

1

1 Einleitung

1.1 Geschichte der chirurgischen Naht

Die Geschichte der chirurgischen Naht ist zu einem großen Teil gleichbe-

deutend mit der Geschichte der Chirurgie, stand doch die Versorgung einer

Wunde an deren Beginn. Dabei ging der Wundnaht zweifellos die Stoffnaht

als lehrendes Beispiel voraus. Die erste eingehende Beschreibung einer

Wundnaht und der dabei verwendeten Nahtmittel besitzen wir von dem

Inder Susruta etwa aus dem Jahr 500 vor Christus. Neben Leinenfäden,

Pflanzenfasern und Haaren erwähnt Susruta auch Bogensehnen als

Nahtmaterial. Möglicherweise handelt es sich bei diesen Sehnen um die

ersten resorbierbaren Fäden.

Während so im Altertum die wesentlichen, auch heute noch verwandten

Nahtmittel bereits bekannt waren, finden wir zur gleichen Zeit viele Naht-

techniken in den großen medizinischen Büchern von Hippokrates (460 bis

377 vor Christus), Celsus (25 bis 50 nach Christus) und Galen (129 bis 199

nach Christus) im Einzelnen beschrieben.

Bevor weitere Fortschritte in der Nahttechnik erzielt werden konnten,

mussten zuerst die Nahtmittel verbessert werden. Die unsauberen, keim-

haltigen Nahtmittel führten nach einer chirurgischen Naht in einem hohen

Prozentsatz zu Wundinfektionen. Erst nachdem Lister (1827 bis 1912) und

Schimmelbusch (1860 bis 1895) die ersten brauchbaren Desinfektions- und

Sterilisationsverfahren angegeben hatten, konnten diese gefährlichen Wund-

infektionen verhütet werden. Später suchte man Nahtmittel, die nicht wie

Leinenzwirn und Seide in der Wunde liegen blieben, sondern sich

allmählich auflösten und so aus dem Wundgebiet verschwanden. Nach

langen Versuchen fand wiederum Lister im Jahre 1868 das geeignete

Material in der aus Schafsdärmen hergestellten Darmsaite. Um die Saiten

2

keimfrei zu machen, desinfizierte er sie mit Karbolsäure. So entstand das

heutige Catgut.

Abbildung 1: Joseph Baron Lister, englischer Chirurg, 1827-1912. Der

berühmte Pionier der Antisepsis und damit der modernen

Operationsmethoden [Sournia et al., 1980].

Die unzureichende Entkeimung des Catguts durch die Karbolsäure veran-

lasste Lister, nach besseren Sterilisationsmöglichkeiten zu suchen. Gleich-

zeitig war er bemüht, ein Catgut mit einer längeren Resorptions zeit herzu-

stellen. Auf der Suche nach einem geeigneten Verfahren griff er schließlich

auf das altbekannte Gerben des Leders zurück. Dabei lässt man zum

Beispiel Chromsalzlösungen auf die Tierhaut einwirken und erreicht so ein-

mal eine höhere Festigkeit der Haut durch Herabsetzung der Quellfähigkeit.

Außerdem schützt man sie gleichsam durch eine Desinfektion vor Fäulnis.

3

Durch diese Behandlung erhielt Lister im Jahre 1881 einen festen, schwer

resorbierbaren Faden, der nach seiner anfänglichen Meinung auch steril war.

Catgut entwickelte sich rasch zu einem beliebten Standardfaden in der

Chirurgie. Die Industrie hat mit der Zeit immer bessere und wirksamere

Sterilisationsmethoden für Nahtmaterial entwickelt, zum Beispiel Gamma-

strahlen oder Ethylenoxid, so dass auch die anfänglich problematische

Sterilisation von Catgut kein Problem mehr darstellte.

Die Entwicklung moderner medizinischer Nähfäden und Ligaturen begann

kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges mit der Entdeckung der Textil-

fasern Polyamid 6 (Perlon) und Polyamid 6.6 (Nylon). Es dauerte nicht

lange, bis diese Kunstfasern auch zur chirurgischen Naht verwandt wurden.

Im Jahre 1939 entstand sogar durch besondere Verarbeitung von Perlon ein

Kunststofffaden, der speziell für die chirurgischen Erfordernisse entwickelt

wurde, das Supramid. Hinzu kamen wenig später weitere nicht resorbierbare

Fäden aus Polypropylen und aus Polyesterfasern. Durch Kopolymerisation

der Substanzen Glycolsäure und Milchsäure ist die Herstellung eines

synthetischen Materials (Vicryl®) gelungen, welches nicht wie Catgut enzy-

matisch, sondern durch körpereigenes Wasser abgebaut wird. Dieser ge-

flochtene und beschichtete Faden besitzt eine besonders hohe Reißkraft und

zeichnet sich durch seine hervorragenden Knüpfeigenschaften aus. Dadurch

wurde die Verwendung feinerer Fäden möglich.

Selbstverständlich erlebten auch die zur Wundnaht benötigten Instrumente

ihre geschichtliche Entwicklung. Sie soll hier im Einzelnen nicht dargelegt

werden. Bedeutsam ist jedoch die Entwicklung einer stufenlosen, festen

Verbindung von Nadel und Faden, wie sie als sogenanntes atraumatisches

Nahtmaterial heute allgemein bekannt ist [Alexander et al., 1967; Brunius et

Zederfeldt, 1970; Nockemann, 1975; Blomstedt et al., 1977; Osterberg et

Blomstedt, 1979; Osterberg, 1983].

4

1.2 Naht und Wundheilung

Der Wundverschluss ist der entscheidende Endpunkt eines jeden operativen

Eingriffs und die Qualität seiner Ausführung wird oft als „Visitenkarte des

Operateurs“ verstanden. Die Art des gewählten Verschlusses ist abhängig

von Größe und Lokalisation der Operationswunde sowie den lokalen Spann-

ungsverhältnissen und muss kosmetische Belange berücksichtigen.

Neben den Nadeln ist das verwendete Nahtmaterial von entscheidendem

Einfluss auf die Wundheilung und die nachfolgende Narbenbildung

[Kaufmann et Landes, 1992; Schubert, 2000]. Das Verhalten der verschie-

denen Fäden wird durch das Zusammenspiel von Naht- und Gewebefak-

toren bestimmt.

Lymphozyten spielen bei der reinen Nahtreaktion nur eine untergeordnete

Bedeutung, Granulozyten sind in der Anfangsphase der Wundheilung im

umgebenden Gewebe sichtbar. Monozyten und durch Differenzierung ihre

Derivate wie Makrophagen – für die Phagozytose zuständig -, Fibroblasten

und Fibrozyten – zur Faserbildung befähigt – und Fremdkörperriesenzellen -

für die Fremdkörperabschirmung gebildet – bestimmen das histologische

Bild im Fadenkern und um die Fäden in der Folgezeit.

Diese Gewebefaktoren beinhalten den Anwendungsbereich und das

Verhalten der Fäden bei steriler oder infizierter Implantation. Jeder Säuge-

tierorganismus reagiert auf Nahtmaterial, welches ein Fremdmaterial

darstellt, mit einer Entzündungsreaktion. Monozyten, Granulozyten und

Lymphozyten sind Blutzellen, die prinzipiell bei dieser Wundreaktion

auftreten können [Alexander et al., 1967; Karutz et al., 2001; Lilly et al.,

1972].

