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Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie Band 806, Heft 1 Mai 1932 Beitrage zur Kenntnis der schwefligen S%ure und ihrer Sake XI. uber den katalytischen EinfluR der arsenigen Siiure auf die Zersetzung des Thiosulfates Von F. FOERSTER i und GG. STUHMER~) Mit 5 Piguren im Text Einieitung Bei der Zersetzung der ThioschwefeIsSure entstehen neben schwef- liger Saure und freiem Schwefel geringe Mengen von Pentathionat, deren Bildung nach TH. SALZER~) durch Zusatz von Arsenit aul3er- ordentlich begunstigt wird. RASC-HIG~) hat hieraus eine bequeme Dar- stellung von Kaliumpentathionat ausgearbeitet, die spiiter von FOERSTER und CENTNER~) noch verbessert wurde. Im WALTER FELD- schen Verfahren sol1 RASCHIG diesen Katalysator auch verwendet haben, um den in den Kokereiabgasen enthaltenen Schwefelwasserstoff und das Ammoniak besser mit schwefliger Siiure in Polythionate uber- fuhren zu konnen. Diese durch arsenige Sgure so auffallend abgelenkte Reaktion ist von mehreren Seiten naher untersucht worden, wovon sich KURTEN- ACKER und seine Mitarbeiter6) am eingehendsten beschkftigt haben. Da auI3er Amen auch Antimon und Zinn ahnliche katalytische Wirkung aeigen, schlieBen sie sich in der Erkliirung des Reaktionsschemas der Ansicht von H. BASSETT und R. G. DURRANT~) an, die eine inter- mediare Bildung von Sulfoxyarsensgure annehmen : SzOl' + H,AsO,' ZG? HSO,' + HAsO,S". (1) l) Die vorstehende Veroffentlichung wurde nach dem Tode meines Lehrers suf Grund der gemeinsamen Bearbeitung dieses Problems von mir nach meiner gleichnamigen Dissertation (Dresden 1931) zusammengestellt. GEORU S~ijwa~. 2, TH. SALZER, Ber. I9 (1886), 1696, s, F. RASCHIG, Schwefel- und Stickstoffstudien (1924), 276. 4, F. FOERSTER u. K. CENSNER, Z. anorg. u. allg. Chem. 1&7 (1926), 45. 6, A. KURTENACKER, Z. anorg. u. allg. Chem. 175 (1928), 367; 174 (1928), 179; ') H. BASSETT u. R. G. DURRANT, Journ. chem. SOC. London (1927), 1401. 186 (1929), 337. Z. anorg. u. allg. Chem. Bd. 206. 1

Beiträge zur Kenntnis der schwefligen Säure und ihrer Salze XI. Über den katalytischen Einfluß der arsenigen Säure auf die Zersetzung des Thiosulfates

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Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie

Band 806, Heft 1 Mai 1932

Beitrage zur Kenntnis der schwefligen S%ure und ihrer Sake

XI. uber den katalytischen EinfluR der arsenigen Siiure auf die Zersetzung des Thiosulfates Von F. FOERSTER i und GG. STUHMER~)

Mit 5 Piguren im Text

Einieitung

Bei der Zersetzung der ThioschwefeIsSure entstehen neben schwef- liger Saure und freiem Schwefel geringe Mengen von Pentathionat, deren Bildung nach TH. SALZER~) durch Zusatz von Arsenit aul3er- ordentlich begunstigt wird. RASC-HIG~) hat hieraus eine bequeme Dar- stellung von Kaliumpentathionat ausgearbeitet, die spiiter von FOERSTER und CENTNER~) noch verbessert wurde. Im WALTER FELD- schen Verfahren sol1 RASCHIG diesen Katalysator auch verwendet haben, um den in den Kokereiabgasen enthaltenen Schwefelwasserstoff und das Ammoniak besser mit schwefliger Siiure in Polythionate uber- fuhren zu konnen.

Diese durch arsenige Sgure so auffallend abgelenkte Reaktion ist von mehreren Seiten naher untersucht worden, wovon sich KURTEN- ACKER und seine Mitarbeiter6) am eingehendsten beschkftigt haben. Da auI3er Amen auch Antimon und Zinn ahnliche katalytische Wirkung aeigen, schlieBen sie sich in der Erkliirung des Reaktionsschemas der Ansicht von H. BASSETT und R. G. DURRANT~) an, die eine inter- mediare Bildung von Sulfoxyarsensgure annehmen :

SzOl ' + H,AsO,' ZG? HSO,' + HAsO,S". (1) l) Die vorstehende Veroffentlichung wurde nach dem Tode meines Lehrers

suf Grund der gemeinsamen Bearbeitung dieses Problems von mir nach meiner gleichnamigen Dissertation (Dresden 1931) zusammengestellt. GEORU S ~ i j w a ~ .

2, TH. SALZER, Ber. I9 (1886), 1696, s, F. RASCHIG, Schwefel- und Stickstoffstudien (1924), 276. 4, F. FOERSTER u. K. CENSNER, Z. anorg. u. allg. Chem. 1&7 (1926), 45. 6 , A. KURTENACKER, Z. anorg. u. allg. Chem. 175 (1928), 367; 174 (1928), 179;

') H. BASSETT u. R. G. DURRANT, Journ. chem. SOC. London (1927), 1401. 186 (1929), 337.

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Die Entstehung der Polythionate geht dann derart vor sich, daB sich primar Trithionat bildet nach

2 SzOi' + 2H' S306" + H,S, (2) und das durch die Einwirkung der Sulfoxyarsensaure eu hoheren Poly- thionaten geschwefelt wird [(3) und (411, wobei sich arsenige SBure zuriickbildet, die sich wieder nach (1) mit Thiosulfat umsetzen kann.

SSO," + HAsOSS" + H' S,O," + H~AsO,', (3) S,O," + HAs0,S" + H' fr S50e" + H,AsO,' . (4)

Demgegeniiber steht die in Frage gestellte ausschlieBliche Bildung der Polythionate nach (2), wie F. FOERSTER~) in einer langeren Abhand- lung dargelegt hat. Auch KURTENACKER~) geht in einer zweiten Mit- teilung von diesem Reaktionsschema ab, da bei dieser fast quanti- tativen Bildung von Pentathionat die aus der Zersetzung der Thio- schwefelsaure entstandene schweflige Saure und der nach (2) gebildete Schwefelwasserstoff bei Gegenwart von arseniger Saure ausschlieBlich Polythionat ergeben miifiten, was aber durch das Experiment nicht bewiesen werden konnte.

RIESENFELD und SYDGW~) erklaren die katalgtische Wirkung des Arsens dadurch, daB die nach (5 ) gebildete Pentathionsiiure wegen Mange1 an schwefliger Siiure nicht zu niederen Polythionaten ab- gebaut werden kann.

5 S,O," + 6H' -+ 2 S,O," + 3H,O. (5? Wie aber KURTENACKER und einige weiter unten beschriebene

Versuche zeigen, 1aiBt sich Thiosulfat in einem HCI-SO,-Gemisoh mit betriichtlicher Menge schwefliger Saure bei Gegenwart von Arsenit quantitativ in Pentathionat uberfiihren. Aus gleichen Grwden ist auch die Erkliirung hinfiillig, wonach die Bildung der Trithionsaure nach

S20," + 4HS0,' + H' --f 2 S30," + 3H20

wegen des Fehlens der notigen schwefligen Siiure unmoglich sei. In vorliegender Arbeit wurde nun versucht, durch die Annahme

ekes komplexen Arsenothiosulfats als Zwischenprodukt die Kinetik dieser katalytischen Zersetzung zu erklaren. J. v. SZIL~GYI~) hat durch Einwirkung von arseniger Siiure auf Thiosulfat in salzsaurer

l) F. FOERSTER, Z. anorg. u. allg. Chem. 177 (1928), 61. ?-) A. KURTENACEER u. I. A. IVANOW, Z. morg. u. allg. Chem. 186 (1929), 337. 3, E. H. RIESENFELD u. G . SYDOW, Z. anorg. u. allg. Chem. 176 (1928), 72. ") J. v. S Z ~ G Y I , Z. anorg. u. allg. Chem. 113 (1920), 75.

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F. Foerater t u. Gg. Stiihmer. XI. uber den katalytischen EinfluB usw. 3

Losung ein komplexes Thiosulfat von der Form K,As(S,O,), dar- gestellt, wofur er folgende Bildungsgleichung anfiihrt :

AsCl, + 3 KC1 + 3 Na2S,0, = 6 NaCl + K,As( S203), . Dieses Salz ist in waBriger Losung aderordentlich unbestiindig

und sol1 sich folgendermaBen zersetzen: 2 K,As(S203), = As,S, + 3 K2S306.

