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Bachelor-Arbeit im Zuge des Pro-Seminars zu Institutionenökonomik im Studienplan der Volkswirtschaftslehre mit dem Titel Besteuerung des Konsums Potenzial und Prinzipien eingereicht von Ing. Timon Scheuer betreut von Ao. Univ.-Prof. Dr. Richard Sturn am Institut für Finanzwissenschaft und Graz Schumpeter Centre der Karl-Franzens-Universität Graz Graz, 12.02.2013

Besteuerung des Konsums - Universität Graz · 2013-02-20 · Inzidenz: wer zuletzt lacht ... ersten Teil sowohl das Leistungsfähigkeitsprinzip als auch das Äquivalenzprinzip hinsichtlich

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Bachelor-Arbeit im Zuge des Pro-Seminars zu

Institutionenökonomik

im Studienplan der Volkswirtschaftslehre

mit dem Titel

Besteuerung des Konsums Potenzial und Prinzipien

eingereicht von

Ing. Timon Scheuer

betreut von

Ao. Univ.-Prof. Dr. Richard Sturn

am

Institut für Finanzwissenschaft und Graz Schumpeter Centre

der

Karl-Franzens-Universität Graz

Graz, 12.02.2013

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Inhalt

Einleitung ............................................................................................................................................. 3

I. Auf Gerechtigkeit basierend… ......................................................................................................... 5

Leistungsfähigkeit: gib was du kannst ................................................................................................. 5

Direkt ............................................................................................................................................... 6

Indirekt .......................................................................................................................................... 10

Äquivalenz: man erntet was man sät ................................................................................................ 11

Indirekt .......................................................................................................................................... 12

Direkt ............................................................................................................................................. 13

II. Auf Wirtschaftlichkeit geprüft… .................................................................................................... 15

Bestimmtheit: nur keine Panik .......................................................................................................... 15

Direkt ............................................................................................................................................. 15

Indirekt .......................................................................................................................................... 16

Effizienz: besser geht’s nicht ............................................................................................................. 17

Indirekt .......................................................................................................................................... 17

Direkt ............................................................................................................................................. 21

III. Auf Nachhaltigkeit bedacht… .................................................................................................... 27

Vollständigkeit: was du heute kannst besorgen ............................................................................... 27

Indirekt .......................................................................................................................................... 27

Direkt ............................................................................................................................................. 31

Inzidenz: wer zuletzt lacht ................................................................................................................. 34

Direkt ............................................................................................................................................. 34

Indirekt .......................................................................................................................................... 36

Schlussfolgerungen................................................................................................................................ 40

Quellen .......................................................................................................................................... 42

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Einleitung

Theoretische Abhandlungen und praktische Vorschläge rund um ein konsumorientiertes

Steuersystem finden sich schon seit Jahrhunderten in Büchern und Studien. Moderne

Erörterungen in detaillierter Form erstrecken sich dabei meist über hunderte von Seiten – ein

Umfang, der jenen dieser Arbeit weit sprengen würde.

Hier wird daher nur eine spezifische Debatte aufgegriffen, mit welcher der Verfasser dieser

Arbeit bei der Tutzinger Tagung im März 2012 konfrontiert wurde und in welcher vor Ort

kein Konsens gefunden wurde. Ulrich Witt (Universität Jena) unterstellte dabei einer zuvor

von ihm präsentierten Konsumsteuer das Potenzial der Ökologisierung des Steuersystems. Er

bezog sich dabei unter Anderem auf die oft angeprangerte Konsumgesellschaft. Durch die

Besteuerung des Konsums als kurzfristige Mittelverwendung würde selbiger im Vergleich zu

nachhaltigeren Alternativen unattraktiver und somit reduziert. Gebhard Kirchgässner

(Universität St.Gallen) wandte darauf ein, dass das Potenzial einer Konsumsteuer aus

ökonomischer Perspektive zwar ebenfalls die höhere Attraktivität von Konsumverzicht

zugunsten des Sparens sei, allerdings in der Hoffnung auf dadurch folgende Investitionen und

höheres Wirtschaftswachstum. Mit diesem steigen in der Regel wiederum Rohstoffverbrauch

und Umweltverschmutzung und selbiges kollidiere daher mit der Forderung und Vorstellung

eines grüneren Steuersystems. Rudolf Dujmovits (Uni Graz) gab ergänzend zu bedenken, dass

neben ökologischen und ökonomischen Potenzialen stets auch die soziale Gerechtigkeit eine

Rolle spielen müsse, wenn es um die Gestaltung und politische Umsetzung einer steuerlichen

Reform ginge. Auf ein gewisses Maß an Konsum, etwa in Form von Grundbedürfnissen, lässt

sich nicht verzichten, weshalb eine Konsumsteuer nicht nur auf ihre Entwicklungsimpulse auf

kollektiver Ebene überprüft werden müsse, sondern auch auf ihre individuelle Leistbarkeit.

Fehlte in Tutzing die Zeit, zur aufgeworfenen Problemstellung ein klares Urteil zu

resümieren, wird die Besteuerung des Konsums in den folgenden Seiten auf ihr Potenzial

hinsichtlich eines zugleich gerechten, wirtschaftlichen und nachhaltigen Steuersystems

untersucht.

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Entsprechend dieser Blickwinkel gliedert sich auch diese Arbeit. Unter Berücksichtigung,

dass das Steuersystem eines demokratischen Staates auf Gerechtigkeit basieren muss, wird im

ersten Teil sowohl das Leistungsfähigkeitsprinzip als auch das Äquivalenzprinzip hinsichtlich

deren konsumorientierter Anwendungspotenziale untersucht. Das soziale Potenzial damit

teilweise erkundet, muss die Besteuerung des Konsums als finanzwissenschaftliches

Instrument dann auch auf deren Wirtschaftlichkeit geprüft werden. Hierbei steht Bestimmtheit

und ökonomische Effizienz im Vordergrund. Der ökologische Blickwinkel geht zusammen

mit den anderen rund um die Nachhaltigkeit einer solchen Institution in die Abhandlung ein.

Diese wird durch die Berücksichtigung von intertemporaler Gerechtigkeit und

interdisziplinärer Wirtschaftlichkeit vervollständigt und findet in der Skizzierung der

Inzidenzproblematik ihren Abschluss.

Mittels gängiger Konzepte wird so überblicksartig die Basis erläutert, auf welcher in den

Schlussfolgerungen folgende Fragen beantwortet werden: Welche sozialen, ökonomischen

und ökologischen Anreize und Begründungen finden sich für die Besteuerung des Konsums?

Welche gemeinsamen Potenziale ergeben sich daraus und in wie fern widersprechen die

verschiedenen Ziele und Wirkungsweisen einander? Welche Gestaltungen und Anpassungen

sind denkbar und wo stehen sie grob im Vergleich zu bestehenden Alternativen der

umfassenden Einkommens- und Mehrwert- oder Umsatzsteuer?

Die Antworten, welche diese Arbeit liefern kann, sind entsprechend ihres Umfangs begrenzt.

Bleiben viele Details folglich unberücksichtigt, lässt die oberflächliche Abhandlung

zumindest über tendenzielle Potenziale von Konsumsteuern ein relativ klares Urteil fällen und

zeigt deutlich, wo gängige Prinzipien kollidieren und kollabieren.

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I. Auf Gerechtigkeit basierend…

Ein und bestimmt der grundlegendste Sinn und Zweck von Steuern ist die Finanzierung des

Staates und der von ihm bereitgestellten Waren und Dienstleistungen. In diesem Sinne stellen

sie eine Einnahmequelle dar, welche in Form einer Steuer nicht in direktem Zeit- und

Mengenbezug mit der Inanspruchnahme der damit finanzierten Leistung und dafür

notwendigen öffentlichen Ausgaben steht (vgl. Wikipedia: Steuer, Nonaffektationsprinzip).

Ohne diese klar ersichtliche individuelle und kausale Verbindung zwischen Einnahmen und

Ausgaben ergibt sich jedoch zusätzlicher Argumentationsbedarf bezüglich deren Verteilung in

erster Instanz, kurzum: Wer trägt wie viel der Steuerlast und warum?

Leistungsfähigkeit: gib was du kannst

Eine schon von John Stuart Mill gestellte Anforderung an die Antwort auf die gestellte Frage

ist, dass die Steuerlast von ihren Trägern das gleiche Opfer abverlangen muss (vgl. Blankart

2011, S.186). Die weitere Verarbeitung dieser Vorstellung bedient sich unter Anderem des

bereits von Adam Smith herausgearbeiteten Grundsatzes der Gleichheit der Besteuerung und

wird daher auch als steuerrechtlicher Ausfluss des Gleichheitssatzes im Grundgesetzbuch

interpretiert (vgl. Wikipedia: Steuergerechtigkeit).

Gleichheit und Verschiedenheit von Individuen lassen sich ökonomisch etwa an deren

Leistungsfähigkeit festmachen. Dies ist ein möglicher normativer Blickwinkel, der sich im

Zusammenhang mit Steuern zu einem gängigen Prinzip entwickelt hat: Jedes Individuum soll

gemäß seiner ökonomischen Leistungsfähigkeit zur Finanzierung des staatlichen Ausgaben

beitragen (vgl. Wikipedia: Leistungsfähigkeitsprinzip).

Aus diesen Ansätzen heraus ergeben sich zwei weitere Kriterien in unterschiedlicher

Dimension: Während horizontale Steuergerechtigkeit die Gleichbehandlung gleich

leistungsfähiger Individuen fordert, fordert vertikale Steuergerechtigkeit eine unterschiedliche

Belastung unterschiedlich leistungsfähiger Individuen – also stärkere Belastung

leistungsfähigerer Individuen (vgl. Blankart 2011, S.185). Es bleibt die Herausforderung,

Leistungsfähigkeit zu messen und zuzuordnen.

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Direkt

Eine übliche Anwendung stütz sich auf das umfassende Einkommen eines Individuums als

Indikator für dessen ökonomische Leistungsfähigkeit. Die Form entspricht also einer direkten

Steuer als Abgabe, welche auf rechtliche Personen und deren Merkmale gelegt und

eingehoben wird (vgl. Kaldor 1955, S.21). Die Person ist das Individuum und das relevante

Merkmal dessen wirtschaftliche Potenz im Sinne individueller Kaufkraft (vgl. Kaldor 1993,

S.55).