5

1.3 Nahtmaterialien

Unter den Faktoren, die das Nahtmaterial charakterisieren, sind Fadenauf-

bau- und –verarbeitung sowie Grundsubstanz zu nennen.

Generell gibt es heute vier verschiedene Flechtarten. Zu unterscheiden sind

a) monofile, b) geflochtene, gedrehte oder gezwirnte, c) pseudomonophile

oder ummantelte und d) beschichtete Fäden (Abbildung 2) [Thiede et al.

1979].

Bei der Grundsubstanz wird zwischen resorbierbarem, absorbierbarem und

monofil

geflochten, gedreht oder gezwirnt

pseudomonofil oder ummantelt

beschichtet

Abbildung 2: Schematischer Aufbau verschiedener chirurgischer

Nahtmaterialien

6

nicht resorbierbarem Material unterschieden (Tabelle 1).

Tabelle 1: ausgewählte Eigenschaften verschiedener chirurgischer

Nahtmaterialien, ihre Herkunft und Grundsubstanzen.

Herkunft Grundsubstanz

resorbierbar Säugetierdärme Catgut

absorbierbar vollsynthetisch Polyglykolsäure

Polyglactin

pflanzlich Baumwolle

Zwirn

Kokon der Seidenspinnenraupe Seide

nicht resorbierbar vollsynthetisch Polyester

Polyamid

Polypropylen

Mineralien Stahl

7

Catgut und Zwirn sind den Anforderungen der modernen Chirurgie an Naht-

materialien aufgrund ihrer geringen Knotensicherheit, der mangelhaften

Reißfestigkeit und einer oft unerwünschten Gewebereaktion im Vergleich

zu den vollsynthetisch hergestellten, resorbierbaren Nahtmaterialien nicht

mehr gewachsen und Anfang der siebziger Jahre durch Polyglykolsäure-

derivate ersetzt worden [Morgan, 1969; Postlethwait, 1970; Ludewig et al.,

1971].

Kollagenfäden als weiterentwickelte resorbierbare Fäden mit Vorteilen in

physikalischen Eigenschaften konnten sich aufgrund der schlechten Hand-

habung nicht durchsetzen [Jennings et Addison, 1967; Reynolds, 1968;

Snyder, 1968].

Metallfäden als Nahtmaterialien anorganischen Ursprungs eignen sich nur

für Spezialindikationen wie zum Beispiel Sehnennähte. Bestechend ist die

geringe Gewebereaktion, ungünstig die erschwerte Handhabung

[Nockemann, 1975; Hausamen et al., 1995].

Seide und Zwirn weisen als Naturprodukte bei sehr guten Handhabungs-

eigenschafen und hoher Reißkraft auch heute noch trotz „Oberflächen-

veredelung“ den Nachteil einer erheblichen Kapillarität auf [Thiede, 1978]

und sind inzwischen vom Markt verdrängt worden [Nockemann, 1975].

Übernommen haben die Aufgaben der vorgenannten nicht resorbierbaren

Nahtmaterialien vollsynthetische Fäden, die in drei Gruppen eingeteilt

werden (siehe Tabelle 1): Polyamide, Polyester und Polypropylene [Brunius

et Zederfeldt, 1970]. Die günstigen physikalischen Daten wie hohe Faden-

und Knotenzugfestigkeit und minimale Kapillarität werden durch die

Grundsubstanzen bedingt. Flechtart und „Oberflächenveredelung“ sollen die

Handhabung, die Knotengleitfähigkeit und Knotenzugfestigkeit, Geschmei-

digkeit und das Gewebedurchzugsverhalten verbessern.

8

1.4 Nähte in der Mundhöhle

Die Adhäsion pathogener Keime auf chirurgischen Nahtmaterialien stellt

einen möglichen Risikofaktor für postoperative Wundinfektionen, vor allem

im Bereich der Chirurgie mit intraoralem und damit kontaminiertem

Zugangsweg, dar.

Die in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie bei enoralem Zugangsweg

gebildeten Schleimhaut oder Mukoperiostlappen werden mittels primärer

Naht verschlossen.

Die in den ersten Phasen der Wundheilung ablaufenden Regenerations- und

Reparationsvorgänge sind unter anderem abhängig von einer sicheren

Fixierung [Schubert, 2000]. Dazu findet Nahtmaterial der Stärke 3-0 bis 5-0

Verwendung, welches bis zu zehn Tage in situ verbleibt.

In dieser Zeit wird das Nahtmaterial mikrobiell besiedelt. Da sich die

Wundränder in direkter nachbarschaftlicher Beziehung zum keimbeladenen

Nahtmaterial befinden, besteht die Möglichkeit einer postoperativen Infek-

tion, welche durch unterschiedliche Nahtmaterialien begünstigt werden

könnte [Karutz et al., 2001; Lilly, 1972].

Die Gewebeantwort gegenüber verschiedenen Nahtmaterialien ist unter-

schiedlich. Tierexperimentell konnte nachgewiesen werden, dass die intra-

orale Schleimhaut im histologischen Bild eine geringere Gewebeantwort bei

Verwendung von nichtresorbierbarem Monofilament bzw. einem resorbier-

baren Multifilament im Gegensatz zu nicht resorbierbarem Multifilament

zeigt [Lilly et al., 1972]. Dieser Effekt kann auch noch nach Imprägnierung

des nicht resorbierbaren Multifilaments mit Antibiotika beobachtet werden.

9

2 Zielstellung

Im Hinblick auf eine weitere Reduktion der postoperativen Wundinfektions-

rate in der Chirurgie mit intraoralem und damit kontaminiertem Zugangs-

weg wurden Untersuchungen zur Bakterienbesiedlung verschiedener chirur-

gischer Nahtmaterialien durchgeführt.

Gegenwärtig steht eine Vielzahl verschiedener Nahtmaterialien für die

Chirurgie mit intraoralem Zugangsweg zur Verfügung, die sich in ihrer

chemischen Struktur, den physikalischen Eigenschaften und in ihrer Gewe-

beantwort voneinander unterscheiden.

Für den Erfolg der chirurgischen Therapie ist es daher von Bedeutung, aus

dem umfangreichen Angebot ein Material zu wählen, das die Wundheilung

nur wenig beeinflusst und auch bei längerer Liegezeit bakterielle Infektio-

nen nicht fördert. Die klinische Erfahrung zeigt, dass trotz optimaler Anti-

sepsis und nur wenig traumatisierender Operationsmethodik in 5,3% der

Fälle postoperative Wundinfektionen zu verzeichnen sind [Maurer et al.,

2001].

Daher ist das Ziel dieser Untersuchung, Zahl und Spektrum der Keimbela-

dung verschiedener chirurgischer Nahtmaterialien nach unterschiedlicher

intraoraler Verweildauer zu bestimmen und die mögliche Ursache der

Bakterienadhärenz auf dem Material zu klären.

10

3 Material und Methodik

3.1 Methodisches Vorgehen

Die Untersuchung gliederte sich in zwei Abschnitte. Im ersten Teil (patien-

tenbezogener Abschnitt) erfolgte der Wundverschluss bei ausgewählten

Patienten mit zwei unterschiedlichen Nahtmaterialien, deren Keimbeladung

zu definierten Zeitpunkten mikrobiologisch untersucht wurde. Im zweiten

Teil (probandenbezogener Abschnitt) wurden die gleichen Nahtmaterialien

bei einem freiwilligen Probanden zu unterschiedlichen Zeitpunkten einge-

bracht, um sie am Versuchsende elektronenmikroskopisch zu untersuchen.

