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Laboratorio da Produgs Mineral, Ministerio da Agricultura, Rio de Janeiro, Brasilien Beitrkige zur organischen Tiipfelanalyse* Von F. Feigl, J. R. Amaral und V. Gentil (Eingegangen am 12. Juni 1957) In einer Reihe yon Ver6ffentlichungen wurde darauf hingewiesen, dab Effahrungen und Betrachtungsweisen der Chemie der spezifischen, selektiven und empfindlichen Reaktionen bei der Suche nach neuen, in der organischen Tfipfelanalyse verwendbaren Nachweisen yon grogem Nutzen sind. Hierfiir werden im nachfolgenden weitere Beispiele vor- gelegt. I. Nachweis yon Harnsto[/ Die zur gasvolumetrischen Bestimmung yon Harnstoff viel ver- wendete Redoxreaktion mit Hypochlorit entspricht folgender Formu- lierung : CO(NIt2) 2 + 3 NaC10 --~ 3 NaC1 + CO 2 + 2 H20 + N 2. (1) Indessen ist (1) nut als Bruttogteichung giiltig, zu der man dutch Addition der Teilreaktionen (2) und (3) gelangt: CO(NH2) 2 + NaC10 --, NaCI + CO 2 + NH2NH 2, (2) NH2NH 2 + 2 NaC10 --, 2 NaC1 + 2 H20 + N~. (3) Schestakow 1 hat den eindeutigen experimentellen Beweis f/Jr die intermedi~re Bildung yon Hydrazin dutch die Feststellung erbracht, dab bei Einwirkung yon Hypochlorit auf Harnstoff in Gegenwart yon SalicylMdehyd eine Abscheidung yon SMicylaldazin gem~B OH OH /\/ /\/ ~o\/\ 2, ' \.- \; CItO C C H H * Herrn Prof. Dr. F. Wessely zum 60. Geburtstag gewidmet.

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Page 1: Beiträge zur organischen Tüpfelanalyse

Laboratorio da Produgs Mineral, Ministerio da Agricultura, Rio de Janeiro, Brasilien

Beitrkige zur organischen Tiipfelanalyse* Von

F. Feigl, J. R. Amaral und V. Gentil

(Eingegangen am 12. Juni 1957)

In einer Reihe yon Ver6ffentlichungen wurde darauf hingewiesen, dab Effahrungen und Betrachtungsweisen der Chemie der spezifischen, selektiven und empfindlichen Reaktionen bei der Suche nach neuen, in der organischen Tfipfelanalyse verwendbaren Nachweisen yon grogem Nutzen sind. Hierfiir werden im nachfolgenden weitere Beispiele vor- gelegt.

I . Nachweis yon Harnsto[/

Die zur gasvolumetrischen Bestimmung yon Harnstoff viel ver- wendete Redoxreaktion mit Hypochlorit entspricht folgender Formu- lierung :

CO(NIt2) 2 + 3 NaC10 --~ 3 NaC1 + CO 2 + 2 H20 + N 2. (1)

Indessen ist (1) nut als Bruttogteichung giiltig, zu der man dutch Addition der Teilreaktionen (2) und (3) gelangt:

CO(NH2) 2 + NaC10 --, NaCI + CO 2 + NH2NH 2, (2)

NH2NH 2 + 2 NaC10 --, 2 NaC1 + 2 H20 + N~. (3)

Schestakow 1 hat den eindeutigen experimentellen Beweis f/Jr die intermedi~re Bildung yon Hydrazin dutch die Feststellung erbracht, dab bei Einwirkung yon Hypochlori t auf Harnstoff in Gegenwart yon SalicylMdehyd eine Abscheidung yon SMicylaldazin gem~B

OH OH / \ / / \ / ~ o \ / \ 2, ' \ . - \ ;

CItO C C H H

* Herrn Prof. Dr. F. Wessely zum 60. Geburtstag gewidmet.

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F, Feigl, J. R. Amaral und V. Gentih Organische TfipfelanMyse 727

erfolgt. Die Gleichung (2) fiir die prim~re Bildung von Hydrazin ist die Bruttogleichung* ffir den Hofmannschen Abbau des Harnstoffes, der als Diamid der Kohlens~ure diesem fiir Amide yon Carbons~uren charakteristischen Abbau ~ unterliegt.

