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Arbeitslosigkeit : Der Wert des Nichtstuns Arbeitslose gelten als Versager und als Last für die Allgemeinheit. Was kaum einer wahrnehmen will: Das Wirtschaftssystem braucht sie. Anna Mayr, ZEIT Nr. 34/2020, 13. August 2020 Die Arbeitslosen haben wenig gemeinsam, außer dass sie verachtet werden ... © Illustration: Klaus Kremmerz für DIE ZEIT Da ist, mit der Pandemie, eine neue, alte Angst aufgekommen, die ein Großteil der Gesellschaft vor lauter Aufschwung und Konsumlust fast schon vergessen hatte. Donald Trump spürt diese Angst gerade genauso wie die Schlachter bei Tönnies, die Verkäuferin in der Buchhandlung um die Ecke spürt sie genauso wie der Betreiber des Nachtclubs am Stadtrand. Die Angst heißt Jobverlust. Arbeitslosigkeit . Ich habe als Kind von Hartz IV gelebt. Meine Eltern sind langzeitarbeitslos, deshalb

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Arbeitslosigkeit:

Der Wert des Nichtstuns

Arbeitslose gelten als Versager und als Last für die Allgemeinheit. Was kaum einer wahrnehmen will: Das Wirtschaftssystem braucht sie.

Anna Mayr, ZEIT Nr. 34/2020, 13. August 2020

Die Arbeitslosen haben wenig gemeinsam, außer dass sie verachtet werden ... © Illustration: Klaus Kremmerz für DIE ZEIT

Da ist, mit der Pandemie, eine neue, alte Angst aufgekommen, die ein Großteil der Gesellschaft vor lauter Aufschwung und Konsumlust fast schon vergessen hatte. Donald Trump spürt diese Angst gerade genauso wie die Schlachter bei Tönnies, die Verkäuferin in der Buchhandlung um die Ecke spürt sie genauso wie der Betreiber des Nachtclubs am Stadtrand. Die Angst heißt Jobverlust. Arbeitslosigkeit.Ich habe als Kind von Hartz IV gelebt. Meine Eltern sind langzeitarbeitslos, deshalb kann ich Ihnen hier kurz

beschreiben, was Arbeitslosigkeit bedeutet: Erstens Armut, weil die Hartz-IV-Sätze zu niedrig sind, um davon würdevoll zu leben. Zweitens Ohnmacht, weil das "Jobcenter" über das Leben entscheidet. Und dann ist da noch das Gefühl, nicht in diese Welt zu gehören, weil diese Welt hauptsächlich aus Arbeit besteht. Und, was machen deine Eltern? Na ja.Als Kind war es mir deshalb peinlich, von Hartz IV zu leben. Heute weiß ich, dass die Arbeitslosen sehr wohl in diese Welt gehören. Sie sind sogar diejenigen, die alles

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am Laufen halten. Sie müssen dazu genau so sein, wie sie sind: arm, ohnmächtig, außenstehend. Man muss über sie sagen können, dass sie faul und dumm sind – denn gäbe es das Schreckgespenst Arbeitslosigkeit nicht, dann hätte niemand Angst, seinen Job zu verlieren. Und wenn niemand Angst hätte, seinen Job zu verlieren, wenn ein würdevolles Leben nicht unmittelbar mit einem Anstellungsverhältnis zu tun hätte, dann bräche alles zusammen. Arbeitslosigkeit betrifft uns also alle. Sie bestimmt, wie wir denken und wie wir arbeiten – selbst wenn wir meinen, mit solchen Leuten nichts zu tun zu haben.Ich war unterwegs, um über den Wahlkampf der Bayern-SPD zu schreiben, das ist jetzt etwa zwei Jahre her, der sogenannten Wirtschaft ging es da noch gut, die SPD verlor die Wahl ziemlich kläglich. Auf dem Weg zum Bahnhof fragte die Taxifahrerin mich, wohin ich denn führe. Ich erzählte ihr vom nächsten Termin, einem Kaffeetrinken in einer bayerischen Mittelstadt. Da sagte sie, dass den Politikern alles egal sei. Dass sie vor Jahren aus ihrer Wohnung rausmusste wegen Schimmel. Aber die Flüchtlinge, die bekämen alles in den Arsch geschoben.Ich war naiv zu diesem Zeitpunkt. Antwortete ihr, dass es sicher ein Verteilungsproblem in der Gesellschaft gibt. Dass aber doch allen geholfen werden sollte, Flüchtlingen und Taxifahrerinnen. Ich sagte, dass ich weiß, wie es ist, wenn das Geld knapp ist. Dass ich von Hartz IV gelebt habe, bis ich zu Hause ausgezogen bin. Und sie grummelte: "Ich zahle ja meine Steuern. Da kann ich doch wohl was erwarten dafür, dass ich arbeite."Heute weiß ich, dass die Taxifahrerin und meine Eltern keinen gemeinsamen Verteilungskampf kämpfen. Denn Empathie mit den Arbeitslosen zu haben würde für die Taxifahrerin bedeuten, Empathie mit der schrecklichsten