Zu diesem Resultat gelangte v. SZIL~GYI, nachdem er eine waBrige Komplexsalalosung 5 Minuten gekocht und d a m analysiert hatte. Da sich aber bei der Zersetzung in Xiedehitze auch wesentlich sekundare Reaktionen abspielen, wurde der Zerfall dieses Arsenothiosulfats bei verschiedenen Temperaturen, wechselnden Konzentrationen und Acidi- tiiten naher verfolgt, wobei weit andere Ergebnisse erhalten wurden, als obige Gleichung angibt. Wie aus den einzeInen Versuchen ersichtlich ist, bildet sich hierbei grofitenteils Pentathionat, womit sich der Hinweis von KURTENACKBR~) erubrigt hat, daB jenem Kom- plexsalz nur eine untergeordnete Rolle zukame, da er von der nicht richtigen Voraussetzung ausgeht, daB sich das Sab in der von SZIL~GYI angegebenen Weise zersetzt.

Ausgangsmaterial

Nach der von SZILAGYI beschriebenen Darstellungsmethode konnte kein analysenreines Salz von der Zusammensetzung von K3As( S203)3 erhalten werden, denn durch das angegebene Ausfallen mit Alkohd ist das Produkt immer stark durch Chlorid verunreinigt. Man kann das Salz besser direkt aus Kaliumthiosulfat ohne Umsetzung des Natrium- salzes mit Kaliumchlorid gewinnen. Das hierzu notige K2S,03 - 11/2H20 wurde nach der vielfach bewiihrten Methode von F. FOERSTER und MOMMSEN,) hergestellt. Die angegebenen Ansatze mussen eingehalten werden, da bei groi3eren Mengen durch die langer dauernde Trock- nung leicht Zersetzung eintritt, die sich durch eine Gelbfarbung des Produkts bemerkbar macht. Folgende Vorschrift hat sich zur Her- stellung des Komplexsalzes aufs beste bewhhrt.

In 200 cm3 Wasser lost man 5 g Arsenik durch Kochen fast voll- standig und gibt dazu 13,5 em3 konzentrierte Salzsiiure, wodurch rest- liches As,O, noch in Losung geht. Diese filtrierte und auf - 3 0 ab-

1) A. KURTENACEER u. I. A. IVANOW, 2. anorg. u. allg. Chem. 185 (1929), 342. Dieser Hinweis erfolgte auf eine Privatmitteilung von F. FOE==, work an- gegeben wurde, da8 im hiesigen Laboratorium im obigen S h e uber dieses Theme gearbeitet wird.

2, F. FOERSTER u. E. TH. MOMMSEN, Ber. 57 (1924), 258. 1*

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gekuhlte Flussigkeit versetzt man mit einer Losung von 32,5 g Kalium- thiosulfat in 50 em3 Wasser von - 5 O und ruhrt kraftig um. Sofort erstarrt die gesamte Losung zu einem dicken schneeweiBen Kristall- brei, der sehr rasch abgesaugt werden muB, da sonst weitere Zer- setzung eintritt. Dam eignet sich sehr gut eine Schott-Frittennutsche von der Porenweite 1 G und dem Fassungsvermogen von 500cm3. Der Niederschlag wird sofort mit Alkohol gewaschen, den man in einer Kaltemischung auf -100 abgekiihlt hat. Zum Waschen fiillt man die Nutsche viermal mit 900/,igen, zweimal mit 96Oj0igen und zweimal mit 990/,igen Alkohol, worauf das Produkt zwischen Filtrier- papier stark abgepreBt und im Vakuum im getrockneten Luftstrom bei 30-40° getrocknet wird. Hierbei empfiehlt es sich, das Sals ofters umzuruhren. Man erhalt auf diese Weise 12-13 g rein weiBes Arseno- thiosulfat, das unter dem Mikroskop deutlich Kristalle erkennen laBt, wogegen von SZILAGYI seinem Salz amorphen Charakter zuschreibt. Im Exsikkator uber Chlorcalcium aufbewahrt bleibt es monatelang unvergndert .

Da man spater die einzelnen Zersetzungsprodukte titrimetrisch ermittelte, wurde das Salz selbst auf einfaohe Weise maBanalytisch bestimmt. Im allgemeinen ist es jedoch nicht moglich, das in kom- plexen Metallthiosulfaten enthaltene Zentralatom durch die iiblichen Reaktionen nachzuweisen. Das vorliegende Komplexsalz unterliegt aber, wie weiter unten dargelegt wird, beim Losen sofortiger Hydrolyse in arsenige Saure und saures Thiosulfat, wodurch jodometrische Be- stimmung beider Komponenten moglich ist. In mineralsaurer Losung wird zuerst rasch das Thiosulfat, und dann durch Zugabe von Bi- carbonat die arsenige Saure mit 0,l n- Jodlosung bestimmt.

Analysenbeispiel: a) S-Best. 36,2O/, 36,2% theor. 36,4O/, S . b) &-Best. 14,04% 13,99% ,, 14,17% As.

Analysenmethoden

Eine waBrige Losung von Kaliumarsenothiosulfat scheidet nach wenigen Minuten Arsentrisulfid ab und riecht stark nach schmefliger SBure. Durch Vorversuche wurden an weiteren Produkten in der Reaktionslosung Penta-, Tetra- und Trithionat, Sulfat und restliches Thiosulfat und arsenige Saure gefunden. Zur Bestimmung dieser Be- standteile wurden die schon vielfaoh im hiesigen Laboratorium mit gutem Erfolg angewandten Analysenmethoden von KURTENACKER und seinen Mitarbeiternl) benutzt. Da die Analysen an Losungen

1) A. KURTENACKER u. E. GOLDRACH, Z. anorg. u. allg. Chem. 166 (1927), 177.

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F. Foerst.er -f u. Gg. Stiihmer. XI. Uber den katalytischen EinfluB usw. g

mit geringeren Konzentrationen ausgefuhrt wurden und an jod- verbrauchender Substanz die arsenige Saure noch hinzukam, wurden die Methoden an Losungen bekannten Gehalts nachgepruft. Hierbei fanden die im Dresdner Laboratorium ausgearbeiteten Verbesserungen von 0. SCHMITT~) entsprechende Berucksichtigung. Die Anwendung von Polysulfidlosungen bei der Sulfidmethode zur Zersetzung der Polythionate konnte unterbleiben, da die Reaktionslosung immer hohere Polythionate enthielt und somit von selbst Polysulfidlosung gebildet wurde. Die Genauigkeit der Methode an einem Gemisch der drei Polythionate ist aus folgender Tabelle ersichtlich.

Ber. Gef . Sulfitmethode . . . 4593 43,16 cm3 0,05 n- Jodlosung

37,24 37,B I, 1, ,, Cyanidmethode . . 28,87 29909 3, 7, > >

25,61 25,78 >) .. Sulfidmethode . . . 118,2 1173 ,, ,, 9 ,

112,9 1155 ,, ,, 2,

Gibt man die Resultate nur nach dem Jodverbrauoh an, so betriigt der Fehler f0,5°/0. Werden aber daraus die Gewichtsmengen der einzelnen Polythionate durch Differenzbildung bereohnet, so vergroaert sich der Fehler bis zu 2%.

K,S,O, &S,O, K,S50,* l*/,H,O Angew. Menge: 0,4086 0,4169 0,2240 0,2115 0,2538 0,2099 Gef. Menge: 0,3991 0,4123 0,2265 0,2153 0,2538 0,2076

Bei der Bestimmung der Polythionate konnten groBere Mengen Arsenssure storend wirken, und muf3ten diese vorher entfernt werden. Da eine Fallung des Arsens in der empfindlichen Losung nicht moglich war, wurde die seit langem bekannte Adsorption der arsenigen Sglure mittels Ferrihydroxyd benutzt, die beispielsweise als ,,antidoturn arsenic?' bei Arsenvergiftungen Anwendung findet. Werden nun im vorliegenden Falle auBer dem Arsen Schwefelverbindungen nicht mit in betrachtlichem NaBe adsorbiert, so kann man diese Erscheinung als analytisches Hilfsmittel zur Entfernung des Arsens benutzen.