3.2 Material

Folgende Nahtmaterialien fanden Verwendung: Ein resorbierbares, mono-

files Nahtmaterial (Monocryl) aus Poliglecapron der Stärke 4-0 von Johnson

& Johnson Medical Wien, Österreich und ein geflochtenes, nicht resorbier-

bares Material (Polyester) aus Polyethylenterephtalat der gleichen Stärke

von Catgut, Markneukirchen, Deutschland (Abbildung 3). Dieses Naht-

material ist mit einem grünen Farbstoff (D&C Grün Nr. 6, C:I: 61565)

eingefärbt und mit Silikon oder Teflon beschichtet.

3.3 Patientenbezogener Untersuchungsabschnitt

In einer prospektiven Studie wurden primär nicht infizierte, intraorale

Wunden von zwanzig Patienten (11 weibliche, 9 männliche, durchschnitt-

liches Alter: 19,2 Jahre) nach dysgnathiechirurgischen Eingriffen gleichzei-

tig mit den zwei ausgewählten Nahtmaterialien versorgt. Die Teilnahme an

dieser Studie war für alle Probanden nach eingehender Aufklärung frei-

willig. Um Verfälschungen auf dem Probenmaterial zu vermeiden, wurde

die Wundversorgung im Sinne einer split-mouth Versuchsanordnung durch-

11

geführt. Dabei werden an jedem Patienten beide Nahtmaterialien verwendet

und miteinander verglichen. Diese Versuchsanordnung wird in der Zahn-

heilkunde auch split-mouth-design oder gekreuztes Versuchsdesign genannt.

Bei den Eingriffen handelte es sich um bilaterale, sagittale Unterkieferosteo-

tomien nach Obwegeser Dal Pont, Le Fort I Osteotomien oder die

Kombination als bimaxillärer Eingriff. Alle operativen Versorgungen

erfolgten in Intubationsnarkose.

Abbildung 3:

Lichtmikroskopische Oberflächendarstellung von chirurgischem Nahtma-

terial. 25-fache Vergrößerung

oben: Polyester® aus Polyethylen (geflochten und beschichtet)

unten: Monocryl® aus Poliglecapron (Monofilament)

12

Die Wundversorgung erfolgte für die Dauer der Studie durch einen

Behandler.

Um Verfälschungen der Untersuchungsergebnisse zu vermeiden, wurden

nur klinisch gesunde Patienten, welche keine Dauermedikation erhielten,

keine lokalen Infekte im Kiefer- und Gesichtsbereich aufwiesen und Nicht-

raucher waren, eingeschlossen.

Sie erhielten eine perioperative antibiotische Prophylaxe von einem Gramm

Cefotiam (Spizef®), als einmalige Gabe intramuskulär, eine Stunde vor

Operationsbeginn [Schubert et al., 1995].

Das postoperative Regime beinhaltete die Zahnpflege mit der Zahnbürste

nach jeder Mahlzeit und zusätzlich mehrmals tägliche Mundspülungen mit

Hexetidin®-Lösung 0,1% für den gesamten Versuchszeitraum.

3.4 Probandenbezogener Untersuchungsabschnitt

Durch die spezielle Technik der Environmental-Scanning-Elektronen-Mi-

kroskopie ist die Probengewinnung direkt am Gerät sinnvoll, um Verfäl-

schungen durch Austrocknung, Transport oder ähnliches zu vermeiden

(siehe hierzu auch Punkt 3.6). Daher wurden für die elektronenmikros-

kopische Untersuchung zusätzlich bei einem nicht operierten Probanden im

Bereich der beweglichen Gingiva der Molarenregion beidseits beide Naht-

materialien unter Lokalanästhesie mit jeweils 0,5 ml Ultracain® D

eingebracht. Diese Proben wurden nach einem, fünf und zehn Tagen, unter

den gleichen aseptischen Kautelen wie unter Punkt 3.5 beschrieben, ent-

nommen. Die auf diese Weise gewonnenen Proben wurden ohne Aufberei-

tung elektronenmikroskopisch untersucht.

13

3.5 Mikrobiologische Untersuchung

Am ersten, fünften und zehnten Tag erfolgte die Fadenentnahme unter asep-

tischen Bedingungen in definierter Länge von 5mm oberhalb des Knotens.

Nach Eintauchen der Proben in Stuart-Medium und luftdichtem Verschluss

erfolgte der Transport innerhalb einer Stunde zur Untersuchung in das

Institut für medizinische Mikrobiologie der Martin-Luther-Universität

Halle-Wittenberg (Leitung: Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. A. S. Kekulé).

Dort wurde das Erregerspektrum qualitativ und quantitativ (Bestimmung der

koloniebildenden Einheiten (in KbE/ml)) untersucht.

Die primäre Anzucht wurde nach den üblichen Standardmethoden sowohl

aerob als auch anaerob durchgeführt [Summanen et al., 1993; Burckhardt,

1992]. Die Identifizierung der isolierten aeroben und anaeroben Keime

wurde mit den Identifizierungssystemen der Firmen bio-Merieux, BBL und

LD nach den Empfehlungen der Hersteller durchgeführt. Die Angabe der

Koloniebildenden Einheiten erfolgt als logarithmische Bereichsangabe in

folgender Abstufung (Tabelle 2):

14

Tabelle 2: logarithmische Einteilung koloniebildender Einheiten

Koloniebildende Einheiten in KbE/ml

0

0 bis <100

100 bis <1000

1000 bis <10.000

10.000 bis <100.000

100.000 bis 1.000.000

3.6 Elektronenmikroskopische Untersuchung

Bei der Materialcharakterisierung ist die Elektronenmikroskopie eine eta-

blierte Methode zur Bestimmung der Mikrostruktur von Festkörperoberflä-

chen.

Eine Weiterentwicklung dieser konventionellen Technik ist die Environ-

mental-Scanning-Elektronen-Mikroskopie (ESEM). Die ESEM-Technik er-

möglicht eine direkte, hochauflösende Oberflächenabbildung von naturbe-

lassenen und vor allem auch feuchten Proben. Diese besonders für Objekte

aus dem medizinisch-biologischen Bereich vorteilhaften Abbildungsleistun-

gen werden dadurch erreicht, dass eine Probenaufbereitung zur Untersu-

chung im Sinne einer Fixierung oder Bedampfung entfällt und dass der Pro-

benraum des Mikroskops nicht ins Hochvakuum evakuiert, sondern unter

15

einer Gasatmosphäre im Druckbereich von 0,1 bis 10 Torr gearbeitet wird

(Niedrigvakuum) [Collins et al., 1993; Otten et al., 2000].

Die Probenentnahme erfolgte analog zur mikrobiologischen Untersuchung

am 1., 5. und zehnten postoperativen Tag direkt am Elektronenmikroskop

unter den gleichen Bedingungen wie unter Punkt 3.3 beschrieben.

Unmittelbar nach Probenentnahme wurden diese Nahtmaterialien auf den

Probenteller aufgebracht und am Elektronenmikroskop betrachtet.

3.7 Mathematische und statistische Auswertung

Zur statistischen Analyse und Darstellung der Ergebnisse werden Microsoft

Excel und Microsoft Word, beide für Windows XP, sowie SPSS in der

Version 10.0 verwendet. Ergebnisse werden als signifikant betrachtet, wenn

sich bei der statistischen Analyse eine Irrtumswahrscheinlichkeit kleiner als

5% ergibt (p<0,05).