Es scheint naheliegend, diese individuelle Kaufkraft in erster Instanz mit dem verfügbaren

Einkommen (YD) zu assoziieren. Dies scheint eine konsistentere Begrifflichkeit als das von

Irving Fisher oder Nicholas Kaldor (1993, S.56f) diskutierte potenzielle Einkommen. Der

Begriff des potenziellen Einkommens sollte nämlich auch jene wirtschaftliche Potenz fassen,

welche langfristig abrufbar ist. Die individuelle Kaufkraft und der Begriff des verfügbaren

Einkommens (YD) zielen hier jedoch auf den kurzfristig flexibel zur Verfügung stehenden

Teil an wirtschaftlicher Potenz ab. Jedenfalls entscheidend ist jedoch auch, dass eine solche

Definition des persönlichen Einkommens umfassend gilt, unabhängig der Quelle desselben

(vgl. Hindriks/Myles 2006, S.405).

Jedes verdiente Einkommen wird annahmegemäß durch den Einsatz mehr oder minder

produktiver Faktoren generiert. Als Faktoren zu verifizierende individuelle Bestände werden

hier in vier Arten gefasst: Human- (KH), Finanz- (KF) und Real- (KR) sowie Privatkapital

(KP). Die Stromgröße des verfügbaren Einkommens (YD) als Merkmal des Individuums

ergibt sich also letztlich durch andere bestehende Merkmale desselben.

�� = ����� + ���� + ���� + �����

Unter Humankapital (KH) lassen sich etwa erlerntes Wissen und Fähigkeiten sowie auch

Gesundheit und andere vom Individuum untrennbare Charakteristika fassen. Sein produktiver

Einsatz erfolgt in der Theorie über den Markt angebotene und beschäftigte Arbeitskraft (L)

und wird zu einem mit der Produktivität korrelierenden Lohnsatz (w) vergütet. Unter

Finanzkapital (KF) dürfen sowohl liquide Mittel als auch Wertpapiere und Guthaben

verstanden werden, welche nur über Umwege oder auch gar nicht in eine wertschöpfende

Produktion einfließen. Das Einkommen daraus ergibt sich durch einen vertraglich festgelegten

Zinssatz (i) oder spekulativen Kursgewinn (g). Realkapital (KR) bildet ergänzend den direkt

vom betreffenden Individuum in die Wertschöpfung investierten Anteil, etwa an betrieblichen

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Anlagen oder Liegenschaften. Es wirft je nach wirtschaftlichem Erfolg und Entwicklung eine

Rendite (r) ab oder kann verkauft (d) werden. Die Grenze zwischen Finanz- und Realkapital

ist fließend – für das hier nötige intuitive Verständnis allerdings nicht weiter zu detaillieren.

Unter das Privatkapital (KP) fällt dann jener Teil, der vorerst jeglicher gesellschaftlichen

Nutzung oder zumindest Bestimmung entzogen oder im Sinne des Wortes geraubt ist.

Einerseits ließe sich daraus laufendes immaterielles oder auch psychisches Einkommen

implizieren (vgl. Kaldor 1993, S.196), dem zur adäquaten Berücksichtigung in der

Besteuerung ein materieller Gegenwert zugeordnet werden müsste. Andererseits lässt es sich

ebenfalls veräußern (l) und beeinflusst über Sicherheits-, Wohlfühl- und andere Anreizeffekte

vermutlich die Produktivität (w) und das Beschäftigungsausmaß (L) des Individuums. Doch

nach selben Muster müssten wohl noch andere Wechselwirkungen zwischen den

Kapitalformen und deren Profitabilität berücksichtigt werden. Hier gilt es aber nur den

Umfang und die komplexen Verflechtungen der materiellen Einkommensgenerierung aus

Arbeit (L), gespartem (ES) und veräußertem Vermögen (EC) zu erkennen.

�� = ���� , ��� ∗ ��� , � , ��� + ���� ∗ ����� + � ∗ ����� + ���� ∗ ����� + � ∗ ����� + � ∗ ������

Schon John Stuart Mill verifizierte die Problematik, dass unterschiedliche Einkommensarten

eine unterschiedliche Leistungsfähigkeit implizieren könnten – permanentes Einkommen aus

Liegenschaften etwa mehr als befristetes Einkommen aus Arbeit (vgl. Waldburger 2004,

S.4f). Außerdem ließe sich annehmen, dass ein rationales Individuum seine eigene

Leistungsfähigkeit selbst am besten beurteilen kann und diese durch seine aktuellen

Konsumentscheidungen offenlegt (vgl. Kaldor 1993, S.46f). So empfiehlt es sich, die

Besteuerung nach der Mittelverwendung anstatt der Mittelbeschaffung, deren Verfügbarkeit

oder Herkunft auszurichten. Dazu passend definierte Irving Fisher (1906 zit. nach Kaldor

1993, S.56) den Konsumanteil (C) der Mittelverwendung zur Generierung eines periodischen

Stroms an Wohlstand als eigene relevante Form des Einkommens.

��� = �� + ��

Der andere Teil der Mittelverwendung in Form des Sparens (S) oder eben Investierens (vgl.

Pindyck/Rubinfeld 2009, S.738ff) bewirkt demnach eine Reduktion der Leistungsfähigkeit im

Vergleich zum verfügbaren Einkommen. Das Individuum hält es für notwendig, zugunsten

zukünftiger Kaufkraft auf gegenwärtigen Konsum zu verzichten. Wenn nun die individuelle

Kaufkraft als wirtschaftliche Potenz und temporär relevantes Merkmal gilt (siehe S.8), wird

mit ihrem Verschieben in die Zukunft somit auch die gegenwärtig zu besteuernde

Leistungsfähigkeit reduziert.

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Demnach ist der Anteil des Konsums der eigentlich passendere Indikator für eine Besteuerung

nach Leistungsfähigkeit. Um diesen Vorzug in Punkto Gerechtigkeit auch wirklich für sich

behaupten zu können, muss eine konsumorientierte Steuer natürlich dennoch weiter

differenzieren. Körperliche Beeinträchtigungen, gesundheitliche Probleme und andere

unverschuldete missliche Lebensumstände, entsprechende Versicherungen oder sonstige

Verpflichtungen hinsichtlich eines zugehörigen zu versorgenden Kollektivs (vgl. Mirrlees et

al. 2011, S.288) verlangen Ausgaben, welche kaum mit einer höheren Leistungsfähigkeit

eines betroffenen Individuums assoziiert werden können (vgl. Kaldor 1993, S.205ff). Auch

Käufe, Anschaffungen und somit Ausgaben, welche direkt der Einkommenserzielung

zugerechnet werden können, mögen als abzugsrelevant beurteilt werden (vgl. Mirrlees et al.

2011, S.63). Art, Zweck und Notwendigkeit eines Gutes entscheiden somit darüber, in wie

fern dessen Kauf als steuerrelevanter Konsum gilt und in die Berechnung der direkten Steuer

eingeht.

Neben der Bemessungsgrundlage ist auch die Höhe der angemessenen Steuerlast und des

individuellen Steuerbetrags zu definieren. Unter der Anforderung vertikaler

Steuergerechtigkeit (siehe S.7) lässt sich dieser als gleiches absolutes oder proportionales

Opfer (U, u) am Konsum festmachen. Das gleiche absolute Opfer bedeutet, von jedem

Individuum durch den individuellen Steuerbetrag (T) die gleichen Einbußen an Nutzen (U) zu

verzeichnen. Gleichheit im proportionalen Opfer verlangt, dass das Verhältnis zwischen durch

die Steuer (T) entzogenen Nutzen und durch den Konsum (C) verwirklichten Nutzen über die

gesamte besteuerte Bevölkerung gleich sein muss (vgl. Blankart 2011, S.186f).

������ = �����������∀�⌵ ������������ = !���������∀�

Für die vollständige Verwirklichung des bisher verfolgten Ansatzes der Steuergerechtigkeit

wäre nun festzustellen, welchen Nutzen jedes einzelne zu besteuernde Individuum aus dessen

Konsum zieht. Scheint das im Detail unmöglich, lässt sich zumindest eine neoklassische und

intuitiv schlüssige Annahme berücksichtigen. Es wird unterstellt, dass der marginale Nutzen

(MU) aus dem Konsum für jedes Individuum zwar stets positiv ist, aber mit der konsumierten

Menge abnimmt (vgl. Pindyck/Rubinfeld 2009, S.139ff).

"������ =#������#�� > 0˄ #"������#�� = #��

'����#��#�� < 0∀�, ��

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Egal ob nun Gleichheit im absoluten oder proportionalen Opfer im Nutzen gefordert wird:

beides fordert, wie auch schon von Joseph Schumpeter (1954, S.1070) festgestellt, einen mit

der Höhe des relevanten und messbaren Konsums (C) absolut steigenden nominellen

Steuerbetrag (T) des Individuums.

Abbildung 1: Gleiches Opfer in konsumorientierter Leistungsfähigkeit

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Blankart 2011, S.187

Wie stark dieser Steuerbetrag absolut und relativ zu den Konsumausgaben zu steigen hat,

hängt jedoch von der Elastizität des marginalen Nutzens ab (vgl. Samuelson 1947, S.227).

Eine mögliche Umsetzung ist ein mit der Höhe des Konsums (C) steigender individueller

Steuersatz (t). Eine solche progressive direkte Besteuerung des individuellen Konsums

diskutierten auch Nicholas Kaldor (1993, S.26ff) und Yrving Fisher (1942, S.263ff und 368

zit. nach Waldburger 2004, S.7).

�� = )� ∗ ��, )� = *����,#)�#�� > 0∀�

Deren Relevanz für eine gerechte Basis lässt durch die Berücksichtigung des Umstands

verdeutlichen, dass sich Individuen in der Realität nicht nur in der Konsum- und Sparneigung

unterscheiden, sondern vor allem in den Sparmöglichkeiten. Während Verzicht auf Sparen

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keine akuten Einbußen an Nutzen oder Wohlfahrt bedeutet, lässt sich auf ein gewisses

Mindestmaß an Konsum aufgrund des Bestehens von zum Teil auch lebensnotwendigen

Grundbedürfnissen nicht so leicht verzichten. Je niedriger das verfügbare Einkommen (YD),

umso höher ist daher der Anteil an Konsumausgaben (c) daran (vgl. Fessler et al. 2012, S.64).

Je tiefer die Einkommensgruppe (i), umso größer fällt bei einheitlichem Steuersatz (t) in der

Regel somit die relative Steuerbelastung (T) desselben aus (vgl. Aiginger et al. 2008, S.80).

�� = ) ∗ +� ∗ ���|+�-. < +�, ���-. > ��� ⇒ ����� >

��-.���-.

