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Zeitschrift ffir Zellforschung 88, 565--575 (1968) Beobachtungen fiber die Feinstruktur der Haut und des/iuBeren Atrialepithels yon Branchiostoma lanceolatum PALL.* ** ULRICH WELSCH Anatomisches Institut der Universiti~t Kiel (Direktor: Prof. Dr. W. BARGMANN) Eingegangen am 20. Februar 1968 Observations on the Fine Structure o] the Skin and the External Atrial Epithelium o/the Lancelet ( Branchiostoma lanceolatum PALL.) Summary. The organisation of the skin and the ventral atrial epithelium of the lancelet was investigated with the electron microscope. The cuboid or columnar epithelial cells of the epidermis are not connected by desmosomes, which, however, are possibly substituted by especially constructed lateral interdigitations. The apical cellular surface is studded with microvilli, the fine structure of which suggests that they have considerable structural stability. The microvilli are covered by an electrondense layer of mucopolysaccharides. There is no cuticle on top of the epidermal cells, as described by many older light microscopists. Lowered into the surface are several urn-like depressions filled with mucins. The whole cellular peri- phery is densely packed with bundles of tonofilaments, forming a peculiar filamentous system at the base of the cells, which corresponds to the basal striated zone of JOSEeH (1900). As a granular reticulum is lacking, it is suggested that in the well developed golgi apparatus the secretory product (mucins, presumably rich in carbohydrates) is not only concentrated for package, but also synthetized. The pigment cells of the epidermis carry a cilium. The huge stratum of collagen fibres consists of regularly ordered layers. It is produced by fibroblasts in whose cytoplasm precursors of the collagen fibres can be found. Under the ventral squamous epithelium of the atrium and the epidermal cells groups of nerve terminals, containing synaptic vesicles, are interspersed, which presumably represent mechanoreceptors. Zusammen]assung. Der Aufbau der Haut und des ventralen Atrialepithels des Lanzett- fischehens (Branchiostoma lanceolatum) wurde elektronenmikroskopisch untersucht. Die Zellen der einschichtigen Epidermis, die nicht durch Desmosomen untereinander verbunden sind, tragen an ihrer Oberfl~ehe zahlreichc, durch eine Innenstruktur verst~rkte Mikrovilli, fiber denen eine feine massendichte Schicht von Mucopolysacchariden liegt. Line Kutikula ist nicht ausgebildet. In die Oberfl~che der Epidermiszellen sind besondere urnenfSrmige, mit Muzinen geffillte Gebilde eingesenkt. Die gesamte Zellperipherie ist mit Tonofilamentbfindeln geffillt, die an der Zellbasis ein bcsonderes Maschenwerk aufbauen, das der basalen gestreiften Zone JOSEPHs (1900) entspricht. In dem gut entwickeltem Golgiapparat werden die Muco- polysaccharide, die wahrscheinlich besonders reich an Karbohydraten sind, vermutlich nicht nur konzentriert und verpackt, sondern auch synthetisiert, da ein granul~res Retikulum fehlt. Die Pigmentzellen der Epidermis besitzen ein Zilium. Die m~tchtige, regelm~Big aufgebaute Kollagenfaserschicht der Dermis wird von Fibro- blasten gebildet, in deren Zytoplasma feine Fibrillen angetroffen werden, vermutlich Vor- stufen der Kollagenfasern. Unter den ventralen Plattencpithelzellen des Atriums und unter der Epidermis wurden Gruppen von Nervenendigungen gefunden, die synaptische Bl~ischen enthalten. Es handelt sich wahrscheinlich um Meehanorezeptoren. * Hcrrn Prof. Dr. A. REMANE zunl 70. Geburtstag gewidmet. ** Mit dankenswerter Unterstfitzung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

Beobachtungen über die Feinstruktur der Haut und des äußeren Atrialepithels vonBranchiostoma lanceolatumPall

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Zeitschrift ffir Zellforschung 88, 565--575 (1968)

Beobachtungen fiber die Feinstruktur der Haut und des/iuBeren Atrialepithels

yon Branchiostoma lanceolatum PALL.* **

ULRICH WELSCH

Anatomisches Institut der Universiti~t Kiel (Direktor: Prof. Dr. W. BARGMANN)

Eingegangen am 20. Februar 1968

Observations on the Fine Structure o] the Skin and the External Atrial Epithelium o/the Lancelet ( Branchiostoma lanceolatum PALL.)