Zur statistischen Auswertung werden die gewonnenen Daten entsprechend

der mikrobiologischen Ergebnisübermittlung (s. Tabelle 2) gegenüberge-

stellt.

Tabelle 3: Verteilung der Keimbeladung auf zwei ausgewählten Nahtmateri-

alien nach einem Tag intraoraler Verweildauer.

3 1 475,0% 25,0% 100,0%

2 1 1 1 540,0% 20,0% 20,0% 20,0% 100,0%

1 1 1 333,3% 33,3% 33,3% 100,0%

1 1 2 425,0% 25,0% 50,0% 100,0%

2 1 1 450,0% 25,0% 25,0% 100,0%

3 4 4 4 2 3 2015,0% 20,0% 20,0% 20,0% 10,0% 15,0% 100,0%

Anzahl% von MONOAnzahl% von MONOAnzahl% von MONOAnzahl% von MONOAnzahl% von MONOAnzahl% von MONO

0

bis <100

100 - <1000

1000 - <10000

10000 - <100000

MONO

Gesamt

0 bis <100 100 - <10001000 -<10000

10000 -<100000 > 100000

POLY

Gesamt

16

Tabelle 4: Verteilung der Keimbeladung auf zwei ausgewählten Nahtmateri-

alien nach fünf Tagen intraoraler Verweildauer.

Tabelle 5: Verteilung der Keimbeladung auf zwei ausgewählten Nahtmateri-

alien nach zehn Tagen intraoraler Verweildauer.

1 2 4 714,3% 28,6% 57,1% 100,0%

1 2 1 425,0% 50,0% 25,0% 100,0%

1 1 1 2 520,0% 20,0% 20,0% 40,0% 100,0%

1 1 250,0% 50,0% 100,0%

2 2100,0% 100,0%

1 3 4 5 7 205,0% 15,0% 20,0% 25,0% 35,0% 100,0%

Anzahl % von MONOAnzahl % von MONOAnzahl % von MONOAnzahl % von MONOAnzahl % von MONOAnzahl % von MONO

0

<100

100 - <1000

10000 - <100000

> 100000

MONO

Gesamt

<100 100 <10001000-

<10000

10000 -<100000 > 100000

POLY

Gesamt

1 1 1 2 520,0% 20,0% 20,0% 40,0% 100,0%

2 2 1 3 825,0% 25,0% 12,5% 37,5% 100,0%

1 1 250,0% 50,0% 100,0%

1 1100,0% 100,0%

1 1 1 333,3% 33,3% 33,3% 100,0%

1 1100,0% 100,0%

1 4 4 4 1 6 205,0% 20,0% 20,0% 20,0% 5,0% 30,0% 100,0%

Anzahl% von MONOAnzahl% von MONOAnzahl% von MONOAnzahl% von MONOAnzahl% von MONOAnzahl% von MONOAnzahl% von MONO

0

<100

100 - <1000

1000 –< 10000

10000 - <100000

> 100000

MONO

Gesamt

0 <100 100-<10001000-<10000

10000-<100000 > 100000

POLY

Gesamt

17

Folgende Ergebnisse können nach Anwendung des Friedmann-Tests (SPSS

10.0), welcher auf gleiche Verteilung mehrerer, ordinal verbundener

Merkmale über Rangzahlen testet, dargestellt werden:

p= 0,001

3,223,552,854,852,653,88

TAG1MONOTAG1POLYTAG5MONOTAG5POLYTAG10MONTAG10POL

Mittlerer Rang

p=0,438

2,201,951,85

TAG1MONOTAG5MONOTAG10MON

Mittlerer Rang

p=0,026

1,672,421,90

TAG1POLYTAG5POLYTAG10POL

Mittlerer Rang

p=0,59

1,451,55

TAG1MONOTAG1POLY

Mittlerer Rang

p=0,012

1,231,77

TAG5MONOTAG5POLY

Mittlerer Rang

18

p=0,134

1,351,65

TAG10MONTAG10POL

Mittlerer Rang

Um diese Ergebnisse im Zusammenhang interpretieren zu können, müssen

diese mit fünf multipliziert werden (Bonferroni-Korrektur).

Aus Gründen der klinischen Relevanz werden die Daten zusätzlich in

dichotomisierter Form (keine Keimbelastung / Keimbelastung vorhanden)

dargestellt. Die Daten aus den Abbildungen vier bis sechs werden dazu in

zwei Gruppen eingeteilt und in Form von Kreuztabellen (Tabelle sechs bis

acht) aufgezeigt.

Tabelle 6: Ergebnisdarstellung in Form einer Kreuztabelle für dichotomi-

sierte Variablen (0 gegen >0) für zwei ausgewählte Nahtmateri-

alien nach einem Tage intraoraler Verweildauer.

MONO1CUT * POLY1CUT Kreuztabelle

3 1 475,0% 25,0% 100,0%

16 16100,0% 100,0%

3 17 2015,0% 85,0% 100,0%

Anzahl% von MONO1CUTAnzahl% von MONO1CUTAnzahl% von MONO1CUT

0

> 0

MONO1CUT

Gesamt

0 > 0POLY1CUT

Gesamt

19

Tabelle 7: Ergebnisdarstellung in Form einer Kreuztabelle für dichotomi-

sierte Variablen (0 gegen >0) für zwei ausgewählte Nahtmateri-

alien nach fünf Tagen intraoraler Verweildauer.

MONO5CUT * POLY5CUT Kreuztabelle

7 7100,0% 100,0%

13 13100,0% 100,0%

20 20100,0% 100,0%

Anzahl% von MONO5CUTAnzahl% von MONO5CUTAnzahl% von MONO5CUT

0

> 0

MONO5CUT

Gesamt

> 0POLY5CUT

Gesamt

Tabelle 8: Ergebnisdarstellung in Form einer Kreuztabelle für dichotomi-

sierte Variablen (0 gegen >0) für zwei ausgewählte Nahtmateri-

alien nach zehn Tagen intraoraler Verweildauer.

MONO10CU * POLY10CU Kreuztabelle

1 4 520,0% 80,0% 100,0%

15 15100,0% 100,0%

1 19 205,0% 95,0% 100,0%

Anzahl% von MONO10CUAnzahl% von MONO10CUAnzahl% von MONO10CU

0

> 0

MONO10CU

Gesamt

0 > 0POLY10CU

Gesamt

Die aus den Tabellen sechs bis acht gewonnenen Werte sind im Folgenden

nach Verwendung des Friedman-Tests für dichotomisierte Variablen

dargestellt.

20

p=0,012

3,403,552,954,003,253,85

MONO1CUTPOLY1CUTMONO5CUTPOLY5CUTMONO10CUPOLY10CU

Mittlerer Rang

p=0,497

2,101,882,03

MONO1CUTMONO5CUTMONO10CU

Mittlerer Rang

p=0,097

1,882,102,03

POLY1CUTPOLY5CUTPOLY10CU

Mittlerer Rang

p=0,317

1,481,52

MONO1CUTPOLY1CUT

Mittlerer Rang

21

p=0,008

1,331,67

MONO5CUTPOLY5CUT

Mittlerer Rang

Eine zusammenfassende Übersicht ist in Abbildung 4 zu sehen.

