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42 IHK WirtschaftsForum 03.12 ENERGIE UND ROHSTOFFE SICHER, BEZAHLBAR, EFFIZIENT Für ein relativ rohstoffarmes Industrieland wie Deutschland ist die Frage einer nachhaltigen Energie- und Rohstoff- versorgung auch eine Frage von Wachstum und Wohlstand. Ein Beitrag von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. Eine wirtschaftliche, umweltscho- nende und zuverlässige Energiever- sorgung – das ist eine Aufgabe, die zu den größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zählt. Für die Bundesregierung steht außer Fra- ge: Wir wollen unser Land bei wett- bewerbsfähigen Energiepreisen und hohem Wohlstandsniveau zu einer der energieeffizientesten Volkswirt- schaften der Welt entwickeln und das Zeitalter der erneuerbaren Ener- gien schneller als ursprünglich ge- plant erreichen. Drei Themenfelder stehen be- sonders im Mittelpunkt. Erstens: Wir müssen die Stromnetze zügig ausbauen und an neue Anforderun- gen anpassen. Zweitens: Der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energi- en soll rascher wachsen – bis 2020 auf mindestens 35 Prozent. Drittens: Wir wollen die Energieeffizienz wei- ter erhöhen. Es gilt unter anderem, unseren Energieverbrauch mit mo- dernsten Technologien zu senken und Gebäude energetisch zu sanie- ren. Hierzu haben wir beispielswei- se das CO 2 -Gebäudesanierungspro- gramm auf jährlich 1,5 Milliarden Euro aufgestockt. Auf dem Weg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien sind wir aber während der Übergangsphase wei- terhin auf hocheffiziente Kohle- und Gaskraftwerke angewiesen. Im Sin- ne einer verlässlichen Energieversor- gung kommt es daher auch auf eine möglichst rasche Fertigstellung der in Bau befindlichen fossilen Kraft- werke bis 2013 an. Darüber hinaus müssen in den nächsten zehn Jahren Kraftwerkskapazitäten mit einer ge- sicherten Leistung in Höhe von zehn Gigawatt zugebaut werden. Der Ver- sorgungssicherheit und Effizienz der Stromerzeugung dient nicht zuletzt die Optimierung des Förderrahmens für Kraft-Wärme-Kopplungsan- lagen. Mit einem Monitoring-Prozess werden wir die erreichten Fortschrit- te regelmäßig überprüfen. Von zent- raler Bedeutung ist dabei stets die Maßgabe der Verlässlichkeit, Um- weltfreundlichkeit und nicht zuletzt der Preisgünstigkeit unserer Energie- versorgung. Es liegt auf der Hand, dass die Preisentwicklung für ener- gieintensive Unternehmen von be- sonderer Bedeutung ist. Deshalb ha- ben wir unter anderem die besondere Ausgleichsregelung im Erneuerbare- Energien-Gesetz zur Entlastung die- ser Unternehmen flexibler und mit- telstandsfreundlicher gestaltet. Keine Frage: Wir haben ein ehr- geiziges Energiepaket geschnürt. Das stellt uns vor erhebliche He- rausforderungen, birgt aber auch große Chancen – Chancen, die sich durch ein konstruktives Miteinander von Wirtschaft und Politik am bes- ten nutzen lassen. Dies gilt auch und besonders mit Blick auf die Rohstoff- versorgung und Rohstoffpolitik. Die Rohstoffsicherung ist primär Aufgabe der Wirtschaft. Die Bundesregierung ihrerseits ist bestrebt, mit ihrer Roh- stoffpolitik die erforderlichen Rah- menbedingungen für eine verlässli- che, international wettbewerbsfähige Rohstoffversorgung zu schaffen. Angesichts der Importabhängig- keit Deutschlands verbindet Wirt- schaft und Politik ein hohes strate- gisches Interesse am ungehinderten Zugang zu den internationalen Roh- stoffmärkten. Wir müssen koordiniert vorgehen, um die deutsche Position in der globalen Wirtschaftsordnung halten zu können. Deshalb haben wir im Jahr 2010 auf nationaler Ebene die Ergebnisse unseres intensiven Di- alogs zwischen Wirtschaft, Politik und auch der Wissenschaft in der „Roh-

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42 IHK WirtschaftsForum 03.12

ENERGIE UND ROHSTOFFE

SICHER, BEZAHLBAR, EFFIZIENTFür ein relativ rohstoffarmes Industrieland wie Deutschland ist die Frage einer nachhaltigen Energie- und Rohstoff-versorgung auch eine Frage von Wachstum und Wohlstand. Ein Beitrag von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel.

Eine wirtschaftliche, umweltscho-nende und zuverlässige Energiever-sorgung – das ist eine Aufgabe, die zu den größten Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zählt. Für die Bundesregierung steht außer Fra-ge: Wir wollen unser Land bei wett-bewerbsfähigen Energiepreisen und hohem Wohlstandsniveau zu einer der energieeffizientesten Volkswirt-schaften der Welt entwickeln und das Zeitalter der erneuerbaren Ener-gien schneller als ursprünglich ge-plant erreichen.