Eine Möglichkeit dieser Lastenverteilung entgegenzuwirken ist eben jene zuvor

angesprochene progressive Gestaltung – also höhere Steuersätze (t) für höhere

Konsumniveaus (C). Nehmen die Konsumausgaben relativ zum Einkommen mit der Höhe

desselben zwar ab, nehmen sie absolut in der Regel dennoch zu (vgl. Fessler et al. 2012,

S.64). Die direkte Besteuerung des Konsums bietet somit den nötigen Rechtfertigungs- und

Gestaltungsspielraum, um die Höhe des individuellen Steuerbetrags nach gängigen

Gerechtigkeitsüberlegungen zu definieren und differenzieren. Insbesondere im Vergleich zur

umfassenden Einkommensbesteuerung scheint ihre Argumentation im Sinne des

Leistungsfähigkeitsprinzips konsistenter.

Indirekt

Zur Anwendung des Leistungsfähigkeitsprinzips im Zuge einer indirekten Besteuerung des

Konsums, muss aus dem Konsum eines bestimmten Gutes die Leistungsfähigkeit des

konsumierenden Individuums impliziert werden. Unter einer indirekten Steuer wird in der

Regel eine Abgabe verstanden, welche in Bezug auf eine Transaktion eingehoben wird (vgl.

Kaldor 1993, S. 21) und so quasi in den für die Nachfrage relevanten brutto

Konsumptionspreis (PC) einfließt. Die Höhe des absoluten (T) oder eben proportionalen

Steuersatz (t) bezogen auf den Vorsteuerwert eines Gutes, im Sinne des für das Angebot

relevanten netto Produktionspreises (PP) (vgl. Blankart 2011, S.344f; Pindyck/Rubinfeld

2009, S.439), muss mit der implizierten Leistungsfähigkeit variieren.

0�12 = 0�12 +�3⌵0�12 = 0�12 ∗ �1 + )3�|5 = 0, … , �; 8 = 1, …, 9; )3-. > )3

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In begrenztem Rahmen ist eine solche Unterscheidung im Spektrum zwischen

Grundbedürfnissen (0) und Luxus (l) sicher möglich – was auch schon John Stuart Mill (1977,

S.868ff zit. nach Waldburger 2004, S.5) zum Teil anzudenken schien. Die Anzahl (j) und

Bewertung (k) der besteuerten Güter (x) scheint in der indirekten Besteuerung jedoch eine

noch größere Herausforderung, als schon bei der Differenzierung bezüglich Notwendigkeit

eines Gutes im Zuge der direkten Besteuerung (siehe S.8).

Neben dem dadurch noch normativeren Zugang ist zu berücksichtigen, dass unterschiedlich

leistungsfähige Individuen dennoch auch gleiche Güter kaufen und unterschiedlichen Nutzen

daraus ziehen (vgl. Kaldor 1993, S.22). Durch indirekte Besteuerung des Konsums lässt sich

das Leistungsfähigkeitsprinzip also keinesfalls im selben Grade verwirklichen, wie es im

Falle einer direkten Besteuerung möglich wäre – auch wenn die entsprechende

Differenzierung einer ohnehin bestehenden Mehrwert- oder Umsatzbesteuerung nur eine

formale Abänderung darstellen würde.

Äquivalenz: man erntet was man sät

Vertikale Gerechtigkeit lässt sich aber nicht nur direkt und indirekt, sondern auch explizit und

implizit in die Besteuerung integrieren. Schon Adam Smith nahm an, dass der Nutzen der

Individuen durch die staatlichen Institutionen proportional mit deren Leistungsfähigkeit

wächst (vgl. Blankart 2011, S.23). Die gewählte Argumentation hinsichtlich des durch die

Institutionen erhaltenen anstatt des durch die Finanzierung derselben geopferten Nutzens,

lässt Adam Smith durchaus eine Tendenz hin zum Äquivalenzprinzip unterstellen.

Das Äquivalenzprinzip berücksichtigt die grundsätzlich geforderte Gleichheit nicht im

absoluten oder relativen Opfer der Individuen, sondern fordert Gleichheit zwischen

empfangener öffentlicher Leistung und zu tragender Steuerlast (vgl. Blankart 2011, S.183).

Thomas Hobbes (1943 zit. Nach Waldburger 2004, S.2f) und John Rawls (1999 zit. nach

Waldburger 2004, S.3) forderten eine Besteuerung des Konsums, da sich die

Bemessungsgrundlage aus der Nutzung anstatt der verdienten Möglichkeiten dazu ergeben

sollte. Das Äquivalenzprinzip berücksichtigt dies und stellt auch die Höhe der Besteuerung

explizit auf diese Nutzung ab. Auf diese Weise berücksichtigt es vertikale Gerechtigkeit

eigentlich nur mehr implizit über die unterschiedliche Nutzung unterschiedlicher Individuen.

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Zugleich bindet es so aber die laut Knut Wicksell vom Leistungsfähigkeitsprinzip so sträflich

vernachlässigte Ausgabenseite ein (vgl. Blankart 2011, S.27).

Indirekt

Im Falle der indirekten Besteuerung gilt es demnach, die staatliche Leistung, welche in einem

Gut steckt, monetär zu bewerten, auf den Preis aufzuschlagen und somit vom kaufenden

Individuum äquivalent bezahlen zu lassen.

Bei öffentlichen Gütern oder eben Gütern, an deren Bereitstellung sich der Staat direkt

beteiligt, sollten diese Kosten ohnehin betriebswirtschaftlich erfasst sein. In der einfachsten

Variante ergeben sich also kostendeckende Gebühren mit klar ersichtlichem Bezug zum

Aufwand. Die öffentliche Beteiligung an einer Leistungserstellung kann jedoch alle

möglichen Ausmaße und Formen annehmen (vgl. Blankart 2011, S.8 und S.77f) und hat nicht

immer einfach quantifizierbaren Gutcharakter. Eine entsprechende Kostenrechnung aber

vorerst unterstellt, ergibt sich vereinfacht nach bereits bekanntem Muster, dass sich der

Konsumptionspreis (PC) aus einem Anteil marktlicher Produktion (PP) und einem Anteil

öffentlicher Leistungen (TP) zusammensetzt – welcher Art auch immer.

0�1 = 0�1 + ��1|��1 = *�"�:1�

Der anteilige Steuerbetrag (T) muss dem Äquivalenzprinzip gemäß den individuell

verursachten öffentlichen Kosten (MCG) hinter dieser Leistung entsprechen. Der

administrative Aufwand hinter solchen Überlegungen variiert von Gut zu Gut. Zusätzlich mag

für viele Güter zutreffen, dass die Leistung des Staates hauptsächlich oder nur in der

Sicherung des Marktes und der dafür notwendigen Gesetze besteht (vgl. Blankart 2011,

S.41ff) und somit kaum direkt in betriebswirtschaftlicher Manier in den Preis eingehen kann.

Der klar zuordenbare Aufwand dieser staatlichen Funktion ist vermutlich schwer bis kaum zu

erfassen. Nur rein theoretisch lassen sich Güter (x) eines bestimmen Markts oder Markttyps

(k) mit bestimmtem Marktumfang danach besteuern.

0�12 = 0�12 ∗ �1 + )3�|)3 = *;"�:12 , 83<; 5 = 0, … , �; 8 = 1, …, 9

Eine erste Abschätzung des administrativen Aufwands hinsichtlich der Verbuchung

staatlicher Kosten scheint aber schon nach kurzer Betrachtung eine äußerst selektive

Tauglichkeit nahezulegen. Hinzu kommt, dass bei indirekter Besteuerung von Waren und

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Dienstleistungen hierbei umso mehr zu berücksichtigen ist, in welcher Form und aus welchen

Gründen sich der Staat an der Bereitstellung beteiligt, um diesen nicht entgegenzuwirken und

ad absurdum zu führen (vgl. Pindyck/Rubinfeld 2009, S.438ff).

Das Äquivalenzprinzip eignet sich somit, um eine Besteuerung des Konsums als Nutzung

staatlich bereitgestellter oder zumindest gesicherter Systeme zu rechtfertigen. Es lässt sich

allerdings nur zum Teil in Form einer indirekten Besteuerung des Konsums verwirklichen und

dies kaum differenzierter als ohnehin bestehende Mehrwert- und Umsatzsteuern.

Direkt

Auch die direkte Besteuerung lässt sich nach Äquivalenzprinzip nur über Umwege am

Konsum festmachen. Beispielsweise kann postuliert werden, dass die Höhe einzelner

individuell verfügbarer Faktoren einen Bedarf an bestimmten Institutionen impliziert (vgl.

Wikipedia: Assekuranztheorie).

� = *���, � , � , ��� ⇒ #�#�� > 0,

#�#� > 0,

#�#� > 0,

#�#�� > 0

In diesem Fall liegt der Grund der Steuer zwar im Konsum, die nominelle Höhe des Betrags

errechnet sich letztlich aber aus anderen Strömen und Beständen. Es liegt keine individuell

entschiedene und aufgezeichnete Mittelverwendung im eigentlichen Sinne vor, vielmehr eine

prinzipielle mit der Mittelverfügbarkeit korrelierende Nutzung – die eben äquivalent besteuert

werden muss.

Die Bereitstellung mag demnach ganz nach Paul Samuelson entsprechend den marginalen

Zahlungsbereitschaften (vgl. Hindricks/Myles 2006, S.108) erfolgen, welche in diesem Fall

also aus Beständen impliziert werden. Da die unterstellten marginalen Zahlungsbereitschaften

letztlich wissenschaftlich angenommenen Nutzen und Nutzungen entsprechen, muss die

Belastung nach selben Anteil erfolgen.

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Abbildung 13: Steuerliche Abgeltung von Nutzen öffentlicher Bereitstellungen

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Mas-Colell et al.1995, S.236

Die direkte Besteuerung des Konsums nach Äquivalenzprinzip greift also nicht auf direkt

messbare Ausgaben zurück wie im Falle des Leistungsfähigkeitsprinzips. Merkmale der

Individuen dienen als Indikatoren, um konsumorientierte Implikationen zu treffen. Staatliche

Funktionen als unabkömmlich beurteilt, stellt sich das Äquivalenzprinzip hinsichtlich der

direkten Besteuerung bezogen auf tatsächliche Nutzung somit zwar insbesondere für

öffentliche Güter eine Ergänzung zum Leistungsfähigkeitsprinzip dar, würde sich aber wohl

eher auf eine Vermögens- denn auf eine Konsumsteuer im allgemeinen Verständnis anwenden

lassen.

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II. Auf Wirtschaftlichkeit geprüft…

Das soziale Potenzial einer Besteuerung des Konsums untermauert, gilt es nun, selbige unter

ökonomischem Blickwinkel zu betrachten. Dabei wird verlangt, dass die Steuer keine

falschen Anreize setzt oder anderswie das Gedeihen und Wachsen der Wirtschaft verhindert.