Die zu farblosem Salicylaldazin fiihrende Kondensation dient einem spezifischen Nachweis yon I-Iydrazin in der Tiipfelanalyse ~. Neuerdings wurde gefunden ~, dal~ Salicylaldazin im UV-Licht intensiv gelb-grfin fluoresziert, was die sichere Erkennung minimaler Mengen dieser s~ure- resistenten Verbindung erleichtert. Es war deshalb naheliegend, die yon Schesta/cow erkannte Bildung von t tydrazin beim Hofmannschen Abbau des Harnstoffes mit der empfindlichen Fluoreszenzreaktion (4) zu kombinieren, um dadurch zu einem neuen Nachweis yon Harnstoff zu ge]angen, ttierfiir haben sich die nachstehenden Reaktionsbedingungen bew~hrt.

Arbeitsweise: In einer Mikroeprouvette wird ein Tropfen der ProbelSsung mit je einem Tropfen :NatriumhypochloritlSsung, alkoholischer Salicylaldehyd- 15sung und 20% iger ~atronlauge versetzt und im siedenden Wasserbad 3 Minuten erw~rmt. Nach Erkalten wird mit Eisessig anges~uert. Ein :Niederschlag oder eine Triibung, die im UV-Licht intensiv gelb-griin fluores- ziert, verweist auf die Anwesenheit yon Harnstoff. Es ist empfehlenswert, yon dem essigsauren Gemisch einen Tropfen auf Ffltrierpapier zu bringen und den Tiipfelfleck im UV-Licht zu betrachten. Auf diese Weise sind Spuren yon fluoreszierendem Salicylaldazin gut erkennbar.

Erfassungsgrenze: 0,5 #g Harnstoff. Reagenzien: 1. 0,5-n LSsung yon Natriumhypochlorit**. 2. LSsung von

5 Tropfen Salicylaldehyd in 100 ml Xthylalkohol.

Von Harnstoffderivaten zeigten Methylharnstoff und Acetylmethyl- harnstoff nach Behandlung mit t typochlorit usw. gleichfalls eine Ald~zin- f]uoreszenz. Keine Aldazinreaktion wurde festgestellt bei as-Diphenyl- harnstoff, m-Tolylharnstoff, Semicarbazid-Chlorhydrat, s-Di-m-Tolyl- harnstoff, Phenylharnstoff und Allylharnstoff.

I I . Nachweis und Unterscheidung von o- und p-Dinitrobenzol

Die drei isomeren Dinitrobenzole, die wichtige Ausgangsverbindungen ffir Farbstoffsynthesen sind, lassen sich bei Vorliegen rei.ner Pr~parate durch die Bestimmung der Schmelzpunkte sehr leicht und nach Kofler ~ auch in Mikromengen identifizieren. In Gemischen und bei Gegenwart anderer Verbindungen ffihrt diese physikalische Methode jedoch nicht zum Ziele. Da die Trennung der Isomeren sehr schwierig und bei kleinen Mengen geradezu aussichtslos ist, besteht ein Bedarf ffir die chemische Identifizierung oder zumindest ffir eine charakteristische Unterscheidung.

* Uber die zu (2) ffihrenden Teilreaktionen vgl. 1 ** Bereitung vgl. Organic l~eactions, Bd. 3. New York. 1949. S. 281.

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728 F. Feigl, J. R. Amaral und V. Gentil : [Mikrochim. Acta

Es wurde versucht, hierffir die seit langem bekannte, zu farbigen Produk- ten fiihrende l~eduktion der o- und p-Isomeren zu verwerten.

Meisenheimer ~ hat zuerst festgestellt, dab bei Einwirkung bestimmter anorganischer und organischer Reduktionsmittel auf Mkoholisch-MkMische L6sungen yon o- und p-Dinitrobenzol blauviolette bzw. orangerote wasserlSsliche Verbindungen entstehen. Nach Kuhn und Weygand 7

handelt es sich beim o-Dinitrobenzol (I) um die Bildung eines o-chinoiden AlkMisMzes (II).

J ~ [ - - N O 2 ~ - - N O K

: I l--N02 K

I I I

Wahrscheinhch wird p-Dinitrobenzol zu einer anMogen p-chinoiden Verbindung reduziert, w/ihrend bei m-Dinitrobenzol eine allf~llige I~e- duktion zu einer farb]osen Verbindung fiihrt.