TAG10POLTAG10MON

TAG5POLYTAG5MONO

TAG1POLYTAG1MONO

Ant

eil m

it >

0 in

Pro

zent

100

90

80

70

60

50

40

30

20

75

35

95

45

65

55

Abbildung 4: Dichotomisierte Darstellung der Keimbelastung auf zwei

verschiedenen Nahtmaterialien zu drei Zeitpunkten über eine

Zeitraum von zehn Tagen.

22

4 Ergebnisse

Klinisch behandlungsbedürftige Wundheilungsstörungen im Sinne einer

Wunddehiszenz, Infektion oder eitrigen Abszedierung sind während der

Studie bei keinem Patienten beobachtet worden.

Über den gesamten Untersuchungszeitraum sind auf dem monofilen Naht-

material insgesamt elf und auf dem geflochtenen Material vierzehn patho-

gen bedeutsame Keimgattungen isoliert worden (Tabelle 9).

Abbildung 5: Koloniebildende Einheiten (KbE/ml) auf zwei ausgewählten

Nahtmaterialien nach einem Tag intraoraler Verweildauer. Je

20 Proben.

01234567

Prob

enan

zahl

0 bis 100 100-1000 1000-10000 10000-100000

>100000

KbE/ml

Monofilament Polyfilament

23

Die mikrobiologische Auswertung der Nahtmaterialbesiedlung ergab eine

zunehmende Kolonisierung vor allem des geflochtenen Materials mit stei-

gendem Abstand von der Operation.

Nach einem Tag post operationem zeigten sich keine Unterschiede zwischen

den zwei Nahtmaterialien hinsichtlich der koloniebildenden Einheiten

(Abbildung 5). Die durchschnittliche Keimbelastung auf dem Monofilament

betrug 1,44 Keime, auf dem geflochtenen Material 1,94 Keime.

Abbildung 6: Koloniebildende Einheiten (KbE/ml) auf zwei ausgewählten

Nahtmaterialien nach fünf Tagen intraoraler Verweildauer. Je

20 Proben.

01234567

Prob

enan

zahl

0 bis 100 100-1000 1000-10000 10000-100000

>100000

KbE/ml

Monofilament Polyfilament

24

Nach fünf Tagen ergaben sich bereits optisch Unterschiede in der Gesamt-

keimbelastung des Materials (Abbildung 6). 75% der Proben des monofilen

Materials wiesen eine Keimbelastung von unter 1000 KbE/ml auf, während

bei dem geflochtenen Material 75% der Proben Werte von über 1000

KbE/ml aufzeigten. Dieser Unterschied ist sowohl im Chi-Quadrat-Test

(p<0,018), im Testverfahren nach Friedmann für mehrere ordinal

verbundene Merkmale über Ranzahlen (p=0,012), als auch im Friedmann-

Test für dichotomisierte Variablen (p=0,008) signifikant.

Durchschnittlich hatten zu diesem Zeitpunkt 1,5 verschiedene

Bakterienstämme das monofile und 2,1 Stämme das geflochtene Material

besiedelt.

Abbildung 7: Koloniebildende Einheiten (KbE/ml) auf zwei ausgewählten

Nahtmaterialien nach zehn Tagen intraoraler Verweildauer.

Je 20 Proben.

0

2

4

6

8

Prob

enan

zahl

0 bis 100 100-1000 1000-10000 10000-100000

>100000KbE/ml

Monofilament Polyfilament

25

Nach zehn Tagen Liegedauer zeigten über die Hälfte der Proben des

Monofilamentes eine Keimbelastung von unter 100 KbE/ml. Die Belastung

der gleichen Probenanzahl des geflochtenen Materials lag zwischen 1000

bis >100.000 (Abbildung 7). Die durchschnittliche Anzahl verschiedener

Keimgattungen lag für das monofile Material bei 1,55 und die des gefloch-

tenen Materials bei 1,86.

Tabelle 9: Keimnachweis auf intraoral verwendeten Nahtmaterialien über

einen Zeitraum von zehn Tagen.

Monofilament Polyfilament

vergrünende Streptokokken

Staphylococcus aureus

Pseudomonas aeruginosa

Neisseria species

Staphylococcus epidermidis

Escherichia coli

Klebsiella oxytocea

Sprosspilze

Micrococcus species Staphylococcus hominis

Acinetobacter baumanii Gemella morbillorum

Streptococcus intermedius Bacillus species

Pediococcus pentosaceus

Aerococcus urinae

Citrobacter freundii

26

Die Auswertung am ESEM-Mikroskop bestätigte die mikrobiologischen

Ergebnisse. Auf dem Monofilament hafteten im Vergleich zum gefloch-

tenen Material zu jedem Untersuchungszeitpunkt sichtbar weniger Keime.

Während sich auf der sehr glatten Oberfläche des Monofilamentes nur eine

geringe Zunahme der Keimzahl über den Untersuchungszeitraum darstellte,

fand sich auf dem geflochtenen Nahtmaterial eine erhebliche Besiedlung vor

allem am fünften postoperativen Tag. Die Keime wurden auf dem gefloch-

tenen Material hauptsächlich in den Zwickeln zwischen den einzelnen Fila-

menten gefunden (Abbildung 9).

27

Abbildung 8: ESEM-Bilder von zwei Nahtmaterialien (oben Polyester;

unten Monocryl) nach einem Tag intraoraler Verweildauer.

28

Abbildung 9: ESEM-Bilder von zwei Nahtmaterialien (oben Polyester;

unten Monocryl) nach zehn Tagen intraoraler Verweildauer.

29

5 Diskussion

Der Vergleich chemisch und physikalisch unterschiedlicher Nahtmaterialien

war und ist nach wie vor Gegenstand verschiedener Untersuchungen

[Alexander et al., 1967; Chung et Weinberg, 1978; Elek et Conen, 1957;

Katz et al., 1981, Howell et Chisholm, 1997; Ivanoff et Widmark, 2001;

James et Mac Leod, 1961; Kamann et al., 1997; Karutz et al., 2001; Macht

et Krizek, 1978; Otten et al., 2000].

Das ideale Nahtmaterial sollte kräftig und einfach in der Handhabung sein,

sichere Knoten formen, eine minimale Gewebereaktion erzeugen und keine

Wundinfektion hervorrufen. Es soll zusätzlich dehnbar sein, um dem entste-

henden Wundödem nachzugeben, sich aber in der Phase der Wundkontrak-

tion wieder zu der Originallänge kontrahieren. Idealerweise sollte es preis-

wert sein [Moy et al., 1991].

Kein Nahtmaterial kann gegenwärtig alle gestellten Anforderungen erfüllen.

Es ist jedoch für verschiedene Indikationen möglich, ein geeignetes Material

hinsichtlich der physikalischen Eigenschaften wie zum Beispiel Stärke,

Dehnbarkeit, Zugfestigkeit und Resorptionszeit etc. auszuwählen. Eine

geringe Gewebereaktion und Schutz vor Wundinfektion wäre jedoch für alle

verwendeten Materialien sinnvoll, denn unter den Faktoren, die eine Wund-

infektion begünstigen, ist die Keimbeladung der einzelnen Fäden ein

möglicher Risikofaktor [Sharp et al., 1982; Mc Caul et al., 2000]. Otten et

al. (2000) belegen in ihrer Untersuchung eine Kolonisierung der Wundfäden

mit anaeroben pathogenen Infektionserregern, welche als potentielles Infek-

tionsrisiko in der Nachbarschaft frischer Wunden angesehen wird.