Summary. The organisation of the skin and the ventral atrial epithelium of the lancelet was investigated with the electron microscope. The cuboid or columnar epithelial cells of the epidermis are not connected by desmosomes, which, however, are possibly substituted by especially constructed lateral interdigitations. The apical cellular surface is studded with microvilli, the fine structure of which suggests that they have considerable structural stability. The microvilli are covered by an electrondense layer of mucopolysaccharides. There is no cuticle on top of the epidermal cells, as described by many older light microscopists. Lowered into the surface are several urn-like depressions filled with mucins. The whole cellular peri- phery is densely packed with bundles of tonofilaments, forming a peculiar filamentous system at the base of the cells, which corresponds to the basal striated zone of JOSEeH (1900). As a granular reticulum is lacking, it is suggested that in the well developed golgi apparatus the secretory product (mucins, presumably rich in carbohydrates) is not only concentrated for package, but also synthetized. The pigment cells of the epidermis carry a cilium.

The huge stratum of collagen fibres consists of regularly ordered layers. I t is produced by fibroblasts in whose cytoplasm precursors of the collagen fibres can be found.

Under the ventral squamous epithelium of the atrium and the epidermal cells groups of nerve terminals, containing synaptic vesicles, are interspersed, which presumably represent mechanoreceptors.

Zusammen]assung. Der Aufbau der Haut und des ventralen Atrialepithels des Lanzett- fischehens (Branchiostoma lanceolatum) wurde elektronenmikroskopisch untersucht. Die Zellen der einschichtigen Epidermis, die nicht durch Desmosomen untereinander verbunden sind, tragen an ihrer Oberfl~ehe zahlreichc, durch eine Innenstruktur verst~rkte Mikrovilli, fiber denen eine feine massendichte Schicht von Mucopolysacchariden liegt. Line Kutikula ist nicht ausgebildet. In die Oberfl~che der Epidermiszellen sind besondere urnenfSrmige, mit Muzinen geffillte Gebilde eingesenkt. Die gesamte Zellperipherie ist mit Tonofilamentbfindeln geffillt, die an der Zellbasis ein bcsonderes Maschenwerk aufbauen, das der basalen gestreiften Zone JOSEPHs (1900) entspricht. In dem gut entwickeltem Golgiapparat werden die Muco- polysaccharide, die wahrscheinlich besonders reich an Karbohydraten sind, vermutlich nicht nur konzentriert und verpackt, sondern auch synthetisiert, da ein granul~res Retikulum fehlt. Die Pigmentzellen der Epidermis besitzen ein Zilium.

Die m~tchtige, regelm~Big aufgebaute Kollagenfaserschicht der Dermis wird von Fibro- blasten gebildet, in deren Zytoplasma feine Fibrillen angetroffen werden, vermutlich Vor- stufen der Kollagenfasern.

Unter den ventralen Plattencpithelzellen des Atriums und unter der Epidermis wurden Gruppen von Nervenendigungen gefunden, die synaptische Bl~ischen enthalten. Es handelt sich wahrscheinlich um Meehanorezeptoren.

* Hcrrn Prof. Dr. A. REMANE zunl 70. Geburtstag gewidmet. ** Mit dankenswerter Unterstfitzung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft.