Von Feigl und Voka~ s wurde festgestellt, dab die Farbreaktionen mit o- und p-Dinitrobenzol von organischen Verbindungen bewirkt werden, die in MkMischer L6sung Ms Wasserstoffdonatoren Iungieren, und dab sich darauf ein al]gemeiner Nachweis derartiger Verbindungen begriinden l~Bt. (Hierf/ir ist a]s Reagens o-Dinitrobenzol am besten geeignet.)

Es wurde gefunden, dab sich die drei isomeren Dinitrobenzole in sehr charakteristischer Weise unterscheiden, wenn die Einwirkung der l~eduktionsmittel (Ascorbinsiiure, Zucker, Polyphenole) bei be- s t immter AlkMit/~t und bei Zimmertemperatur erfolgt. Aus der nach- stehenden Tabelle sind die dabei auftretenden F/irbungen zu entnehmen.

Dinitrobenzol 0,05-n NaOH 2%ige NaOH ~IgCOa

o-Verbindung . . . m-Verbindung .. p-Verbindung . . .

blauviolett

rotorange

blauviolett

gelb rotorange

Wie diese Tabelle zeigt, erlauben die Farbreaktionen eine sichere Unterscheidung yon o- und p-Dinitrobenzol; sie erfolgen auch mit kleinen Substanzmengen und in verd. L6sungen, wenn als i~eduktionsmittel Phenylhydrazin verwendet wird.

Arbeitsweise (o-Dinitrobenzol): Auf ehmr T/ilofelplatte wird zu einem Tropfen der alkoholischen ProbelSsung je ein Tropfen 2~oiges w/~Briges Phenylhydrazinchlorid und ein Tropfen 2~oige Natronlauge zugesetzt und verriihrt. Je nach der Menge an o-Dinitrobenzol entsteht eine mehr oder weniger intensive Dlauviolettf~rbung.

Er]assungsgrenze: 0,2 ~g o-Dinitrobenzol.

Page 4: Beiträge zur organischen Tüpfelanalyse

1957/5] Beitr~ge zur organischen Tiipfelanalyse 729

Nach obiger Vorschrift waren bei Anstellung einer Vergleichsprobe 0,2 #g o-Dinitrobenzol in einem Tropfen einer gesgttigten alkoholischen LSsung yon p-Dinitrobenzol nachweisbar.

Arbeitsweise (p-Dinitrobenzol) : In die Vertiefung einer Tiipfelplatte werden 0,01 bis 0,02 g Magnesiumcarbonat gebracht und nacheinander (ohne zu verriihren) je ein Tropfen der alkoholischen ProbelSsung und ein Tropfen 2~oiges w/il~riges Phenylhydrazinchlorid zugesetzt. Die Mischung wird fiir 2 bis 5 Minuten in einem auf 110 bis 120 ~ geheizten Trockenschrank belassen. Je naeh der Menge p-Dinitrobenzol hinterbleibt ein mehr oder weniger orangefarbiger I~fickstand.

Er/assungsgrenze: 1 #g p-Dinitrobenzol. Diese Erfassungsgrenze gilt auch ffir den Nachweis yon p-Dinitrobenzol

in einer ges~ittigten alkoholischen LSsung von o-Dinitrobenzol.

I I I . Nachweis von Estern der salpetrigen Si~ure

Organische Verbindungen mit - - O - - N O - oder - -O--NO~-Gruppen verhalten sich zu L5sungen yon Diphenylamin oder NNqDiphenyl- benzidin in konz. Schwefels/iure wig salpetrige S~ure und Salpeters~ur% das heii~t, die beiden Basen werden zu blauen, chinoiden Verbindungen oxydiert. Diese aus der anorganischen Analyse lange bekannten, empfind- lichen Farbreaktionen werden in der organischen Tiipfelanalyse zum ~machweis yon Estern der salpetrigen und Salpeters/iure, sowie yon ~qitraten organischer Basen verwendetg; die M5glichkeit einer Unter- scheidung organischer Derivate der Salpeter- und salpetrigen S/iure ist bisher nicht beachtet worden. Infolge ihrer leichten Verseifbarkeit zeigen Alkylnitrite die Reaktionen der salpetrigen S~ure. Demgem/s entsteht bei Vereinigung mit dem Griel~schen t~eagens die bekannte Rotf~rbung, was einen einfachen und selektiven Nachweis der - - O - - N 0 - Gruppe in organischen Verbindungen gestattet, da Ester der Salpeters~ure und Nitrate organischer Basen diese Farbreaktion nicht zeigen. Der Nachweis kann in L5sung (Arbeitsweise I) oder mit niedrig siedenden Alkylnitriten aueh in der Gasphase (Az.beitsweise I I ) durchgeffihrt werden.