Durch Vergleich des Gesamtschwefels der gleichen Reaktions- losung (4 g K,As(S,O,), in 250 em3 Wasser 24 Stunden bei 25O) wurde nur ein Verlust von 2% Schwefel festgestellt, wiihrend fast die game arsenige Saure adsorbiert vorden war. Bei der Untersuchung, ob e k e spezifische Adsorption vorliegt, wurde gefunden, da5 in erster Link etwa8 Trithionat verloren geht. Da aber alIe untersuchten Reaktions- 16sungen nur geringe Mengen Trithionat enthielten, wurde diese

1) KOLTHOFF-MEHZEL, Die MaBanalyse 11, 2. Aufl. (1931), 426.

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Analysenmethode beibehalten, da auf3erdem durch die aufgestellte Schwefelbilanz jederzeit eine genaue Kontrolle moglich war.

Die Analyse einer aersetzten Losung von K,As(S,O,), wurde nun folgender- maBen durchgefiihrt. Die von Arsentrisulfid und Schwefel getriibte Losung wurde unter Stickstoffdruck durch eine Schottfritte (G 4) filtriert und der Niederschlag im C0,-Strom bei 80-90° getrocknet. Nach dem Losen und Oxydieren mit heiBer Bromlauge oder mit rauchender Salpetersiiure auf dem Wasserbade wurde der Schwefel als BaSO, und das Amen aus der Differenz des Gesamtgewichts des Niederschlags und des Schwefelgewichts bestimmt. Im Filtrat wurden zuncichst As'.', S,O," und SO, dadurch ermittelt, dal3 man in salzsaurer Losung S,O," und SO, und nach dem annahernden Neutralisieren mit verdiinntem Ammoniak und Zugabe von Natriumacetat die arsenige Same mit Jod titriert. In einer weiteren Probe wird das SO, an Formaldehyd gebunden und nach gleicher Neutralisation und Zugabe von Acetat S,O," und As"' gemeinsam mit Jod analysiert.

Zur Bestimmung der drei Polythionate werden 100 cm3 Filtrat mit Salzsiiure versetzt und Thiosulfat und schweflige Siiure mit Jod oxydiert. Nach genauer Neutralisation mit Ammoniak wird die L(iaung in einem Literkolben auf etwa 700 cm3 verdiinnt und mit 200 cm3 Ferrihydroxydaufschliimmungl) versetzt. Da zur Sulfitmethode die Liisung vollstandig frei von elementarem Schwefel sein muB, um die dadurch bedingte Bildung von Thiosulfat zu verhindern, hat die Zugabe von Fe(OH), auBer der Arsenadsorption noch den Vorteil, fein verteilten Nieder- schlag mit niederzureil3en. Nach 10 Minuten ofteren Umschutteln wird durch ein trockenes Faltenfilter filtriert und im Filtrat in aliquoten Teilen die drei Polyt,hio- nate nach den Kurtenackermethoden bestimmt.

Das nur in sehr kbinen Mengen vorhandene Sulfat wurde in der von KURTEN- ACRER angegebenen Weise aus essigsaurer Losung kalt mit 0,l n-BaC1, gefallt. Die Aciditat wurde durch Titration mit 0,l n-C0,-freier Natronlauge unter Ver- wendung von Methylorange und Thymolphthalein als Indikatoren bestimmt.

Die Zersetzung einer wHUrigen Losung van K,AS(S,O,)~ Entsprechend den Konzentrationen von SZILAGYI wird der Ver-

lauf der Zersetxung einer 1/30 molaren w813rigen Losung von K,As(S,O,), bei 2 5 0 niiher verfolgt. In ReaktionsgefaBen, die mit Ein- und Ab- leitungsrohren versehen sind, wird die Losung bei 25O im Thermo- staten sich selbst uberlassen und nach verschiedenen Zeiten unter Druck abfiltriert. Schon A Minuten nach dem Losen tritt Trubung ein, die dann rasch fortschreitet. In den folgenden Tabellen und Kurven Bind die Analysenresultate in Prozenten des angewandten Schwefels und Arsens angegeben.

l) 50g Ferrichlorid werden mit Ammoniak kalt gefallt und so lange mit destilliertem Wasser durch Dekantieren gewaschen, bis der Niederschlag beginnt, kolloidale Beschaffenheit anzunehmen. Das Hydroxpd wird dann auf 1 Liter aufgesc hlammt .

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F. Foerster f u. Gg. gtiihmer. XI. uber den katalytischen EnfluB USW. 7

Tabelle 1

Versuchsdauer 1 30' I lh I 3h 1 6h I 12h 1 24h

Niederschlag: *lo As,S3-S. . . Niederschlag: o/o freier S. - . " / o ~ , S 3 - A ~ . . . . . . . . . ' / o AS203-As. . . . . . . . . AcidiGt in cm3 0,l n-NaOH

Thymolphthalein . . . . . . . 5Ocm3: Methylorange . . .

. . 11,4 I 11,6 11,6 11,9

. . 1 3!$ I !$ I 1,9 1 1,s I 1,7 1 1,7

. . 46 46 I 46 47

P'" 1 18,4 I 10,4 1 7,l 1 5,6 ~ 4,3 1 3,s . . 37,4 32,5 i 29,5 24,6 19,5 16,s

Die Zersetzung verliiuft also derart, daB schon in kurzer Zeit ein groBer Teil des Thiosulfats in Pentathionat ubergefuhrt wird. Das Arsen findet sich nur zu xs einem Drittel als Sulfid. {OQ Trithionat und Sulfat konnten anfangs nicht nachgewiesen werden. 627

Wegen des raschen Reak- tionsverlaufs war es nicht @

moglich , die einzelnen ZU Produkte schon nach ktu-

zerer Versuchsdauer als

30 Minuten zu Fig. 1. Die Zersetzung einer m-Losnng Es daB von K3As(S,03), in Wasser bei 250 anfangs entstandenes Pen- tathionat durch Bisulfit zu Tetrathionat nach folgender Gleichung (6) abgebaut wird

dessen Gleichgewicht durch die geringe Acidittit stark auf der rechten Seite liegt. DaB dadurch eine Abnahme des SO,-S eintritt, zeigt die weitere zeitliche Verfolgung der Zersetzung. Der GehaIt an SO,-S sinkt mit Zunahme an Tetrathionat. Der EinfluB der HSO,' erstreckt sich bei langerer Versuchsdauer auch auf das Tetrathionat, das nach (7) zu Trithionat entschwefelt wird.

80

1 2 3 4 6 9 Stundm 72

SeO," + HSO,' f- H' + S203" + S4O;', (6)

S40," + HSO,' 2-2 H' + S,O;' + S,Og' . (7) Wie FOERSTER und VOCTEL~) ntiher untersucht haben, wird Penta-

thionat durch Bisulfit bedeutend rascher d s Tetrathionat abgebaut, wodurch der hohe Tetrathionatgehalt der Reaktionslosung versttind- lich ist. Das durch die Entschweflung des Tetrathionats auftretende Trithionat wird ziemlich rasch auf folgende Weise weiter zersetzt.

S,O," + H20 = SO," + Sz03/' + 2H'. (8) *) F. FOERSTER u. R. VOGEL, Z. morg. u. a1I.g. Chem. 156 {1926), 161.

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8 Zeitsohrift fiir anorganische und dgemeine Chemie. Band 206. 1932

In den Xersetzungsprodukten tritt dann erst Sulfat auf, wenn Trithionat zugegen ist. Der selbst nach 24 Stunden noch ziemlich hohe Gehalt an S,Od’ wird durch den Polythionatabbau nach [(6) bis (S)] ersichtlich, wonach immer wieder Thiosulfat zuruckgebildet wird. Der schon anfangs auftretende freie Schwefel bleibt auf ziemlich kon- stantem Wert, da die Aciditat im Laufe der Zersetzung immer mehr zuruckgeht und somit die Ursache der Schwefelabscheidung nach (9) immer mehr zuriiclrtritt.

S,O,” + H‘ z? HSO,‘ + S. (9) Der primare Vorgang der Zersetzung des Komplexsalzes ist nach

3 Stunden beendet, denn der mit dem unmittelbaren Zerfall zusammen- hangende Gehalt an Arsentrisulfid verstarkt sich nur noch in ganz geringem MaBe. Die im weiteren Verlauf der Zersetzung sich abspielen- den Vorgange sind meist sekundiirer Art. Das in ziemlicher Menge vorhandene As$, kann nach Fig. 1 nicht in der Weise entstanden sein, in der sich sonst komplexe Metallthiosulfate nach (10) htlufig zersetzen,

denn dann muaten bedeutend groBere Mengen Trithionat gefunden worden sein. Ein Zerfall des Trithionats kann aber nicht eingetreten sein, denn dann muBten mehr Sulfat und freier Schwefel auftreten. Die geringe Menge Trithionat kann nur in sekundiirer Reaktion, aber nicht direkt aus Thiosulfat entstanden sein.