566 U. WELSCtI: Haut und Atrialepithel von Branchiostoma lanceolatum

Einleitung

In den drei Unterst~mmen der Chordaten ist die Hau t auff~llig verschieden und ffir jede dieser Gruppen charakteristisch gebaut. Das Hauptkennzeichen der Akranierhaut ist ihre einschichtige Epidermis (LANGE•HANS, 1876: ROLPH, 1876; JOSEPH, 1900), eine Tatsache, die sie scharf yon den Wirbeltieren unterscheidet. AuGer der Einschichtigkeit erinnert auch das Vorhandensein einer Kutikula (WOLFF, 1889; JOSEPH, 1901; KRAUSE, 1923) besonders an die Verh~ltnisse bei Wirbel- losen: allerdings ist ihr Vorkommen auch bestritten worden. FRANZ (1923) hielt die abschlie~ende Lage der Epidermiszellen ffir eine Schleimschicht; dieser Ansicht s t immt OLSSON (1961) zu. Weitere Merkmale der Epidermis sind eine apikale und basale gestreifte Zone (STuDNI~KA, 1897; JosEeH, 1900; FRANZ, 1923; RABL, 1931 ; ANDREW, 1959). Einzelne Zellen enthalten ein Pigment.

Mit verbesserten Fixierungsmethoden wurde die Hau t yon Branchiostoma elektronenmikroskopisch untersucht. Besondere Aufmerksamkeit wurde dem Aufbau der Dermis und der Innervation der Epidermis und des benachbarten ventral gelegenen, gleichfalls ektodermalen Atrialepithels geschenkt.

Material und Methode 3,5 cm lange Lanzettfischchen (Branchiostoma lanceolatum PALL.) wurden in 3,5% kaltem

phosphatgepuffertem (pH 7,4) Glutaraldehyd getStet und in Scheiben gesehnitten, die 2 Std in der gleichen Fixierungsflfissigkeit belassen wurden. Nach dem Auswaschen in Phosphat- puffer (mit 0,15 M Sucrosezusatz) wurde das Gewebe fiir 2 Std in 4% OsO4-L5sung iiberffihrt und anschlieBend in Araldit eingebettet. Parallel dazu wurden einzelne nur in OsO 4 fixierte Stfickchen gleichfalls in Araldit eingebettet. Diinnschnitte aus versehiedenen KSrperregionen wurden mit Uranylacetat (ges~ttigte LSsung in 70% Methanol) und Bleicitrat kontrastiert.

Elektronenmikroskop: Zeiss EM 9.

Befunde

Epidermis

Die Epidermiszellen bilden ein einschichtiges kuboidales bis zylindrisches Epithel, das einer kr~ftigen Basalmembran und einer miichtigen Kollagenschicht der Dermis aufliegt. Die HShe der Zellen nimmt vom Rficken zur Ventralseite hin ab.

An der Zelloberfli~che sind regelmi~l~ig an Mikrovilli erinnernde Vorstfilpungen mit einer hohlzylindeffSrmigen Innenstruktur ausgebildet (Abb. l a, 2a). Auf ihren Spitzen lagert eine Reihe von massendichten TrSpfchen, von denen zarte I~dige Gebilde ausgehen. Dieses f~dige Material kann sich zu einer dichteren Schicht zusammenschlieBen, die dann wie eine feine Decke fiber den Mikrovilli liegt (Abb. 3b). Sie erinnert stark an die Schleimschicht fiber den Mikrovilli der Darmepithelzellen der Si~ugetiere (ITo, 1965).

In die Oberfl~che vieler Epidermiszellen sind dicht nebeneinanderliegende urnenfSrmige Gebilde eingesenkt, deren Innenwand wie in den Tracheen von hSheren Pflanzen spiralig oder ringfSrinig versteift ist (Abb. 3a, 3b). An der Basis dieser ,,Urnen" liegt meistens eine Kugel von unterschiedlich elektronen- dichtem Material. Bei i~hnlich gebauten geschlossenen Vesikeln unter der Ober- fl~che besteht der Verdacht, dab es sich um Anschnitte solcher ,,Urnen" handelt, deren 0ffnung nicht in der Schnittebene liegt.