Klinisch behandlungsbedürftige Wundheilungsstörungen im Sinne einer

Wunddehiszenz, Infektion oder eitrigen Abszedierung sind während der

eigenen Untersuchung bis zum 10. postoperativen Tag bei keinem Patienten

30

beobachtet worden. Andere Untersucher konnten auch keine klinisch

manifeste Infektion im Untersuchungszeitraum bis zum siebten Tag finden

[Otten et al., 2000; Karutz et al., 2001].

Thiede und Lünstedt fanden allerdings 1979 im Tierversuch nach künst-

licher Kontamination von Seide mit einer Staphylokokkenlösung noch nach

mehreren Jahren rezidivierende, aufbrechende Fadenabszesse und Faden-

fisteln. Das Verhalten von infizierten Polyglykolsäurefäden war grundsätz-

lich different von dem infizierten, nicht resorbierbaren Material. Die nach

20, 40 und 60 Tagen entnommenen Fäden ergaben folgendes Bild: Nach 20

Tagen war eine abszessartige Ansammlung von Entzündungszellen um den

Faden im histologischen Bild erkennbar. In der Randzone des Faden waren

viele Bakterien sichtbar, im Zentrum jedoch nicht. Nach 40 Tagen war diese

Gewebereaktion schon deutlich rückläufig, nach 60 Tagen schließlich war

die infektionsbedingte Entzündungsreaktion völlig abgeklungen. Die

Polyglykolsäure-Fadenreste lagen fast reizlos im Gewebe. Zwischen einem

infizierten und einem steril eingelegten Polyglykolsäure-Faden bestand

histologisch nach 60 Tagen kein Unterschied hinsichtlich der Gewebe-

antwort.

Berücksichtigt man die unterschiedlichen Untersuchungszeiträume und

Untersuchungsmethoden, sind diese Ergebnisse sicher mit den eigenen

vergleichbar und stellen keinen Widerspruch dar.

Die Zusammensetzung der physiologischen Mundflora zeichnet sich durch

einen hohen Grad an Komplexität und Variabilität aus. Die Auswertung

dieser Untersuchung belegt, dass eine Kolonisierung der verwendeten Naht-

materialien sowohl mit Keimen der physiologischen Mundhöhlenflora als

auch mit Erregern eitriger Infektionen erfolgt (siehe Tabelle 1). Otten et al.

untersuchten 2000 ein resorbierbares (Monocryl) und ein nicht resorbier-

bares (Deknalon) Monofilament im intraindividuellen Vergleich und fanden

31

annähernd gleiche Keimzahlen und gleiche aerobe/anaerobe Verteilung des

bakteriellen Spektrums. Im Gegensatz zu dieser Untersuchung stellten wir

bei der ermittelten Gesamtkeimbesiedlung in KbE/ml jedoch einen deut-

lichen Unterschied zwischen den zwei Materialien fest. Der Grund dafür

könnte in der Studienanordnung liegen. Otten et al. (2000) untersuchten

zwei Monofilamente, während in der eigenen Untersuchung auch ein Poly-

filament mit anderen Oberflächeneigenschaften geprüft wurde.

Im Gegensatz zu den Untersuchungen von Karutz et al. (2001) und Otten et

al. (2000) beschränkte sich die eigene Untersuchung nicht auf die Bestimm-

ung ausgewählter Keime. Die Probenbearbeitung in der vorliegenden Arbeit

erfolgte nach den üblichen mikrobiologischen Standardmethoden aerob als

auch anaerob und für sämtliche Keimarten sowohl qualitativ als auch

quantitativ. Hierdurch konnte ein Unterschied im Spektrum der Keimbelas-

tung der verschiedenen Nahtmaterialien gefunden werden, der eine deutlich

höhere Keimbeladung des Polyfilamentes belegt.

Karutz et al. (2001) fanden in ihrer Untersuchung eine zunehmende Besied-

lungsstärke der Nähte nach sieben Tagen enoraler Verweildauer in folgen-

der Reihenfolge: monofiles Material < beschichtetes Polyester < unbe-

schichtetes Polyester < Seide Die Unterschiede waren signifikant. Inter-

essant ist hier vor allem der Unterschied hinsichtlich der Keimbelastung

zwischen beschichteten und unbeschichteten Polyesterfäden zu werten. Die

Ursache für die stärkere Adhärenz der Keime an einem Polyfilament wird in

dessen hoher Friktion und der großen Oberfläche gesehen [Scher et al., 1985],

während die experimentell ermittelten geringeren Keimzahlen an

beschichteten Polyfilamenten durch dessen Oberflächenveredelung erklärt

werden [Thiede et Lünstedt, 1979]. Sugarman und Musher konnten 1981

nachweisen, dass die bakterielle Adhärenz auf Monofilamenten geringer

ausgeprägt ist als auf geflochtenen Materialien.

32

Osterberg et Blomstedt verglichen 1979 zwei Nahtmaterialien unterschied-

licher Kapillarität im Tierexperiment. Die bakterielle Besiedlung ist exem-

plarisch anhand der Belastung mit Staphylococcus aureus bestimmt worden

und war signifikant höher für das geflochtene Material.

Diese Ergebnisse und ihre Interpretation bestätigen sich in der eigenen

Untersuchung. Die deutliche Zunahme der Keimbesiedlung auf dem Poly-

ester zwischen dem ersten und fünften postoperativen Tag könnte unter

Umständen durch die Oberflächenveränderung erklärt werden. Die Ober-

fläche der Materialien wurde hier mit Hilfe der Environmental-Scanning-

Elektronen-Mikroskopie beurteilt. Andere Autoren verwendeten dazu raster-

elektronenmikroskopische Verfahren [Karutz et al., 2001; Prack, 1993], für

die eine Probenaufbereitung obligat ist. Eine dadurch bedingte Verfälschung

z.B. durch Ablösung der Bakterien oder Veränderung der beschichteten

Oberfläche kann nicht sicher ausgeschlossen werden [Prack, 1993].

Mikroorganismen wie zum Beispiel Bakterien, Pilze, Protozoen und Mikro-

algen bestehen hauptsächlich aus Wasser und entziehen sich daher der

konventionellen Elektronenmikroskopie. Durch die notwendige Fixierung,

Gefriertrocknung oder Dehydrierung und Oberflächenbeschichtung vor der

Untersuchung, die im Hochvakuum stattfindet, ist eine mechanische Alter-

ation der Proben möglich [Collins et al., 1993].

In den eigenen Untersuchungen konnten auf mehreren Proben Erythrozyten

in ihrer ursprünglichen Morphologie dargestellt werden (Abbildung 9),

welches deutlich die exakte Oberflächendarstellung ohne Veränderungen,

wie sie durch osmotische oder physikalische Einwirkungen entstehen kann,

illustriert.

Mittels ESEM ist bei den Proben des geflochtenen Materials vom ersten

postoperativen Tag bereits ein ausgeprägtes Oberflächenrelief nachweisbar.

Am fünften und zehnten Tag erscheint die Filamentstruktur aufgelockert,

33

und es zeigt sich eine bakterielle Adhärenz besonders in den Zwickel-

bereichen. Diese Beobachtung wird auch durch andere Untersucher

bestätigt. Chu und Williams finden 1984 in einer vergleichenden Studie von

zehn verschiedenen Nahtmaterialien in der elektronenmikroskopisch-

morphologischen Untersuchung einen Zusammenhang der Keimbelastung

auf den Materialien in Abhängigkeit von der Art des Nahtmaterials, der

Bakterienstämme und der Zeitdauer. Die niedrigste Keimbelastung wurde

beim Monofilament, die höchste beim Polyfilament gefunden.