2S20;’ --+ S,O,” + S”, (10)

Die analog dem Silberthiosulfat nach

S,03” + H,O -+ SO,” + S f f

mogliche Bildung des Sulfids ist wegen des Mangels an Sulfat eben- falls ausgeschlossen.

Um eine Erkliirung fur die komplizierte Arsenothiosulfat- zersetzung zu finden, wurden die kurz nach dem Losen des Salzes herrschenden Verhaltnisse durch Aciditiitsbestimmungen nilher ver- folgt. Beim Losen konnte folgende Hydrolyse eingetreten sein.

K,As(S,O,), + 3H20 fr As(OH), + 3K’ + 3HS20,’. (11) Da zur Neutralisation des sawen Thiosulfations hierbei 3 Mol

Lauge notig sind, miifiten bei Verwendung von 10 em3 einer ‘/30 m- Losung eines 97%igen Salzes 9,7 em3 0,l n-NaOH verbraucht werden. Gefunden wurden 9,4 ems bei Anwendung von Methylorange als Indi- kator. Titriert man diese Losung nach Zugabe von Thymolphthalein weiter auf blauen Umschlag, so werden noch weitere 1,63 em3 0,l n-

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Lauge verbraucht, die vermutlich zur Neutralisation der gebildeten arsenigen Saure notwendig sind. Die Anwendung von Thymol- phthalein geschah, um evtl. entstandene schweflige SBure acidimetrisch bestimmen zu konnen, die aber sofort nach dem Losen nicht nach- gewiesen werden konnte. An Vergleichslosungen mit bekanntem Ge- halt an As20, wurden unter gleichen Verhaltnissen die Aciditaten mit Thymolphthalein als Indikator bestimmt, wobei 1,65 em3 0,l n-NaOH 1/300 Mol arseniger SZiure entsprechen. Der weitere Alkaliverbrauch von 1,63 em3 fur 10 em3 Reaktionslosung zeigt also 1/300 Mol arsenige Saure an, die nur durch Hydrolyse nach Gleichung (11) entstanden sein kann und dem theoretischen Wert entspricht, womit die anfangs stattfindende Zersetzung acidimetrisch bewiesen ist.

Der weitere Verlauf der Reaktion fiihrt uber die Umsetzung des sauren Thiosulfats :

2HSzO3‘ -+ SZO,” + SO + H2SOZ. (12)

F. FOERSTER hat an Hand einer langen Reihe von Schwefelarbeiten nachgewiesen, daB die Polythionatbildung vermutlich uber das Schwefelmonoxyd und die Sulfoxylsaure, die man als Hydrat des SO auffassen bann und somit nach (13) mit ihrem Anhydrid im Gleioh- gewicht steht, fuhrt.

Das Pentathionat entsteht durch Zusammenwirkung von SO mit HS20,’ nach

Die Sulfoxylsiiure ihrerseits erliegt einer Umsetzung im folgendensinne :

H,S02 tr SO + H,O. (13)

SO + 2HS20,’ --+ S 5 0 i ’ + H,O (14)

3H2so, H,SO, + H2S202 + H201). (15) Hierbei macht sich die Annahme einer Zwischenverbindung von der Form H,S202, einem Hydrat des Schwefelsuboxyds S,O notig. Diese Hypothese 1aBt sich bei der Erkliirung fur die Entstehung der Poly- thionate Bus der WACKENRoDER’SChen Flussigkeit sehr fruchtbar an- wenden und ein klares Schema dieser Reaktion ermoglichen. Durch die Arbeiten von E. NOACK~) uber die Hydrolyse des Chlorschwefels ist die Annahme dieses Zwischenprodukts bekraftigt worden. Er formuliert die Hydrolyse folgendermafien :

SzC1, + 2H2O -+ S,(OH), + 2HC1.

I) F. FOERSTER, Z . anorg. u. allg. Chem. 177 (1928), 66. z , E. Noacrr, z. imorg. u. a1l.g. Chem. 146 (1925), 239.

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10 Zeitechrift fur anorgankche und allgemeine Chemie. Band 206. 1932

Bei der weiteren Zersetsung des Chlorschwefels findet er die gleichen Reaktionsprodukte wie in der WdcKENRoDEz’schen Flussigkeit, bei der als primiire Reaktion Schwefelwasserstoff und schweflige Siiure nach (1 6) zu diesem einfachen Zwischenkorper zusammentreten.

H2S + H2S03 2 5 H,S202 + H20. (16) Fur unsere Betraohtungen ist die Annahme dieser Verbindung wichtig, da die linksseitige Versohiebung des Gleichgewichts (16), also die Hydrolyse dieses hypothetischen Zwischenprodukts Schwefelwasser- stoff liefert, der nun mit der arsenigen SBure reagieren kann.

2As(OH), + 3H2S --z As,S3 + 3H20. (17) Auf diese Weise liiBt sich das Auftreten von S”-Ionen ohne gleich- seitiges Entstehen von Trithionat oder Sulfat erkliiren.

Das auch in betrachtlichen Mengen auftretende HSO,’ bildet sich wohl grof3tenteils aus der Sulfoxylsaure nach Gleiohung (15) und (16) und nicht aus der Zersetzung des Thiosulfats nach ( S ) , denn d a m miiljten auch groBere Mengen freien Schwefels auftreten. Ein Teil des Bisulfits wird zum Abbau der Polythionate verbraucht, denn sonst miifiten nach (15) und (16) auf ein As,S,-S zwei SO2-S entstanden sein.

Die Zersetzung einer salzsauren Losung von K3As(S20,J3

Da mit steigender Aciditiit die Bildung hoherer Polythionate be- gimstigt wird und fernerhin die Uberfuhrung des Thiosulfats in Penta- thionat nach RASCRIG in salzsaurer Losung vor sich geht, wurde die Zersetsung einer m-Losung von K,As( S203)3 in 1 n-HCI verfolgt . Die Abscheidung des Arsentrisulfids tritt hierbei erst nach 22-25 Min. ein, weshalb es moglich war, schon nach 15 Minuten mit der klaren Losung eine Analyse auszufuhren. Die Resultate sind in Tabelle 2 und Fig. 2 zusammengestellt.

Tabelle 2 Versuchsdauer

- . . . . . . . . . . . - . . . . . . . . . . . __

O l 0 AB2s3-s o/o AsaS3-ks . . . . . . . . . . . yo AE20s-AB. . . . . . . . . . . 100

O l 0 freier S

Methylorange . . . . . . . . . 10,s Thymolphthalein . . . . . . . . . i 11,O

Aciditiit in om3 1 n-NaOH pro loomS

.~ ~

3.7 1;o

15 83

10,3 10,6

__ - 6,5 2,3

26 72

10,o 10,3

777 272

31 69

9,75 l0,O

8.0 2;o

32 68

9,7 10,o

Vergleicht man Fig. 1 und 2 miteinander, so tritt deutlich der Einflulj der He-Ionen hervor. Fast 70°/0 des Gesamtschwefels sind in Pentathionat iibergefuhrt worden. Da, infolge der grof3eren Aciditat

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F. Foerster -f u. Gg. Stiihmer. XI. Uber den katalytischen EinfluB USW. 11

das Gleichgewicht H' +HS03' z?H,XO, + - & SO, +H20 stark rechts- seitig verschoben ist, herrscht die schweflige Saure bzw. SO2 vor, die die Polythionsauren langsamer abbauen als Bisulfit ; man findet somit weniger Tetrathionat und mehr sohweflige Saure. Die Zersetzung in Richtung des Arsentrisul- x5 fids, also Reaktion (15) '04 und (16) wird sthrk ge- Bu hemmt, denn es ist selbst nach 12 Stunden nur ein m Drittel des Arsens als Tri- sulfid vorhanden. Da die * schweflige Saure nur wenig zu sebundaren Reaktionen verbraucht wird, findet man das Verhaltnis Fig. 2. As2S3-S z' sO2-s an- von K,AS(S,O~)~ in 1 n-HC1 bei 250 niihernd bei 1:2, wie es der Reaktionsverlauf nach Gleichung (15) und (16) verlangt.