Abb. 1. a Epidermiszelle auf Basalmembran (Bm) und Ko|lagenschicht (Ko) der Dermis. Beachte die s tark gewundenen Zellgrenzen und die peripher im Zytoplasma liegenden Tono- filamentbiindel. N Nerv. b Kristalle in einer Epidermiszelle (s. Pfeile). K Kern. c SchrKg- schni t t durch den basalen Bereich einer Epidermiszelle. Beachte das Tonofilamentsystem und die massendichten TrSpfchen (Pfeile) an den W/~nden der optisch leeren R/iume zwischen den

Filamenten. Vergr. a, b x 13800, c X 24600

Abb. 2. a Querschnitt durch Mikrovilli einer Epidermiszelle. Beachte ihre hohlzylindrische Innenstruktur und die massendichten TrSpfchen an ihrer Oberfl~iche. b Typischer Golgi- apparat einer Epidermiszelle. c Polster yon Nervenendigungen unter dem Atrialepithel.

Vergr. a • 17200, b • 16000, c • 13800

Abb. 3. a UrnenfSrmige Einsenkungen in die Oberfl~che einer Epidermiszelle. Beachte die spiraligen oder ringfSrmigen Versteifungen der UrnenwBnde. b Apikale H~lfte einiger Epi- dermiszellen. Beachte die diinne elektronendichte Schleimschicht fiber den Mikrovilli und die Schleimkugeln am Boden der Urnen. c Fibroblast unter der Kollagenfaserschicht (K) der Dermis. Beachte die Fibrillen im Lumen des glattwandigen Membransystems (Pfeile).

Vergr. a x 13800, b X 6600, c x 16200

37a Z. Zel[forscl~., Bd. 88

570 U. WELSCH:

Die peripheren Abschnitte der Zellen sind allseitig mit dieht nebeneinander- liegenden Fibrillen geftillt (Abb. 1 a). Sie umhiillen die urnenf6rmigen Einsen- kungen, bflden dichte Lagen parallel zur stark gewundenen Grenze benachbarter Zellen und formen an der Zellbasis ein engmaschiges System von B/~lkchen und Verstrebungen, die besonders auf Schrs an die Wurzeln von Mangrove- b~umen erinnern (Abb. 1 c). Dieses basale Faserwerk umsehliel3t optisch leere Kammern, an deren W/~nden zahlreiche elektronendichte TrSpfchen haften, von denen - - ebenso wie von den sehr s Bildungen auf den Mikrovilli - - feine F~dchen ausgehen, die durch das Lumen der Kammern hindurchziehen.

Die Grenzen benachbarter Epidermiszellen verlaufen stark geschl/~ngelt (Abb. l a), so dal3 die Zellen durch zungenfSrmige Zytoplasausstiilpungen mit- einander verzahnt sind. In der L/~ngsachse dieser Zungen liegt ein stabfSrmiges Gebilde, das quergetroffen als kleiner massendichter KSrper erscheint (Abb. 1 a). Desmosomen wurden nicht beobaehtet. Da das Zytoplasma um den Kern herum weitgehend fibrillenfrei ist, erscheint es sehr viel heller als die peripheren Ab- sehnitte der Zelle. Der rundliche oder ovale Kern ist h/tufig eingebuehtet. Das Chromatin liegt vorwiegend in der N/~he der Kernhiille. In einer Kernbucht liegt ein gut ausgebildeter Golgiapparat, der aus 5--8 iibereinanderliegenden Lagen von Zisternen und einer gro6en Zahl optisch leerer Bl~schen besteht (Abb. 2 b). H/~ufig werden in seiner N/~he 2 Zentriolen und Mikrotubuli angetroffen. Mito- chondrien (Cristatyp) sind sp/trlieh. Um den Kern herum befindet sieh weiterhin eine Reihe grSl~erer Vesikel mit feinkSrnigem Inhalt und selten membranlose Lipideinsehliisse. Vereinzelt wurden multivesikul~re K6rper und stabfSrmige Kristalle festgestellt (Abb. 1 b), glattes oder granuliertes Retikulum dagegen nieht.

Einzelne Zellen, die gewShnlieh in Gruppen von 4 oder 5 sowohl an den Flanken als auch auf der Ventralseite der Tiere gefunden wurden, enthalten eine gr613ere Anzahl sehr unregelm~6ig geformter Pigmentgranula. Diese Zellen besitzen oft ein Zilium mit Kinetophor und Wurzelstrukturen (Abb. 4).

