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dUS UER ~lNlV.-AUGENLiI.I~Vl~i HAMBURG (DIREKTOH: PROF. UR. H. SAIrTTER). BEOBACHTUNGEN UBER MIOTICUMCYSTEN PUPILLARSAUMCYSTEN NACH EINTRAUFELUNG PUPILLENVERENGERNDER MITTEL). Von W. Straub und E. Conrnds.*) Die nach Eintraufelung miotisch wirkender Praparate ent- stehenden Pupillarsaumcysten') hat Vogf 1920 erstmals be- schrieben und 1942 uber weitere Beobachtungen berichtet. 19.54 teilten Hallermann, Gerewifz sowie Swan ihre Erfah- rungen bei diesen heute keineswegs mehr seltenen und teilweise recht auffallenden Gebilden mit. Ohne Zweifel steht die in neuerer Zeit gehaufte Beobachtung der Cysten u. a. mit den Fortschritten der konservativen Glaukombehandlung durch die Einfurung stark wirkender Miotica im Zusammenhang. Die Cysten haben mit dem Claukom an sich nichts zu tun, sondern sind auf die medikamentose Pupillenverengerung zu- ruckzufuhren. Dabei ist die Art des Glaukoms oder der Funk- tionszustand des Augee bedeutungslos : Wir beobachteten sie beim beginnenden primaren Glaukom ebenso wie beim absolu- ten (Tabelle) , an die ausschliessliche Beniitzung des Pilokar- pins sind sie keineswegs gebunden. So kamen die Cysten auch nach Mintacol-, Eserin-, Prostigmin- und DFP-Gebrauch ver- schieden langer Dauer vor (Tabelle). Fur ihre Entstehung kann *) Eingegangen 1. Marz 1955. ') Es gibt verschiedene Einteilungen der Iriscysten. Am besten erscheint uns diejenige nach Wintersteiner und Gilbert. Danach sind zu unterscheiden: 1.) Traumatische Cysten, vorwiegend Implan- tationscysten, 2.) spontan entstandene Cysten, 3.) angeborene Cysten und schliesslich, 4.) Uvealcysten des hintcren Irisiiberzugs. - Diese Klassifizierung berucksichtigt nicht iiur Unterschiede der Entsteliung, sondern auch die Topograpliie. - Die hier zur Diskussion stehenden Gehilde sind der 4. Gruppe zuzuordnen.

BEOBACHTUNGEN ÜBER MIOTICUMCYSTEN (PUPILLARSAUMCYSTEN NACH EINTRÄUFELUNG PUPILLENVERENGERNDER MITTEL)

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BEOBACHTUNGEN UBER MIOTICUMCYSTEN PUPILLARSAUMCYSTEN NACH EINTRAUFELUNG

PUPILLENVERENGERNDER MITTEL).

Von W . Straub und E . Conrnds.*)

Die nach Eintraufelung miotisch wirkender Praparate ent- stehenden Pupillarsaumcysten') hat Vogf 1920 erstmals be- schrieben und 1942 uber weitere Beobachtungen berichtet. 19.54 teilten Hallermann, Gerewifz sowie Swan ihre Erfah- rungen bei diesen heute keineswegs mehr seltenen und teilweise recht auffallenden Gebilden mit. Ohne Zweifel steht die in neuerer Zeit gehaufte Beobachtung der Cysten u. a. mit den Fortschritten der konservativen Glaukombehandlung durch die Einfurung stark wirkender Miotica im Zusammenhang.

Die Cysten haben mit dem Claukom an sich nichts zu tun, sondern sind auf die medikamentose Pupillenverengerung zu- ruckzufuhren. Dabei ist die Art des Glaukoms oder der Funk- tionszustand des Augee bedeutungslos : Wir beobachteten sie beim beginnenden primaren Glaukom ebenso wie beim absolu- ten (Tabelle) , an die ausschliessliche Beniitzung des Pilokar- pins sind sie keineswegs gebunden. So kamen die Cysten auch nach Mintacol-, Eserin-, Prostigmin- und DFP-Gebrauch ver- schieden langer Dauer vor (Tabelle). Fur ihre Entstehung kann

*) Eingegangen 1. Marz 1955. ') Es gibt verschiedene Einteilungen der Iriscysten. Am besten

erscheint uns diejenige nach Winters t e iner und Gilber t . Danach sind zu unterscheiden: 1.) Traumatische Cysten, vorwiegend Implan- tationscysten, 2.) spontan entstandene Cysten, 3.) angeborene Cysten und schliesslich, 4.) Uvealcysten des hintcren Irisiiberzugs. - Diese Klassifizierung berucksichtigt nicht iiur Unterschiede der Entsteliung, sondern auch die Topograpliie. - Die hier zur Diskussion stehenden Gehilde sind der 4. Gruppe zuzuordnen.