Der primarevorgang, der ins43rigerlosung schonnach 3 Stunden beendet war, braucht in salzsaurer Losung liingere Zeit. Die Wasser- stoffionen wirken auf die arsenige Saure folgendermaDen ein:

Die Zersetzung einer 1/,,rn-Losung

H' + HAsO," ~2 As(OH), Z? As"' + 3OH'. Es wird mehr das Ion des dreiwertigen Arsens entstehen, das nun analog der Komplexsalzdarstellung zum Arsenthiosulfat zusammen- tritt. Die H'-Ionen verhindern also den rasehen Zerfall unter Ruck- bildung Bum Komplexion, bewirken aber andererseits eine voll- standigere Zersetzung des Thiosulfats, weil die Nachbildung aus ab- gebautem Penta thionat groB tenteils unterbleibt .

Der Einflu6 der Temperatur auf die Zersetzung des Komptexsalzes

Die an &As( S,O,), 1,13* molaren, wal3rigen und salzsauren Losungen wurden auBer bei 25O noch bei 00 und 50° nach 3stundiger Zersetzung untersucht. X7ahrend in der waBrigen Losung bei Oo schon nach wenigen Minuten Trubung eintrat, zeigt sich in der salzsauren Losung erst nach 13/4 Stunden eine sichtbare Abscheidung. Um den EinBuB der Temperatur ubersichtlich zu gestalten, sind die Prozent- zahlen der verschiedenen Schwefelverbindungen mit den entsprechen- den Werten der Fig. 1 und 2 in gemeinsame Knrvenzuge gebracht. Hieraus erkennt man deutlich, da13 der primare Vorgang bei 25O

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12 %itsohrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 206. 1932

nach 3 Stunden groBtenteils zu Ende gegangen ist. Der S203"-S nimmt bei hoherer Temperatur nur noch wenig ab, demzufolge steigt auch die Kurve fur As2S3-S nur in geringem MaBe. Bei Oo ist der Ge- halt an Pentathionat hoher als an Tetrathionat, woraus man erkennt,

da8 primar nur Pentathio- nat entstanden sein kann.

Die Fig. 4 zeigt deut- lich, daB in salzsaurer Losung die primare Zer- setzung erst bei hoherer Temperatur zu Ende geht. Das Thiosulfat ist zu- gunsten des Pentathionats verbraucht worden, das bei der hohen Siiurekon-

van K,As( S,O,), dig ist,wieschonFoERsTER und HORNIG~) durch ein- gehende Untersuchungen bewiesen haben.

Urn den Zerfall von Thiosulfat ohne arsenige Saure mit diesen Ergeb- nissen vergleichen zu konnen, wurde eine salz- saure Thiosulfatlosung unter gleichen Konzen-

trationsverhaltnissen

Fig. 3. Der EinfluB der Temperatur auf die 3 stiin&ge Zersetzung der w&Brigen Lasung zentration langer best an-

Fig. 4. Der EinfluS der Temperatur auf die (39261 K2S203 ' '*/ZR2' 3stiindigeZersetzung von K,As(S,O,), in In-HCl auf 150 em3 1 n-HC1)

nach 3stUdiger Zer- setzung untersucht. Die Losung konnte wie ublich unter Druck filtriert und analysiert n-erden. An den Wandungen des Zer- setzungsgefgBes und auf dem Filter blieb der Schwefel in klebriger Form zuriick, der iiber Nacht unter Wasser aufbewahrt wurde, wobei er in eine kornige, sprode Masse ubergeht, die leicht zerstoBen und filtriert werden kann. Da die groben Stucke leicht Verunreinigungen einschlieBen, wurde der Gehalt an Schwefel durch Losen in Schwefel- kohlenstoff bestimmt, wozu der abgeschiedene Schwefel vorher durch

F. FOERSTER u. -4. HORNIG, 2. anorg. u. allg. Chem. 125 (1922), 86.

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F. Foerster t u. Gg. Stiihmer. XI. iiber den katalytischen EinfluB usw. 13

Erhitzen in einem Bad von verdunnter Schwefelsaure auf 112O in die losliche Modifikation umgewandelt werden muBte. Der Schwefel lost sich d a m leicht in CS, und kann durch Gewichtsdifferenz der Fritte bestimmt werden. Die Analyse ergab folgende Werte:

Reaktionsprodukt SO, X2O3'' S,O," freier S 39,70/, ll,SO/O 13,0'J/0 38,50/,,

Der Versuch zeigt in klarer Weise, daf3 der Zerfall der Thio- schwefelsaure nach der bekannten Gleichung (9) erfolgt. Die schweflige Same und der freie Schwefel befinden sich in gleichen Mengen im Reaktionsprodukt, und nur ein geringer Teil ist in Pentathionat ubergegangen. Im Vergleich mit den Versuchen der Fig. 4 zeigt sich, daf3 dort die Reaktion (9) stark verhindert wid, und daB Thiosulfat im Komplex vie1 bestandiger ist. Dort sind nach 3 Stunden noch fast SO% S,O," unverandert, wahrend hier nur noch 12% ubrig geblieben sind.

Die Zersetzung in schwefligsaurer Losung

Da die Wasserstoffionen die Zersetzung des Komplexsalzes stark beeinflussen, wurde der Zerfall mit einer schwacheren Saure, mit schwefliger Siiure untersucht, die auBerdem den Vorteil hat, als einzige Mineralsaure aus Thiosulfatlosungen keinen Schwefel abzuscheiden. Ferner konnte die Konzentration der schwefligen Saure so gewahlt verden, daB die Arsentrisulfidbildung, also Reaktion (16) und (17) unterbleibt. Somit war der Weg gegeben, um erhohte Polythionat- bildung beim Zerfall des Arsenothiosulfats zu erzielen. Lost man die einer l/m rn-Losung entsprechende Menge K,As(S,O,), in einer 0,l m- SO,-Losung, so tritt selbst nach mehreren Stunden keine sichtbare Trubung der Reaktionsflussigkeit ein. Bleibt man mit der Konzen- tration der schwefligen Saure unter dieser Grenze, so scheidet sich nach und nach ein gelber Niedersehlag ab. Der klar gebliebenen Losung wurden dann nach verschiedenen Zeiten Proben unter Druck entnommen und analysiert. Nach der Zugabe der SO,-Losung zum festen Komplexsalz macht sich eine Gelbfarbung bemerkbar, die auf der VorubergehendenBildung des komplexen Ions[S,O,(SO,)]" beruhtl), aber infolge der geringen S,O,"-Konzentration bald wieder verschwindet. Die Analysen zeigen die Resultate der Fig. 5. Es wurde kein Tri- thionat, Sulfat, Arsentrisulfid oder Schwefel gefunden.

1) F. FOERSTER u. R. VOUEL, Z. anorg. u. allg. Chem. 166 (1926), 161.

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14 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeine Chemie. Band 206. 1932

Wie oben schon erw-iiihnt wurde, ist gerade 1 Mol SO, notig, um beim Zerfall eines Drittel Mols K,As(S,O,),, entsprechend 1 Mol S20,1 die Arsentrisulfidbildung zu verhindern. FOERSTER und VOGEL~) haben die Einwirkung von 1 Mol schwefliger S&ure auf 1 Mol Thiosulfat in 0,5 m-Losungen untersucht und hierbei festgestellt, dalj lange Zeit die Schwefelabscheidung unterbleibt und dafur Polythionatbildung

eintritt. In einer Losung, die anfangs ebenfalls 33,3% S0,S und 6S,S0/o S,O,”-S enthielt, wurden nach Gstundiger Einwir- kung bei 30° noch 30,6O/,

und dafur 18,5O/, Poly- I 3 Stunden 6 thionatschwefel gefunden.

len mit den Werten der Fig. 5, so findet man wiederum die stark beschleunigte Polythionat- bildung bei der Zersetzung des Arsenothiosullats. FOERSTER und VOGEL konnten damals aus Mange1 an geeigneten Analysenmethoden die einzelnen Polythionate nicht naher identifizieren, erkannten aber aus vergleichenden qualitativen Beobachtungen, daB Tetrathionat vor- herrscht, dessen Eilclung uber das Pentathionat angenommen wurde. Die Fig. 5 zeigt, dafi die Untersuchungen unter gleichen Molverhaltnissen allerdings in der geringeren Konzentration von 0,1 m-Losungen vor- genommen wurden. Nach 6 Stunden ist fast alles Thiosulfat in Poly- thionat ubergefuhrt und ebenfalls grofitenteils als Tetrathionat vor- handen, dessen Entstehung aus Pentathionat durch den Verlauf der Zersetzung einwandfrei bewiesen ist.