Arbeitsweise I: In eine Mikroeprouvettc wird ein Tropfen tier ProbelSsung gebracht, ein Tropfen Griei]-t~eagens zugesetzt und durch Eintauchen in siedendcs Wasser erw/~rmt. Je nach der 1V[enge Alkylnitrit entsteht eine mehr oder weniger intensive Rotf~rbung.

Er]assungsgrenze: 0,2/~g Amylnitrit. Arbeitsweise II: In eine Mikroeprouvette wird ein Tropfen der Probe-

16sung gebracht, auf das offene Ende ein Scheibchen mit Griel~-Reagens befeuchtetes Filterpapier gelegt und die Eprouvette in siedendes Wasser getaucht. Je nach der Menge fliichtigen Alkylnitrits entsteht auf dem Papier innerhalb 1 bis 3 Minuten ein roter oder rosa Fleck.

Er]assungsgrenze: 10/lg Amylnitrit. Reagens: Frisch bereitete Mischung gleicher Teile einer l~ LSsung

von Sulfanils/~ure in 30~oiger Essigs~ture lind einer 0,1~igen L6sung yon ~-Naphthylamin in 30~oiger Essigs~ture.

Page 5: Beiträge zur organischen Tüpfelanalyse

730 F. Feigl, J. 1%. Amaral und V. Gentil: [Mikroehim. Acta

IV . Unterscheidung von Salicylsiiure und Sul/osalicylsgure

Sofern reine Pr/~parate vorliegen, kSnnen Salicyls/~ure und Sulfo- salicyls~ure durch die Bestimmung der Schmelzpunkte (158 bzw. 224 ~ leicht voneinander unterschieden werden. 3/Iit Gemischen oder bei Gegenwart anderer organischer Verbindungen fiihrt, diese Methode nicht zurn Ziele, sondern erfordert die vorherige Trennung und Isolierung der S/~uren, was bei ungfinstigen Mischungsverh/~ltnissen nicht einfach ist, insbesondere dann, wenn nut kleine Materialmengen geprfift werden sollen. Zur chemischen Unterscheidung der beiden Phenolsi~uren sind in der Tfipfelanalyse zwei Verfahren beschrieben wordcn 1~ die indessen nicht voll befriedigen.

Ansgangspunkt ffir die Auffindung eines neuen Nachweises yon SulfosMieylsgure war die fiberrasehende Feststellung 11, dab bei troekenem Erhitzen eines Gemisehes yon Alkalinitrat mit nieht flfichtigen organisehen Verbindungen (bis zu deren beginnender Verkohlung) salpetrige S/~ure entsteh~, die in der Gasphase dureh die Farbreaktion nach Griefi empfind- lieh naehweisbar ist. Folgende Erkl~rung f/Jr diesen - - aueh bei kleinen Mengen organiseher Substanz eintretenden - - Effekt scheint plausibel: Beim trockenen Erhitzen yon AlkMinitraten mit organisehen Verbindun- gen erfolgt topoehemisehe Reduktion zu AlkMinitrit; zugleieh entsteht. bei der Pyrolyse organischer I-I- und O-haltiger Verbindungen Wasser, das an seinem Bildungsort Ms fiberhitzter Wasserdamlof wirksam sein kann. Dadureh kommt es zu einer weitgehenden ttydrolyse von Alkali- nitrit unter Verflfichtigung satpetriger S~ure*. Es ersehien durehaus m6glich, dab die pyrolytische Bildnng sMpetriger Sgure innerhMb ge- wisser Temperaturbereiehe fiir bestimmte organisehe Verbindungen oder darin enthaltene Atomgruppen charakteristiseh sein k6nnte. Bei dies- bezfiglichen Versuehen mit Milligrammengen versehiedenartiger organi- seher Verbindnngen wurde gefunden, dab SulfosMieyls~ture eine Ausnahme- stellung einnimmt, da sie bereits bei 100 ~ und nahezu momentan mit AlkMinitrat salpetrige S~ure bildet. Es handelt sieh hierbei nieht um einen pyrolytischen Vorgang, sondern darum, da6 Sulfosalicyls~ure aus Alkalinitrat zuni~ehst Salpeters~ture freimacht, die ihrerseits Sulfosalieyl- siiure, bzw. deren AlkalisMz, unter Bildung salpetriger Si~ure oxydativ zersetzt. Da Salicyls/~ure in Grammengen und bei langem Erwgrmen mit Alkalhlitrat auf 100 ~ keine sMpetrige Si~ure bildet, ersehien es aussichtsreieh, einen Nachweis yon Sulfosalieyls~ure aut deren VerhMten gegeniiber AlkMinitrat zu begrfinden.