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auch nicht die chemische Struktur des Mioticums ausschlagge- bend sein; beim Mintacol handelt es sich z.B. urn Diaethyl- phosphorsaure-p-nitrophenolestep, also einem vom Pilokarpin vollig verschiedenen Korper. Die bisweilen verwandte Bezeich- nung >>Pilokarpincystecr ist somit nicht umfassend genug, wir halten >>Mioticumcystecc fur richtiger.

Seit wir auf diese Gebilde achten, sind wir uberrascht, wie oft man ihnen begegnet: Innerhalb der vergangenen 7 Monate fanden wir bei 9 Patienten ein- oder doppelseitige, mehrfach multiple Mioticumcysten (Tabelle) . Die Entwicklung erfolgt hisweilen innerhalb relativ kurzer Zeit, so sahen wir sie 3 Wochen nach dem Beginn einer Prostigmin-Behandlung :

Pat. F. T. (Fall 6). Bds. Glaucoma chronicum simplex. Bisher nicht behandelt. Nacli

-4ustestung von 5 Miotica zeigte das Prostigmin den besten Effekt. Pat. erhielt 3 x taglich 1 Tropfen und 1 x Salbe (3 %) in beide Augen. Gute Druckregulierung. 3 Wochen nach dem Beginn der Behandlung hatten sich rechts (Abb. 1) 4 grossere Cysten zwischen 10-2 Uhr ausgebildet. Dazwischen lagen einige kleinere derselben Art. Auch links fanden sich zwischen 11 und 2 Uhr 3 relativ grosse Cysten. D a der Pat. unregelmassig eintraufelte, bds. Elliotsche Trepanation mit ganzer Iridektomie. Seither gute Drucklage ohne Tropfen, die Cysten sind verschwunden.

Abgesehen von ihrem theoretischen Interesse haben die Cysten manchmal aber auch eine gewisse praktische Bedeu- tung:Hallermann hob kiirzlich hervor, dass solche Pigment-

Abb. .I (Pat. 6): re. Auge. 4 Mioticumcysten zwischen 10 und 2 Uhr nach Pro-

stigmingebrauch. Dazwischen liegen einige kleine Cysten derselben Art.

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blattexkreszenzen bei einer hochgradig verengten Pupille das Sehvermogen durch den Verschluss der Pupillaroffnung erheb- lich beeintrachtigen ltonnen. Wir iiberzeugten uns davon ebenfalls anhand einer Beobachtung, sie sei daher im folgenden etwas ausfiihrlicher wiedergegeben :

Pat. J. M. (Fall 1). Seit 1951 Glaucoma chronicum simplex bds. Zunachst Einstellung

ausserhalb mit Pilokarpin, danach bds. je 3 Cyclodialysen. Im Juni 1953 rechts Iridektomie. Im August 1953 wegen unverandert zu hoher Urucklage rechts Cyclodiathermiepunktur. Danach bds. mit 5 x tBglich DFP-Oel (0,l %) gute Druckregulierung, jedoch links Herab- setzung der Sehscharfe von 517 auf 5/15 durch die zirkular angeord- neten, die Pupille fast vhllig verschiessenden Cysten. Rechts behin- derten die ebenfalls zahlreichen, zirkular liegenden, jedoch ausnnhms- 10s kleineren Pupillarsaumcysten das Sehvermogen nicht.

Morphologisch handelt es sich um einzelne (Abb. 2, Abb. 4 ) oder mehrere (Abb. 1, Abb. 3) rundliche, meist prall gefiillte, verschieden grosse, gelegenlich sehr dicht stehende Gebilde von der dunkelbraunen Farbe des Pupillarpigmentsaumes. Bei starker Vergrosserung kann die Oberflache leicht gekornt erscheinen. Fast immer ist die Basis verjiingt und etwas faltig. Manche greifen auf die zirkummarginale Riickseite des retinalen Irisblattes iiber oder sie entspringen ganz von der Kiickflache (Vogt). Die Iris wird dann bisweilen etwas von der Linsenvorderkapsel abgedrangt.