Auffällig ist in der eigenen Untersuchung die sinkende Keimbelastung des

Monofilamentes über den Versuchszeitraum. Hier könnte eine mögliche

Änderung der chemischen Oberflächeneigenschaften, wie zum Beispiel

durch Abbauprodukte des Poliglecaprones, eine Ursache sein. Uff et al.

untersuchten 1995 den Einfluss von löslichen Abbauprodukten ver-

schiedener Nahtmaterialien auf die Makrophagenfunktion, wie zum Beispiel

Adhärenzverhalten und Phagozytosefähigkeit, die Lysozym- und Tumor-

nekrosefaktorproduktion. Der extremste Effekt konnte für das (geflochtene)

Polyglactin gefunden werden. Es verursachte sowohl eine Inhibition der

Zelladhärenz als auch eine Verringerung der Produktion des bakteriziden

Lysozyms. Im Gegensatz dazu wurde für das Polydioxanone nur eine

geringe Inhibition der Makrophagenfunktion gefunden.

In einer gefäßchirurgischen Untersuchung wurden geknotete und nicht

geknotete Gefäßnähte untersucht. Hier konnte eine höhere Keimbesiedlung

bei den geknoteten Materialien gefunden werden [Scher et al., 1985].

Unbeschichtete Polyesterfäden neigen jedoch leicht zur Separation der

Filamente, besonders beim Auftreten von Infektionen und begünstigen

daher noch stärker das Eindringen von Mikroorganismen [Osterberg, 1983].

34

Die eigenen hier vorgelegten Befunde erweitern und präzisieren bereits vor-

liegende Daten. Wird ausschließlich die mikrobiell und physikalisch nach-

weisbare Keimbeladung als Maßstab für die Wertigkeit eines Nahtmaterials

herangezogen, so scheint das Monocryl dem Polyester weit überlegen.

6 Schlussfolgerungen

Zur abschließenden Bewertung eines Nahtmaterials muss heute eine Viel-

zahl von Parametern in vitro und in vivo untersucht werden. Erst die Summe

aus physikalischen, biologischen und Handhabungseigenschaften ermög-

licht eine Einordnung hinsichtlich der praktischen Wertigkeit. In anderen

Arbeitsgruppen wird für das monofile Material die geringste Körperreaktion

auf das Nahtmaterial bei völlig fehlender Kapillarität beschrieben [Thiede et

Lünstedt, 1979; Osterberg, 1983]. Ebenfalls besitzt der beschichtete ge-

flochtene Polyesterfaden keine Dochtwirkung. Diese Eigenschaft favorisiert

das Material bei septischen Eingriffen, wenn nicht absorbierbare Materialien

erforderlich sind. Aufgrund der Verarbeitung weisen geflochtene Polyester-

fäden wegen der Grundsubstanz und der Flechtart eine erhebliche Kapillari-

tät auf, die den Einsatz in infizierten Geweben wegen der verbleibenden

Abszess- und Fistelbildung geradezu ausschließt [Thiede et Lünstedt, 1979].

Bedingt durch die stärkere Keimbesiedlung polyfiler Nahtmaterialien und

die Gefahr einer Übertragung von Keimen in tiefere Gewebsschichten (Ka-

pillarität) neigen Wunden, die mit geflochtenem Material versorgt werden,

stärker zu Infektionen [Thiede et al., 1985].

Die Oberflächenbeschaffenheit ist verantwortlich für das Gewebedurch-

zugsverhalten [Apt et Henrick, 1976; Lord et al., 1978]. Je glatter ein Faden

ist, desto weniger traumatisierend und sägend gleitet er durch ein Gewebe

[Herrmann, 1971]. Die Oberflächenbeschaffenheit hat allerdings auch einen

Einfluss auf die Knotengleitfähigkeit und –sitzfestigkeit [Herrmann, 1973].

Je glatter die Oberfläche des Fadens ist, desto geringer wird die Knotensitz-

35

festigkeit, die vom Reibungskoeffizienten zwischen den Oberflächen eines

Fadens abhängig ist [Herrmann, 1971]. Rein praktisch bedeutet dies, dass

bei monofilen Fäden die Knüpftechnik und Knotenzahl different von der bei

geflochtenen sein muss. Die Oberflächenveredelung bei beschichteten

Fäden mindert die Kapillarität, setzt aber die Knotensitzfestigkeit herab. Die

Flechtart entscheidet neben dem Ausgangsmaterial über weitere Parameter

der Handhabung wie Flexibilität und Geschmeidigkeit [Nockemann, 1975].

Als Konsequenz aus den vorliegenden Ergebnissen, die eine Erklärung für

die klinische Beobachtung bieten, bevorzugen wir monofiles Nahtmaterial

in der enoralen Chirurgie und entfernen die Fäden zum frühest möglichen

Zeitpunkt, um die Dauer der Keimbelastung zu begrenzen.

36

7 Zusammenfassung

Die Adhäsion pathogener Keime auf chirurgischen Nahtmaterialien stellt

einen möglichen Risikofaktor für postoperative Wundinfektionen, vor allem

im Bereich der Chirurgie mit intraoralem und damit kontaminiertem Zu-

gangsweg, dar.

Da sich die Wundränder in direkter nachbarschaftlicher Beziehung zum

keimbeladenen Nahtmaterial befinden, besteht die Möglichkeit einer post-

operativen Infektion, welche durch unterschiedliche Nahtmaterialien

begünstigt werden könnte [Karutz et al., 2001; Lilly, 1972].

Ziel dieser Untersuchung war es, Zahl und Spektrum der Keimbeladung ver-

schiedener chirurgischer Nahtmaterialien nach unterschiedlicher intraoraler

Verweildauer zu bestimmen und die mögliche Ursache der Bakterienadhä-

renz auf dem Material zu klären.

In einer prospektiven Studie wurden primär nicht infizierte intraorale Wunden

von 20 Patienten sowohl mit monofilem (Monocryl) als auch geflochtenem

Faden (Polyester) der Stärke 4-0 versorgt. Am 1., 5. und 10 postoperativen Tag

erfolgte eine Fadenentnahme und der Transport im Stuart-Medium zur mikro-

biologischen Untersuchung (Keimspektrum und Zahl der koloniebildenden

Einheiten). Zusätzlich wurden die Oberflächen der Nahtmaterialien mit Hilfe

der Environmental-Scanning-Elektronenmikroskopie (ESEM) untersucht.

Bei Probeentnahme am 1. postoperativen Tag waren keine Unterschiede hin-

sichtlich Keimart und -menge zu verzeichnen. Nach intraoraler Verweildauer

von 5 Tagen fanden sich am geflochtenen Nahtmaterial eine signifikant höhere

Keimbesiedlung und ein anderes Keimspektrum gegenüber dem Monofilament.

37

Die ESEM-Auswertung bestätigte eine erhebliche Keimbesiedlung des ge-

flochtenen Materials vor allem in den Zwickelbereichen.

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Ursachen der gesteigerten Keim-

besiedlung des Polyfilamentes in dessen Oberflächenbeschaffenheit und im

Quellungsvermögen zu suchen sind.

