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167 Bemerkungen zur Deutung der Asymmetrie der Bewegungen der Schnellaufer Von H. SCHMIDT, Bonn (Eingegangen 1950 Dezember 2 I) Die das PhBnomen der Asymmetrie hervorrufende obere Grenze der Raumgeschwindigkeiten der Sterne der Sonnenumgebungkann nicht ohne weiteres als die Entweichgeschwindigkeit an der Stelle der Some angesehen werden. Sie kann vielmehr eine direkte Folge einer endlichen Ausdehnung oder eines endlichen Alters des galaktischen Systems sein. Bei allen an die GrbBe der Grenzgeschwindigkelt anknupfenden Untersuchungen mliBte dieses Beriicksichtigung f inden. Bekanntlich zeigen die Sterne, deren Raumgeschwindigkeiten gegenuber einer fiktiven, ruhenden Sonne, dem sogenannten lokalen Zentroid, den Betrag von etwa 63 km/sec uberschreiten, eine ausgepragte UngleichmPBigkeit in der Verteilung der Zielpunkte ihrer Bewegungen. Diese liegen fast ausnahmslos nahe der galaktischcn Ebene in dem Engenbereich zwischen 140O und 320'. OORT [I] hat seinerzeit zur Erklarung dieser Asymmetrie der Bewegungen die Annahrne gemacht, das Sternsystem sci stationar, und es gebe demzufolge in ihm eine obere Grenze der Geschwindigkeiten. Diese parabolische oder Entweichgeschwindigkeit VE wird der Summe der Umlaufsgeschwindigkeit der Sonnenumgebung um das galaktische Zentrum VR und der Geschwindigkeit d v = 63 km/sec, bei der die beobachtete Asymmetrie in den Bewegungen auftritt, gleichgesetzt. Es ist also Die-Annahme einer Entweichgeschwindigkcit VE laBt keine Umlaufsgeschwindigkeit ZU, die die des Zen- troids um mehr als 63 km/sec iibertrifft, wahrend kleinere Geschwindigkeiten ohne weiteres rnoglich sind. Die geringe GroBe von d v wird im wesentlichen auf eine nichtspharische Massenverteilung im Stern- system zuriickgefuhrt. Hinzu kommt nach FRICXE [z]. daB VR nicht von vornherein identisch mit der Kreisgeschwindigkeit VK an der Stelle der Sonne zu sein braucht. Allerdings besteht nach HAAs (31 Grund zu der Annahme, daB vR nicht wesentlich von VK verschieden ist, wovon hier noch Gebrauch gemacht werden soll. Gegen die Giiltigkeit der Beziehung (I) erheben sich nun gewisse Bedenken, auf die schon friiher z. B. BOTTLIKGER [4] hingewiesen hat. Das Auftreten der Entweichgeschwindigkeit VE ist namlich, exakt gesehen, nur zu erwarten, wenn unser Sternsystem raumlich unbegrenzt ist. - DaB es sich in einem zu- mindest quasistationaren Zustande befindet, folgt unrnittelbar aus dem Vorhandensein einer cinigermakn scharfen, oberen Grenze der Sterngeschwindigkeiten in der Umgebung der Sonne. Wiirde es dies nicht tun, dann muI3te es eine nicht zu vernachlassigende Anzahl Sterne gcben, deren Geschwindigkeiten diese Grenze iiberschreitcn, was nicht der Fall ist. - Allein schon durch die Existenz extragalaktischer Massen wird die in (I) enthaltene Forderung der Unbegrenztheit des galaktischen Systems zunichte gemacht, wenn auch deren EinfluB praktisch gering ist. An die Stelle der Bezichung (I) wird man etwas allgemeiner setzen, wobei vmax < vE und noch naher zu betrachten ist. Nimmt man irn Gegensatz zu der bisher iiblichen Betrachtungsweise in Anlehnung an zuerst von HAAS [5] angestellte Oberlegungen eine endliche Ausdehnung unseres Sternsystems an, dann hat dime ebenfalls das Auftrcten einer oberen Grenze der Raumgeschwindigkeiten in der Nahe der Sonne zur Folge, jedoch kann sich v,,, merklich von cg unterscheiden. Wenn hier von einer Begrenzung des Systems ge- sprochen wird, dann ist damit gemeint, daI3 die Anzahl der Sterne in der Sonnenumgebung, die auf ihrer Bahn einen maximalen Abstand R vom galaktischen Zentrum iiberschreiten, vernachlassigbar klein sein soll. - Die gleichen Oberlegungen gelten auch, wenn die Exzentrizitat der Sternbahnen im Mittel inner- halb des Systems von innen nach auI3en abnimmt und hierdurch fur die der Sonne nahekommenden Sterne eine obere Grenze ihrer Bahnhalbachse a festgelegt wird. Einen gewissen Einblick in die moglichen Verhaltnisse gewinnt man durch eine Berechnung von vma,, das in erster Naherung durch VE = VR + d v = VR + 63 (km/sec). (1) urnax = VH + A v = VR + 63 (km/sec) (4 1 /t vmax = VK 2 -- (3) ( a:.) unter der Voraussetzung vR = VK gegeben ist. a,,, stellt die im System mit dem Radius R groBtmogliche Halbachse der durch die Sonnenumgebung mit dem Zentralabstand r gehenden Bahnen dar. Etwas

Bemerkungen zur Deutung der Asymmetrie der Bewegungen der Schnelläufer

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Bemerkungen zur Deutung der Asymmetrie der Bewegungen der Schnellaufer Von H. SCHMIDT, Bonn

(Eingegangen 1950 Dezember 2 I)

Die das PhBnomen der Asymmetrie hervorrufende obere Grenze der Raumgeschwindigkeiten der Sterne der Sonnenumgebung kann nicht ohne weiteres als die Entweichgeschwindigkeit an der Stelle der Some angesehen werden. Sie kann vielmehr eine direkte Folge einer endlichen Ausdehnung oder eines endlichen Alters des galaktischen Systems sein. Bei allen an die GrbBe der Grenzgeschwindigkelt anknupfenden Untersuchungen mliBte dieses Beriicksichtigung f inden.