Im Gegensatz zu den Feststellungen von Gerewifz scheinen unserer bisherigen Erfahrung nach die Cysten die obere Halfte des Pupillarsaumes zu bevorzugen (Tabelle) . Selbstverstand- lich sollen aus dieser kleinen Statistik noch keine endgiiltigen Schliisse gezogen werden. Immerhin konnten hier aber Bezie- hungen zu der von Hiihmann beobachteten und von Vogt an- hand einer umfangreichen Untersuchungsreihe bestatigten durchschnittlich grosseren Breite des Pupillarsaumes im obe- ren Abschnitt bestehen. Die Form und Grosse der Mioticum- cysten schwankt in Abhangigkeit von der Pupillenweite, der Saum ist in Miosis am breitesten, da sich hier die Pupillar- zirkumferenz proportional dem Pupillenduchmesser rerklei- nert.

Vereinzelt wurden Pupillarsaumcysten auch an Augen ge-

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funden, die keine Miotica erhalten hatten (Yogf). Wir beobach- teten ebenfalls ein solches Bild:

Es handelte sich urn einen 16-Jahrigen, der wegen einer gering- gradigen Myopie in unsere poliklinische Behandlung kam. An beiden Augen zeigten sich Flocculi, rechts ausserdem bei 6 Uhr eine Pupil- larsaumcyste. Ubriger Augenbefund normal.

Weder dieses Gebilde, das einen reinen Zufallsbefund dar- stellt, noch die von Vogt beschriebene Cyste waren an der Spaltlampe von echten Mioticumcysten zu unterscheiden.

Diese sind vergangliche Gebilde. Sowohl beim Weiterfiihren der Pupillenverengerung wie nach dem Absetzen des Mioticums bilden sie sich mehr oder weniger rasch zuriick und ver- schwinden unter Umstanden spurlos. In anderen Fallen schrumpfen sie zu formlosen, zottenartigen Resten zusamnien. Hier kann die Differentialdiagnose gegeniiber den stationaren Flocculi iridis schwierig sein, wahrend sonst die pralle Cysten- fiillung vor einer Verwechslung bewahrt. Dennoch drangte sich bei der Durchsicht des Schrifttums verschiedentlich der Eindruck auf, dass friiher Mioticumcysten unter der Bezeich- nung >>Flocculicc rubriziert worden sind. Jene stehen in keinem Zusammenhang zu den Flocculi und haben somit auch keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Traubenkornern gewisser Saugetiere.

Es sei hier eine weitere Veranderung gestreift, die im Be- reich des vorderen Bulbusabschnitts nach meist langerer An- wendung von DFP-Oel (0 , l %) oder Prostigmin (3 % ) auffiel. Bei insgesamt 5 Patienten, die viele Monate lang eines dieser Miotica mehrmals taglich eingetraufelt hatten, sahen wir eine feine Pigmentbestaubung der Hornhautriickflache, vor allem in den Abschnitten der imrner stark verengten Pupille und unterhalb davon. Die einzelnen Pigrnentkornchen standen bisweilen ziemlich dicht und konfluierten zu etwas grosseren, teilweise sternchenartigen Gebilden. Entzundliche Erscheinun- gen fehlten. Wenngleich im Bereich des Pupillarsaumes bei diesen rneist alteren Patienten keine sicheren Depigmentie- rungen nachgewiesen werden konnten, glauben wir doch, dass das Pigment dem Pupillarsaum entstammt. Moglicherweise entsteht diese Descemetbestaubung ebenfalls als direkte Folge

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der Miosis. Doch kann die Genese mit dem Platzen von Cysten und einer darauf beruhenden Ausstreuung des Pigments nicht in Zusammenhang gebracht werden, denn wir beobachteten die Veranderung ausschliesslich an Augen, die auch bei hau- figen Kontrollen nie Pupillarsaumcysten aufgewiesen hatten.

An verschwundene Mioticumcysten erinnern manchmal feine Pigmentablagerungen auf der Linsenvorderkapsel. Das folgende Beispiel zeigt gleichzeitig das verhal tnismassig rasch wechselnde Bild :

Abb. 2 Abb. 3 (Pat . 5): re. Auge. Einzelne Cyste bei 1 Uhr; 2 weitere vorher bei 9 und 11 Uhr vorhandene sind nach Fortsetzung der Prostigminbehandlung

verschwunden. (Put . 5): li. Auge. Cysten bei 9, 11 und 12 Uhr nach Prostigmin-

eintraufelung.