Die eigenen hier vorgelegten Befunde erweitern und präzisieren bereits vor-

liegende Daten. Wird ausschließlich die mikrobiell und physikalisch nach-

weisbare Keimbeladung als Maßstab für die Wertigkeit eines Nahtmaterials

herangezogen, so scheint das Monofilament dem Polyfilament weit überle-

gen zu sein.

Als Konsequenz aus den vorliegenden Ergebnissen, die eine Erklärung für

die klinische Beobachtung bieten, bevorzugen wir monofiles Nahtmaterial

in der enoralen Chirurgie und entfernen die Fäden zum frühest möglichen

Zeitpunkt um die Dauer der Keimbelastung zu begrenzen.

38

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44

9 Thesen

1. Eine Voraussetzung für die ungestörte Heilung einer versorgten Wunde

ist die Verwendung eines geeigneten Nahtmaterials.

2. Die verwendeten Nahtmaterialien werden im Mund sowohl mit Keimen

der physiologischen Mundhöhlenflora als auch mit Erregern eitriger

Infektionen kolonisiert.

3. Nahtmaterialien unterschiedlicher Oberflächenbeschaffenheit weisen

eine unterschiedliche Keimbesiedlung auf.

4. Die Ursache für eine bakterielle Adhärenz ist hauptsächlich in den Ober-

flächeneigenschaften zu suchen.

5. Der Einfluss löslicher Nahtmaterialprodukte könnte einen messbaren

Einfluss auf die Keimbelastung darstellen.

6. Die Environmental-Scanning-Elektronen-Mikroskopie (ESEM) ermög-

licht eine direkte, hochauflösende Oberflächenabbildung von intraoral

verwendeten Nahtmaterialproben.

7. Die gewählte Versuchsanordnung, in welcher die Keimbestimmung

sowohl aerob als auch anaerob und für sämtliche Keimarten qualitativ

und quantitativ erfolgte, stellt einen diagnostischen Vorteil gegenüber

einer Bestimmung ausgewählter Keime dar.

8. Um die Keimbelastung im Wundgebiet zu begrenzen, sollte monofiles

Material in der Chirurgie mit enoralem Zugangsweg verwendet und zum

frühest möglichen Zeitpunkt entfernt werden.

Tabellarischer Lebenslauf

Name Dr. med. Markus Berginski

Anschrift Steiler Berg 7

06114 Halle/Saale

geboren am 02.03.1971 in Iserlohn als zweites Kind der Eheleute

Hedwig Berginski und Werner Berginski.

Familienstand verheiratet

Konfession evangelisch

08.1977-07.1981 Besuch der „Städtischen Gemeinschaftsgrundschule“ in

Werdohl-Kleinhammer.

09.1981-06.1991 Besuch des „Bergstadt-Gymnasiums“ der Stadt Lüden-

scheid.

07.1991-09.1992 Im Rahmen des Zivildienstes Berufsausbildung zum

Rettungssanitäter bei der Johanniter-Unfallhilfe in

Werdohl.

10.1992-12.1993 Berufsausbildung zum Zahntechniker bei der Firma

„Seuthe Zahntechnik“ in Plettenberg.

12.1993-10.1999 Studium der Humanmedizin an der Martin-Luther-

Universität Halle-Wittenberg.

10.1998-10.2003 Studium der Zahnmedizin an der Martin-Luther-

Universität Halle-Wittenberg.

10.1999-04.2001 Arzt im Praktikum an der Klinik und Poliklinik für Mund-,

Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie der Martin-

Luther-Universität Halle-Wittenberg unter der Leitung

von Prof. Dr. Dr. J. Schubert.

10.2002 Verteidigung der medizinischen Promotion: Deckung

osteochondraler Gelenkflächendefekte durch gefäß-

gestielte Periostlappen - eine experimentelle Studie am

Kaninchenkniegelenk.

seit 10.2003 Facharztausbildung zum Kieferchirurgen an der Klinik

und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und plastische

Gesichtschirurgie der Martin-Luther-Universität Halle-

Wittenberg unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. J.

Schubert.

Selbstständigkeitserklärung

Die vorliegende Arbeit wurde von mir ohne unzulässige Hilfe Dritter und

ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt. Die

aus anderen Quellen direkt oder indirekt übernommenen Daten und

Konzepte sind unter Angabe der Quelle gekennzeichnet.

Ich versichere, dass ich für die inhaltliche Erstellung der vorliegenden

Arbeit nicht die entgeltliche Hilfe von Vermittlungs- und Beratungsdiensten

(Promotionsberater oder andere Personen) in Anspruch genommen habe.

Niemand hat von mir unmittelbar oder mittelbar geldwerte Leistungen für

Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten

Dissertation stehen.

Die Arbeit wurde bisher weder im In- noch im Ausland in gleicher oder

ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.

Erklärung über Promotionsversuche

Ich erkläre, dass ich keinerlei frühere Promotionsversuche unternommen

habe und dass an keiner anderen Fakultät oder Universität ein

Promotionsverfahren anhängig ist.

Dr. med. Markus Berginski

Publikationen von Ergebnissen dieser Arbeit:

1. Berginski M, Maurer P, Eckert AW, Schubert J: Keimbesiedlung

verschiedener Nahtmaterialien bei enoralem Gebrauch. Vortrag auf der

39. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Plastische Chirurgie (11.

bis 13. Oktober 2001) Berlin, Deutschland

2. Berginski M, Maurer P, Eckert AW, Schubert J: Bacterial Growth on

different sutures in the mouth. Poster Presentation at the Congress of the

International and American Association For Dental Research (March 6-9,

2002) San Diego, CA, USA

3. Berginski M, Maurer P, Eckert AW, Meyer L Schubert J: Bacterial

Growth on different sutures in the mouth. Poster Presentation at the XVI

Congress of the European Association For Cranio-Maxillofacial Surgery

(September 3-7, 2002) Münster, Germany

4. Berginski M, Maurer P, Eckert AW, Schubert J: Bakterielles Wachstum

auf verschiedenen Nahtmaterialien bei enoralem Gebrauch. Posterpräsen-

tation auf dem 7. Kongress der Österreichischen Gesellschaft für Mund-,

Kiefer- und Gesichtschirurgie (30. Januar bis 2. Februar 2003)

Danksagung

Herrn Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Johannes Schubert danke ich herzlich

für die Überlassung des Themas und für seine Geduld und Hinweise bei der

Überarbeitung des Manuskriptes.

Herrn Privatdozenten Dr. med. Dr. med. dent. Peter Maurer gilt mein

besonderer Dank, da er mir als Betreuer zu jedem Zeitpunkt mit Rat und Tat

zur Seite stand.

Herrn Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Alexander S. Kekulé sowie seiner

Mitarbeiterin Frau OÄ Dr. med. Dorothea Wilhelms vom Institut für

Medizinische Mikrobiologie der Martin-Luther-Universität Halle-Witten-

berg danke ich für die Unterstützung bei den mikrobiologischen Analysen.

Herrn Dr. rer. nat. Jürgen Vogel vom Fachbereich Ingenieurwissenschaften

der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gilt mein Dank für die viel-

fältige Unterstützung bei den elektronenmikroskopischen Untersuchungen.

Für die freundliche Unterstützung bei der biostatistischen Auswertung

danke ich Frau Dr. rer. nat. Christine Lautenschläger vom Institut für

Medizinische Epidemiologie, Biometrie und Informatik der Martin-Luther-

Universität Halle-Wittenberg.