Drei Themenfelder stehen be-sonders im Mittelpunkt. Erstens: Wir müssen die Stromnetze zügig ausbauen und an neue Anforderun-gen anpassen. Zweitens: Der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energi-en soll rascher wachsen – bis 2020 auf mindestens 35 Prozent. Drittens: Wir wollen die Energieeffizienz wei-ter erhöhen. Es gilt unter anderem, unseren Energieverbrauch mit mo-dernsten Technologien zu senken und Gebäude energetisch zu sanie-ren. Hierzu haben wir beispielswei-se das CO2-Gebäudesanierungspro-gramm auf jährlich 1,5 Milliarden Euro aufgestockt.

Auf dem Weg ins Zeitalter der erneuerbaren Energien sind wir aber während der Übergangsphase wei-terhin auf hocheffiziente Kohle- und Gaskraftwerke angewiesen. Im Sin-ne einer verlässlichen Energieversor-gung kommt es daher auch auf eine möglichst rasche Fertigstellung der in Bau befindlichen fossilen Kraft-werke bis 2013 an. Darüber hinaus müssen in den nächsten zehn Jahren Kraftwerkskapazitäten mit einer ge-sicherten Leistung in Höhe von zehn Gigawatt zugebaut werden. Der Ver-sorgungssicherheit und Effizienz der Stromerzeugung dient nicht zuletzt die Optimierung des Förderrahmens

für Kraft-Wärme-Kopplungsan - la gen.

Mit einem Monitoring-Prozess werden wir die erreichten Fortschrit-te regelmäßig überprüfen. Von zent-raler Bedeutung ist dabei stets die Maßgabe der Verlässlichkeit, Um-weltfreundlichkeit und nicht zuletzt der Preisgünstigkeit unserer Energie-versorgung. Es liegt auf der Hand, dass die Preisentwicklung für ener-gieintensive Unternehmen von be-sonderer Bedeutung ist. Deshalb ha-ben wir unter anderem die besondere Ausgleichsregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz zur Entlastung die-ser Unternehmen flexibler und mit-telstandsfreundlicher gestaltet.

Keine Frage: Wir haben ein ehr-geiziges Energiepaket geschnürt. Das stellt uns vor erhebliche He-rausforderungen, birgt aber auch große Chancen – Chancen, die sich durch ein konstruktives Miteinander von Wirtschaft und Politik am bes-ten nutzen lassen. Dies gilt auch und besonders mit Blick auf die Rohstoff-versorgung und Rohstoffpolitik. Die Rohstoffsicherung ist primär Aufgabe der Wirtschaft. Die Bundesregierung ihrerseits ist bestrebt, mit ihrer Roh-stoffpolitik die erforderlichen Rah-menbedingungen für eine verlässli-che, international wettbewerbsfähige Rohstoffversorgung zu schaffen.

Angesichts der Importabhängig-keit Deutschlands verbindet Wirt-schaft und Politik ein hohes strate-gisches Interesse am ungehinderten Zugang zu den internationalen Roh-stoffmärkten. Wir müssen koordiniert vorgehen, um die deutsche Position in der globalen Wirtschaftsordnung halten zu können. Deshalb haben wir im Jahr 2010 auf nationaler Ebene die Ergebnisse unseres intensiven Di-alogs zwischen Wirtschaft, Politik und auch der Wissenschaft in der „Roh-

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stoffstrategie der Bundesregierung“ zusammengeführt. Mit der Gründung der Deutschen Rohstoffagentur (Dera) und mit Verhandlungen über bilate-rale Rohstoffpartnerschaften hat die Bundesregierung begonnen, die-se Strategie umzusetzen.

Eine solche Partnerschaft ha-ben wir bereits mit der Unterzeich-nung eines Rohstoffabkommens mit der Mongolei auf ein solides Funda-ment gestellt. Mit Kasachstan sind die Verhandlungen hierzu weit fort-geschritten. Die Schwerpunkte un-serer Zusammenarbeit lassen sich in wenigen Stichworten zusammenfas-sen: Verbesserung der Rohstoff- und Ressourceneffizienz, Umsetzung von Umwelt- und Sozialstandards bei der Rohstoffgewinnung und -aufberei-tung, Aufbau von Industrieclustern einschließlich Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten sowie Verbesse-rung des Investitions- und Innovati-

onsklimas. Durch bilaterale Rohstoff-partnerschaften kann Deutschland nicht nur seinen Rohstoffbezug di-versifizieren. Sie helfen auch, einen Interessenausgleich zwischen roh-stofffördernden und rohstoffimpor-tierenden Ländern herbeizuführen.

Zentrale Voraussetzung für eine faire und bedarfsgerechte Versor-gung mit Rohstoffen sind weltweit offene Märkte und das handelspo-litische Prinzip der Nicht-Diskrimi-nierung der unter Wettbewerbsbe-dingungen agierenden Unternehmen. Daher setzt sich Deutschland auch gemeinsam mit der Europäischen Kommission und anderen Partnern dafür ein, offene Märkte, den Ab-bau von Handelshemmnissen und eine nachhaltige Nutzung von Roh-stoffen im internationalen Rahmen voranzubringen.