Pat. H. K. (Fall 5). Seit Januar 1952 wegen Glaucoma absolutum rechts, Glaucoma

chonicum simplex links in unserer Behandlung. Hat laufend 3 X tag- lich Prostigmin (3 %) eingetraufelt, abends Prostigminsalbe (3 %) bds. Im Juli 1954 wurden erstmals Mioticumcysten beobachtet: rechts bei 9 und 11 Uhr, links bei 12 Uhr eine Cyste. August 1954: rechts sind die Cysten bei 9 und 11 Uhr verschwunden, eine neue ist bei 1 Uhr aufgetreten (Abb. Z), links alte Cyste unverandert, eine weitere liegt bei 9 Uhr. November 1954: rechts Befurid unverandert, links Cysten bei 9, 11 und 12 Uhr (Abb.3). Dezember 1954: links ist bei 3 Uhr eine weitere Cyste hinzugekommen. Januar 1955: die Cyste links ist wieder verschwunden, die bei 12 Uhr grosser geworden. Rechts Irisbefund unverandert. Bds. finden sich auf der Linsenvorderflache zahlreiche Pigmentablagerungen.

Entzundliche Veranderungen fehlen immer. Zwar sah Vcgt bei einer Pupillarsaumcyste eine zipflige Verwachsung mit einem Pigmentbrockel in der Umgebung, jedoch hatte dieses

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Abb. 4 (Pat . 7): li. Auge. Kleine einzelne Cyste bei 11 Uhr nach

Eseringebrauch.

Auge nie Miotica erhalten, so dass es sich um keine Mioticum- cyste gehandelt haben kann.

Die Cysten kommen a n iridektomierten wie an nicht iridek- tomierten Augen vor. Bei Hydrophthalmus wurden sie von Swan beschrieben. Die Entwicklung a n einem iridektomierten und gleichzeitig hydrophthalmischen Auge gibt das folgende Krankheitsbild wieder :

Pat. J. F. (Fall 9). Das rechte Auge wurde im Alter von 6 Jahren wegen eines absoluten

Glaukoms enukleiert. 2 Jahre spater links typischer Buphthalmus. Elliotsche Trepanation mit ganzer Iridektomie. Trotz zusatzlicher Pilokarpin-Gaben keine Drucksenkung. Cyclodiathermiepunktur. Vom 7.6.54-6.12.54 traufelte die jetzt SJahrige wegen weiterer Druckerhohung taglich einen Tropfen Mintacol (1:6WO) ein. Daraufhin hatte sich bei sonst unverandertem Augenbefund eine grosse Mioti- cumcyste am nasalen Kolobomschenkel bei 10 Uhr gebildet, unter- halb davon sassen dem Pupillarsaum 3 weitere sehr kleine Cysten perlschnurartig auf. Die grosse Cyste verdekte den Winkel zwischen nasalem Kolobomschenkel und Pupillarsaum, ihre Basis war nicht sichtbar. Nasal oberhalb von ihr fielen mehrere, dem depigmentierten Irisstroma aufgelagerte Pigmentkornchen auf.

Die von Vogt gestellte Frage, ob genetisch eine sezernierende Tatigkeit des Pigmenttepithels oder eine Lymphstauung in- folge der Miosis eine Rolle spiele, ist noch offen. Das Vorkom- men der Cysten an iridektomierten Augen spricht zwar nicht unbedingt gegen die letztere Ansicht, wir mochten dennoch in erster Linie an eine sekretorische Ursache glauben. Dass diese Fahigkeit den Epithelzellen innewohnt, geht schon aus den gelegentlich in der Vorderkammer festgestellten freien Pigmentcysten hervor. Ob auch der Linse fur die Form und Entwicklung der Mioticumcysten eine Rolle zukommt, kann

Acta Ophthalmol., Vol. 33, IV 39

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Abb. 5 (Pat. 6): Histologischer Befund einer Mioticumcyste (re. Auge, bei El-

liotscher Trepanation excidiertes Irisstuckchen). a) hinteres und

b) vorderes einschichtiges Blatt des retinalen Irishberzuges. Da- zwischen liegt im Innern der Cyste (c) eine mit Eosin farbbare

Substanz.

nur vermutet werden. In aphaken Augen wurden zwar diese Gebilde noch nicht beschrieben, doch diirfte dies moglicher- weise mit der im Gesamten kleinen Zahl der mitgeteilten Beob- achtungen zusammenhangen.