Bestimmtheit: nur keine Panik

Ökonomische Entscheidungen basieren oftmals auf Erwartungen und Vertrauen, dies gilt

insbesondere für Investitionen. Investitionen (I) leisten gemäß Theorie einen großen und

intuitiv leicht zu folgenden Beitrag zum gesamtwirtschaftlichen (GDP) Wachstum über die

Zeit (τ), indem sie den Kapitalstock (K) als essentiellen Faktorbestand gegenüber

Abschreibungen (δ) erhalten und erhöhen.

>?0 = *��, ��, #>?0#� > 0, #�#@ = A − C

Durch den Einfluss auf Erwartungen und Vertrauen profitiert letztlich also auch das

wirtschaftliche Wachstum von einer gewissen Stabilität und somit vom

Besteuerungsgrundsatz der Bestimmtheit, welcher die Vermeidung von Willkür verlangt.

Scheint dieser Anspruch in einer modernen Demokratie ohnehin so weit als möglich erfüllt,

sind die Wahl der Bemessungsgrundlage, die Höhe der Steuersätze und der Bedarf einer

Anpassung aufgrund wirtschaftlicher oder politischer Entwicklung nicht völlig unveränderlich

– und gerade im Vergleich eben doch relevant.

Direkt

Für die Bemessungsgrundlage einer direkten Steuer gilt daher nicht minder, dass sie gewisse

stabile Züge aufweisen soll. Konsum (C) passt sich einerseits abgeschwächt und verzögert an

gesamtwirtschaftliche Entwicklungen und das Einkommen an, andererseits ist er auch das

Ergebnis einer aktiven Entscheidung des Individuums, anstatt des wirtschaftlichen oder gar

politischen Kollektivs (vgl. Blanchard/Illing 2009, S.478).

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#�#@ <

#>?0#@ , �̅ − �E < �� − �F < �� − �F

Einkommen (Y) und Vermögen (E) sind Merkmale, die sich nur bedingt aufgrund eigener

Entscheidungen derart ausprägen, zu einem Gutteil aber von den Entscheidungen anderer und

dem Zufall abhängen. Sie sind deutlich ungleicher verteilt und liegen nicht nur deshalb viel

deutlicher in einem politischen Spannungsverhältnis als der individuelle Konsum. Eine

direkte Besteuerung des Konsums scheint daher stabiler und resistenter gegen Anpassungen

aus rein populistischen Zwecken als plakative Einkommens- und Vermögensbesteuerung.

Indirekt

Was gegen Willkür schützende Anonymität anbelangt, birgt die indirekte Besteuerung des

Konsums entsprechendes Potenzial. Zusätzlich verhindert sie durch proportionale Steuersätze,

dass etwa Inflation als Ausrede für politische Anpassung von Steuersätzen missbraucht wird.

Allerdings wird die Inflation nicht handelbarer Güter selbst von indirekten Konsumsteuern

beeinflusst, während letztere bei handelbaren Gütern auf die Wettbewerbsfähigkeit wirkt (vgl.

Aiginger et al. 2008, S.93). Soweit scheinen jedenfalls weder Vor- noch Nachteile bezüglich

bestehender Mehrwert- und Umsatzsteuern zu bestehen. Eine Ausdifferenzierung selbiger

nach bereits behandeltem Leistungsfähigkeitsprinzip würde aber demokratisch legitimierte

und sich eventuell ändernde Werturteile verlangen, was der Stabilität zumindest nicht zu Gute

kommt.

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17

Effizienz: besser geht’s nicht

Noch ein Stück ökonomischer lassen sich mögliche Formen und Wirkungen einer

Besteuerung betrachten, wenn die Optimalität von Marktergebnissen sowie Veränderungen in

individuellem und kollektivem Nutzenniveau untersucht werden. Wird Steuereffizienz

gefordert, steckt dahinter das Streben nach maximal möglicher gesellschaftlicher Wohlfahrt

(vgl. Scharf 2002, S.42) bei gleichzeitiger Finanzierung der öffentlichen Ausgaben.

Indirekt

Ein einfaches und beliebtes Anwendungsbeispiel für das Effizienzkriterium bietet die

Partialanalyse eines Wettbewerbsmarktes (vgl. Pindyck/Rubinfeld 2009, S408ff). Die

Angebotsfunktion (S) ergibt sich gemäß Theorie aus den steigenden marginalen Kosten der

Produktion (MC) und ebenso der Produktionspreis (PP). Die Nachfragefunktion (D) ergibt

sich aus der marginalen Zahlungsbereitschaft zur Konsumption (MWP) und ebenso der

Konsumptionspreis (PC). Unter den neoklassischen Annahmen vollkommener Konkurrenz

und Information sowie rationaler Individuen entsprechen im Gleichgewicht marginale Kosten

(MC) und marginale Zahlungsbereitschaften (MWP) einander. Ein solches Gleichgewicht

zeichnet sich durch eine mit dem Angebot übereinstimmende Nachfrage aus (x0) und sowohl

Konsumenten- (abc) als auch Produzentinnenrente (acd) sind maximal – es herrscht Effizienz

(vgl. Pindyck/Rubinfeld 2009, S.415f).

"G0�8H� = "��8H� = 0�H = 0�H, ?�0�H� = ��0�H�

Ein steuerlicher Eingriff in einen solchen funktionierenden Markt macht dies zunichte. Zu den

sich technisch begründenden marginalen Kosten (MC) addiert sich nun der Steuerbetrag,

welcher beispielsweise in einer neuen Angebotsfunktion (MC+T) berücksichtigt werden

muss. Es ergibt sich eine geringere rentable Produktionsmenge (xT) und sowohl Teile der

Konsumentinnenrente (abc) als auch Produzentenrente (acd) werden zugunsten von

Steuereinnahmen (efgh) abgeschöpft (vgl. Pindyck/Rubinfeld 2009, S.397 und 441).

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Abbildung 2: Wohlfahrtsverlust durch Steuer in einem Wettbewerbsmarkt

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Snyder/Nicholson 2008, S.425

Doch essentiell ist vor allem der im Beispiel generierte Wohlfahrtsverlust (cgh) durch

endgültig verlorene anstatt umverteilte Konsumenten- und Produzentinnenrente (vgl. Mas-

Colell et al. 1995, S.333). Die Nachfragerinnen wären im neuen Gleichgewicht bereit, für die

Ausweitung der Produktion mehr zu zahlen, als diese den Anbietern rein technisch kosten

würde. Diese Möglichkeit, beiderseitig zusätzlichen Nutzen und Gewinn zu generieren, wird

durch den steuerlichen Eingriff genommen.

� ≡ ) ∗ "��8J�,"G0�8J� > "��8J�, 0�J = 0�J + �, ��0�J� = ?�0�J�

Dieser Wohlfahrtsverlust steigt überproportional mit der Höhe des Steuerbetrags (vgl.

Snyder/Nicholson 2008, S. 426). Ökonomisch lässt sich eine indirekte Besteuerung des

Konsums auf funktionierenden Wettbewerbsmärkten also nur durch den unvermeidbaren

Bedarf und durch Mangel an effizienteren Alternativen rechtfertigen. Bereits bestehende

Mehrwert- und Umsatzsteuern scheinen dies und im Sinne der im vorigen Abschnitt

eingenommenen sozialen Perspektive zu berücksichtigen, aus welchen individuellen

Präferenzen sich die kollektive Nachfrage zusammensetzt (siehe S.10), welche Individuen

vom Absatz des erstellten Angebots profitieren und wie die generierten Steuereinnahmen

verwendet werden.

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Vertiefend lässt sich nach gleichem Konzept eine individuelle Entscheidung analysieren,

gemäß der das einzelne Individuum sein Konsumbündel vereinfacht aus zwei

unterschiedlichen Gütergruppen (x1, x2) zusammenstellt. Beschränkt ist es nur durch den für

den Konsum (C) übrigen Anteil am verfügbaren Einkommen. Seine Präferenzen bilden sich in

einer Nutzenfunktion (UC) ab, in die beide Gütergruppen eingehen – mit positivem jedoch

abnehmendem marginalem Nutzen (vgl. Pindyck/Rubinfeld 2009, S.139).

� =K8� ∗ 01L'

�M. , �� = *�8��,

#��#8� > 0,

#'��#8�#8� < 0, � = 1,2

Dementsprechend markieren und sammeln Indifferenzkurven jeweils Kombinationen,

welchen das Individuum denselben Nutzen beimisst – zwischen denen es also indifferent ist

(vgl. Pindyck/Rubinfeld 2009, S.108ff). Umso weiter weg eine Indifferenzkurve vom

Ursprung liegt, umso reichere Warenkörbe sammelt sie und umso größer ist das mit ihr

verbundene Nutzenniveau. Ein rationales Individuum wählt das höchste Nutzenniveau (uA),

das unter dessen Budgetbeschränkung (bA) erreichbar ist (Mas-Colell et al. 1995, S.50ff).

Abbildung 3: Ineffizienz durch Steuer bei der Entscheidung über das Konsumbündel

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Hindricks/Myles 2006, S.446

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Nutzenmaximierung ist eine von vielen unterstellten neoklassischen Annahmen, unter

welchen einmal mehr ein Gleichgewicht gefunden wird. Dieses definiert sich über das

Verhältnis zwischen dem jeweiligen marginalen Nutzen und dem Preisindex des Konsums

beider Gütergruppen.

max�� |��R ⇒#��#8.0�1S

=#��#8'0�1T

⇒ #8'#8. =

0�1S0�1T

Wird nun auf eine Gruppe von Konsumgütern (x2) eine Steuer erhoben, verändert dies deren

Konsumptionspreis (PCx2) und betrifft somit auch die durch das Budget (bB) maximal

konsumierbare Menge. Dies führt zu einer neuen gleichgewichtigen Kombination (B) bei ein

geringerem Nutzenniveau (uB). Unter üblicher Perspektive des Effizienzkriteriums ist vor

allem zu bemerken, dass dieselbe Steuersumme (ST) auch bei niedrigeren Nutzeneinbußen

(uC) des Individuums eingehoben werden kann (C) – etwa durch eine niedrigere aber

symmetrische relative Steuerbelastung (t) auf beide Gütergruppen und des dafür verfügbaren

Budgets (bC).

Der vergebene Nutzen (uB statt uC) entspricht dem individuellen Wohlfahrtsverlust. Durch die

Asymmetrie in der Besteuerung ändern sich nicht nur absolute sondern auch relative Preise.