Beim Zerfall in reiner waljriger oder salzsaurer Losung wurde gemeinsam mit der Sulfidabscheidung auch die Bildung von schwef- liger SBure beobachtet. Die Zugabe von 1 Mol SOz verhindert aber Arsentrisulfidabscheidung und auljerdem die Entstehung von schwef- liger Saure, denn trotz des Zerfalls des Thiosulfats tritt keine Erhohung des SO,-S ein. Wie oben dargelegt wurde, liegen der Bildung der schwefligen Skure und des Schwefelwasserstoffs die Reaktionen (1 5) und (16) zugrunde, die wiederum ihre Ursache in der Sulfoxylsaure finden. Diese kann also unter den hier gegebenen Umstanden nicht nach Gleichung (15) aerfallen, da dieses Gleichgewicht durch die vor-

SO2-S und 50,S0/, S,03’’-S

Fig- 5. Die ZersetZUng F-on KsAs(S2O& YergIeicht man diese Z&- in schwefligsaurer Losung bei 260

l) F. FOERSTER u. R. VOQEL, 1. c.

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F. Foerster t u. Gg. Sti&mer. XI. ober den katalytischen E iduB usw. 15

handene schweflige Saure ganz nach links verschoben wird. Die Sulf- oxylsaure zerfallt d a m vermutlich in ihre Komponenten

H,SO, SO + H,O und beteiligt sich so in erhohtem MaBe an der Polythionatbildung.

Um einen groBeren Gehalt an hoheren Polythionaten zu erzielen, wwde die Aciditat nicht nur durch schweflige Saure, sondern auch durch Salzsaure erhoht. Um auoh bier eine Abscheidung yon As,S, zu vermeiden, muBte die Zersetzung in einer an SO, 0,13 molaren 1 n- Salzsaure durchgefiihrt werden.

Eine nach 3 Stunden ausgefiihrte Analyse ergab folgende Werte in Millimolen pro Liter:

1 Vorgelegt 1 Nach 3 Stunden 1 O/,, bezogen a d S,O,"'-S ___ ~ -~ __ .- ~

131,6 127,31) -

I 26,O 67,O 97,O 1 34,2 353 -

Hier macht sich deutlich der das Thiosulfat stabilisierende EinfluB der arsenigen und schwefligen Saure bemerkbar, die beide unter Kom- plexbildung wirken. Die Zersetzung des Thiosulfats ist ausschliefilich in Richtung des Pentathionats verlaufen. Da selbst nach 3 Stunden noch 35O/, Thiosulfat unzersetet waren, wurde der zeitliche Abfall des S,O,"-S allein verfolgt :

Versuchsdauer. 1 3h 1 6b 1 gh I 12h 1 15' 1 27b

o/o S,O,"'-S . . 13fl 9,4 1 4,O I 2,2 1 1 5 -1 1,5 _ ~ _ _ _ . _ _ _ ~

Wie folgende Gesamtanalyse nach 24 Stunden Zersetzung zeigt, bildet sich durch Umsetzung des Pentathionats mit der schwef- ligen Siiure nach (6) immer etwas Thiosulfat zuruck, so daIS der Gehalt an S,O," nie vollig verschwindet. Die Analyse ergab folgende Werte:

S,O,"-S : 1 ,so/,,, S,O,"-S : 2,3%, S,O,"-S 94,3°/0.

Dieser Versuch zeigt, daB unter diesen Bedingungen das Arsenthio- sulfat fast quantitativ in Pentathionat ubergefiihrt werden kann. Nur ein geringer Teil dieses Polythionats mird von der grol3en Menge schwefliger Saure in sebundker Reaktion abgebaut.

l) Dieser schon im Blindversuch gefundene Verlust an S0,S wurde durch das Abmesaen der HCl-SO,-Losung verursacht, die eine sehr starke Tension von SO, hat.

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16 Zeitschrift fiir anorganische und allgemeke Chemie. Band 206. 1932

Bei der Einwirkung von Natriumsulfit auf das Komplexsalz wurde keinerlei Zersetzung feslgestellt, da das Arsenothiosulfat in alkalischer Losung bestandig ist.

Die zeitliche Verfolgung des Raschigversuches

Um die bisher ausgefiihrten Versuche mit der Darstellung des Pentathionats nach RASCHIG in Verbindung zu bringen, wurde diese im folgenden als ,,Raschigversuch" bezeichnete Reaktion in ihrem zeitlichen Verlauf verfolgt.

ZU 90 em3 4 n-S,Ojf-Losung (62 g kristallisiertes Natriumthiosulfat pro 1000) werden 5 em3 Arsenitlosung und 5 (31113 konzentrierte HCI zugefugt, so daB das Volumen der Flussigkeit genau 100 em3 betragt.l) Zur Herstellung der Arsenitlosung werden 6,7 g As,O, durch Erwarmen in l o g konzentrierter NaOH gelost und auf 1000 aufgefiillt. Auf Grund der Titration mittels Jodlosung enthalten 100 (31113 Losung 22,4 Millimole S20j' und 0,155 Millimole As,O,. Naoh Zugabe der SalzsBure zu dem Arsenit-Thiosulfatgemisch trubt sich die Fliissig- keit nach etwa 5 Minuten und es 1aBt sich Pentathionat mittels Natronlauge in grol3en Mengen nachweisen.

Die nach obigem Ansatz hergestellte Mischung wurde analog den friiheren Versuchen verschiedene Zeit lang im Thermostaten auf 25O gehalten. Um kolloidale Losungen zu vermeiden, wurden vor dem Filtrieren einige Tropfen einer 1 */,igen LaCl,-Losung hinzugegeben. Bei der Berechnung des Tetrathionatgehalts zeigt es sioh, da13 die Werte des Sulfitverfahrens zu hoch liegen. Wie KURTENACKER in einer Arbeit ,,Uber hohere Polythionate"2) dargelegt hat, entsteht bei der katalytischen Zersetzung des Thiosulfats auch Hexathionat, das sich in der Analysenmethode nach dem Sulfitverf ahren bemerlrbar macht . Mittels der Cyanid- und Sulfitmethode laSt sich der mittlere Schwefel- gehalt n der vorhandenen Polythionate berechnen. Es fanden sich folgende Zerfallsprodukte in Prozenten bez. auf 448 Milliatome S und 3,l Milliatome As im Liter (vgl. Tabelle 3.)

Die gefundenenPolythionate bestehen somit groBtenteils aus S50i ' , neben geringen Mengen SeOe", das rasch weiter zerfbllt, so da13 nach etwa 9 Stunden sich nur noch reines Pentathionat in cler Losung befindet .

1) Diem Konzentrationen entsprechen einem Vorlesungsversuch von

a) A. KURTENACKER u. A. CZERNOTZHY, Z. anorg. u. allg. Chem. 174 F. FOERSTER zur Demonstration dieser Katalyse.

(1928), 179.

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F. Foerster t 11. Gg. Stuhmer. XI. Ober den katalytischen Einflul3 usw. 17

O j 0 SnO,"'-S . . 1 w . . . . . . . 5,09

92,4

O l 0 S,O,"-s . . a/o so,-s . . -

o/o freier 6 . .

Tabelle 3

93,O ' 93.4 5,11 5,lO 1.6 0.9 3: 1 3,0 0,s 094 0,4 0,6

32 39 67 58

3h 1 6h -

94,4 I 94,o 5,lO 1 5,07 0,9 0,4 2,9 2.7 0.4 0.4

5s 58

= 12h

93,5 4,99 03.1 2.5 094 2,2

39 58

In dieser 'Iabelle ist die Tatsache auffallentl, daB schon nacli kiirzester Zeit, nach weniger als 15 Minuten goo/,, des Thiosulfats in hijhere Polythionate ubergegangen sind. Das Arsentrisulfid bleibt bald anf einem konstanten Wert.. Der eigentliche katalytische Vor- gang ist also schon nach 30 Minuten fast beendet, denn im spateren Verlauf wirkt hochstens die schweflige Siiure etwas auf die Poly- thionate ein, andert aber kaum das allgemeine Bild. Der geringe steigende Gehalt an freiem Schmefel ist vermutlich auf zerfallendes Hexathionat zuruckzufuhren.

'CTergleicht man hierbei den Zerfall des Arsenthiosulfats, so findet man, daB die Polythionatbildung vie1 trager verlauft. Die groBere Reaktionsgeschwindigkeit im Raschigversuch liiat sich folgendermaaen erkliiren. Durch die hohere Wasserstoffionenkonsentration eerfBllt das komplexe Ion zum Teil nach folgender Gleichung:

Das intermediar gebildete Schwefeloxgd reagiert in bekannter Weise unter Pentathionatbildung :

Diese Reaktion verlauft aufierordentlich rasch, da im Raschigversuch eine bohe Konzentration an Thiosulfat bzw. HS,O,' vorhanden ist, wodurch SO schnell wieder verbraucht und somit das Gleichgewicht (18) stark rechtsseitig verschoben wird. Die Beschleunigung der ganzen Reaktion beruht also vermutlich auf der hohen Konzentration an Thiosulfat neben geringen Mengen an arseniger Saure. Im folgenden wurde noch der Zerfall des Arsenothiosulfats mit wechselnden Xengen zugesetxtem Thiosulfat untersucht.