denkbaren Version ihrer selbst zu haben. Es würde bedeuten, dass sie den Gedanken zuließe, sie könnte in die gleiche Situation geraten. Sie könnte arbeitslos werden, obwohl sie sich anstrengt. Ihre Wohnung noch einmal verlieren, ihre Würde, ihre Freunde, Kollegen. Der Eindruck, dass diese Gefahr droht und keine Rettung in Sicht ist, bringt Menschen dazu, sich unbewusst bereits als Arbeitslose zu fühlen, bevor sie es sind. Diese Vorstellung müssen sie dann von sich weisen, sich von denen-da-unten abgrenzen, um sich selbst zu beruhigen.Deshalb bringt die Angst vor der Arbeitslosigkeit Menschen dazu, weiterhin in die Fleischfabrik zu gehen, obwohl sie sich krank fühlen. Sie sorgt dafür, dass immer noch jeden Tag Frauen und Männer hinter Supermarktkassen sitzen, obwohl sie dort von Maskengegnern angehustet werden und von gestressten Kunden unfreundlich behandelt. Die Angst bringt Menschen dazu, im Homeoffice eine Präsentation vorzubereiten, obwohl das Kleinkind nach Spielplatz schreit und es draußen 30 Grad hat. Die Angst sorgt also dafür, dass alle erledigen, was von ihnen verlangt wird. Wenige Menschen haben das Glück, Freude an ihrer Berufstätigkeit zu empfinden. Viele arbeiten nur, weil sie sich davor fürchten, nicht zu arbeiten. Weil es außerhalb der Arbeit kein soziales Umfeld gibt, und außerhalb der Berufsbezeichnung keine Idee davon, wer man eigentlich ist.

Marx nannte die Arbeitslosen "Reserve-Armee"

Sicher wüssten Sie gerne, warum meine Eltern arbeitslos sind. Sicher warten Sie auf eine Erklärung, die ich Ihnen liefere, irgendwelche Krankheiten, Schicksalsschläge, so was. Ich halte von diesen Erklärungen nichts. Denn würde ich meine Familie erklären, unseren Einzelfall,

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würde ich mich Ihnen, meinen Lesern, mit Ihren normalen Biografien und Durchschnittseinkommen unterwerfen. Die Armen, Marginalisierten, Leidenden fühlen sich immer in der Verantwortung, den "normalen" Leuten ihr Leid zu erklären, damit die es endlich ernst nehmen. Dabei ist es vollkommen egal, aus welchem Grund eine Person arbeitslos wird. Arbeitslosigkeit ist genauso wenig ein "Schicksal", wie es eine Verfehlung des Einzelnen ist. Die wenigsten Menschen, die arbeitslos werden, tragen daran selbst Schuld. Arbeitslosigkeit ist einfach ein Teil der Arbeitswelt.In Deutschland gelten im Moment knapp drei Millionen Menschen als arbeitslos, im Juli war kein weiterer coronabedingter Anstieg zu verzeichnen – wobei das eine betrügerische Zahl ist, denn darin sind die Menschen nicht enthalten, die gerade eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme durchlaufen müssen, die also in so etwas wie künstlicher Arbeit stecken und die

trotzdem arm sind. In Wirklichkeit geht es also um etwa 3,5 Millionen Menschen.