Unter neoklassischen Annahmen entspricht dies einer ineffizienten Verzerrung korrekter

Marktpreise und ruft einen unerwünschten Substitutionseffekt hervor (vgl. Hindricks/Myles

2006, S.446f). Die Höhe desselben steht wiederum in positivem Zusammenhang mit der

Nachfrageelastizität – der Flexibilität von Individuen, auf Erhöhungen des

Konsumptionspreises durch Reduktion der nachgefragten Menge zu reagieren (vgl.

Pindyck/Rubinfeld 2009, S.65ff).

��1 =∆??H ∗

0�1H∆0�1

Die ökonomische Perspektive im Sinne der Effizienz fordert daher eine mit der

Nachfrageelastizität von Gütern sinkende relative Besteuerung (vgl. Hindricks/Myles 2006,

S.456). In der Regel weisen Grundbedürfnisse aber eine niedrigere Nachfrageelastizität auf

als etwa Luxusgüter. Auf der Ebene der indirekten Besteuerung impliziert die

wohlfahrtstheoretische Finanzwissenschaft einen im Vergleich zu sozialen Ansprüchen des

Leistungsfähigkeitsprinzips (siehe S.10) eher konträren Zugang. Bestehende Mehrwert- und

Umsatzsteuern scheinen in ihrer Differenzierung sowohl Effizienzkriterium als auch

Leistungsprinzip begrenzt zu berücksichtigen.

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Direkt

Wachstumstheoretisch wird ohnehin gerne jede Besteuerung kritisch beurteilt, welche die

Menge an rentabel angebotenen Gütern reduziert. Wie die Güter des Konsums werden auch

Produktionsfaktoren (KH, KF, KR) auf Märkten angeboten. Die zuvor angewandte

Partialanalyse (siehe S.11) lässt sich daher auch in Verbindung mit direkten Steuern

verwenden. Auch Kapital- und Arbeitsmärkte weisen in der Theorie Gleichgewichte in

Preisen und Mengen auf. Die zu besteuernden Individuen stellen dabei das Angebot in

Abhängigkeit der netto Preise, etwa in Form von Lohn- und Zinssatz. Eine entsprechende

Besteuerung derselben wird unter bisherigen Annahmen eine kleinere rentable Menge im

Gleichgewicht zur Folge haben (vgl. Burda/Wyplosz 2009, S.456). Weniger bereitgestellte

Produktionsfaktoren implizieren weniger Input und somit weniger Output. Auch dieses grobe

wirtschaftliche und wachstumstheoretische Urteil lässt sich detaillierter und vor allem

differenzierter erläutern.

Das Individuum bestimmt etwa, wie viel seines potenziellen Konsums es über die Zeit verteilt

realisieren will (vgl. Barro/Sala-i-Martin 2004, S.25). Konsumverzicht in der Gegenwart (C1)

wird mit einem gewissen Zinssatz (i) belohnt und erhöht dadurch das mögliche Maß an

zukünftigen Konsum (C2). Wird das hierfür notwendige Sparen durch eine umfassende

Einkommensbesteuerung belastet (bA), reduziert dies den zukünftigen Gegenwert und damit

den Anreiz gegenwärtigen Konsumverzichts – die relativen Preise werden zugunsten

gegenwärtigen Konsums (A) verzerrt (vgl. Burda/Wyplosz 2009, S.181ff, Mirrlees et al.

2011, S.284). Die Besteuerung des konsumierten Anteils (C) alleine erfüllt hingegen den

Anspruch der Neutralität, da sie keine Periode bevorzugt und sich die Nutzung der Kaufkraft

somit rein aus den annahmegemäß rationalen Präferenzen der Individuen (uB) und dem am

annahmegemäß funktionierenden Markt bestimmten Zinssatz (i) ergibt (vgl. Mirrlees et al.

2011, S.292ff).

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Abbildung 4: Verzerrung durch Steuer bei intertemporaler Konsumentscheidung

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Burda/Wyplosz 2009, S.182

Im neuen Gleichgewicht (B) wird also die Vermeidung einer Doppelbesteuerung des

gesparten Anteils angenommen (vgl. Fisher 1906, S.253 zit. nach Waldburger 2004, S.6;

Kaldor 1993, S.13). Der in Summe auf den Einkommensanteil abzuführende Steuerbetrag

fällt bei gleichermaßen für spätere Konsumzwecke genutztem Ersparten kleiner aus.

�1 − )� ∗ V ∗ �� + �1 − )� ∗ � ∗ W�1 − )� ∗ V ∗ ���X < �1 − )� ∗ �1 + �� ∗ V ∗ ��

Schon eine sparbereinigte Einkommensteuer würde eben aus bereits besteuertem (t) aber

gespartem (s) verfügbaren Einkommen (YD) generierte Zinsen (i) nicht noch einmal besteuern

(vgl. Blankart 2011, S.327). Eine direkte Konsumsteuer wirkt diesbezüglich noch stärker, da

sie erst anfällt, wenn die Mittelverwendung tatsächlich erfolgt oder bei dauerhaften

Verbrauchsgütern eben gemäß einer zu bestimmenden Abschreibungsmethode (vgl. Kaldor

1993, S.195ff). Unter Berücksichtigung von Zinseszins und Vererbung schlägt sich dies stark

auf das Wachstum des individuellen Vermögens nieder (vgl. Mirrlees et al. 2011, S.295).

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Doch nicht nur auf das Wachstum individueller wirtschaftlicher Potenz ist der Anteil des

Sparens (S) ausschlaggebend, sondern gemäß klassischer und neoklassischer Theorie stehen

das gesamte (GDP) Wirtschaftswachstum (siehe S.15) und die für dessen Kapitalstock (K)

notwendigen Investitionen (I) über die Zeit (τ) in positiver Abhängigkeit (vgl. Barro/Sala-i-

Martin 2004, S.25), und würden von einer konsumorientieren Ausgestaltung der Besteuerung

somit profitieren (vgl. Fisher 1906, S.253 zit. nach Waldburger 2004, S.6).

>?0 = *��, ��, #>?0#� > 0, #�#@ = A, A = *���

In der ökonomischen Theorie fördert eine direkte Konsumsteuer aber nicht nur über höhere

Ersparnisse das Wachstum. Den Umfang an erwerbsmäßiger Bereitstellung seines

Humankapitals wählt das Individuum unter Anderem in Abhängigkeit seiner Präferenzen

zwischen Konsum und Freizeit. Humankapital wird in Form von Arbeitskraft (L)

bereitgestellt, kostet einerseits den Verzicht auf Freizeit und generiert andererseits eben über

den Lohnsatz (w) individuelles Einkommen (vgl. Hindricks/Myles 2006, S.479). Jegliches

verfügbare Einkommen (YD) lässt sich konsumieren (c) und stiftet positiven Nutzen, während

Arbeit entgegengesetzt negativen Nutzen stiftet.

� = *��, ��, #���, ��#� > 0, #���, ��#� < 0|�Y ≡ + ∗ � ∗ �1 − )� ∗ � ∪ �

Dementsprechend markieren und sammeln Indifferenzkurven jeweils Kombinationen an

Konsum und Freizeit, welchen das Individuum denselben Nutzen beimisst – zwischen denen

es also indifferent ist (vgl. Pindyck/Rubinfeld 2009, S.108ff). Umso weiter weg eine

Indifferenzkurve vom Ursprung liegt, umso größer ist das mit ihr verbundene Nutzenniveau.

Ein rationales Individuum wird das höchste Nutzenniveau (uA) wählen, das unter dessen

Budgetbeschränkung (bA) erreichbar ist (Mas-Colell et al. 1995, S.50ff).

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Abbildung 5: Ineffizienz durch Steuer bei der Entscheidung über Arbeitsangebot

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Burda/Wyplosz 2009, S.109

Nutzenmaximierung ist eine von vielen unterstellten neoklassischen Annahmen, unter

welchen einmal mehr ein Gleichgewicht gefunden wird. Dieses definiert sich über das

Verhältnis zwischen dem jeweiligen marginalen Nutzen und dem Lohnsatz als

Opportunitätskosten oder relativen Preis der Freizeit (vgl. Burda/Wyplosz 2009, S.108).

max� |�Y��� ⇒−#�#�#�#�

= � ∗ �1 − )�⌵�

Die Ineffizienz zeigt sich einmal mehr dadurch, dass ein höheres Nutzenniveau (uC) erreicht

werden kann, wenn derselbe Steuerbetrag als Pauschale unabhängig der angebotenen

Arbeitszeit eingehoben wird. Dieser Wohlfahrtsverlust ergibt sich durch den beim Individuum

induzierten direkten Substitutionseffekt (vgl. Scharf 2002, S.43; Pindyck/Rubinfeld 2009,

S.172).

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Eine mögliche Nebenwirkung der direkten Besteuerung des Konsums ist außerdem die zu

verzeichnende niedrigere Bereitstellung von Humankapital im Sinne von Arbeitskraft. Diese

basiert aber auf der bisher implizit berücksichtigten Annahme, dass der Wille zur

Bereitstellung von Arbeit (L) mit höheren Lohnsatz (w) bei allen Individuen steigt (vgl.

Burda/Wyplosz 2009, S.109) – was sich etwa in Form und Anordnung der Indifferenzkurven

der Darstellungen auswirkt. Die Annahme eines dominierenden Substitutionseffekt und die

daraus gefolgerte Ineffizienz wird vor allem für die Volkswirtschaft als Ganzes gestellt (vgl.

Mirrlees et al. 2011, S.56). Dennoch variieren einerseits Präferenzen stark zwischen

Individuen sowie nach bereits bestehendem Konsumniveau. Andererseits nahm die

bereitgestellte Arbeit je Individuum trotz steigenden Reallohns über die vergangenen

Jahrzehnte ab (vgl. Burda/Wyplosz 2009, S.109f; Maddison 2006, S.347 und S.351). Die

Wirkungen einer direkten Besteuerung des Konsums auf die Entwicklung und Nutzung des

Humankapitals lassen sich also keineswegs klar und allgemein gültig folgern (vgl.

Hindricks/Myles 2006, S.481, Mirrlees et al. 2011, S.312).