Sowohl Ressourcenzugang als auch verlässliche Preise lassen sich

nur in partnerschaftlicher Abstim-mung bewirken. In weitgehend eige-ner Hand hingegen haben die Unter-nehmen den effizienten Einsatz der Rohstoffe. Materialkosten stellen im produzierenden Gewerbe mit durch-schnittlich gut 45 Prozent den größ-ten Kostenblock dar. Die Ausschöp-fung vorhandener Einsparpotenziale ist daher im ureigensten Interesse der Unternehmen, die ihre Wettbewerbs-fähigkeit verbessern wollen.

Um die Importabhängigkeit und Umweltbelastungen zu senken, gilt es zudem, Abfälle im Sinne der Kreis-laufwirtschaft wieder zu Wertstoffen zu machen. Deutschland nimmt beim Recycling bereits heute internati onal eine Vorreiterrolle ein. Aber was gut ist, kann und sollte noch besser wer-den, zumal sich Know-how und Tech-nologien in diesem Bereich selbst wiederum als Exportschlager nut-zen lassen.

Es zeigt sich also, wie sehr sich in der Energie- und Rohstoffpolitik verschiedene Aspekte vermengen. Sie ist angewiesen auf wirtschafts- und umweltpolitische, auf außen-, euro-pa- und entwicklungspolitische Im-pulse. Insofern ist hier in besonde-rem Maße Teamgeist gefragt. Denn für ein relativ rohstoffarmes Indus-trieland wie Deutschland ist die Fra-ge einer nachhaltigen Energie- und Rohstoffversorgung schlichtweg auch eine Frage von Wachstum und Wohlstand. ❙

AUTORINDR. ANGELA MERKELBundeskanzlerin, Berlin

INNOVATIONSBERATUNG

RAUS AUS DER ROUTINEIm Tagesgeschäft bleibt neben der Routine häufig wenig Zeit für Neues. Dabei ist Innovationsfähigkeit für die Wettbewerbsfähigkeit gerade auch von kleinen und mittleren Unternehmen entscheidend.

Ideen weiterzuentwickeln und in In-novationen umzusetzen, kommt in vielen Unternehmen deutlich zu kurz. Viele Geschäftsführer wissen das. Ge-nau hier setzen die Innovationsgut-scheine des Bundeswirtschaftsmi-nisteriums (BMWi) an. Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen wurde das Programm bis 2016 verlängert.

Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern und nicht mehr als 20 Millionen Euro Umsatz können die

Förderung eines Beraters, der zusätz-liche Kapazität, Know-how und Netz-werke ins Unternehmen bringt, in An-spruch nehmen. Gefördert werden nur autorisierte Berater. Sie sollen helfen, im Tagesgeschäft die technischen und wirtschaftlichen Risiken von Innova-tionsvorhaben zu minimieren. Die Be-rater unterstützen das Management bei der Vorbereitung und Umsetzung technischer Innovationsvorhaben. Eingangs steht häufig eine Stärken-Schwächen-Analyse zur Bestands-aufnahme des mittelständischen Un-ternehmens.

In diese Betrachtung werden technische, wirtschaftliche und or-ganisatorische Aspekte einbezogen. Auch die besondere Marktsituation wird berücksichtigt: So können eine Patentrecherche und eine Wettbe-

werbsanalyse etwa dazu beitragen, die sich anschließenden Transakti-onskosten bei Technologiekooperati-onen zu senken. Die Potenzialanalyse mündet häufig im Finanzierungsplan, gekoppelt mit einer Beratung über öffentliche Förderprogramme. Mit einem zweiten Gutschein kann sich ein Realisierungskonzept oder Pro-jektmanagement anschließen.

Das Risiko für den mittelständi-schen Unternehmer ist vielfach mi-nimiert: Alle Berater werden durch das Bundesministerium ausgewählt und regelmäßig geschult. Zusätzlich bleibt der Verwaltungsaufwand ge-ring, da der Berater die Administra-tion übernimmt. Gefördert werden 50 Prozent der Leistung bei maxi-mal 1 100 Euro pro Tagewerk des Be-raters. Dabei kann die anfängliche

Potenzialanalyse bis zu zehn Bera-tertage umfassen. Ein Realisierungs-konzept wird bis zu 25 und Projekt-management bis zu 15 Tagewerke gefördert. Bei zehn Tagen hat der Gutschein so einen Förderwert von 5 500 Euro. Die Vorabprüfung des Vorhabens durch den Projektträger senkt weiterhin das Risiko des Un-ternehmers. So wird von Anfang an sichergestellt, dass der Gutschein eingelöst werden kann. ❙

AUTORDR. HOLGER BENGSGeschäftsführer, BCNP Consultants, Frankfurt, info@ bcnp-consultants.com

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Weitere Infos über das Modul Go-Innovativ und die autori-sierten Beratungsunternehmen online unter www.inno-bera-tung.de.

Innovation und Umwelt