Berufe sind prekärer geworden

Es gibt eine sehr mechanisch-marktwirtschaftliche Antwort auf die Frage, warum man diese Menschen braucht. Für die Arbeitgeber ist es einfach profitabler, wenn mehr Menschen vorhanden sind, die arbeiten müssen, als es Arbeitsplätze gibt. Denn das, was wir unter Wohlstand verstehen, speist sich aus dauernder Veränderung und dauerndem Wachstum. Sobald eine neue Branche entsteht, ein Produkt erfunden wird, eine Firma gegründet, muss es Menschen geben, die bereitstehen, um dort zu arbeiten. Um das Produkt zu fertigen, die Toiletten zu putzen, sich Marketing-Kampagnen auszudenken. Wenn Menschen um Arbeitsplätze konkurrieren, müssen Arbeitgeber den Menschen weniger bezahlen, die Menschen sind außerdem schneller verfügbar. Wenn hingegen Arbeitsplätze um Menschen konkurrieren, schmälert das den Gewinn der Arbeitgeber. Die Arbeitgeber haben also ein Interesse daran, dass ein paar Menschen arbeitslos sind – wenn auch nicht zu viele, denn dann kauft niemand mehr ein.Marx nannte die Arbeitslosen "Reserve-Armee", und damit wäre eigentlich alles gesagt, wenn sich nicht seit Marx einiges in dieser Welt geändert hätte. Mittlerweile ist der Begriff des "Arbeiters" wässrig geworden, die Grenzen zwischen den sogenannten Klassen sind verwischt, Berufe haben sich verändert, sind prekärer geworden, flexibler. Manche Handwerker leben wie einst das Bürgertum, manche Akademiker arbeiten für den Mindestlohn im Marketing. Dadurch spaltet sich der Zusammenhalt der Arbeiter auf, während gleichzeitig die Abgrenzungskraft gegenüber den Arbeitslosen wächst. Es gibt nun vor allem die vielen, die arbeiten – und die wenigen, die nicht arbeiten.Die Arbeitslosen muss man also in Abgrenzung zu allen beschreiben. Sie definieren sich nur darüber, was sie nicht haben. Ihr ganzes Leben besteht aus einem

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Mangel an Arbeit. Sie existieren nicht als Gruppe mit gemeinsamen Wünschen oder einem geteilten politischen Willen, weil sie ihrer Gruppenzugehörigkeit ja unbedingt entkommen wollen (sollen). Sie haben Wohnungen, die für zwei Personen nicht mehr als 60 Quadratmeter haben und für fünf Personen nicht mehr als 680 Euro Kaltmiete kosten dürfen. Arbeitslos ist die alleinerziehende Krankenschwester, die nicht in ihren Job zurück kann, bis ihr Kind einen Kita-Platz hat. Arbeitslos sind Menschen, die früher einmal wohlhabend waren und dann krank geworden sind. Arbeitslos sind Konservative und Anarchisten, Kinder von guten und von schlechten Eltern. Statistisch haben viele Hartz-IV-Empfänger einen Migrationshintergrund, statistisch sind aber auch besonders viele Hartz-IV-Empfänger Kinder. Alles, was die Arbeitslosen teilen, sind die Symptome der Verarmung: Sie sterben früher, ihre Kinder sind häufiger psychisch krank und schlechter in der Schule.Arbeitslosigkeit nannte sich lange Zeit Müßiggang und galt im 16. und 17. Jahrhundert als Leitsünde, aus der alle anderen Sünden entstanden. Die Bettler, die Armen, die Wahnsinnigen schob man in Spitäler ab, die ihren einzigen Zweck in der Unterbringung und Fernhaltung dieser Menschen hatten. An den Stadträndern von Paris gab es um das Jahr 1660 etwa 6000 internierte Arbeitslose – ein Prozent der Stadtbevölkerung. Dorthin kamen die, die nicht arbeiteten und deshalb elend waren – und wer elend war, der wurde früher oder später wahnsinnig. Die Arbeitslosen und Wahnsinnigen waren also eine bettelnde, bedürftige Masse. Man grenzte ihre Existenz ab von jener der "rechtschaffenen", "vernünftigen" Bevölkerung.

Von der Arbeitslosigkeit in den Wahnsinn

Durch die Erfindung der Dampfmaschine wurden die Arbeitslosen nicht nur zu einem moralischen Druckmittel – die Arbeitgeber konnten die Konkurrenz zwischen Arbeitenden und Arbeitslosen nun sogar nutzen, um die Arbeitenden zu kontrollieren und dadurch ihre Produktivität zu steigern. Die Fabriken waren nicht mehr auf die Energie aus Wasserkraftwerken angewiesen und konzentrierten sich deshalb in den Städten – die Menschen zogen hinterher. Die Arbeitstage dauerten zwölf Stunden, und wer nicht morgens um neun Uhr erschien, der wurde aussortiert, denn neue Bewerber gab es genug. Charles Dickens schrieb Oliver Twist, Victor Hugo schrieb Die Elenden, Friedrich Engels schrieb Die Lage der arbeitenden Klasse in England und Frankreich, Georg Büchner schrieb Woyzeck – über einen Arbeitslosen, der vor Armut wahnsinnig wird und seine Geliebte tötet.

Das Klischee des faulen Rumsitzers ist unzutreffend

Heute ist es so: Wenn wir über Arbeitslose sprechen, dann sagen wir immer noch "sozial schwach", als hätte Einkommen etwas mit Stärke oder Schwäche oder sozialen Fähigkeiten zu tun. Wenn sich die Mittelschicht Arbeitslose ansehen will, dann muss sie nur die Fernsehsendung Frauentausch auf RTL 2 einschalten, wo ohnmächtige, arme Menschen in peinlichen Situationen falsche Grammatik in Kameras stottern. Oder Ein Koffer voller Chancen, eine Show, in der Arbeitslose Geld bekommen, um Firmen zu gründen.