Histologische Befunde fehlten bisher. Die Cysten sind aus- serst subtile Gebilde, die schon beim Beriihren des Irisstromas in der Nachbarschaft platzen konnen. In verstarkten Mass ist dies bei der Iridektomie der Fall. Obwohl wir seit langerer Zeit bemuht sind, histologisches Material zu gewinnen, gelang es erst einmal, einen entsprechenden Befund festzuhalten (Abb. 5 ) :

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Der retinale Irisabschnitt ist in 2 einschichtige Blatter geteilt, die an einzelnen Stellen aufeinanderliegen, an anderen weiter vonein- andcr getrennt sind. Im Innern der Mioticumcyste findet sich zwi- schen den beiden Epithelschichten im Bereich des Pupillarsaumes eine mit Eosin farbbare Substanz, wohl als Rest des flussigen Cysten- inhalts.

Diese einschichtige Wand unterstreicht die schon klinisch auffallende Ladierbarkeit der Cysten.

Der Versuch misslang, an Kaninchen- und Meerschweinchen- augen Mioticumcysten zu erzeugen. 6% Monate lang trau- felten wir in beide Augen von 4Kaninchen sowie 6Meerschwein- chen Miotica unterschiedlicher Konzentration.

Zunachst gaben wir dreimal taglich DFP-Oel 0,l %, Mintacol 1:6000, Pilokarpin 2%, Prostigmin 3 % und Escrin ?14 % in eines oder mehrere Augen. Da daraufhin keine ausreicheiide Miosis auf- trat, die wir als Voraussetzung fur die Entstehung der Cysten an- sehen, erhohten wir nach 1 Monat beim Eserin die Konzentration auf 1 %, beim Pilokarpin auf 5 %, beim Mintacol auf 1:2000, und die Medikamente wurden stundlich gegeben. Wegen zunehmender Ab- magerung aller Tiere, moglicherweise aufgrund einer medikamentos bedingten Schadigung, reduzierten wir 2 weitere Monate spiiter die Tropfen auf 4 x taglich. In keinem Augn traten weder eine so starke Miosis wie beim Menschen, noch Mioticumcysten auf.

Selbstverstandlich eriibrigt sich eine Therapie, wenn, wie meist, die Cysten einen harmlosen Nebenbefund darstellen. Zum Schluss sei noch festgestellt, dass bisher keine Photos von Mioticumcysten veroffentlicht worden sind. Die photo- graphische Darstellung der Cysten ist schwierig, denn sie heben sich gegen die dupkle Pupille auch bei erheblicher Grosse kaum ab. Daher empfielht es sich, die Vergrosserung des Negativs verhaltnismassig kurz zu belichten, damit die Pupille nicht zu dunkel in Erscheinung tritt. Allerdings wird dann selbstverstandlich die Iris etwas zu hell abgebildet ( Abb. 1-4).

ZUS AMMENFASSUNG. Bericht uber die nach Gebrauch von Pilokarpin, Eserin,

Prostiginin), Mintacol und DFP bei 9 Patienten ein- oder 39"

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doppelseitig aufgetretenen, mehrfach multiplen Pupillarsaum- cysten. Ihre Entwicklung hangt nicht von der Art des Glau- koms oder dem Funktionszustand des Auges ab und kann innerhalb weniger Wochen erfolgen. U. U. wird bei enger Pupille das Sehvermogen durch die Cysten herabgesetzt. Sie scheinen die obere Halfte des Pupillarsaumes zu bevorzugen. Wie die histologische Untersuchung ergab, besteht die Cysten- wand aus einschichtigem Epithel. In Tierversuchen ( Kanin- chen und Meerschweinchen) liessen sich keine Mioticumcysten erzeugen.

SCHRIFTTUM Gerewitz , H.: Klin. Mbl. Augenhk. 124, 521 (1954). H a l l e r m a n n , W.: Klin Mbl. Augenhk. !24, 513 (1954). H d h m a n n , H.: Arch. Augenhk. 7 2 , 60 (1912). S w a n , K.: Amer. J . Ophthalm. 37, 886 (1954). Vogt , A.: Klin. Mbl. Augenhk. 67,330 (1921). - Lehrbuch u. Atlas d. Spaltlampenmikroskopie, Bd. 111, Enke,

Stuttgart, 1941. Winter s t e iner , H.: Zit. nach Gilbert: Graefe-Saemisch, Hdbch. Augen-

heilk I. Teil, I. Bd., 2. Abt., Kapitel 111, S. 235, Springer, Berlin 1939.