* Die hier gegebene Erkl~rung steht im Einklang damit, dag Redox- reaktionen organiseher Verbindungen mit festen anorganisehen Oxydanzien sowie hydrolytisehe Aufspaltungen bekannt sind, die sonst nur bei Tem- peraturen weir fiber 100 ~ eintreten. Darauf beruhen empfindliche Naehweise der organischen Tfipfelanalyse 1~.

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1957/5] Beitr~tge zur organischen Tfipfelanalyse 731

Beim Erw~rmen (siedendes Wasserbad) von Sulfosalicyls~ure mit Kaliumnitrat in einer Mikroeprouvette, die mit einem Scheibchen mit GrieB-Reagens befeuchteten Filterpapiers bedeckt war, konnten durch die Bfldung eines roten Fleckes nur 200 #g Sulfosalicyls~ure nachgewiesen werden. Die Ursache fiir diese geringe Empfindlichkeit ist darin zu suchen, da~ die prim~re Bildung von Salpeters~ure und die anscblieBende Reduktion zu salpetriger S~ure a]s topochemische Reaktionen nur an Kontaktstel len der festen Reaktionspartner, demnach unvollst~ndig, erfolgen, und dal] bei 100 ~ Salpeters~ure verdampft . Es wurde deshalb auf die Anwendung des Grie~-Reagens verzichtet und an dessen Stelle Ms Reagens die yon Riehm 18 empfohlene farblose LSsung yon NN'-Di- phenylbenzidin in konz. Schwefels~ure verwendet, die bei Kontak t mit D~mpfen der Salpeters~ure und der salpetrigen S~ure eine blaue Farbe annimmt. Durch diese Ab~nderung wurde eine beffiedigende Empfind- lichkeit ffir den Nachweis yon Sulfosalicyls~ure erreicht.

Arbeitsweise: In die I-Ifllse des in der Tfipfelanalyse viel verwendeten Gasabsorptionsapparates werden einige cg trockenes, feingepulvertes Kalium- nitrat gebracht, ein Tropfen der alkoholischen oder ~therischen Probel5sung zugesetzt und nahezu zur Trockene verdampft. Der Knopf des Verschlu~- stfickes wird mit einer friseh bereiteten LSsung von 10 mg NN'-Diphenyl- benzidin in 50ml konz. Schwefels~ure befeuchtet und der geschlossene Apparat ffir 2 bis 3 Minuten in siedendes Wasser getaucht. Bei Anwesenheit yon Sulfosalieyls~ure nimmt der am Knopf h~ngende Tropfen eine blaue Farbe an. Durch Abstreifen des Tropfens auf eine Tfipfelplatte sind bei Vergleich mit einer Blindprobe auch geringffigige Blauf~rbungen gut er- kennbar.

Er]assungsgrenze: 3,5 #g Sulfosalieyls~ure.

Das Verfahren ermSglicht den Nachweis yon Sulfosalicyls~ure und deren sichere Unterscheidung yon Salicyls~ure. Es ist nicht anwendbar zum Nachweis von Sulfosalicyls~ure in Gegenwart starker und mittel- starker Carbons~uren, da diese aus Alkalinitrat gleichfalls Salpeters~ure ffeilegen (vgl. VI). In solchen F~llen kann die eingangs erw~hnte Bildung salpetriger S~ure bei Erw~rmen mit Alkalinitrat verwertet werden. Der darauf beruhende, allerdings weit weniger empfindliche Nachweis yon Sulfosalicyls~ure hat aber den Vorteil, durch organische S~uren nicht beeintr~chtigt zu werden.