Zusätzlich bleibt der gesparte Anteil nicht auf zwangsläufig ewig der investiven

Mittelverwendung zugeschrieben (vgl. Mirrlees et al. 2011, S.51) und daher muss

berücksichtigt werden, dass die Abszisse des dargestellten Modells die Ordinate nicht

zwangsläufig im Ursprung schneidet. Konsum wird aus dem gesamten verfügbaren

Einkommen finanziert, nicht nur aus Arbeitseinkommen. Einkommen aus anderen

Produktionsfaktoren wie Finanz- oder Realkapital haben also genau den entgegengesetzten

Effekt zu einer Pauschalsteuer. Werden sie für den Konsum (CE) genutzt, verschieben sie die

Budgetbeschränkung (b) nach oben und begünstigen ein Gleichgewicht (B) mit höherem

Nutzen und niedriger Bereitstellung an Humankapital in Form von Arbeitskraft (L). Eine

direkte Besteuerung des Konsums ermöglicht zwar höhere Ersparnisse, besteuert diese aber

ebenso bei Auflösung wie deren Erträge (vgl. Blankart 2011, S.327) – lässt sich also nicht

völlig umgehen und der angebotsreduzierenden Tendenz nicht freien Lauf.

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Abbildung 6: Einfluss von Vermögenseinkommen auf Entscheidung über Arbeitsangebot

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Burda/Wyplosz 2009, S.109

Zusammenfassend scheint eine direkte Besteuerung des Konsums für die individuelle

Entscheidung über das Arbeitsangebot zwar weiter die Gefahr der Verzerrung zu implizieren.

Zum Einen lässt sich aber gerade aufgrund der relativen Vermögensarmut der arbeitenden

Bevölkerung (vgl. Fessler et al. 2012, S.66) und der kurzfristigen Differenzierung zwischen

Ersparnis und Konsum intuitiv eher eine vergleichsweise Erhöhung des Arbeitsangebots

erwarten (vgl. Mirrlees et al. 2011, S.294). Zum Anderen verspricht vor allem die

faktorneutrale Einhebung als Unterschied zu bestehenden Einkommensbesteuerungen

positives Potenzial – lässt also durch die Entlastung des Faktors Arbeit im Vergleich zum

bisher begünstigten Kapital auch ein Steigen der Nachfrage erwarten (vgl. Aiginger et al.

2008, S.56ff).

Definitiv eine Erhöhung bewirkt eine direkte Besteuerung des Konsums aus ökonomischen

Überlegungen in den Ersparnissen. Im Vergleich zur Einkommensbesteuerung ist eine direkte

Besteuerung des Konsums wachstumstheoretisch daher klar vorteilhaft. Aus sozialer

Perspektive bleibt jedoch anzumerken, dass Sparpotenzial eben Leistungsfähigkeit impliziert,

die Freistellung des Sparanteils das Steuersystem somit regressiver gestaltet (vgl. Mirrlees et

al. 2011, S.308ff).

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III. Auf Nachhaltigkeit bedacht…

Nun gilt es nicht nur langsam auch die ökologischen Blickwinkel einzunehmen, sondern auch

die bisherigen sozialen und ökonomischen auf ihre Nachhaltigkeit zu untersuchen. Zum einen

stecken hinter Konsumgütern und Investitionen unterschiedlich ressourcenausbeutende oder

umweltverschmutzende Produktionsverfahren. Zum anderen gilt allgemein zu hinterfragen,

inwiefern althergebrachte Annahmen unter modernen Erkenntnissen und Ansprüchen

bestehen und inwieweit die kurzfristigen Betrachtungen überhaupt langfristigen Zielen und

Wirkungen entsprechen.

Vollständigkeit: was du heute kannst besorgen

Insbesondere was die notwendige Vollständigkeit von bisherigen Gerechtigkeits- und

Wirtschaftlichkeitsüberlegungen anbelangt, lässt sich hervorragend auf dem zuvor erläuterten

Effizienzkriterium aufbauen und selbiges erweitern.

Indirekt

Ein möglicher Anspruch moderner Gesellschaften mag intertemporale Gerechtigkeit sein.

Während Leistungsfähigkeits- und Äquivalenzprinzip unterschiedliche Formen der Gleichheit

in der Verteilung gegenwärtiger Steuerlasten berücksichtigen, fordert die nun betrachtete

Facette der Nachhaltigkeit einen gewissen Grad an Gleichheit in der Verteilung von

Ressourcen und Möglichkeiten zwischen Gegenwart und Zukunft.

Im Falle der Ressourcenausbeutung etwa wird in Nachhaltigkeitsbelangen oft zumindest

dynamische Effizienz gefordert. Beim Konsum eines erschöpfbaren und daher auch

intertemporal knappen Rohstoffs (x) bedeutet dies, dass die periodisch extrahierte Menge den

Gegenwartswert des als Knappheitsrente (abcd) abzuschöpfenden kollektiven Nutzens

maximieren muss (vgl. Tietenberg / Lewis 2012, S.102 ff.).

maxK �[�1 + ��[

\

[MH⇒ "�[�8�

�1 + ��[ = "�H�8�∀@|"�[�8� = "G0[�8� − "�[�8�

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Eine solche Optimierung interpretiert in der Partialanalyse unterschiedlicher Perioden die

Differenz zwischen marginalen Zahlungsbereitschaften (MWP) und marginalen Kosten (MC)

als marginalen Nettonutzen (MU) einer Mengeneinheit. Marginale Nettonutzen zukünftiger

Perioden (τ) werden auf die gegenwärtige Periode (0) diskontiert und miteinander verglichen.

Dynamische Effizienz fordert eine Allokation der Konsummengen, für welche die

Gegenwartswerte aller gleichgewichtigen (A) marginalen Nettonutzen übereinstimmen. Ein

solches Gleichgewicht ist annahmegemäß wieder Ergebnis rationaler Gewinnmaximierung.

Abbildung 7: Korrektur von Zeitpräferenz durch intertemporal differenzierte Steuer

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Tietenberg/Lewis 2012, S.105

Zum Einen aber wirft nicht nur das Prinzip starker Nachhaltigkeit (vgl. Hanley et al. 2001,

S.136f), sondern jede Überlegung zu intertemporaler Gerechtigkeit die Frage auf, in wie weit

es zulässig ist, bei erschöpfbaren Ressourcen und daraus resultierenden Nutzen zu

diskontieren (r) – wie es der ökonomisch motivierte Zugang nahelegt. In diesem Sinne besteht

die Möglichkeit, durch eine gegenwärtige temporär abnehmende Besteuerung (T) des

Konsums eines solchen Gutes der unterstellten Zeitpräferenz entgegenzuwirken. Dies

verschiebt den Verbrauch nicht nur anteilig in die Zukunft (B), sondern ermöglicht zusätzlich

auch, einen Teil der ansonsten monopolistisch wirkenden privaten Knappheitsrente an das

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Kollektiv umzuverteilen (agBe und AiB) – allerdings nicht ohne den üblichen

Wohlfahrtsverlust (hAB).

Zum Anderen dürfen an dieser Stelle ohnehin endlich die bisherigen Annahmen rund um

funktionierende Märkte in Frage gestellt werden. Marktversagen, insbesondere Externalitäten,

sind es letztendlich, welche eine indirekte Besteuerung als Maßnahme geradezu notwendig

machen (vgl. Hanley et al. 2001, S.16ff). Plakatives Übel ist der Umstand, dass externe

Kosten einer Externalität wie etwa der Wasser- oder Luftverschmutzung (MCE) sowohl von

Produzenten (MCP) als auch von Konsumentinnen (MWP) unberücksichtigt bleiben (vgl.

Blanchard/Illing 2009, S.415). Das resultierende Gleichgewicht (A) weist eine ineffizient

hohe Konsummenge auf. Ganz nach Arthur Pigou lässt sich die Externalität durch eine

indirekte Steuer (TE) entsprechend der bis dato unberücksichtigten Kosten internalisieren (B)

und der ansonsten drohende Wohlfahrtsverlust (gij) vermeiden (vgl. Hindricks/Myles 2006,

S.189).

Abbildung 8: Internalisierung externer Kosten durch Steuern

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Tietenberg/Lewis 2012, S.39

Nachhaltigkeitsüberlegungen zeigen also, dass soziale und ökologische Kosten der

Herstellung, des Verbrauchs und der Entsorgung von Konsumgütern, aber auch

Investitionsgütern, am Markt nicht ausreichend in die Entscheidungen über Preis und Menge

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eingehen. Diese lassen sich durch indirekte Steuern (TE) internalisieren, welche sich nach der

Externalität (E) des jeweiligen Gutes richten (vgl. Aiginger et al. 2008, S.79).

�] ≡ ��8H�, � = "���8H� − "���8H�, 0�J = 0�J + �] , ��0�J� = ?�0�J�

Der Bedarf mag sich aufgrund unzureichender Spezifizierung von Eigentumsrechten sowie

unvollständiger Information, privat zu aufwendiger Messung und Bewertung und mangelnden

Bewusstseins ergeben (vgl. Kasper/Streit 2005, S.178). Wie diverse mit funktionierenden

Märkten verbundene Annahmen lässt sich somit auch die ständige Rationalität und dafür

notwendige kognitive Fähigkeit der Individuen hinterfragen (vgl. Mirrlees et al. 2011, S.289).

So lässt sich dasselbe Konzept auch nachfrageseitig auf den Konsum von Suchtmitteln und

anderen gesundheits- oder gesellschaftsschädlichen Gütern anwenden (vgl. Aiginger et al.

2008, S.95f). Eine Steuer (T) ist dabei allerdings nur dann ein adäquates Mittel zur Korrektur,

wenn die individuell unberücksichtigten negativen Wirkungen des Konsums dennoch eine

positive effiziente Menge erlauben und die sozialen Kosten den sozialen Nutzen nicht bei

jeglicher Konsummenge übersteigen.

Abbildung 9: Korrektur mangelnder Rationalität durch Steuern

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Tietenberg/Lewis 2012, S.39

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Kurzum ermöglicht die indirekte Besteuerung eine differenzierte Korrektur unterschiedlichen

Marktversagens und noch mehr die Integration von sozialen und ökologischen

Nachhaltigkeitsüberlegungen, welche unter rein libertären und privatökonomischen

Ergebnissen oft unberücksichtigt bleiben – eine Art interdisziplinäre Wirtschaftlichkeit.

Vorausgesetzt, biologische, medizinische, technische und andere Kosten lassen sich

ökonomisch verifizieren, bedarf auch die bestehende Mehrwert- oder Umsatzsteuer

dringender Anpassung und Nutzung dieses dargestellten Potenzials (vgl. Aiginger et al. 2008,

S.10).