Bekanntlich zeigen die Sterne, deren Raumgeschwindigkeiten gegenuber einer fiktiven, ruhenden Sonne, dem sogenannten lokalen Zentroid, den Betrag von etwa 63 km/sec uberschreiten, eine ausgepragte UngleichmPBigkeit in der Verteilung der Zielpunkte ihrer Bewegungen. Diese liegen fast ausnahmslos nahe der galaktischcn Ebene in dem Engenbereich zwischen 140O und 320'.

OORT [I] hat seinerzeit zur Erklarung dieser Asymmetrie der Bewegungen die Annahrne gemacht, das Sternsystem sci stationar, und es gebe demzufolge in ihm eine obere Grenze der Geschwindigkeiten. Diese parabolische oder Entweichgeschwindigkeit VE wird der Summe der Umlaufsgeschwindigkeit der Sonnenumgebung um das galaktische Zentrum V R und der Geschwindigkeit d v = 63 km/sec, bei der die beobachtete Asymmetrie in den Bewegungen auftritt, gleichgesetzt. Es ist also

Die-Annahme einer Entweichgeschwindigkcit V E laBt keine Umlaufsgeschwindigkeit ZU, die die des Zen- troids um mehr als 63 km/sec iibertrifft, wahrend kleinere Geschwindigkeiten ohne weiteres rnoglich sind. Die geringe GroBe von d v wird im wesentlichen auf eine nichtspharische Massenverteilung im Stern- system zuriickgefuhrt. Hinzu kommt nach FRICXE [z]. daB V R nicht von vornherein identisch mit der Kreisgeschwindigkeit VK an der Stelle der Sonne zu sein braucht. Allerdings besteht nach HAAs (31 Grund zu der Annahme, daB vR nicht wesentlich von VK verschieden ist, wovon hier noch Gebrauch gemacht werden soll.

Gegen die Giiltigkeit der Beziehung (I) erheben sich nun gewisse Bedenken, auf die schon friiher z. B. BOTTLIKGER [4] hingewiesen hat. Das Auftreten der Entweichgeschwindigkeit VE ist namlich, exakt gesehen, nur zu erwarten, wenn unser Sternsystem raumlich unbegrenzt ist. - DaB es sich in einem zu- mindest quasistationaren Zustande befindet, folgt unrnittelbar aus dem Vorhandensein einer cinigermakn scharfen, oberen Grenze der Sterngeschwindigkeiten in der Umgebung der Sonne. Wiirde es dies nicht tun, dann muI3te es eine nicht zu vernachlassigende Anzahl Sterne gcben, deren Geschwindigkeiten diese Grenze iiberschreitcn, was nicht der Fall ist. - Allein schon durch die Existenz extragalaktischer Massen wird die in (I) enthaltene Forderung der Unbegrenztheit des galaktischen Systems zunichte gemacht, wenn auch deren EinfluB praktisch gering ist. An die Stelle der Bezichung (I) wird man etwas allgemeiner

setzen, wobei vmax < vE und noch naher zu betrachten ist. Nimmt man irn Gegensatz zu der bisher iiblichen Betrachtungsweise in Anlehnung an zuerst von

HAAS [5] angestellte Oberlegungen eine endliche Ausdehnung unseres Sternsystems an, dann hat dime ebenfalls das Auftrcten einer oberen Grenze der Raumgeschwindigkeiten in der Nahe der Sonne zur Folge, jedoch kann sich v,,, merklich von cg unterscheiden. Wenn hier von einer Begrenzung des Systems ge- sprochen wird, dann ist damit gemeint, daI3 die Anzahl der Sterne in der Sonnenumgebung, die auf ihrer Bahn einen maximalen Abstand R vom galaktischen Zentrum iiberschreiten, vernachlassigbar klein sein soll. - Die gleichen Oberlegungen gelten auch, wenn die Exzentrizitat der Sternbahnen im Mittel inner- halb des Systems von innen nach auI3en abnimmt und hierdurch fur die der Sonne nahekommenden Sterne eine obere Grenze ihrer Bahnhalbachse a festgelegt wird.

Einen gewissen Einblick in die moglichen Verhaltnisse gewinnt man durch eine Berechnung von vma,, das in erster Naherung durch

V E = V R + d v = V R + 63 (km/sec). (1)

urnax = V H + A v = V R + 63 (km/sec) (4

1 / t vmax = V K 2 -- (3) ( a:.)

unter der Voraussetzung vR = VK gegeben ist. a,,, stellt die im System mit dem Radius R groBtmogliche Halbachse der durch die Sonnenumgebung mit dem Zentralabstand r gehenden Bahnen dar. Etwas

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