Ziemlich h~ufig ist der Erhaltungszustand der perinukle/~ren Organellen un- befriedigend; Mitochondrien und Membranen von Vesikeln sind zerbroehen, im Zytoplasma haben sich grol3e Spaltr/~ume gebildet. Vermutlich beruht diese Er- seheinung darauf, dal3 der dieke periphere Mantel von Fibrillen ein rasches Ein- dringen der Fixierungsfl/issigkeit verhindert. Die kombinierte Glutaraldehyd/ Osmiumfixierung liefert sehr viel bessere Ergebnisse als die Osmiumfixierung allein.

Die gleichfalls ektodermale Wand des Atriums besteht aus einem einsehieh- tigen Plattenepithel, das einer Basalmembran und einer lockeren ungeordneten Kollagenschieht aufliegt. Zwischen dem Atrium und der Haut liegt der Pterygial- muskel. Die'durch Desmosomen verbundenen, oft Zilien tragenden Zellen besitzen keine Mikrovilli, keine Sekreturnen, kein gut entwickeltes Tonofibrillensystem. Nur unter der Oberfl~che ist eine dtinne, aus Fibrillen gebildete Sehieht zu be- achten. Der Kern ist flach und langgestreckt. Vereinzelt sind aueh diese Zellen mit PigmentkSrnern beladen.

Dermis

Unter den Epidermiszellen liegen eine kr/~ftige Basalmembran (~ 115 m~) und eine m~chtige Faserschicht, die aus einer weehselnden Zahl (ca. 25--45) yon

Haut und Atrialepithel yon Branchiostoma lanceolatum 571

Abb. 4. Epidermiszelle mit Pigmentk6rnern und Zilium. Vergr. • 13800

einzelnen Lagen jeweils gleichartig horizontal ausgerichteter Kollagenfasern besteht (Abb. 1 a, 5a--c). Ihr Ausrichtungswinkel wechselt um 90 ~ in jeder neuen Lage. Normalerweise besteht eine dieser rechtwinklig gegeneinander versetzten Lagen aus 1 oder 2 fibereinanderliegenden Fasern, deren Durchmesser yon aul]en nach innen abnimmt ( 8 0 4 0 mtz ). Vereinzelt kommen auch verh/iltnism/~l]ig dfinne vertikale Fasern vor. In den tiefer gelegenen Schichten ist die Anordnung der Fasern regelloser.

In engem Kontakt mit ihr lagern unter dieser Schicht einzelne Zellen, deren zahlreiche verzweigte Forts/itze sich flach unter der untersten Kollagenfaserlage ausbreiten (Abb. 3c). Es handelt sich um Fibrozyten (JosEPH, 1900: FRANZ, 1923). Ihr Zytoplasma enthitlt Fibrillen, deren Durchmesser ca. 20 mtz betr/~gt. Dort, wo die Zellen unmittelbar an die Faserschicht grenzen, enthalten sie oft dickere Fibrillen, die zum Teil in die untersten Lagen der Schicht einstrahlen und eine feine Querstreifung - - damit das wichtigste Kennzeichen ffir Kollagen- fasern - - aufweisen. Diese Fibrillen liegen sehr oft im Lumen eines gut entwickelten glatten, gelegentlich zisternenfSrmig aufgetriebenen Membransystems, das sich an mehreren Stellen nach au~en zu 6ffnen scheint. Die Fibrillen verlassen an solchen 0ffnungsstellen in lockeren ununterbrochenen Str/~ngen das Innere der Zelle und ziehen entweder in die Faserschicht oder die tiefer gelegene Dermis. Das Plasmalemm zwischen den Fibrozyten und der Kollagenfaserschicht ist streckenweise nicht klar erkennbar. Der Golgiapparat dieser Zellen ist klein, in

37b Z. Zellforsch., Bd. 88

572 U. WELSCK:

Abb. 5a - -c . Schnit te in verschiedener Ebene durch die Kollagenfaserschicht. Vergr. X 16 200

Haut und Atrialepithel von Branchiostoma lauceolatum 573

seiner Nahe liegen 2 Zentriolen. Mikrotubuli sind haufig, Mitochondrien (Crista- typ) und Vesikel mit massendichtem Inhal t ( ~ ca. 140 m~) dagegen selten anzu- treffen.