Direkt

Auch wenn das Individuum seine Konsumentscheidung vollständig informiert und völlig

rational trifft, kann es mit dem Ergebnis zugleich den Nutzen des Kollektivs negativ

beeinflussen. Tritt die Externalität (E) beispielsweise erst ab einem übermäßigen kollektiven

(3C) oder individuellen Schwellenwert (2C) auf, lässt sich die Steuer (T) an diese bzw. diesen

koppeln, eine spieltheoretisch individuell dominante Strategie (vgl. Pindyck/Rubinfeld 2009,

S.626) entkräften und Anreize zum kollektiv effizienten Ergebnis setzen (vgl.

Hindricks/Myles 2006, S.197).

Abbildung 10: Korrektur von kollektiv ineffizienten Konsumstrategien durch Steuern

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Mas-Colell et al.1995, S.236

Dies lässt sich auf der Ebene der indirekten Besteuerung einzelner Güter und Gütergruppen

gewiss differenzierter betrachten und begründen, jedoch auf diese Weise auch bei direkter

Besteuerung des Konsums berücksichtigen. Letztendlich lässt sich nicht nur der Konsum in

seiner Zusammensetzung nachhaltig gestalten, sondern das ganze Konsumniveau unter dem

Aspekt der Nachhaltigkeit beleuchten.

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Nachhaltigkeit selbst ist dabei ein Begriff, der sich verschiedener Definitionen bedient.

Gängig ist eine Unterscheidung zwischen starker und schwacher Nachhaltigkeit. Beide

Formen verlangen intertemporal konstante kollektive Nutzenniveaus oder zumindest

gleichbleibende Ausstattung und somit Möglichkeiten zur Nutzengenerierung (vgl. Perman et

al. 2011, S.86). Der Unterschied liegt in den Anforderungen an die Form der Ausstattung.

Starke Nachhaltigkeit verlangt dabei, dass natürliches Kapital in seinem absoluten Umfang

erhalten bleiben muss. Schwache Nachhaltigkeit fordert nur Konstanz im Minimum des

aggregierten Kapitals – akzeptiert also hinreichende Substitution von natürlichem Kapital

durch physisches (in KR) und intellektuelles (in KH) als Entschädigung (vgl. Hanley et al.

2001, S.136f). Das schwache Nachhaltigkeitskriterium lässt sich gemäß gängiger Theorie und

John Hartwick erfüllen, in dem etwa Knappheitsrenten aus der Erschöpfung natürlicher

Ressourcen in andere produktive Kapitalformen investiert werden (vgl. Tietenberg/Lewis

2012, S.111).

Kurzum ist die hier relevante Implikation: Einerseits setzen soziale, ökologische und

ökonomische Nachhaltigkeitsüberlegungen zwar unterschiedliche Schwerpunkte, andererseits

definiert sich Nachhaltigkeit auch in der hier gemeinsam betrachteten Mittelverwendung.

Investitionen sind dabei die entscheidende Komponente und können durch entsprechend

differenzierte Besteuerung auch in ökologischem Sinne gelenkt werden (vgl. Aiginger et al.

2008, S.80, Mirrlees et al. 2011, S.283). Die Besteuerung von Konsum im Gegensatz zu

Investitionen scheint also im Zeichen der Nachhaltigkeit zu stehen, da Konsum jedenfalls als

gegenwärtige Verwendung zu interpretieren ist, während Investitionen jedenfalls Erträge in

der Zukunft zugeordnet werden – unter der Annahme, dass die dadurch entstehende regressive

Belastung (siehe S.10) durch entsprechende soziale Ausgleichsmechanismen entschärft wird

(vgl. Aiginger et al. 2008, S.80).

Jedoch gilt auch für die forcierten Investitionen, dass sie nicht nur die Wirtschaft als Ganzes

betreffen (siehe S.22). Die Aufstockung jeglichen Kapitals findet sich auch auf der

individuellen Buchungsseite in Form der persönlichen Ausstattung. Ein Investitionsgut, das in

Bezug auf Nachhaltigkeit einmal mehr hervorgehoben werden muss, ist Bildung.

Humankapital (KH) ist der am stärksten an die Person gebundene Faktor, zeichnet sich durch

Spillovers aus und trägt in vielen anerkannten Modellen essentiell zum technischen Fortschritt

(A) und somit gesamtwirtschaftlichen (GDP) Wachstum bei (vgl. Barro/Sala-i-Martin 2004,

S.211ff; Hindricks/Myles 2006, S.679ff).

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>?0 = *�^, � , ���,#>?0#^ > 0, #>?0#� > 0, #>?0#�� > 0, ^ = *���, … �

Bildung ist daher klassischerweise nicht nur ein meritorisches Gut, deren individuelle

Nachfrage dem kollektiv effizienten Niveau hinterher hinkt (vgl. Blankart 2011, S.70). Da die

Ökologisierung der gesamten Wirtschaft stark von technischem Fortschritt abhängt, weist

Humankapital und zugehörige Forschung ein besonders grünes Potenzial und annahmegemäß

positive externe Effekte auf. Gerade im Falle steuerfreier Ersparnisse muss der dadurch

höheren Attraktivität finanzieller Investitionen auch eine alternative Anreizstruktur zur

Mittelverwendung im Sinne des Humankapitals entgegen gesetzt werden (vgl. Mirrlees et al.

2011, S.310f). Ökonomisch und ökologisch höchst förderungswürdig stellt Bildung auch

sozial eine nachhaltige Entwicklungskomponente dar – in ihrer Wirkung in Bezug auf

verschiedene Formen der Intelligenz (vgl. Giddens et al. 2009, S.428) ebenso wie auf das

kulturelle Kapital einer Gesellschaft und deren Lebensstil (vgl. Giddens et al. 2009, S.496).

Nicht minder rund um die individuelle Entscheidung bezüglich Bildung und deren private

Rentabilität relevant, entsteht Marktversagens in Form meritorischer Güter unter Anderem

aufgrund falscher Zeitpräferenzen. So lohnen sich Investitionen ins individuelle

Humankapital zwar (vgl. Giddens 2009, S. 427), jedoch zeitverzögert zu den Aufwendungen.

Wird zukünftig höheres Einkommen aufgrund zu starken Präferierens der Gegenwart aber

ebenso stark diskontiert, scheint dem Individuum der Konsum vergleichsweise attraktiver.

Wie bei anderen Beständen muss außerdem streng genommen auch beim Humankapital neben

dem Aufbau auch die Abschreibung betrachtet werden. Wissen wird vergessen, Fertigkeiten

werden verlernt, Verständnis geht verloren. Während selbst die Ausübung der

anspruchsvollen angelernten Tätigkeit investiven Charakter haben kann, gibt es schon laut

Adam Smith Beschäftigungen, welche im Zuge der Spezialisierung der industrialisierten

Arbeitswelt die Verdummung und Abstumpfung der Individuen fördern. Diese Gefahr besteht

natürlich nicht minder bei gewissen freizeitkomplementären Formen des Konsums, welche

durch ihre Nebenwirkungen oder schlichte Anspruchslosigkeit kontraproduktiv auf den

Bestand an Humankapital wirken. Auch aus ökologischem Blickwinkel bleibt dadurch

kreatives Entwicklungspotenzial ungenutzt. Sofern Humankapital auch als kulturelle

Ausstattung aufgefasst wird (vgl. Giddens et al. 2009, S.496), lässt sich auch sozial ein

normatives Urteil über gewisse Arten des Konsums und deren abschreibende Wirkung fällen.

So lässt sich der direkten Besteuerung des Konsums insbesondere im Vergleich zu

bestehender Einkommensbesteuerung gemeinsames Potenzial zu unterstellen.

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Inzidenz: wer zuletzt lacht

Normativ muss auch die letztendliche Verteilung der Steuerlast beurteilt werden. Die bisher

betrachteten Institutionen definieren, bei welchem Individuum die jeweilige Besteuerung

eingehoben wird. Die Konstellation des Marktes und die Reaktionsmöglichkeiten der

Individuen aber bestimmen, wer wie viel der Steuerlast am Ende trägt – wie nachhaltig die

definitive Verteilung also gilt.

Im Zuge der Steuerinzidenz geht es einmal mehr um Wirkungen einer Steuer auf die

kollektive und individuelle Wohlfahrt – jedoch unter expliziter Berücksichtigung möglicher

Überwälzungen. Steuerüberwälzung findet statt, wenn die Individuen, welche die Steuer

schulden, nicht gleichzeitig jene sind, welche die Last der Steuer auch langfristig tragen (vgl.

Scharf 2002, S.40). Es handelt sich einmal mehr um ein eigentlich positives Kriterium mit

jedoch normativen Annahmen und Verwertungen.

Direkt

Es stellt sich eine Frage vorweg: Kalkulieren Akteure beim Konsum mit den brutto

Konsumptionspreisen, welche nur durch indirekte Steuern verzerrt werden oder führt auch die

Berücksichtigung des Steuersatzes einer direkten Konsumsteuer über den Einkommenseffekt

hinaus zu Verzerrungen?

Wird angenommen, dass durch eine direkte Besteuerung des Konsums keine

Substitutionseffekte in der Nachfrageentscheidung hervorgerufen werden, ergeben sich

Überwälzungen nur noch über die Angebotsseite (siehe S.25) – kurzum in den

Entscheidungen über den Faktoreinsatz zur Einkommensgewinnung (vgl. Daepp 2003, S.66).

Dem Fokus auf die Mittelverwendung bleibt die Verbindung zur Mittelherkunft erhalten,

sowohl auf kollektiver als auch auf individueller Ebene.

Soweit das Arbeitseinkommen (YL) und damit der Faktor des Humankapitals (KH) betroffen

sind, hängt die Überwälzung etwa von den Elastizitäten von Arbeitsangebot und –nachfrage

ab (vgl. Daepp 2003, S.59). Hinter der relevanten Elastizität steckt die prozentuelle Reduktion

in Angebot (S) und Nachfrage (D) je prozentueller Änderung des Preises im Sinne des

Lohnsatzes (w).

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�_� =∆��H ∗

�H∆�, �_� =

∆??H ∗

�H∆�

Eine höhere Elastizität bedeutet mehr Flexibilität bezüglich angebotener oder nachgefragter

Menge an Arbeit (vgl. Pindyck/Rubinfeld 2009, S.65ff). Je geringer die vergleichsweise

Elastizität, desto höher der zu tragende Anteil von anbietenden Individuen (akhe) und der

nachfragenden Unternehmen (afgk) am Markt (vgl. Snyder/Nicholson 2008, S.424).

Abbildung 11: Steuerinzidenz am Faktormarkt

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Pindyck/Rubinfeld 2009, S.439

Empirisch scheint das Arbeitsangebot überwiegend unelastischer als die Arbeitsnachfrage.