Die Zenstzung von wechselnden Mengen Thiosulfat unter Zusatz yon K3As(S,0,), als Katalysator

Zunachst wird der Zerfall des Komplexsalzes in einer Losung verfolgt, die betreffs ihres Arsengehalts dem Raschigversuch ent-

A s ( S ~ O ~ ) ~ " ' + 3H' 22 As(OH), + 6 SO. (18)

SO + 2HSZO3' -+- SSO6/' + HZO.

Z. anorp. u. allg. Chem. Bd. 200. 2

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18 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 206. 1932

spricht, wozu eine l/300m-Losung von K,As( S,O,), mit 3,3 Milliatomen Arsen im Liter notwendig ist. 250 em3 einer Losung von 0,44 g Kom- plexsalz in 1 n-HC1 werden nach verschiedenen Zeiten wie ublich ana- lysiert. Da die Losung insgesamt nur 20 Millimole Schwefel im Liter enthielt, muBten zu den Einaelbestimmungen groBere Volumina ver- wendet werden, wodurch bei diesen starken Verdunnungen die Poly- thionatbestimmungen weniger befriedigend ausfielen und deshalb nicht angegeben wurden. Xur Beurteilung der Reaktionsgeschwindig- keit geniigt die Kenntnis des jeweiligen GehaIts an Thiosulfat, das aber mit hinreichender Genauigkeit bestimmt werden konnte.

Tabelle 4 Resultate in Prozenten des angewandten Sehwefels

-_______.__ ~

1 12h I--- lo-l- 13 o j o S0,S

~ f 0 A a , S , - S . . . . . . 3 5 1 6 1 6 O j 0 freier S 1 2 1 2,5 2,5

I 3h I_ ?-__-.-- Versuchsdauer I _ _ 1”

. . . . . . 0 , o S,O,”-s. . . . . . 43 16 ! l; ! l;

. . . . . .

An Polythionaten liegt Pentathionat vor. Vergleicht man diese Zahlen rnit den Werten der Fig. 2, so findet man annahernd die gleiche S,O,” - Abnahme.

Um bei hoherem Thiosulfatgehalt eine Zersetzung durchzufuhreii, wurde eine Losung untersucht, deren Gehalt an arseniger Saure in Form von K3As(S,0J3 dem Raschigversuch und dessen SaOs”-Konzen- tration in Gestalt von Kaliumthiosulfat einer m-Komplexsalz- losung entspricht. Fur 100 em3 Reaktionslosung werden also 0,1816 g 97%iges Komplexsalz (- 1/300 m-Losung) in 1 n-HCl gelost und unter gutem Ruhren rasch 1,95 g K,S,O,.l1/,H2O (It. Analyse 51,S0/0 Sz03“) hinzugegeben. Nach 10 Minuten beginnt die sichtbare Abscheidung von Arsentrisulfid und Sohwefel. Es hatten sich zum Teil wieder Polythionate mit mehr als 5 Atomen Schwefel gebildet, weswegen der mittlere Schwefelgehalt nach KURTENACKER~) bestimmt wurde (vgl. Tabelle 5, S. 19).

Diese Versuohe beweisen, daB die Uberfiihrung in Pentathionat in Gegenwart iiberschussigen Thiosulfats bedeutend rascher verliiuft. Schon nach 30 Minuten sind 95O/, Thiosulfat verschwunden und dafur S5°/0 Pentathionat neben wenig Hexathionat entstanden.

In einer letzten Versuchsreihe wurde die dem Raschigversuch ent- sprechende Konaentration gewahlt, nur daS an Stelle des Natrium-

I) A. KURTENACKER, 1. c.

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F. Foerster t u. Gg. Stiihmer. XI. Uber den katalytischen EinfluS usw. 19

Tabelle 5 Katalysatormenge : 3,3 Milliatome As -k 20 Milliatome S,O,"-S Thiosulfatmenge :

Mol K,As(S,O,),:

19,5 g H,S,O,. 11/2 H,O: f ~ 180 Milliatome - 2 S 0 2 "-'3 ._L 200 Milliatome S/ 1000 em3

vers.rl[ -Oz-- iTrT--[- i - 1.- i- ~ o / ~ 1 o / ~ , 01" As,&-S i freier S As2Ss-As As,0J--4s

~ ._ ~

Dauer S0,S S,O, -S S,O,"-SI ___ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ _ ~ ~ ~ - 73 ii 1 68

3" I 4,5 0,5 , 91,5 I 5,15 1,l I "0: 42 60

30' 6,4 85,9 5,19 1 0,5 1 0,3 ' l h I 4,3 474 1 2,9 88,8 5,16 0,9

arsenits Kaliumarsenothiosiilfat angewandt wurde. In 100 em3 1 n-HCI werden also 0,1816 g Komplexsalz uncl 4,624 g Kaliumthio- sulfat gelost. Die Mischung enthaJt pro 100 cm3

} Kaliurnarsenothiosulfat 0,33 Milliat,ome As 0,1123 g S,O," als . - .

2,3965 g S,O," a.ls Kaliumthiosulfat 2,5088 g SaO;'- 44,s Nilliatome S

________

Schon sofort nach Zugabe des Thiosulfats tritt Trubung ein. Die hnalyse ergrtb folgende Werte:

Tabelle 6

30' 1 3 , l 1,6 I 90.0 1 5,16 1 0,5 0,2 ~ 42 1 60 l h 3,l 0.7 1 91,3 5.15 ' 0,5 0,5 45,5 , 54,5 3h 3 , l 0g 1 91.1 5,17 0,5 0,7 45,5 ~ 54,5

Vergleicht man die Werte dieser Tabelle mit den Ergebnissen des Raschigversuches in Tabelle 3, so findet man fast vollige tfbereinstim mung. Die Reaktionsbeschleunigung durch erhohten Thiosulfatzusatz ist a m den Tabellen 4, 5 und 6 klar ersichtlich.

Die Kinetik der katalytischen Zersetzung des Thiosulfates

Es gibt eine Reihe von Erscheinungen, die darauf hinweisen, daB unter Komplexbildung eine Reaktionsbeschleunigung nach einer be- stimmtenRichtung eintreten kann. Iron F. F o E R s T m und E. G R U N E R ~ ) ist die autokatdytische Beschleunigung der Zersetzung der schwefligen Saure niiher verfolgt worden, wobei gefunden wurde, daf3 auch Jodion

I ) I?. FOERSTER u. E. GRUNER, Z. anorg. u. allg. Chem. 203 (1932), 246. 2*

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20 Zeitschrift fth anorganische und allgemeine Chemie. Band 206. 1932

stark beschleunigenden EinfluB hat und daB vermutlich das Komplex [ J(SO,),]’ hierbei eine bedeutende Rolle spielt. Als katalytisch wirkender Bestandteil beim Zerfall der schwefligen Saure wurde von F. FOERSTER, LANGE, DROSRBACH and ~ E I D E L ~ ) auch das S,O,“ ge- funden, wobei eine Komplexbildung nach F. FOERSTER und VOGEL~) in Form von [ ( S 2 0 3 ) (SOz)]” eintritt.

Es lag nahe, im Raschigversuch den Zerfall des Thiosulfats auch auf Komplexbildung zuriickzufiihren. Unter ahnlichen Bedingungen, wie diese Katalyse ausgefuhrt wird, 18Bt sich das Komplexsalz I(,As(S,O,), darstellen. Bei der Zersetzung dieses Salzes wurden die gleichen Produkte erhalten wie im Raschigversuch.

Die Kinetik der Zersetzung lafit sich auf Grund der vorliegenden Versuche folgendermaBen deuten. Beim Zusammenbringen von arseniger Saure und Thiosulfat in saurer Losung entsteht sofort das komplexe Ion As(S,O,)~”, wodurch der normale Zerfall der Thio- schwefelsaure in schwefliger SIure und Schwefel vermieden wird. Das Arsenothiosulfat zersetzt sich weiter unter Bildung von Pentathionat. Durch uberschussiges Thiosulfat ist die Moglichkeit gegeben, erneut zum Komplex zusammenzutreten und sich wiederum zu zersetzen. Durch die hohe S,O,”-Konaentration wird ein beschleunigter Zerfall des Koinplexions bewirkt, so daB die Gesamtreaktion in auBerordent- lich kurzer Zeit verliiuft.