V. Nachweis von Nitraten organischer Basen

Der Nachweis von ~ i t ra ten organischer B~sen hat an sich wenig praktische Bedeutung, dfirfte jedoch bei Reinheitsprfifungen von Salzen organischer Basen von Interesse sein. Das bisher hierfiir verwendete Veffahren besteht in der Anwendung der bekannten Farbreaktion von Nitraten mit der LSsung yon Diphenylamin oder NN'-Diphenylbenzidin

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732 F. Feigl, J. R. Amaral und V. Gentil: [Mikroehim. Aeta

in konz. Schwefels~ure. Hierbei ist zu beaehten, dab analog wie Nitrate auch SMze anderer oxydierender S/s (Chlorate, Bromate, Jodate, Chromate und Ferricyanide) unter Blaufiirbung reagieren.

I m Einklang mit den unter IV gemachten Angaben unterliegen Nitrate organiseher Basen bei ihrer Pyrolyse einer iimermolekularen Redoxreaktion unter Bildung fliichtiger salpetriger S~ture, die in der Gasphase durch das GrieB-Reagens empfindlieh nachweisbar ist. Aueh bei dieser Pyrolyse ist mit einer teilweisen Verlliichtigung yon SMpeter- s/iure zu rechnen. Es ist deshalb, wenn h6chste Emlofindlichkeit erreicht werden soll, empfehlenswert, pyrolytisch abgespaltene Salpetersiiure und sMpetrige S/~ure gemeinsam dureh die Blaufi~rbung einer LSsung yon NN'-Diphenylbenzidin naehzuweisen.

Arbeitsweise: Wie uater IV besehrieben, mit der Ab/inderung, dal3 in der Hiilse des Gasabsorptionsapparates eine winzige Menge der zu priifenden festen Substanz bzw. Troekenrfiekstand eines Tropfens ihrer L6suag dureh Erhitzen fiber einem Mikrofl~mmchen zum Verkohlen gebraeht wird.

Er/assungsgrenze: 2,5 #g Kaffeidin-Nitrat. Das Verfahren wurde /iberpr/ift an Nitraten yon Pyloearpin, m-Brom-

chinolin und Guanidin.

VI. Nachweis starker und mittdstarker Carbons~uren

Die bisher in der Tiipfelanalyse zur Prfifung auf saure Verbindungen beschriebenen Verfahren la beruhen auf Umsetzungen, die keine Unter- scheidung starker, mittelsVarker und schwacher S~uren erlauben, die jedoch mitunter yon Interesse ist. Es wurde gefunden, dM~ das unter IV beschriebene Verfahren (Unterscheidung yon Salieylsi~ure und Sulfo- sMicyls~ure) dazu verwendet werden kann, um das Vorliegen organiseher S~uren festzustellen, die aus Alkalinitrat bei 100 ~ Salpeters~ure freilegen. Hierzu sind, wie nachstehende Aufstellung zeigt, starke und mittelstarke S~uren bef~higt.

Die Arbeitsweise ist gleich der unter IV angegebenem Bei 2 Minuten langem Erwi~rmen yon zirka 20 mg S~ure mit iiberschiissigem Kalium- nitrat auf 100 ~ fiihren folgende S~uren zur Freisetzung yon Salpeters~ure :

Mono-, Di- und Trichloressigs~ure, Monobromessigs~ure, Oxals~ure, Malons~ure. Maleinsgure, Weinsgure, gitronensgure, Xpfels~ure, Mandelsgure, SulfosMicylsi~ure.

Page 8: Beiträge zur organischen Tüpfelanalyse

1957/5] Beitr/~ge zur organischen Tiipfelanalyse 733

Bei der gleichen Arbeitsweise zeigten folgende Sguren keine Frei- setzung yon S~lpetersEure:

Bernsteins~ure, Thioglykolsi~ure, Zimtsgure, Benzoesgure, p-Nitrobenzoesgure, SMicyls~ure, 3,5-Dinitrobenzoes~ure, Phthals~ure, G~llussi~ure, 01sgure.