Unter der Kollagenschicht liegt ein weiterer Abschnitt der Dermis, der von einer strukturlosen Grundsubstanz ausgeffillt ist, durch die nur einzelne Faser- strange, Nerven (Abb. I a) und Gefa$e hindurchziehen. Dieser Raum ffillt auch die dorsalen und ventralen F15sselkammern aus. Zum KSrperinneren wird die Dermis durch eine weitere Kollagenfaserschicht abgegrenzt: sie ist im Kopf- bereich besonders kraftig und besteht wiederum aus rechtwinklig versetzten Lagen.

Innervation

Unter den ventralen Plattenepithelzellen des Atriums - - sehr selten auch unter den Epidermiszellen besonders im Schwanzbereich - - sind neben einzelnen Bfin- deln yon Axonen gelegentlich Komplexe yon Nervenendstellen zu linden, die sich zwischen 2 Epithelzellen drangen und fast die Oberflache erreichen (Abb. 2c). Die Basalmembran des Epithels wird aber nicht durchbrochen. In den Nerven- enden, die ihrerseits von einer dfinnen Basalmembran umhfillt werden, befinden sich synaptische Blaschen mit oder ohne massendichten Inhalt. Die darfiber- liegenden Epithelzellen zeigen keine auffalligen Besonderheiten. Solche Endstellen- polster stehen in Verbindung mit dickeren Nervenstrangen, die lateral und dorsal in der Dermis angetroffen werden.

Diskussion

Ffir die Vielzahl von Funktionen, die die Hau t bei den Wirbeltieren zu einem besonderen Organ machen, lassen sich bei Branchiostoma kaum J~quivalente linden. Ihre Hauptaufgabe scheint der Schutz des K6rpers zu sein. Hierffir spreehen einmal die machtige Kollagenschicht der Dermis, zweitens der Aufbau der Epidermis; die enge Verzahnung benachbarter Zellen, die in ihrer Funktion die fehlenden Desmosomen ersetzen kSnnte, das dichte und zum Teil spezialisierte Tonofibrillenwerk in der gesamten Zellperipherie und der Sehutzfilm aus Sehleim auf den Zellen, der allerdings nach Osmiumfixierung allein bisher nicht nach- gewiesen werden konnte (OLsso~, 1961). Die durch eine Innenstruktur ver- starkten Mikrovilli bilden Formationen, die vermutlich den oberflachlichen Schleim festhalten. Diese Schleimschicht besteht aus PAS- und Astrablau posi- t iven Mucoproteinen (OLsSO~, 1961), ahnlich dem Film fiber den Mikrovilli der Darmepithelzellen. Ob es sich bei den massendichten TrSpfehen auf den Mikro- villi um Kondensationen besonderer Muzine handelt, bleibt often. Der gut ent- wickelte Golgiapparat und die zahlreichen Vesikel mit verschieden elektronen- dichtem Inhal t deuten auf eine starke sekretorische Tatigkeit der Epidermiszellen hin. Das Sekret, vorwiegend Muzine, wird wahrscheinlich in die unter der Ober- flache gelegenen Urnen oder direkt nach aut~en abgegeben. Der starre Bau dieser relativ grol~en Urnen mit ihren Wandversteifungen legt die Vermutung nahe, da$ es sieh um standige Einriehtungen der Zelloberflaehe handelt, d.h. nieht um vorfibergehende Stadien einer sieh entleerenden Sekretkugel. Auffallend ist, dal~ im Gegensatz zu anderen sehleimbildenden Zellen (Beeherzellen des Darmkanals, Epithelzellen des Magens (SEDAI~, 1964), Speieheldriisenzellen (KuRTz, 1964)] kein granulares Retikulum ausgebildet ist und freie Ribosomen selten sind. Dieser