KURTENACKER und seine Mitarbeiter3) haben gefunden, dal3 das Optimum an Polythionatausbeute an eine gewisse Arsenitkonzentration gebunden ist. Eine zu groBe Menge Arsenit vermindert den Gehalt an Polythionsauren. Diese Erscheinung liiSt sich mittels der Komplex- bildung gut erklaren, denn es werden bei Gegenwart von viel As“‘ groBere Mengen SzOi‘ zum komplexen Arsenothiosnlfat zusammen- tret,en, so daB eine Hemmung der Reaktion herbeigefiihrt wird. Durch die vermehrte Bildung des Komplexsalzes werden auch dessen Zer- setzungsprodukte erhoht, so daB viel schweflige Saure wad Arsen- trisulfid neben den Polythionaten auftreten. Da aul3er Arsen auch Antimon in ahnlicher Weise wirken, und v. S Z I L ~ G Y I ~ ) auch ein Kom- plexsalz von der Form K3Sb(S,03), beschreibt, besteht die Moglich-

l) F. FOEX.STER, LANCE, DROSSBACH u. SEIDEL, 2. anorg. u. allg. Chem.

2) F. FOERSTER u. R. VOGEL, 1. c. n, A. KURTEXACKER u. A. CZERNOTZKY, 1. c . “) v. SZILAGYI, Z. amrg. u. allg. Chem. 113 (1920), 69.

128 (I923), 280.

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F. Foerster f u. Gg. Stiihmer. XI. Cber den ketelytischen EinfluB usw. 21

kcit, daB Antimon ebenfalls in Gestalt dieses Iiomplexes an der Realr- tion teilnimmt..

RASCHIG~) und KURTENAOKER uiid MATEJKA~) haben Methoden ausgearbeitet, um durch Zersetzung des Thiosulfats mittels schwefliger Saure Tetra- und Trithionat darzustellen, wobei ebenfalls arsenige Sauro als Katalysator hnwendung findet. Auch hierfiir kann As( S203)if’ ale der katalytisoh wirkende Bestandteil angcsehen werden, da das Komplexsalz nach folgender Versuchsanordnung such aus schweflig- saurer Losung hergestellt werden kann. 5 g Arsenik werden untw Kochen in 200 em3 Wasser gelost und unter Eiskuhlung mit SO, ge- sattigt. Gibt man hicrzu eine ebenfalls stark gekuhltc Losung von 32,5 g Kaliumthiosulfat in 50 em3 Wasser unter raschern Ruhren, SO

erstarrt bald die ganze Flussigkeit zu einem dicken Kristallbrei von K,As(S,O,), . Das Komplexsalz entsteht also nach folgender Ionen- gleichung aus saurer Losung :

wobei es gleichgultig ist, ob die Darstellung in salzsaurer oder schweflig- saurer Losung geschieht. D i e m Salz zersetzt sich in schwefligsaurer Losung nach der aus Fig. 5 ersichtlichen Weise, wobei durch die grol3e HSQ,’-Konzentration nur die niederen Polythionate erhalten werden konnen, die sich aber uber das Pentathionat hinwcg gebildet haben. Gibt man wie RASCHIG auaerdem noch Bisulfit hinzu, so erhiilt man riatiirlich ausschlieBlich Trithionat.

3 6 2 3 0 I ’ + AS”’ z? Bs(S2O3)31”,

Zusammenfassung

1 . Znr Erlrlarung der katalytischen Zersetzung des Thiosulfats in Gegenwart von arseniger Sliure wird das komplexe Ion As( 5203)3”’ auf Grund seiner Bildung und seines Zerfalls als Zvischenprodukt an- genommen. Es entsteht folgendermaBen aus saurer Losung :

2. An Bersetzungsprodukten ciner maI3rigen und salzsauren Losung von K,As( S,03), merden wesentlich anderc Produkte, als in cicr Literatur angcgeben sind, gefunden. Um den storenden EinfluB der SrsensGure Ltuf die Polgthionatanalysen zu beseitigen, wird die Adsorption der arsenigen Saure mittels Fcrrihydroxyd angewendet .

3. Rcim Losen des Arsenothiosulfats in Wssser tritt folgende, sofortige Hydrolyse cin, die aoidimctrisch bewiesen werden konnt e.

3 S , 0 i f $- AS”’ 4 - * AS(S~O,),~”. (1)

K,As(S,O& + 3HZO 2x2 As(OH), i- 3K’ -k 3HS20;. (‘2) l) E. RASCHIG, Schwefel- mid Stickstoffstudien (1924), 296. 2, A. KWTENACHER u. K. MATEJHA, Z . anorg. 11. allg. Chem. 193 (1930), 367.

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23 Zeitwhrift fiir anorgankche und allgemeine Chemie. Band 206. 1032

4. Auf Grund der Zersetzungsprodukte la& sich folgendes weiteres Reaktionsschema aufstellen :

2HS20,’ = S20,” + SO + H,SO,. (3) Das als primares Polythiona,t gebildete Pentathionat entsteht nach der Gleichung

Die auftretende schweflige Saure und das Arsentrisulfid kann man sich uber die Sulfoxylshure hinweg entstanden denken :

SO + 2HSz03/ -+ S506)’ + H20. (4)

3H&O2 7-t H,S03 + HzSzO, + HZO , HZS2O2 + H20 f- H2S03 -: H2S,

3H,S + 2As(OH), -+ A s ~ S ~ -k 3H2O

(5)

(6 )

(7) 5. In Losungen geringer AciditBt wird durch die anwesende

schweflige Saure das Pentathionat zu Tetra- und Trithionat abgebaut . GroBere Wasserstoffionenkonzentration bewirkt eine Hemmung dcr Zersetzung, weil dadurch eine Erhohung der As”’-Ionen nach

H’ + HASO; f- As(0Ht3 f- As“’ + 30H (8) eintritt und somit die Bildung des Komplexions nach (1) begunstigt wird.

6. Eine Temperaturerhohung bedingt in der salzsauren Liisung eine Zunahme des Pentathionats und in der waBrigen Losung eine ver- mehrte Bildung von Tetrathionat, das nur uber das Pentathionat ent- standen sein kann. Durch Vergleich der Zersetzung einer salzsauren Thiosulfatlosung bei Oo mit der einer Arsenothiosulfatlosung gleicher Konzentration erkennt ma-n die starke Ablenkung des sonst ein- tretenden Zerfalls in schweflige Saure und freien Schwefel zugunsten der Polythionate.

7. Durch Zugabe von 1 Mol SO, zu 1 Mol Komplexsah--SzO,” wird die Arsentrisulfidbildung verhindert, da hierdurch die Zersetzung der Sulfoxylsiiure im Gleichgewicht ( 5 ) durch linksseitige Verschiebung vermieden wird und sich die Sulfoxylslure dann in erhohtem MaBe an der Pentathionatbildung beteiligt. Dadurch ld3t sich eine groBere Ausbeute an Polythionaten erzielen, deren Schwefelgehalt mit der Aciditiit der Losung steigt.

8. Die Untersuchung des Raschigversuchs zeigt die gleichen Zer- setzungsprodukte wie beim Zerfall des Arsenothiosulfats in salzsaurer Losung. Die zeitliche Verfolgung dieser katalytischen Reaktion l&Bt

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F. Foerster t u. Gg. Stuhmer. XI. Uber den katdytisohen EinfluD usw. 23

eine groJ3ere Geschwindigkeit erkennen, dessen Ursache in der hoheren HS,O,'-Konzentration gefunden wird. Dadurch wird Reaktion (4) und durch die rasche SO-Umsetzung auch (5) stark besohleunigt. Durch Zugabe steigender Mengen Thiosulfats zu einer geringen Menge X,As(S,O,), als Katalysator laBt sich die Abhangigkeit der Reaktions- geschwindigkeit von der Thiosulfatkonzentration beweisen.

9. Auf Grund der dargelegten Versuche wird eine Theorie fur die katalytische Zerset,zung des Thiosulfats aufgestellt. Es 1aBt sich damit die Pentathionatbildung durch salzsaure, und die Tetra- und Tri- thionatbildung durch schwefligsaure Zersetzung des Thiosulfats in Gegenwart von arseniger SBure erkllren.

Dresden, -4norganisck-chemisches Laboratorium der Tech- nischen Hochschzcle.

Bei der Redaktion eingegangen am 24. Micrz 1932.