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Natürlich scheitern sie daran, weil sie sich in der Welt nicht zurechtfinden, worüber sich dann herzlich lachen lässt. Die Klischee-Arbeitslosen tragen bunte Kleidung ohne Markenlogos, dafür mit sinnlosen Schriftzügen und aufgeribbelten Nähten, sie haben ungewaschene Haare und Flecken auf der Hose, sie rauchen, natürlich rauchen sie, sie saufen, sie sind laut, viel zu laut, sie sind übergewichtig oder abgemagert.Es ist beruhigend, diese Menschen so zu sehen. Indem man die Armen als dumm und unfähig darstellt und nichts tut, um sie zu bilden oder zu befähigen, rechtfertigt sich ihre Armut. Und niemand muss ein schlechtes Gewissen für den eigenen Reichtum haben – denn man kann sich einreden, jeder bekomme in diesem Land das, was er verdient.

Corona ändert vieles, auch die Sicht auf Arbeitslose

Die Corona-Krise macht mir Hoffnung. Denn plötzlich müssen sich Menschen mit Arbeitslosigkeit auseinandersetzen, die sich vorher meilenweit weg von mir und meiner Familie gefühlt hatten. Junge Menschen, die in bürgerlichen Verhältnissen aufgewachsen sind, die ihr Studium

beendet haben – und nun ist Einstellungsstopp. Oder ältere Menschen, die plötzlich nicht mehr ins Büro konnten, zu Hause saßen und die dabei verstehen lernten, wieso Arbeitslose so oft Alkoholiker sind: weil Trinken gegen die Unsicherheit hilft und gegen die Tristesse.

Solange man die Arbeitslosen mit Abscheu betrachten kann, ist ihr Leid erträglich. In den USA sorgte die Horror-Erzählung von den welfare queens (also von schwarzen Frauen, die von Arbeitslosengeld lebten und nichts taten, außer zu gebären) dafür, dass es Bill Clinton möglich wurde, Sozialleistungen fast ganz abzuschaffen.Wenn wir nun aber erkennen, dass Arbeitslose eben nicht selbst schuld sind, dass ihr Schicksal uns alle betrifft, dass ihr Leid ein Druckmittel ist und kein Zufall, dann werden wir auch infrage stellen müssen, wie wir mit ihnen umgehen.Die Koalition hat wegen der Corona-Krise die Vermögensprüfung bei Hartz IV ausgesetzt: Man kann Transferleistungen bekommen, ohne vorher die eigenen Ersparnisse aufzubrauchen oder die Wohnung zu verkaufen, in der man lebt. Das Kurzarbeitergeld, das letztendlich ein Gehalt bei Nichtarbeit darstellt, also eigentlich den Albtraum jedes Arbeitgebers, wurde erhöht. Dass es gegen all diese Dinge keinen Protest gibt, obwohl

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sie teuer sind, liegt auch an der neuen Klientel, die diese Transferleistungen erhält. Je mehr Menschen arbeitslos sind, desto größer ist die Identifikation, und desto gerechter sind die Sicherungssysteme. Die Einrichtung der Erwerbslosenfürsorge in Deutschland war eine Reaktion auf die Massenarbeitslosigkeit nach dem Ersten Weltkrieg. Die erste Sozialversicherung der USA führte Präsident Roosevelt 1935 ein, als Reaktion auf die Weltwirtschaftskrise, die ein Viertel der Bevölkerung arbeitslos gemacht hatte.Es lohnt sich also nicht, weiter so über die Arbeitslosen zu sprechen, wie wir es in den letzten Jahrzehnten getan haben – denn es war ein naives, ideologisches Sprechen.

Solange es die Konkurrenz gibt, das Immer-mehr-Wollen, wird es Arbeitslose geben. Weil es jemanden geben muss, der das Spiel verliert.Das Klischee des faulen Rumsitzers ist deshalb unzutreffend. Die Nichtarbeit ist einer von mehreren Zuständen, in die Menschen in einer sozialen Marktwirtschaft geraten können. Ein Zustand, an dem niemand leiden sollte, für den niemand bestraft gehört. Schon gar nicht dessen Kinder.

Das Buch "Die Elenden – Warum unsere Gesellschaft die Arbeitslosen verachtet und sie dennoch braucht" von Anna Mayr erscheint am 17. August im Hanser Verlag