574 U. WELSCI-I :

Befund scheint zunKchst in Widerspruch zu der Tatsache zu stehen, dab das Sekretionsprodukt einer Zelle - - wenn es in der Hauptsache ein Protein ist - - in den freien oder am Retikulum haftenden Ribosomen synthetisiert und im Golgifeld nur konzentriert und verpaekt wird (PALADIn, 1958: PALAY, 1958). Die Beobaehtungen von ZEIGEL und DALTON (1962) maehen jedoch wahrscheinlich, dab in Zellen, deren Sekret reich an komplexen Karbohydraten ist, dieses aueh im Golgifeld synthetisiert werden kann und dort gleichfalls mit einem Protein verbunden wird, das in den wenigen freien Ribosomen hergestellt wurde. Unsere Befunde stfitzen diese Annahme und lassen die Folgerung zu, dab die Muzine in den Epidermiszellen von Branchiostoma fiberwiegend Karbohydrate sind. Ob die bereits yon JOSEPH (1904) beobachteten Kristalle tatsiichlich EiweiBkristalle sind, bleibt im Hinblick auf diese Befunde often. JOSEPH vermutete, dab die Kristalle nur einen bestimmten chemischen Zustand der groBen Sekretgranula darstellen und dachte an einen m6glicherweise jahreszeitlich bedingten physio- logischen Zyklus zwisehen Kristall- und Granulaform. Ffir das yon OLSSON (1961) im basalen Zellabschnitt histochemisch nachgewiesene Glykogen konnte kein morphologisches J~quivalent gefunden werden.

Ob die Zellen mit Pigmentgranula eine bestimmte Funktion im Epithelverband haben, bleibt ungewiB. Eine Verbindung mit Nervenausl~ufern wurde hie beob- achtet, so dab eine besondere Sinnesfunktion nieht wahrseheinlich ist. Da aber Pigmentk6rner auch in vielen Zellen des Pharynx- und Atrialepithels gefunden wurden, kann es sich bei ihnen um Stoffwechselendprodukte handeln. M6glicher- weise hat also die Epidermis des Lanzettfisehchens auch eine exkretorische Funk- tion, wie sie schon von VAN WEEL (1937) auf Grund seiner Ffitterungsversuche mit Kohlepartikeln gefordert wurde.

Die Nervenendigungen unter den Epithelzellen dfirften einfache Mechano- rezeptoren sein, die z.B. Auskunft fiber den Ffillungszustand des Atriums oder die Beschaffenheit des Meeresbodens geben k6nnten, in den sich die Tiere mit dem Sehwanz einbohren. Es ist bekannt, dab Branchiostoma 6kologisch auf einen bestimmten Typ yon Sandboden beschriinkt ist (REMANE, 1940).

Die mKchtige Kollagenfaserschicht der einfach gebauten Dermis wird often- sichtlich von den unter ihr liegenden Fibrozyten aufgebaut, wobei r~tselhaft bleibt, wie es zu der regelmi~Bigen Anordnung der Lagen kommt. ~hnliche recht- winklig gegeneinander versetzte Lagen haben KRAUSE (1923) und W~ms (1961) in der Hau t von Amphibien besehrieben. Die Vorstufen der dieken Kollagenfasern sind intrazellulKr nachweisbar. Sie werden vermutlich durch 0ffnungen der Plas- mamembran in Gruppen abgegeben. Innerhalb der Kollagenschicht n immt die Dicke der Fasern von unten nach oben zu, woraus folgt, dab die Fasern auBerhalb der Zelle noch wachsen. Diese Befunde stimmen mit den Angaben WASSERMANNS (1954) fiber regenerierende Rattensehnen und PORTERs und PArrAs (1959) fiber Fibroblasten embryonaler Kfiken fiberein.

Hinweise auf eine Regeneration yon Epidermiszellen wurden nicht gefunden.

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Hau t und Atrialepithel yon Branchiostoma lanceolatum 575

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Dr. ULRICH WELSCIt Anatomisches Ins t i tu t der Universi t~t 23 Kiel, Neue Universi t~t