Das Urteil der Steuerinzidenz würde demnach lauten: wirkt die Steuer auf das

Arbeitseinkommen, tragen die Last derselben hauptsächlich die Arbeitnehmer – negativ

abhängig von deren Qualifikation und Mobilität (vgl. Daepp 2003, S.59).

Auch soweit die Besteuerung des Konsums auf andere Kapitalformen wirkt, ist die Elastizität

entscheidend. Doch weist Finanz- (KF) und Realkapital (KR) über weitere Strecken jene

Mobilität auf, welche die Angebotselastizität dieser beiden Faktoren deutlich elastischer

ausfällen lässt. Unter der Annahme eines offenen Wettbewerbsmarkts wird produktiv

eingesetzten Kapitalformen sogar unterstellt, langfristig völlig ausweichen zu können, keine

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Steuerlast zu tragen und diese stattdessen auf komplementäre Faktoren abzuwälzen – erneut

also die Bezieher von Arbeitseinkommen zu belasten (vgl. Daepp 2003, S.61).

Die dahinter stehenden Annahmen werden in alternativen und zum Teil realitätsnäheren

Modellen kritisch hinterfragt, doch bleibt als erste Implikation zu verzeichnen: um die

Inzidenz einer direkten Steuer auf die Mittelverwendung beurteilen zu können, ist die

individuelle Wahrnehmung und Umlegung auf die Mittelherkunft relevant. Die dafür

notwendige individuelle Rationalität scheint begrenzt, was allerdings Gegenstand

verhaltensökonomischer Untersuchungen ist und hier daher ohne eindeutige Antwort bleibt.

Ein Urteil lässt sich daher einmal mehr nur mit Vorbehalt fällen. Gerade im Vergleich zu

bestehenden Besteuerungen des Arbeitseinkommens scheint eine direkte Besteuerung des

Konsums dem unelastischen Arbeitsangebot jedoch eher zu Gute zu kommen.

Indirekt

In Bezug auf die indirekte Besteuerung empfiehlt sich dasselbe soeben angewandte Konzept

und ihm lässt sich natürlich auch intuitiv folgen. Eine preiselastische Nachfrage bedeutet, dass

Konsumentinnen die nachgefragte Menge bei leichter Erhöhung des Konsumptionspreises

stark reduzieren. Dies ist etwa der Fall, wenn Käufer das jeweilige Konsumgut leicht durch

ein anderes substituieren oder darauf verzichten können (vgl. Pyndick/Rubinfeld 2009, S.66f).

Auf eine Erhöhung des Konsumptionspreises durch eine eingeführte Steuer lässt sich also

recht einfach und ohne große Nutzeneinbußen durch Mengenreduktion reagieren. Es gilt wie

schon zuvor: umso preiselastischer die Funktion der jeweiligen Marktseite, umso geringer der

Anteil der Belastung (aehk, afgk) – unabhängig davon, wer sie abzuführen hat (vgl.

Pyndick/Rubinfeld 2009, S.439ff).

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Abbildung 12: Steuerinzidenz am Gütermarkt

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Pindyck/Rubinfeld 2009, S.439

Hinter einem stark preiselastischen Angebot stecken wiederum relativ konstante marginale

Kosten. Die daraus resultierende Produzentenrente im Sinne von Deckungsbeitrag und

Gewinnspanne ist in einem funktionierenden Markt dementsprechend gering. Auf eine

Senkung des erzielbaren Produktionspreises wird daher ebenfalls schnell und ohne große

Gewinneinbußen mittels Mengenreduktion reagiert. Preiselastizität (EP) wird somit als Indiz

für die Flexibilität der jeweiligen Marktseite (S, D) gewertet.

��� =∆8�8H ∗

0�H∆0�H , ��� =

∆8�8H ∗

0�H∆0�H

Je nach gesellschaftlichem und politischem Gewicht der Marktseite, wird die vorliegende

Inzidenz zu einem anderen Urteil führen. Eine vergleichsweise geringe Flexibilität einer zu

aus normativen Überlegungen heraus zu begünstigenden Marktseite spricht etwa gegen die

Einführung einer indirekten Steuer – aus einem ökonomisch berechneten, letztendlich aber

doch sozialpolitischen Kalkül heraus, welches in bisheriger Mehrwert- und

Umsatzbesteuerung nur begrenzt eingegangen ist.

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Anzufügen ist aus nachhaltig ökonomischer Sicht, dass der neoklassisch oft angenommene

Wettbewerb in vielen Produktionszweigen und somit beim Konsum nicht ausreichend

gewährleistet ist. Am Extrembeispiel des Monopols veranschaulicht, hat dies Einfluss auf die

Inzidenz einer indirekten Besteuerung. Der Monopolist sieht sich der gesamten Nachfrage

gegenüber und kann seinen Preis (PC) aufgrund fehlender Konkurrenz gewinnmaximierend

über den marginalen Kosten (MC) entsprechend der marginalen Erlöse (MR) festsetzen (vgl.

Snyder/Nicholson 2008, S.493ff).

Abbildung 13: Steuerinzidenz am Monopolmarkt

Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Pindyck/Rubinfeld 2009, S.467

Obwohl die Nachfrage preiselastischer sein mag als das Angebot, kann ein vergleichsweise

höherer Teil der Steuerlast auf die Monopolistin fallen. Während die Nachfrage nur einen

kleinen Teil (aefk) ihrer verbliebenen Konsumentenrente an den Monopolisten abtritt, muss

letzterer die Steuersumme (ghij) abführen und trägt den weit größeren Teil (bcgk) am durch

die Steuer verursachten Wohlfahrtsverlust.

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Das Bestehen zu stark preisunelastische Bereiche der Nachfrage setzt der Option

sozialpolitischer Bevorzugung durch indirekte Besteuerung des Konsums im

monopolistischen Markt aber Grenzen. Die kaum ausdifferenzierte bestehende Mehrwert- und

Umsatzbesteuerung berücksichtigt diesen Inzidenzfall daher bisher nicht.

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Schlussfolgerungen

Keiner der in der Einleitung erwähnten recht plakativen Vorstellungen über das Potenzial der

Konsumsteuer kann hier generell ent- oder widersprochen werden. Das Urteil hängt letztlich

von der normativen Prioritätensetzung zwischen den unterschiedlichen Prinzipien der

Gerechtigkeit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit sowie von den getroffenen Annahmen

und gewählten Gestaltungsformen ab.

Die in Tutzing von Rudolf Dujmovits eingebrachte soziale Perspektive findet vor allem in

einer direkten Besteuerung des Konsums großes Potenzial vor. Das

Leistungsfähigkeitsprinzip etwa ließe sich insbesondere im Vergleich zu bestehenden

umfassenden Einkommensbesteuerungen konsistenter und treffsicherer verwirklichen (siehe

S.10). So liegt die Einschätzung der temporär relevanten wirtschaftlichen Potenz als Merkmal

der Leistungsfähigkeit beim Individuum selbst und lässt sich progressiv belasten.

Eine entsprechende Ausdifferenzierung der indirekten Besteuerung sieht sich einer größeren

normativen und praktischen Hürde gegenüber (siehe S.11), welche das

Leistungsfähigkeitsprinzip im engeren Sinne überfordert. Eine solche Ergänzung empfiehlt

sich daher eher nach dem Äquivalenzprinzip und in der Berücksichtigung des eben nicht

unmittelbar messbaren aber durchaus zuordenbaren Konsums staatlicher Leistungen (siehe

S.13). Der sich ergebene Unterschied zu bestehenden Mehrwert-, Umsatz- und Importsteuern

lässt sich aber zumindest in der Ausdifferenzierung eher gering schätzen.

Gebhard Kirchgässners ökonomischer Perspektive scheinen letztere Quintessenzen durchaus

entgegenzukommen. Bereits die bestehende indirekte Besteuerung ist gemäß

Effizienzkriterium kritisch zu betrachten und eine geringere Priorisierung und entsprechende

Reduktion der Steuersätze auf angenommenen Wettbewerbsmärkten erwünscht (siehe S.18).

Eine sozial motivierte Ausdifferenzierung indirekter Besteuerung nach Leistungsprinzip

kollidiert ohnehin mit ökonomischen Empfehlungen (siehe S.20) und beeinträchtigt die

Bestimmtheit des Steuersystems (siehe S.16).

Die direkte Besteuerung hingegen auf die Konsumausgaben zu beziehen, hat nicht nur

Vorteile hinsichtlich der Resistenz gegenüber kurzfristigen politischen (siehe S.15) und

wirtschaftlichen Schwankungen (siehe S.16), sondern wirkt gemäß ökonomischer Theorie vor

allem positiv auf das Bilden von Ersparnissen und führt zu höheren Investitionen und

größerem Wirtschaftswachstum (siehe S.23). Hierbei auf Ausdifferenzierung nach

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Leistungsfähigkeitsprinzip zu verzichten, würde jedoch eine mit der sozialen Perspektive

unvereinbare regressive Wirkung aufweisen (siehe S.26), gerade im Vergleich der ansonsten

wohl dominierten umfassenden Einkommenssteuer.

Auch wenn die direkte Besteuerung des Konsums selbigen reduziert, hängt der von Ulrich

Witt erwartete grüne Anstrich der dadurch erreichten Nachhaltigkeit (siehe S.32) von der

Lenkung der alternativen Ersparnisse und Investitionen ab. Insbesondere zugunsten des

Humankapitals und entsprechender Innovationen sind entsprechende Anreizstrukturen zu

schaffen (siehe S.33). Dennoch vergrößert sich hierbei der Spielraum im Vergleich zur

umfassenden Einkommenssteuer, während eine Abschätzung möglicher Überwälzung kaum

einen Nachteil erwarten lässt (siehe S.36).

Das deutlichere Potenzial sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit liegt jedoch in der

indirekten Besteuerung des Konsums. Die dadurch mögliche Internalisierung von

Externalitäten und Korrektur von Marktversagen sind in vielen Fällen dringend notwendige

Maßnahmen (siehe S.30). Statische und dynamische Effizienz liefern sowohl Einsprüche als

auch Rechtfertigungen für Markteingriffe – über Kollision oder Konsens zwischen

Gerechtigkeit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit entscheiden letztlich oft normative

Annahmen bezüglich Information, Rationalität und Zeitpräferenz der Individuen (siehe S.28,

30 und 33).

Letztendlich bestehen in der Besteuerung des Konsums jedenfalls ausreichend Möglichkeiten,

essentielle Teile aller in Tutzing eingebrachter Perspektiven zu berücksichtigen. Der mögliche

Kompromiss scheint außerdem überwiegend Vorteile gegenüber bestehenden Mehrwert-,

Umsatz- und Einkommenssteuern zu haben.

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