Saure Verbindungen ohne Carbonsi~urecharakter, die beim Erw'~rmen mit Kaliumnitrat auf 100 ~ keine Verdampfung yon Salpetersgure be- wirken, sind: 1,4-Naphtholsulfos~ure, 2,6,8-Naphtholdisulfos~ure, Penta- chlorphenol, Pikrinsi~ure und Phenylarsins~ure.

Zusammenfassung

Es werden folgende neue N~chweise beschrieben:

1. Nachweis yon Harnstoff, beruhend auf dessen Hofmannschem Ab- bau mit Alkalihypochlorit zu Hydrazin, das mit Salicylaldehyd zu gelb- grfin fluoreszierendem Salicylaldazin kondensiert.

2. Nachwcis und Unterscheidung von o- und p-Dinitrobenzol, beruhend auf der p~-gbh~ngigen Reduktion mit Phenylhydrazin zu farbigen chinoiden Produkten.

3. ~qachweis yon Estern der salpetrigen Sgure, beruhend auf deren unmittelbar eintretender Farbreaktion mit dem Griel~schen Reagens.

4. Nachweis yon Sulfosulicyls~ure und deren Unterscheidung yon Salicyls~ure, beruhend auf der Bildung yon Salpeter- und salpetriger S~ure beim Erwi~rmen yon A]kalinitrat mit Sulfosalicylsgure auf 100 ~

5. Nachweis yon Nitr~ten orggnischer Basen, beruhend auf deren zu Sglpeters~urc und s~Ipetriger Siiure ftihrender Pyrolyse.

6. Nachweis starker und mittelstarker organischer S~uren, beruhend auf der Freilegung yon Salpeters~ure beim Erwgrmen mit Kaliumnitr~t auf 100 ~

S~mtliche Nachweise sind in dcr Arbeitsweise der Tiipfelanalyse ausfiihrbar und besitzen mikroanalytische Effassungsgrenzen.

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734 F, Feigl, J . R. Armal und V. Gentil: [Mikroehim. Aeta

Summary

The following new tests are described:

1. Detection of urea based on its I-Iofmann degradation with alkali hypoehlorite go hydrazine. The latter condenses with salicylaldehyde to yield yellow-green fluorescing salieylMdazine.

2. Detection and differentiation of o- and p-dinitrobenzene based on the p~-dependeng reduction with phenylhydrazine to yield colored quinoidal products.

3. Detection of esters of nitrous acid based on their direct reaction with the Griess reagent.

4. Detection of sulfosalieylie acid and its differentiation from salicylic acid based on the formation of nitric and nitrous esters by warming sulfo- sMicylie acid with alkali nitrate go 100 ~

5. Detection of nitrates of organic bases through their pyrolysis to yield nitrous and nitric acid.

6. Detection of strong and intermediate strong organic acids based on the release of nitric acid when warmed with potassium nitrate to 100 ~

All of these tests can be accomplished within the methodology of spot test analysis and have microanalytieM limits of identification.

R4sumd

Description des mdthodes &identification suivantes:

10 Identification de l'urde reposant sur la formation d'hydrazine par ddgradagion d'I-Iofmann rdsultant du traitemeng par un hypochlorite alealin. L'hydrazine eondensde sur l 'ald6hyde salieylique donne naissanee & la salieyl- aldazine qui prdsenge une fluorescence vert-jaune.

20 Identification eg diff6reneiation des o- et p-dinitrobenz6nes reposang sur la r6duction par la phdnylhydrazine en produits quinoniques eolords, en fonetion des valenrs du pi~.

30 Identification &esters de l 'aeide nitreux reposant sur lear rdaegion eolorde direete sur le r6aetif de Griess.

4 ~ Identification de l 'aeide sulfosalieyliquc et diff6reneiation de l 'aeide salieylique reposang sur la formation des aeides nitrique et nigreux par chauffage d'un nitrate alealin avee l 'acide suifosalieylique g 100 ~

50 Identification de nitrates de bases organiques reposang sur leur pyrolyse avee formation d'aeides nitrique et nigreux.

60 Identification d'aeides organiques forts et moyens reposant sur la mise en libertd d'acide nitrique par ehauffage avee le nitrate de potassium

100 ~

Toutes ces identifications peuveng 4tre effectuges par la technique &analyse g la touche; leurs limites de sensibilit6 song microanalytiques.

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